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[Nightmare Revelations] Ein mörderisch heisser Sommer


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KAPITEL 1

 

LONDON

Tottenham Court Road

Freitag, der 13.07.1928

 

Ein schwül-heisser Tag neigt sich dem Ende entgegen.

Die Wolken am Himmel versprechen eine Abkühlung. Doch die Hoffnung ist ein mürrisches, altes Weib, voller trügerischer Versprechungen und so... ziehen die Wolken langsam und träge weiter, ohne dass es zum Regnen kommt.

 

Es ist kurz nach 17.00 Uhr.

Die Hitze steht wie eine bleierne Wand in den Strassen Londons.

Um 20.00 Uhr soll eine Besprechung im Büro stattfinden.

 

Das Büro ist der Name einer kleinen Detektei, die von einem Mann namens Hugh Stratton gegründet wurde.

Das Büro befindet sich in der Tottenham Court Road 37, inmitten der Londoner Innenstadt.

Edited by Der Läuterer
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Die Londoner Innenstadt quillt über vor geschäftigen Menschen und einer Vielzahl der unterschiedlichsten Fahrzeuge, darunter auch sehr viele Doppeldeckerbusse.

 

http://www.20thcenturyimages.co.uk/trolleyed/images/products/1026.JPG

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Die Fassade des Gebäudes nebenan, Nr. 35, ist mit einem Baugerüst versehen worden.

Dort residiert eine alt-orientalische Stiftung - die Penhew-Stiftung.

Die Stiftung beherbergt eine aussergewöhnliche Sammlung erlesener alt-ägyptischer Stücke und steht der Öffentlichkeit zur Besichtigung offen.

 

http://4.bp.blogspot.com/-JGAlq3YPkhU/VFrmirosCNI/AAAAAAAAWwE/pQHgPygbFCY/s1600/SGC.jpg

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Diese Menschenmassen sind mir auch nach den Monaten hier in England immer noch ein wenig ungewohnt. Gerade diese schwülen Tage, auch wenn sie hier auf der Insel nicht sehr häufig sind, machen es auch nicht besser - insbesondere wenn viele Menschen auf einem Fleck sind. Dazu die Abgase der vielen motorisierten Busse. Ich habe mich noch immer nicht daran gewohnt. Diese Stadt ist anders als alles, was ich bisher gesehen habe. Ich hielt Göteborg schon immer für eine große Stadt mit vielen Abgasen, aber dieses London ist so viel mehr noch... so viel verwirrender und stickender. Aber auch so viel vielsprechender als Göteborg. Hier sind viel mehr Menschen an einem Ort als in Göteborg, als in jedem Ort in Schweden, an dem ich je war... außer vielleicht zum Midsommar-Fest zu meiner Studienzeit in Göteborg. Hier sind auch viel mehr dieser motorisierten Wagen. Es ist ein spannender Ort, ein sehr interessanter Ort, ein Ort an dem so viel möglich scheint, an dem das Mögliche aber auch so viel verworrener zu erreichen ist als in meiner kühlen und kargeren Heimat.

 

Mein Bekannter, Howard Ripley, hat mich hergelockt mit dem Versprechen hier eine spannende Geschichte zu finden. Geld zu verdienen, Inspiration zu finden. Schon in seinen Briefen berichtete er mir von der Sage um Grendel und Beowulf. Eine Geschichte, die mich sehr interessierte und mich die Mythen dieses Landes näher erforschen lassen will.

Allerdings stellte sich bisher alles als schwieriger als gedacht heraus. Diese Sprache… ich dachte ich hätte sie auf der Schule gelernt, aber es scheint nicht zu reichen, um mit allen Einwohnern auf dieser Insel in allen Details zu kommunizieren. Howard meint es sei mein Akzent. Ich glaube, manche dieser Menschen WOLLEN mich nicht verstehen. Aber bisher hat es gereicht um in dieser vollen, übervölkerten und inzwischen sogar überhitzten Stadt zurecht zu kommen.

 

Bisher war es eine wenig ergiebige Zeit für mich. Ich hatte kein Einkommen, das man als dieses bezeichnen kann, Howard ist nicht gewillt oder nicht in der Lage mich zu finanzieren und mein Erspartes ist weitestgehend aufgezehrt. Oder es dient meiner Familie in der Heimat zum Überleben.

Howard, vermittelte mir einen Termin in einer Detektei. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann kann ich hier einen guten Aufhänger für eine interessante Geschichte finden. Und vielleicht sogar direkt eine Bezahlung.

Da es ein schwüler Tag ist, und ich zu früh bei dem Gebäude angekommen bin, werde ich die Zeit nutzen und mir die Sammlung antiker Gegenstände im Nachbargebäude ansehen.

 

Ove geht verschwitzt und niedergeschlagen weiter auf das Gebäude der Penhew-Stiftung zu und schaut sich näher an, was genau die Bauarbeiten hier zum Ziel haben. Es scheint fast so, als sei es eine reguläre Renovierung des Gebäudes. Oder wird die Sammlung sogar erweitert?

 

 

Howard empfahl mir diese Sammlung als eine Besonderheit, die seines Gleichen hier in der Gegend nicht so schnell finden wird. Somit scheint das Gebäude und die Sammlung nicht nur während dieser schwülen Temperaturen ein lohnenswerter Ort zu sein. Ein Zufluchtsort für Gedanken und ein Zufluchtsort vor der Hitze.

 

Ove, geht in das Gebäude hinein und bezahlt, wenn nötig das Eintrittsgeld.

 

Was es hier wohl alles an Artefakten gibt. Welche Geschichten verbergen sich wohl hinter diesen Artefakten? Ich sollte mir ein paar Notizen zu den Gegenständen machen. Vielleicht kann ich sie später in meine Story einbauen.

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Die Stadt ist ein gefrässiges Geschöpf.

Eine Urgewalt.

Ein Moloch.

Ein Lebewesen aus Stein und Stahl. Mit unzähligen Augen, die hell bei Dunkelheit zu funkeln beginnen.

Mit unzähligen Adern, durch die das pulsierende Leben strömt.

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Penhew-Stiftung

Tottenham Court Road 35

ca. 19.00 Uhr

 

Als Du die Räumlichkeiten des alten Gebäudes betrittst, triffst Du auf eine sehr angenehme Kühle. Der dicke, rote Sandstein aussen und der schwarze Marmor drinnen, halten die Hitze nun von Dir fern.

Du bist allein in den Räumen. Kein anderer Besucher hat sich hier hinein verirrt. Allein mit drei Mumien und einem Wachmann, der überflüssig zu sein scheint, denn alle Gegenstände in der Ausstellung sind hinter Glas.

Die Penhew-Stiftung bietet ihren Besuchern einiges an ägyptischer Kunst in ihren fünf Räumen im Erdgeschoss. Allesamt Grabbeigaben der frühdynastischen Zeit der 1. und 2. Dynastie, sowie des alten Reiches der 3. bis 6. Dynastie.

Du bist verwundert über die Qualität der Objekte, die an Qualität mit den besten Museen der Welt mithalten kann.

Edited by Der Läuterer
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Dieses heiße, zähe Blut, dieses menschliche Blut, das durch die Adern dieses überhitzen Molochs fließt, benebelt Oves Geist. Flucht, vor der Hitze, den Menschenmassen, das ist das einzige, was ihn gerade anzutreiben scheint.

 

Ich bin für diese Stadt nicht gemacht. Ich muss Ablenkung und Abkühlung finden. Das scheint der richtige Ort dafür zu sein.

 

Man kann Ove nicht ansehen, ob er überrascht ist, dass es hier keinen Eintritt zu entrichten gibt. Er wirkt erleichtert, ob der Kühle und Frische in diesem Raum. Der Geruch, der diesen Museen und Sammlungen eigen ist benebelt aber seinen Geist und lässt seine Beine kurz ein wenig nachgeben. Er lehnt sich gegen eine kühlende Wand und lässt den Blick durch den ersten Raum der Sammlung streifen. Nach wenigen Augenblicken hat er sich an diesen muffigen Geruch gewöhnt und geht auf eine der Vitrinen zu.

 

Sowas habe ich ja noch nie gesehen. Warum habe ich mir diese Art Sammlungen nie früher angesehen?!

 

Ove schaut sich die Beigaben und versucht Informationen über diese Gegenstände zu finden.

 

An den Wachmann gewandt fragt er:

"Können Sie mir nähere Informationen zu diesen Exponanten geben? Oder gibt es hier sonst einen Kurator, der mir mehr über diese beeindruckenden Stücke erzählen kann?"

 

"Was zum Beispiel ist das hier für ein Tier? Können Sie mir dazu mehr sagen? Der sieht nicht sehr friedlich aus, nicht wahr?"

 

Ove wartet eine Antwort des Wachmanns ab bevor er sich dem nächsten Objekt widmet.

Diese Figur sieht aus wie eine dieser russischen Figuren-in-den-Figuren, wie heißen sie noch gleich?! Nur ist diese Figur doch anders geformt und sowieso gänzlich anders.

"Ich habe soetwas noch in keiner anderen Sammlung gesehen. Darf ich mir Notizen machen?"

 

Ove nimmt sein Notizbuch zur Hand und schreibt die Informationen auf, die er über diese Figuren ergattern kann. Zudem fertigt er einige grobe Skizzen an. Insbesondere die "Hundestatue" hat es ihm angetan.

Edited by Puklat
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“Dort.“ Der Wachmann ist freundlich und hilfsbereit aber auch einsilbig. Er deutet auf ein steinernes Podest neben dem Eingang, das Dir bei Deinem Eintreten entgangen ist und auf welchem einige Informationsblätter ausliegen. Auch dieses Podest scheint ägyptischen Ursprungs zu sein. Du schaust auf das Papier und findest genaue Beschreibungen zu jedem der Objekte. Die Stücke sind in der Tat sehr alt. Die ältesten Stücke sind fast 5.000 Jahre alt.

Besonders interessant und sehenswert sind eine schwarze Sphinx und Auszüge aus dem Buch der Toten.

Edited by Der Läuterer
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London

Donnerstag, der Morgen des 12.07.1928

 

Ich sitze in einem kleinen Zimmer in meiner Pension. Mein Blick schweift durch das Zimmer und für einen Augenblick erfüllt mich der Anblick mit Unbehagen: Ein Bett, ein Schrank, ein kleiner Tisch mit einer Waschschüssel, einer Kanne und einem Stuhl, unter dem Bett mein alter Überseekoffer … weiß getünchte Wände …

 

Die Einrichtung ist so schlicht wie die Zimmerwirtin. Aber es ist sauber und ich konnte ein Zimmer auf der Nordseite des Gebäudes ergattern. Ich schließe die Augen und lasse meine Gedanken treiben.

 

Meine Anreise war bereits von drückender Hitze geprägt. Wenn ich dem Droschkenkutscher glauben schenke, wird es morgen unerträglich schwül werden. Ich spüre, dass er Recht behalten wird. Der Kutscher und sein Gefährt schienen so alt zu sein, wie die Steine, aus denen diese Stadt erbaut wurde … weniger ein Bewohner Londons, sondern ein kleiner unbedeutender organischer Bestandteil dieses Molochs, fest mit ihm verwachsen. Dabei hat sich die Stadt im Zeichen der Industrialisierung ein neues modernes Gesicht gegeben. Die Droschke und Betty sind zwischen all diesen Automobilien zum Hindernis geworden, wie ein alter Bart, dem langsam aber sicher mit der Klinge zu Leibe gerückt wird. Ich empfinde plötzlich tiefe Verbundenheit mit diesem Gespann, weil sie aus einer Zeit stammen, die der Vergangenheit angehört, die es wie so viele nicht geschafft haben, ihr Leben in die neue Welt nach dem Großen Krieg hinüberzuretten … genau wie ich.

 

„Wird morgen mächtig schwül werden, Sir. Dann wird der Gestank so schwer über der Stadt hängen wie ‘ne Glocke von St. Paul’s. Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich aus der Stadt flüchten statt ‘reinzufahren, Sir! Ich und meine Betty, wir können’s ja nicht. Müssen was für unser Futter tun. Aber ein Gentleman wie Sie … Führen Sie dringende Geschäfte nach London?“, erinnere ich mich an seine Worte.

 

„Ja … dringende Geschäfte …“, hatte ich ausweichend geantwortet.

 

„Wo kommen Se‘ denn her, Sir?“

 

„Aus Irland.“

 

„Was Se‘ nich‘ sag‘n, Sir! Hätte geschworen,Se‘ kommen von über’n Teich wech. Von der Sprache wegen. Wissen Se‘, wenn man so lange Droschke fährt wie ich …“

 

Dann hatte eines jener modernen Automobile uns überholt und der Kutscher musste seine Aufmerksamkeit Betty zuwenden.

 

Die Häuser der Stadt waren unter dem Geklapper der Wagenräder an mir vorübergeglitten, bis ich die kleine Pension erreicht hatte.

 

„Mehr als zehn Jahre habe ich London nun gemieden. Und wenn mich nicht tatsächlich wichtige Angelegenheiten nach London geführt hätten, wäre ich diesem Monstrum wohl bis ans Ende meines Lebens fern geblieben.

 

Ich freue mich, morgen Matilde wiederzusehen. Nach so vielen Monaten wird es mir gut tun, ihr Gesicht zu sehen. Durch die langen Briefe der letzten Monate … seit wir die Insel verlassen haben … ist mir Matilde immer vertrauter geworden und die Freundschaft zu ihr für mich immer wertvoller. Es erstaunt mich immer wieder, wie rasch ein Fremder zu einem Vertrauten werden kann und wie wenig wir es in der Hand haben, ob, wo und wann so etwas geschieht.

 

Ich wünschte, wir hätten Paul gefunden und er könnte morgen bei uns sitzen, einen Kaffee mit uns trinken … und Dinge unausgesprochen lassen, an denen wir alle drei in einem solchen Moment nicht rühren wollen, aber uns unweigerlich ihrer erinnern werden.

 

Aber vorher steht mir heute noch ein anderer Gang bevor, den ich so lange aufgeschoben habe…“

Edited by Joran
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Ich greife meine Reisetasche und räume alle Kleidung daraus in den Schrank.

 

Ich vergewissere mich, dass die Zimmertür abgeschlossen ist.

 

Dann ziehe ich den Reisekoffer unter dem Bett hervor. Ich schraube meinen Gehstock auf und entnehme ihm einen Schlüssel. Ich öffne das Fach in meiner Taschenuhr und lege den Schlüssel neben den ersten auf dem Bett. Dann ziehe ich den dritten Schlüssel an der Kette aus meiner Tasche. Den vierten Schlüssel aus dem Tabaksbeutel benötige ich heute nicht.

 

Ich öffne den Koffer mit dem Schlüssel an der Kette. Ich blicke hinein und meine Vergangenheit blickt zurück. Unzählige Gegenstände, die mich auf meinen Expeditionen begleitet haben: meine Photoausrüstung, Kisten mit Photos und Berichten, die alte Falcata, mein abgegriffenes Klappmesser, die Sonnenbrille, die Schneebrille, die Lightning, die mir einst mein Vater schenkte, und alle die anderen Dinge, die ich immer in meiner Nähe wissen muss.

 

Die Waschschüssel und die Kanne müssen auf den Boden weichen. An ihre Stelle setze ich den schweren eisernen Tabernakel. Ich streiche zärtlich über den stilisierten Tempel auf seinem Deckel.

 

Dann entriegele ich mit den beiden Schlüsseln die schweren Vorhängeschlösser und öffne den Deckel. Ich entnehme dem Tabernakel seinen Bewohner und öffne kurz das Tuch, in das ER eingewickelt ist. Dann lege ich IHN vorsichtig in meine Reisetasche. Ich setze den Tabernakel in die Truhe zurück und verschließe alles wieder sorgfältig. Als der Überseekoffer wieder unter dem Bett steht, mache ich mich mit der Tasche auf den Weg. Ich suche Gewissheit.

 

 

Nach einer weiteren mühseligen Droschkenfahrt stehe ich schwitzend in der Caledonian Road. Auf der anderen Straßenseite liegt mein Ziel. Nun endlich stehe ich vor dem Ort an dem Ruairís Gebeine anonym verscharrt wurden, der Ort, an dem ihm der letzte Ausweg wiederholt verweigert wurde, nur um ihn schändlich erhängen zu können.

 

„Alles ist wie in meinem Traum, obwohl ich nie zuvor an diesem Ort gewesen bin.“, stelle ich erleichtert fest. Das ist die Gewissheit, nach der ich gesucht habe. Jetzt bin ich mir sicher: „Es war mehr als ein einfacher Traum! Es war eine Reise. Dieser Abschied war echt. Bei all dem Leid, das wir auf Herm erlitten haben, gab es auch Gutes. Da war Ruairí … und Matilde.

 

Ein Freund ist endgültig gegangen, ein anderer gekommen. In der tiefsten Finsternis habe ich erneut auch das Licht gefunden, wie so oft zuvor in meinem Leben.“

 

Ich bin dankbar. Ich wünschte, ich könnte die Gebeine Ruairís einfordern und in seine Heimat bringen. Aber ich weiß, dass ich in dieser Sache machtlos bin. „Ich trage Dich in meinem Herzen!“

 

Auf dem Rückweg in die Pension fühle ich mich befreit. Die See in meinem Innern liegt still und ruhig. Ich freu mich auf den morgigen Tag. Ich freue mich auf Matilde. Ich hoffe, über sie irgendwann die Unterstützung zu finden, die ich brauche.

Edited by Joran
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London

Donnerstag,  13.07.1928, 14.00 Uhr. Bei "Seane's Coffee".

 

Ich sitze an dem Tisch, und schaue ruhig nach draussen.

Es ist so heiss. Dieser Sommer ist die schlimmste meines Lebens, denke ich kurz.

Ich ziehe an die Zigarette, und streichele mir dabei in den Haaren, die jetzt wieder so kurz sind, beinahe männlich.

Ich schmunzele, denn Hartmut hat nicht wirklich gemocht, wie ich sie mir schneiden gelassen haben.

 

Ich schaue auf die Uhr. Noch fünfzehn Minuten, dann werde ich wieder Clive treffen. So lange her.

Ich habe ein wenig Bauchweh.

Ich schaue mich um, und sehe, dass Hartmut gerade mal an der Theke etwas macht.

Vielleicht bestellt noch was, die bedienung ist ja langsam hier.

Wieder schaue ich auf die Uhr.

 

Was werden wir uns sagen, als erstes? Wir haben einen Fluss aus Briefen uns hingeschickt.

 

Und jetzt...?

Edited by Nyre
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Penhew-Stiftung

Tottenham Court Road 35

 

In einer der Vitrinen in dem kleinen Museum liegt ein Fragment des Buches der Toten. Doch dieses hier wird nicht auf das Neue Zeitalter (ca. 1500-50 vor Chr.) datiert, sondern auf das Alte Zeitalter (ca. 2700-2200 vor Chr.).

 

http://www.ancient.eu/uploads/images/721.jpg?v=1431035704

Edited by Der Läuterer
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London

Freitag,  13.07.1928, 14.15 Uhr, "Seane's Coffee".

 

Nun stehe ich vor "Seane's Coffee", wie von Matilde in ihrem letzten Brief geschrieben. Ich hatte ein wenig Schwierigkeiten, den Weg zu finden und mein zeitlicher Spielraum ist auf Null geschmolzen. Bei diesem Wetter durch die Straßen Londons zu eilen, ist nicht das richtige für mich. Ich trockne den Schweiß auf meiner Stirn mit einem Taschentuch und zögere einen Moment. Schon seit Wochen freue ich mich auf die Begegnung mit Matilde, aber jetzt habe ich auch ein wenig Angst. "Welche Erinnerungen wird der Anblick ihres Gesichts in mir wachrufen? Und welche Alpträume werde ich in ihr erwecken? So viel ist auf Herm geschehen .... so tiefe Verzweiflung und Angst ... die Besessenheit von Matildes Körper ... der Verlust von Paul ... Werde ich mich mit Hartmut verstehen?"

 

Ich seufze noch einmal. Dann raffe ich mich auf und öffne die Tür des Cafés. Drinnen sind die Temperaturen weit angenehmer und es herrscht reger Betrieb. Es dauert einen Augenblick, bis ich Matilde unter den Gästen ausmache. Sie sitzt seitlich zu mir. Ihre Frisur ist verändert. Sie hat ihre Haare schneiden lassen. Mit ihr am Tisch sitzt ein Mann, der sich angeregt mit Matilde unterhält.

 

"Das muss Hartmut sein", schlussfolgere ich. "Matilde sieht ganz entspannt aus ... glücklich. Das freut mich für sie. Möge es von Dauer sein!"

 

Ich sehe den beiden einen Augenblick nur zu, bevor ich mir einen Weg zu ihrem Tisch suche. Ich denke an glückliche Momente in meinem Leben zurück. Ich weiß, wie zerbrechlich das Glück sein kann.

 

Dann wendet Matilde mir das Gesicht zu und ich sehe Erkennen in ihrem Blick. Es erfüllt mich mit Wärme und ich kann es nicht ganz verhindern, dass meine Augen etwas feucht werden. Ich schließe Matilde zur Begrüßung in die Arme. Es braucht nicht viele Worte. Wir wissen auch so, dass wir nahtlos an unsere gemeinsame Vergangenheit anknüpfen können, als liege unsere Flucht von Herm nur wenige Tage und nicht Monate zurück. Ich könnte ohnehin nicht in Worten ausdrücken, wie dankbar ich für diese Freundschaft bin.

 

Dann zieht mich Matilde an den Tisch und stellt mich ihrem Begleiter vor...

Edited by Joran
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London
Freitag, 13.07.1928, ca. 17:30 Uhr, "Penhew-Stiftung".

Ich gehe zu dem mir gewiesenen Ständer mit den Broschüren und blättere sie durch und lese halblaut:
" 'Die herrausragendsten Teile unserer Sammlung ist die schwarze Sphinx aus der 4. Dynastie, sowie Original-Fragmente des "Buchs der Toten" welche auf das Alte Zeitalter (ca. 2700-2200 vor Chr.) datiert werden konnten ... Bei dem Buch der Toten handelt es sich um eine Sammlung von Formeln und Ritualen, mit denen der Verstorbene im Jenseits Unsterblichkeit erlangen soll. Zudem soll es dem Toten im Jenseits die Fähigkeit geben sich in alle von ihm gewünschten Wesen zu verwandeln und im Jenseits Wärme und Frieden zu finden.' "


Eine schwarze Sphinx? Von der Sphinx vor Cairo habe ich natürlich schon gehört und auch einige Abbildungen gesehen. Die Napoleonischen Archäologen, haben hervorrangende Zeichnungen davon angefertigt und damit auch meine Phantasie beflügelt. Aber eine schwarze Sphinx, scheint wirklich etwas besonderes zu sein. Ich werde mir dieses Exemplar auf jeden Fall mal genauer ansehen müssen.
Es ist erstaunlich wie früh die Menschen eine Verquickung von Mensch- und Tiergestalt gesehen haben.
Nicht nur in meiner heimatlichen Sagen- und Mythenwelt, gibt es diese Vermischung. Wechselbalge, aber auch Riesen, die wie Menschen aussehen, aber doch eher göttliche Wesen sind. Das gibt es vermutlich solange, wie es Menschen gibt. Doch, ist die Frage nicht eigentlich: Wie kommt es zu dieser Vermischung von Menschen und Tieren? Was macht diese Faszination aus?
Oder anders gefragt: Wo sind diese Vorbilder jetzt?

DAS sollte die Frage sein, derer ich mich in meinem kommenden Werk widmen sollte. Diese faszinierenden, alten Häuser, die ich nun schon so zahlreich abgelichtet und besichtigt habe, die ergeben einen guten Bildband. Ein interessantes Archiv an schönen Aufnahmen. Nicht mehr und nicht weniger. Mit den Informationen, die ich rund um diese Gemäuer bisher gesammelt habe, kann ich auch einige schöne historische Bezüge einbauen. Aber wo sind die Mythen?! Das UNgewöhnliche?!
Eine Geschichte über die Geschichte, die Historie, die wird mir niemand abkaufen. Und Geld, ist nun wirklich das, was ich mit am dringsten brauche.

Diese Sphinx und diese Hunde-gestalt, die könnten einen guten Aufhänger ergeben. Ich muss auf jeden Fall die weiteren Räume besichtigen.

Ich gehe in den nächsten Raum auf der Suche nach dem Buch der Toten und der schwarzen Sphinx.

In der Broschüre stand doch etwas über das Buch der Toten und Verwandlung in beliebige Geschöpfe?! Was ist, wenn diese Zauber Wirklichkeit wären?! Wenn man wirklich andere Geschöpfe beschwören oder gar zu Ihnen werden kann?! Ich habe mir schon als Kind vorgestellt mit den Trollen zu spielen. Natürlich mit den Trollen meiner Heimat, nicht mit den garstigen und gemeinhin gewaltätigen Trollen unserer norwegischen Nachbarn. Ob diese Rituale wirklich ihren Zweck erfüllen? Kann man wirklich mit diesen Wesen in Kontakt treten? Das wäre eine faszinierende Vorstellung. Nur muss der Tot dafür der Preis sein? Muss ich erst sterben, um diese Rituale zu befolgen?

Ich nehme Notizbuch wieder hervor, verstaue die Broschüre am hinteren Ende des Buchs. Dann schreibe ich:
"Recherche: Buch der Toten, Ägypten; Rituale und Zauber um zu jedem Wesen zu werden, das man will. Funktioniert das nur im Jenseits? Gibt es andere Wege -> dringend mit Archäologen unterhalten (kennt Howard wen? Kontakt zur Penhew-Stiftung aufnehmen!)"

Leise murmele ich auf Schwedisch: "Dieser Abstecher kann sich mehr gelohnt haben, als ich es anfangs angenommen habe. Es bringt nicht nur Abkühlung und liebe Kurzweil... dieses Gebäude steckt voller Inspiration!"

Mit einem zufriedenen und nicht mehr mit einem vergrämten Gesichtsausdruck schaue ich mir die weiteren Teile der Austellung an, bis es Zeit wird die Detektei aufzusuchen.
15 Minuten vor meinem Termin mache ich mich auf den Weg zum Ausgang. Ich schaue noch einmal nach, ob es eine Kontaktanschrift zur Penhew-Stiftung auf der Broschüre gibt. Sollte es diese nicht geben, wende ich mich an den Wachmann: "Entschuldigen Sie, Sir. Können Sie mir eine Kontaktadresse zur Penhew-Stiftung nennen? Auf der Broschüre steht nur die Anschrift dieses Hauses. Es gibt doch aber sicher jemanden, mit dem ich persönlich ins Gespräch kommen kann." Das war zu aufdringlich... du bist zu fahrig. Beruhige dich! "Oh... Verzeihung. Bitte entschuldigen Sie meine Unhöflichkeit. Meine Name ist Ove, ich bin Journalist und Autor und hätte ein paar Fragen zu ihren Exponaten. Gibt es einen Ansprechpartner, an den ich mich wenden kann?"

Edited by Puklat
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Penhew-Stiftung

Tottenham Court Road 35

 

Des weiteren befindet sich dort eine Sphinx aus schwarzem Marmor.

Diese Schwarze Sphinx wurde 1907 von Lord Penhew auf dem Felsplateau 8 km nordwestlich der Pyramiden von Gizeh ausgegraben. Dort befinden sich Gräber der 1. bis 4. Dynastie. Das Gebiet gehört zu den Gräberfeldern von Memphis.

Die Entstehung der Statue wird der Regentschaft von Pharao Radjedef, nach anderer Lesung auch Djedefre, zugeschrieben.

 

Radjedef war der dritte Pharao der 4. Dynastie und regierte von 2580-2570 vor. Chr.

 

http://www.aegyptenfans.de/Aegypten/BritischesMuseum/London_1/ammenemes.jpg

Edited by Der Läuterer
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