Jump to content

HPL's Weltanschauungen


Ichabod
 Share

Recommended Posts

Link to comment
Share on other sites

Das gibt's doch gar nicht. Dann muss ich leider passen.
Link to comment
Share on other sites

Der Umgang mit den Tiefen Wesen ist doch schon sowas wie Genoizid, oder?

(Die Regierung schleppt alle aus Innsmouth in Internierungslager und lässt sie dort verrecken?)

 

Ich habe die Insmouth-Story leider nur noch bruchstückhaft im Gedächtnis. Aber bevor man das Verhalten der Regierung als Beleg für Lovecrafts Rassismus heranzieht, müsste man zuerst einmal prüfen, wie er diesen Genozid bewertet, also ob er ihn als etwas Erfreuliches und Wünschenswertes darstellt (was ich durchaus für möglich halte, aber wie gesagt, ich erinnere mich kaum noch daran).

 

Oder verstehe ich dich gerade falsch, Heiko?

 

Jedenfalls habe ich inzwischen die HPL-Biographie weitergelesen und komme leider zu dem Schluss, dass man das Argument, Lovecrafts Ansichten seien lediglich ein Produkt seiner Zeit gewesen, nur eingeschränkt gelten lassen kann. Das mag in den ersten Jahren des 20. Jh. der Fall gewesen sein, aber Sprague de Camp schreibt, dass die meisten amerikanischen Intellektuellen ihren Rassismus in den 20ern, spätestens in den frühen 30ern ablegten, vermutlich beeinflusst durch die Ereignisse in Europa. Lovecrafts Rassismus dagegen verfestigte sich in der Zeit sogar noch, aus diesen Jahren sind seine schlimmsten Tiraden und Vernichtungsphantasien gegen Juden, Schwarze und Einwanderer überliefert.

 

Besonders widersprüchlich finde ich dabei, dass seine Freunde, die ihn "live" getroffen haben, berichten, er habe in ihrem Beisein niemals gegen bestimmte Menschengruppen gehetzt oder auch nur antisemitische Witzchen gemacht, er sei immer ein Ausbund an Höflichkeit, Freundlichkeit und Güte gewesen. Seinen Hass hat er tatsächlich nur in einigen seiner Geschichten und in seinen Briefen vor allem an seine Tanten ausgelebt.

Link to comment
Share on other sites

@Struder: Oder die Bilder der Ureinwohner im Afrikanischem Busch, die wie weiße aussehen (mist mir istgerade der Titel der Geschichte entfallen aus der das Stammt.)

 

@Ichabod: Es ist sehr einfach, vorallen in Jungen Jahren etwas zu glauben, wenn man es nur lange genug hört. Egal ob das eine oder mehrere Seiten sind. Wenn man dann noch ein hoch theoretischer und phantasievoller verstand ist, der selten mit realen Eindrücken seine Sichtweisen reflektiert (HPL lebte ja sehr zurückgezogen und Kontaktscheu, wenn es um leibhaftige Treffen ging) dann ist es finde ich sehr nachvollziehbar mit welcher Hingabe und Überzeugung man etwas "nachplappert", ohne auch nur einen Funken Ahnung zu haben.

Ich könnte wetten, dass HPL bis er seine spätere Frau kennen lernte keine näheren bewussten Kontakt zu Osteuropäern und Juden hatte.

 

Für mich zählen seine Werke und deren Wirkung und egal woher die Angst stammte die er in seinen Schriften auf den leser übertragen konnte, sie lässt mich noch beim 10. mal lesen derselben Geschichte eine Gänsehaut bekommen ohne das ich auf die Idee komme Angst vor Ausländern oder sonstwem zu bekommen, und das zählt für mich vorallem. Sein Frühes Gedankengut verbreitet sich nicht mit seinen Geschichten.

Link to comment
Share on other sites

Ich seh das ähnlich: für mich ist Lovecraft der Autor von tollen Gruselgeschichten, nicht mehr und nicht weniger. Als politischen Führer würd ich ihn aus einem bunten Blumenstrauß an Gründen nicht haben wollen. Muss ich aber auch nicht. Sicher fragt man sich aus heutiger Sicht oft, wie Leute damals so denken konnten, andererseits: ich bin z.B. Veganer und kann mir gut vorstellen, dass wenn sich Veganismus als das Normale etablieren würde, würden in 100 Jahren auch die Leute fragen: "Wie konnte dieser und jener Promi/Schrifsteller/whatever Anfang der 2000er nur so selbstverständlich von Schweinenackensteaks schwärmen?!" Na ja, war halt ne andere Zeit. Das kam den Leuten damals oft gar nicht in den Sinn, dass das irgendwie falsch sein könnte. 

Link to comment
Share on other sites

 

Für mich zählen seine Werke und deren Wirkung und egal woher die Angst stammte die er in seinen Schriften auf den leser übertragen konnte, sie lässt mich noch beim 10. mal lesen derselben Geschichte eine Gänsehaut bekommen ohne das ich auf die Idee komme Angst vor Ausländern oder sonstwem zu bekommen, und das zählt für mich vorallem.

 

Natürlich. Man sollte nie den Fehler machen und die Gleichung aufstellen: Lovecrafts Gedankengut = Cthulhu-Mythos. Das wäre Unfug. Dass die (meisten) Geschichten gut sind, steht außer Frage.

 

 

Sein Frühes Gedankengut verbreitet sich nicht mit seinen Geschichten.

 

Das sehe ich etwas anders. Natürlich wird niemand zum Nazi, nur weil er Lovecraft liest. Aber: Der Cthulhu-Mythos wird immer noch rezipiert, in Texten, Filmen, in Rollenspielen, auch im Amateurbereich. In dem Zusammenhang finde ich es schon wichtig, dass man sich Lovecrafts Geschichten sehr genau ansieht, bevor man seine Konzepte verwendet, damit man seine fragwürdigen Ansichten, die in den Geschichten immer wieder anklingen, nicht gedankenlos weiterverbreitet. Ich fände es zum Beispiel sehr befremdlich, wenn in einem publizierten Cthulhu-Abenteuer plötzlich von einem primitiven Kult aus "degenerierten Mulatten und anderen Menschen niedrigen Typus" (O-Ton HPL) die Rede wäre ...

Link to comment
Share on other sites

Innsmouth: das stimmt natürlich - ich nehme an jeder hier kennt die Geschichte, so dass es nicht zu sehr spoilert?

Im Finale der Geschichte stellt sich ja alles auf den Kopf und der Erzähler hat sicher eine nunmehr andere Meinung zu dem, was die Behörde da unternommen haben.

So gesehen bekommt die Geschicht aus Erzählersicht tatsächlich eine andere Bedeutung.

(ist auch bei mir sehr lange her, dass ich sie gelesen habe)

 

Allgemeiner Rassismus: wenn den tatsächlich viele Intellektuelle in den frühen 30er Jahren ablegten, dann war es ja für HPL gerade noch rechtzeitig vor seinem Tod, das auch zu tun. Da sehe ich gar keinen Widerspruch.

 

Und insgesamt: mir sind die persönlichen Ansichten von Autoren / Regisseuren / Schauspielern / Modells etc etc vollkommen egal, da ich die weder zu meinen Anführern machen möchte noch sie heiraten.  Ich trenne die von oder mit ihnen erschaffenen Produkte völlig von ihren "Personen".

Die Erzählungen von HPL sind sehr gut - und darauf kommt es mir hier an.

 

Ob ich mit ihm persönlich zu irgendwelchen Zeiten gut ausgekommen wäre? Keine Ahnung und egal.

Menschen mit denen ich gut auskomme haben z.B. so Berufe wie "Lehrer" oder Verhaltensweisen wie "Vegetierer" - und trotzdem sind es coole Rollenspieler.

Link to comment
Share on other sites

Auch nicht :(

Dann tut mir das leid. Keine Ahnung, was da los ist. Der Link funktioniert jedenfalls bei mir. :(

 

Also nochmal kurz zur Thematik:

 

Der Umgang mit den Tiefen Wesen ist doch schon sowas wie Genoizid, oder?

(Die Regierung schleppt alle aus Innsmouth in Internierungslager und lässt sie dort verrecken?)

Naja. Das ist so eine Sache. Es heißt, es gebe Gerüchte, dass die Einwohner in Konzentrationslager verfrachtet worden sind. Über den Sturm auf Innsmouth hört man im Originaltext zu wenig, um da wirklich ansetzen zu können. Außerdem darf man nicht vergessen, dass es in der Geschichte nicht um harmlose Ausländer geht, sondern wirklich um mutierte Fischwesen. Wie soll die Regierung damit umgehen? Es handelt sich um eine außergewöhnliche Situation, deren Übergangslösung bei einem solch korrupten und verdorbenen Städtchen wie Innsmouth eben darin besteht, sie in Gefängnisse zu überführen (ob es nun wirklich Konzentrationslager sind, kann man nicht genau sagen). Genozid sehe ich deswegen an dieser Stelle nicht.

 

Edit: Gerade nachgeschaut: Das Buch heißt "Regnum Congo" und ist geschrieben von Filippo Pigafetta. Hier gibt es Bilder und hier nochmal der Beweis, dass es tatsächlich existiert:

The book referred to in the story – Filippo Pigafetta's Regnum Congo – actually exists. According to S. T. Joshi, Lovecraft's knowledge of the work derives from Thomas Henry Huxley's Man's Place in Nature and Other Anthropological Essays.

Quelle: Wikipedia

 

Besonders widersprüchlich finde ich dabei, dass seine Freunde, die ihn "live" getroffen haben, berichten, er habe in ihrem Beisein niemals gegen bestimmte Menschengruppen gehetzt oder auch nur antisemitische Witzchen gemacht, er sei immer ein Ausbund an Höflichkeit, Freundlichkeit und Güte gewesen. Seinen Hass hat er tatsächlich nur in einigen seiner Geschichten und in seinen Briefen vor allem an seine Tanten ausgelebt.

Lovecraft hat seinen Rassismus auch niemals aggressiv vorangetrieben (also körperlich). Seine Gentleman-Natur erlaubte es ihm gar nicht, in Gegenwart von anderen aktiv ausfallend zu werden. Der Hass, den er schürte, beschränkte sich, wie du anmerkst, auf die Briefe und Geschichten. ArkhamInsiders hat dazu schon einige interessante Aspekte am Rande immer wieder aufgegriffen. Schade, dass du es nicht öffnen kannst. :(

 

 

Interessanter finde ich in diesem Zusammenhang den Schwarzen Mann als Maske von Nyarlathotep. Dieser wird von HPL als schwarz ohne jegliche negroide Züge (vgl. Träume im Hexenhaus) beschrieben. Das hört sich wie der Versuch an, einen bösen Avatar eben NICHT mit schwarzen gleichzusetzen (ist aber nur ein Detail).

Als Anmerkung dazu: Keziah, Brown Jenkin und der Schwarze Mann haben eines gemeinsam. Bei allen drei handelt es sich meines Erachtens nach um urbane Legenden, Schauermärchen, die man den Kindern erzählt, damit sie artig sind. Insofern beziehe zumindest ich das Schwarz eher auf den hierzulande als Butzemann bekannten Schrecken (auch der Schwarze Mann genannt). Eben die Gestalt, die sich (laut den Erzählungen) unter den Betten der Kinder versteckt.

Die Realität der Wesenheit sieht bei Lovecraft natürlich anders aus. Im Falle des Schwarzen Mannes findet man nicht bloß die Züge der bekannten Kinderhorrorgestalt, sondern ist quasi eine Manifestation eines teuflischen Dämons, der Seelen sammelt usw. usf. Deswegen ist es nicht allzu verwunderlich für mich, dass die negroiden Züge nicht anzutreffen sind, versucht Lovecraft doch meiner Meinung diesmal nicht unbedingt auf den Schrecken für Rassisten zu verweisen (ein negroides schwarzes Grauen), sondern auf die typische Sagengestalt von Betthorrorgeschichten. So habe ich den Avatar jedenfalls immer verstanden.

 

 

@Struder: Oder die Bilder der Ureinwohner im Afrikanischem Busch, die wie weiße aussehen (mist mir istgerade der Titel der Geschichte entfallen aus der das Stammt.)

"Das Bild im Haus". Das waren die Einwohner aus dem Kongo. An dieser Stelle würde ich das jedoch nicht als Beispiel anfügen, da es an der Stelle ganz andere Qualitäten zu besitzen scheint. Ich kann gerade nur spekulieren, aber eventuell waren die Zeichngen von jemandem angefertigt worden, der nie Schwarze gesehen hat und nur von Erzählungen von den grausamen Küchen gehört hat (ähnlich wie bei dem Rhinozeros von Dürer). In seiner Annahme hat er sie deswegen weißhäutig gestaltet. Vielleicht geht es auch um einen besonders "verdorbenen" Stamm, der sich mit Weißen vermischt hat, und Lovecraft möchte den Ekel ausdrücken, dass Weiße (oder Halbweiße) zu so etwas fähig sein können. Die gesteigerte Intensität des Grauens für ihn. Da es das Buch wirklich gibt, soweit ich weiß, könnte man das natürlich alles auch einfach mal per Wikipedia nachgucken ...

 

 

HPL lebte ja sehr zurückgezogen und Kontaktscheu, wenn es um leibhaftige Treffen ging

Es gibt zwar Phasen seines Lebens, in denen das durchaus zutraf, doch möchte ich nochmal auf den Podcast verweisen, der mir die Augen geöffnet hat, was den "Einsiedler aus Providence" angeht. ;) Sehr zu empfehlen, man lernt ganz neue Seiten von Lovecraft kennen.

Edited by Blackdiablo
  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

 

Für

 

 

>Sein Frühes Gedankengut verbreitet sich nicht mit seinen Geschichten.

 

Das sehe ich etwas anders. Natürlich wird niemand zum Nazi, nur weil er Lovecraft liest. Aber: Der Cthulhu-Mythos wird immer noch rezipiert, in Texten, Filmen, in Rollenspielen, auch im Amateurbereich. In dem Zusammenhang finde ich es schon wichtig, dass man sich Lovecrafts Geschichten sehr genau ansieht, bevor man seine Konzepte verwendet, damit man seine fragwürdigen Ansichten, die in den Geschichten immer wieder anklingen, nicht gedankenlos weiterverbreitet. Ich fände es zum Beispiel sehr befremdlich, wenn in einem publizierten Cthulhu-Abenteuer plötzlich von einem primitiven Kult aus "degenerierten Mulatten und anderen Menschen niedrigen Typus" (O-Ton HPL) die Rede wäre ...

 

Ich denke auch, dass die Abneigung gegen sehr vieles in den geschichten mitschwingt.

Aber nicht umsonst gibt es in den Veröffentlichungen keine "Menschen niederen Typus"; Das sollte auch niemand erwarten.

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

 

Ich fände es zum Beispiel sehr befremdlich, wenn in einem publizierten Cthulhu-Abenteuer plötzlich von einem primitiven Kult aus "degenerierten Mulatten und anderen Menschen niedrigen Typus" (O-Ton HPL) die Rede wäre ...

 

Wobei ich dazusagen muss, dass mir solche Entgleisungen in offiziellen CoC-Publikationen noch nie begegnet sind. Der Umgang mit HPL scheint mir doch sehr reflektiert zu sein, sieht man ja auch an der Diskussion hier.

Link to comment
Share on other sites

 

 

Ich fände es zum Beispiel sehr befremdlich, wenn in einem publizierten Cthulhu-Abenteuer plötzlich von einem primitiven Kult aus "degenerierten Mulatten und anderen Menschen niedrigen Typus" (O-Ton HPL) die Rede wäre ...

 

Wobei ich dazusagen muss, dass mir solche Entgleisungen in offiziellen CoC-Publikationen noch nie begegnet sind. Der Umgang mit HPL scheint mir doch sehr reflektiert zu sein, sieht man ja auch an der Diskussion hier.

Mir ist das auch noch nicht unter gekommen. Außer vielleicht dieses eine Bild eines Obernazis im Fluch des Chaugnar Faugns (?). :D

 

Die Diskussion nimmt übrigens gerade Züge an, die ich furchbar spannend finde. ^^ Freu mich sehr auf noch mehr Input. :)

Link to comment
Share on other sites

Vorbildlich gelungen ist die Lovecraft-Rezeption beispielsweise in der Call-of-Cthulhu-Verfilmung der H.P. Lovecraft Historical Society. Als Legrasse und Co. im Wald den Kult ausheben, finden sie nicht die von Lovecraft beschriebenen primitiven Mischlinge etc. vor, sondern weiße Amerikaner. Soweit ich mich erinnere, ist nur Castro als Hispanic zu erkennen, aber das wäre bei dem Namen auch nicht anders zu machen gewesen.

Link to comment
Share on other sites

Vorbildlich gelungen ist die Lovecraft-Rezeption beispielsweise in der Call-of-Cthulhu-Verfilmung der H.P. Lovecraft Historical Society. Als Legrasse und Co. im Wald den Kult ausheben, finden sie nicht die von Lovecraft beschriebenen primitiven Mischlinge etc. vor, sondern weiße Amerikaner. Soweit ich mich erinnere, ist nur Castro als Hispanic zu erkennen, aber das wäre bei dem Namen auch nicht anders zu machen gewesen.

Was ich allerdings schade fand, war die fehlende Besatzung auf der Vigilante. Das hatte zwar wahrscheinlich andere Gründe (sie wollten keine Kampfszenen mehr oder wussten nicht genau, wie sie es umsetzten sollen), aber trotzdem war es bei einer so getreuen Adaption schade, dass sie an einer solchen Stelle vom Original abweichen.

Aber ja, die Sumpfszene war vollkommen genial gemacht! Meiner Meinung nach sogar die stärkste Szene im Film.

Link to comment
Share on other sites

 Share

×
×
  • Create New...