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Mir wichtig OFF


Der Läuterer
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Ich glaube, es gibt hier kaum ein Thema, das zu mehr Verwirrung geführt hat und mehr Missverständnise verursacht hat, als das so genannte Godmodding. Es gibt wohl kein grösseres Reizthema...

 

Das war in meiner P&P Gruppe anfangs nicht anders.

Manche steigen drauf ein und fühlen sich dann frei.

Manche lehnen es ab, weil sie sich damit verloren fühlen.

 

Zuerst einmal: Diese Eigeninitiative ist weder gut noch schlecht. Es ist einfach nur eine andere Herangehensweise an das Spiel. So wie ich es spiele / spielen möchte, eröffnet es Euch Spielern einen neuen / anderen Zugang zum Spiel.

Man kann so etwas mit einem ausgearbeiteten Char-Hintergrund vergleichen, auf den der Spieler und der SL zurückgreifen können. Nur in diesem Fall kommt nicht alles auf einmal, geballt und kompakt vor dem Einstieg ins Spiel, sondern Stück für Stück während des Spiels.

 

Ich versuche es deshalb mal mit einem Bild:

Als SL habe ich bislang, seit Anbeginn meiner RPG-Zeit, immer für alles gesorgt.

Es ist wie eine grosse Feier, zu der ich eingeladen habe. Wenn Ihr eine Einladung bekommen habt und erscheint, dann ist bereits alles von mir vorbereitet worden...

Ein opulentes Menü wurde zubereitet und wartet duftend in der Küche darauf, aufgetischt und verspeist zu werden. Und ich hoffe immer, dass es allen auch schmecken wird.

Dies ist aber ungewiss, da die Erwartungen und Geschmäcker verschieden sind.

Wenn aber nun einem oder mehreren Gästen das Essen nicht schmeckt und sie murrend am Tisch sitzen oder gehen, dann kann ich den Rest des aufwendigen Menüs in die Tonne treten.

...

Wenn ich aber anstatt des opulenten Menüs, einen Büffet-Tisch aufstelle und einige Tabletts mit Kanapees, Häppchen, Fleischbällchen und Snacks bereitstelle und jeder Gast etwas zum Buffet beisteuert, indem er z.B. einen Salat mitbringt, dann isst jeder das, was ihm schmeckt.

Ich, als SL, kann mich dann bedienen wo und wie ich will. Wichtig ist dabei, dass ich WEISS, dass der eine Salat zumindest einem schmeckt, nämlich dem, der ihn zubereitet hat.

Vielleicht koste ich nur davon. Vielleicht esse ich mich daran aber auch satt...

 

 

Stellt Euch folgende Klischee-Spiel-Situation vor, die der SL ausführlich beschreibt.

 

Dein Char ist allein.

Nachts.

Eine schmale Gasse.

Menschenleer.

Fahler Mondschein.

Schritte sind zu hören.

Überall sind Schatten.

Eine vermummte Gestalt tritt hervor.

 

Spieler: "Ich ziehe meinen Revolver."

 

Wieder beschreibt der SL die Szenerie. Noch detaillierter.

 

Spieler: "Ich drücke mich an die Hauswand."

 

Spätestens jetzt hätte der Spieler die Eigeninitiative ergreifen und agieren können, statt passiv zu bleiben.

Bsp.: "Ich hebe den Gullydeckel und klettere in die Kanalisation." Ob an der Stelle wirklich ein Schacht ist, ist mir als SL völlig gleich. Aber die Aktion bringt das Spiel voran.

Bsp.: "Als ich in die Gasse einbog, sah ich eine alte Frau in das Haus hinter mir gegen. Ich gehe zurück, klopfe, trete ein und verschliesse die Tür hinter mir." Der Char hätte die Tür auch eintreten können. Aber hieraus kann sich etwas entwickeln... Das Spiel kann fliessen.

 

Versteht Ihr, was ich damit auszudrücken versuche?

 

 

Gleiches gilt aber auch für Wissensfertigkeiten.

Nehmen wir die Maske im Auktionshaus...

Ein Spieler mit Archäologie oder/und Ägyptologie würfelt für sich.

Hat der Spieler keinen Erfolg, ist er ahnungslos, und schreibt genau das.

Hat er Erfolg, googelt er etwas und postet z.B. einen Vergleich mit Tutenchamun's Totenmaske, oder er stellt Vermutungen an. Diese können stimmen, müssen es aber nicht. König Tut entstammte der 18. Dynastie. Die Silbermaske soll laut Autionshaus aus der 4. Dynastie stammen.

Was davon stimmt, macht für das Spiel aber kaum einen Unterschied. Beide könnten geirrt haben...

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Godmodding ist für mich nicht perse ein Reizthema.

 

Ich kann weder sagen, dass ich es mag oder nicht mag. Es kommt auf die Intensität des Einsatzes an.

 

 

Um bei Deinen Bildern zu bleiben:

 

Godmodding ist aus meiner Sicht lediglich ein Baustein im Regelkanon, also der einvernehmlichen Basis, was im Spiel erlaubt sein soll und was nicht. PnP-Rollenspiele ganz ohne Godmodding wird es vermutlich überhaupt nicht geben und nie gegeben haben. Wenn einer (der Spielleiter) seine Freunde (die Spieler) zu sich nach Hause zum Essen einlädt, bestimmt er in aller Regel, was es zum Essen gibt. Er bereitet eines oder mehrere Gerichte vor. Die Zutat Godmodding ist ein Gewürz, das von ihm einem Rezept hinzugefügt wird, je nach seinen Vorstellungen ein Quäntchen mehr oder weniger.

 

Was wäre das Essen ohne Salz? Aber man kann eine Speise auch versalzen, so dass sie ungenießbar wird. Und das Risiko von zuviel Salz steigt um so mehr, je mehr Leute an der Speise vorbeigehen und unabgestimmt mal einfach eine Prise nachsalzen.

 

Der Gullideckel ist eine Spur Salz für die Suppe, die dem Geschmack förderlich ist.

 

Ob und welches Wissen ein SC über den Schwarzen Pharao und Nyarlathotep hat durch den Spieler selbst entscheiden zu lassen, kann dazu führen, dass plötzlich zuviel Salz in der Suppe ist. Dann müssen unter Umständen mühsam erstellte Beiträge ggf. erheblich editiert werden und verschwinden doch nicht aus den Köpfen. Durch die erforderlichen Recherchen nehme ich mir als Spieler ggf. selbst den Spaß an dem Abenteuer, weil ich Hintergründe nachlese, die die SCs erst noch erforschen sollen und die die Spieler gerne im Spiel ermitteln würden. Das Risiko von Diskussionen steigt (nach dem Motto: "aber im Malleus Monstrorum steht ..."). Was soll als Maßstab dienen, wenn jeder selbst die Hintergründe entwickelt? Du nimmst Dir als SL auch die Möglichkeit, eigene Deutungen und Konzepte zum Mythos zu entwickeln, weil die Spieler zunehmend auf die von ihnen hinzugezogenen Quellen vertrauen und darauf beharren.

 

Ich mag Godmodding sehr, dort wo es mir erlaubt, eigene Geschichten in das Geschehen als Randerscheinungen einzuflechten. Ich erzähle gerne. Ich versuche meine Charaktere immer möglichst tief auszugestalten und dazu gehört eine Geschichte und Entwicklung dieses Menschen. Die Handlungen und Reaktionen des Charakters, was ihn z.B. erregt oder erschreckt, sollen auch für die Mitspieler nach Möglichkeit verständlich werden. Wenn das Spiel mir dies ermöglicht, ohne dass ich damit andere nerve, dann ist das genau mein Ding!

 

Ich mag Godmodding auch, wenn die Atmosphäre durch für das Abenteuer eher unwichtige Randerscheinungen gefördert wird. Wir haben uns z.B. in der Vergangenheit bemüht, auch als Spieler unsere Umgebung zu beschreiben und Bilder einzubauen. Auch hier wurde dem SL ein Stück weit Arbeit abgenommen. Das hat mir gut gefallen.

 

Mir geht Godmodding persönlich zu weit, wenn durch die Eigeninitiative der Spieler der eigentliche Abenteuerplot zu erheblichen Teilen geschaffen werden soll. Ich bin zwar auch absolut kein Freund von sehr linearen Abenteuern. Aber ich suche in einem Abenteuer immer nach einer Aufgabe, einem feststehenden Hintergrund und der Entwicklung einer Lösungsmöglichkeit. Ob die Lösung gelingt oder nicht, ist nicht so wichtig, wenn ich aber überhaupt keine Ahnung habe, wo es hingehen könnte, bin ich lustlos und frustriert. Dann plätschern Abenteuer schnell nur so vor sich hin. Abenteuer entwickeln sich sowieso meist anders, als ursprünglich vom SL geplant (so jedenfalls meine Erfahrung), aber ein roter Faden muss doch irgendwie vorhanden bleiben.

 

Und den habe ich in den Nightmare Files am Schluss vergeblich gesucht. Immer dann, wenn ich im Spiel den Eindruck hatte, nun endlich einen Anknüpfungspunkt gefunden zu haben (Durchsuchung der Ärztezimmer, Verfolgung von Amanda etc.) war es spannend. Immer dann wenn ich absolut ratlos war, fehlten auch die Spannung.

 

Kennst Du das Amigo-Spiel "Es war einmal..." (http://www.amazon.de/Amigo-Spiel-Freizeit-7700-einmal/dp/B00006YYXL/ref=sr_1_3?ie=UTF8&qid=1448117886&sr=8-3&keywords=spiel+es+war+einmal)? Von der Grundidee her nett: Die Spieler entwickeln gemeinsam eine Geschichte. Man kann eigentlich nicht gewinnen oder verlieren. Trotz der ansich sympathischen Grundidee wurde das Spiel nach meiner Erfahrung sehr leicht langweilig und fand in meinen Spielrunden wenig Freunde. Dem Spiel fehlen alle Elemente, die üblicherweise Triebfeder bei gesellschaftsspielen sind (gewinnen wollen, den anderen ärgern wollen, über das Missgeschick der anderen lachen wollen, die beste Strategie entwickeln wollen, persönliche Etappenziele erreichen wollen etc.).

 

Zusammengefasst: Ich erzähle gerne, das lässt sich nicht verbergen. Aber ich suche als Spieler auch Spannung. Und nach meiner Überzeugung kann es einen Spannungsbogen in einem Abenteuer nur geben, wenn ein Grundkonzept entwickelt ist, in dem sich die Spieler bewegen. Es muss einen roten Faden geben, entlang dessen die Spieler sich im Grundsatz bewegen, auch wenn sie ihn zwischendurch mal aus den Augen verlieren. Und immer dann, wenn von den Spielern Godmodding nicht kommt, muss der SL meines Erachtens sofort präsent sein und eine eigene Alternative hierzu bieten können, um das Spiel im Fluss zu halten.

 

 

Auf Fertigkeiten bezogen stelle ich Deiner These eine Gegenthese gegenüber:

 

Ein Fertigkeitensystem macht nur Sinn, wenn ein Spieler auch die Fertigkeiten erproben, also auf sie würfeln kann, und dann von SL ein Feedback erhält. Es macht auch nur Sinn, wenn bestimmte Tätigkeiten bei bestimmten Fertigkeitswerten keine Probe mehr erfordern oder wenn es bei der Probe dann nur noch darum geht, wie gut der SC in diesem Moment ist.

 

Bei Wissenskills nimmt insoweit das Mythoswissen noch einmal eine Sonderstellung ein, auf die Dein Beispiel zur Archäologie nur begrenzt übertragbar ist.

 

Ein sehr hoher Mythoswert ist meines Erachtens nicht denkbar, wenn der SC nicht von der Existenz von Großen Alten und Dienerwesen Kenntnis hat und wenigstens ein paar Namen und Zusammenhänge kennt. Wenn das nicht gewollt ist, muss der Wert des Mythoswissen begrenzt werden.

 

Wenn ein SC Astronomie 50 % hat und dann eine Probe ablegen muss, ob er den Großen Wagen am Himmelszelt findet, ist das Unsinn. Wenn der Spieler selbst entscheiden soll, ob der SC im Handumdrehen die Entfernung eines beliebigen Sterns zum Sonnensystem oder die Geschwindigkeit, mit der sich ein Asteroid auf die Erde zu bewegt, ermitteln und berechnen kann, ist das ebenfalls Unsinn. Bestimmte Entscheidungen müssen bei SL verbleiben, gleichgültig ob er sagt:

- Das kann Dein SC mit diesem Fertigkeitswert spielend, ohne Probe!

- Mach eine einfache Probe auf die Feritgkeit ...!

- Versuche eine erschwerte Probe auf ...!

- Das ist mit den Deinem SC zur Verfügung stehenden Mitteln und Kenntnissen des Jahre 1930 unmöglich! Du musst Dir etwas anderes überlegen.

 

Demgegenüber im Nachhinein zu hören, alles was man mit Godmodding herausgefunden zu haben meint, sei leider falsch gewesen, kann nur frustrieren. Dann ist die Höhe des Wertes einer Fertigkeit auch völlig unbedeutend, weil sie im Ergebnis keine Auswirkungen auf die Wahrscheinlichkeit hat, über zutreffende Kenntnisse zu verfügen.

 

Auf einen Kampf übertragen: Soll ich als Spieler entscheiden, ob mein Schuss den Gegner getroffen hat, ob der Schuss mitten in die Stirn getroffen hat und mit welchem Ergebnis? Auch dort sagst Du, dass der Spieler nichts Finales entscheiden darf. Die Kenntnis oder Unkenntnis von Nyarlathotep ist jedoch eine finale Entscheidung im Rahmen eines Wissensskills!

 

Und was Dein Beispiel mit dem Ausgearbeiteten Char-Hintergrund betrifft: Damit Du auf einen solchen Hintergrund als SL zurückgreifen kannst, musst Du vom Spieler Angaben hierzu erhalten. Umgekehrt kennen die Spieler aber eben nicht die Hintergründe des Abenteuers, wenn und soweit Du ihnen keine konkreten Hinweise z.B. im Rahmen von Fertigkeitsproben oder aufgrund des schlichten Fertigkeitswertes erteilst. In beiden Fällen muss das Gegenüber informiert werden, wenn es darauf zurückgreifen können soll. 

 

 

Was mir persönlich also zum Thema Godmodding wichtig wäre:

 

Godmodding sollte dort möglich sein, wo es der Atmosphäre förderlich ist und die Geschehnisse ausschmückt. Also wenn es z.B. um die Interaktionen der SCs untereinander, um die Darstellung des eigenen SC oder um die Beschreibung der Landschaft etc. geht.

 

Godmodding kann dort möglich sein, wo die Spieler eigene Initiative ergreifen und Dir das gefällt.

 

Godmodding darf dort nicht für den Fortgang des Abenteuers erforderlich sein, wo die Spieler es nicht aus eigenem Anstoß einbringen. Spätestens dann muss ein neuer Anreiz von Seiten des SL kommen.

 

Godmodding darf nicht zum Kern des Abenteuers werden, sondern muss ein Stilmittel neben anderen (insbesondere der Lenkung durch den SL) bleiben. D.h. ein Abenteuer muss immer notfalls auch ganz ohne Godmodding auskommen können, auch wenn das nicht das Wunschziel ist.

Edited by Joran
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Nehmen wir die Wissensfertigkeiten (Mythos aussen vor gelassen), dann ist dort doch jeder Wurf, den Ihr Spieler macht, ein Wissens-Erfolg. Würfelt der Spieler ≤ X%, dann weiss er, dass meine Info stimmt. Anderenfalls weiss er, dass er nichts weiss. Es heisst daher immer entweder oder, aber nie vielleicht. Es gibt kein grau, nur weiss und schwarz.

 

Wenn ich bei so etwas immer selbst würfeln würde, könnte ich den Spieler bei > X% aber noch mit Fehlinfos füttern. In diesem Fall wären diese Fertigkeiten für Euch obsolet. Ihr dürfet sie nicht anwenden, denn es geht ja um Infos für Euch.

 

Wenn Ihr Spieler Eure Wissensfertigkeiten selbst würfelt und dann auswertet (nicht immer natürlich), dann gibt DIESER Spieler sein eigenes Wissen an die anderen Spieler weiter. Und er kann sich dabei irren.

 

Einen kleinen Unterschied gibt es dann aber doch im Vergleich zur vom SL-ausgewürfelten Fertigkeit... Eine erfolgreiche Probe KANN fehlerhaft sein, muss es aber nicht sein. Das ist dann aber wie auch im richtigen Leben. Es gibt Dinge, von denen ich genau weiss, dass ich davon kaum oder keine Ahnung habe.

Dann gibt es da noch mein gesundes Halbwissen, von dem ich immer denke, dass ich dort zumeist richtig liege, obwohl ich mich auch schon mal irre. Das wäre dann so ein Fall.

 

Ich hoffe, dass ich mich verständlich ausgedrückt habe.

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Ich verstehe Dein Problem, aber ich sehe das anders.

 

 

Bei Deinem Lösungsvorschlag gibt es kein Schwarz oder Weiß mehr, sondern nur noch Grau.

 

An die Stelle der absoluten Gewissheit tritt eine absolute Ungewissheit. Das finde ich persönlich nicht besser.

 

Egal was wir schreiben, egal was der SC für einen Fertigkeitenwert hat, ob die von uns eingebrachten Informationen richtig sind bliebe völlig offen. (Überspitzt: Ist das da oben am Nachthimmel der Große Wagen? Normal würde ich sagen ja, aber hier...)

 

Selbst wenn der Spieler die Informationen zutreffend recherchiert und diese im Godmodding eingebracht hätte, könnte er sich nicht auf ihre Richtigkeit verlassen, denn sonst hätten wir ja wieder eine Gewissheit (nur Schwarz und Weiß), die Du nicht willst: An die Stelle des Würfelwurfs träte lediglich das zutreffende Rechercheergebnis des Spielers. Willst Du diese Gewissheit ausschließen, musst Du auch zutreffende Informationen, die der Spieler im Wege des Godmodding einbringt ggf. als falsch deklarieren. (Überspitzt: Der Spieler sagt aufgrund seiner mathematischen Fertigkeit: 2+2=4; der Spielleiter sagt: Das stimmt zwar grundsätzlich, aber damit Ihr Euch im Allgemeinen nicht zu sicher seid, habe ich das hier einmal auf 5 geändert.)

 

Wir spielen dann auch immer mehr uns selbst anstelle des Charakters, weil es nicht mehr auf die Kenntnisse des SCs, sondern auf die der Spieler ankommt. Was ich bei sozialen Fertigkeiten (Überreden, Überzeugen, Beeindrucken, Verführen etc.) im Interesse der Überzeugungskraft des Spiels noch verstehen kann, halte ich bei Wissensfertigkeiten für unnötig.

 

 

Wenn wir überhaupt noch auf Fertigkeiten würfeln wollen, aber das Ergebnis im Godmodding selbst mitteilen, würde dies bedeuten, dass wir das Würfelergebnis vor den Mitspielern geheim halten und bei einem Fehlschlag einen Post absetzen, in dem wir den anderen nur Quark erzählen. Wer hat dazu Lust?

 

 

Wenn Du also nicht willst, dass wir aufgrund des Wurfs eine Gewissheit erlangen, geht das meines Erachtens nur so, dass Du verdeckt wirfst und uns dann mitteilst, was der jeweilige Charakter denkt (falsch oder richtig). Dann hat die Höhe des Fertigkeitswertes wenigstens noch Bedeutung. Das würde ich Deinem Vorschlag auf jeden Fall vorziehen.

 

 

Aber ist es tatsächlich so schlimm, wenn der Spieler weiß, ob er eine Fertigkeitsprobe geschafft hat?

 

Bei körperlichen Fertigkeiten ist das ohnehin in aller Regel so.

 

Bei Wissensfertigkeiten bedeutet ein misslungener Wurf in der Regel nicht, dass der SC irgendetwas zu wissen meint, sondern sehr oft, dass er einfach über keine Informationen zu dem Thema verfügt.

 

Bei einem gelungenen Wurf habe ich die Erwartung als Spieler, dass die vom SL daraufhin mitgeteilten Informationen eine höhere Gewähr auf Richtigkeit haben. Gegebenenfalls weiß der SC aufgrund des gelungenen Wurfs auch, dass ein Teil der Informationen noch ungesichert ist und kann die Unrichtigkeit als Möglichkeit einplanen. Es gibt auch dann nicht nur Schwarz und Weiß.

 

Auch bei einem misslungenen Wurf hat der SL die Möglichkeit, Informationen zu geben, die sich zu einem größeren Teil als ungenau, als missverständlich oder als unsicher erweisen. Das bedeutet nicht, dass alles falsch ist. Auch hier gibt es dann nicht nur Schwarz und Weiß.

 

Schließlich sollte jeder Spieler zwischen Spieler- und Charakterwissen trennen können.

 

 

Ich habe es schon bedauert, dass Du das Attribut Bildung gestrichen hast. Ich halte Wissenfertigkeiten in der von Dir vorgeschlagenen Kombination mit Godmodding für unspielbar oder jedenfalls nicht mehr sinnvoll ausspielbar. Aber wenn das der Weg sein soll, werde ich mich dem nicht verschließen.

 

Allerdings frage ich mich, ob wir auf ein gänzlich narratives System hinsteuern. Ich habe nichts gegen storytelling, aber Beliebigkeit bereitet mir Schwierigkeiten.

Edited by Joran
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Ich verstehe Deinen Standpunkt und kann Deine Überlegungen gut nachvollziehen. Und ich teile Deine Ansichten grösstenteils sogar. Das Spiel darf weder beliebig noch willkürlich sein/werden. Das wäre fatal.
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  • 1 month later...

Ich habe gerade über meine Vorliebe für Zeitungsartikel nachgedacht.

 

Es gibt in den Szenarien, die ich kenne, eigentlich keine Zeitungsartikel, die sich mit dem aktuellen Tagesgeschehen beschäftigen, also mit den Aktionen der letzten Tage.

Das finde ich eigentlich unglaublich. Da gibt es keinen Reporter, der sich darüber freut, heftige Schlagzeilen zu produzieren, die wie ein Lauffeuer um die Welt gehen, um dadurch berühmt zu werden.

Es interessiert auch anscheinend niemanden, wenn die Welt kurz vor dem Abgrund steht und dann doch noch gerettet wird. Unglaubliches, Mythos-lastiges geschieht, oder die Chars oder die Kultisten begehen ein Verbrechen und niemand nimmt davon Notiz. Kein Foto. Kein Interview. Keine Gerüchteküche. Nichts.

 

Das möchte ich in diesem Abenteuer ändern. Ich finde so etwas toll.

Wie seht Ihr das?

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Ich habe ja schon an anderer Stelle früher einmal gesagt, dass ich ein Anhänger einer eher subtilen Herangehensweise bei Cthulhu bin. Damit will ich sagen:

  • Ich mag detektivische Ansätze.
  • Ich habe als SL versucht, den historischen Kontext in die Abenteuer einzuflechten, früher (Ende 80er/Anfang 90er) vor allem mit Hilfe der 'Chronik'-Bände, was mir eine taggenaue Beisteuerung von Original-Zeitungsartikeln ermöglichte. So etwas mag ich sehr (vgl. etwa hier: http://www.foren.pegasus.de/foren/topic/25566-nightmare-bites-kap1-bühne-in-weiss/?p=449445). Wichtige Zeitungsartikel konnte man auf diese Weise mit solchen vermischen, die nur dazu dienten, den Spielern ein Gefühl für die Zeit zu vermitteln. Das historische Umfeld und die Zeitungsartikel dienten mir dazu, bei den Spielern das Gefühl eines historischen Kontextes aufzubauen. Mein Ziel: Je realer die Szenerie insgesamt wirkt, desto mehr heben sich die Horror-Elemente ab und um so weniger drastisch muss man diese auswählen. Und um so stärker heben sich z.B. auch die Traumlande ab. So war jedenfalls mein Eindruck.
  • Mittel wie Zeitungsartikel waren darum für mich sehr wichtig, zumal ich nur sehr wenig Mythoswesen und so gut wie keine Magie (ausschließlich auf der Seite des Bösen) eingebaut habe.
  • Zeitungsartikel, in denen berichtet wird, dass die Welt am Abgrund steht, gab es bei mir allerdings nie. Das wäre eher etwas für einen One-Shot, weil das eigentliche Grauen in Kampagnen bei mir nicht von der allgemeinen Weltöffentlichkeit wahrgenommen werden sollte, sondern sich im Verborgenen entwickelte. Ansonsten wäre der realistische Ansatz verloren gegangen. Damit würde das eigentliche Wesensmerkmal wegfallen, das mich an Cthulhu immer besonders gereizt hat.
  • Zeitungsartikel, die aus den Handlungen der Spieler resultierten, bezogen sich daher auf merkwürdige Vorfälle, Morde, (vermeintliche) Selbstmorde oder Rituale von Wahnsinnigen etc. Es ging dann also nur um die Folgen der Handlungen der Spieler, die von der Öffentlichkeit zwar wahrgenommen werden, jedoch ohne jedes Verständnis von den wahren Hintergründen, die zu dem im Zeitungsartikel dargestellten Geschehnis geführt haben, . 

Ich habe Zeitungsartikel daher immer mit einer ganz anderen Intention verwendet.

 

Dein Einsatz von Zeitungsartikeln gefällt mir unter den hier ganz anderen Prämissen (Magie, recht starke Präsenz des Mythos etc.) aber auch sehr gut. Und auf jeden Fall bedeutet er einiges an Arbeit für Dich. Man merkt, dass Dir das Verfassen der Artikel Spaß macht. Und das ist dann auch gut für das Spiel.

 

 

Edit:

Wenn Zeitungsartikel sich unmittelbar mit dem Szenario in Zusammenhang stehen, könnten Hinweise auf den Verfasser des jeweiligen Artikels eine sinnvolle Ergänzung sein. Die finden sich in Zeitungen ja in der Regel auch. Ich vermute in den 30ern konnte man auch schon feststellen, wer einen Artikel verfasst hat, kenne die englischen Sitten und Gebräuche von damals aber nicht. Möglicherweise wollen die SCs ja im Einzelfall einen Journalisten aufsuchen, um ihn zu lenken, zu bremsen oder nach seinen Quellen auszuquetschen...

Edited by Joran
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  • 2 months later...

Wir sollen in diesem Thread schreiben, was uns jedem ganz individuell wichtig ist. Was ich hier schreibe ist nur meine ganz persönliche Meinung.

 

Mir persönlich wäre es wichtig, dass das Abenteuer sich nicht unnötig langsam dahinschleppt.

 

Wir sind am 21.02.2016 vom Pub zum Krankenhaus aufgebrochen. Das sind nun über fünfeinhalb Wochen, davon gefühlt der größte Teil in der Eingangshalle des Krankenhauses. Ich weiß schon lange nichts mehr zu schreiben und halte mich - aus der Not geboren - krampfhaft an den gleichen Themen fest. Weder kann ich den Konflikt mit der Polizei auflösen, noch kann ich meine SCs selbst ins Gefängnis stecken. Meine letzten Beiträge waren letztendlich nur noch Lückenfüller, um überhaupt irgendetwas zu schreiben. Weil es mir noch schlechter erschiene, wenn überhaupt nichts geschrieben würde. Ich war schon arg in Versuchung, in meinem letzten Beitrag IT weiter zu gehen, hätte dann aber selbst die Grenzen von 'godmodding' gesprengt. Mir scheint, wir treten (unnötigerweise) auf der Stelle. Jedenfalls trete ich auf der Stelle.

 

Aus den Beiträgen der anderen Beteiligten in diesem und den dLG-Forum schließe ich, dass nicht Zeitmangel das eigentliche Problem ist. Das soll jetzt kein Vorwurf sein, nur eine Feststellung. Jeder darf seine Prioritäten selbstverständlich setzen wie er es mag. Ihr genauso wie ich.

 

Bei dem jetzigen Tempo wird es wohl noch Jahre dauern, bis wir uns dem Finale nähern. Und genau darin liegt mein Problem.

 

Das ist weder der Spannung zuträglich, noch entspricht es meiner Vorstellung. Bei meiner Entscheidung hier mitzuspielen, bin ich von einer anderen Prämisse ausgegangen. Das war vermutlich mein Fehler. Während des laufenden Abenteuers hat der zeitliche Aspekt für mich persönlich an Bedeutung gewonnen. Für mich ist derzeit das Tempo und hieraus folgernd ein überschaubarer Zeitraum, in dem wir das Abenteuer vernünftig durchspielen und zu einem Abschluss bringen, ein maßgeblicher Faktor. Ich rede hier nicht über Tage oder Wochen, aber doch über eine überschaubare Anzahl von Monaten.

 

Ich bleibe auch dann noch eine Weile dabei, wenn wir in der jetzigen Form weiterspielen und meine SCs jetzt nicht sowieso "kraft höherer Gewalt" aus dem Abenteuer ausscheiden, aber das Ende des Abenteuers werde ich bei diesem Tempo vermutlich nicht mehr miterleben ...

 

Ich will hier keinen unter Druck setzen oder etwas diktieren, ich will nur verhindern, dass es künftig zu Verärgerung führt, wenn ich entgegen meiner bisherigen Aussage im laufenden Abenteuer aussteige. Das bitte ich mir dann nachzusehen. Ernsthaftes Bemühen, das Abenteuer durchzuspielen, kann man mir nicht absprechen, denke ich.

 

Alles kann so bleiben wie bisher, wenn es sich nicht anders einrichten lässt. Nur gehe ich irgendwann ... aus Gründen die nichts mit dem Abenteuer zu tun haben. Das hier ist eine sehr zeitige Ankündigung, um Frust oder Ärger vorzubeugen. So kann jeder sich darauf einstellen.

Edited by Joran
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Gebe Dir in jeder Hinsicht völlig Recht, Joran. Die Verzögerungen der letzten Wochen gehen auf meine Kappe. Voll und ganz.

 

Ich bin gerade manchmal nicht so bei der Sache, wie Ihr es von mir gewohnt seid.

Momentaner beruflicher Stress und damit verbundenes Abgespanntsein kommen hinzu.

Ich war aber dennoch nicht untätig und habe an einer Reihe von Handouts gearbeitet.

 

Werde aber versuchen, mich mehr am Riemen zu reissen, damit wir besser weiter kommen.

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  • 2 weeks later...

Zum Abenteuer:
Mal schauen, in welche Richtung sich das alles bei Euch bewegen wird. Sehr wahrscheinlich werden bei Euch wieder einige Fragen offen bleiben.
Aber weshalb muss eigentlich auch immer alles aufgeklärt werden? Manche Fragen bleiben besser die Antworten schuldig und bleiben somit ungeklärt und mysteriös.
Würde es irgendetwas besser machen wenn Ihr als Spieler es wüsstet? Ich glaube nicht.
Aber vielleicht bekommt Ihr die Zusammenhänge ja noch heraus.

 

Das ist eigentlich ein Thema, das einen eigenen Thread verdienen würde (aber nicht hier). Daher hier nur ein paar Gedanken von mir dazu, die abstrakt gemeint sind. Trotz der vereinzelt aufgeführten Beispiele zu Erklärungszwecken, sind die nachfolgenden Überlegungen bitte nicht als Kritik der aktuellen Situation zu werten, sondern als grundsätzliche Erwägungen:

 

Ich glaube bei der Frage "ob alles erklärt werden muss" spielen zwei Aspekte eine Rolle:

- einerseits die Frage des Geschmacks

- andererseits aber auch die Frage des Blickwinkels

 

 

1) Zur Frage des Geschmacks

 

Vermutlich gibt es Menschen, denen die Lösung eines Rätsels, das Bestehen eines Abenteuers im Rollenspiel gleichgültig sind.

 

Ich bin keiner davon. Wer mit mir Sandbox spielen will, geht als SL das Risiko ein, am Schluss vor einem frustrierten unzufriedenen Spieler zu sitzen, wenn alles "im Sande verläuft".

 

Das bedeutet nicht, dass ich zwingend den Gegner besiegen oder dass mein SC überleben müsste.

 

Aber ich möchte das Schicksal meines Charakters wenigsten beeinflussen und "das Beste aus der Situation machen" können. Wenn das Ergebnis feststeht, bevor ich zu spielen begonnen habe, brauche ich nicht rollenspielen, sondern kann genausogut ein Buch lesen. Genaugenommen wäre das die schlimmste Form des Railroading, oder?

 

Ich mag es, bei der Lösung eines Problems gefordert zu werden. Das gilt für den großen Zusammenhang ebenso wie für Details. (Ein SL hat uns früher z.B. mal Handouts mit seiner Meinung nach nicht lesbaren Runentexten gegeben. Die hatte er jedoch erstellt, indem er lediglich den Text in einen anderen Zeichensatz formatiert hat, was ich nicht wusste. Nach wenigen Minunten präsentierte ich ihm die Lösung:

- schlichtes Auszählen der Runen und die Unterstellung, dass es sich bei den häufigsten Runen um Vokale handelt

- dann die Annahme, dass bestimmte dreibuchstabige Worte Artikel, Frageworte etc. (der, die, das, ein, wer, wie) seien

haben mir schnell die ersten Ansätze gegeben. Je mehr Runen man durch Buchstaben ersetzen konnte, um so schneller ging es. Das Abenteuer fand ein etwas vorschnelles Ende. :) )

 

Ich mag es nicht vor ein Rätsel gesetzt zu werden, das in Wahrheit überhaupt keine Lösung hat oder bei dem mir die notwendigen Werkzeuge bewusst vorenthalten werden, die ich für die Lösung zwingend benötigen würde.

 

Wenn ich nicht herausgefordert werden, wenn ich keine Spur habe, der ich folgen kann, stellt sich bei mir (nicht immer aber doch leicht) Langeweile ein (Gegenbeispiel: Gefrohrene Tränen-Thread).

 

Zu viel Freiheit lässt das Abenteuer vor sich hindümpeln. Aus meiner Sicht ist es die zentrale Aufgabe des SL, das Abenteuer in Schwung zu halten und die Spieler (wohlgemerkt: nicht die SCs!) bei Laune zu halten. Ein Freund von mir bekam einmal (nicht von mir) den zweifelhaften Titel "Soap Opera-Master" verliehen, der ihm eigentlich bis heute anhaftet; eine Folge zu vieler belangloser, improvisierter Plots ohne nennenswerte Struktur. Vielleicht war er ja ein Vordenker was moderne Spielkonzepte angeht ... aber eben nicht für jeden. Ein Teil der Spieler hat den Spaß verloren und die Runde verlassen.

 

Ein Rollenspiel ist für mich immer noch ein SPIEL. Der Sinn eines Spiels ist aber, dass man sich einer Herausforderung stellt und alle Beteiligten Spaß haben. Nicht jeder kann gewinnen, aber auch als Verlierer muss es Spaß machen. Niemand verliert lieber als zu gewinnen, aber man kann trotzdem Spaß am Spiel haben, z.B.

- weil man die Ambition hat, seine Strategie zu verbessern,

- weil man über unerwartete Wendungen (Würfelpech etc.) selbst als Spieler lachen kann,

- weil einem die Rolle des Verlierers gefällt und man ihr Ausleben als Erfolg definiert,

- weil der Erfolg nicht im Überleben, sondern im Enträtseln liegt etc.

 

Ich bin und bleibe eben ein Freizeitrollenspieler.

 

Keinen Spaß macht es mir, im Spiel zu scheitern und als Spieler nicht einmal zu wissen warum. Keinen Spaß macht es mir, wenn ich das Gefühl habe, egal wie sehr ich mich reinhänge, es kommt eh alles auf's selbe raus. Keinen Spaß habe ich, wenn mir die Abläufe willkürlich und vorgegeben erscheinen. Warum sollte ich mich engagieren und ins Zeug legen, wenn es ohnehin nichts ändert?

 

Und das bringt mich zum zweiten Aspekt:

 

 

2) Zur Frage der Blickwinkels

 

Aus eigener leidvoller Erfahrung meine ich sagen zu können: Als SL verliert man mitunter ein Gefühl für die Perspektive der Spieler.

 

Was man sich als SL schön zurecht gelegt hat, kommt bei den Spielern oft vollkommen anders an.

 

Ich habe den Eindruck, dass das bei mir selbst eine Weile so war. Ich habe komplexe Geschichten entworfen und Spuren ausgelegt, Hinweise ausgestreut und den bei meinen Spielern damals leider nicht vorhandenen Detektiv bedient (also im Ergebnis prima Abenteuer für mich selbst als Spieler geschrieben). Selbst wenn ich mit dem Holzhammer agiert habe, kam aber leider bei meinen Spielern mitunter nichts an. Manchmal hatten die Spieler sogar die richtigen Ideen und haben die dann einfach nicht weiterverfolgt (über einen längeren Zeitraum hatten meine Spieler ein unglaubliches Talent dafür, den Schatz etc. am richtigen Ort zu vermuten, dann aber nicht dort nachzusehen, worauf ich sie natürlich schadenfroh hingewiesen habe, nachdem es zu spät war). Wenn die Spieler trotz aller Hinweis "mit dem Feind ins Bett gestiegen sind" habe ich sie irgendwann eben vor die Wand laufen lassen. Aber was hat es genutzt? Frust bei den Spielern und im Ergebnis auch Unzufriedenheit bei mir. Im Nachhinein würde ich sagen: Das war mein Fehler! Man muss die Spieler, die man hat, so nehmen wie sie sind und bedienen ... oder sich andere Spieler suchen, wenn einem das keinen Spaß macht.

 

Vom Spielerstandpunkt aus gesehen hat man - glaube ich - oft einen ganz anderen Eindruck als der SL von der gleichen Situation:

 

Wenn die Spieler nichts verstehen und daher nicht mehr wissen, wie sie überhaupt agieren sollen, bedeutet das Ratlosigkeit und die führt im Zweifel zu Frustration. Daran ist zunächst einmal nichts mysteriös und schon garnicht gruselig.

Beispiele:

Die toten Tiere auf Herm waren mysteriös, ebenso das Verschwinden der Menschen, die zwei Münzen und Amanda.

Die Ratlosigkeit hinsichtlich der Entscheidung, den Spruch anzuwenden oder nicht, war einfach nur frustrierend, ebenso die fehlende Möglichkeit für Clive, einzugreifen.

 

Der Umstand, dass die Spieler etwas nicht verstehen, reicht alleine noch nicht aus, um etwas "mysteriös" wirken zu lassen oder Grusel auszulösen, aber "mysteriös" ist immerhin eine Teilmenge von "unerklärlich".

Beispiel:

Das Verhalten der Polizisten wirkte auf mich zunächst willkürlich, irrational und frustrierend und zwar genau so lange, wie ich es als eine vermeintliche (mich nicht überzeugende) "Normalität" bewertet habe. Ich hatte den Eindruck, dafür abgestraft zu werden, dass ich die Polizei hinzugezogen hatte, möglicherweise weil Du das für eine zu einfache Lösung durch Verschiebung des Problems von den SCs auf NSCs hieltest. Wäre das Verhalten für Polizisten "normal" gegenüber Iren, dann hätte Clive das eigentlich wissen müssen und ich hätte mir einen Hinweis ("Hey, Clive ist Ire, die Polizei zu rufen ist keine gute Idee!") gewünscht. Ich hatte überhaupt nicht das Gefühl, die Situation sei "mysteriös", sondern ich würde abgestraft für ein rational vernünftiges Verhalten des SCs, das nicht in Dein Konzept passt oder nicht Deiner Vorstellung entspricht. Ähnliches gilt für die Einbindung eines Rechtsanwalts, was Dir nach meinem Eindruck wohl auch nicht gefällt (Du hast ja mal eingeworfen, das sei so eine neumodische Sache; Folge: Cainnech wird nicht weiter betrachtet, schade eigentlich, wenn man godmodding ernst nimmt, oder?).

ABER: Das absolut gleiche Verhalten der Polizisten wurde in dem Moment für mich "mysteriös" und zu einem absolut positiven Spannungsmoment, als ich mir meine Theorie bastelte, warum die Polizisten sich so verhielten, das Verhalten also nicht mehr als eine "alltägliche Willkür" akzeptierte. Hätte ich von Anfang an also den Eindruck gehabt, das diesbezüglich etwas ganz und garnicht mit rechten Dingen zugeht (oder auf meine Frage im OFF, ob das normal sei, ein "äh, eher nicht" als Antwort erhalten), also "mysteriös" ist, wäre Frust überhaupt nicht erst aufgekommen.

 

Das Problem scheint mir oft zu sein: der Spielleiter denkt, etwas ist mysteriös ... der Spieler denkt hingegen, dass der Spielleiter ihn gerade "vera...." und fühlt sich allen eigenen Mühen zum Trotz willkürlich vorgeführt.

 

Es ist zwar wohl schon in der Literatur Lovecrafts verwurzelt, dass es nicht auf alles eine Antwort gibt und der Protagonist gegebenenfalls untergeht, ohne begriffen zu haben, was genau vor sich geht, weil der Verstand überhaupt nicht in der Lage ist, die tatsächliche Dimension des Grauens zu erfassen. Der Betrachter als Leser erhält jedoch eine Ahnung von den Geschehnissen und wird nicht gänzlich ratlos zurückgelassen.

 

Ratlosigkeit der Spieler alleine reicht m.E. nicht, denn die kann genausogut auf einem großen "Mysterium" beruhen wie auf einer Konzeptlosigkeit des SL. Der Spieler kann die beiden Möglichkeiten nicht ohne Hilfe des Spielleiters unterscheiden, wenn er einfach nur ratlos gelassen wird.

 

Mit Godmodding ist es ganz ähnlich: Godmodding ist schön und gut, ich lebe das ja auch schon mal aus, aber es darf meines Erachtens den Plot nicht ersetzen, sondern ihn nur ergänzen und bereichern. Wird zu viel Godmodding vom Spieler erwartet, kann das beim Spieler zu dem Gefühl führen, dass es überhaupt nicht mehr darauf ankommt, was er tut, weil es (scheinbar oder tatsächlich) überhaupt keinen Plot gibt, in dem man spielt. Dann kann der Spielleiter jede Entscheidung bzw. Handlung des Spielers ins Negative wenden, egal was man macht, es ist falsch, weil der Plot erst im nachhinein geformt wird. Was bei einem festen Plot auch vom Spieler als eigener Misserfolg (zumindest im nachhinein) erkannt und als solcher akzeptiert wird, wirkt als "böswilliges ins Negative verkehren" durch den SL, wenn außerhalb eines nachvollziebaren Plots im luftleeren Raum agiert wird. Am besten handelt man unter diesem Eindruck als Spieler überhaupt nicht mehr, denn dann kann eigenes Handeln einem wenigstens nicht zum Nachteil ausgelegt werden.

 

Aus dem Blickwinkel des Spielleiters sieht ein solches Spielkonzept nach viel Freiheit und intensivere Einbindung der Spieler aus. Ist ja auch zum Teil richtig. Der Spieler fragt sich ab einem gewissen Grad aus seiner Perspektive aber vielleicht, ob das ganze Spiel überhaupt irgendwo hinführt und ob der Spielleiter sich vielleicht garnicht vorbereitet hat.

 

 

Meine Meinung zu Deiner Frage ist also in Kurzform:

 

Bei ganz allgemeiner Betrachtung:

Tendenziell ist es schlimm!

Man muss nicht die Natur eines konkreten Mythoswesens vollends begreifen, aber man sollte schon verstehen, gerade von einem zerquetscht worden zu sein.

Manche Fragen dürfen unbeantwortet bleiben, solange ich das Gefühl habe, dass es eine Antwort gab, die ich auch hätte finden können (wenn schon nicht mein SC, dann doch ich als Spieler).

Aber das sollte möglichst nicht zentrale Fragen des Abenteuers betreffen und es sollte nie einen Grad erreichen, der die Spieler handlungsunfähig macht, so dass ein progressives Spiel versiegt. Denn das progressive Vorankommen ist jedenfalls für mich ein zentrales Element von Rollenspiel.

 

Bezog auf unsere Forenrunde:

Die Frage ist schon falsch gestellt, weil wir eigentlich fast nie etwas von Bedeutung verstehen, jedenfalls solange ich dabei bin. Da gebe ich Nyre völlig recht.

Deine Forumlierung intendiert ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen verstandenen Zusammenhängen und ungeklärten Fragen, das sich tatsächlich gerade andersherum darstellt.

Ich möchte nicht sagen, das sei "schlimm", aber es macht das Spiel manchmal unnötig schwer und Du bekommst dann ja auch gelegentlich unseren Frust zu spüren. Dann muss man als Spieler schon an seiner Motivation arbeiten und Du als SL in der Folge auch. Das wäre vermeidbar, meine ich.

Ich bleibe bei meinen bereits früher wiederholt aufgestellten Thesen über gelegentliche Erfolgserlebnisse, Aufgreifen und Verstehen von Hintergründen etc.

 

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