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[Sieben] -Prolog: Das Haus-


-TIE-
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Das Haus, London, Dienstag 04. Dezember 1888

 

Der Vormittag vergeht für alle wie im Fluge. Es sind Vorbereitungen zu treffen, Matthew und Julius, sind am Packen, oder besser gesagt Matthew delegiert und Julius die gute Seele des Hauses packt ein, packt um, packt aus. Nur leichtes Gepäck, es ist ja nur ein erster Besuch. Noire in seinem Körbchen schaut den beiden interessiert bei der Arbeit zu.

 

Lawrence verbringt den Vormittag in der Kanzlei, Dr. Timothy Peters ist in der Tat auch Kunde bei euch und Vater Frederic Foyle wird den werten Herrn Doktor darüber in Kenntnis setzen, dass seine Errungenschaft jetzt zu seiner persönlichen Verfügung steht. Zur rechten Zeit macht sich Lawrence auf zur Castlewick Street No. 9 um sich dort mit Matthew und Julius zu treffen.

 

Der Tag ist so grau wie der vorherige, es schneit nicht mehr aber eine dicke bleierne Wolkendecke hängt über der Stadt und es ist leicht nebelig, wie ein kalter Hauch kriecht die Feuchtigkeit von der Themse her in die Stadt und lässt die Konturen der Häuser und Menschen nach wenigen Metern verschwimmen. Die Geräusche verändern sich, gedämpfter wie von weit her durch einen Schleier aus Zeit und Raum.

 

Die Fahrt kommt euch vor wie eine kleine Ewigkeit, so gespannt seit ihr auf Matthew´s neues Heim. Noire sitzt wie Lawrence gegenüber von Julius und Matthew in der Kutsche, wieder in seinem Körbchen.

 

Die Castlewick Street liegt in den Randbezirken von London, hier sind die Grundstücke größer, ein Villenviertel, die meisten Anwesen sind von hohen Mauern umsäumt, so auch das Erbe.

 

Ihr biegt von dem Kopfsteinpflaster auf eine gekieste Auffahrt ein. Ein hohes, schmiedeeisernes Tor in der Form einer Rosenblüte macht dem Rivington House alle Ehre. Einer kahlen Allee folgend haltet ihr schließlich vor dem Haus. Drei Männer und ein Kater. Jetzt im Winter macht es einen trostlosen, aber beeindruckenden Anblick, die Rasenflächen außen rum eigenen sich bestimmt wunderbar für Gartenpartys geht es euch durch den Kopf. Jetzt jedoch liegt der Nebel schwer über dem Anwesen und ziert die Bäume rechts und links der Einfahrt mit dickem Raureif der sich auf die kahlen Äste gelegt hat.

 

Die kalte klare Luft schlägt euch in´s Gesicht und lässt euch ein wenig frösteln, unter dem Schnee knirscht der gefrorene Kies unter euren Schritten. Mattehws Haus, sein Erbe.

 

Es ist aus grauen Granitblöcken erbaut die mit feinem Mörtel zusammengefügt wurden. Der Stein ist im laufe der Jahr angelaufen und entlang der Wasserrinnen haben sich Flechten und Moose gebildet. Das erste Geschoss liegt auf dem Hochparterre und zwei ausladende Treppenflügel führen zu der großen Eingangstür hinauf. Die Tür ist schlicht gehalten, einziger wenn auch imposanter Hingucker ist eine schwerer Schmiedeeiserner Klopfer in Form eines Drachenkopfes deren detaillierte  Kiefer zusammenschlagen wenn jemand einlass erbittet. Die Fenster sind alle mit Butzenglasscheiben in feinen Bleirahmen ausgestattet und mit schweren, eisenbeschlagenen Fensterläden versehen die von innen mit einer Kette gesichert werden können. Die Form der Fenster scheint eine Mischung aus modernen und gotischen Stil zu sein. Sie sind höher als breit und laufen oben in einem sanften Bogen spitz zu. Die gesamte Außenwand ist aufwendig mit Simsen, Putten und Stuckarbeiten verziert. Das Dach ist mit kupfernen, Dachziegeln gedeckt die längst grün angelaufen sind und eine feine Patina angesetzt haben. Über dem Dach erhebt sich domartig eine Kuppel aus Glas die über der Eingangshalle thront und das Zentrum der Front bildet. Vier gemauerte Schornsteine ragen aus dem Dach in die  Höhe. Dünne Rauchsäulen winden sich in den Himmel.

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Matthew William Richmoore

- Castlewick Street, Anwesen -

 

Während der Fahrt mustere ich den Kater. Gestern habe ich das arme Tier völlig vergessen im Strudel der Ereignisse. Aber Julius wird sich bestimmt um ihn gekümmrt haben. 

 

In London spähe ich verstohlen aus den Wagenfenstern. Die Stadt ist mir fremd geworden, die verschwommene Aura, welche der Nebel ihr verleit lässt sie auf mich wie ein verblasste Erinnerung wirken.

 

Dann kommt das Anwesen in Sicht. Ohne es zu merken halte ich den Atem an. Mein Onkel war großzügig, dieses Anwesen ist wundervoll. Aber auch fremd. Und durch die Bedingungen des Erbes liegt auch eine geheimnisvolle Aura darüber. Little Ashbury wird mir fehlen, so viel ist sicher.

 

Dann ertappe ich mich bei dem Gedanken an eine Gartenparty. Ich wundere mich über diesen Gedanken. Gestern wollte ich noch ... und bereits beim ersten Besuch denke ich über solche Dinge in der Zukunft nach? Hat mein Onkel das geahnt? Wollte er mir mit seinem letzten Willen den Weg zurück ins Leben zeigen?

 

Der Wagen hält an, ich nehme den Käfig mit dem Kater. "Nun bist du wieder daheim."

 

Ich steige aus. Dann wird mir klar, dass die Angestellten noch nichts vom Tod meines Onkels wissen werden. Ich bin der Bote. Der den Tod bringt. Welch schreckliche Aufgabe, welch unheilvolle erste Begegnung. Ich überlege kurz, diese Aufgabe an Lawrence weiterzugeben, schließlich ist dies seine Pflicht als Anwalt und Betreuer des Erbes.

 

Nein. Das hat Isiah nicht verdient. Und seine treuen Seelen hier auch nicht. Es ist meine Pflicht.

 

Ich trete auf die große Eingangstür zu und betätige den Drachenklopfer.

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Lawrence Foyle

- Castlewick Street, Anwesen -

 

Mit höflich verholener Neugier sauge ich jedes Detail der Umgebung und des Anwesens in mich auf. Aus reiner Gewohnheit beginne ich mit kleinen Kalkulationen. Wie ist der Zustand? Wurde es gut gepflegt? Wie ist die Lage? Ist es größer oder kleiner als Ashbury? Verbessert oder verschlechtert sich Matthew damit finanziell gesehen? Wie hoch wird der Unterhalt sein?...

 

Ich bleibe ein paar Schritte hinter Matthew stehen und mustere die Fassade. Der Stil gefällt mir und ich hoffe inständig, dass Matthew hier ein wunderbares neues Zuhause finden wird. Selbst die Kälte fällt mir nur am Rande ein wenig unangenehm auf, so bin ich in meine Gedanken und die Fassade des Gebäudes vertieft.

 

Sollte ich die Nachricht des Todes von Sir Isiah Mcnay überbringen? Eigentlich wäre es meine Aufgabe, aber Matthew hat selbst angeklopft... An ihm vorbei zu treten wäre grob unhöflich und um ihn noch zu fragen ist es jetzt zu spät... Letztlich verharre ich auf meiner Position und warte einfach ab. Sollte er es nicht selbst erzählen wollen werde ich es schon bemerken und für ihn einspringen.

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Lawrence Blick wandert über die Fassade und das Grundstück. Das Haus ist aus solidem Baustoffen, es git bis auf oberflächliche Verwitterungsspuren fast keine Alterungszeichen. Der Baustil ist ein wenig trutzig, fast als wollte Sir Isiah Mcnay ein Bauwerk für die nähere Ewigkeit errichten. Trotzdem fehlt es nicht an Eleganz, die Eleganz die seinerzeit die Harnische der Ritter auszeichnete, nur was soll das Haus beschützen? Das Grundstück muss jetzt unsummen Wert sein, großzügig in einer der besten Londoner Vororte, weit genug weg vom Moloch der Innenstadt, aber in Schlagdistanz zu den Clubs und Vergnügungen. Allemal mehr Wert als das heruntergewirtschaftete Stück Land auf dem Little Ashbury Castle errichtet wurde. Little Ashbury Castle war vielleicht größer, aber nicht so kompakt wie dieser Bau, der jährliche Unterhalt sollte sich allein durch die Silbermine finanzieren lassen, oder die anfallenden Zinsen wenn Master Matthew nicht zu verschwenderisch wird, aber das war noch nie sein Naturell.

 

Dumpf schlagen die Kiefer des Drachen aufeinander. Es ist fast so als könntet ihr die Ausbreitung der Schallwellen sehen, Schnee wird von einem Windzug aufgewirbelt und aus den Bäumen welche die Auffahrt säumen erhebt sich ein großer Schwarm Krähen in die kalte, nebelige Luft. Bei dem schlagen ihrer Flügel zuckt ihr unwillkürlich zusammen.

 

Es dauert nicht lange, dann öffnet euch ein verschüchtert aussehendes blasses Mädchen um die sechzehn Lenzen in der Kleidung eines Hausmädchens, oder einer Magd.

 

http://farm9.static.flickr.com/8105/8541793292_68176849c3.jpg

 

"Mr. Richmoore, Sir, es ist mir eine Ehre sie als den neuen Hausherren begrüßen zu dürfen. Wir haben zwar nicht so früh mit ihnen gerechnet, aber der werte Herr Foyle Senior hat uns ihr kommen bereits angekündigt. Um ihr Gepäck werde ich mich selbstverständlich kümmern!" Die Kleine sieht nicht so aus als wenn sie in der Lage wäre schwerer Lasten zu heben, tut aber ihr bestes um einen guten Eindruck zu machen, jedoch merkt man ihr an wie verunsichert sie ist. Etwas holprig nimmt sie euch das Handgepäck ab und führt euch in das Haus. Sie ist in der Tat so aufgeregt das sie sich euch nicht einmal vorstellt.

 

"Ich werde dem Kutscher bescheid geben, das er einmal um das Haus herum fahren kann, dort gibt es Ställe wo er die Kutsche unterstellen und sich aufwärmen kann!"

 

Ihr folgt dem Mächen in das Haus. Drinnen umfängt euch sofort eine wohlige Wärme, etwas das in Little Ashbury Castle nur in Sommermonaten zu haben war. Eure Gesichter spannen und eure Hände fühlen sich an wie aufgeblasene Ballons, der Wechsel von Kälte zu Wärme geschieht unangenehm schnell.

 

Aus dem Vorraum der Halle führt sie euch in die Haupthalle des Hauses, vorbei an zwei breiten Freitreppen welche links und rechts hinauf in den zweiten Stock führen und in einer Galerie münden. Die Treppen sind mit einem tiefroten Brokatteppich ausgelegt der reich mit Stickereien verziert ist. Die Stickereien zeigen einen verschnörkelten Blumengarten und geht man die Treppen hinauf so wandelt man über Rosenranken, Brombeersträucher, Lilienblüten und Heckenlabyrinthe.

 

Die imposante Halle erstreckt sich über beide Etagen des Hauses und wird gekrönt von einer großen, stark verstrebten Glaskuppel durch die das fahle Tageslicht hereinfällt. Teilweise sind die einzelnen Gläser mit grünen Flechten und Moosen überzogen und lassen kein Licht mehr herein. Der Fußboden besteht aus gräulichen Marmorfliesen in denen sich feine schwarze und silbrige Verästelungen befinden. Die Fliesen sind ca. zweimal zwei Fuß groß und so lückenlos verarbeitet, dass man das Gefühl hat der Fußboden besteht aus einem Stück. Die Fliesen sind auf Hochglanz poliert und spiegeln die Glaskuppel über ihnen.

 

In der Mitte der Halle, genau im Zentrum unter der Glaskuppel ist ein etwa einen Fuß hohes kreisrundes Becken angelegt, welches mit schwarzer, feuchter Muttererde aufgefüllt ist. Das Becken hat einen Durchmesser von etwa zehn Fuß. In der Mitte dieses Beckens erhebt sich eine gebeugte Trauerweide deren lange gebogenen Äste fast bis runter auf den Rand des Beckens hängen. Nur wenige Blätter sind noch an dem Baum.

 

Zwei große Kamine spenden mit prasselnden Feuern Wärme. Einer in der Nordwand und einer in der gegenüberliegenden Südwand. Der Kamin in der Südwand wird von zwei mächtigen Löwen gesäumt, der rechte von beiden ist Majestätisch und steht mit einer seiner mächtigen Pranke auf einem Globus. Der linke wirkt eher kriegerisch, seine Pranke thront auf einem zerschmetterten Totenschädel. Der Kamin in der Nordwand scheint einem Tor nachempfunden zu sein, durchschreitet man die stilistisch nach innen geöffnet dargestellten Torflügel so schreitet man durch das dahinter liegende Feuer. Eine Inschrift darüber besagt in Latein "terribilis est locus iste"

 

Die Wände sind mit teuren Tapeten im französischen Stil tapeziert. Vereinzelt hängen hier Ölgemälde und Aquarelle die alle das Haus von außen und Gassen in London zeigen. In regelmäßigen Abständen sind dreiarmige, silberne Kerzenleuchter an der Wand angebracht in denen man im Bedarfsfall Kerzen entzünden kann.

 

Aus der Halle führen noch sechs weitere Türen tiefer ins Haus. Die Türen bestehen allesamt aus einem dunklen, fast schwarzen Holz und sind reichlich mit Schnitzarbeiten verziert die gut zu den Tapeten passen.

 

"Das ist es, ihr neues Zuhause!" Ein gewisser Stolz schwingt in der Stimme des Mädchens mit, sie läuft aber sofort rot an als sie merkt das sie über die Stränge geschlagen ist und blickt zu Boden.

Edited by -TIE-
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Julius A. Frinton

- Castlewick Street, Anwesen -

 

Still folge ich den beiden Gentlemen. Sicher wäre es mir lieber gewesen das Anwesen einige Stunden vor Master Richmoore betreten zu können und Räumlichkeiten und Personal prüfen und für den ersten Empfang instruieren zu können, doch Master Richmoore wollte das gerne selbst erledigen, ebenso wie die Ansprache an das Personal. Viele Herrschaften zählen dies zu den Hauptaufgaben des Butlers, doch letztlich gilt selbstverständlich: 'Der Wille der Herrschaft geschehe', weshalb ich einfach den mir zugedachten Part übernehme und als eine Art postremus inter pares das Anwesen gemeinsam mit den zwei Gentlemen zum ersten Mal betrete. Die Räumlichkeiten gefallen mir, selbstredend hat ein Anwesen in London mehr Prestige und Potential als das altehrwürdige Little Ashbury Castle, die Räumlichkeiten machen mir keine Sorgen. Auch das Personal scheint auf den ersten Blick brauchbar.

 

Saubere Fingernägel, gerade Haltung, kein direkter Blickkontakt, die Begrüßungsansprache war etwas lang, sie hätte Master Richmoore früher das Wort überlassen müssen, selbstredend hätte sie sich vorstellen müssen. Hinzu kommt, dass es seine Sache ist, wann er sein Anwesen besucht, ihre Kritik war völlig fehl am Platze, andererseits ist der Empfang wohl nicht ihre eigentliche Aufgabe, dafür schlägt sich die Kleine wacker. Der Versuch mit dem Gepäck war unnötig aber bemüht und im Ansatz - selbstverständlich kümmert Master Richmoore sich nicht selbst um sein Gepäck - richtig. Hier können wir was draus machen, dem Haus fehlt anscheinend der Butler, aber dafür bin ich ja hier.

 

Der Gedanke beruhigt mich, ich war bereits besorgt, dass die Stellung bereits vergeben wäre und war kurz davor Master Richmoore meine Kündigung anzubieten, um ihn nicht in einen Konflikt zu bringen. So gefällt es mir besser, denn die letzten schweren Jahre haben uns eng zusammen gebracht; zudem sorge ich mich um meinen Freund und möchte an seiner Seite bleiben, um ihm beizustehen, das geht in kaum einer Stellung sicherer und näher als als Butler.

 

Den Fauxpas am Ende des Rundgangs ignoriere ich fast ganz, lediglich leichter Tadel blitzt in meinem Blick auf, doch ebensoviel Nachsicht für die Jugend und den Mut des Mädchens. Es ist wohl an mir die leichten Wogen des Saloppen zu glätten und die Etikette wieder zur Gänze herzustellen; doch Vorsicht ist geboten, Frinton, du darfst das Mädchen nicht düpieren, sei nicht zu streng, andererseits darfst du auch nicht zu viel machen, denn das Wort und die Handlung gebührt Master Richmoore.

 

Ich trete einen Schritt in Richtung des Mädchens. "Wenn Sie erlauben Master Richmoore, werde ich Anweisung geben einen Imbiss zu bereiten und Ihr Gepäck aus der Kutsche holen. Ich hoffe unsere Ariadne weißt mir den Weg zurück aus diesem Labyrinth." ich gebe dem Mädchen Zeichen mich zu führen. "Wenn es Ihnen genehm ist, würde ich danach das Personal in Aufstellung bringen, damit Sie begrüßt werden können? Findet das Ihre Zustimmung, Sir?" Ich warte auf die Antwort von Master Richmoore, bewege mich bis dahin nicht. Mein Vorpreschen ist gewagt, es ist selbstverständlich sein gutes Recht andere Wünsche zu äußern.

 

Der Antikebezug hilft dir aus der Unkenntnis des Namens. Außerdem werde ich sehen, ob das Mädchen die gebildete Anspielung versteht, ein guter Schachzug, Frinton.

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Matthew William Richmoore

- Castlewick Street, Anwesen -

 

Beeindruckt lasse ich das Gebäude auf mich wirken. Der geflieste Boden. Die Glaskuppel. Der Kamin mit den Löwen. Das Becken mit der Trauerweide. Passend.

 

Ich bin bemüht meine eigene Unsicherheit zu überspielen. Ashbury mit Frinton, das war alles vertraut. Nur wir beide, jeder kennt den anderen. Diese junge Dame ist mir fremd. Sie hat eine Erwartung an mich. Wird mich mit meinem Onkel vergleichen, den ich nie gesehen habe. Ein Mann von Welt. Ich werde eine Enttäuschung für sie sein.

 

Sie haben nicht so früh mit mir gerechnet. Hätte ich mich anmelden müssen? Nein, es ist ja schließlich mein Heim.

 

Ich widerstehe dem Drang, mich hilfesuchend nach Julius umzudrehen.

 

Matthew, dass ist die Prüfung deines Onkels. Sein Erbe. Also stell dich dieser Aufgabe.

 

Ich bemühe mich um ein leichtes, unaufdringliches Lächeln, der Situation angepasst. Freundlich, aber nicht zu viel Nähe. „Vielen Dank für das herzliche Willkommen. Ein wunderschönes Anwesen. Ich darf ihnen Herrn Foyle Junior vorstellen.“

 

Ich lasse den beiden einen Moment um sich zu mustern.

 

In diesem Moment bricht Julius die Stille und übernimmt seinen Part. Als er geendet hat ergänze ich. „Und der treue Frinton. Er wird mich in seiner Funktion als Butler an diesen Ort begleiten, zum meiner großen Freude.“

 

Ich wende mich an Julius. „Das wäre mir sehr recht. Danke.“ Das letzte Wort hätte nicht sein müssen, aber ich bin ihm wirklich dankbar, mir hier beigesprungen zu sein.

 

Nachdem die beiden uns allein gelassen haben schnaufe ich tief durch und lächle Lawrence etwas verlegen an.

„Entschuldigen sie meine Figur, ich bin so etwas nicht mehr gewohnt. Aber das wird sich bald wieder finden.“

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Wieder läuft die Kleine rot an und blickt zu Boden. "Verzeihen sie Master Richmoore, ich habe mich ihnen gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Nancy Tippet und ich bin hier das Zimmermädchen, meine Tante Ms. Hermione ist die Haushälterin." Sie macht einen formvollendeten Knicks der entweder von Begabung oder einer Reihe von Stockschlägen zeugt und geht dann mit Julius zur Küche. Auf dem Weg dahin hält sie den Kopf gesenkt und flüstert. "Wir sind die beiden einzigen Angestellten Mr. Frinton und Ms. Hermione ist in der Stadt und kauft ein, sie wird erst am frühen Abend zurückerwartet!"

 

Sie geht vorbei an dem südlichen Kamin, nicht ohne gebührend Abstand von den Löwen zu halten, fast als hätte sie Angst vor den steinernen Riesen die überlebensgroß das Feuer flankieren und führt dich in die letzte Tür in der Südwestecke des Gebäudes.

 

Ihr kommt in einen leicht beengten Raum in dem es außer einer Öllampe die von der Decke hängt und ein paar Kleiderhaken an denen Schürzen und Kochmützen hängen nichts Besonderes zu entdecken gibt. Hier zieht sich das Personal um wenn es in der Küche arbeitet.

 

"Hier ist auch die Speisekammer" sagt Nancy wieder etwas sicherer, in der Gegenwart von Personal scheint sie sich wohler zu fühlen. Sie öffnet eine Tür die direkt gegenüber jener liegt durch die ihr den kleinen Vorraum betreten habt. Die Speisekammer ist ein schlauchartige Raum, nur etwas mehr als einen Meter breit zwischen den Regalen. In den Regalen stapeln sich Einweckgläser mit Marmeladen, Gemüse und eingelegtem Fisch, geräuchertes oder gesalzenes Fleisch, Würste, Mehl, Kartoffeln, Gewürze und vieles mehr was gebraucht wird um ein opulentes Mahl herzustellen welches weit über dem Londoner Standard liegt. Sogar einige Kisten mit Äpfel und Birnen sind vorhanden.

 

Von der Decke hängen Stauden von Zwiebeln und Knoblauch und ein ganzes Bündel Wachteln. Die Facetten der Flügel brechen traurig das Licht der Öllampe mit der der Raum erhellt wird während sie sich  leicht im Luftzug wiegen und so von der Decke baumeln. Das Bündel ist zur Lagerung mit einem feinen Garn an den Flügelansätzen zusammengenäht worden.

 

Eine schmale durchreiche, die mit einer schweren Metallklappe verschlossen ist und eine Tür auf der linken Seite, wenn man reinkommt, führen direkt in die Küche. Auf die Küche selbst wäre so mancher Haushalt stolz. Polierte, edle Holztheken bilden die Arbeitsflächen. An den Wänden hängen Unmengen an Töpfen und Pfannen, Schöpfkellen, Messer, Schneebesen und andere Küchenwerkzeuge in allen erdenklichen Größen. In der Mitte des Raumes sind zwei große Herde aufgestellt die über Buchenholz befeuert werden, welches zwischen den zwei Herden aufgestapelt ist. Die Herde sind jeweils mit Kochplatten und einer Klappe zum Backen versehen. In der Nordostecke ist eine große, offene Feuerstelle eingerichtet über der man auch größere Portionen Fleisch braten und grillen kann. Alles ist penibel sauber und wirkt sehr gepflegt.

 

"Da wären wir, hier zaubert meine Tante das Essen!" Nancy lächelt selig, die Küche scheint ein behaglicher Ort für sie zu sein. Wenn sie wollen können wir das Gepäck hier aufstellen, oder es in einen der Salon´s bringen, wie es ihnen gefällt?" Sie schaut dich strahlend an, dann runzelt sie etwas die Stirn als wenn ihr etwas eingefallen wäre.

 

"Wie meinten Sie das vorhin, Ariade und das Labyrinth?"

Edited by -TIE-
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Julius A. Frinton

- Castlewick Street, Küche des Anwesens -

 

"Ob des Fauxpas uns ihren Namen zu verschweigen, Miss Tippet, war ich gezwungen eine andere Anrede zu finden. Und da sie die Freundlichkeit besaßen uns ein Stück durch dieses große Anwesen zu führen, gab ich ihnen den Namen einer berühmten Führerin der Antike. Gleichwohl hätte ich Ihnen auch - in Anlehnung an Dante - das nomen Beatrice beiordnen können, doch wäre der Kontext des Gewählten wohl unpassend gewesen."

 

Ich mache eine kurze Pause und atme einmal durch. Es ist auch schön nicht im Diogenes Club tätig zu sein beziehungsweise anderes Personal um sich zu haben. Von Zeit zu Zeit plaudere ich gerne ein wenig, das war in Little Ashbury Castle nur begrenzt möglich und im Club völlig untersagt.

 

"Ariadne also half dem Helden Theseus aus dem Labyrinth, in dem das stierköpfige Monster, der Minotaurus, gefangen war, wieder zu entfliehen. Ob dieser Kontext besser trifft, weiß ich nicht, aber ich musste improvisieren und die Größe des Anwesens gab mir das Labyrinth ein." Ich werfe Nancy einen milden Blick zu. "Wir werden wohl zukünftig mehr Zeit miteinander verbringen. Wenn sie möchten, kann ich ihnen dann einige der klassischen Sagen erzählen."

 

Ich würde ihr gerne noch sagen, dass sie sich wacker geschlagen hat bei der Begrüßung - abgesehen von ihrem Versäumnis -, doch erscheint es mir nicht angebracht. Noch sind wir nicht vertraut genug für solch einen Austausch.

 

Schade, dass es hier kein männliches Personal gibt, ein Schachpartner wäre mir recht gewesen, dafür kommen die Damen wohl nicht in Frage. Doch nun zu den anfallenden Arbeiten.

 

"Sind Sie im Stande einen kleinen Imbiss für Master Richmoore und Mr. Foyle zuzubereiten, Miss Tippet? Sandwiches oder etwas ähnliches sollten fürs erste genügen, dazu sollten wir gegen die Kälte wohl einen warmen Würzwein zubereiten, dennoch in der Hinterhand Wasser und Limonade bereithalten, Master Richmoore ist kein Abstinenzler, entscheidet sich aber gerne auch mal gegen die Getränke mit Geist."

 

Als die Aufgaben verteilt sind und die Kompetenzen geklärt, beginne ich damit das Gepäck zu verstauen, der Katze etwas für das leibliche Wohl zukommen zu lassen und dann Miss Tippet zu überprüfen, respektive ihr zur Hand zu gehen.

 

Nachdem dies alles verrichtet ist, schicke ich mich an Master Richmoore die Verpflegung und die Information, dass das letzte Mitglied des Haushalts erst später eintreffen wird, zukommen zu lassen. Nancy soll sich derweil darum kümmern das Bettzeug vorzubereiten und andere anfallende Arbeiten zu erledigen.

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Lawrence Foyle

- Castlewick Street, Anwesen -

 

Ich lächle dem verunsichert wirkenden Matthew aufmunternd zu. "Sie haben sich doch wunderbar geschlagen, trotz Nancys groben Patzer. Das Kennenlernen ist sowieso immer ein seltsamer Moment. Ich bin mir sicher, dass sie schnell wieder in ihre Rolle hineinfinden und sich gut um dieses Anwesen und die Angestellten kümmern werden."

 

Gottseidank war Vater so Geistesgegenwärtig unser Komemn anzukündigen. Wer weiß wie die Angestellte reagiert hätte wenn wir sie direkt damit konfrontieren hätten müssen? So unsicher sie jetzt schon war... Und so blieb es Matthew erspart diese furchtbare Nachricht zu verkünden. Ich hätte selbst daran denken sollen...

 

"Was ist ihr erster Eindruck? Ich finde diese Halle ist sehr ungewöhnlich, aber äußerst beeindruckend, wenn ich das so sagen darf." Meine Augen schweifen noch einmal durch die Halle, ich lasse das Interieur auf mich wirken. Vor allem die Trauerweide ist ein mir bis dato unbekanntes Element eines Hauses. Schließlich bleibe ich mein Torförmigen Kamin hängen. Ich versuche die Inschrift zu übersetzen, mir fällt allerdings partout die englische Entsprechung nicht ein. Daher lenke ich meine Aufmerksamkeit zurück zu Matthew und unserem Gespräch.

Edited by Dark_Pharaoh
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Matthew William Richmoore

- Castlewick Street, Anwesen -

 

"Terribilis est locus iste - hic domus Dei est et porta caeli - et vocabitur aula Dei. Ehrfurcht gebietend ist dieser Ort! Hier ist das Haus Gottes, die Pforte des Himmels; genannt wird er Palast Gottes. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, lautet so der vollständige Vers. Beeindruckend. Fürwahr, ein wundervoller Ort. Erhaben und geheimnisvoll. Diese wundervollen Löwen! Die Trauerweide. Ein Kamin wie ein Tor. Mich dürstet es nach weiteren Geheimnissen dieses Hauses. Seiner Geschichte."

 

Für einen kurzen Moment fällt die Melancholie von mir ab und Begeisterung, beinahe kindliche Neugier ergreift von mir Besitz. Man kann einen kurzen Blick auf den Matthew erhaschen, der ich heute sein könnte. Wäre da nicht die Tragödie meines Lebens.

 

"Wenn es ihre Zeit zulässt begleiten sie mich doch bitte durch mein neues Heim. Wenn Frinton zurück ist und wir eine kleine Stärkung zu uns genommen haben werde ich ... Ariade ... um eine Führung durch die übrigen Räumlichkeiten ersuchen. Es wäre mir eine große Freude, wenn sie sich uns anschließend könnten."

 

Foyle stimmt erfreut zu, scheint ebenfalls von diesem Haus in Bann gezogen. Wir bestaunen noch eine Weile die Eingangshalle, bis sich Schritte nähern. Miss Tippet und Frinton. Sie bringen eine kleine Stärkung. Ich bin gespannt wo Nancy servieren wird.

 

Dann läuft mir ein kurzer Schauer über den Rücken. Terribilis est locus iste - wörtlich bedeutete es: dieser Ort ist schrecklich. Doch bestimmt hat mein Onkel sich an den Traum Jakobs erinnert. Ehrfurcht erzeugend gemeint. Nicht schrecklich. 

 

Lass größte Sorgfalt im Umgang mit dem Schlüssel walten und pass gut auf ihn auf. Er ist aus dem Stoff aus dem die Alpträume sind.

 

Unter die Begeisterung mischt sich ein wenig unterschwellige Furcht.

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"Wenn sie mir bitte folgen wollen, das Essen serviere ich am besten im kleinen Salon!" sagt Nancy und geht voran, das Tablett zwischen den Armen balancierend. Sie steuert die westliche Tür in der Nordwand an, links vom Kamin der ein Tor bildet. "Das hier ist der Treppenaufgang für das Personal" erzählt sie euch nachdem Frinton ihr die Tür aufgehalten hat, sie braucht beide Hände für das Tablett, wofür sie sich mit einem stillen Nicken bedankt.

 

Der Treppenaufgang besteht aus einem kleinen Vorraum und einer steinernen Granittreppe mit einem hohen, blank polierten Geländer aus Eichenholz und Messingbeschlägen. Die einzelnen Treppenstufen sind mit einem schmucklosen, schwarzen Teppich bedeckt der peinlichst genau gebürstet und sauber gehalten wird. Hier sind, wie überall im Haus, Kerzenhalter an den Wänden angebracht die für ausreichend Beleuchtung sorgen. Auch wenn sich eine schummrige Finsternis in den Ecken nie ganz vertreiben lässt. Ist dies doch einer der wenigen Räume im ganzen Haus der keine Fenster nach draußen hat. Am oberen Ende des Treppenaufgangs kann man erkennen, dass es ehemals ein Oberlicht gegeben haben muss, aber das Glas ist so mit grünem Moos und Schimmel bedeckt das kein Lichtstrahl mehr seinen Weg in den Treppenaufgang findet. Aus der Mitte des Oberlichtes reicht eine eiserne Kette nach unten an der eine Öllampe hängt welche nachts entzündet wird und zusätzliches Licht spenden soll. Die Gläser der Laterne sind so geformt das sie Muster von Sternen und Monden an die Wände werfen. Ein echter Künstler der Glasbläserzunft muss dieses Lampenglas geformt haben.

 

"Wenn sie mir bitte noch einmal aushelfen würden?" Nancy blickt Julius bittend an und er öffnet auch die nächsten Türen.

 

Es folgt ein quer verlaufender Gang. Wenn man den Gang durchschreitet kommt man an drei Bogenförmigen Säulen vorbei die ihn in drei gleichgroße Abschnitte unterteilen. Die Form der Bogen erinnert an jeweils zwei Priester in langen Roben die sich gegenüber stehen und ihre Hände zum Gebet gefaltet haben. Die Gesichter der Priester sind unter langen Kapuzen verborgen. In den zum Gebet gefalteten Händen halten die Priester Kerzenständer. Sind die Kerzen darin entzündet kann man erkennen, dass sich der Künstler der diese Figuren geschaffen hat, mit Liebe zum Detail vorgegangen ist. Tief in den Kapuzen versteckt sind die fein modellierte Gesichter der Priester zu erkennen, die allesamt grimmig mit ihren steinernen, toten Augen auf die zu starren scheinen die zwischen ihnen hindurchgehen müssen. Die Roben sind mit christlichen Symbolen verziert und sollen das Personal daran erinnern, auch wenn sie weltliche Herren haben wem ihre Treue wirklich gehört und wem sie nicht entrinnen können.

 

"Rechterhand sind die Dienerunterkünfte, das Zimmer bewohnen meine Tante und ich!" sagt Nancy schüchtern. "Linkerhand kommen wir dann zum kleinen Salon. Außerdem kommt man von hier aus in den Keller. Diese Treppen helfen uns dabei so diskret wie möglich zu sein!" Erklärt sie weiter. Den Fußboden bedeckt hier ein verzierter, nachtblauer Teppich in den mit feinen Nadeln und silbernem Garn Nachtigallen und andere Vögel eingewebt worden. Die Treppe in den Keller besteht aus schlichten Granitstufen die direkt vom Gang abgehen. Die Treppe  nach unten ist nicht beleuchtet und die Stufen sind schmal, es ist also ratsam sich eine Laterne oder wenigstens eine Kerze mitzunehmen wenn man in den Keller geht. Zu diesem Zweck befindet sich am oberen Ende der Treppe an der rechten Wand ungefähr auf hüfthöhe befestigt, ein kleiner Messingeimer mit Kerzenstummel darin und darüber ein Tablett auf dem ständig Zündhölzer liegen.

 

Nancy wendet sich nach links und Julius hält ein letztes Mal die Tür auf und ihr kommt im kleinen Salon an.

 

Das Muster der Bodenfliesen bildet hier das Wappen Englands und steht in seiner Verarbeitung den Fliesen in der großen Halle in nichts nach. Eine ausladende Tafel mit vierzehn Plätzen bildet das Zentrum dieses Raumes. Stühle mit hohen Lehnen und bequemen Sitzkissen die in Samt eingeschlagen sind stehen hinter jedem Platz. Die Stühle sind reich mit Schnitzereien verziert, die Szenen aus dem Leben in London zeigen. Für Fremde ist es wahrscheinlich ziemlich ungewöhnlich auf einer Szene aus dem Tower zu Sitzen und dabei ein stilvolles Essen zu genießen. An den Wänden, welche hier wieder mit besten Tapeten und einer umlaufenden Bordüre verziert sind, stehen Anrichten mit Glastüren hinter denen man kostbares Porzellan und Silberbesteck aufblitzen sehen kann.

 

In der Westwand befindet sich eine schlichte Eichentür. Durch ein Fenster in der Nordwand könnt ihr auf den grauen Garten und die weit im Nebel liegende Außenmauer des Anwesens blicken. Schwere Vorhänge können zugezogen werden um die Kälte draußen zu halten, aber die zahlreichen Kaminfeuer im Haus reichen aus um es angenehm warm zu halten.

 

In der Südostecke ist ein Kamin in die Wand eingelassen vor dem ein schmiedeeisernes Gitter steht. Schürhaken und Schaufel sind sauber aufgereiht daneben drapiert.

 

In der Mitte der Südwand ist ein großes Wandgemälde aufgehängt welches fast die ganze Breite der Wand einnimmt. Es ist ein Ölgemälde in einem schweren, vergoldeten Rahmen das eine finstere Leinwand zeigt. Zuerst erkennt man nur Schwärze auf dem Bild und das sprichwörtliche Licht am Ende des Tunnels. Erst wenn man es länger betrachtet erkennt man die feinen Nuancen und Details. Dann stellt man fest, dass man einen uralten Wald betrachtet durch dessen dichtes Blätterdach kaum ein Licht fällt. Baumstämme gehen fließen ineinander über und auch das Geäst welches den oberen Rand des Gemäldes bedeckt scheint ineinander zu verschwimmen. Das Licht ist das Ende eines Hohlweges der durch den Wald führt, dort am Horizont scheint ein Ausweg aus dem Wald zu sein. Das letzte was euch gewahr wird sind unzählige kleine rote Augenpaare die direkt aus dem Unterholz in den kleinen Salon zu starren scheinen. Irgendwie werde ihr das Gefühl nicht los diese Augen blicken mit unverhohlenem Hunger auf das Treiben an der Tafel, sofern sie denn Gedeckt ist.

 

Vor dem Bild auf einer der Anrichten steht eine kleine Silberschale. Sie ist genauso blank poliert wie das restliche Besteck, doch scheint ein vertrockneter, schwarzbrauner Fleck am Rand dem putzenden entgangen zu sein.

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Matthew William Richmoore

- Castlewick Street, Anwesen -

 

Ich betrachte kurz das Wappen meiner Heimat. Widerstreitende Gefühle werden geweckt. Der Stolz, ein Teil dieser großen Nation zu sein. Die Wut, über das Elend des Krieges, die verlorenen Freunde und Kameraden und was der Dienst am Vaterland mir persönlich angetan hat.

 

Dann wird meine Aufmerksamkeit von dem Gemälde gefesselt. Eine Gänsehaut überkommt mich. Nicht wegen der lauernden Augen. Nein, weil dieses Gebäude wie für mich gemacht ist. Der Kamin, wie ein Tor. Ich bin für England durch's Feuer gegangen. Die Trauerweide. Für meinen Verlust. Das Gemälde. Als Zeichen der Hoffnung? Muss ich mich meinen lauernden Dämonen stellen um Rettung zu erfahren?

 

Ich stehe einige Sekunden wie erstarrt dar, bis ich die zwar unauffälligen aber trotzdem spürbaren Blicke von Nancy, Julius und Lawrence wahrnehmen.

 

Dann bemerke ich die Silberschale und ziehe kurz eine Augenbraue hoch. Das passt nicht zum Eindruck des restlichen Hauses, die Teppiche, das Besteck, die Fliesen, alles penibel sauber gehalten. Nun, Frinton wird es aufgefallen sein und er wird dem nachgehen.

 

Ich stelle mich an den Tisch der Tafel, streiche über die Lehne des Stuhles, auf der wohl immer mein Onkel gesessen hat. Ich sende ihm meinen Dank für dieses großzügige Erbe und seine Hilfe, auch nach seinem Tod. Ich verspreche ihm, seinen Wünschen folge zu leisten.

 

Dann setze ich mich. "Nun, dann wollen wir mal sehen was man für uns in der kurzen Zeit gezaubert hat." Mit einem kleinen, freundlichen Lächeln blicke ich Nancy an, um ihr etwas von ihrer Nervosität zu nehmen. Dann wende ich mich an Lawrence, um den beiden Bediensteten Gelegenheit zu geben ihren Aufgaben nachzukommen. "Ein wundervolles Haus, ich bin sehr gespannt welch handwerkliche Wunder wir noch bestaunen dürfen. Nach der Stärkung werden wir uns den Rest ansehen."

 

Das weiß Lawrence schon, auf diese Weise gebe ich meine Wünsche nur auch an Julius und Nancy weiter. Dann widme ich mich den Speisen.

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Lawrence Foyle

- Castlewick Street, Anwesen -

 

Ich mustere den Salon genau als wir eintreten, versuche kein Detail zu übersehen. Inzwischen hat die Wärme der Kaminfeuer die Kälte des eintretenden Winters aus meinen Knochen verjagt und in meinen Gliedern hat sich eine wohlige Wärme verbreitet.

 

Nur das Gemälde ist mir  ein wenig unheimlich, auch wenn ich dies selbstverständlich niemals zugeben würde. Matthews Reaktion nach zu urteilen scheint es ihm allerdings ähnlich zu gehen. Rote Augen in einem dunklen Wald die einem beim Essen unentwegt beobachten... Warum hängt man sich so etwas in seinen Salon? Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, dennoch ist das ungewöhnlich.  Andererseits bestätigt dies nur meinen bisherigen Eindruck den ich mir von Sir Isiah Mcnay gemacht habe. Er muss ein ungewöhnlicher Mann gewesen sein, zumindest wenn man danach geht, dass ein Haus die Persönlichkeit seines Besitzers wiederspiegelt.

 

Das Wappen als Bodenbelag sehe ich mit gemischten Gefühlen. Zum einen ist es ein wundervolles Element, das unser Vaterland ehrt, andererseits fühle ich mich etwas unwohl dabei dieses für uns so wichtige Symbol mit Füßen treten zu müssen.

 

Den Fleck auf der Silberkaraffe übersehe ich großzügig, darum wird sich später bestimmt noch gekümmert und alles andere ist schließlich vollkommen zufriedenstellend gereinigt.

 

Als ich mich setze halte ich kurz inne um die aufwändige Schnitzerei zu bewundern. Außergewöhnlich, aber passend. Ich bin gespannt was uns hier noch alles an ungewöhnlichen Dingen erwartet.

 

"Eine wundervolle Idee. Das was ich bisher gesehen habe zeugt von einem guten Geschmack und einem Sinn für hohe Handwerkskunst. Ich freue mich darauf mehr davon zu sehen."

 

Dann beginnt das Essen. Ich geniese die vorzüglichen Speißen und das ruhige Tischgespräch, einzig die Tür in der Westwand lenkt meine Aufmerksamkeit immer wieder auf sich. Müsste dort nicht die Außenwand sein? Mein Blick wandert unauffällig mehrmals dort hin. Ein Balkon? nicht mit einer deratigen Türe. Vielleicht ein Dienstbotengang oder ein Erker der mir von außen entgangen ist?

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Nancy freut sich sichtlich direkt angesprochen worden zu sein und bedankt sich mit einem weiteren Knicks. Das Mahl ist einfach aber ausgesucht, nicht zu oppulent und genau richtig wenn man noch etwas vorhat. Julius und Nancy haben dabei ganze Arbeit geleistest. Während ihr esst geht Nancy herum und schenkt nach bleibt aber ansonsten im Hintergrund und wird fast unsichtbar, sie scheint wohl eine gute Ausbidlung genossen zu haben.

 

Als ihr fertig seit und nur noch ein paar Brotkrümel auf den Teller übrig sind und der Tee in den Tassen zu neige geht, der Würzwein und die Limo gelehrt sind bleibt ihr noch kurz sitzen bis Nancy alles abgeräumt hat. Die Zeit verging und draußen setzt an diesem tristen Dezembertag früh die Dämmerung ein. Der nebelige Garten und die Mauer des Anwesens, die Kahlen gerippe der Bäume und der Kiesweg verschwinden in einem trüben Zwielicht.

 

"Folgen sie mir bitte!"

 

Nancy geht voran, ihr nehmt nicht die Tür durch die ihr gekommen seit, sondern eine weitere in der südwestlichen Ecke des kleinen Salons. Nancy beachtet die merkwürdige Tür an der Außenwand nicht weiter, für sie scheint es normal zu sein.

 

"Hier das Lesezimmer" sagt sie als sie die Tür durchschreitet und einen kleinen Schritt zur Seite macht damit ihr folgen könnt. Langsam gewöhnt sie sich an die Rolle als Führerin durch das Anwesen.

 

Die Wände des Raumes sind bis zur hohen Decke mit Bücherregalen ausgekleidet in denen alte Folianten über die Entstehungsgeschichte Londons, menschliche Anatomie, Biologie, Philosophie, die christliche Kirche sowie ausgewählte Exemplare aus allen Landstrichen Europas zu finden sind.

 

Die einzigen beiden Ausnahmen davon bilden die zwei hohen Fenster in der Westwand von denen man aus auf den Garten mit seiner Baumallee blicken kann sowie die Nordöstliche Ecke in der sich ein Kamin befindet, welcher ebenfalls mit einem schmiedeisernen Gitter abgedeckt ist. Erste Eiskristalle bilden sich auf den Fenstern und durch die hereinbrechende Dämmerung ist es schwer zu erkennen aber hinter dem Haus dehnt sich das Grundstück noch weiter aus, gekieste Wege durchziehen den Garten und ganz am Ende kann man das Gebäude erkennen in dem die Stallungen untergebracht sind. Jedoch zwischen dem Haus und den Stallungen erhebt sich ein Heckenlabyrinth in dem Garten welches fast die gesamte restliche Fläche einnimmt.

 

So nah und doch so fern, nur eine Wand aus Blättern trennt euch.

 

Der Raum riecht leicht Muffig ob der vielen alten Bücher, Karten und losen Pergamente die dazwischen in den Regalen liegen.

 

Drei runde Tische an denen jeweils vier, in einem braunen Leder beschlagene Ohrensessel stehen sind im Raum verteilt. Ein großer, eiserner Kronleuchter hängt von der leicht nach oben gewölbten Decke herab. Werden alle Kerzen in ihm entzündet sind alle drei Tische gut ausgeleuchtet, so dass man dort gemütlich in den alten Wälzern schmökern kann. Jeder der drei Tische verfügt darüber hinaus noch über einen siebenarmigen Kerzenständer, so dass man nicht jedes Mal wenn man das eine oder andere Werk lesen will den großen Kronleuchter entzünden muss.

 

Dieser Raum ist nicht gefliest, vielmehr liegen hier mehrer lagen dicker, gewebter Teppiche die alle Geräusche zu dämmen scheinen. Matthews Onkel mochte es wohl leise und ruhig beim lesen.

Edited by -TIE-
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Matthew William Richmoore

- Castlewick Street, Anwesen -

 

Meine Augen beginnen zu Leuchten als ich das Lesezimmer sehe. Hier werde ich viel Zeit verbringen. Ich lassen meinen Blick über die Werke schweifen, erfreut über die vielseitige Auswahl an Themen. Im Geiste beginne ich bereits zu überlegen wo ich meine Bücher unterbringe und welches Werk meine erste Lektüre werden kann, als mein Blick aus dem Fenster, auf das Heckenlabyrinth fällt. Dieser Anblick trifft mich wie ein Schlag, ich stoße überrascht und erschrocken die Luft aus. Ich starre einfach nach draußen und mache einen Schritt zurück Richtung des kleinen Salon.

 

Dort komme ich hinaus!

 

So nah und doch so fern, nur eine Wand aus Blättern trennt euch.

 

Ich werde sie niederreißen! Ich werde zu ihr gelangen! Isabelle! Ich komme.

 

Dann werde ich mir der Situation gewahr, dass ich nicht alleine bin. Unter Aufbietung meiner gesamten Willenskraft gelingt es mir diesem beinahe überwältigenden Drang nicht nachzugeben. Ich fasse mich wieder, trete auf das nächste Regal zu und versuche mein plötzliche Erregung auf eines der Bücher zu lenken. Ich ziehe es heraus und halte es in die Höhe.

 

"Wundervoll. Diesem Werk wollte ich mich schon immer einmal ausführlich widmen. Wundervoll, führwahr!"

 

In meinen Händen liegt eine einfache Ausgabe von "The Tragedy of King Lear" aus der Feder William Shakespeares. Ein Buch, dass man gerade in London wohl in jedem Buchladen für kleines Geld erwerben kann. Ich bemerke mein Pech bei der zufälligen Auswahl und stelle den Band ohne weitere Worte zurück.

 

Den Gedanken an das Heckenlabyrinth verbanne ich weiter nach hinten, ohne dessen Ruf gänzlich ignorieren zu können.

 

"Wo bist du? Hilf uns Matthew, geliebter hilf uns ich bin so schwach! Hilf uns!"

 

Ich weiß, was mein erster Weg sein wird, sobald ich allein bin.

 

Dann setze ich mein interessiertestes Lächeln auf und nicke Nancy leicht zu, damit sie fortfahren kann.

 

"Wo bist du? Hilf uns Matthew, geliebter hilf uns ich bin so schwach! Hilf uns!"

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