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[Nightmare Bites] DER TAG ALS DER REGEN KAM


Der Läuterer
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Oh was für ein Arschloch!

Oh Hartmut, weißt du nicht auch, dass du aussiehst wie der vermeintliche Täter?

Da liegt doch dann sicher nur eine Verwechslung vor. War ich doch nachweislich mit Herrn Baxter und Matilde dort, die bezeugen könnten, dass sie mit mir gegangen sind, aber niemand weiß wo Hartmut Stratton zu der Zeit war.

Hast du nicht eh gedacht man wollte dir was anhängen, guter Hartmut?! Hatte dir das nicht sogar Sorge bereitet?

Bauernopfer sind oft nützlich, aber auch des Opferlamm kann schmerzhaft zu treten.

 

 

"Natürlich Mr. Stratton. Ich bin mir der Brisanz der Lage inzwischen sehr bewusst. Die Situation wird sich bewältigen lassen. Und schwedische Gardinen sehen in Schweden viel schöner aus. Glauben sie mir, heimische Gefühle kommen mir hinter Gittern sicher nicht."

 

"Wir", ich schaue Wentworth an, " werden wohl erstmal Matilde aufsuchen. Sie war mit uns vor Ort. Wenn sie meinen man würde ihnen hier etwas böses wollen und sie anschwärzen, dann könnte auch ihre Frau in Gefahr sein. Vielleicht hat sie ja auch schon einen Plan ihr Fundstück abzugeben. "

Edited by Puklat
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"Nun denn. Aber bevor ich hier und jetzt eine Entscheidung treffe, möchte ich aber noch die Einschätzung von Herrn Baxter bezüglich dieser ominöse Hand hören." Erwartungsvoll blickt Hans Wentworth an.
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"Mr. Stratton, ist es auszuschließen, dass ihr Auftraggeber heiße Ware akzeptieren würde?"

 

 

"Ich meine, der Kunde möchte annonym bleiben, richtig? Er möchte die Hand um fast jeden Preis ... 500 Pfund sind eine beachtliche Summe. Das klingt für mich so, als wäre er extrem stark an der Hand interessiert und würde vielleicht auch vor heißer Ware nicht zurückschrecken.

 

Jetzt könnten wir sie ihm ebenfalls annonym verschaffen und das zu einem günstigeren Preis - und damit meine ich, dass er keine 500 Pfund an das Auktionshaus, bezahlen muss, sondern weniger an und das an die Detektei."

Edited by Puklat
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"Auszuschliessen ist zuerst einmal gar nichts, Herr Eklund. Aber wir sind hier nicht in Chicago und die 20er sind leider auch vorbei."

 

"Ehrlich gesagt sind mir die geltende Gesetzesnormen schon immer leidlich egal gewesen. Ich fühle mich nur den eigenen Vorstellungen von Recht und Moral verpflichtet..." Kilmister seufzt unüberhörbar und Hans zieht beide Augenbrauen hoch.

 

"... Ich bin nicht illusionslos. Ich bin zynisch, skrupellos und neige zur Selbstjustiz..." Kilmister stöhnt und saugt die Luft hörbar zischend ein. "Oh Mann, lass es doch gut sein."

 

Hans grinst breit und aufreizend frech. "... aber ich habe meinen Ethos."

 

"Nicht, dass ich einen offenen Konflikt mit der Polizei scheuen würde..."

 

"... aber es würde dieses Büro erpressbar machen."

 

Kilmister stöhnt erneut. "Als ob Du Dich von irgendjemandem erpressen oder unter Druck setzen lassen würdest."

 

Diesmal atmet Hans tief durch. "Hör auf damit. Die Geschichte ist rum."

 

Hans schaut Dich scharf an. "Wenn Sie die Angelegenheit mit Höllsang also regeln wollen, Herr Eklund, dann nur zu. Er hat uns die Nummer vom Chelsea Hotel gegeben. Vermutlich ist er auch dort abgestiegen."

Edited by Der Läuterer
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Ich seufze und setze mich wieder auf den Stuhl. Einatmen, tief ein- und ausatmen. Ich bin es nicht gewohnt, derart lange und konfliktreiche Gespräche zu führen. Normalerweise wäre ich schon vor 10 Minuten gegangen oder hätte das, was ich wollte, schon.

 

"Ich habe die Hand nur kurz betrachten können. Die meiste Zeit war ich mit dem Tsantsa...verzeihen Sie, dem Schrumpfkopf...beschäftigt. Die Hand, die im Auktionshaus ausgestellt war, wirkte auf den ersten Blick klein und faltig, wie die eines Greises. Bei genauerer Betrachtungsweise wurde mir aber klar, dass es sich hier um die Hand eines Kindes handelt. Laut dem Hinweisschild an der Vitrine ist als Fundort "Tell Hamoukar" in Mesopotamien angegeben."

 

Eine Augenbraue hochziehend lasse ich den Blick schweifen. Nur teilweise sehe ich thematisch gefesselte Gesichter und beschließe daher, das Ganze etwas abzukürzen.

 

"Ich könnte Sie jetzt mit Fachausdrücken zuschmeißen, meine Herren, aber ich will versuchen, mich kurz zu fassen. Die Hand schien mir in einem bemerkenswert guten Zustand zu sein. Ich bin nicht dazu gekommen, die Mitarbeiter des Auktionshauses zu fragen, wie ihre Präparate geborgen wurden, aber mir will es fast so scheinen, als hätte sie jemand seit Jahrhunderten konserviert. Und damit meine ich kein simples Vergraben in tiefer kühler Erde oder Vereisung, nein - ich meine eine richtige, klinische Konservierung. Wenn mich die Pigmentierung der Hand nicht täuscht, war der Besitzer dieser Hand ein Albino."

 

Die Worte stehen im Raum, für einen Moment ist es still. Nur draußen erklingt irgendwo in der Ferne eine Glocke.

Niemand sagt etwas.

 

"Nun...ich fasse zusammen: Kinderhand, Albinismus, unerklärlich gute Konservierung - ich tippe hier auf das Relikt einer sehr hohen Führungsfigur der sumerischen Kultur. Ein kindlicher Herrscher vielleicht, oder ein Hohepriester. Was gäbe ich nicht dafür, diese Hand untersuchen zu können, um Ihnen noch mehr sagen zu können..."

 

Ich habe die Fingerspitzen aneinander gelegt und vor meiner Brust verschränkt. Mein Blick gleitet ins Leere.

Ich bin....an einem anderen Ort...

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"Herr Baxter..."

 

"Herr Baxter, Sie sind ein I..." Der Beginn von Hans' Antwort auf Deine Ausführung wird jäh von Kilmister's Niessen unterbrochen und übertönt. "Hahatschiiiiie! Ha... Ha... Sa... sags nichhht." Er schnieft. "Hahatschiiiiie!"

 

"Was ist? Ich wollte ihn nicht... Walter, was denkst Du denn von mir... Aber ich dachte kurz daran, ihn... Lassen wir das."

 

"Dann mach das Fenster wieder zu, wenn Dir kalt ist, Walter." Hans imitiert Deine Handhaltung.

 

"So. Sie scheinen mir ja ein recht intensiver Beobachter zu sein, der sich mit der Materie auszukennen scheint, Herr Baxter. Worauf beruhen Ihre Feststellungen, bzw. Schlussfolgerungen? Sie sehen Dinge, die anderen Menschen verborgen bleiben. Haben Sie derartige mumifizierte Dinge bereits zuvor schon einmal näher untersucht?"

 

Voller Gleichmut blickt Hans über seine Fingerspitzen hinweg zu Ove herüber. "Herr Eklund, holen Sie doch bitte Ihr Beutestück kurz heraus und lassen Sie Herrn Baxter bitte seine Untersuchungen abschliessen. Wäre das nicht sinnvoll? Sie werden sicherlich eine Überraschung erleben." Ein erwartungsvolles Lächeln huscht über Hans' Gesicht.

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Nimmt er mich ernst? Oder ist das Lächeln auf seinem Gesicht doch nicht eher süffisanter Natur?

 

"Ich habe jahrelange Erfahrung im Umgang mit dem menschlichen Körper - mit lebenden und mit toten Exemplaren. Ich habe frische Leichen seziert und jahrhunderte alte Körperteile studiert. Sie werden in London - wenn überhaupt - höchstens eine Handvoll Leute finden, die ähnlich fundiertes Wissen über Anatomie, Medizin und weitere Fachgebiete haben. Nun denn, dann zeigen Sie mal die Hand, Mr. Eklund."

 

Und nach einem kurzen Räuspern:

"Und ja, auch ich denke, dass wir Matilde einen Besuch abstatten sollten."

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Ove öffnet leise und behutsam die Schliessen seines kleinen Koffers, der neben seinem Stuhl steht, und in welchem er die sterblichen Überreste von unterschiedlichen Lebewesen aufbewahrt. Es ist seine Beute aus dem Auktionshaus. In Tücher gehüllt liegen dort drei der Ausstellungsstücke. Vorsichtig hebt er ein, in einen feinen Schal gewickeltes, Paket heraus und legt dieses auf den Tisch, während die Augen aller Gesprächsteilnehmer gebannt jeder seiner langsamen Bewegungen folgen.

 

Hans spricht als erster... "Das ist sie also... ES... Die #13 der Auktion, die unter Kusiosa und sonstiges gelistet wurde? Sie ist als eine SCHIMPANSEN-Hand etikettiert worden. Lassen Sie sehen, Herr Eklund." während Ove das Tuch entfaltet und die Hand den Blicken freigibt.

 

"Vielleicht zeigen Sie das gute Stück auch den beiden anderen... Matilde und Clive... dem Doktor... aus Irland... dem Iren."

 

Hans hebt die linke Augenbraue und schaut Wentworth an. "Interessant. Überaus bemerkenswert sogar."

 

Dann wendet er sich Ove zu. "Matilde wird indes enttäuscht sein." Ein Grinsen huscht über sein Gesicht. "Es ist nur 'La Main Gauche'."

 

"Aber, aber..." Kilmister erscheint leicht erregt. Doch Hans indes bleibt ruhig. "Lass gut sein, Walter... lass gut sein... Die Besten der Besten." Diesmal ist sein Lächeln breit und unverhohlen höhnisch.

 

Er erhebt sich. "Meine Herren. Vielen Dank. Begeben Sie sich jetzt am besten zu Matilde und besprechen Sie alles weitere mit ihr."

Edited by Der Läuterer
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Ich verstehe nicht, noch nicht, was Hartmut meint.

Warum sollte Matilde enttäucht sein? Was hat das mit der Hand zu tun? Warum ist Mr. Kilmister, Walter, so aufgebracht? Ich sollte Kilmister dies morgen mal fragen. Morgen, wenn dieser blonde Fatzke abgereist ist.

 

Ich verstaue die Fundstücke wieder feinsäuberlich und vorsichtig im Kamerakoffer.

 

Ich merke, dass Hartmut uns Druck machen möchte, aber ich sehe nicht ein mich hetzen zu lassen.

 

Ich ziehe mein Noitzbuch aus der Jackentasche und schreibe auf eine neue Seite:

"Pension Queen Street"

 

"R. Casement"

 

Dann klemme ich die Visitenkarte, die Hartmut mir gegeben hat zwischen die Seiten.

Kleiner füge ich noch hinzu:

"Hartmut?", "La Main Gauche" und "Dr. Clive"

 

Dann klappe ich das Büchlein zu, verstaue es sorgfältig in meiner Jackentasche.

 

"Jawohl Herr Stratton", sage ich. "Ich denke wir werden uns zeitnah auf den Weg machen. Manche Dinge dulden keinen Aufschub."

 

Als ich mir über meinen Mantel streife, vermeintlich um Falten aus dem Mantel zu drücken, taste ich nach meiner Waffe. Ich habe sie noch bei mir. Es gibt mir ein Gefühl der Sicherheit aber gleichzeitig ein Gefühl der Beunruhigung.

 

Ich werfe einen Blick zu Baxter.

 

"Würden Sie sich mit mir eine Taxe teilen? Zu Fuß ist es mir bei dem Wetter zu unsicher. Und gemeinsam sind die Kosten erträglicher."

 

Dann greife ich meine Koffer und gehe langsam aus dem Büro.

An der Tür angekommen, wende ich mich um und sage: "Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag, die Herren."

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"Sie haben ja so recht, Herr Eklund", schnarre ich, stehe auf und schäle mich dann schlangengleich wieder in meinen Mantel. "Nicht nur das Wetter ist derzeit äußerst...unsicher. Ein wenig Komfort würde mir nun gut tun. Ich lade Sie ein, mein Bester."

 

Den Blick habe ich dabei nicht von Mr. Stratton und Mr. Kilmister abgewandt.

 

"Meine Herren", sage ich und deute einen gezogenen Hut an. Ein merklich süffisantes Grinsen umspielt meine ansonsten starren Mundwinkel. "Dann wollen wir uns mal wieder an die Arbeit machen. Auf in die Queen Street."

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Wir verlassen die Detektei und gehen wortlos die Treppe hinab und treten auf die noch immer sehr glatten Straßen von London.

 

Als Baxter im Begriff ist einem Taxi zu signalisieren, dass wir mitgenommen werden möchten, räuspere ich mich unruhig. Ich schaue mich um und sehe keine Leute auf unserer Seite der Straße... zumindest niemanden, der uns belauschen könnte.

"Doktor Baxter, ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange... und unsere erste Begegnung stand unter keinem guten Stern... wahrlich nicht. Aber ich möchte Sie bitten mich zu unterstützen."

 

Ich mache eine kurze Pause und schaue unruhig noch mal um mich, als könnte Hartmut hinter mir stehen.

 

"Ich denke, dass Sie zwar kein Interesse an wortreichen Ausführungen habe, doch ich glaube ich schulde Ihnen etwas Ehrlichkeit. Ich kam heute hier her, damit ich die Fundstücke hier sicher verwahren kann, bis wir einen Weg gefunden haben sie einzusetzen oder loszuwerden. Doch ich halte es gerade nicht für Ratsam die Utensilien in der Obhut eines aufgebrachten Mr. Stratton zu lassen. Ich möchte diese Dinge gerne sicher verwahrt wissen und sie nicht mit mir herumschleppen. Doch außer den Schließfächern am Bahnhof, fällt mir keine Unterbringung ein. Und öffentliche Schließfächer sind mir zu unsicher. Wenn Sie eine Idee haben, wäre das hervorragend. Ich möchte diese Dinge loswerden, bevor wir in die Queen Street fahren."

 

Ich spare mir den Zusatz, dass ich den unwahrscheinlichen Fall, dass Hartmut mir dort eine Falle stellen will um den Verdacht von sich selbst abzulenken, nicht ausschließen mag. Dann mit Diebesgut in eine mögliche Falle zu tappen, wäre fatal.

Noch dieser eine Job und dann kündige ich. Ich habe mich für diesen Job genug anbrüllen lassen und ich habe ausreichend recherchiert um endlich mein Buch schreiben zu können... kein außergewöhnlich gutes Buch, aber ein solides Werk, könnte es werden.

 

Baxter gibt mir kein Zeichen, ob er eine Idee hat. Mir bleibt es sogar ein Rätsel, ob er mich überhaupt gehört hat.

 

Wir stehen noch ein paar Augenblicke an der Straße und beobachten den schleppenden Verkehr auf den glatten Straßen. Dann hebt Baxter den Arm und Wink ein Taxi herbei.

 

Wir steigen in das Taxi und ich warte ab, was Baxter sagt. Er weiß wo wir hin wollen, er hat auch gesagt, dass er mich auf die Fahrt einlädt, da wäre es unhöflich ihm das Recht der Richtungswahl zu nehmen. Die Worte "zum Bahnhof, bitte!" versuchen sich aus meinem Mund zu pressen, als sich die Zeit dehnt und immer mehr Zeit verstreicht. Gefühlt hat es lange gedauert, bis Baxter etwas sagt, doch der Taxifahrer lässt sich nichts anmerken. Vermutlich waren es nur ein paar Augenblicke, bis Baxter auf seine Frage "Wo soll es denn Hingehen, die Herren? Heute kann es allerdings länger dauern... sie sehen ja selbst wie glatt die Straßen sind." antwortet.

 

"Fahren Sie bitte zum Yard."

 

Ist der Mann verrückt? Will er mich jetzt ans Messer liefern? Ist das ein Spiel, zwischen Hartmut und ihm? Ist das alles abgesprochen?

 

Noch während mir diese Gedanken durch den Kopf schwirren, wendet sich Baxter mir zu und mustert mich einen Augenblick.

 

"Was schauen Sie mich so entsetzt an?", fragt er sichtlich überrascht und mit einer überzeugenden Unschuld in der Stimme.

 

Ich bin nicht in der Lage etwas zu sagen und starre offensichtlich weiter wortlos vor mich hin.

 

Eine Art Zucken geht durch Baxters Gesichtszüge, doch das nehme ich kaum wahr.

"Im Yard ist mein Büro.", erklärt er. Etwas leiser, so  dass der Fahrer ihn höchstens undeutlich hören kann fährt er fort: "Dort können Sie Ihr Gepäck abstellen."

 

Natürlich... da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Ich bin wohl noch immer geprägt von Hartmuts Wutausbruch und unterstelle allen anderen ebenso verrückt zu sein. Wieso bin ich bloß so unfair?

 

"Ja, gute Idee!", stammel ich.

 

Etliche Minuten später halten wir an und steigen aus.

Wuchtig wie eine Burg erhebt sich das Gebäude des New Scotland Yard vor uns. Baxter bezahlt den Taxifahrer und wir verlassen das Taxi.

Ich folge Baxter durch das Gebäude. Er bewegt sich dort schnell und zielsicher, teilweise fällt es mir schwer mit ihm Schritt zu halten. Zu unklar ist seine Körpersprache. Immer wieder bin ich von seinen abrupten Wechseln in Abzweigungen und Gänge überrascht und stolpere ein ums andere mal etwas unbeholfen hinter ihm her.

 

Schließlich sind wir im Keller, im Bereich der Pathologie angekommen. Baxter schließt mehrere Türen auf und wir durchqueren Gänge vorbei an Räumen wie Vorzimmer und Büros, bis wir in der Pathologie selbst stehen. Seziertische, ein ekelerregender Geruch liegt in der Luft. Es ist kalt, es ist riecht muffig und mich überkommt eine leichte Übelkeit. Baxter hingegen scheint in seinem Element. Seine Bewegungen sind flüssig, fließend, er ist fast wie ein Fisch im Wasser.

Außer uns befindet sich hier niemand. Sind wir eben noch an Assistenten in Kitteln, Ermittlern und normalen Streifenpolizisten vorbeigekommen, sind diese Räume still, kalt und ohne Leben. Einzig Baxter, der sich hier munter bewegt, versprüht so viel Lebensgeist, wie es zuvor bei ihm noch nicht gesehen habe.

 

"Hier lang!", sagt er knapp und deutet mir an ihm zu folgen. Ich gehe wie ein Entenküken hinter der Entenmutter hinterher bis wir in einem weiteren Büro stehen.

"Mr. Eklund, hier wird ihr Gepäck sicher sein. Außer mir hat hier so gut wie niemand zu Tritt. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass hier jemand etwas entwenden würde. Nicht in diesen Räumlichkeiten."

 

Ich suche mir einen Ort, an dem mein Koffer möglichst unauffällig stehen kann und stelle dort den Koffer mit der Werwolfjägerausrüstung ab. Dann stelle ich meinen Kamerakoffer auf einem Stuhl in Baxters Büro ab und nehme die weiteren Fundstücke heraus.

"Haben Sie einen abschließbaren Schrank, wo wir diese wichtigen Dinge unterbringen können?", frage ich.

 

Baxter murrt leise, doch dann zieht er einen weiteren Schlüssel hervor und schließt ein Fach seines schweren Schreibtisches auf.

Ich weiß, dass ich seine Gutmütigkeit auf eine harte Probe stelle.

Ich lege die zweite Hand und den Schrumpfkopf, beides noch gut in Tüchern verpackt, in das Fach. 

Dann nehme ich die besagte Albinohand, wickel sie erneut und noch behutsamer in ihr Tuch ein, lege es in meine Kameratasche und schließe die Kameratasche wieder. Baxter schließt das Fach und verschließt es gründlich.

 

Etwas an ihm teilt mir mit, dass er diesen Schlüssel nicht aus der Hand geben wird, etwas was ich auch nie gefordert hätte, doch trotzdem scheint er mit sich zu hadern, oder täusche ich mich?

 

"Vielen Dank", sage ich und nicke ihm anerkennend und dankbar zu.

Ich wende mich wieder meinem großen Koffer zu, öffne ihn und hole den Werwolfjägerkoffer hervor, den ich dann unter einen Gästestuhl stelle, der sich hier an der Wand des Büros befindet. Er passt sehr gut zu diesem Stuhl und der gesamten Atmosphäre hier im Raum, und fällt kaum auf.

Ich schließe meinen großen Koffer wieder und stehe nun wieder so dort, wie vor wenigen Minuten, doch diesmal ohne meine zentnerschwere Last des Diebesguts.

 

Baxter öffnet seine Bürotür und wartet einen Moment. Das ist das Zeichen für mich loszugehen. Ich gehe an ihm vorbei und warte einen Augenblick. Er schließt und verschließt die Tür zu seinem Büro und 'schwimmt' in seinen fließenden Bewegungen wieder an mir vorbei, noch ehe ich mich selbst in Bewegung setzen kann. Diesmal widert mich der Geruch im Saal nicht so an, wie noch auf dem Hinweg. Insgesamt wirkt vieles freundlicher, heller und weniger beschwerlich. Selbst Baxter wirkt nun fast schon freundlich auf mich.

 

Wir verlassen das Gebäude wieder auf dem gleichen Weg, den wir gekommen sind, zumindest vermute ich das.

 

Wieder an den kalten Straßen angekommen, sage ich zu Baxter:

"Haben Sie vielen Dank. Darf ich Sie dafür auf diese Fahrt einladen?"

 

Ich warte keine Antwort ab und winke wieder ein Taxi herbei.

Ich öffne die Wagentür und lasse Baxter den Vortritt. Dann husche ich hinterher, mit meinen Koffern.

 

Ich fühle mich unwohl noch immer etwas von der Beute dabei zu haben, aber Hans wollte, dass ich die Hand dem Iren und Matilde zeige... und ich denke wir sollten möglichst keine Zeit verlieren.

 

"In die Queen Street, bitte! Kennen Sie dort eine gute Pension?"

 

Der Taxifahrer nickt und murmelt etwas unverständliches und die Fahrt geht los.

Es dauert wieder eine ganze Weile bis wir an zahlreichen Unfällen vorbei geschliddert sind und schließlich die Queen Street erreicht haben.

 

"Hier gibt es mehrere Pensionen", sagt der Taxifahrer - zumindest glaube ich das durch seinen breiten schottischen Akzent hindurch zu verstehen.

"Dies ist aber eine sehr gute."

 

Ich bedanke mich und bezahle den Fahrer. Dann steigen wir aus.

 

Wir stehen vor einem Haus an dem ein Schild mit der Aufschrift "Pension" prangt, wir treten ein und erkundigen uns nach einer Frau Kilmister.

Vielleicht haben wir ja Glück und gleich das richtige Gebäude gefunden.

Edited by Puklat
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PENSION LOOCK
110 Queen Street
Inhaberin: Witwe Elischeva Loock
Mittwoch, 08.01.1930
          

 

Clive

 

Durch meinen kurzen Abstecher zur Ecke Riding House / Great Titchfield ist über eine Stunde vergangen, als ich mich wieder der Pension nähere. Das unruhige Gefühl, das sich durch den Anblick der Schneiderei intensiviert hat, ist geblieben. Es veranlasst mich, meine Umgebung intensiv zu beobachten. Die Queen Street wirkt unverändert. Kein 'Mönch' mit übernatürlichem Glanz weit und breit. Nahe der Pension steigen zwei Männer aus einem Taxi. Nach kurzem Zögern gehen sie auf die Pension zu. Keine Koffer werden ausgeladen; das Taxi fährt unmittelbar nachdem die Männer ausgestiegen sind wieder an. Nur eine Kameratasche. Nichts deutet auf Reisende hin.  So, wie die Männer die Pension abschätzend betrachten, sehen sie das Gebäude zum ersten Mal. Das spricht gegen Gäste der Pension. "Keine Anreisenden und keine Gäste der Pension", schlussfolgere ich. Dann schießt mir der Gedanke durch den Kopf, wie leicht sich eine Waffe in der Kameratasche verbergen ließe ... oder eine Handgranate. "Aber die Frist ist noch nicht abgelaufen ..."

 

Bis auf wenige Meter habe ich mich den Männern genähert, die mich nicht beachten. Die beiden haben keinerlei Ähnlichkeit. Der eine wirkt jung, sensibel, zögerlich. Der andere ist deutlich älter, mit schütterem Haar. Der Alte wirkt hölzern, blass, fahrig in seinen Bewegungen. Sein Gesicht wirkt auf eine unangenehme Weise emotionslos und unbeweglich wie eine Maske. Als wären alle Gesichtsmuskeln erschlafft. Sein Blick ist kalt, fast teilnahmslos. Das Paar könnte nicht gegensätzlicher sein: Während man dem Jungen förmlich ansieht, wie er nachdenkt und dabei Unbehagen empfindet, gibt das Gesicht des Alten keinerlei Emotion preis.

 

Nach kurzem Zögern treten die beiden Männer zum Eingang der Pension und öffnen die Tür.

 

Ich beschleunige meine Schritte und greife in die Tasche, vorbei an der silbernen Kette, bis ich den Griff der Lightning fasse.

 

Als ich die Pension betrete, sprechen die beiden mit der Witwe Ellie Loock. Genauer gesagt, der Junge spricht. Die Witwe bedenkt die beiden Männer mit ihrem gewohnt abschätzigen Blick. Ich versuche unauffällig hinter den beiden zum Treppenaufstieg zu gehen, als die Witwe Loock antwortet: "Nein, meine Herren! Eine Matilde Kilmister beherberge ich nicht! ... Guten Tag!"

 

Mein ungutes Gefühl verstärkt sich, mein Griff wird fester. "Wer ist das? Wer erkundigt sich nach Matilde? Dem Alten würde ich ohne weiteres zutrauen, zur 'La Main Droite' zu gehören. Er strahlt die nötige Kälte aus. Aber der Junge? Er sieht nicht aus wie ein gedungener Mörder, den die Organisation aufbieten würde ..."

 

In diesem Moment läuft Luni auf den jungen Mann zu und beginnt an seinem Hosenbein zu schnuppern. "Verdammt," denke ich. "Luni, was soll das? Du verrätst uns!" Doch es ist schon zu spät, der Mann blickt an seinem Bein herab zu Luni. Keine Aussicht mehr, unbemerkt hinter den beiden Männern zur Treppe zu gelangen.

 

Schlimmer noch. In diesem Moment höre ich leise eine gedämpfte Stimme durch die Tür, hinter der sich der einzige Fernsprecher der Pension verbirgt. Eine Frauenstimme. Matildes Stimme.

Edited by Joran
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"Waaaaasss?" Die Miene der Witwe verfinstert sich. Ihre faltige Haut unter dem dichten, weissem Haar, das von einem Haarnetz zusammen gehalten wird, wird auf der Stirn noch faltiger."

 

"Heeeeerrr Säääwadsch. Ich dachte doch, ICH hääätte mich klarrr ausgedrückt. KEINE Weibsbilder unter MEINEM Dach. Diiies ist ein anständiges Haus. Und DAS soll auch so bleiben."

 

Ellie Loock's dünner, zittriger Zeigefinger deutet auf Luni. "Und waaaaasss ist das für eiiin riesiges Viech? Ich dachte doch, ICH hääätte mich klarrr ausgedrückt. KEINE Haustiere unter MEINEM Dach."

 

Ihre Oberlippe zuckt nervös. "Oh, wenn das der gute Ruuupert wüsste..."

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Clive

 

Ich schwanke zwischen dem Verdacht, dass die Witwe nun völlig durchdreht, und der vagen, aber durch nichts gestützten Hoffnung, dass die Witwe sich dumm stellt, weil sie Matildes Anwesenheit vor diesen Männern genauso gerne verschleiern möchte wie ich.

 

Die Überraschung über den Ansturm der Entrüstung ist mir ins Gesicht geschrieben, als ich der Witwe Kontra gebe:

 

"Was denken Sie eigentlich von mir? Ich muss doch sehr bitten! Auf meinem Zimmer beherberge ich keine Frau!"

Edited by Joran
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