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[Nightmare Files] Kapitel 7 - Immer a ll ein


Der Läuterer
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Der Schrei des Kindes gellt in Deinen Ohren.

 

Auf gleichbleibend hohem Niveau.

 

Ein Crescendo des Wahnsinns... des Begreifens... der Erkenntnis... der Verzweiflung... des Grauens... der Einsamkeit... des Verlassenseins... des Wahnsinns.

 

Das Blut unter und neben der Frau bildet eine Blutlache... eine Pfütze... einen See... ein Meer aus rot.

Ein samtner Mantel feinsten Purpurs breitet sich unter Dir aus.

 

Das Blut ist gefroren. Knisterndes Eis, das knackt und knirscht...

... während die Kufen der Schlittschuhe tiefe Kratzer und Riefen in das Blut schneiden...

... und der Junge einen Kreis nach dem anderen um Dich zieht...

... schneller, schnelle und immer schneller, dass Dir schwindelig wird...

Edited by Der Läuterer
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Ich hatte gehofft, der schneidende Schrei würde irgendwann von selbst aufhören, doch jetzt bin ich allein mit den Schmerzen, mit der Ohnmacht, mit dem Jungen. "Hör auf", flehe ich nun, die Stimme vor Kälte zitternd. Meine Haut ist an die Pfütze gefroren. "Bitte, hör auf zu schreien. Deine Mutter wird irgendwann begreifen. Wird irgendwann lernen, dich mehr zu schätzen als ihren Gigolo, aber b-bitte: Schrei nicht mehr. Für mich. Ich bin nicht daran schuld, was passiert ist!"

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Die Frau am Boden versinkt immer weiter, immer tiefer in dem Teppich auf dem Boden.

 

Die Fransen des Teppichs, Blut getränkt, greifen nach ihr.

Nach ihrer Kleidung.

Ihrer Haut.

Ihren Haaren.

 

Zupfen an ihr.

Zerren an ihr.

Reissen an ihr.

Immer mehr.

Immer länger.

Und immer fester.

 

Beharrlich.

Intensiv.

Bedrohlich.

Immer aggressiver.

 

Die Frau, die Mutter, geht in den Boden über.

Im Boden unter.

Wird ein Teil von ihm...

... wird zum Mobiliar...

... wird Teil des Raumes selbst.

 

Während das Blut immer weiter aus ihr heraus fliesst.

Heraus strömt.

Immer mehr...

... immer mehr...

... und mehr.

Unaufhörlich.

Ein nicht enden wollendes Blutvergiessen.

 

Das Blut steigt...

... steigt...

... und steigt.

Einem Thermometer gleich, das die ansteigende Temperatur misst, so steigt auch das Blut in diesem Raum...

... immer weiter...

... immer höher...

... immer mehr...

Blut, das alles ertränken...

... alles hinweg schwemmen...

... alles ROT zu färben trachtet.

 

Bereits jetzt hat es die Knöchel der am Boden liegenden Frau erreicht.

 

Der gellende Schrei des Knaben mischt sich mit den Worten des Mannes, der neben der hübschen Frau am Boden kniet.

Die Worte hallen von den Wänden und der Decke wider.

 

"Bitte, hör auf zu schreien."

... ECHO ...

"Bitte, hör... zu schreien."

... ECHO ...

"Bitte, hör... schreien."

... ECHO ...

"Bitte... schreien."

... ECHO ...

"SCHREI!"

 

Und der Knabe gehorcht dem Mann und schreit, wie noch nie ein Schrei zuvor auf der Welt zu hören war. Hoch. Laut. Lang. Gellend. Ein nimmer enden wollendes Crescendo höher werdender Töne...

 

http://www.peterzeiler.de/Zeichnungen%20-%20Psychogramme%201/slides/Schrei.jpg

Edited by Der Läuterer
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Rot wie das Blut, das da tropft in fremden Herzen, die Rosen sie blühen und singen, weit weit entfernt in London, eine Blume namens Hingabe, ich kann nicht, kann nicht aufhören, nicht aufhören, sie zu lieben, glaube ich kann nur gauben, dass irgendwann - irgendwann -!

 

Rick?

 

Versinken wir? Versinken wir im Schnee? In Blut?

 

Das ist nur der Alkohol, Ricki.

 

Ich glaube nicht, ich fürchte nicht, ich fürchte es -

 

Hör auf hör auf hör bitte auf!

 

Ich wehre mich, wehre mich, wehre mich!

 

Feuer und Eis, vereint in einer Seele. Ich bin Witiko, ich bin Rick Fairwell. Ich bin

 

SCHREIE!

 

... der Mörder ...

 

(Sie versinkt, in den Fransen ... Tränen geweint, so falsch)

 

SCHREIE!

 

... aller Mörder!

 

Aber sie

 

(Matilde)

 

sie liebt

 

(- Renn! Bleib! -)

 

einen anderen Mörder.

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Die Kufen des Jungen kratzen am Verstand, wie es immer noch seine Schreie tun.

Wie ein Mond dreht der Junge seine Kreise um den knienden Mann.

Und dreht sich dabei wie ein Kreisel.

Entsetzen steht in seinem Gesicht geschrieben.

Voller Angst und Unglauben hält er sich die Ohren zu, um die Bibelverse, die der Mann monoton auf und ab betet, nicht hören zu müssen.

Die Augen des Knaben sind fest verschlossen, um das Unglück, das Elend und all das Blut nicht sehen zu müssen.

Er zittert am ganzen Körper. Er bebt. Seine Brust hebt und senkt sich.

Er kreist um das Gestirn, das sich selbst im Kreise zu drehen scheint.

Immer schneller dreht sich der lamentierende Mann am Boden um sich selbst.

 

Du stehst im Blut Deiner Mutter und starrst auf die Szenerie in ROT und versteht nicht, was geschehen ist.

Edited by Der Läuterer
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Vibrationen, die verwischen, meine Sicht, meine Sicht! Ach was - was - was - "Ein Unfall, ein Unfall, ein Unfall ..." Ich springe auf und ab, ein Motor ohne Sinn, ohne Verstand - Die Triebfedern rostig von der Witterung, hüpfe ich in Flammen, mit dem Jungen, mit meinem Selbst - ach was - was - was!

 

Sie murmelt: Ich bleibe bei dir ...

 

Matilde? - Nein.

 

Freya? - Nein.

 

Alice?! - Vergiss mich nicht, Rick. Vergiss nicht die Verantwortung, die du dir aufgebürdet hast. Vergiss nicht deine Schuld.

 

Die Augen kleben zu, wollen nichts mehr sehen, nichts Böses sehen! Der Dieb nur eine Chance, vom Muttermord abzulenken, Susan, weil sie mir auf die Schliche kam, Matilde und Freya, um zu lieben. Doch nichts hilft!

 

Alice: Ich liebe dich, Paul. Ich liebe dich, Rick ... Hasan ... Dwight. Ich liebe dich.

Und ich vermisse dich.

 

"Ich vermisse dich auch, Alice." Doch die Luft fehlt, der Atem zugeschnürt! "Und ich glaube, ich will auf dieser Insel sterben."

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Eine schallende Ohrfeige...

... zeichnet klatschend vier Finger einer rechten Hand rot auf Deine linke Wange und lässt Deinen Kopf zur Seite fliegen.

LA MAIN DROIT

... hat Dich zum ersten Mal hart getroffen.

 

Der Blick des knienden Mannes ist nach wie vor auf Deine Mutter gerichtet.

Starr ist sein Blick.

Und leise seine Stimme...

"Was faselst Du da?"

...

Dann spürst Du seinen durchbohrenen Blick auf Dir.

Der Blick lastet schwer auf Dir.

Durchbohrt Dich.

Und nagt an Dir.

 

"Was sind das für Namen?"

...

"Sind das Deine... ersponnenen Phantasie-Freunde?"

...

"Deine Mutter hätte Dich schon längst in eine Klapse stecken sollen!"

 

"REDE SCHON!"

 

Erneut eine Ohrfeige. Erneut von rechts. Deine Lippe blutet.

 

"Mach die Augen auf, Du nichtsnutziger Bengel und sieh was Du angerichtet hast."

 

"SIEH HIN! VERDAMMT!"

Edited by Der Läuterer
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Spreizt die Flügel, rot im Himmel,

Drunten klagen weiße Schimmel

Das Leben ächzt im spött'schen Wind.

 

Erst sehe ich nichts ...

 

Reißt das Aug ins Fleisch ein Loch,

Spürst nur, sobald dein Schädel pocht

Die weiße Hand, sie greift nach dir.

 

Sie ist rot, rot, rot!

 

Sie birgt dich, fahl, blass, kalt zugleich,

Zärtlich, sorgend, bergend und weich,

Du bist der Sperling in der Hand

Befleckst mit Blut nur deinen Stand.

 

Aus meinem Delirium weckt mich eine energische Stimme ... Der Vaitstanz vorüber, die Wahrheit aus Blut geboren, kräftig schreit sie, schreit, um zu leben.

 

Sieh hin!

 

Letztendlich macht es keinen Unterschied. Meine Augen öffnen sich und ich schaue mich um. Ich schmecke das Blut. Parasit. Ich denke an das Ende. Denke an den Sinn, denke an meine Aufgabe. Den letzten Weg, doch ich behalte es für mich. Dafür wird noch Zeit sein.

Edited by Blackdiablo
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"Du armseliger, kleiner Pisser. Du bist eine ewige Enttäuschung."

 

"Schau mich an!"

 

"Ich hatte Deinen Vater gewarnt, sich mit dieser... dieser... Frau... einzulassen."

 

"Schau nicht immer auf den Boden!"

 

"Hörst Du mir überhaupt zu?"

 

"Schau mir in die Augen, Du Missgeburt!"

 

"Ich rede mir Dir!"

 

"Hast Du nichts zu sagen?"

Edited by Der Läuterer
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"Ein weißes Stück Papier ..." Und sie finden ihr Ziel. Die Augen schauen in die seine, nein, schauen durch das Loch und sehen mehr, als sie sehen sollten. "Für meine Erinnerung." Ich lächle, verstehe alles. Endlich fokussieren meine Augen ihn. "Ich habe nichts mehr zu sagen." Ich lache.

Edited by Blackdiablo
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Du schaust in die leeren, ausdruckslosen Augen des Kindes, das nicht verstehen kann, verstehen will, was hier gerade vor sich geht.

 

Vielleicht ist es auch besser so, wenn das Kind sich vor der Wahrheit, vor dem Grauen verschliesst, es nicht sehen will, nicht sehen kann. Süsses, warmes Vergessen in das man sich fallen lässt, darin abtauchen kann.

 

Eine blanke Erinnerung, bar jeder Vergangenheit, Reue, Sühne und Gewissen.

Nichts zählt, was einst war.

Es gibt kein Gestern und es wird kein Morgen geben.

Es gibt nur den Schmerz im Hier und Jetzt, der nicht vergehen darf.

 

Der Knabe lächelt. Nichts hat er begriffen.

Oder er hat alles begriffen. Das Kind lacht.

 

Was passiert ist, stand auf einem leeren Blatt Papier.

Und was geschehen wird, wird auf der Asche eines verbrannten Blatt Papier geschrieben stehen.

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Nun liegen meine Hände auf seinen Schultern, ach was, meinen Schultern, seinen Schulter deinen Schultern - bleibe bei mir bleibe immer bei mir! Züge geschmirgelt aus Eis und ein Herz gebrannt aus Feuer und es ernährt sich von Alkohol und Hass - alles kann alles kann, wenn ich es will, wenn ich es will! Und das ist Erhabenheit!

 

Was ehemals Schmerz war, das ist nun Macht. Pure Macht, wenn ich ihn schüttel.

 

Bitte bitte, das Wimmern nimmt kein Ende, kennt kein Ende, will kein Ende - sei es so, ich komme zurecht.

 

Wilde weiß nicht, weiß nicht, was Leben ist, weiß nicht, was Leid ist. Giftspritzer, der auch ich einmal war! Nun brenne ich mein Glück, brenne mein Pech, die Waage im Gleichgewicht!

 

Trink!

 

Trink!

 

Trink!

 

In einem leeren Haus ein weißes Stück Papier. In einem feuchten Becken das gebrannte Buch. Ein Leben nur einem Sinn gewidmet.

 

                          LEBEN                                                            ERINNERUNG                                          WIEDERGUTMACHUNG

 

                     ERINNERUNG                                              WIEDERGUTMACHUNG                                                LEBEN

 

                                                                                                                                                                          ERINNERUNG

 

"Und WENN es so war!", schreie ich lachend. "UND WENN! Ich habe es längst ERAHNT, HAHA! Alles erahnt! Ich habe es gewusst, immer schon gewusst, ich habe nur nichts GESAGT! Du kannst mir nichts mehr zeigen, nichts mehr zeigen, nicht das GERINGSTE kannst du mir zeigen, du DUMMES Balg, nichts was mich erschrecken KANN!"

 

Die Augen reißen auf (das WEIß oh Gott das Weiß!): "Nur" Ein Wispern. "... wenn ich es will ..." Und die Kälteschauer jagen den Rücken herab, und das Herz verbrennt sie, und ich weiß noch immer nicht, was grauenhafter ist.
                         

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Der Knabe bückt sich und zieht aus der Blutlache ein leeres, weisses Blatt Papier heraus, von dem tintige Buchstaben auf den Boden tropfen. Zuerst nur abc's, dann einzelne Silben und schliesslich Wörter und ganze Sätze in einer Sprache, die Du nicht zu verstehen vermagst, deren Sinnlosigkeit bei Dir aber auf vertrautes Verständnis stossen.

 

Der Junge nimmt sodann das Blatt Papier, faltet es äusserst geschickt acht Mal und wirft es, zu einem Schneeball geklumpt, nach Dir, der Dich unverhofft an der Stirn trifft.

 

Whiskey fliesst von Deiner Stirn über Dein Gesicht und bahnt sich labend seinen Weg in Deinen Mund hinein, während der Schneeball mit einem lauten Knall in viele unzählige Papier-Schnipsel zerplatzt, die zu Boden rieseln und als kleine Papierschiffchen auf der Blutlache um die Frau am Boden herum treiben und in den Strömen des Blutes zu kentern drohen.

 

Eines davon hebst Du auf. Das Glas der Flaschenpost in der das Schiffchen hin und her wogt ist leer, doch auf der Innenseite der Whiskeyflasche klebt eine norwegische Briefmarke. Du kneifst die Augen zusammen, um den Wert der Marke erkennen zu können. Angestrengt liest Du, was in unleserlicher Schrift darauf geschrieben steht, während sich Dwight's grinsendes Gesicht auf der Flasche widerspiegelt...

 

 

http://img201.imageshack.us/img201/6743/w6or.jpg

 

 

Edited by Der Läuterer
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Der Alkohol durchdringt alle Poren, ein Feuer der Schöpfung, und die Szenerie formt sich, bricht aus dem Nichts hervor - unter toten Augen biegt sie sich, wie ich es will. Und was ich will ...

 

Ein Schritt durch die blutigen Papierflocken - Flocken wie Schnee, Weiß -, da -! Meine Hand packt den Kopf, ein Keifen (nur einen Sinn), als ich den Sack vom Kopf ziehe. Da ist DWIGHT. Und DWIGHT hat gewonnen.

 

"Der Zettel ... Der hat dir Spaß bereitet, hein?" In dem Sack zermahle ich jetzt mein Chloroformfläschen - ein Wunder, dass ich es bei mir habe! "Es hat Spaß gemacht, mich leiden zu sehen? Mental und physisch?" Er grinst. "Ja - schön. Nur weiß du was?" Vor seinem Gesicht, eine scheiß Locke in seiner Stirn, die toten Augen. Plötzlich erscheinen Spritzen neben mir, neben seinen Füßen. "Matilde weiß nichts - weiß nicht, wie einsam ich bin. Sie ahnt vieles, sie ist klug, tödlich, stark, aber sie ahnt nichts von dir - in mir." Jede der Spritzen landet knirschend in dem Glas, das mehr und mehr zu einem scharfkantigen Gestöber wird. Ich lege den Kopf schief und klopfe ihm auf die Wange. "Bereit?" Er öffnet seinen Mund, um meine Medizin zu empfangen. Dann ein gut platzierter Knebel.

Langsam, langsam schreite ich um ihn herum. Er hat keine Angst. Hätte ich nur mehr Alkohol ... In meinem Sack der Revolver, Totgewicht, und ach es zieht mich nach unten, die Kälte, zieht mich zu Boden, ich muss sie in Hitze ertränken! Ich schwinge. KLATSCH.

 

"Sag was DWIGHT."

 

KLATSCH.

 

"REDE GOTTVERDAMMT!"

 

KLATSCH. Ich weine.

 

"Das Mittel, das Mittel kann dich nicht betäuben, du Schwein! Die Ärzte ratlos - Ratlose Schafe -! ALSO SAG WAS!"

 

KLATSCH. Eine verbogene Nadel ragt aus meiner Wange, der Knebel hat sich rot verfärbt, Rot auf Weiß -

 

"GLEICH FERTIG!" KLATSCH - KLATSCH - KLATSCH. Husten aus tiefster Kehle, das Glas frisst sich die Röhre hinab. Atemlos: "REICHT DAS? REICHT DIR DAS?"

 

Nicht, ehe ich tot bin. Es reicht nicht, ehe ich tot bin!

 

Ich stöhne.

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...

Ein metallischer Geschmack breitet sich in Deinem Mund aus.

...

...

Blut! Eindeutig Blut. Jeder Zweifel ausgeschlossen.

...

Aber da ist noch etwas anderes.

...

Etwas Hartes... etwas, das zwischen Deinen Zähnen knirscht.

...

...

...

Es ist dunkel. Tiefste Finsternis.

...

Grauenvolles Nicht-Sehen.

...

Nicht Erkennen.

...

Nicht Wissen.

...

...

...

Edited by Der Läuterer
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