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[Nightmare Bites] Kap.1: SCHÖNE AUSSICHTEN ODER STEILES KARRIEREENDE


Der Läuterer
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"Raten Sie doch, was mittlerweile zum Spezialgebiet meines Vaters wurde." Sie schaut Euch der Reihe nach erwartungsvoll an.
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"Das stimmt nicht, obwohl ihn seine erste Expedition nach Zentralafrika, in den Kongo, führte."
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Clive

 

"Nun, dann vermute ich aufgrund des Interesses an der Hand einmal die Polydaktylie beim Menschen? Vielleicht ihr Auftreten in sogenannten Naturvölkern oder ihre Häufigkeit in verschiedenen ethnischen Gruppen. Ich meine einmal gelesen zu haben, dass man in Afrika Untersuchungen zu diesen Thema unternommen hat. Auch zu rudimentärer Polydaktylie, etwa bei den Bantu.

 

Auch ein deutscher Arzt, Erich Ebstein, hat hierüber geforscht und veröffentlicht. Das betraf seine Heimat, aber auch andere Länder. Er hat etwa die Polydaktylie in einem südarabischen Herrschergeschlecht, der Dynastie der Fodli oder auch Ozmani, untersucht."

Edited by Joran
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"Mit den Naturvölkern liegen Sie richtig, Herr? Savage, nicht wahr?" Sie lächelt leicht verkrampft.

 

Frau Marquard legt ihren Daumen unter das Kinn und schaut Dich prüfend an. "Sie rauchen nicht, oder? Ist wenigstens der Kaffee nach Ihrem Geschmack?"

 

"Aber mit der Polydaktylie...? Nein. Die Vielfingerigkeit ist es auch nicht. So etwas fällt doch eher in den Bereich der Mediziner, die sich mit Mutationen und Vererbungslehre beschäftigen."

 

Sie schweigt, während sie aufmerksam Ove anschaut, der gedankenverloren vor sich hin starrt. "Jetzt würde ich gerne noch eine Mutmassung des jungen Mannes mit dem traurigen Gesicht hören. Weshalb so grüblerisch, junger Mann? Wie war doch gleich noch Ihr Name?"

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"Mein Name ist Eklund. Ove Eklund. Bitte verzeihen Sie mir, mit meiner Konzentration ist es heute nicht weit her."

 

"Sie wollten wissen, was ... Was ich vermute, was Ihr werter Herr Vater als Schwerpunkt hatte, als Sie Ihn trafen? Es tut mir leid, dass ich Ihnen keine gesicherte Antwort geben kann. Ich kann besten Falls Mutmaßen, wie Sie schon sagten.

 

Meine erste Vermutung wäre die Zoologie gewesen. Aber das haben Sie ja bereits bei Doktor Savages Vermutung indirekt verneint. Daher muss ich eine andere Vermutung aufstellen."

 

Ich denke einen kurzen Moment nach.

 

"Naheliegend für eine Expedition nach Zentralafrika wäre vielleicht die Ethnologie oder Geographie. Vielleicht noch die Soziologie. Aber... nun, Sie wollen sicher nicht mein Gefasel hören, sondern eine Antwort."

 

Ich schaue Ihr selbstbewusst in die Augen.

"Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Aber meine Vermutung geht in die Richtung Wirtschatfswissenschaften. Vielleicht Volkswirtschaftslehre."

 

Ich schaue Sie abwartend an.

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"Ethnographische Studien der Anthropophagie."
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"Kannibalismus."
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Clive

 

"Mir scheint, er hätte dafür nicht so weit reisen müssen ..."

 

Die Aussage macht auf mich nicht den Eindruck, den Mrs. Marquard vermutlich erwartet hätte. Auf Menschen, die ihr ganzes Leben in der europäischen oder nordamerikanischen Zivilisation verbracht haben, übt dieses Thema oft einen morbide Reiz aus. Es erlaubt ihnen, auf diese fremdartigen, barbarischen, heidnischen, unterentwickelten Menschen herabzublicken. Hat man einmal Kannibalismus gesehen und die ihm zugrundeliegenden tief verwurzelten Riten und Überzeugungen, betrachtet man seine zu vernachlässigende quantitative Relevanz, so verliert das Thema schnell an Attraktivität.

 

"Sollte da eine Verbindung zu Dalgliesh bestehen?

 

Dalgliesh hatte kein Interesse an der Hand oder überhaupt an der Auktion, sondern an Penhews Papieren.

 

Dalglieshs Verspeisen von Menschenfleisch hatte nichts von einem rituellen Handeln. Die Auswahl des Fleisches erscheint mangels anderweitiger Indizien willkürlich. Sein roher Verzehr sprach ebenfalls gegen eine rituelle Handlung. Auch das verstohlene Kosten in der Papierverpackung widerspricht dem selbstbewussten, zielgerichteten Vorgehen eines gesellschaftlich verwurzelten Kannibalismus. Dalgliesh handelte beiläufig, ohne Respekt gegenüber dem Getöteten. Nein, Dalglieshs Handeln war geprägt durch mentalen Kontrollverlust ... getragen von Wahnsinn oder einer Art Perversion ... Ja, ich glaube es war Ausdruck einer Perversion, ein lustvolles Schmausen.

 

Darin war kein Anzeichen eines ethnographisch relevanten, erlernten Verhaltens zu erkennen.

 

Die letzte Wahrheit werden wir aber wohl nicht mehr erfahren, denn der einzige, der darüber Auskunft hätte geben können, hat sich in stinkende Ausdünstungen aufgelöst, die sich mit dem dort draußen vor dem Fenster vermengt haben."

 

Auch hier glaube ich erneut an einen Zufall. Wieder ein merkwürdiger Zufall, zugegeben. Aber doch nicht mehr.

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"Sie schweigen?"

 

"Das kann ich verstehen."

 

"So etwas kann einen gebildeten und zivilisierten Menschen schon erschrecken."

 

"Und ja... Zuerst war ich von diesem Thema auch zutiefst geschockt."

 

"Es hat mich regelrecht angeekelt. Ich empfand es widerwärtig und gotteslästerlich."

 

"Doch dann, ich weiss auch nicht recht, fand ich es irgendwie faszinierend. Es ist interessant, auch wenn es anderen Menschen schwer verständlich gemacht werden kann, aber es gibt viele Ethnien, die Dinge verzehren, die bei anderen Kulturen verboten sind oder Ekel erregen. Denken Sie nur an den Verzehr von Schweinefleisch."

 

"Kannibalismus ist im Tierreich weit verbreitet; auch bei vielen Affen. Manche Tiere greifen bei Nahrungsmangel Artgenossen an. Kronismus kommt bei vielen fleischfressenden Arten vor, aber auch bei Ratten. Bei manchen Insekten wird das Männchen nach der Paarung vom Weibchen gefressen..."

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Ich muss unwillkürlich an die Lodge denken. Die Schweine haben uns damals auch Menschenfleisch serviert.

Ob ich damals etwas davon gegessen habe? Was war real, was nicht? Ich werde es leider nicht mehr rausfinden. So wie die Narben auf meinem Rücken.

Mir läuft ein kalter Schauer auf den Rücken.

Ich seufze leicht.

"Was hat das alles mit der Hand zu tun?"

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"Nun. Einer der Expeditionsteilnehmer brachte diese Hand von der dritten und letzten Expedition meines Vaters mit, auf welcher ich ihn auch begleitet habe. Diese Expedition führte uns hoch über die Waldgrenze der Hochgebirgsregionen des Himalayas; auf ein einsames unerforschtes Plateau." Edited by Der Läuterer
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Clive

 

Während ich Kannibalismus als rituelle Handlung bei Berücksichtigung der Überzeugungen und Religionen der Völker, in denen er generell akzeptiert ist, nicht als widerwärtig einstufen kann, stößt mich dieses begeisterte Plädoyer unserer Gastgeberin für den Kannibalismus nun doch ein wenig ab ... oder erstaunt mich jedenfalls.

 

"Ich halte den Vergleich zwischen Kannibalismus im Tierreich und bei Menschen für absurd. Der Verzehr von Wesen der gleichen Art ist ... zumindest fast ohne Ausnahme ... nicht von rationalen Handlungen gesteuert, sondern ein instinktives Verhalten, dass alleine der Arterhaltung dient. Kannibalismus bei Menschen kann nicht nach diesen Maßstäben gemessen werden."

 

Als Mrs. Marquard die Expedition in den Himalaya erwähnt muss ich unweigerlich an die Tcho-Tcho denken.

 

"Darf ich fragen, wie der Expeditionsteilnehmer in den Besitz der Hand kam? Ist bekannt, ob sie von einem Menschen stammt oder einer anderen Spezies, etwa einem Hominiden oder einem Affen?"

 

Auch wenn ich es vermeiden will und natürlich kein Zusammenhang besteht, kann ich das Erwachen von Erinnerungen an den Kongo bei dem Thema abgetrennte Hände nicht vermeiden.

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"Es soll sich um die Hand eines Geistes bzw. eines Dämons handeln oder sogar um die einer Gottheit."

 

"Mein Vater hatte, ich glaube, dass es vor dem Krieg gewesen sein muss, so um die Zeit zwischen 1910 und 1912, einen Bericht im National Geographic Magazin gelesen, bei dem es um das Volk der Hmong in Laos und Vietnam ging. Die Einheimischen fürchteten ein Volk von Anthropophagen, die dort unter dem Namen Tchaw-Tchaw bekannt sind."

 

"Sie sind aber wohl nicht mehr als eine Art von Kinderschreck gewesen, so wie bei uns der Schwarze Mann."

 

"Möglicherweise lebten sie einst wirklich in dieser Region. Wer weiss? Der Name dieser Humanoiden bedeutet übersetzt 'Die Esser'. Und allein dieser Name regte natürlich die Phantasie meines Vaters an und stachelte ihn zu Nachforschungen an."

 

"Er stiess bei seinen Nachforschungen auf Legenden und Geschichten, die in Druk Yul und Nepal erzählt werden und die von reisenden Händlern weitererzählt werden, bis sie über Indien nach England gekommen sind. Diese Legenden berichten von einem Volk der Tcho im Hochgebirge des Himalaya, die von anderen Völkern gemieden und gefürchtet werden, weil sie Menschenfresser sein sollen."

 

"Dann erschien im April 1914, ebenfalls im National Geographic Magazin, ein Bericht des Abenteurers und Fotografen John Claude White, der 1905 durch das Himalaya Gebiet gereist war, und mein Vater war von nun an von dem Gedanken besessen selbst dorthin reisen zu müssen, um das Volk und ihre Riten zu studieren, als er davon las, dass die Tcho einem nicht-menschlichen Zwillingsgott opfern würden."

 

"Diese Gott wird Zhar und Lloigor genannt."

Edited by Der Läuterer
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