Synapscape Posted April 7, 2006 Report Share Posted April 7, 2006 Nachdem sich meine recht lose gefügte Abenteuer-Trilogie für Cthulhu mit der 3. Ausgabe von Der Ruf und dem Abenteuer Nicht nur Menschen ... schloss, würde ich gerne ein paar Informationen zu den Hintergründen an dieser Stelle geben und auch auf einige Anmerkungen eurerseits bezüglich der verwendeten Motive eingehen. Dabei greife ich auch die immer mal wieder auftauchende Frage der Darstellung von echter Politik im Rollenspiel auf und möchte abschlie?end noch nach Eurer Bewertung des von mir dafür gewählten Weges fragen. Zunächst aber einmal, was ich mir dabei gedacht habe und warum es eine Trilogie ist, die aus den Abenteuern Kriegskinder , Das Grabmal im Moor und Nicht nur Menschen ... besteht: grob umrissen war mein Ziel, mit diesen drei Abenteuern die Geschichte des ersten Weltkrieges und seine Nachwirkungen auf Deutschland und Europa aufzuzeigen. Kriegskinder http://www.der-ruf.de/material/abenteuer_details.asp?AID=40 Dieses Abenteuer spielt im ersten Weltkrieg und erzählt vom Grauen eines Krieges aus der Sicht amerikanischer Soldaten. Amerikaner wurden deshalb gewählt, weil sie als Nicht-Europäer und lange Beobachter des eigentlich europäischen Konfliktes sehr spät den Schauplatz als kämpfende Partei betraten. Die Charaktere werden sozusagen als au?enstehende Beobachter eines untergehenden, alten Europas eingesetzt. Ein anderer Grund ist, dass ich damit eine Brücke schlagen wollte zwischen dem lovecraft'schen Amerikaner und dem vor allem von Pegasus unterstützten cthuloiden Deutschen. Das Grauen des Krieges selbst findet fast auf einer metaphysischen Ebene statt, auf der die Charaktere über das uralte Geheimnis eines vom Krieg ausgelöschten Dorfes sto?en. Wichtig war mir hierbei, dass aber auch dieser Horror von Menschen gemacht wird, genau wie der Krieg selbst. Ich hoffe, dass so ein Fronterlebnis entsteht, dass dem Spieler anders als in typischen Kriegsfilmen wie Im Westen nichts Neues oder der The Lost Bataillon das Grauen dieses Gro?en Krieges vermittelt. Das Grabmal im Moor http://www.der-ruf.de/material/abenteuer_details.asp?AID=56 Dieses Abenteuer spielt bereits in Deutschland und führt die Charaktere auf Konfrontationskurs mit einigen Freikorps-Leuten, die das Heil Deutschlands in der Vergangenheit suchen. Primäres Motiv war es hier, die bürgerkriegsähnlichen Zustände des Nachkriegsdeutschlands mit seinen zahlreichen bewaffneten, reaktionären Splittergruppen darzustellen. Im Abenteuer selber werden die Freikorps-Soldaten von einer bestialischen Macht kontrolliert, die symbolisch stehen könnte für die sich langsam auftuenden politischen Abgründe jener Zeit, die bestimmt waren von der Dolchsto?legende, stärker werdendem Antisemitismus und völkischem Gedankengut. Der ?bergang aus dem ersten Abenteuer ist hier recht flie?end, da es wieder bewaffnete Kräfte sind, von denen das ?bel ausgeht. Ein berühmter Admin dieses Forums klagte mal darüber, dass ich hier schon wieder ein militärisches Motiv verwendet habe. Ich hoffe, der Grund hierfür wird jetzt klar. Da das Abenteuer aber Charaktere voraussetzt, die nicht in einer militärischen Position und politisch auch in Opposition zu den Freikorpslern stehen, spielt das Militärwesen hier nur noch die Rolle des Antagonisten. Nicht nur Menschen ... http://www.der-ruf.de/material/abenteuer_details.asp?AID=263 Dieses dritte Abenteuer spielt nicht nur zufällig in Berlin, der Hauptstadt der jungen Weimarer Republik und auch nicht ohne Grund in einer sehr luxuriösen Umgebung. Das Motiv hier sind nämlich die ideologischen Abgründe, die sich in den 20er Jahren auch in weiten Teilen der etablierten "High Society" jener Zeit auftaten. Wer etwas mit Begriffen wie der Ariosophie anfangen kann, mag nun schon ahnen, in welch abartige Tiefen menschlicher Verblendung einen das Abenteuer führen kann. Anhand des Beispiels einer fiktiven okkult-rassistischen Vereinigung soll hier aufgezeigt werden, welche Grundlagen für das spätere Dritte Reich durch geistige Brandstifter wie Lanz von Liebenfels und andere gelegt wurden. Im Abenteuer selbst sto?en die Charaktere auf den Schrecken in einem Luxus-Hotel. Dieser steht symbolisch für die verderblichen Ideologien jener rassistischen und nationalistischen Kreise und auch dass man deren Wirken im Laufe der Handlung nicht ohne eigene Opfer aufhalten könnte, kann als Sinnbild gesehen werden. Abschlie?end kann ich also sagen, dass ich versucht habe, einige Entwicklungen sowohl auf persönlicher als auch auf politischer Ebene mit Hilfe von durchaus "cthuloiden" Motiven darzustellen. Es handelt sich nirgends um ein direktes Nachspielen konkreter historischer Ereignisse, wie ich dies in einem anderen Topic mal hier in diesem Forum vorschlug. Eine Trilogie wird aus den Abenteuer auch nicht durch eine im Handlungsstrang miteinander verbundene Geschichte, sondern durch eine gemeinsame Hintergrundthematik und einen gemeinsamen Stil, wie auf diese Thematik eingegangen wird. Was mich nun interessieren würde (da ja doch schon einige diese Abenteuer gespielt haben) wäre folgendes: Was haltet ihr davon, sehr bedrückende politische Ereignisse auf die Art in ein Abenteuer zu packen wie ich das getan habe? Ist Euch die Absicht der Abenteuer, die ich hier schrieb, auch bereits vorher deutlich geworden oder wurden sie von Euch eher vordergründig wahrgenommen? Ergänzen möchte ich auch noch ein Lob an Pegasus: erst im Zuge meiner Abenteuer habe ich mich an das Quellenmaterial und einige Abenteuer für Deutschland gemacht, "um mal zu sehen", was Ihr so über Deutschland und seine Politik schreibt. Am Anfang hatte ich nämlich die Befürchtung, das man unangenehme Seiten einfach unter den Tisch kehrt, um den Spielspa? nicht zu beeinflussen. Aber ich wurde eines besseren belehrt: ich finde, gerade in den Deutschland-Materialien werden die politischen Hintergründe der 20er Jahre für ein Rollenspiel gut aufgearbeitet und auch in einer Form dargestellt, die informativ ist, aber nicht "abschreckend". Man kann ja sonst schnell (siehe Delta Green) bei übertriebenen Darstellungen in diesem Bereich in Thema wie Nazi-Magier aus dem Weltall abdriften. Ich finde, es ist aber sehr gut gelöst und bietet Interessierten auch genug Ansätze für eigene Recherchen. Hat mir sehr gut gefallen! @Tom:Und verzeihst Du mir nun das oft auftauchende militärische Motiv, wo Du nun über die Zusammenhänge informiert wurdest? Link to comment Share on other sites More sharing options...
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