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[Nightmare Files] Kapitel 6 - Der lachende Tod


Der Läuterer
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Es dauert etwa zwei Minuten.

Du höst, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wird.

 

Dr. Warner öffnet die Tür. Nur einen schmalen Spalt. Gross genug für ihn um hindurch zu schlüpfen.

http://s5.favim.com/orig/140820/alex-turner-arctic-monkeys-love-sexy-Favim.com-2009607.jpg

 

Er sieht erschöpft aus.

 

Dr. Warner dreht sich mit dem Rücken zu Dir. "Seien Sie doch still, Frau Visconti, äh Stürmer. Sie machen alles nur viel schlimmer. Sie schreien noch das ganze Haus zusammen." Dann schliesst er die Tür ab, ohne dass Du in das Büro einen Blick werfen konntest. "Dr. Cooper geht es gut. Glauben Sie mir. Es geht ihm gut. Jetzt gehen Sie bitte wieder zu den anderen zurück." Unter seinem linken Arm trägt Dwight eine Aktenmappe und in der Hand eine Arzttasche.

 

"Bitte. Ich habe es eilig." Er macht Anstalten zu gehen und will sich wohl auch nicht weiter mit Dir unterhalten. Den Schlüssel zu dem Büro steckt er in seine Jackentasche.

Edited by Der Läuterer
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"verstehe" sage ich tonlos, und als er anfängt zu laufen, stelle ich ihm ein Bein.

Die Schlüssel von Coopers Büro? Wieso steckt er sie ein?

Gleichzeitig schreie ich so laut, dass mich wirklich jede im Haus hören kann.

"HIIIIIILFE! RAUB! BITTE KOMMEN SIE!"

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"Verdammt!"

 

Dwight stolpert, strauchelt und fällt hin. Die Aktenmappe und die Tasche fallen ebenfalls zu Boden. Die Tasche geht auf. Medikamentenfläschchen rollen über die Dielen.

 

"Dumme Gans... Sie verstehen gar nichts..." Der Doktor versucht aufzustehen.

 

"Halten Sie den... MUND. Sie verderben ALLES!"

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"Wieso haben Sie Coopers Schlüssel eingesteckt? Wo ist der Doktor?" sage ich wieder leiser.

Ich trete die Tasche soweit weg, dass er die Medikamente nicht erreichen kann.

Und schaue auf die Aktenmappe. Ob ich einen namen lesen kann.

Dann springe ich auf ihn.

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Dwight kriecht der Tasche hinterher. "Ich brauche die Ampullen."

 

Er rutscht aber aus und strauchelt erneut. "Halten Sie die Mund, Contessa. Halten Sie bitte den Mund."

 

Dann hat er eine der Ampullen erreicht. "Isletin!"

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Szenenwechsel: Speisesaal

 

„Nun, ich muss einräumen, freiwillig hier zu sein. Die Abgeschiedenheit dieses Ortes erscheint mir gegenwärtig aus verschiedenen Gründen erstrebenswert. … Um ein wenig zur Ruhe zu kommen. In den vergangenen Jahren habe ich es wohl mit den Forschungsreisen um die Welt, den Strapazen der Expeditionen, ein wenig übertrieben.

 

Körper und Geist verlangen dann mitunter einen Ausgleich.

 

Wie Dr. Livingstone bereits sagte, muss ich der Annahme eines pathologischen Zustandes hinsichtlich meiner Person widersprechen. Insbesondere besteht kein neurologisches Problem, gleichgültig zu welchen Schlüssen Dr. Clark in seiner Anamnese gekommen sein mag. Der geschätzte Kollege hat mich bislang keinen Blick in seine Akte werfen lassen.

 

Nein: Erschöpfung ist eine natürliche Schutzreaktion und kein krankhafter Zustand.“

 

„Allerdings sehe ich die Aussicht, Herm zu verlassen, kaum als einen Silberstreifen am Horizont…“, füge ich in Gedanken hinzu.

 

Mir fällt auf, dass sich Mr. Anderson während des Gesprächs mehrfach umschaut, als erwarte er noch jemanden.

 

Nachdem das Gespräch mit belangloseren Themen seinen Fortgang nimmt, höre ich Lärm und Rufe einer Frauenstimme aus dem Haus. Auch andere Gäste des Speisesaals werden nun aufmerksam.

 

Fragend blicke ich Mr. Anderson an.

 

Mitleidvoll denke ich: „Die arme Frau … vermutlich ein hysterischer Anfall … Nun ja, es können hier schließlich nicht nur gesunde Patienten wohnen.“

 

Die Tonlage der Rufe deutet für mich weniger auf eine Notlage oder Furcht, sondern mehr auf tief empfundene Wut hin.

 

Ich beobachte die Reaktion des Pflegepersonals. Obwohl die mir eigene Hilfsbereitschaft und mein ärztlicher Pathos mich drängen, der Frau zur Hilfe zu eilen, beherrsche ich mich zunächst. Es erscheint mir unangemessen, in die Arbeit der zuständigen Ärzte und Pfleger einzugreifen.

Edited by Joran
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Dr. Warner erhebt sich gerade, als Du ihm in die Tasche greifst und den Schlüssel heraus nimmst. "Was? ... wollen Sie. Lassen... Sie das!" Aber Du bist bereits an der Tür.

 

Trotz Deiner Aufregung bleibst Du zu Deiner eigenen Überraschung völlig ruhig und gelassen, und der Schlüssel gleitet flüssig in das Schloss hinein, wie ein Schwert in die Scheide, oder wie ein Schnitt durch Dwight's Kehle.

 

Du drehst den Schlüssel und das Schloss springt auf. Du öffnest die Tür zum Büro.

 

Ein kräftiger Stoss in Deinen Rücken lässt Dich in das Zimmer hinein stolpern. "Verrücktes Huhn." Dwight lacht kurz. "Närrin!" Dann hörst Du, wie die Tür zum Zimmer zugeschlagen wird. Der Schlüssel wird gedreht und danach aus dem Schloss gezogen...

 

"Und ich hatte gedacht, dass Ihnen noch zu helfen sei... Närrin! NÄRRIN!"

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Ich schaue mich um, überrascht.

Dieser Dreckskerl hat mich hier eingeschlossen.

Noch einmal schaue ich mich um, um zu sehen, was im Büro alles da ist. Schliesslich schaue ich ihn an.

"Was soll DAS jetzt? Kommen Sie schon, rufen Sie die böse Pfleger, sie werden mich schon wieder einsperren. Oder haben Sie etwas anderen in den Sinn?"

Edited by Nyre
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Im Speisesaal

 

Als das Frühstück mit dem Abspielen des Grammophons beginnt und Enrico Caruso zu singen beginnt, herrscht Ruhe im Speisesaal.

"Regnava nel silenzio"... Alle schweigen und nehmen ruhig das Essen ein.

 

Alle?

Nur Paul werden Blicke zugeworfen, als er sich erhebt und den Platz wechselt. Das Rutschen und Quietschen beim Rücken der Stühle.

Renfield nickt Dir zu und zeigt Dir einen erhobenen Daumen. Er grinst Dich frech an und leckt sich die Lippen.

 

Als Du Dich mit Savage zu unterhalten beginnst, räuspert sich Livingstone.

Dann, während Eures Gespräches... "Meine Herren. Ich muss doch SEHR BITTEN!" Livingstones Stimme klingt energisch, als vom Gang eine Frauenstimme zu hören ist.

"HIIIIIILFE! RAUB! BITTE KOMMEN SIE!"

 

Livingstone erhebt sich. "Bleiben Sie bitte ruhig." Er schaut sich um. "Vermutlich ein Angst-Anfall."

Und spricht dann mit den Ärzten neben sich und gibt diesen Anweisungen. Daraufhin verlassen zwei Ärzte und eine Krankenschwester den Saal. "Alles ist in Ordnung. Bleiben Sie ruhig und essen Sie weiter."

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Von Livingstons Ermahnung lasse ich mich nur mäßig beeindrucken. "Schließlich wollte er, dass ich Kontakt zu den anderen Patienten aufnehme. Musik hätte ich auch alleine auf meinem Zimmer hören können. Dann wäre mir wenigstens eine Wahl geblieben."

 

Von da an dämpfe ich meine Stimme allerdings etwas.

 

"Raub", denke ich erstaunt. "Wer sollte auf dieser Insel schon etwas rauben wollen? Er käme doch ohnehin nicht weit. Wohin sollte er schon laufen?"

 

"Naja, soviel zu Ruhe und Erholung."

 

Dann frage ich Paul leise: "Kennen Sie die Dame? Wer ist denn nicht zum Frühstück erschienen?"

Edited by Joran
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"Matilde!", flüstere ich scharf. "Das klingt gar nicht gut!"

 

Ich kann mich doch nicht schon wieder mit Livingstone anlegen!

 

"Hören Sie", sage ich unauffällig zu Savage gewandt. "Es gibt da etwas, was einen Schatten auf sie und mich wirft. Wir haben viel miteinander durchgemacht ..." Durch Blut und Sünde vereint. "Matilde ist keine gute Frau - doch bin ich auch kein guter Mann. Ich habe Angst, dass es bei ihr wieder losgehen könnte. Vor nicht allzu langer Zeit sind wir auf der Insel verloren gegangen und ich fürchte, das könnte sie zurück in den Zustand unseres Irrenhausaufenthalts gebracht haben." Da merke ich, wie wirr das alles klingen muss. Ich seufze und blicke mich um. Ich kann ihm doch kaum erklären, was uns alles widerfahren ist, oder? Kann kaum wiedergeben, was auf der Zugfahrt geschah, was auf der Lodge geschah und was danach gewesen ist ... Und alles ist wahr! So vieles bliebe unausgesprochen und verzweifelt versuche ich ihm mit meiner unruhigen Art begreifbar zu machen, dass alles kompliziert ist - sehr kompliziert. "Ich bin mir nicht sicher, wie real die Gefahr im Augenblick ist, aber ihre Schreie können nichts Gutes bedeuten - egal was dort gerade passiert. Ich habe keine Zeit, Ihnen alles zu erklären, nur bitte glauben Sie mir das."

 

Da ahne ich, was passiert sein könnte.

 

Der neue. Tot.

 

Cooper? Ihr Arzt?

 

Oh bitte, Matilde, bring dich nicht wieder in Schwierigkeiten.

 

Ich kann nicht tatenlos hier sitzen und winke Livingstone zu mir. "Ich weiß, dass das Matildes Stimme war. Bitte sagen Sie mir, dass nichts Schlimmes geschehen ist!" Meine Stimme ist voller echter Sorge. "Bitte, sagen Sie mir irgendetwas und nicht nur die üblichen hohlen Beruhigungsphrasen." Dann noch (für mich nicht gerade üblich): "Ich habe Angst um sie."

 

Da meldet sich eine Stimme zu Wort, die da zischt: Hättest sie ausgeliefert, für Freya hättest du sie geopfert. Mörder! Mörder aller Mörder! Ich erschaudere. Denn es ist wahr. Und meine gestrige Selbsterkenntnis vermittelt mir, dass ich heute ganz anders entscheiden würde. Ich brauche Freya nur, um einen Sinn im Leben zu haben. Ein unbeflecktes DIng, das ich vollkommen halten kann. Widerwärtig.

Kein guter Trost.

 

Ich muss endlich mit den letzten Problemen in meinem Leben ins Reine kommen. Aber wenn nicht in der Therapie, wo dann? Ich schließe die Augen und bete. Wie ich es schon seit Jahren nicht getan habe.

 

Das letzte Mal habe ich, glaube ich, für Hasan gebetet. Im Zug. Hoffentlich entfaltet es dieses Mal bessere Wirkung.

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"Hören Sie, Herr Anderson, alles ist in bester Ordnung." Livingstone's Stimme ist ruhig.

 

"Machen Sie sich keine Sorgen um Frau Stürmer. Sie ist in guten Händen... Vermutlich hat sie einen Rückfall erlitten, aber Dr. Warner hat sich der Patientin angenommen. Er ist vorgestern extra aus Schottland hierher angereist, um ihr helfen zu können... Setzen Sie sich bitte wieder."

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Etwas verwirrt versuche ich zu verstehen, was mir Mr. Anderson - ganz offensichtlich von den Geschehnissen tief erschüttert - mitteilen will. Viel Sinn machen die knappen Worte nicht, die er an mich richtet.

 

"Aber was bedeutet das schon?", denke ich. "Habe ich nicht selbst schon oft genug Situationen erlebt, in denen man nicht lange nachdenken, sondern auf Vertrauen setzen muss?"

 

Ich versuche also die Situation zu analysieren. Folgende Fakten scheinen mir festzustehen, die ich Gedanken für mich ordne:

 

"Die Dame, die versucht hat, das Haus zusammenzubrüllen, ist eine Frau Matilde Stürmer. Sie ist hier als Patientin."

 

"Mr. Anderson kennt Matilde Stürmer offensichtlich sehr gut. Er hält Frau Stürmer und sich selbst für 'nicht gut' ... vielleicht eine sexuelle Obsession verbunden mit einem Schuldkomplex ..., jedenfalls scheinen sie gemeinsam an Handlungen beteiligt gewesen zu sein, die von der Gesellschaft verurteilt würden."

 

"Mr. Anderson liegt das Wohlbefinden von Frau Stürmer ganz offensichtlich sehr am Herzen ... mehr als es eine schlichte Freundschaft oder Bekanntschaft rechtfertigen würde. Die Sorge um Frau Stürmer scheint bei ihm unmittelbar körperliche Reaktionen auszulösen."

 

"Mr. Anderson scheint Dr. Livingstone zu vertrauen."

 

Und zuletzt ... und vielleicht am wichtigsten: "Mr. Anderson erscheint mir alles andere als 'gesund', wenn man hierfür eine seelische Ausgeglichenheit zur Voraussetzung macht. ... Es fragt sich nur, ob Dr. Livingstone möglicherweise mit der Gleichsetzung von Dr. Anderson und mir trotzdem näher an der Wahrheit lag als ihm bewusst ist ..."

Edited by Joran
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