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Auf Gleisen durch Europa


Guest Talwyn
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Hallo zusammen,

 

es ist noch nicht lange her, da wurde ich in Sachen Cthulhu neu angefixt, und habe beschlossen nun endlich eine Kampagne ins Leben zu rufen, nachdem das Grundregelwerk schon seit Jahren in meinem Regel Staub ansetzt und langsam schon so alt und verittert aussieht wie ein echtes Mythos-Buch.

 

Aus diesem Grund habe ich mir das London-Sourcebook sowie die Orient-Express Kampagne zugelegt und angefangen darin zu lesen. Bevor man mir jetzt mit der Suchfunktion droht - folgende Threads sind mir bekannt, habe ich durchgelesen:

 

http://www.cthulhu-forum.de/thread.php?threadid=4952&boardid=80

http://www.cthulhu-forum.de/thread.php?threadid=5202&boardid=7

http://www.cthulhu-forum.de/thread.php?threadid=3746&boardid=10

 

Dort habe ich auch schon einiges an sehr nützlichen Informationen gefunden, besonders Dingos ausführlichen Spielbericht fand ich sehr aufschlussreich. Nachdem ich aber keine Thread-Nekromantie betreiben wollte und meine Fragen auch in eine etwas andere Richtung abzielen, habe ich dieses neue Thema gestartet.

 

Mein bisheriger Eindruck von der Kampagne ist etwas zwiespältig. Auf den ersten Blick haut einen die Aufmachung natürlich um. Verarbeitung, Layout, Satz, Illustrationen, Props - absolute Spitzenklasse.

 

Beim Lesen stellte sich dann teilweise aber doch eine gewisse Ernüchterung ein. Meine Kritikpunkte:

 

1.) Wie in anderen Threads hier schon angesprochen, ist die Tragweite des Plots nicht unbedingt phänomenal. Besonders im Vergleich zum Umfang der Kampagne erscheint mir das Modell "Sammelt die Artefakte, stoppt den Kult" ein wenig seicht. Ich bin zwar grundsätzlich ein Freund von "geraden" Plots, aber...

 

2.) Obwohl der Plot nun wirklich keine erzähltechnische Hydra ist, gibt es doch das eine oder andere Logik-Loch, dass es zu stopfen gilt. Dank der Threads hier im Forum ist das auch kein gro?es Problem, da ich dort ja schon auf die grö?eren Löcher aufmerksam geworden bin. Viel schlimmer ist allerdings meiner Meinung nach...

 

3.) Die Unart der Kampagne, die Spielercharaktere auf Bahngleisen durch die Geschichte zu treiben. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Natürlich wusste ich, dass es in dem Abenteuer (auch) um den legendären Simplon-Orient-Express geht, das ist selbstverständlich nicht mein Problem. Ich meine damit die Tatsache, dass das Abenteuer an mehr als einer Stelle extrem "railroady" daherkommt. Das fängt mit Aussagen im ersten Band an, wo steht, das Fenalik auf dem Rückweg nach London an jeder Station einen Charakter tötet (einfach so) und geht schon damit weiter, dass der Beschwörer im "Zug der Verdammten" laut Abenteuertext "keine Chance hat, den Toten zu entkommen, die ihn in den Zug zerren wollen. Ein anderes Beispiel ist die erste Begegnung mit Makryat (in Gestalt von Professor Smith). Da steht schon wieder (sinngemä?): Wenn die SC Verdacht schöpfen, macht sich Makryat aus dem Staub. Wie er das tut? Unwichtig, er tut es eben.

 

Und so geht das dann fröhlich weiter. Ich will hier ganz bestimmt keine Spielstil-Diskussion vom Zaun brechen, aber: Wir haben in den letzten Jahren in meiner Gruppe ausschlie?lich D&D gespielt, uns dabei viel in Dungeons herumgetrieben, was dazu führt, dass ein gängelnder Plot nicht vorhanden war (was nicht hei?t, dass gar kein Plot vorhanden war, aber darum geht es auch nicht).

 

Fakt ist einfach, dass ich meinen Spielern solche Szenen nicht verkaufen kann bzw. will. Das ist für mich wie gesagt auch nicht vom Spielstil abhängig, denn auch in einem Spiel mit Fokus auf Story, Atmosphäre und Charakterspiel erwarten meine Spieler, dass es ihre Handlungen sind, die über Erfolg und Scheitern entscheiden - und nicht die Tatsache, dass da im Buch steht: Ereignis XY tritt auf jeden Fall ein, völlig egal, was die Mythos-Forscher auch tun.

 

Deswegen würde mich interessieren, was diejenigen, die die Kampagne schon gespielt haben, von den entsprechenden Szenen halten.

 

Enter Mehmet Makryat

Beim Besuch der Gruppe bei Smith/Makryat ist klar, dass die SC hier auf keinen Fall Makryat direkt stellen und möglicherweise töten sollten, denn dann wäre die Kampagne ja vorbei, bevor sie begonnen hat. Auf der anderen Seite ist die ganze Sache wohl auch gelaufen, sobald die SC auch nur bemerken, dass Smith nicht Smith ist. Wenn man von jemandem angeheuert wird, ein böses Artefakt zu suchen, und dieser jemand zufällig die Gestalt eines Freundes angenommen hat, der zufällig spurlos verschwunden ist, dann ist die gesamte Prämisse ruiniert, die die SC überhaupt dazu bewegen könnte, nach dem Sedefkar-Simulakrum zu suchen. Ich denke deswegen darüber nach, den Aufhänger aus dem Buch komplett über Bord zu werfen, und mir etwas anderes zu überlegen. Allerdings bräuchte ich dafür noch eine zündende Idee - am besten eine, die sich so umsetzen lässt, dass man schon vor dem Beginn der Orient-Kampagne schon ein kleines Szenario hat, in dem die Gruppe Smith kennenlernt.

 

Zug der Verdammten

Das Problem mit dem Geisterzug ist wohl weniger dramatisch. Es ist ein Side-Trek und wird wohl von vielen Gruppen so oder so ignoriert. Ob das Szenario nun also nicht gespielt wird, weil keine weiteren Nachforschungen angestellt werden, oder weil die SC den Verdammten eben doch entkommen können, ist dabei egal. Im zweiten Fall hat man dann immerhin eine zweite Möglichkeit, die SC von den Zuginsassen heimsuchen zu lassen, was ich grundsätzlich recht spannend fände. Insgesamt gefiel mir das Szenario beim Lesen sehr gut - etwas trashig, Zombie-B-Movie eben ;) Wenn es denn tatsächlich stattfindet werde ich wohl auch noch ein kleineres Szenario nördlich von London einbauen, von wo aus die Gruppe dann ja wieder in die Hauptstadt zurückkehren muss, um Zug nach Dover zu besteigen. Muss nichts gro?es sein, da das hier aber mein Cthulhu-SL-Debüt sein wird, bin ich für Tipps und Ideen immer empfänglich.

 

Bisher habe ich die Kampagne bis einschlie?lich "Les Fleurs du Mal" durchgelesen. Hier werde ich wohl die in diesem Forum erwähnten Korrekturen vornehmen (z.B.: Hinweis auf Charenton VOR dem auf Poissy auftauchen lassen), damit Fenalik auf die Gruppe aufmerksam werden kann. Au?erdem werde ich die Recherche etwas kürzen. Irgendwo hier habe ich was von "vier Spielabenden Bibliotheksrecherche" gelesen. Das wird es bei mir nicht geben. Denn auch wenn der Abenteuertext dies als wünschenswert beschreibt, so ist der "Frust einer echten historischen Recherche" das letzte, was ich meinen Spielern beim Rollenspiel vermitteln will.

 

Als Bemerkung zum Schluss noch eine Klarstellung: Ich halte die Kampagne nicht für schlecht, falls das hier so rüber kommt. In Sachen Atmosphäre kann sie ordentlich punkten, und ich gedenke das auch mit Musik, Kerzenlicht und geeigneten Props zu unterstützen. Einige der Szenen, die ich bisher gelesen habe, haben mir auch au?erordentlich gut gefallen (z.B. Zug der Verdammten, Charenton, Poissy). Ich werde nur unweigerlich einige ?nderungen vornehmen müssen, um die Kampagne an die Vorlieben meiner Gruppe anzupassen - aber bei welchem Kaufabenteuer in welchen Rollenspiel muss man das nicht?

 

Wer also Tipps für einen (Cthulhu-)Anfänger hat - nur her damit, ich bin gerne bereit zuzuhören und zu lernen ;)

 

Bis dahin,

Schöne Grü?e,

 

Talwyn

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Eine (kurze) Antwort von mir:

 

1) Wir haben den falschen Smith nicht als falsch erkannt. Wenn Du aber Bedenken hast, kannst Du vielleicht Deine Spieler den Professor vorher kennen lernen lassen, wobei er ihnen ein Lagerhaus zeigt, in dem er verschiedene Sachen lagert. Wenn er dann verschwunden ist, kommen die Spieler vielleicht auf die Idee, dort nachzusehen und finden dort den (falschen) Smith.

 

2) Den Zug haben wir zuerst weggelassen, weil wir uns dachten, dass das nichts zur Lösung der Kampagne beiträgt. Ganz am Ende der Kampagne (bei der Rückfahrt) haben wir dann versucht, mit dem Zug und dem Orientexpress ein Zugunglück zu produzieren, um den OE und die Kultisten (unter Aufopferung unseres Lebens) zu stoppen, der SL hat das dann aber abgebogen.

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Original von Die Farbe aus dem All

2) Den Zug haben wir zuerst weggelassen, weil wir uns dachten, dass das nichts zur Lösung der Kampagne beiträgt. Ganz am Ende der Kampagne (bei der Rückfahrt) haben wir dann versucht, mit dem Zug und dem Orientexpress ein Zugunglück zu produzieren, um den OE und die Kultisten (unter Aufopferung unseres Lebens) zu stoppen, der SL hat das dann aber abgebogen.

 

Erstmal danke für die Antwort. Und au?erdem: Schade, dass euer SL das verhindert hat, das ist echt eine kreative Idee, wäre froh, wenn meine Spieler mal soviel Einfallsreichtum an den Tag legen würden

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Ich habe seit kurzem die Kampagne beendet, folgende Tipps von mir zu deinen Punkten:

 

1) ?ber das Railroaden (schönes Wortspielchen zum Orient Express):

ignoriere alle Vorgaben in dieser Richtung. Fenalik tötet nur einen Charakter wenn es ihm möglich ist. Ich habe Fenalik immer als latente Bedrohung erscheinen lassen, als Schatten an der Wand oder als nebliges Gesicht am Fenster. Die SCs hatten nie Beweise, dass das der Comte wirklich war. Ich habe Fenalik aus dem Hintergrund agieren lassen. Fenalik hat ja ein Interesse daran, die die SCs für ihn die Teile sammeln, also lässt er sie in Ruhe, treibt sie bestenfalls durch Träume oder so an, wenns zu lange dauert.

Vor Konstantinopel allerdings, wenn alle Teile da sind, braucht Fenalik keine Rücksicht mehr zu nehmen. Da greift er dann an, wie auch im Buch beschrieben. Hat übrigens 80% der Gruppe ausgelöscht.

Kann sein, du meinst Makryat, weil es auf der Rückreise nach London ist. Auch das habe ich angers gehandhabt. Makryat lässt auch hier die SCs in Ruhe. Er hat ja die Macht dann, was kümmern ihm die SCs. Er hat sich bei mir völlig im Verborgenen gehalten, die SCs haben auch gar nicht richtig nach ihm gesucht, sie nahmen an, dass er sowieso jede Gestant annehmen kann.

Makryat ist sich ausserdem der SCs und ihres Todes sicher, da er ja den OE in einem Inferno nach Paris bringen will.

Wenn die SCs nicht so vorgehen wie im Buch beschrieben ist es nicht so sehr das Problem, man kann das ganz gut ohne Railroading hinbekommen. Es fährt immer wieder ein Zug, die Teile des Simulakrums werden von einem NSC gefunden usw.

 

2) Enter Mehmet Makryat:

Ja, ein geagtes Spiel. Ich habe es so gemacht: Mehmet hat das Haus des Professors angezündet und ihn getötet. Die SCs erfuhren am nächsten Tag durch die Zeitung vom Brand in Smiths Haus. Makryat hat ihnen einen Brief geschriben, in der er sie als Prof. Smith zu einer abgelegenen Pension bittet um ihn zu treffen (..."musste untertauchen, seid vorsichtig"!).

In dieser Pension trafen die SC aus Makryat/Smith. Er war einbandagiert (schien logisch weil die SC vom Feuer wussten). Sie haben keinerlei Verdacht gehabt und glaubten tatsächlich mit Smith zu sprechen. Denn bislang hatten sie noch keinen Hinweis auf Zauber mit Gestaltwandlungen oder ähnliches.

Hätten sie Makryat durchschaut, wäre es halt nicht Makryat sondern einer seiner Vertrauten gewesen. Eine halbherzige Lösung sicherlich, aber derer bedurfte es auch nicht.

 

3) Zug der Verdammten:

Habe ich als unabhängigen Prolog gespielt, diente dazu, die Spieler bekannt zu machen untereinander.

Nun hat aber in diesem Abenteuer einer der Spieler sich so angagiert und sich hinein gesteigert und das "Ritual um den Zug wieder in seine fremde Dimension zu schleudern" so irrsinnig und gut ausgespielt (war da schon halb wahnsinnig geworden), dass ich beschlossen hatte, dieses Ritual auch ans Ende der Kampagne zu setzen und den Spielern Gelegenheit zu geben, den Orient Express vor Paris mittels dieses Rituals in eine andere Dimension zu schicken.

Hat auch gut geklappt, das war zwar ein anderes ende und mehr schon Pulp und Action, aber das ist dann nochmal sehr gut angekommen.

Wenn deine Spieler für so was zu haben sind, wär vielleicht diese Variante noch überlegenswert.

 

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