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[Bühne in Weiß] Tagebuch - Dr. Jean-Louis Cypher


Blackdiablo
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:

: 03. Sept. 1928

:

: Ich habe mich erkundigt und nun weiss ich, wo

: diese Psychöse wohnt. Ich werde ihr mal einen

: kleinen Besuch abstatten. Das wird ein Spass.

: Augen zu. Tief durchatmen. Und los.

:

:

: Vor ein paar Tagen habe ich SIE im St. Marys

: gesehen. Ich wollte sie ansprechen, wurde aber

: aufgehalten und dann war sie plötzlich wieder

: weg. Klar, dass sie nicht auf mich gewartet hat.

: Warum auch.

:

: Kein Wunder, dass sie mir in meiner Abteilung

: noch nie begegnet ist. Meine Kollegen denken,

: ich wüsste nicht, wie sie mein Labor nennen.

: Die - 6FU -.Wie lustig. Wie unglaublich witzig.

: Ich lache mich tot und bin sofort dort, wo ich bin.

: Hier unten, in den lichtlose Gedärmen des KH

: Gängen des U2/P und U3/I, ist die Besucherzahl

: abhängig von denen, die einziehen und jenen die

: liefern.

: Check Ins? Ständig.

: Geöffnet? Rund um die Uhr.

: Anonymität? Manchmal.

: Diskretion? Immer.

: Beschwerden? Keine.

: Niemand hört den stummen Schrei, wenn ich den

: Brustkorb breche.

:

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:

: 05. Sept. 1928

:

: Einzug der Ophelia

: Fischer haben mit ihrem Netz diesen glibberigen

: Frosch aus der Bucht gezogen.

: Aufgedunsen. Aufgebläht. Ein Ballon der Fäulnis.

: Diese ekelerregende Abscheulichkeit wird mich

: nicht mehr verlassen. Unprofessionell.

:

: Prozess der Verwesung bereits in sehr hohem

: Masse fortgeschritten.

: Schwer, die weibliche Leiche zu identifizieren.

: Rückschlüsse auf die Todesursache offensichtlich.

: Es liegt eindeutig ein Gewaltverbrechen vor.

: Viele postmortalen Veränderungen an der Leiche

: festzustellen. Sie riecht nach einer offenen

: Ulcus per decubitum, nach der Verjauchung des

: Eiters und faulendem Fisch.

:

: JANE DOE - 03/28

: - Geschlecht: weiblich

: - Alter: ~ 20-30

: - Identität: offen

: - Beruf: unbestimmt

: - Tatort: unklar

: - Tatzeitpunkt: ungewiss

: - Tatwaffe: stumpfer Gegenstand.

: Auf dem Leichenschauschein streiche ich das

: Feld 'Leichenöffnung'.

: Ein roter Ariadne-Faden ist kaum noch zu sehen.

:

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:

: 06. Sept. 1928

:

: Interessanter Artikel von Ernest Jones.

: Brite und Psychoanalytiker.

: Im Journal of Abnormal Psychology

: "Über die Pathologie der morbiden Ängste."

:

: Jones beschäftigt sich mit den medizinischen

: Ursprüngen des Aberglaubens auf dem Balkan;

: den Strigoi Rumäniens, wobei der Leichnam

: mit einem Holzpflock durch die Brust gepfählt

: wird. Dieses Prozedere soll den Körper mit dem

: Boden auf ewig verbinden und den Toten vor

: der Wiederkehr bewahren.

: Auf rumänisch bedeutet 'striga' = 'Schrei',

: 'strigosus' = 'dünn' auf lateinisch,

: 'strega' = 'Hexe' auf italienisch.

: Interessant dabei ist, dass sich der Aberglaube

: an physische Untote nur in solchen Regionen

: erhalten hat, die sich lange der Christianisierung

: entziehen konnten.

: In früh christianisierten Regionen gab es fortan

: nur noch Geschichten über körperlose Untote,

: d.h. Geister.

:

: Möglicherweise hat das Zunageln von Särgen

: auch mit dieser unbegründeten Angst vor der

: Wiederkehr der Verstorbenen zu tun.

: Hawk wäre sicher begeistert, wenn ich jeden

: Kunden mit einem Pflock verarzten würde.

:

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:

: 11. Sept. 1928

:

: Ein neuer Tag und immer wieder neue Kunden.

: Eine Explosion. Verpuffung heisst es.

: Drei Neuzugänge und viele Verletzte, aber die

: kümmern mich nicht. Dafür sind die Nicht-6FU

: zuständig.

:

: Ich liebe das Geräusch, wenn ich sie aufmache.

: Es ist wie Weihnachten.

: Zuerst das Durchtrennen der Rippen mit der

: Rippenschere, klingt wie das Knacken von

: Walnüssen unter dem Baum.

:

: Dann das Lösen und Abheben des ventralen

: Sternum-Rippen-Anteils, ist wie das Öffnen der

: Kartons.

:

: Und schliesslich die Inspektion des Brust- und

: Bauchraumes: Perikard, Pleura, Gaster, Enteron.

: Grosse Augen beim Bestaunen der Geschenke.

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:

 

 

[Perikard = Herzbeutel;

Pleura = Lungenfell;

Gaster = Magen;

Enteron = Darm]

Edited by Der Läuterer
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:

: 12. Sept. 1928

:

: Anruf von Staatsanwalt Erickson.

: Sprach im Befehlston.

: War sehr von sich eingenommen.

: Nutzt seine Stellung, um andere zu demütigen.

: Vermutlich einer jener Menschen, die Wasser

: predigen und Wein trinken.

: Unangenehmer Mensch.

: Nie gesehen den Mann und kein Bedürfnis ihn

: kennen zu lernen.

:

: Die Staatsanwaltschaft hat eine Obduktion

: durch die Rechtsmedizin angeordnet.

:

: Tod

: - natürlich

: - ungeklärt ob natürlich oder nicht natürlich

: - nicht natürlich [ X ]

: Fremdverschulden / Gewaltverbrechen

:

: Bei der Toten wurden keine Dokumente

: gefunden

: - Identifikation praktisch unmöglich

: - Festlegung des Todeszeitpunktes praktisch

: unmöglich

:

: - erhebliche Zeichen von Verwesung

: - Fingerabdrücke ?

: - toxikologische Untersuchung OB

:

Edited by Der Läuterer
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  • 2 weeks later...

:

: 12. Sept. 1928 f.

:

: --- Leichenschau OPHELIA ---

:

: JANE DOE - 03/28

:

: Wunden:

: - schweres Schädelhirntrauma

:

: - Geschlecht: weiblich

: - Rassen-Klassifizierung:

: - Alter: Anfang bis Mitte Zwanzig

: - Konstitutionstyp: Sanduhr-Figur, weiblich

: - Statur: schlank

: - Körperhöhe: 160 cm

: - Körpergewicht: 66,5 kg (vor Dehy)

: - Ernährungszustand: gut

: - Pflegezustand: gepflegt

: - Beurteilung der Haut: hell

: - Haare: blond, Wasserwellen-Frisur

: - Augen: grün

: - Schwellungen, Asymmetrien: keine

: - Narben: keine

: - Tätowierungen: keine

: - Mäler: multiple Muttermal am ganzen Körper

:

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:

: 12. Sept. 1928 ff.

:

: Hände:

: - feingliederig

: - Fingerabdrücke nicht abnehmbar

: - teilweise bis auf die Knochen abgenagt

:

: Fingernägel:

: - nur noch L: D, F2, 4 / R: D, F1

: - fein manikürt

:

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:

: 12. Sept. 1928 ff.

:

: Thanatopraxie

:

: Ophelia auf der Bahre mit dem Seilzug in die

: Zinkwanne gehoben - Gewicht: 68,5 kg

:

: 'Bad' im Salz zur Wiederherstellung des

: ursprünglichen Erscheinungsbildes der Person

: bei bereits fortgeschrittener Verwesung und

: längerer Liegezeit in feuchtem Milieu.

:

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:

:

:

:

: Salz-Bad-Mischung nochmals verändert

:

: Ophelia wird in der Zinkwanne auf das

: Gemisch gelegt und mit diesem bestreut, bis

: der Leichnam völlig damit bedeckt Ist.

:

: 50% NaCl (Kochsalz) Natriumchlorid

: 25% CaO (ungelöschter Kalk) Calciumoxid

: 15% SiO2 (Quarz) Siliciumdioxid

: 10% Fe2O3 (Purpurerz) Eisenoxid

:

:

:

 

[Thanatopraxie = ästhetische und hygienische

Aufbahrung eines Verstorbenen]

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:

: 18. Sept. 1928

:

: Jones bezog sich auf Michael Ranft's Werk,

: "De masticatione mortuorum in tumulis" oder

: "Traktat von dem Kauen und Schmatzen der

: Todten in Gräbern."

:

: Der Vampir, wie man ihn durch Bram Stoker

: kennt, ist, laut Jones, in seiner Form noch nicht

: sonderlich alt und geht auf den Roman 'The

: Vampyre' von John Polidori, aus dem Jahre

: 1819, zurück. Eduard Munch's Bild 'Vampire'

: stammt aus dem Jahre 1895.

:

: Jones setzt die Tollwut mit den Vampirismus in

: Bezug. Auch könne das sog. Schlafwandeln

: damals oft falsch gedeutet worden sein.

: Vampirismus könne auch aufgrund einer nicht

: identifizierbaren oder mysteriösen Krankheit

: konstatiert worden sein, z.B. eine ansteckende

: Seuche, die innerhalb einer Familie grassierte.

: Eine Form der Tuberkulose oder Beulenpest.

: Die würde erklären, warum im Volksglauben

: zuerst die Verwandten von dem Wiedergänger

: heimgesucht werden.

:

: Jones empfindet es i.d.Z. als sehr erstaunlich,

: dass selbst gebildete, aufgeklärte Menschen

: glauben, dass es beim Vampir-Aberglauben

: einen Tatsachenhintergrund geben könnte.

:

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:

: 18. Sept. 1928 f.

:

: Liebe, Schuld und Hass hätten die Vorstellung

: an eine Rückkehr der Toten weiter angeheizt.

: Laut Freud seien es unbewusste Assoziationen,

: wobei sich die Vorzeichen nach dem Tode des

: Menschen drastisch ändern würden:

: - Begehren würde zur Furcht.

: - Die Bezugsperson würde zum abstossenden,

: Furcht einflössenden Fremden werden.

: - Und Liebe würde durch Sadismus ersetzt.

:

: Aus psychologischer Sicht könne der Wunsch

: des Hinterbliebenen nach der Rückkehr des

: Verstorbenen von einer unterschwelligen Angst

: geschürt worden sein. Dies könne dann zu einer

: Verdrängung geführt haben, die Sigmund Freud

: mit der Entwicklung einer morbiden Abscheu

: verband.

:

: Freud setzt das Saugen sowohl mit Sexualität,

: als auch mit Kannibalismus gleich.

: Je mehr Aspekte der Sexualität unterdrückt

: würden, um so mehr würden die gegenteiligen

: Aspekte dadurch gesteigert werden.

:

: Jones vermutet ebenfalls, dass Grabräuberei

: und die Bestattung von Scheintoten zu falschen

: Annahmen und Missverständnissen geführt

: haben; Geräusche, Kratzspuren, Verletzungen.

:

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[ Ein leicht abgegriffenes Foto. Vielleicht ein Lesezechen? ]

 

http://media-cache-ec0.pinimg.com/236x/a7/0a/0f/a70a0f23141570b8a8e0a28b47fa47bd.jpg

 

[ Rückseite; in schöner, weiblicher Handschrift. ]

 

Für meinen Verehrer Jean-Louis !

Herzlichst Geraldine, Primaballerina. 1915

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[ Foto des 'Royal Military Hospital Camp',

Shorncliffe, Kenk, England ]

 

http://www.theifp.ca/wp-content/uploads/2013/11/Shorncliffe-Military-Hospital-1915.jpg

 

[ Rückseite ]

 

Eintreffen mit der kanadischen Trainings Division am 20.04.1915 im 'Canadian Army Medical Corps', Napier Barracks.

Edited by Der Läuterer
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[ Foto der 'M.A.S.H.' - Truppe ]

 

http://www.mhs.mb.ca/docs/mb_history/53/familymemoir1.jpg

 

[ Rückseite ]

Ypern, Juni 1917

Hintere Reihe:

William 'Bloody Bill' Bradley

Jean-Louis 'Sherlock' Cypher

Simon 'The Saint' Saint-Jean

James Lionel Gilbert

 

Vordere Reihe:

Jacques 'Os' Francis Boyce

Leroy 'Butch' Parker

Jean-Luc Robert

Edited by Der Läuterer
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