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[Nightmare Files] Kapitel 6 - Der lachende Tod


Der Läuterer
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Ich finde, er wirkt beunruhigt ... Ängstlich? Vor was? Uns etwa? Wahrscheinlich doch eher nicht!

 

Dennoch grinse ich ein bisschen in mich hinein, ohne dass er es sehen kann, während ich Schritt halte. Schließlich setze ich ihm ein weiteres Mal zu: "Sie brauchen nicht mit uns zu reden, Kapitän, das ist wahr, auch möchte ich Sie nicht zwingen, uns etwas über Dinge zu verraten, über die Sie offenbar so ungerne reden. Etwas ist geschehen, das weiß ich." Ich lüge, um ihn aus der Reserve zu locken. "Ich weiß von den Fischvorkommen, ich weiß von dem Verfall, von den fehlenden Gräbern - ich weiß einiges. Ich weiß, dass ich fremden Sprachen gelauscht habe, ich weiß von einem Fluch, ich weiß von einem Grabmal, an das eine arme Seele gebunden war. Ich könnte Ihnen Namen nennen, von denen Sie mit Sicherheit schon gehört haben, und die Ihnen Tränen in die Augen zaubern könnten. Sie wirken vernünftig und auch wenn wir Ihnen nicht geistig gesund genug vorkommen, hoffe ich doch sehr, dass Sie merken, dass wir keine dahergelaufenen Unwissenden sind. Wenn Sie vor etwas Angst haben, dann warnen Sie uns, dann geben Sie uns ein Zeichen und" Ich flüstere. "wenn schon nicht hier, dann zumindest unauffällig." Gedämpft, aber lauter fahre ich fort: "Falls Sie dann mehr erzählen möchten, wären wir Ihnen zutiefst dankbar, doch diese Entscheidung liegt selbstredend bei Ihnen."

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Der Kapitän geht mit gesenktem Kopf weiter. Einige Male murmelt er "Ich weiss, ich weiss." vor sich hin.

Dann kommt das kleine Fischerdorf St. Margaret in Sicht.

 

Und der Seebär schweigt.

 

Er blickt zu den Totenschädeln an Land - zu den verlassenen Häusern mit den leeren Fensteröffnungen, zu den gähnenden Schlünden offen stehender Tore und Türen.

 

Ein Bild des Jammers.

Ein Anblick des Sterbens und der Verwesung.

 

St. Margaret ist so stumm wie der Kapiän.

 

Nirgends ist eine Lebewesen zu sehen. Alles erscheint hier leblos, tot und verlassen.

Keine Katze. Keine Möwe. Und auch keine Menschenseele.

 

Ausserhalb des geschützten Hafens hat ein Kutter an der Mole fest gemacht. Der leichte Seegang lässt das Schiff leicht hin und her schaukeln. Der Name 'Seagull' ist an der Bordwand zu lesen.

 

Die Steine der Mole selbst sind brüchig und verwittert, nur besiedelt von kränklich aussehenden, gelben Flechten. Manche der Steine geben unter Euren Schritten leicht nach. Sie scheinen locker und tückisch zu sein... glitschig von feuchten Flechten und verrottenden Algen.

 

Im kleinen, ummauerten und völlig verwahrlosten Hafenbecken selbst haben einige Fischerboote festgemacht, sehen aber aus, als seien sie dort zufällig gestrandet. Abblätternde Farbe, unter welcher das grau-braune, morsche Holz langsam verwittert. Die Boote sehen so aus wie die faulige Zähne inmitten eines grossen, stinkenden Rachens einer verwesenden Bestie, die sich beharrlich weigert zu sterben.

Das Hafenbecken ist eine stinkende Kloake. Hier und dort treiben tote Fische mit ihren aufgedunsenen, weissen Bäuchen in der Brühe, die zum grössten Teil aus verrottendem Seetang zu bestehen scheint.

 

Zäh, wie durch Schleim, bewegen sich die Wellen, wie in Zeitlupe durch das Hafenbecken und bahnen sich ihren Weg in Richtung Land.

 

http://www.scotshistoryonline.co.uk/Portsoy/oldharb1960.jpg

 

Trotz einer leichten Brise stinkt es hier faul und modrig.

 

https://photos.francisfrith.com/frith/newlyn-old-harbour-1920_69750_large.jpg

Edited by Der Läuterer
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"Warum dürfen Sie mit uns nicht reden? Wir tun Ihnen nichts. Warum sollten Sie Ärger kriegen?" Frage ich leise, aber sanft.

Ich starre ihn mit grossen traurigen Augen an.

Edited by Nyre
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Der Kapitän dreht sich abrupt zu Dir um.

So schnell, dass er auf einem wackeligen Stein fast das Gleichgewicht zu verlieren scheint.

So überraschend, dass Du fast in ihn hineinläufst.

 

"Hören Sie... Es ist... Ach lassen wir das. Sie verstehen das nicht. Sie sind verrückt."

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"Nicht jede auf dieser Insel ist verrückt, Herr Kapitän. Es gibt andere Mächte hier. Alte, dunkle Mächte. Ich spüre sie. Und die Natur auch..."

Ich schaue mich um.

"Flüche exisistieren, und Zauber die sie brechen können, existieren auch. Genau wie die Legenden, die einen Tropf Wahrheit in sich tragen."

Ich starre ihn ernst an. Meine Stimme ist bestimmt.

"Reden Sie mit uns, bitte. Wir werden Sie verstehen. Wir werden Sie zuhören."

Meine Stimme ist unheimlich ruhig. Ich rühre mich nicht.

Ich schaue ih nur weiter an.

"Ich flehe sie an. Lassen sie uns es besser verstehen"

Edited by Nyre
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"Seaman hat sie gesehen... die Kreatur... den Wanderkraken. Das Ding, das die Araber 'Isch-nih Gar-Rabh' nennen, wie er mir erzählt hat. Und er hat das Ding hier gesehen. Auf dieser Insel. Hier... hier auf Herm. Und er hat erzählt, er habe sich geschworen, nie wieder einen Fuss, jenseits des Kais, hier an Land zu setzen."
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"Ein Kraken? Aus dem Meer? Ist etwas hier in den Gewässern? Eine Krankheit oder Seuche, die die kleinen Tiere tötet und die großen verändert?

Wir wollen Ihnen helfen! Wir kennen Leute, mächtige Leute" Ich schaue verschwörerisch zu Matilde. "Die könnten sich der Sache annehmen. Dafür müssen wir aber einschätzen können, dass SIE nicht verrückt sind, okay? Sonst geraten wir alle in Schwierigkeiten. Matilde und ich, wir waren bereits in eine ähnliche Sache verwickelt, wir kennen uns aus - es gibt Dinge, die der Mensch nur schwerlich begreifen kann und es kommt der Punkt, an dem wir unser Bestes geben müssen, es zu versuchen." Meine Stimme ist mit Nachdruck, überzeugt, ehrlich. "Jetzt da wir wissen, dass etwas nicht stimmt, sollten Sie es versuchen; wir tun dann unser Übriges." Eine kurze Pause, daraufhin wird mein Tonfall sanft. "Tut es Ihnen nicht weh, wie alles hier verfällt? Würde es Ihnen nicht gut tun zu wissen, dass es doch noch Hoffnung gibt? Geben Sie nicht auf, solange es noch nicht zu spät ist! Schlussendlich sitzen wir alle im selben Boot."

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Des Kapitän's Stimme wird hart. Barsch pflaumt er Paul an. "Hören Sie auf so eine gequirlte Scheisse zu quatschen, Mann. Mit dieser seichten Gefühlsduselei kommen Sie bei mir nicht weit. Heben Sie sich so etwas für Ihre Therapeuten auf. Verstanden?"

 

Der Seebär schaut Matilde an, holt einen Flachmann aus seiner Jacke und nimmt einen dicken Schluck. "Aber bei Ihren grossen, himmelblauen Augen, Fräulein, die so herzzerreissend traurig dreinblicken..."

 

Er schaut vom Meer zur Insel und dann zu Matilde. Ein leichtes Pfeifen entfleucht lüstern seinen Lippen. "Kapitän Seaman ist jetzt ein alter Mann... Er ist mit der Zeit etwas wunderlich geworden, aber er ist ein Mann, der sehr viel in seinem Leben gesehen hat und der noch viel, viel mehr Geschichten in seinem langen Leben gehört hat... Er hat die ganze Welt bereist, müssen Sie wissen, Fräulein."

 

Paul und Clive beachtet der Kapitän überhaupt nicht mehr. "Das was Seaman erzählt, besonders wenn er vom Alkohol genascht hat..." Der Seebär nimmt selbst erneut einen Schluck. "...würden Sie, als Landratte, nur als Seemannsgarn abtun. Der Mann erzählt Geschichten von gewaltigen Kraken, die er auf hoher See gesehen hat und er erzählte von Geschichten, die er in Arabien gehört hat... und das war lange vor dem grossen Krieg, müssen Sie wissen, Fräulein... Sie haben übrigens sehr schöne Augen."

 

Er atmet tief durch. "Von Kraken, die an Land leben... und die man Wanderkraken nennt. Mit Körpern... massiger als die von Elefanten. Mit ledriger und schorfiger Haut... dicker als die eines Wals... schwarz... und so hart... wie das Horn einer Kuh. Mit drei Beinstümpfen... so massiv und dick, dass ein Tritt ein Pferd zerquetschen könnte. Mit langen, sich windenden, peitscheinden Fortsätzen, die aus seinem massigen Rumpf herrausragen... ein Schlangennest... wie das Haupt der Medusa. Mit vielen Armen... oder Rüsseln, die sich in den Himmel winden und die Luft durchwühlen... und die so dick und mässig sind, wie der Oberschenkel eines erwachsenen Mannes. Mit vielen wülstigen, klaffenden, gähnenden und schnappenden Öffnungen... voller unzähliger, spitzer Zahnreihen. Mit Mäulern... und mit Fratzen... am Ende von diesen, sich windenden, schwingenden, sich wiegenden Rüsseln, welche alles zerquetschen, zermalmen... und aussaugen, das in ihre Reichweite kommt. Und deren fauliger Atem das Land verdorren lässt."

 

Und erneut nimmt er einen kräftigen Schluck aus dem Flachmann und lacht. "Aber das ist natürlich alles Unsinn... und wenn Seaman Geld hätte, dann würde er hier auf der Insel längst ein Zimmer bewohnen. Aber der alte Schwachkopf schwört Stein und Bein, dass er so ein Wesen hier gesehen hat." Wieder lacht er. "Idiot."

Edited by Der Läuterer
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Ich bleibe still, und schaue aufs Meer.

"Ich glaube ihm" sage ich dann plötzlich.

"Wenn sie diesen Seamann sehen..sagen Sie es ihm"

Ich drehe mich zu ihm, ernst.

Ruhig.

"..dass ich ihm glaube"

Ich könnte mal Hartmut fragen, ob er den Name schon kennt...oder im Buch recherchieren.

 

Ich schaue Paul, und Dr. Savage an.

 

"Warten wir noch, bis der Kapitän hier abfährt. Danach kehren wir zurück, wenn..wenn wir Dr. Warner hier auftaucht, können wir uns von ihm verabschieden.."

"Herr Kapitän, darf ich ihnen etwas fragen? Warum dürfen Sie nicht mit uns reden? Warum haben Sie Angst, Ärger zu kriegen?"

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"Was weiss denn ich. Vielleicht wollen die Ärzte hier nicht, dass Ihre Therapie gestört wird? Deshalb vielleicht diese Abgeschiedenheit. Und weil es hier keine Mauern gibt, sollen Fremde mit den Patienten nicht sprechen? Was weiss ich. Ich bin doch kein Studierter. Ich bin nur ein einfacher Seemann."
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Ich wende mich dem Kapitän zu:

 

"Sir, ich bin selbst ... als Arzt ... lange durch diese Länder gereist, von denen dieser Mr. Seaman berichtet, und durch viele Länder mehr rund um den Globus. Und ich kann Ihnen bestätigen, ich habe dort persönlich Dinge gesehen, die einem hier kaum jemand glauben würde. Ich habe erlebt, welches Unheil sie bringen. Und ich habe gelernt, Berichte - und wirken sie auf den ersten Blick noch so unglaubhaft - nicht alleine deswegen als Ausgeburten einer überbürdenden Phantasie abzutun, weil ihr Inhalt noch nicht wissenschaftlich erwiesen ist. Ich tue solche Berichte nicht als Unsinn ab.

 

Wenn das wahr ist, was Mr. Seaman berichtet, sind wir alle hier in großer Gefahr. Sie können Ihren Kutter nehmen und die Insel verlassen. Aber wir, wir sind ... was immer es ist ... schutzlos ausgeliefert! Können Sie das mit Ihrem Gewissen vereinbaren?

 

Sehen Sie diese junge Frau: Hat Sie Ihrer Meinung nach den Tod oder schlimmeres verdient?

 

Und all die anderen Patienten. Sie sind hilflos und benötigen Schutz.

 

Was kostet es sie schon, uns alles zu berichten? Ein wenig ihrer Zeit, mehr nicht. Sie berichten uns doch nur, was Ihnen andere zugetragen haben. Auf Sie wirft das kein schlechtes Licht. Aber für uns kann es überlebensnotwendig sein alles zu wissen, auch wenn nur ein Fünkchen Wahrheit in den Erzählungen stecken sollte.

 

Ich bitte Sie also, offen mit uns zu sprechen! Und bitte sagen Sie uns auch, wo wir diesen Seaman finden können!"

Edited by Joran
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"Guter Mann. Arzt... was auch immer. Ich kann mit gutem Gewissen vieles tun. Und wenn Sie jetzt hier in den grossen Teich fallen, dann können Sie ertrinken. Wenn Sie weit genug vom Land entfernt sind, dann werden Sie das mit Sicherheit sogar. Aber niemand wird das Meer trocken legen, damit kein Trottel ertrinkt. Ich werde auch weiterhin Personen übersetzen, obwohl dabei auch mal jemand über Bord gehen kann. Und der dann vielleicht sogar ertrinkt... wie vor zwei oder drei Wochen der Arzt auf der Fähre. Und ich habe dabei immer ein gutes Gewissen."
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