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[Das Ende des Wahnsinns] Kapitel 3: Antiquariat Schubert – Bayern, 04. Juni 1924, München, 14:21


grannus
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Ich blinzle den Mann an, als mir sein Dialekt bewusst wird. Ich verstehe nur die Hälfte, bestenfalls. Das ist ja noch viel schlimmer als bei Eduard. Ich kenne das zwar schon von früheren Besuchen in München, bisher hatte ich aber nie intensiv mit jemand zu tun, der so spricht.

 

Doch ein Satz lässt mich aufhorchen.

 

"Sie untersuchen etwas aus dem Besitz von Herrn Schubert? Zufällig ägyptischer Herkunft, Herr Dirschl?" 

 

Sag nein. Sag einfach nein. Du willst nicht ja sagen. Du weißt nicht, was es bedeutet ja zu sagen. Wo du dann drin steckst.

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Und er sagt: "Joa, freili!" Nicht einfach nur schlicht und sachlich "ja", sondern in einem Tonfall, in dem Vorfreude, Begeisterung und möglicherweise auch Stolz mitschwingen.

 

Dann runzelt der bayrische Akademiker die Stirn: "Wieso? Wos wissn Sie denn darüba? San Sie etwa aa Sprachwissenschoftla?" Plötzlich ist auch Misstrauen mit von der Partie.

Edited by MazeBall
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Ich hadere einen Moment, dann entscheide ich mich nicht ständig in Angst und Paranoia zu leben. Wir müssen lernen wieder zu vertrauen. Nicht überall lauern Tod und Wahnsinn. Zudem macht dieser Kerl einen aufrichtigen Eindruck.

 

"Wir sind ebenfalls wegen diesem Stück hier, im Auftrag seines Besitzers. Wir sollen es untersuchen, die Echtheit überprüfen, sie wissen schon. Mein Name ist Jacques Lemerre. Ich bin Antiquitätenhändler, komme aber ebenfalls aus der akademischen Ecke. Kunstgeschichte und Archäologie. Ich war einige Jahre in Ägypten tätig und habe mir dort einiges Wissens zu der Geschichte des Landes aneignen können."

 

Ich überlege kurz die anderen vorzustellen, entscheide mich dagegen. Jeder soll selbst entscheiden ob und was er preisgeben möchte.

 

Dann spüre ich das Unbehagen von Franz-Rüdiger bei meinem Anblick. "Verzeihen sie meinen Aufzug. Auf dem Weg hierher hatten wir ein ... Zugunglück. Dabei habe ich mir einige unschöne Verletzungen zugezogen, welche derzeit noch diese Verbände notwendig machen, um die Wunden vor Verschmutzung zu schützen und den Heilungsprozess zu beschleunigen."

 

In Blick des jungen Mannes wirkt noch etwas unsicher. Ich klopfe Eduard auf den Arm.

 

"Herrn Bock haben sie ja schon in Aktion erlebt, er ist unser Fahrer und organisiert für uns die meisten Dinge um diesen Auftrag. Und seit unserem Unfall geht er kein Risiko mehr ein, daher auch der ungewöhnliche Umgang mit den Hunden. Die schlafen einen Moment, dann geht es ihnen wieder gut."

 

Ich trete ein Stück beiseite um Katharina, Erich und Rudolf das Feld zu überlassen.

 

Hoffentlich war dieses Vertrauen richtig und bringt uns weiter. Sprachwissenschaftler. Interessant. Vielleicht kann er die unbekannten Passagen lesen? Aber die Entscheidung, ihn einzubinden, obliegt Rudolf.

Edited by Dark_Pharaoh
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"Wos meina Sie damit - im Auftrog seis Besitzers?", gibt sich Franz-Rüdiger verwundert. "Soweid i infoamiert war, is Herr Schubert Besitza des Stücks. Des hobn zuamindest de Professoan gsogt."

 

Die Vorstellung Lemerres und seine Ausführungen zu den offensichtlichen Verletzungen hört er sich an, scheint jedoch nichts Rechtes darauf zu antworten zu wissen. Mitgefühl hingegen ist aus seiner Mimik dennoch ersichtlich.

 

Eduards Umgang mit den Hunden lässt ihn irritiert blinzeln. So etwas hat er beileibe noch nicht erlebt, doch drehen sich seine Gedanken um etwas anderes: "Wos denn genau fia oan Auftrog? Sie woin des Stück doch ned etwa mitnehma?" Die Vorstellung scheint den jungen Herrn zu erschrecken. "Des ... gäd ned! Es is vui z' wichtig, dass i es weida studiern konn! De Professoan hobn aa gsogt, dass ..." Nervös knibbelt er an seinen Fingerkuppen und sieht in die Runde, um abzuwägen, wer hier wohl das Sagen hat.

Edited by MazeBall
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"Der Herr Schubert arbeitet in meinem Namen."

und überreiche in einer fließenden Bewegung eine Visitenkarte

__________________________________

|                                                           |

|                 Rudolf Tierzek                   |

|       Privatmuseum der Familie          |

|             von Görnhard in Berlin          |

|                                                           |

|                     Kurator                          |

|                                                           |

|       Telefon: 030-123612                   |

|_________________________________|

 

Die Visitenkarte ist auf sehr dickem Karton gedruckt und hat das Wappen der von Görnhards als Stempeldruck geprägt.

 

"Tierzek - Rudolf Tierzek"

 

Sehe den jungen Mann.

 

 

 

Eduard: "Kennste een Franzlhuber?"

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Franz-Rüdiger lächelt zusehens freundlicher in dem Maße, in dem die Anspannung von ihm abfällt und sein Körper das Adrenalin im Blut abbaut. "Freit mi", entgegnet er auf Tierzeks Vorstellung und liest die Visitenkarte. Als Herr Bock das Wort ergreift, schaut er sichtlich überrascht auf: "Freili, so nenna sie meina Voda bei uns im Oat. Aber warum frogn Sie, kenna Sie den etwa?" Der junge Mann schaut nicht nur überrascht, sondern plötzlich auch etwas konsterniert drein.

Edited by MazeBall
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Ich lächle den jungen Studenten freundlich an.

 

"Katharina Gravenstein, freut mich."

 

Eduard hat das gut hinbekommen, aber gezweifelt habe ich auch nicht daran. Nur der Student tut mir leid. Jacques ist zwar freundlich wie immer, aber vertrauensvoll sieht er wirklich nicht aus. Kein Wunder, dass der junge Herr mich die ganze Zeit anstarrt.

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