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[Nightmare in Norway] Die Zusammenkunft; Mo. 16.05.1927


Der Läuterer
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Ich gehe zurück, und als ich Hans und Marc wieder erblicke, winke ich ihnen zu.

Ich lächele Hans an, und meine Augen sagen nur eins: bitte, sei nett.

Es ist schilesslich unsere Hochzeitstag, und wäre Schade, ihn zu ruinieren.

Als ich am Tisch ankomme, wende ich mich Marc zu.

"Ich glaube die beide müssen sich erstmal unter vier Augen unterhalten, Dr. Andrews." Ich lächele.

"Wollen wir ein Spaziergang machen?"

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Hans schaut zu Matilde auf. "Moment mal, Frau Schmidt. Der Herr Doktor hat ja noch gar nichts bestellt."

 

Dann blickt er zu Marc. "Nehmen sie wenigstens noch einen Schluck Wein zu sich, Herr Doktor."

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"Frau Schmidt?!"

 

Hans wartet, bis Du Dich nach ihm umdrehst. "Bitte nicht ganz so vertraulich. Etwas mehr Distanz bitte."

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Marc und Matilde ziehen von dannen, was bleibt, bin ich, der 20 Meter von ihm entfernt zu seinem Tisch schaut. Längst hat er mich bemerkt und schaut mit einer Mischung aus Neugier und Abneigung zu mir herüber. Ich erwidere seinen Blick und bewege mich langsam ins Sonnenlicht, das den ironischen Spiegel zu unserer letzten Begegnung darstellt. Ich hatte ihn in den Schatten des Zuges gerissen, nun zieht er mich ins Licht.

Ob er weiß, dass ich Angst habe? Ob er Spaß an dem haben wird, was kommt? Das ist völlig egal. Alles ist egal, denn ich entschuldige mich nicht bei diesem Mann.

 

Fünf Meter und mein Gesicht ist versteinert. Vor mir sitzt der Kerl, der schon längst tot hätte sein müssen und trotzdem noch lebt. Vor ihm steht der Kerl, dessen Inneres zahllose Einzeltode gestorben ist und trotzdem noch lebt. Niemand im Restaurant bemerkt es. Neben mir lacht eine Frau. Dahinter isst eine Großfamilie gerade ihren Nachtisch. Nichts von all dem würdigt diesen Augenblick in dem Maße, wie er es verdient hätte. Aber das ist egal, ich entschuldige mich nicht bei diesem Mann.

 

Er mustert mich, hat mich vielleicht imposanter in Erinnerung, er wartet ab, was ich tue. Ich bin am Zug. Ich muss etwas tun, aber nicht weil ich mich bei ihm entschuldige.

 

"Mein Name ist Paul Anderson.", beginne ich ungerührt und ich glaube ganz kurz (vielleicht war es auch nur Einbildung), ein leichtes Zucken in seinem Oberkörper zu sehen. "Ich war wahrhaftig in der Hölle, die mit dir angefangen hat. Ich bin zurück. Ich lebe. Ich sollte dir danken. Stattdessen glaube ich, dass du etwas anderes verdient hast." Seine Miene hat sich verfinstert, aber ich gönne ihm keine Zeit zu reden. Hier geht es weniger um ihn, als er es wahrscheinlich für möglich hält. Ebenso gut hätten dort Olga, Hassan, der Prof, Matilde sitzen können. Ganz gleich.

 

Ich bereite mich innerlich vor und schließlich presse ich hervor: "Du hast verdient, mir das Leben zu nehmen, das ich nun nach meiner Läuterung besitze. Das hast du, Hans Schmidt oder Hartmut Stürmer oder welche Gestalt du in Wirklichkeit bist, dir verdient."

 

Denn ich entschuldige mich nicht bei diesem Mann, ich entschuldige mich für das, was der Name Rick Fairwell bedeutet hat. Was tot ist und tot bleibt. Stimmt's nicht, Alice?

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Hans sitzt im hellen Sonnenlicht, doch seine Augen sind beschattet. Sie liegen unter dem Schirm seiner Offiziersmütze.

 

Aber dieses Lächeln... Sein Lächeln ist arrogant und herablassend. Er beobachtet Dich die ganze Zeit recht abschätzend, während Du Dich ihm näherst.

 

Dann stehst Du vor ihm, H... S..., am Tisch und sprichst ihn an. Der Mann hat eine finstere Mine aufgesetzt.

 

Und während Du sprichst, nimmt Hans die Mütze ab. Er runzelt fragend die Stirn...

 

...als Du fertig bist, steht er auf und klemmt sich die Mütze unter den linken Arm und steckt Dir die Hand entgegen. "Nehmen Sie Platz, Herr Anderson. Bitte." Er deutet auf den Platz gegenüber.

 

"Er war der Einzige, der mir geholfen hat... ER war der Einzige... DER Einzige."

 

Als er sieht, dass Du Platz nimmst, setzt sich auch Hans wieder und setzt die Mütze wieder auf. Sein Lächeln ist noch immer da. Aber weicher und aufrichtig. "Ich verstehe kein Wort von dem, was Sie da gerade gesagt haben, Paul Anderson." [...]

 

"Und Sie sehen überanstrengt aus, Paul. Etwas zu trinken? Wein? Matilde hat einen sehr guten Rotwein ausgesucht. Oder lieber einen Saft? Wasser vielleicht?"

 

Hans winkt den Kellner heran. "Sie sehen schlimm aus, Paul. Sie sind ganz bleich im Gesicht. Fühlen Sie sich nicht wohl?"

 

"Ohne IHN wärst Du nicht in meinem Abteil gelandet... wärst DU nicht in meinem Abteil gelandet... in MEINEM Abteil gelandet."

 

"Ich habe IHNEN zu danken, Paul. Und das in doppelter Hinsicht... Sie haben mein Leben sehr entscheidend verändert."

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Ich gehe ein Stück, Matilde noch immer an meinem Arm.

 

"Ich bin froh zu sehen, dass du glücklich bist.", ich lächele leicht.

 

"Allerdings solltest du wissen, dass die ganze Sache noch nicht überstanden ist. Ich denke Paul hat noch immer "Rickfälle", wie ich sie nenne. Er denkt noch immer als 'Rick Fairwell', sieht noch immer Alice, andere Menschen die von euch gegangen sind, oder niemals existiert haben, die menschliche Psyche wirft immer neue Rätsel auf."

 

Ich bin einen Moment still.

 

"Ich hatte mir gewünscht, dass ihr endlich wieder frei kommt. Du scheinst dazu eher bereit zu sein als Paul. Du wirkst auf mich... Klarer."

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Ich nicke leicht.

"Ich hätte mir auch gewünscht, schon frei sein zu dürfen..." murmele ich.

"Aber wenn mir auch besser geht, fühle mich nicht richtig gesund.."

Ich schaue ihn dankbar an.

"Ich bin froh, von hier wegzugehen. Und froh daß du wieder für uns verantwortlich sein wirst"

Ich erschaudere kurz, denn Dwight kommt mir wieder vor den Augen.

Ich bleibe nachdenklich.

"Meinst du, Paul wird je komplett aufhören, Rick zu sein? Ich mache mir Sorgen um ihn."

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"Einen Orangensaft, bitte.", hauche ich verwirrt. Meine Augen mustern irritiert die seine.

"Ich muss zugeben, dass ich nun nicht verstehe." Ich schaue mich um. Niemand guckt zu uns. Wir sind nicht auf einer Bühne, dies hier ist das wahre Leben und kein Schwein interessiert sich für die Belange von uns beiden. "Ich hatte" ... gehofft ... "gedacht, ich würde bestraft werden von di-, ich meine, Ihnen. Was ich getan habe ... Es ging mir ernsthaft nicht aus dem Kopf. Es - es wurde stets schlimmer. Schlimmer und schlimmer und schlimmer, bis ich mir vorgestellt habe, dass mein Handeln gerechtfertigt war. Ich habe aber erkannt, dass ich allen Schmerz bereitet habe und ..." Mir kommt Dwight in den Sinn, nicht der echte, der der vielleicht in Wirklichkeit ich gewesen ist. Lächerlicher, aber hartnäckiger Irrglaube. "Und am Ende war ich es, der unversehrt aus der Sache ging. Also fast." Ich tippe mir an den Kopf. "Ich wurde auseinandergerissen, innerlich, immer mehr hässliche Seite übernahmen die Oberhand, doch sie sind alle gestorben, wissen Sie? Und wer blieb? Das war ich. Derjenige, der als einziger die Verantwortung für meine Handlungen trug. Keine Stimmen, keine Persönlichkeiten, das war immer ICH gewesen. Deswegen bin ich hier und sitze hier und verstehe nicht, was Sie meinen. Wirklich nicht."

Der Kellner bringt den Saft, er erinnert mich an Torben, ich danke ihm und trinke einen kleinen Schluck.

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Hans breitet, mit den Ellenbogen auf dem Tisch, die Arme freundlich aus. "Ich habe schon öfter mal etwas bekommen, müssen Sie wissen."

 

Hans winkt mit der Hand ab. "Wären Sie mir danach über den Weg gelaufen, hätte sich jemand dabei sicherlich verletzt, aber nun..."

 

Er legt die Offiziers-Mütze auf den Tisch. "Nun hat sich sehr viel geändert. Viel Zeit ist vergangen. Matilde und ich haben heute sogar geheiratet. Wir haben in sehr kurzer Zeit viel erlebt und nachgeholt."

 

"Ich habe Ihnen zu danken, Paul. Und das in doppelter Hinsicht... Sie haben mein Leben sehr entscheidend verändert."

 

Hans ordert noch einmal den Rotwein. "Hätten Sie mir seinerzeit keine verpasst, so wäre ich nie in Matilde's Abteil gelandet. Wir wären jetzt sicher auch nicht verheiratet."

 

Er dreht sich um und beobachtet die Umgebung. "Erzählen Sie mir etwas über Ihre Arbeit. Ich habe von Matilde erfahren, Sie seien ein Ermittler. Früher mal bei der Polizei gewesen, Herr Anderson? Bei der Armee?"

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"Nein." Ich schaue auf mein Glas. "Privatdetektiv. Mit meinem Freund habe ich mit eine Detektei in London eröffnet. Es lief gut, aber ich muss zugeben, dass man stark sein muss wegen des ganzen Drucks. Ich konnte einigen helfen, einigen auch nicht. Ich kannte alle ihre Geheimnisse. Ich war deren Enthüller im Verborgenen. Es lief gut, denn soweit ich das sehe, hat jeder seine Geheimnisse." Ich schaue ihm tief in die Augen. Ein kalter Glanz tritt in meinen Blick. "Nicht wahr?" Dann seufze ich.

"Aber das ist lange her. Ich war nicht in der Lage, die letzten drei offiziellen und inoffiziellen AUfträge zu lösen. Es fehlte immer ein Stück. Mein Wahn hat mir Schusseligkeiten aufgezwungen, die mir oder anderen das Leben hätten kosten müssen. Das war alles nach dem Zugunglück."

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"Was haben Sie vor? Ich meine für die Zukunft? Wenn Sie wieder von dieser Insel... aus dem... Sanatorium zurück sind. Wollen Sie dann wieder als Ermittler... pardon, Privatdetektiv, arbeiten?"

 

Hans schaut auf Deinen leeren Teller. "Wollen Sie gar nichts bestellen? Haben Sie denn gar keinen Hunger, Paul?"

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"Ich glaube nicht, dass ich essen kann". Ich lächle vorsichtig. "Mir ist nicht danach." [...] "Wissen Sie, das einzige, was ich in irgendeiner Weise erreicht habe, ist Zuneigung gefunden zu haben. Freya heißt sie, wie die Göttin, aber sie ist keine Göttin, sie ist ein Mensch. Das ist mir genug. Ich habe keine Ahnung, was sie in mir sieht, aber mit ihr könnte ich ein neues Leben anfangen. Es juckt mich in den Fingern, wieder professionell tätig zu werden, aber ich fürchte ein wenig vor einer Niederlage. Ohne meinen alten Freund wird es schwierig, Aufträge zu bekommen. Er war stets der Vermittler, er war zuverlässig, treu, loyal, nie ist er von meiner Seite gewichen. Jetzt wo er weg ist, bezweifle ich, dass ich wie früher arbeiten kann."

 

Ich leere mein Glas. "Noch eines bitte", meine ich zum Kellner.

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