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[Nightmare Revelations] Ein mörderisch heisser Sommer


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London
Freitag, 13.07.1928, ca. 19:48 Uhr, "Penhew-Stiftung".

Lord Peter Penhew, ob ich wohl einen Termin bei diesem Gentleman erhalten kann? Leider muss das warten... ich muss zunächst meinen Termin wahrnehmen. Aber Lord Peter Penhew scheint nicht nur mein Ansprechpartner für die Exponate hier zu sein, er scheint auch gleichzeitig Experte auf dem Feld der Agyptologie zu sein. Ein wahrer Volltreffer, wenn ich denn zu ihm vorgelassen werde. Aber ein angesehener Reporter einer der großen Zeitungen des Kontinents, könnte es schaffen. Nur schade, dass die Göteborgs-Posten nicht unbedingt eine international renomierte Zeitung ist.

Ich notiere mir den Namen: "Lord Peter Penhew" hinter den Eintrag zur näheren Recherche.

Auf eine freie Doppelseite schreibe ich links:
"Pharao Radjedef (Djedefre)
Pyramiden von Gizeh
1-4. Dynastie -> schwarze Sphinx
Was macht schwarze Sphinx so besonders?"

Auf die gegenüberliegende Seite schreibe ich:
"Rituale; Buch der Toten
Verwandlung in beliebige Geschöpfe
Ist Tod dazu zwingend? Meinung von Experten?
Reiner Okkultismus?
Wer hat das Buch entdeckt, das hier liegt? (Penhew-Stiftung Tottenham Court Road 35)"

Ich verlasse die Penhew-Stiftung. Die Hitze auf der Straße ist noch unerträglicher geworden und mit ihr der Gestank nach Abgasen, Industrialisierung, Fäkalien und Fäulnis. Nach dem muffigen, aber kühlen Geruch aus dem kleinem Museum schlägt mir dieser Gestank der Straße förmlich ins Gesicht. Ich bin froh nicht mehr weit laufen zu müssen und hoffe, dass das Nachbargebäude ähnlich kühl ist, wie dieses private Museum. Ich werfe noch einen kurzen, etwas zu sehnsüchtigen Blick zurück auf das in das Baugerüst verhüllte Gebäude der Penhew-Stiftung und eile dann zum Nachbareingang.
Ich schaue auf die Schilder an den Briefkästen und bin froh den Trubel auf den stinkenden, überhitzen Straßen wiedereinmal hinter mir lassen zu können. Der Weg zurück in meine kleine, stickige Pension an Rande der Innenstadt, wird mir noch zur Qual werden.

Wieder einmal ertappe ich mich, wie ich vor mich hin murmel, in der mir so vertrauten Sprache meiner Heimat:
"Das hat mit Sommer NICHTS aber auch gar nichts zu tun. Wo sind die Windböen? Der leichte Wind, der Abkühlung und vorallem FRISCHE Luft bringt? Das scheint es hier nicht zu geben... nicht heute. Von wegen "regnerisches London!" Ich wünschte es würde ein reinigendes Gewitter geben... "

Ich straffe meine Körperhaltung und schaue mich um, wo die Detektei sein soll.
Was wird mich hier heute wohl erwarten? Gibt es noch so eine angenehme Überraschung, wie der Besuch der Penhew-Stiftung?

Edited by Puklat
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Das BÜRO

Tottenham Court Road 37

 

Die äussere Tür des Gebäudes ist unverschlossen. Das Haus selbst beherbergt laut der Briefkästen mehrere Büros.

Ein Schild neben dem Eingang verweist den Besucher in den zweiten Stock.

KILMISTER & STRATTON

PRIVATE INVESTIGATOR

 

http://www.efootage.com/video-clip-images/HD-177/143610/Private_Investigators_Office_Door_-_1_-_HD.jpg

Edited by Der Läuterer
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Die breite Treppe nach oben in das erste Obergeschoss, rechts von der Tür steht eine Sitzbank. Darauf hockt ein etwas nervös aussehender Mann, der eine Fototasche um die Schultern trägt und eine Ledermappe neben sich auf der Bank liegen hat.

 

http://cdn.ipernity.com/109/61/34/3996134.8ca60288.240.jpg?r2

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London

Donnerstag,  13.07.1928, 14.20 Uhr. Bei "Seane's Coffee".

 

Ich winke zu Clive. Lächele ihn an.

 

Es ist schön, ihn zu sehen.

 

Paul fehlt eben. Wer weisst, was aus ihn geworden ist. So oft haben wir gerätselt.

 

Und nie wirklich was konkretes gefunden.

 

Als er in unsere Richtung kommt, sage ich zu Hartmut

 

"Da ist er." Mann kann die Erleichterung in meiner Stimme spüren.

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London
Freitag, 13.07.1928, ca. 19:50 Uhr, Eingangsbereich der Tottenham Court Road 37 - KILMISTER & STRATTON PRIVATE INVESTIGATOR.

Ich mache mich auf den Weg in den zweiten Stock. Auch wenn es im Treppenhaus wesentlich kühler ist als auf den Straßen davor, ist es noch immer unangenehm warm und stickig hier drin.

Vor der Tür zur Detektei sehe ich jemanden sitzen, der offensichtlich auch zum gleichen Termin eingeladen wurde. Howard hatte also unrecht als er mit sagte ich hätte den Job schon sicher.
"Geh da einfach hin und sage ihnen ich hätte dich empfohlen, dann klappt das schon. So läuft das hier in den Metropolen. Du bist hier nicht mehr auf dem Land im kleinen Schweden. Das hier ist das britische Empire!"
Mit seiner aufgeblasenen, überheblichen Art geht er mir zunehmend auf die Nerven. Er könnte glatt einer dieser Yankees sein, die hier doch eigentlich so schlecht angesehen sind. Bisher hat mich seine Hilfe nur in finanzielle Engpässe gebracht. Ernsthaft geholfen hat er mir nicht. Ich muss ihm wohl aber zu Gute halten, dass ich nur durch diesen neuen Termin einen Ansatz für mein Buch gefunden habe.

Ich habe mir eingebildet in den letzten Monaten hier in England viel meiner Naivität abgelegt zu haben. Jetzt wo ich diesen nervösen Kerl dort sitzen sehe, scheine ich aber schon wieder auf Howard reingefallen zu sein.
Ich bin froh zumindest eine kleine Auswahl an Aufnahmen von Häusern immer in meinem Notizbuch zu haben. Es sind nur kleine Bilder, keine großen Abzüge. Das ist aber noch immer besser als würde ich mich einzig auf Howard und seine Empfehlung verlassen müssen.


Hätte ich doch nur meine Fotoausrüstung mitgenommen. Fotos kann schließlich jeder kaufen und mit sich herumtragen.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mir diese teure Kodak-Ausrüstung gekauft habe. Damals vor inzwischen acht Jahren bei Hasselblad in Göteborg. Inzwischen ist es sicher keine top Kamera mehr, aber sie macht annehmbare Bilder und mit etwas Geduld sogar tolle Aufnahmen.


Es wird schwerer als gedacht diesen Job zu kriegen, aber zum Glück habe ich nun einen alternativen Plan. Ich kann also entspannter an dieses Gespräch gehen, als es mein Konkurrent wohl gerade kann. Er wirkt sehr nervös. Ich merke, dass ich angespannt werde und spüre Wut auf Howard in mir aufsteigen. Ich versuche mich zu beruhigen "Plan B: Penhew und das Buch der Toten", denke ich.


An den Fotografen auf der Wartebank gerichtet frage ich: "Guten Abend, sind sie auch zum acht Uhr Termin hier eingeladen worden?"

"Ich nehme an, sie haben sich schon angemeldet. Ich möchte mich nicht vordrängeln. Mein Name ist übrigens..." ich halte kurz inne. Hier stellt man sich nicht gleich mit dem Vornamen vor. Auch etwas, was ich noch nicht verinnerlicht habe. "Mein Name ist Eklund."

Ich warte ab, wie er reagiert, bevor ich entscheide, ob ich anklopfen oder mich weiter über den anstehenden Termin unterhalten sollte.

Edited by Puklat
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Das BÜRO

Tottenham Court Road 37

 

Der Mann reibt sich seine Hände an den Hosenbeinen trocken, steht auf und gibt Dir die Hand. “Verdammt heiss heute. Blackwood. Sehr erfreut der Herr.“

 

“Aber ich befürchte, dass Sie einem Irrtum erlegen sind, Herr Eklund. Die Bewerbungen fanden beteits vor einer Woche statt. Am 06. Juli.“

 

“Ich bin nur hier, um den Vertrag zu unterzeichnen und mit den Arbeiten zu beginnen. Ich muss noch die Dunkelkammer einrichten und den Bestand der Chemikalien durchgehen.“

 

“Es tut mir leid, dass Sie sich vergeblich bemüht haben. Mehr Glück beim nächsten Mal.“ Er gibt Dir erneut die Hand und setzt sich wieder auf die Bank und holt eine Tageszeitung aus seiner Aktentasche.

Edited by Der Läuterer
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Nach der herzlichen Begrüßung Matildes wende ich mich Hartmut zu.

 

"Ich freue mich sehr, Sie endlich einmal persönlich kennenzulernen, Herr Stürmer!

 

Matilde hat Sie auf Herm sehr vermisst. Und ich sehe auf den ersten Blick, wie gut es ihr nun geht, da sie wieder bei Ihnen ist!"

 

Ich reiche Hartmut Stürmer die Hand und schüttele sie herzlich.

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Seane's Coffee

Park Square West 52 / nähe Regent's Park

 

Der Mann hat ein verschmitztes und zugleich herablassendes Grinsen im Gesicht. Der Händedruck ist fest. Die Hand trocken und angenehm kühl. “Der Name ist Stratton. Hugh Stratton.“ Erneut zeigt der Mann ein freches Grinsen, das seine Mundwinkel umspielt und seine Augen blitzen für einen Augenblick auf, als hätte jemand ein Licht hinter seinen Augen entzündet. “Sehr erfreut Sie persönlich kennenlernen zu dürfen, Herr Savage. Nehmen Sie bitte Platz.“

Edited by Der Läuterer
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Nach einem ersten kurzen Moment der Irritation setze ich ebenfalls ein dezentes und doch unverschämt überhebliches Lächeln auf, wie ich es bei vielen meiner Kollegen bereits beobachtet habe:

 

"Der Name ist Dr. Clive Savage. NUR Dr. Savage.

 

Was Namen angeht, sind meine Mittel eher bescheiden, fürchte ich ... wenn ich von den Namen absehe, die mir die Eingeborenen auf meinen Reisen mitunter gaben."

 

"Vielen Dank, zu freundlich!", setze ich nach eine kurzen Pause selbstzufrieden hinzu, wechsele dabei zu einem verschmitzten Grinsen und nehme Platz.

 

Heute kann mir nichts und niemand die Stimmung verhageln. Seit gestern befinde ich mich in einer seltenen Hochstimmung. Ich weiß, dass das nicht lange anhalten wird, aber ich genieße es und die Tide in meinem Inneren steht auf 'extreme Ebbe'.

Edited by Joran
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London
Freitag, 13.07.1928, ca. 19:50 Uhr - vor dem Büro von KILMISTER & STRATTON PRIVATE INVESTIGATOR.

Plötzlich kocht die Wut über Howard wieder hoch. Entweder ist Howard Ripley ein größerer, einfältigerer Trottel, als ich gedacht hätte. Oder ich bin ein noch größerer Narr, dass ich einfach jedes Mal aufs neue auf seine Prahlereien und Versprechen hereinfalle.

Es kann auch sein, dass dieser Blackwood mich auf eine falsche Fährte locken will, um seine eigenen Chancen zu erhöhen. Was auch immer es ist, ich stehe auf jeden Fall nicht all zu gut da.

Da Howard sich immer einen Spaß daraus macht mich nur mit Halbwissen zu versorgen, um dann zu sehen, wie ich improvisiere, ist dieses Erlebnis eigentlich genau das, was ich hätte erwarten müssen. Selbst als ich nachgefragt habe, worum es denn nun genau gehen soll bei diesem "Job", habe ich keine ernsthaften Informationen aus ihm heraus holen können.

Er hielt sich sehr bedeckt: "Das wird du schon herausfinden, mein Freund" und "Du wirst mir dankbar sein, dass ich dir dieses Engagement geangelt habe." mehr hat er nicht gesagt.

 

"Wie kannst du dir so sicher sein, dass die mich einstellen.", hatte ich ihn noch gefragt.

- "Vertraue deinem alten Freund, Howard Ripley, einfach. Ich habe hier einen guten Ruf in der Stadt, und du solltest nicht so skeptisch sein, sondern dankbar, dass ich meinen guten Namen mit dir teile."

 

"Nach allem, was ich bisher an Kosten und Mühen mit meinem "alten Freund Howard Ripley" hatte, sollte er dankbar sein, dass ich diese Spielchen noch mitmache."

Diese Hitze macht mich noch wahnsinnig.

Und diese Wut, ist mir doch eigentlich gar nicht zu eigen. Das bin nicht ich. Ich muss versuchen mich wieder zu fangen. "Penhew! Lord Peter Penhew!", mein Plan B.

 

Doch jetzt muss ich mich auf meine Aufgabe hier konzentrieren.

 

Anstatt nun gleich an die Tür zu klopfen und auszutesten, ob es wirklich keinen 20:00 Uhr Termin für heute gibt, werde ich diesen Mr. Blackwood noch kurz auf die Probe stellen. Vielleicht hilft es mir weiter, mit ihm ins Gespräch zu kommen.

 

"Angenehm Sie kennenzulernen, Mr. Blackwood. Sie sind dann wohl der neue Fotograf von Kilmister & Stratton, nehme ich an? War es schwer diese Anstellung zu erhalten? Ich habe gehört, dass diese Dektektei einen sehr guten Ruf genießt. Da war die Konkurrenz sicher groß." Ich reiche ihm die Hand zur Begrüßung.

 

Oha, das war ein voller Schuss ins Blaue. Ich kann nur hoffen, dass Mr. Blackwood mich nicht gleich durchschaut.

 

"So weit ich weiß, sucht die Detektei noch weitere Freiberufer. Es wird ja sicherlich mehr als einen Klienten bei Kilmister & Stratton geben. So dass es noch genug Arbeit für uns beiden geben wird. Ist Fotografie ihr einziges Fachgebiet, Mr. Blackwood?"

Jetzt sollte ich mich nicht noch weiter aus dem Fenster lehnen. Die Wärme lähmt meinen Geist... ich könnte aus dem Fenster fallen, wenn ich nicht aufpasse. 

Edited by Puklat
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“Ich weiss es nicht. Ich glaube aber, dass ich der einzige Bewerber auf die Stelle war. Fragen Sie am Besten einen der beiden Partner, wenn Sie sie sehen. Oder rufen Sie doch einfach hier mal an, wenn Sie einen Job wollen.“ Er holt einen Bleistift heraus und schreibt etwas an den Rand der Zeitung, reisst das Stück Papier ab und hält es Dir hin. “Hier bitte. Unter der Nummer können Sie uns erreichen.“

 

Dann schaut er auf seine Taschenuhr. “Es ist schon spät. Vermutlich hatten die Herren etwas wichtiges zu tun, dass sie mich versetzt haben.“

 

Er steht auf und faltet die Zeitung zusammen. “Ich muss los. Einen schönen Abend noch, Herr Eklund. Und viel Erfolg bei der Job-Suche. Vielleicht sieht man sich ja. Irgendwo.“ Dann geht Blackwood die Treppe herunter und nach einer Weile hörst Du das Öffnen und Schliessen der Eingangstür.

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Seane's Coffee

Park Square West 52 / nähe Regent's Park

 

“Ich habe gehört, dass Sie längere Zeit in Afrika verbracht haben. Interessante Gegend, nicht wahr? So ungezähmt und wild. Fast undurchdringlich.“ Der Mann, der sich Stratton nennt, fährt sich mit der Hand über sein glatt-rasiertes Kinn. “Nannten die Kaffer Sie wohlmöglich *daktari ndevu lonjo?“

 

*kiswahili der Doktor mit dem langen Bart

Edited by Der Läuterer
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Nun bin ich ein wenig irritiert. Ist das einfach nur die weitverbreitete Überheblichkeit der Europäer, die sich als überlegene Rasse wähnt? Oder will mich Hartmut ganz gezielt provozieren? Soll das irgendeine Art von Test sein? Oder missbilligt er meinen Kontakt zu Matilde und will mir das auf diese Weise unmissverständlich zu verstehen geben?

 

Ich wähle meine Worte sehr bewusst, widersetze mich dem Namens-Spielchen und spreche sehr ruhig, als ich erwidere:

 

"Nun, Mr. Stürmer, Sie werden sich wundern: Auch die Afrikaner kennen Bärte und die Stammesältesten haben mitunter sehr stattliche. Das Problem ist, dass die Europäer - ob sie nun in Europa oder in Amerika oder in den Kolonien leben - die 'Kaffern' zumeist nicht so lange am Leben lassen, bis sie einen langen Bart tragen. Es widerspräche bedauerlicherweise den Wohlstandsinteressen der 'zivilisierten Welt', würde man den 'Kaffern' Arbeitsbedingungen gestatten, die ihnen ein entsprechend langes Leben gestatten würden.

 

Und nicht alle Teile Afrikas sind ungezähmt und wild. Afrika ist ein wundervoller Kontinent auf dem Sie zwischen dem Mittelmeer und dem Kap von Wüsten über Savannen mit endlosen Tierherden bis zu Urwäldern alle nur denkbaren Vegetationen und Tierarten finden. Es gibt dort wundervolle Bauwerke und Schriften, die viele tausend Jahre alt sind, aus Zeiten, als sich die Europäer in ihren Tierfellen kaum trauten, ihre Wälder zu verlassen.

 

Das Bild von Afrika, das hier überwiegend gezeichnet wird, hat mit der Realität dieses Kontinents leider nicht viel gemein. Wenn man bedenkt, dass von den gleichen Nationen seit Jahrzehnten die Kunstschätze dieses Kontinents geplündert werden, ist diese Geringschätzung ein geradezu absurder Umstand, nicht wahr?"

 

Mehr als die Tatsache, einen weiteren Menschen anzutreffen, der gegenüber den Afrikanern und ihren uralten Kulturen und Traditionen nicht den gebotenen Respekt aufzubringen vermag, trifft mich das Wissen, dass es die Freundschaft zu Matilde belasten könnte, wenn ich mit Hartmut keine gemeinsame Ebene finde. Aber ich habe erhebliche Zweifel, ob es mit diesem glattrasierten, selbstverliebten Pfau eine gemeinsame Ebene geben kann. Wir scheinen so unterschiedlich zu sein, wie es überhaupt nur denkbar wäre.

 

So wenige Worte und schon so ein Desaster ...

 

Matildes Bemerkungen über ihren Mann haben in meiner Phantasie ein völlig anderes Bild gezeichnet. Ich bin tief bestürzt. Wird dieser Mann Matilde den Halt geben, den sie braucht? Wird er sich wieder sich selbst überlassen? Wie wird sie das verkraften?

 

Aber es steht mir nicht zu, zu urteilen. Und ich kenne Stürmer nach einem kurzen Augenblick nicht gut genug, um mir wirklich eine Meinung bilden zu können.

 

Ich nehme mir vor, künftig höfliche Zurückhaltung zu wahren. Und ich werde Stürmer zunächst keine Geheimnisse anvertrauen. Wie sollte er mit so einer Einstellung zu den Afrikanern meine Geschichte überhaupt verstehen können? Nein, da ist keine Hilfe zu erwarten...

Edited by Joran
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London

Donnerstag,  13.07.1928, 14.20 Uhr. Bei "Seane's Coffee".

 

Ich zünde mir noch eine Zigarette, langsam. Ich schaue erst Hartmut, dann Clive.

 

Wieso musst Hartmut immer so aggressiv vorgehen?

Ich verstehe es nur so, dass er betonen musst, den Alpha Mann zu sein.

 

Wegen mir. Lächerlich. Er konnte Paul nicht leiden, aber Paul war noch aggressiver als er selbst. Ich habe den Angriff im Zug nicht vergessen.

 

Clive dagegen, ist ein wirklich netter Mann, ohne ihn htte ich Herm nicht überstanden.

 

Ich lasse meine Hand unter den Tisch gleiten, und drücke die von Hartmut leicht.

 

"Lass dich nicht von meinem Mann irritieren, er mag es ein wenig theatralisch sich vorzustellen" sage ich höflich. Ohne Spott.

"Es ist schön, dich wieder zu sehen. Ich bin froh, dass du hier bist"

 

Ich lächele ihn an, dann schaue Hartmut an.

 

"Habt ihr Lust auf etwas Kaffee? Ich bestelle uns noch etwas" Ich rufe dezent die Bedienung.

 

Dann wieder zu Clive.

 

"bitte, nennt ihn nicht mit seinem echten Namen. Wir haben viele Feinde, das weisst du doch" sage sanft. Ich schaue ihn ein wenig traurig an, das ganze Zirkus tut mir Leid, aber es musst sein.

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Ich bemerke Matildes Blick. Es tut mir leid, sie in einer solch unangenehme Situation zu sehen.

 

Die Vorsichtsmaßnahmen in diesem Café halte ich für ziemlich übertrieben. Wenn uns hier jemand belauscht, der mit dem Namen Stürmer etwas anzufangen weiß, verrate ich ihm auch nichts neues. Dann ist er Hans alias Hartmut ohnehin schon auf der Spur und beobachtet ihn. Auch glaube ich kaum, dass eine schlichte Namensänderung für die Kräfte, um die es mir geht, ein ernstzunehmendes Hindernis darstellen würde. Aber ich füge mich, zumal ich davon ausgehen, dass ohnehin auch Stürmer nicht der echte Name dieses aalglatten Mannes ist.

 

Nun, vielleicht wollte mir Hartmut auch nur demonstrieren, dass er ein paar Brocken Kiswahili spricht ... oder mehr? Möglicherweise weiß er über diese Sprache auch mehr als ich. In Ostafrika habe ich mich nicht lange aufgehalten. Meine Kenntnisse liegen mehr im Bereich der Bantu und Ki-Kongu-Dialekte. Kisuaheli gehört auch zur großen Gruppe der Bantu-Sprachen, ist mir aber nicht sehr vertraut.

 

An Hartmut gerichtet, aber mehr für Matilde bestimmt, sage ich:

 

"Entschuldigen Sie, Mr. Stratton, ich werde mich bessern. Es ist nur etwas schwierig den Überblick zu behalten..."

 

Dann wende ich mich wieder Matilde zu:

 

"Ich sehe, es geht Dir gut! Du hast Dich verändert ... Deine Frisur ist anders. Passt Du Dich den aktuellen Moden an? Auf meinem Cottage auf dem Land gehen solche Dinge gänzlich an mir vorüber. Dort sehe ich oft wochenlang niemanden mit Ausnahme des Postboten und meiner Wirtschafterin. ..."

 

Wir tauschen eine Weile weiter Belanglosigkeiten aus. Ich bemühe mich, jedes Thema zu vermeiden, das zu einer erneuten Konfrontation führen könnte. Und ich halte mich an den Namen Stratton. Aber immer wieder sucht mein Blick den Matildes. Und ich meine darin zu lesen, dass sie wie ich das Bedürfnis nach einem ernsthafteren Austausch hat. Aber auch sie hält sich an unverfängliche Oberflächlichkeit. Die Unterhaltung verliert auf Dauer ihre belastende Steifheit. Es wird phasenweise sogar nett.

 

Aber irgendwann halte ich es nicht mehr aus und frage unvermittelt:

 

"Noch immer nichts neues von Paul, nehme ich an? ... Es bleibt ein Rätsel wie er so einfach von Herm verschwinden konnte! ... So wie Paul selbst für mich auch ein Rätsel blieb ..."

 

Ich frage mich, ob Hartmut überhaupt versucht hat, Paul zu finden. Paul und Hartmut müssen Rivalen um die Gunst Matildes gewesen sein, so offen wie Paul seine Obsession für Matilde selbst mir gegenüber geäußert hat. Aber der selbstsichere Hartmut hat wahrscheinlich in Paul nie eine Bedrohung gesehen, hat ihn vermutlich nicht einmal ernst genommen. Es ist nicht zu übersehen, dass Hartmut sich selbst stets auf der Gewinnerseite sieht. Ein Leben auf der Überholspur, immer schneller und besser als die anderen um ihn herum... Dass er damit vermutlich auch noch recht hat, macht es so schwer erträglich. Solche Männer wie er begünstigt das Leben ... weil die Menschen auf diese Masche immer wieder hereinfallen und Männern wie ihm immer den Vortritt lassen.

Edited by Joran
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