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Spielbericht: Mister Corbitt


N317V
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Natürlich reichlich Spoiler. Eh klar, oder? 

 
Was macht man denn an Halloween? Kein Bock auf Gruselfasching? Horrorfilme alle gesehen? Ein Cthulhu wäre nett. Für meine Mitbewohnerin und mich war das schnell klar, dass das unser Plan ist. Dazu hat sich noch ein befreundetes Paar gemeldet, mit denen ich schon länger mal spielen wollte. Er war in seiner Jugend wohl ein leidenschaftlicher DSA-Spieler und sie hatte noch keinerlei Rollenspielerfahrung, war aber neugierig. Zudem noch ein weiterer Freund, der auch schon öfter mal gefragt hat, was wir da so machen bei diesem Rollenspieldings. Allerdings: bei den Herren ggf. etwas schwierig mit der Arbeit und bei dem Mädel war ich mir nicht sicher, ob sie wirklich Bock hatte bzw. sich traut. Also suchte ich nach einem Abenteuer, das ich notfalls auch nur mit meiner Mitbewohnerin zu zweit spielen konnte, aber auch für mehrere Spieler funktioniert. Zudem sollte es einigermaßen kurz sein, da es ein normaler Arbeitstag für die meisten von uns war und wir somit erst um acht Uhr anfangen konnten und ich den unerfahrenen Spielern auch erst Charakter machen wollte und etwas Zeit zum Reinkommen geben. Nach langem Hin und Her fiel meine Wahl auf "Mister Corbitt" aus "Kinder des Käfers". 
 
 
Letztendlich haben dann aber doch alle mitgespielt. Da Mr. Corbitt, also das Abenteuer, davon lebt, dass es irgendwie mitten ins idyllische Leben platzt und ich mir gedacht hab, ich geb gerade den neuen etwas Gelegenheit, erstmal Alltag zu spielen, hab ich das ganze nach Arkham verlegt. Ich hab mir dafür folgende Chars vorab grob ausgedacht und dann mit den Anwesenden vervollständigt. 
 
Patricia 'Trisha' Weston: Schauspielerin (meine Mitbewohnerin, ein Jahr Cthulhu-Erfahrung), erst kürzlich nach Arkham gezogen, um ein bisschen Ruhe zu finden und sich auf ihre nächste Rollen vorzubereiten. Spricht von sich nur in der 3. Person. (Was echt ziemlich irritierend ist. Inspiriert von Seanchuis NSC-Band.)
Albert Braun: Ms. Westons Gärtner, Deutscher, kam nach dem Krieg nach Amerika und arbeitet seither als Gärtner und Mann für alles in dem Haus, kannte somit auch die Vorbesitzer und kennt Mr. Corbitt. Hat viel von seinem Gärtnerwissen durch Tipps von Corbitt erlangt. Sonderling mit Nacktschneckensammlung (an dieser Stelle meinen Dank an denjenigen, der das ins Spielerhandbuch geschrieben hat :-D )  
Lily Peack: die neugierige Nachbarin, gelangweilte, etwas spießige Ehefrau eines Textilproduzenten. Ihr Mann und ihr Sohn sind gerade auf Geschäftsreise in Europa. Interessiert sich hobbymäßig für Okkultismus. Natürlich kennt auch sie die Geschichte der Familie Corbitt. 
 
Der zweite Herr in der Runde musste tatsächlich arbeiten und ist erst recht spät hinzugestoßen. Um es möglichst abzukürzen, hat er einfach den vorgefertigten Wissenschaftler aus dem Spielerhandbuch Dr. Warren Bedford bekommen. War auch der Ex-DSA-Spieler, daher nicht so schlimm, dem einfach nen Char hinzuklatschen. 
 
Während der Charaktererschaffung und während der "Einlebphase" des Scenarios liefen verschiedene 20er-Jahre-Compilations von Youtube. Zum Beispiel die hier:
 
Nach der Charaktererschaffung wurden zwischen den Spielern schon Ideen hin und her geworfen, bis ich gesagt hab: "So, jetzt erzählt Euch das mal in-play." Der Sonntag begann, Miss Weston blieb noch etwas im Bett und überlegte, wie sie denn den Tag verbringen wolle. Albert Braun machte seinen üblichen, frühmorgendlichen Gang durch den Garten mit Besuch beim Geräteschuppen (wo er heimlich Schnaps brennt und trinkt). Der Nachbarin Mrs. Peack ist wiedermal unangenehm aufgefallen, dass der wohl keine festen Arbeitszeiten hat, der Mann. Mal kommt er etwas früher morgens raus, mal etwas später. Zustände sind das! Inzwischen ist Ms. Weston ebenfalls aufgestanden und hat den Tag mit ein paar Gesangsübungen begonnen. Mrs. Peack wollte schon rübergehen, hat aber anstandshalber doch noch vorher einen Blick durchs Fernglas gewagt und festgestellt, dass ihre Nachbarin noch im Morgenmantel ist, und hat gemeint, dann wartet sie lieber noch etwas mit ihrem Besuch. 
 
Um mal die weiteren Highlights zusammenzufassen: 
 
- Da ihm die Rosen etwas Sorgen bereiteten hat der Gärtner tatsächlich bei Mr. Corbitt geklingelt und um Rat gebeten. Dieser hat ihn hinters Haus geführt und ihm aus einer Schale einen selbstgemachten Dünger mitgegeben. 
- Gegenüber von Mrs. Peack wohnte noch eine deutsche Familie. Nur der Vater (ein Ingenieur) konnte etwas Englisch. Seine Frau und die Kinder sprachen nur Deutsch. Alle waren oft sehr laut und die Frau kreischte oft die Namen der höchst ungezogenen Söhne, die für alles stehen, was die Deutsche Sprache in den Ohren eines Amerikaners schrecklich macht: Jürgen und Richard. 
- Irgendwann im Laufe des Tages brachte diese Frau (Brücklhöfer) dann auch einen Kuchen bei Ms. Weston vorbei. Der Gärtner dolmetschte. Da Mr. Corbitt immer Obst und Gemüse in der Nachbarschaft verteilte, wollte Frau Brücklhöfer auch mal was für die Nachbarn machen. Leider (zum Glück) war es ein Nusskuchen, worauf Ms. Weston allergisch war. Der Gärtner wollte den allein essen, aber ich war natürlich eher daran interessiert, dass sie die Nachbarin Mrs. Peack einladen, um dann die Szene mit Mr. Corbitt und dem heruntergefallenen Arm zu beobachten (siehe Abenteuer). Da war es Frau Brücklhöfer natürlich total peinlich, dass sie so einen unpassenden Kuchen gebracht hatte und sie hat kurzerhand noch einen Obstkuchen vorbeigebracht. Spätestens jetzt war so viel Kuchen da, dass man die Nachbarin (die das sicherlich mitbekommen hat, die neugierige K...) auch einladen musste. Ms. Weston war die einzige, die den Vorfall mit dem Arm beobachtete. Sie erzählte den anderen nicht sofort davon, aber war sichtlich verstört und brach das Kaffeekränzchen ab, um sich hinzulegen. Das fanden die anderen, vor allem Mrs. Peack, natürlich sehr seltsam. 
- Nachdem Ms. Weston ihrem Gärtner sowie Mrs. Peack von ihrer Beobachtung erzählt hatte, wurde letztere natürlich hochaktiv. Erste Aktion: sich als Postbote verkleiden und kurz nachdem Mr. Corbitt morgens weg (zur Arbeit?) gefahren war, zum Haus zu schleichen und dort nachzusehen. "Du hörst ein Klirren im Haus, als ob Glas zerbircht." Der Gärtner Herr Braun beobachtete unterdessen etwas sehr seltsames: der Postbote kam zu Mr. Corbitt und spähte durch den Briefschlitz und fuhr dann wieder weg, ohne zu den anderen Häusern zu fahren. Sehr seltsam... :-D Nachdem sie dabei aber nichts rausgefunden hat, ging sie in die Stadt, um sich bei Walter's Optics and Fancy Toys (Arkham 424-B ) ein größeres Fernglas zu kaufen. Der Inhaber Mr. Timothy Walters war entsetzt, dass das kürzlich erworbene angeblich milchig sein solle und bot eine kostenlose Reparatur an. 
- Letztendlich war Ms. Weston so aufgewühlt, dass sie sich an einen alten Freund der Familie wandte: Dr. Bedford (der vierte Spieler war inzwischen eingetroffen), der an der Miskatonic University arbeitete. Dieser hat sich vorab über die Familie Corbitt informiert und im Zeitungsarchiv der Bibliothek die Artikel über den Tod von Corbitts Vater, Frau und Sohn gefunden (Handouts 1 und 3). 
 
Irgendwann zwischendurch kam wie geplant Bernhard Corbitt vorbei und bat Ms. Weston darum, nach seiner Post zu sehen, während er für ein paar Tage auf Geschäftsreise sei. Die Chars diskutierten, ob sie denn jetzt wirklich alle da rüber gehen und sich umschauen sollten, oder ob nicht lieber jemand die Brücklhöfers ablenken sollte oder, oder, oder... (Der Spielleiter platzt fast und schreit innerlich: "Ja, tut es! Geht rüber! Alle!") Natürlich sind sie dann doch alle rübergegangen. Immerhin: der Gärtner ist einer der zupacken und sogar schießen kann. Ms. Weston hat den Schlüssel, Dr. Bedford steht ihr natürlich bei und die neugierige Mrs. Peack auszuschließen wäre nur schwer möglich und auch unklug. 
 
Sie gehen rüber, schließen auf, betreten das Haus. Wieder Einsatz Musik: http://horror.ambient-mixer.com/mr--corbitt
Und ich nehm total das Tempo raus. Quälend langsam tasten sie sich Schritt für Schritt durch die ersten Räume. Die Spannung ist allen anzumerken. "Gibt es hier eine Waffe?" "Einen Regenschirm." "OK, besser als nichts." 
Im Wohnzimmer/Arbeitszimmer angekommen finden sie die Bücher, interessieren sich nur oberflächlich für die Mythoswerke, Ms. Weston greift sich aber sofort eines der Tagebücher, fängt irgendwo zu lesen an und liest ein paar Einträge (SL liest vor), sucht dann nach dem Datum, wo Mr. Corbitts Frau gestorben ist und beschließt dann, sich doch noch eingehender mit den Tagebüchern zu befassen. (Ich gebe ihr das Handout.) Schnell ist dem Gärtner klar: wenn hier etwas ist, dann im Keller. Er sucht die Kellertür, wartet dann aber doch noch auf die anderen. Der Professor geht schließlich vor. 
 
Sie wenden sich sofort in Richtung Labor und machen dort verschiedene grausige Entdeckungen und wenden sich schließlich der Tür zum unteren Arbeitszimmer zu, da sie Geräusche von dort hören. Ich muss zugeben, ich hätte beinahe einen großen Fehler begangen. Diese zusammengeschusterte Kreatur fand ich irgendwie albern und unnötig. Weit gefehlt! Die hat denen ganz schön eingeheizt. Zuerst hab ich sie wimmernd hinter einem Schrank hervorlugen lassen. Also Mrs. Peack sich langsam und beschwichtigend näherte, sprang ich mit einem Schrei auf von meinem Sitz und auf die Spielerin zu. Die hat gleich ebenfalls gekreischt vor Schreck. Alle haben ihren Stabi-Wurf geschafft, außer dem Doktor, der versuchte, dem Gärnter, dem einzigen mit einer Waffe, die Flinte zu entreißen. Zum Glück schaffte er das nicht und rannte weg, das Wesen griff Ms. Weston an und verfehlte und folgte dem Doktor, Mrs. Peack hinterher, der Gärtner ballert in der Gegend rum. Chaos, Tumult, Panik, ein Fest für den Spielleiter! :-D
 
Letztendlich konnten Mrs. Peack und Dr. Bedford das Wesen von zwei Seiten festhalten. Ms. Weston suchte nach einem Sack oder irgendetwas, um das Wesen zu fixieren. Ein Ideenwurf brachte sie auf die Wintermäntel und Schals in der Garderobe. Als das Wesen fixiert war, versuchte Mrs. Peack es weiterhin zu beruhigen und mit ihm zu kommunizieren, während Ms. Weston und Albert sich weiter im Keller umsahen. Woher kam denn dieser Gestank? Albert ging mit Gewalt an den Schrank ran und entdeckte schließlich den Raum dahinter. Wenige Schritte weiter drinnen begann ich den Man-Bagari zu beschreiben. Musikwechsel: http://horror.ambient-mixer.com/man-bagari
Als die Spielerin von Ms. Weston sich schließlich abwandte und meinte, in ihrem Kopf sehe das grad extrem eklig aus, wandte ich mich wieder an Albert mit den Worten: "Und es kommt auf Dich zu." 
Der Gärtner schoss zweimal und hatte zweimal Pech trotz seines hohen Wertes. Das Monster griff ihn an. ACHTUNG: das Ding ist echt heftig. Das macht pro Runde drei Faustschläge mit je 1W3+2W6. Bei drei geschafften Würfen (es hatte da wohl sehr viel mehr Glück) sind das ein Minimum von 9. Tatsächlich hat es den Gärtner mit 24 Schaden einfach zermatscht. (Er hatte "nur" 12 Trefferpunkte). Von den Schüssen angelockt kam auch der Doktor wieder nach unten. Nachdem er und Ms. Weston alles mögliche (z.B. einen Regenschirm ;-) ) erfolglos nach ihm geworfen hatten, begann sie nach etwas brennbarem zu suchen. Chemikalien standen ja einige rum, aber welche kannte sie davon? Ein Glückswurf offenbarte einen Kanister Spiritus (OK, Alkohol wäre passender gewesen, aber das fiel mir erst später auf, egal). Sie setzte das Monster in Brand, das sich erstmal weiter wehrte und den Doktor erfolglos versuchte niederzuringen. Schließlich beschloss ich, dass der Man-Bagari mit nur 7 TP genug gebrannt hatte und lies ihn mit einem ekligen Geräusch (nur die ganz rechte Spur im Ambient-Mixer namens monster_groans_grunts_slobbers) zusammenbrechen und sterben und das Scenario damit langsam ausklingen. 
 
Alles in allem hat es sehr viel Spaß gemacht. Mit Charaktererschaffung, gemächlichem Einstieg und einer kurzen Essenspause haben wir von ca. 20 Uhr bis ca. 3 Uhr morgens gespielt, also rund 6-7 Stunden, wobei man das Scenario sicherlich auch sehr viel schneller durchbekommt. Im Grunde, wenn die Chars den allerersten Hinweis gleich alle bekommen und sich sofort einig sind, dass man bei nächster Gelegenheit einbricht und in den Keller geht, kann das auch in einer halben Stunde gespielt werden. Davor sollte man sich als Spielleiter ggf. wappnen. Soziale Zwänge helfen in dem Fall recht gut ("Was sollen denn die Nachbarn denken?") oder die Gefahr, von Mr. Corbitt erwischt zu werden. Hier ist es meiner Meinung nach schon wichtig ihn vorher als einen netten und allseits angesehenen Zeitgenossen zu präsentieren. Allerdings bietet das Abenteuer, so wie es im Buch steht, auch noch einige andere Möglichkeiten, solange man die Chars nur vorerst aus dem Keller raushält. Ich hab den Hintereingang mit dem Außenzugang zum Keller sicherheitshalber verschwiegen. (Hat aber auch niemand explizit gefragt.) Als Einsteigerszenario sowohl für neue Spieler aber auch für unerfahrene Spielleiter voll empfehlenswert. Für mich war es aufgrund seiner Flexibilität und des geringen Vorbereitungsaufwands ideal für diese Gelegenheit. 
Edited by N317V
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Der gute, alte Mr. Corbitt !!! - ein Klassiker.

 

Danke für Deinen Spielbericht, N317V.

Ich lese das immer wieder gerne.

 

Wie kam das Szenario denn bei Deinen Cthulhu-Newbies so an?

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Von dem her, was sie gesagt haben, kam das sehr gut an. Überdies hab ich nach dem Spiel bei der Darstellerin der Nachbarin Mrs. Peack noch gemerkt wie das nachhallt im Kopf. Seither hab ich die nicht mehr getroffen, aber den Spieler des Gärtners Albert Braun am nächsten Tag. Da hat mans auch gemerkt, wie immer mal wieder bei anderen Gesprächen die Erinnerungen hochkommen. :-) Er hat auch gesagt, dass er gern öfter mal mitspielt.

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  • 2 weeks later...

Fand den Bericht auch sehr schön zu lesen, grade sich dabei die Songs abspielen zu können, hebt den Lese Spaß noch mal gewaltig.  ^_^

 

Leider funktioniert bei mir der letzte Link, die Musik zum Man-Bagari, nicht. Wird nicht gefunden. Kannst du da vielleicht nochmal nach gucken? Würde mich ja interessieren, wollte das Abenteuer demnächst auch mal leiten.

Edited by Tac
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  • 1 month later...

Yup. Ich bin Erich Zann. ;-) Benutze aber dort bislang nur Samples, die die schon zur Auswahl haben. Komm aber bestimmt irgendwann an nen Punkt, wo ich selbst Samples aufnehme und/oder hochlade. Probier noch viel rum. 
Danke! :-) Tatsächlich ist der Man-Bagari auch richtig gut angekommen. So im Sinne von "OMG, mach dieses Geräusch weg! Ist ja eklig." Also genauso wies sein sollte.  :lol:

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  • 5 years later...

Habe gerade das Abenteuer im Band "Kinder des Käfers" gelesen und musste bei den Werten des Man-Bagari stutzen. Ich hatte das aus dem englischen Original, das ich vor zig Jahren mal gelesen hatte, anders in Erinnerung. Keine Panzerung und nur 7 TP?

Ergo nochmal im Original nachgesehen: Hier wurden fälschlicherweise die TP des Frauen-Dings (7) mit denen des Man-Bagari gleichgesetzt. Die TP des Man-Baragi betragen eigentlich 38 (!).

 

Für die Story irrelevant, aber so kann das nicht mal eben durch einen einzigen guten Treffer außer Gefecht gesetzt werden. Nur falls noch jemand mal das Abenteuer leiten möchte und keinen Zugriff auf das Original hat...

Edited by Bartimäus
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