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aeq

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  1. EXEUNT - BROADALBIN III Parcival wird über den Gang vorsichtig ins Nebenzimmer verbracht. Percys Zimmer. Alles, was er auf der Flucht zurückgelassen hat, findet sich auch hier, inklusive Tränengas und Schlagstock. Nur seine Schusswaffen fehlen. Er wirft einen Blick in die Nachttischschublade: Einzelne Seiten, maschinengetippt. Anhand einzelner Zitate erkennt er, dass es sich um die Deuxieme Bureau-Akten handelt – das Stück feinsäuberlich herausgetrennt. Er versteht die Logik hinter den Bücherfunden nicht. Parcival fand A World without Doors von jenem früh verschiedenen Wunderkind, Emeline Fitzroy. Parker hatte ein leeres, rotes Lederbüchlein mit dem Zeichen darauf neben seinem Bett gefunden.mein buch Und Preston eine Kopie von Nightsea. Könnten es Werke sein, mit denen sie sich in jener seltsamen Gedächtnislücke zwischen ihrer Ankunft und ihrem Erwachen beschäftigt haben? UND JEDES ENDE KANN EINE GESCHICHTE FINDEN Auch das Melonia ist noch hier. 1000 getrocknete Samenkapseln in einer dünnen Plastiktüte, wie man sie an einem Gemüsestand erwartet. Sie erinnern vage an Sonnenblumenkerne. Außerdem die 6 Glasphiolen, die ihnen ebenjener Moseby „von Agent zu Agent“ vor der Green Box zurückgelassen hatte. Luftdicht verschlossen finden sich ihnen weitere Samen. Frisch, doppelt so groß und von einer befremdlichen Maserung überzogen.carvers stoff hätte sich jeder injiziert Während Preston und Percy das Zimmer inspizieren, lässt Parker Parcival nicht aus den Augen. Was sollen sie mit ihm machen? Anketten? Betäuben? Percy hatte einige Opioide und Barbituriate in seiner Tasche, die er in einem Schränkchen unter seinem Schreibtisch wiederfindet. Parcival wehrt sich nicht. Er streicht seinen Anzug und seine Fliege zurecht und legt sich auf das frisch gemachte Hotelbett. Sein Kopf sinkt in das Kissen ein, während Percy an der Dosierung arbeitet. Es ist bereits eine Weile her, dass er etwas Vergleichbares zuletzt zu tun gezwungen war. Er injiziert das Mittel und Parcival driftet aus der Realität. Eine kurze Prüfung der vitalen Zeichen legt nahe, dass es sich zumindest nicht um eine massive Überdosis gehandelt haben kann. Als klar ist, dass der Gefangene schläft, versuchen die verbliebenen drei Agenten von Zelle P darin übereinzukommen, was um alles in der Welt sie nun tun sollten. Percy ist eine leichte Nervosität anzusehen, während er von Zeit zu Zeit zum Schlafenden Parcival herüberblickt. Könnten sie es sich wirklich weiter leisten, die Finger von der „hypergeometrischen Keksdose“ zu lassen, im Angesicht der Situation, in der sie sich befinden? Könnte er ihnen nicht noch nutzen? Parker blickt ihn mit einer kalten Mischung aus Mitleid und Irritation an. Soetwas würde nie zum Guten führen. Percy hält dagegen, dass sie ihn beobachten, bewachen und kontrollieren könnten, doch Parker bleibt hart – nein, genau das könnten sie eben nicht. Er hat die Gruppe verraten und er wird wieder zu entkommen versuchen. Möglicherweise verfügt er über ihnen unbekannte Ressourcen. Preston wirft ein, dass sie vielleicht eine Art simple Bombe bauen könnten, die detoniert, wenn er zu entkommen versucht. Parker scheint zumindest kurz über den Vorschlag nachzudenken, bevor er ihn mit dem allgemeinen Verweis auf Parcivals Instabilität verwirft. Percy zögert kurz, setzt an, hält inne und fragt in den Raum, ohne einen der anderen dabei anzusehen, inwieweit Parcivals Reaktion unter den gegebenen Umständen nicht… bis zu einem gewissen Grad… nachvollziehbar sei? Parker verwirft den Einwand mit einer unwirschen Geste. Sein Handeln war vor allem eins: Unprofessionell. Und das ist etwas, was sich eine Zelle der Gruppe nicht leisten kann. Wissen ist eine Infektion. Erst recht hier. Man kann ihm nicht trauen, möglicherweise hater sogar immer noch Kontakt zum Feind. Ihn als eine Mischung aus literarischem Vorkoster und menschlichem Schutzschild zu nutzen, ist kein nachhaltiger Plan. Sie müssen ihn beseitigen. Percy lässt nicht locker: War es nicht gerade die Beseitigung eines vermeintlichen Vektors in der eigenen Zelle, die die alte P-Cell zerstörte? Ein undefinierbarer Unterton liegt in Parkers Stimme, als er festhält, dass es sich hierbei um ein Berufsrisiko handelt. Der Begriff „9mm-Verrentung“, den er irgendwann mal benutzt hatte, liegt unausgesprochen in der Luft. Percy wirkt frustriert – Parcival hatte recht, eine Rückkehr zur Normalität wird es für sie nicht mehr geben. Warum sollten sie sich also weiter wie ein Politkommissar an die Regeln der Gruppe klammern? Parker unterbricht ihn. Eine grimmige Entschlossenheit funkelt in seinem Blick. Das hier ist ein memetischer Parasit. Ein Ideenvirus. Er muss fressen. Konsumieren. Wenn man ihm seine Nahrung entzieht, wird er absterben. Und wenn sie es nicht tun… Paris 1890 ist nichts gegen die massenmediale Gegenwart. Es könnte das Ende der Wirklichkeit sein. Irgendwann wird sich ein Punkt zum Handeln ergeben. Und wenn nicht, dann werden andere ihnen nachfolgen und für jede richtige Entscheidung, die P-Cell bis zu diesem Moment getroffen hat, dankbar sein. Percy kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Parkers Worte den Charakter eines Mantras haben, nicht zuletzt dem Zweck dienend, sich seiner eigenen Überzeugungen zu vergewissern. Doch er spricht es nicht an. Stattdessen stimmt er ihm zu. Sie müssen mitspielen. Abigale finden. Die Samen nutzen. Und raus aus dem Hotel. In das Labyrinth. ich bin einmal nach unten gegangen und konnte es nicht finden Deutlich zu früh erwacht in diesem Moment Parcival und übergibt sich auf den roten Teppichboden. Er scheint das Betäubungsmittel nicht sehr gut vertragen zu haben, sodass Percy davon absieht, ihn erneut auszuschalten. Stattdessen informieren sie ihn, dass alles auf seinen Tod hindeutet – sie ihm nicht vertrauen und ihn nicht kontrollieren können. Parcival atmet tief ein. Es war kurzsichtig und dumm, was er getan hat, aber er glaubt, dass er den anderen immer noch von Nutzen sein kann. Percy zweifelt daran: Was will Parcival überhaupt? Was sind seine Ziele? Seine Motivation? Er will nur raus. Parker unterbricht ihn. Er will nicht raus. Er will auf den Thron. Parcival entgegnet erhitzt, dass er nicht weiß, was er will. Dass irgendwer einen Plan für ihn zu haben scheint. Aber, dass es eine Sache gibt, die er weiß. Definitiv. Er weiß, dass es nur einen Weg gibt. Weiter hinein. Sonst werden sie auf ewig hier zurückbleiben. Wie Losette. Lundine. All die anderen.verzweifelt suchend, niemals findend – nicht wie ich Er will wissen, wo das alles hinführt. Das ist rhetorisch gemeint, oder? Parker blickt ihn nur mitleidig an. Es wird für alle schwerer, wenn Parcival es weiter hinauszögert. Er weist die anderen an, den Vektor zu fixieren. Percy und Preston fühlen sich sichtlich unwohl, als sie auf Parcival zugehen. Plötzlich springt er vom Bett auf und rennt Richtung Fenster. Parker versucht ihn festzuhalten, er befreit sich, stolpert, Parker greift erneut nach ihm, zerrt ihn zurück und rammt ihn gegen den Bettkasten. Rippen splittern. STATIC LEBT FORT Parker zieht sein Messer, Parcival reißt sich los und läuft wieder auf das Fenster zu. Preston stellt sich zwischen ihn, aber wirkt nicht vollends überzeugt und springt im letzten Moment zur Seite, als Parcival nach ihm zu schlagen versucht. Dieser lenkt die Wucht seiner Faust gegen das Fenster. Das Glas splittert, aber zerspringt nicht. Parker will ihn greifen, doch Preston blockiert ihn, rein zufällig natürlich, und Parcival durchbricht mit seiner Schulter das Fenster. Wie in Zeitlupe bricht sein Körper durch das Glas, scheint für einen Moment zu schweben, bevor er zwischen den Reflektionen des Sonnenlichts in 1000 Glassplittern hinunter in dieses seltsame viktorianische New York stürzt. Polizisten und Passanten rennen herbei. Die Reste von P-Cell verbleiben im Zimmer. Percy ruft in der Rezeption an. Losette bedauert den Verlust. Das Fenster wird zeitnah ausgewechselt. Guten Tag. Sie schweigen sich an. Irgendwann spricht Percy. Dass er versagt hat. Er wusste, dass Parker früher oder später einen von ihnen umbringen wird. Er hatte gehofft, dass er es verhindern kann. Oder zumindest dass er es zuerst sein wird. Parker blickt ihn kalt an. Er hatte es bereits vor 20 Jahren geahnt, als er das Haus gesprengt hat. Er hätte es melden sollen. Hat er nicht. Sein Fehler. Erneutes Schweigen. Durch das zerbrochene Fenster dringt ein Windhauch in das Zimmer. Die aufgeregten Stimmen der Menschen auf der Straße sind zu vernehmen. Parker macht Anstalten, vom Schreibtisch aufzustehen. Plötzlich ruft Percy in dem Raum, den Blick an die Wand geheftet. Wie hieß Parcival, wie hieß Lutece mit Vornamen? Er kann hier nicht raus, ohne Luteces Vornamen zu kennen. Er steht ruckartig auf und beginnt die Hinterlassenschaften des Verstorbenen zu durchsuchen. Skizzen. Aquarellstifte und Kohle. Durchaus hübsch anzusehen. Charakterstudien der Gruppe, in Situationen des Alltags. Parker, wie er mit einer Waffe in der Hand nachdenkt, als wäre er kurz davor, eine Tür einzutreten, nur 10 jahre jünger. Preston über ein Notebook gebeugt, daneben undefinierbare Technik. Percy, vertieft in ein Buch, nicht klar erkennbar, aber wichtig wirkend. Im Portemonaie die Ausweisdokumente. Gerade Michael Lutece. Ein abgegriffenes Foto einer gesetzten Dame in ihren späten 40ern, daneben ein junger Mann, lächelnd, mit stolzgeschwellter Brust, in der Uniform eines New Yorker Polizeiangehörigen. Ein wenig versteckt ein weiteres Foto, neueren Datums. Ein Bild von einer strahlenden jungen Frau vor einer anscheinend neu eröffneten Galerie. Darunter in einer geschwungenen Handschrift ein Satz. For my crime-fighting artist – don’t forget what you are fighting for. XXX claire
  2. EXEUNT - BROADALBIN II Immer noch in der Lobby stehend, auf halbem Wege zwischen Aufzug und Rezeption positioniert, hält die Gruppe erneut inne. Ist der Fahrstuhl funktionstüchtig oder wäre die Treppe die bessere Wahl? Sollten sie wirklich nach oben gehen, um das Melonia zu holen? Kann man Losette ehrlich trauen? Selbiger wirft immer wieder aus den Augenwinkeln kurze, huschende Blicke zu Mr. Rabel und den anderen herüber. Als Ihnen dies nicht mehr entgeht, räuspert er sich und fragt, ob er noch etwas für sie tun könnte. Die Intervention genügt, um den kurzen Weg Richtung Fahrstuhl abzuschließen und in die gerade ins Erdgeschoss einfahrende Kabine zu treten, aus der heraustretend sich ein Mann in Sträflingskleidung an Mr. Wilson vorbeischiebt. Mr. Thal blinzelt. Hatte nicht Lundine nach einem Herrn Decraig gefragt, der solch zweifelhafter Mode frönte? Bevor er weiter darüber nachdenken kann, ist die Gestalt verschwunden und die Herren treten ein. Nervös befühlt Lutece die Innentasche seines Anzugs. Schon seit er am Kamin in Gegenwart der kleinen Emeline erwacht war, fragt er sich, wo das Drehbuch verblieben sein mochte, welches ihm der seltsame Mann auf der Flucht aus der Realität gen Broadalbin in die Hand gedrückt hatte. Er hatte es eingesteckt, doch befindet es sich nicht länger an seinem Körper. plagiate, wohin man nur blickt Um sich abzulenken, blickt er sich in der kleinen Kabine um. Der alte Aufzug muss wohl einst ein Wunder des viktorianischen Zeitalters gewesen sein, doch nunmehr wird er nur noch von Punktschweißungen, schwarz lackierten Metallklammern, die mehr schlecht als recht zum Eisen passen, und sogar von Abschnitten eines leidlich versteckten Seils zusammengehalten. Es rattert und klappert, als sich der Boden durch die plötzliche Veränderung des Gewichts unmerklich absenkt. Die Lobby und die Wände sind durch den sich hinter den Eintretenden schließenden Eisenkäfig hindurch sichtbar. Rabel muss den unwillkürlichen Gedanken unterdrücken, dass die Kabine im Falle eines Schusswechsels wohl nur begrenzt Schutz bieten würde. Ein ältlicher Mann begrüßt sie pflichtbewusst und mit einem befremdlich gekünstelt wirkenden italienischen Akzent. Er trägt ein übergroßes Pagenkostüm, welches ihm bis zu den Knöcheln reicht und an den Handgelenken baumelt. Hinter ihm sind in eine hüfthohe Mahagonileiste eingelassen nur die Pfeile "UP" und "DN" zu sehen, keine Nummern oder Etagenmarkierungen. Fragend blickt er in Richtung der Gäste. Thal bittet um Beförderung in den sechsten Stock. Der Mann lächelt. Seine Hand ruht auf einem empfindlich wirkenden Richtungshebel mit goldenem Griff, den er mit sanfter Präzision nach unten zieht, während er die UP-Taste betätigt. Der Aufzug setzt sich in Bewegung und der alte Liftboy bemüht sich um freundliche Konversation. Er stellt sich als Guido „Charley“ Antonucci vor und nach einem kurzen zwanglos-belanglosen hin und her fragt er seine Gäste nach dem Grund ihres Hierseins. Kurze Blickwechsel, nicken. Man sucht eine Freundin. Abigale. Ob er sie vielleicht kennen würde? Für einen kurzen Moment ruckt der Fahrstuhl, als Charley unwillkürlich die Hand vom Hebel nimmt, bevor er sich seiner Tätigkeit besinnt. Ein angedeutetes, leicht nervös scheinendes Kichern durchzieht seine Worte. Ja, er erinnere sich an sie, doch sei sie aller Wahrscheinlichkeit nach mittlerweile nicht länger Gast. Wohin sie ihr Weg geführt hätte? Ein erneutes lavierendes, halb unterdrücktes Lachen. In Richtung des Kellers. Ob sie auch dort herunterkönnten? Nun, eigentlich wären die Stockwerke unterhalb der Lobby dem Personal vorbehalten, aber diverse Gäste würden diese Regel… flexibel interpretieren. Gleichwohl würden die Angestellten des Hotels ein solches Eindringen in ihre angestammte Sphäre, die Wäscherei, die Küche, die Unterkünfte, nicht sehr schätzen. Andererseits freue im Besonderen er sich stets über Gesellschaft. Falls Interesse bestünde, könnte er sie gegebenenfalls einmal zum Essen herunterholen? Vielleicht ergäbe sich ja bei dieser Gelegenheit eine Möglichkeit, um sich einmal ein wenig umzuschauen. Ein kurzes, verblüfftes Schweigen, der Fahrstuhl rastet mit einem Glockenschlag im sechsten Stock ein. Natürlich möchte er sich nicht über das Verhältnis zwischen Hotelangestellten und Gästen erheben, setzt er noch leicht peinlich berührt nach, doch Thal unterbricht ihn. Sehr gerne würden sie auf dieses Angebot zurückkommen. Charley lacht noch einmal leicht nervös und öffnet die Tür. Er verabschiedet sich von den vier Herren namentlich und bietet dem arg übermüdet wirkenden Mr. Wilson an, ihm einen Kaffee auf sein Zimmer bringen zu lassen, worauf dieser dankend eingeht. niemand fragt ihn je nach seinen puppen Ein seltsamer Zeitgenosse. Kann man seinen Aussagen über Abigale Glauben schenken? Was sollte sie im Keller suchen? Und ist der auf dem Silbertablett servierte Weg in den Selbigen eine Falle? Die Vier sind sich nicht gänzlich sicher, inwieweit Charlies Verhalten und nicht zuletzt die Einladung nach einer weniger als 60-sekündigen Unterhaltung genuinen Grund zum Misstrauen bietet oder statistisch nicht vom Grundrauschen der Normbefremdlichkeit des Broadalbin zu unterscheiden ist. Verhalten stimmt man letztlich darin überein, auf das Angebot am Abend einzugehen, sofern sich keine bessere Alternative ergibt. Doch wann ist überhaupt Abend? Gemeinsam betritt man Wilsons Zimmer. Seine auf der Flucht unter großen Strapazen mitgeschleppte Ausrüstung findet sich zu seiner großen Erleichterung sauber verstaut in den hoteltypischen hölzernen Schränken und Schubladen. Ein größeres Problem stellt allerdings die Stromversorgung dar. Während das Broadalbin durchaus elektrifiziert ist, sind im Raum nur zwei antiquiert wirkende Steckdosen verbaut, in denen das Telefon und die Schreibtischlampe stecken. Wilson überprüft den Akkustand seiner wichtigsten Geräte. Seine Drohne könnte unter Volllast noch sieben Minuten, sein Laptop eine knappe Stunde betrieben werden. Thal wirft Rabel einen kurzen, fragenden Blick zu und nickt in Richtung des gedankenverloren an die Wand starrenden Lutece. Rabel schüttelt den Kopf. Er blickt in Richtung des Bettrandes. Statt einer Gideon-Bibel hatte sein Nachttisch ein leeres rotes Büchlein enthalten, gleich jenen, die Barbas in seiner Wohnung als Rohling des Stückes benutzte. Was würde er hier finden? Er öffnet die Schublade. Eine Kopie von Nightsea, deren Cover von Zwillingssonnen dominiert wird, welche in einem See versinken. JEDE GESCHICHTE KANN EIN ENDE FINDEN Es klopft. Ein unauffälliger, ein wenig picklig wirkender, junger Mann ist durch den fischäugigen Türspion erkennbar, ein Tablett vor sich balancierend. Wilson nimmt seinen Kaffee in Austausch für eine Wertmarke in Empfang - koffeinerstarkt beendet er seine Arbeiten einige Minuten später und die Gruppe macht sich auf den Weg zum schräg gegenüberliegenden Zimmer. Lutece Unterkunft. Auf dem Gang legt Rabel Thal kurz die Hand auf die Schulter und nickt ihm kaum merklich zu. Lutece betritt sein Zimmer, gefühlt zum ersten und hundertsten Mal zu gleich. Alles, was er bei sich trug (ergo nicht sehr viel) ist auch hier ordentlich eingeräumt. Auf seinem Schreibtisch sieht er das Drehbuch liegen. "HER GREY SONG von B. Padgett". Er schlägt es auf. Ein Off-Broadway Theaterstück aus dem Jahr 1955. Wenn auch durch Regieanweisungen und Hinweisen auf Requisiten ergänzt - der Text ist ihm bekannt, er ist identisch mit jenem des roten Büchleins, welches er gestern, vor Wochen, Monaten auf seinem Bett sitzend, gelesen hatte. Im Inneren sind alle Abschnitte für DEN KÖNIG mit rotem Buntstift unterstrichen. Erst, als er den Blick von den Seiten löst, bemerkt er, dass Percy, Preston und Parker sich strategisch im Raum positioniert haben. Es scheint merklich kühler geworden zu sein. Er atmet tief ein und blickt jeden Einzelnen von ihnen nacheinander in die Augen. Dieser Moment ließ sich nicht ewig herauszögern. Parker weist Preston an, das Zimmer zu durchsuchen, ohne seinen Blick von Lutece zu nehmen, die Hand demonstrativ an der Hosentasche, in der sich sein Messer befindet. Schweigen. Schließlich ist es an Percy, die offenkundige Frage zu stellen: Wieso hat er sie verraten? Nach all den Jahren? Lutece scheint irritiert. Als Parker und Percy darlegen, was nach dem Verschwinden von Agent Parcival passierte, wirkt er genuin überrascht und erschüttert. Insbesondere Parker fällt es ob der offenkundigen Naivität von Lutece zunehmend schwer, ruhig zu bleien. Doch bevor er etwas sagen kann, ergreift Percy erneut das Wort und bekräftigt sein Drängen nach Antworten: Warum? Was war der Plan? Eine geradezu flehende Verzweiflung liegt in seiner Stimme. Parcival legt das Theaterstück zur Seite. Er greift in die Innentasche seines Anzugs und zieht etwas hervor. Es ist die Nachricht Abigales, die ihm das Uhrwerkkind nach ihrer Flucht aus der Anstalt überbracht hatte. Go now, Find the hotel, the labyrinth, the author, his bottle, The city, the lake, its shadow, the battle, Then, the party, the dance, the girl in blue, the one singing, “Nothing is true, except out is through” Love and kisses, Abby Die anderen kennen sie, doch stellt er sicher, dass alle drei sie noch einmal sorgfältig gelesen haben. Er beginnt davon zu erzählen, wie er über die vergangenen 20 Jahre zunehmend verstand, wie sinnlos ihr Kampf war. Dass sie die Apokalypse allerhöchstens noch einen weiteren Tag auf Distanz halten, der Menschheit ein paar weitere Stunden seliger Unwissenheit erkauften. All die Toten. Die Unschuldigen. Die Mitwisser. Die Familien. Warum? Wofür? Die Zweifel wurden stärker, Mission für Mission. Doch als er Abigales Nachricht las, waren all die Stimmen in seinem Kopf verstummt. Alles, was blieb, war die glasklare Gewissheit, dass ihre Worte einer tiefgreifenden Wahrheit Ausdruck verliehen. Dass sie ihre Botschaft beherzigen und tiefer in den Kaninchenbau vorstoßen, die Flasche finden und überbringen, sich auf den Tanz jener Mächte, die so viel größer waren als sie selbst, einlassen müssten, oder ihre Existenz und mit ihr möglicherweise alles, was sie zu kennen geglaubt hatten, dem Untergang geweiht war. Nothing is true, except out is through. Parker ignoriert Lutece emotionalen Appell. Kalt fragt er ihn, was Wist im Gegenzug für seine Hilfe verlangt hatte. Erst ausweichend ergibt sich im Wechselspiel mit Parkers unerbittlichen Fragen nach und nach ein Bild dessen, was Lutece getan hatte – der USB-Stick, das Empire-State-Building, der Server, das Z̵eich̵en̵͛ͅ. WILDE HAT SEINE ROLLE ERFÜLLT Schweigen. Wortlos greift Parker nach dem Drehbuch und schlägt die letzte Seite auf. Er erkennt ihren Text aus den wenigen Zeilen von Moseby’s Übersetzung wieder. Das Stück. Schließlich fragt Percy, was Parcival im Angesicht seines Verhaltens für angemessen hält. Lutece weiß es nicht. Doch mit einem höhnischen Lachen ergänzt er, dass Parker mit Sicherheit eine Idee hat, erkennt er doch in seinen Augen exakt den gleichen Glanz, der ihn bis in seine Träume heimgesucht hat, nachdem sie zum Abschluss einer Operation „aufgeräumt“ hatten. Parker übergeht Luteces Kommentar und weist Preston an, zu prüfen, welches Buch in der Nachttischschublade zu finden ist. Es ist „A World Without Doors“, verfasst von Emeline Fitzroy. Parker weiß nicht ganz, was er erwartet hat. Er setzt sich auf die Kante des Bettes und beginnt zu erzählen. Von seiner Zeit in der Gruppe. P-Cell. Der alten P-Cell, vor Parcival, Preston und Percy. Von Agent Portia. Oder dem, was einmal Agent Portia gewesen war. Wie sie einfach nicht sterben wollte. Bittete und bettelte. Und er sie zusammen mit Agent Phillip trotz allem verbrannte. Wie sie schrie, solange ihre Lungen noch dazu in der Lage waren. Und wie Phillip danach seelenruhig seine abgesägte Schrotflinte an sein Kinn legte und abdrückte. Parkers Stimme war kontinuierlich lauter geworden. Mittlerweile schreit er sein Gegenüber an. Woher er die Unverfrorenheit nähme, ihm die unvermeidbaren Opfer ihrer Arbeit vorzuwerfen? Ob Lutece auch nur den Hauch einer Ahnung hätte, was Parker aufgegeben hat, was er verloren hat? Er hat keine Familie mehr. Er IST Delta Green. Und nunmehr hat er alles verloren, was ihm geblieben war. Wegen ihm. Parcival ist der Grund, warum A-Cell sie zum Abschuss freigegeben hat. Er und sein kleinliches Denken, sein Festhalten an Moralvorstellungen, die im Angesicht ihres Kampfes nur als absurd zu bezeichnen sind. Sein heuchlerisches Betrauern von Bauern, die nicht einmal wissen, auf welchem Spielbrett sie sterben mussten. Und im Angesicht all dessen besitzt er die Unverfrorenheit Parker mit einer derartigen Mischung von Unfähigkeit und Idiotie entgegenzutreten? Hatte er in den vergangenen 20 Jahren IRGENDETWAS gelernt? Verbleibt ein einziger, nur EIN EINZIGER Grund, weshalb die anderen ihn am Leben lassen sollten? willkommen auf der bühne Lutece schluckt und streicht sich einige Tropfen Speichel von der Wange, während Parkers bellende Stimme mehr und mehr einem unverständlichen Flüstern und Säuseln weicht. Percy sucht Parcivals Blick. Möglicherweise kann er am Leben bleiben und einen Beitrag zu dieser Operation leisten. Doch dafür muss er für einige Zeit betäubt werden. Parker blickt Percy fassungslos an. Parcival nickt.
  3. EXEUNT - BROADALBIN I Mr. Wilson erwacht. Eine in die Jahre gekommene, doch großzügige und bequeme Couch mit rotem Samtbezug quietscht kaum vernehmlich unter ihm, als er sich umblickt. Zwei kurze Marmorsäulen, die von vergoldeten Wasserspeiern gekrönt werden, flankieren die Eingangstüren der Lobby. Jeder Wasserspeier hat eine Gasflamme in seinem Mund, an der sich Raucher Zigaretten anzünden können. Vereinzelte Gestalten auf anderen, gemütlich wirkenden Sitzmöbeln sind in der Halle verteilt, ins Leere starrend, wohl in Gedanken oder stummer Erwartung. Er muss eingenickt sein. Broadalbin wirkt, als wäre es dem Verfall preisgegeben. Früher wurden keine Kosten gescheut. Als seine Mahagoni-Portale zum ersten Mal geöffnet wurden, muss es ein herrlicher Anblick gewesen sein. Jetzt scheinen Goldverzierungen, schuppige und abblätternde Tapeten, pockennarbige Geländer und ausgefranste und dünne Teppiche eklektisch rearrangiert, wie um die schlimmsten Mängel zu verdecken. Eine Stimme reißt ihn aus seinen Gedanken. Ein Mann, am anderen Ende der Couch, in anachronistischster Kleidung, knapp einen Meter von ihm entfernt. In altertümlich anmutenden Französisch versucht er Wilson in ein Gespräch zu verwickeln, welches jedoch schnell an der offenkundigen Sprachbarriere zu scheitern verdammt ist. Wilsons Blick schweift in Richtung der Wand. Innerhalb ziselierter Goldverzierungen zeigt die Tapete ein sich wiederholendes Motiv von winzigen, sich wiederholenden Kinderclowns, die an einer Schnur einen gewundenen Drachen hinter sich herziehen. DER URSPRUNG DES CLOWS Mr. Rabel erwacht. Es fällt schwer, sich genau zu erinnern, welche Abfolge von Ereignissen dazu führte, dass er nunmehr vollbekleidet auf einem Bett inmitten eines Hotelzimmers liegt, welches eine exakte Kopie des Raumes zu sein scheint, in den er dereinst hineingeschwommen war. War das vor vier Tagen? Wochen? Monaten? Er schaut sich um. Eine Toilette scheint es nicht zu geben. Seine Kleidung ist dafür sauber im Schrank verstaut und zusammengelegt, sein Helm geradezu liebevoll darauf drapiert. Er spürt das Gewicht seines Messers an sich, doch zeitigt auch eine längere Suche keine Klarheit ob des Verbleibs seiner sonstigen Bewaffnung. Die Akten des Deuxieme Bureaus liegen auf dem Nachttisch, wohlverstaut in der altbekannten Bleitasche. Im Schubfach darunter findet sich gleichwohl keine Gideon-Bibel, stattdessen jedoch ein rotes Büchlein, wie jene von Barbas. Rabel atmet tief ein und schlägt die erste Seite auf. Es ist leer, leer wie sein Notizbuch. Mit einer Ausnahme – ein Blatt in seiner Handschrift, darauf die Namen Linz verachtenswert Carun inkompetent Barbas Moseby armselig und – durchgestrichen, doch dann erneut überschrieben – Fitzroy infantil die letzten vier mit Fragezeichen versehen. Die Schreibmaschine des ersteren befindet sich auf dem Schreibtisch, doch ist dies nicht Zimmer 616. Ein Blick auf die Durchwahl des Telefons bringt Klarheit. Zimmer 618. SECHSTER STOCK? INTERESSANT Rabel resigniert. Es mangelt an Gas, um diesen Vektor auf die althergebrachte Art zu beseitigen. Er nimmt die Karte des Stockwerks aus dem Feuerschutzplan, packt seine Ausrüstung (soweit noch vorhanden) zusammen) und setzt seinen Helm auf, bevor er auf den Hotelflur hinaustritt. Irgendwo müssen die anderen sein. Mr. Thal erwacht. Sein Kopf zuckt von einer holzvertäfelten Bartheke nach oben. Ein kleiner, schmaler, aber zwei Stockwerke hoher Raum, der vor den Blicken der Kunden an der Rezeption durch Doppelschwingtüren geschützt ist. Einige Angestellte sitzen in der Ecke und rauchen. Zeitschriften, alte Bücher und Zeitungen aus den 1920er und 1930er Jahren liegen verstreut auf einem schmalen Regal, das den Raum auf halber Höhe umgibt. Ein langer, schmaler Teppich zieht sich von den Türen bis zur anderen Seite des Raums. Ein kleiner, eiserner Industrieventilator ist in die Holzdecke eingelassen, um Zigarettenrauch zu vertreiben. Es riecht nach Schnaps. Ein dicklicher, älterer Mann in einer knisternden Plastiksilberrobe tippt ihn wiederholt mit seinem Zeigefinger an. Neben ihm liegt eine weiße Pappmache-Maske. Vage, traumgleiche Erinnerungen scheinen zu implizieren, dass er bereits seit längerer Zeit hier ist, doch fühlt er sich instinktiv genötigt, in Erfahrung zu bringen, ob sein Gegenüber es „ebenfalls gerade herausgeschafft“ hätte. Der Mann, der sich als Henry Lundine vorstellt, blickt Thal nur verständnislos an, ein Zustand an dem auch Verweise auf die Geschehnisse im Rahmen der ENCOUNTER GROUP-Sitzung nichts ändern können. Er sei hier, um einen König zu treffen, gekommen durch eine Tür, die er in seinem Haus in New York gefunden hat, als er das Dach betreten wollte. All das hätte er doch bereits mehrfach erklärt, ob sich sein Gegenüber nicht gut fühle? Vielleicht sollten sie eine Kleinigkeit essen gehen. Thal weiß, dass er jeden Tag zwei neue Wertmarken für Essen vom Auto-Mat in der Lobby bekommt. Er zieht sie aus seiner Hosentasche und schließt sich Mr. Lundine an. Mr. Lutece erwacht. Der Grund ist ein schwaches Ziehen an seinem Anzug. Auf der Suche nach seinem Ursprung fällt sein noch minimal von Traumfragmenten verwirrter Blick zuerst auf mehrere knisternde Kaminfeuer in seiner Nähe, Feuerschalen mit Toastscheiben, die von ein, zwei Gästen in Lehnstühlen und Sesseln um ihn herum in die Flammen gehalten werden und schlussendlich auf die lange Wand mit kleinen, verglasten Fensterchen, mit einzelnen Gerichten gefüllt oder leer, hinter ihm. Der Speisesaal. Ein leises, sonores Schnarchen legt nahe, dass er nicht der einzige ist, der sich Orpheus Griff, in eines jener bequemen Sitzmöbel gebettet, nicht entziehen konnte. Er ist durchdrungen von einem kaum charakterisierbaren Gefühl der Erleichterung und des allgemeinen Wohlbefindens. Doch bevor seine Gedanken weiter davondriften, erinnert er sich wieder des nunmehr beharrlicher werdenden Ziehens an seiner Kleidung, welchem nunmehr durch eine piepsige Stimme Nachdruck verliehen wird. Ein blasses junges Mädchen, kaum 12 Jahre alt, mit einem schwarzen Haarwirrwarr, gehüllt in ein leicht altmodisches, weißes Nachthemd, erinnert ihn mit der gespielten Andeutung eines Vorwurfs daran, dass er doch mit ihr das Gebäude weiter erkunden wollte. Er blinzelt sie an, lächelt und nickt. Sie greift nach Luteces Hand, blickt zu ihm herauf und fragt mit kindlicher Neugier, was ihn eigentlich hierhergeführt hätte. Nach kurzem Nachdenken entgegnet er, dass er und seine Freunde auf der Suche nach einem Mädchen gewesen seien, kaum älter als sie es sei. Doch das Kind runzelt die Stirn und unterbricht ihn. Mit einer seltsamen Sicherheit in der Stimme stellt sie fest, dass Abigale natürlich älter als sie gewesen sei. Sie hält inne, scheinbar von sich selbst überrascht. Mit einem erneuten warmen Lächeln überwindet Lutece die kurze, etwas unangenehme Gesprächspause. Er stellt sich als Künstler vor, worauf ihre Begeisterung geweckt ist – könnte es wohl sein, dass Mr. Lutece schreibt? Er verneint und stellt die Gegenfrage. Das Mädchen beginnt geradezu zu leuchten, als sie erwidert, dass sie für ihr Leben gerne schreibe. Mit einem gewissen Stolz fügt sie hinzu, dass ihre Mutter ihr gesagt hätte, sie sei gar eine Art Wunderkind. Ein Verdacht beginnt sich in Lutece Gedanken zu formen, als er das Kind nach seinem Namen fragt. Das Mädchen reagiert spielerisch enerviert – wie hat er es denn nur geschafft, zu vergessen, dass sie Emeline heißt. Emeline Fitzroy. hier schrieb sie ihre geschichte – UND WAS NOCH? Thal und Lundine durchschreiten die Bar. Nach einem kurzen Monolog über die wechselhafte Qualität der im Hotel feilgebotenen Speisen versucht Lundine seine Begleitung stärker in ein Gespräch einzubinden, er selbst sei ja nur auf der Durchreise, um besagten König zu treffen, aber was führte ihn eigentlich ins Broadalbin? Thal reagiert einsilbig – eine Freundin versuche er zu finden, welche im sechsten Stock residiere. Lundine schüttelt ungeduldig mit dem Kopf. Er hätte diese Abigale ja schon mehrfach erwähnt und sein Zimmer befände sich ja ebenfalls im sechsten, worin genau liegt denn eigentlich das Problem? Gegebenenfalls könne er sich ja auch einfach an Losette wenden, und deutet auf den Mann hinter der Rezeption, der gerade leicht konsterniert einem Franzosen in altmodischem Kostüm lauscht, offenkundig ohne dass auf beiden Seiten auch nur ein Hauch von Verständnis für den jeweils anderen existierte.losette ist ein unruhestifter Als Thal Lundines Geste folgt, erstarrt er in der Bewegung, als er in der Nähe jener babylonischen Sprachverwirrung den etwas orientierungslos wirkenden Mr. Wilson entdeckt. Lundine zuckt mit den Schultern und geht bereits vor, um Plätze zu reservieren, während Wilson und Thal ihre Erinnerungen und Erkenntnisse austauschen. Wie lange sind sie schon hier? Was haben sie in dieser Zeit getan? Wo war Agent Parcival und was hatte er getan? Keiner von beiden hat Antworten auf diese Fragen, doch Wilson erinnert sich zumindest an Lundine. Der Mann, der durch die labyrinthischen Tunnel unter dem Dorchester House rannte, als Bael sie zum Theater führte. ER WAR NIE FÜR SEINE PÜNKTLICHKEIT BEKANNT Rabel steht in einem Gang, der ihn auf unangenehme, aber penetrante Weise an die Korridore in den befremdlichen höheren Stockwerken des Macallistars erinnert. Vorsichtig, geht er zum Nachbarzimmer. 616. Er hält die Luft an, die Hand am Messer in seiner Tasche, und klopft. Die Stimme auf der anderen Seite ist nicht Linz, als sie fragt, was los sei. Rabel stellt sich mit korrektem Namen vor. Die Tür öffnet sich. Ein junger Mann, der eine weiße Wehrmachtswinterjacke trägt und ein Gewehr hinter sich herzieht. Er blickt angestrengt in Rabels Gesicht, den Helm auf seinem Kopf vollkommen ignorierend. Pvt. Labolas kenne einen David Rabel, der ihm ähnlich sähe. Könnten die beiden verwandt sein? Rabel lügt über die Verwandtschaft zu seinem Onkel und entgegnet, dass die beiden entfernte Cousins seien. Je mehr Labolas Vertrauen zu seinem Gegenüber fasst, desto offenkundiger wird, wie verwirrt und hilflos er scheint. Er behauptet, er sei in einem großen französischen Haus mit vielen "verrückten" Türen während der Ardennenschlacht 44 in den Kampf verwickelt gewesen, aber dann hier aufgewacht. Weiß nicht, welches Jahr es sei. Die Zeitungen, die er findet, sind aus den 20ern und 30ern, doch die Schlagzeilen sind fremdartig. Ist er in einer Nervenheilanstalt? Nach kurzem Zögern entgegnet Rabel, dass es 1945 sei. Der Krieg wäre gerade vorbei und er wäre nach einer Verwundung wohl hier untergebracht worden. Aus unsagbar müden Augen blickt der kaum 30-jährige Soldat Rabel an, offenkundig, dass er an seinen Worten zweifelt. Er ahne, dass er sich in der Vorhölle befindet. Nur wie lange noch? WIE IN TRANCE SAH ER DEN CLOWN DURCH DIE GÄNGE TANZEN Emeline zieht Lutece Hand in Hand flink aus dem Speisesaal heraus und durch die Lobby hindurch, doch auf halben Weg hört er vertraute Stimmen in der Nähe der Rezeption. Mr. Thal und Mr. Wilson. Er erstarrt. Auf Emelines fragenden Blick hin erklärt er, dass die beiden Freunde seien, sie sich jedoch nicht unter den besten Umständen getrennt hatten. Nach kurzem Nachdenken entgegnet sie, dass echte Freunde einander verzeihen können. Mehr zu sich selbst gerichtet nickt Lutece und geht auf die beiden zu. Die beiden reagieren kühl, doch haben kaum eine andere Wahl als im Angesicht des Mädchens aufzutauen. Lutece stellt sie als Polizisten vor. Oder Leute, die für die Polizei gearbeitet haben. Arbeiten werden? Emeline ist irritiert, dass ihr Begleiter anscheinend Probleme mit Tempusformen hat, welche doch selbst ihre unfähigsten Altersgenossinnen beherrschten. Er antwortet ausweichend. Plötzlich weiten sich die Augen der Kleinen und ihr Mund verzieht sich zu einem verschmitzten Grinsen. Ob die vier aus der Zukunft kämen? Menschen aus der Vergangenheit gäbe es ja auch, wie zum Beispiel diesen „komischen Mittelalterfranzosen“. Doch mit einer für ihr Alter überraschenden Luzidität erkennt Emeline, dass die drei wohl einige Dinge ohne sie besprechen müssen und bietet an, sich zurückzuziehen, wenngleich es ihr schwer fällt, ihre Enttäuschung zurückzuhalten. Lutece bittet sie, kurz zu warten und zieht aus seiner Tasche die Skizze der Judgement-Tarotkarte, die er dereinst im Traum gesehen hatte. Er bittet sie, darauf aufzupassen, bis sie sich endlich (bald!) wiedertreffen könnten, um das Hotel gemeinsam zu erkunden. Voller Bewunderung für die Kunstfertigkeit nimmt sie Lutece die Zeichnung ab. Tatsächlich kennt sie das Motiv. Lady Trionfi hätte ihr ebenfalls bereits die Karten gelegt. Sie sei irgendwo in einem der höheren Stockwerke. Nachdem sich das Mädchen verabschiedet hat, reden die drei. Agent Parcivals Handlungen werden hierbei für den Moment ausgespart, stattdessen stehen drängendere Fragen im Zentrum: Sie sind alle aufgewacht – was, wenn sie hier immer wieder aufwachen, ohne sich erinnern zu können? Sie müssen sich sammeln, brauchen Parker und müssen Notizen machen. Sie gehen zusammen in den Essenssaal, wo Lundine ihnen bereits den Platz reserviert hat. Ziellos streift Rabel durch die Korridore des Broadalbin. Die Gänge sind im Gegensatz zum Macallistar klar begrenzt und scheinen der Karte zu entsprechen, die er aus seinem Zimmer mitgenommen hatte. Doch die Anzahl der Stockwerke selbst, das ist eine andere Frage. Er meidet den altmodischen Fahrstuhl und erwidert das freundliche Grüßen des Liftboys nur halbherzig, während er die Treppen nach oben geht. Im 30. Stock angelangt, ist er schwer atmend davon überzeugt, dass das Hotel nicht enden wird. Er muss die Anderen finden. Den einen oder anderen Gast passierend, macht sich Rabel auf den Weg zum Speisesaal. Wilson, Lutece und Thal setzen sich neben den bereits essenden Lundine, welcher im Angesicht der gehörigen Verspätung seiner Begleitung und der nicht abgesprochenen weiteren Gäste, mit denen er nunmehr seinen acht Plätze (davon bisher sieben leer) teilen muss, finster in Richtung der Kamine starrt. Thal blickt ebenfalls zum Feuer, doch treiben ihn kulinarische Gelüste um. Er muss einfach einmal einen dieser gerösteten Toasts probieren. Als er die paar Schritte zur langen Wand mit den kleinen, verglasten Speisefenstern geht, um sich etwas Weißbrot zu holen, bemerkt er ein Fragment einer eingerissenen LSD-Pappe, die wohl ein Stück des verrückten Hutmachers aus Alice im Wunderland abbildet. Er erinnert sich gut daran, dass Nathan diese häufiger gekauft hatte. Mr. Wilson bemerkt eine alte Frau mit schütterem, grauem Haar und einer abgemagerten Figur, die ein Nachthemd und Hausschuhe trägt. Lundines finstere Blicke über den Rand seines Sandwiches hinweg können sie nicht davon abhalten, sich dem Tisch zu nähern. Sie schleppt eine veraltet aussehende medizinische Infusionsleitung hinter sich her, die noch an ihrem inneren Ellbogen festgeklebt ist. Ihr Gesicht ist voller Staunen. Sie behauptet, sie sei hier, um ihren Sohn zu sehen, der "im Hotel wohnt" und um seinen Namen von den Morden reinzuwaschen, die ihm die Polizei angehängt hat. Ob sie ihn wohl gesehen hätten? Sein Name sei Asa Daribondi. Wilson und Lutece verneinen, Lundine ebenfalls, doch nicht ohne der suchenden Mutter klarzumachen, dass seines Erachtens nach ihr Nachwuchs zwar ein Genie sei, gleichwohl allerdings schon im Bauprozess seines Hauses durch seine mentale Labilität aufgefallen war. Er jedenfalls zweifle nicht daran, dass Daribondi die Kinder tatsächlich ertränkt hätte. Für einen kurzen Moment ist der Blick der alten Dame von Verzweiflung und Wut gezeichnet, bevor sie inne hält und langsam, ohne weitere Worte, davonzieht. die wahrheit schmerzt Rabel ist im Essenssaal angekommen und bemerkt den nachdenklich auf einen kleinen Papierfetzen starrenden Thal. Beide setzen sich über das bisher Geschehene ins Bild, bevor sie zum Tisch gehen. Die Stimmung ist erwartungsgemäß ein wenig unterkühlt, als sich die Blicke von Rabel und Lutece treffen, doch kommen alle schweigend darin überein, schwere Gespräche bis auf weiteres zu vertagen. Gleichwohl stellt Lundine mit leichter Indignation und minimal übertriebener Lautstärke fest, dass er sehr wohl merke, wenn er nicht erwünscht sei und sich deshalb nunmehr zurückziehen würde. Nach kurzer Unterhaltung ist klar, dass zumindest in einem wesentlichen Punkt Einigkeit zwischen den vier Gentlemen herrscht, ein Punkt, in dem sie sogar Lundine zustimmen müssen. Sie müssen Abigale finden. Und möglicherweise ist der einzige, der ihnen hierbei weiterhelfen kann, tatsächlich der seltsam alterslose Rezeptionist, Elmer Losette. Doch dieser hält sich bedeckt, zumindest ohne Gegenleistung. Und so kommt man darin überein, dass er den Herren gegen eine kleine Gebühr von Melonia-Samen Auskunft gewähren würde…
  4. Like a Map Made of Skin IV (Finale) Die Reste von P-Cell fahren in ihren von Kugeln durchsiebten Land Rover durch die Nacht Neu Englands. Sie sind erschöpft. Sie sind verwirrt von dem, was gerade passiert ist. Sie sind müde. Doch bevor an Schlaf auch nur zu denken wäre, müssen sie den Wagen loswerden. Mehr träumend als wachend und auf in all den Jahren internalisierte Reflexe bauend, stiehlt Parker einen rostigen Ford und entsorgt den Rover im Sumpf, nicht weit von jener Stelle entfernt, wo schon sein alter Wagen dem Vergessen überantwortet worden war. Percys notdürftig behandelte Wunde schmerzt. JEDE FLUCHT IST DOCH NUR AUSFLUCHT L erwacht. Er hat nicht lange geschlafen und will sich auf den Weg zu jenem Ort machen, den Wist ihn als Treffpunkt genannt hatte, doch der Blick auf die Uhr zeigt, dass er noch zweieinhalb Stunden Zeit hat. Er macht sich frisch, rasiert sich, zieht seinen besten Anzug an, doch die Zeit will kaum vergehen. So fällt sein Blick auf das Buch, welches er mitgenommen hat. Und er beschließt, zu lesen. Endlich Ruhe. Abseits der Wege unter Bäumen, zwischen deren bunter werdenden Blättern die Morgensonne hindurchglimmt, versuchen Percy und Preston auf der Rückbank ihre Kräfte zu regenerieren. Parker hingegen hält Wache. Ronald Aamon Lewis, weiß, 24 Jahre alt. Ein leutseliger und offenkundig gerade angetrunkener Mann, der Pfeife raucht. Er weiß nicht, was die nächsten Stunden und Tage ihm bringen mögen, doch gibt es eine Sache, die er zu erledigen hat. Tabitha K. Flauros, schwarz, 15 Jahre. Ein kleines, schüchternes Mädchen, das eine Latzhose trägt und eine überladene Sporttasche mit sich herumschleppt. Seine… Gabe ermöglicht es ihm, Ort und Identität jedes einzelnen Dämonen der Ars Goetia zu erkennen. Huan Jen, asiatisch, 33 Jahre. Ein UPS-Fahrer am Ende seiner Schicht. Er denkt und beginnt zu schreiben. Michele J. Banister, weiß, 61 Jahre alt. Eine alte Dame mit einem "Ich möchte gerne den Geschäftsführer sprechen"-Haarschnitt und teurer Kleidung in einem Cafe. Er weiß nicht, ob er die Mission beenden kann, doch die Gruppe wird von seiner Aufklärungsarbeit profitieren. wenn nicht sie, werden es andere sein Der Fernseher reißt L nach unbestimmter Zeit aus seinen Gedanken. Es ist das unverkennbare Jingle aus Saturday Night Live. Wiewohl es weder Samstag noch Abend ist, erklingt die von einer diesmal seltsam gepressten Stimme vorgetragene, traditionelle Anmoderation. It’s live from New York! L blickt auf den Flachbildschirm. Eine leere, professionell ausgeleuchtete Bühne. Gelächter aus dem Publikum. Nicht enden wollendes Gelächter. Immer wieder prüft Parker parallel die Daten aus Barbas‘ Haus. Er ist trotz des fortschreitenden Tagesanbruchs immer noch im Haus. Wieso? Er scheint an etwas zu schreiben, murmelt vor sich hin. Parker geht die vergangenen Stunden durch: Gestern Morgen hatte er telefoniert, wirkte nervös. Das Gespräch war größtenteils einseitig, nur ein Name fiel wiederholt, wie um sich rückzuversichern, dass man das Gegenüber richtig verstanden hatte. Losette. Was ist hier los? WILDE BESITZT KOMPROMAT, ALSO MUSS WIST ES ORGANISIEREN. Die anderen wachen auf: Sie brauchen neue Burner-Phones, etwas zu essen und müssen tanken. Zudem braucht Percy früher oder später medizinische Hilfe. Eine Raststätte/Tankstelle in der Nähe des Highways wird als Ziel auserkoren. Wie immer ist es Prestons Los, die notwendigen Besorgungen zu erledigen. L bestellt ein Uber und fährt zur Stillwell Avenue Station. Hier, wo damals alles begann. Vor 20 Jahren. Die Herbstsonne scheint durch die rostigen Speichen des Riesenrades in einigen hundert Metern Entfernung. War er seitdem jemals wieder hier gewesen? Wie anders hätte sein Leben ablaufen können, wenn er in jener Nacht nicht gekommen wäre. Familien mit Kindern steigen aus der Bahn, voller Vorfreude auf den Besuch des Parks. L ist hingegen allein. Um im Wagen nicht zu viel Aufmerksamkeit zu erwecken, tippt Parker derweil geistesabwesend auf seinem Telefon herum. Als er ohne besonderen Grund sein Mail-Programm öffnet, bemerkt er etwas Befremdliches: Im „gesendet“-Ordner finden sich dutzende Nachrichten, an deren Versand er sich nicht erinnern kann. An Freunde, Verwandte, Kollegen, Medien – Exzerpte und Zitate aus dem Stück, Hinweise auf ENCOUNTER GROUP, sogar eine Nachricht an eine Druckerei, weitere Plakate und Handzettel für selbige zu drucken, wenngleich zu anderen Zeiten und an anderen Orten als auf jenem Flyer, der sie auf die Spur dieses Kreises gebracht hatte. manchmal spielt einem die Erinnerung streiche Preston wird im Inneren der Tankstelle einmal mehr kaum wahrgenommen. Er kauft einige Billigtelefone, ein weiteres Erste-Hilfe-Set und zahlt für das Benzin. Als er wieder ins Freie tritt, bemerkt er zertretenes Papier auf dem Boden. Werbung für ENCOUNTER GROUP. L hält Ausschau und identifiziert schließlich am Ende des Bahngleises einen seltsam alterslosen Mann in gelbem Kapuzenpullover, der ihm irgendwie bekannt vorkommt. Er schaut sich nervös um. Als Percy auf ihn zugeht, drückt er ihm etwas in die Hand – einen USB-Stick. Er sagt, dass seine Schuld bei Wist damit beglichen sei und steigt ohne weitere Worte in die gerade vorgefahrene Bahn. Parker ist sich sicher, dass sein Telefon in irgendeiner Form korrumpiert wurde. Er zerstört und beseitigt es, schnellen Ersatz durch Prestons Einkauf findend. Es ist klar, dass sie am Abend zum Treffen der Gruppe müssten, doch bis dahin haben sie noch einige Stunden Zeit. Percy drängt darauf, den Preis des nächtlichen Quiz abzuholen – 1000 Melonia-Samen, die in einem Postfach am Stadtrand, nicht einmal eine Stunde von hier, zu finden wären. Parker und Preston stimmen zu. L ist gerade im Begriff, wieder nach unten zu gehen, um sich ein Taxi zu rufen, als er in der Bewegung inne hält. Drei Männer, ausgestattet mit Gasmasken und Schrotflinten bewegen sich die Treppe herauf, direkt auf ihn zu. Sie blicken sich suchend um, doch scheinen sie ihn nicht zu bemerken. Das Warnsignal der Bahn ertönt. Kurz bevor die Tür schließt, springt er hinein. Der gelbe Kapuzenpulli blickt in misstrauisch an. L duckt sich, um aus dem Sichtfeld seiner Verfolger zu bleiben, doch gerade, als sich die Bahn bereits in Bewegung setzt und die Station verlässt, spürt er mehr als dass er es sähe, den Blick eines Gasmaskenträgers in seinem Nacken und eine plötzliche Schwäche überkommt ihn. Er lässt sich in seinen Sitz fallen und versucht bei Sinnen zu bleiben. Menschen blicken ihn, in seinem vollkommen aus der Norm des öffentlichen Personennahverkehrs fallenden Anzug, immer wieder irritiert bis neugierig an. SIE SIND AUF DER JAGD L fährt bis Manhattan und setzt sich in den Washington Square Park. Etwas frische Luft würde ihm guttun und er hatte ohnehin noch Zeit. Er setzt sich auf eine Bank und lässt seine Gedanken schweifen. Plötzlich – Lärm: Zwei Frauen, die in einen ernsthaften Streit verwickelt sind, der an der Grenze zur Gewalttätigkeit steht. Gelegentlich schubsen sie sich gegenseitig oder führen Drohgebärden aus, die jedoch nicht zum Ziel führen. Sie schreien sich heftig an. Spaziergänger machen einen Bogen um sie. Sieh es dir an, schreit die eine die andere an. Du musst es sehen, um es zu verstehen. Die andere weigert sich. Die beiden geraten in einen heftigen Kampf. Schau es dir an, schau. SIEH HIN! Es wird handgreiflich. Während L noch überlegt, ob er einschreiten sollte, bemerkt er ein Stück Papier, welches von einer der Streitparteien auf den Boden fallen gelassen wurde. Er blickt es an und sieht das Zeichen. Die beiden hören auf zu streiten und gehen auseinander – so als wäre nie etwas geschehen. In der Nähe eines in den Bostoner Außenbezirken befindlichen Busbahnhofs, der bereits bessere Tage gesehen hat, steigen Percy und Preston aus dem Wagen. Parker bleibt zurück und versendet von seinem nunmehr hoffentlich sauberen Burner Fotos seiner handgeschriebenen Liste an die alte Nummer, die er von A-Cell hatte. Percy und Preston bewegen sich schnellen Schrittes auf die von Graffiti überdeckten Postfächer zu. Eine Gruppe chinesischer Touristen schiebt sich aus einem Fernbus, einige Meter von ihnen entfernt. Doch die Masse umfließt mit einer unbewussten Koordination drei Gestalten, die die Asiaten überragen. Gasmaskenbewährt und kampfbereit blicken sich die Erscheinungen um, während sie sich langsam und methodisch in die Richtung von Preston und Percy bewegen. Doch schnell wird klar- sie scheinen sie nicht zu sehen, selbst als sie den Agenten so nahe sind, dass Percy das durch die Maske gedämpfte Wort „Parker“ vernimmt. Via Telefon setzen sie selbigen in Kenntnis, nehmen die Samen und verschwinden in eine nahegelegene Gasse, wo Parker bereits auf sie wartet. STATIC WEISS DASS SIE EXISTIEREN Die Backsteinwände sind über und über von abblätternden ENCOUNTER GROUP-Plakaten bedeckt. Die Uhr legt nahe, dass sie sich auf den Weg machen müssen. L will weg. Einer Intuition folgend, versucht er den Buchladen aufzusuchen, doch seine Schritte führen ihn zu Jennings Galerie. Dort, wo sich selbige befinden müsste, blickt er in die Auslagen von Robert R. Roberts Sortiment. L ist sich selbst unsicher, was er eigentlich sucht, doch der Buchhändler ergreift das Wort. Irgendetwas ist anders an ihm, doch kann er es nicht benennen. Gleichzeitig scheint es, als wäre ihm eine Maskerade zu Eigen und doch wirkt er auf befremdliche Art authentischer als bei ihrer letzten Begegnung. Mit einem Lächeln, das gleichzeitig aufrichtig und falsch wirkt, beglückwünscht Robert ihm zu seiner Entscheidung und erklärt, dass das Broadalbin eine Zwischenstation auf dem Weg zum König sei. Die Menschen würden dorthin gezogen, um nach ihrer Wahrheit zu suchen, die irgendwo unter dem Hotel versteckt ist. Einem Impuls folgend fragt L Robert, ob er ein Exemplar der Imperial Dynasty besitzen würde, doch der verneint. Gleichwohl will er nicht ausschließen, dass einer seiner zahlreichen Kunden ein Exemplar in den Untiefen des Ladens zurückgelassen hat und weist mit einer einladenden Geste in die sich in der Dunkelheit verlierenden Gänge des Geschäfts. L atmet tief ein und tritt zwischen die unzähligen, mit Büchern vollgestopften und in die Tiefe reichenden Regale, stets darauf bedacht, den Eingang nicht aus dem Blick zu verlieren. Sein Blick fällt auf ein Buch mit französischen Titel. „Les Rois maudits“. Ein kleiner Mann mit schwarzem Haar, schrecklich vergilbten Zähnen und einem pockennarbigen Teint, gehüllt in ein Wams und eine Hose, einen pelzgefütterten Mantel und Kragen sowie eine gelbe Kapuze und einen Umhang greift danach. Er sieht krank und schlecht ernährt aus, doch sein Gesicht ist von ungläubigen Staunen erfüllt. Er plappert von einer "Tür im Arbeitszimmer", die ihn hierher geführt hat, und dem "Buch der 72 göttlichen Formen". Auf die Frage, was er damit meint, erklärt er, dass ein Mann namens Bael, der vielleicht ein vom Teufel gesandter Dämon ist, sie ihm erklärt hat. Er stellt sich noch als Augustus Chastaigne vor, als von irgendwoher ein tiefer, unangenehmer Gong erklingt und er plötzlich in die Tiefen des Ladens rennt. Vor der Kirche bleibt Parker erneut im Wagen, während Preston und Percy sich für die Observation vorbereiten. Auch wenn der Gedanke, das Treffen im Keim zu ersticken, immer wieder zwischen ihnen hin und her gespielt wird, entscheiden sie sich letzten Endes dafür, keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – zumindest für den Anfang. Sie sind früh dran, doch im Inneren des auf die 1880er zurückgehenden Backsteingebäudes mit Spitzturm und einem ästhetisch wenig ansprechenden Anbau aus den späten 70ern werden die beiden bereits von einem Mann empfangen, der eine Pappmache -Maske mit einem ausdruckslosen, weißen Gesicht und ein langes silbernes Gewand trägt, das die darunter liegende Kleidung verdeckt. Wortlos gibt er jedem Agenten eine identische Maske aus einer gewachsten Pappschachtel mit aufgestempelter russischer Schrift. Die Pappmache -Masken scheinen neu hergestellt worden zu sein, jene von Percy ist sogar noch minimal feucht. Danach überreicht er jedem Agenten ein langes, silbernes Gewand aus synthetischem Stoff aus demselben Karton. Die Gewänder liegen tief genug auf dem Boden, um Kleidung und Schuhe zu verdecken. Die Kapuzen verdecken alle Haare. Als niemand ihre Identität mehr erahnen könnte, weist der Mann mit einer Geste den Weg in den Mehrzweckraum im Keller des Anbaus. L folgt ihm, doch gelingt es ihm nicht, ihn wiederzufinden. Langsam verliert er den Eingang aus den Augen, als er gedämpft durch die Wand hinter dem Regal zu seiner linken eine irgendwie bekannt wirkende Stimme vernimmt. Die Kadenz lässt auf eine Rezitation schließen, nicht irgendeine Rezitation, wohlgemerkt, L hat den starken Verdacht, die Verse selbst in dieser nur schwer zu verstehenden Form zu erkennen. Das Stück. L unterdrückt den Impuls, dem Vortrag weiter zu lauschen oder gar einen Weg durch die Wand zu finden. Stattdessen geht er zurück in Richtung Eingangsbereich. Robert wartet auf ihn, erneut mit jenem befremdlichen Lächeln. Er fragt ihn, wann der Laden entstanden sei. Doch dieser erklärt ihm, dass er die falsche Frage stelle: In der Handlung eines Buchs existiert Zeit von Kapitel zu Kapitel linear, doch ein Autor ist nicht an diese gebunden, er kann in Kapitel 2 Dinge ändern, wenn Entwicklungen in Kapitel 20 es notwendig machen. Doch wer ist der Autor? Das ist eine offene Frage. Im Auto klingelt Parkers Telefon. Die Stimme am anderen Ende ist männlich. Sie flüstert voller Grauen, dass Burbach im anderen Zimmer sei und Verstärkung benötigt würde. Auf die Frage, wer da spricht, klingt die Stimme verzweifelt – er sei natürlich Colwell, wer auch sonst? Das Gespräch wird durch ein hohles Dröhnen unterbrochen, das die Leitung kurzzeitig mit Rauschen füllt. Colwell schreit, dass er im Badezimmer eingesperrt ist. Er wird durch das Geräusch einer eingetretenen Tür und unmenschliches Gelächter unterbrochen. Er wimmert. Mit letzter Kraft flüstert er, dass Parker melden sollte, dass das Team gescheitert sei, dass das STATIC-Protocol gescheitert sei. Die Stimme in der Leitung geht in schrecklichen, gurgelnden Schreien unter, dann ertönt das Rufzeichen. ich wette, der anruf kam aus zimmer 616 Als L den Laden verlässt, hat die Dämmerung bereits eingesetzt. Es ist 20:22 und er befindet sich an jenem Ort, an dem er Robert R. Robert vor 20 Jahren getroffen hatte. Das Empire State Building ist nur wenige Blocks entfernt, seine leuchtende LED-Wall zeigt abstrakte Farbenspiele, die den Abend in ein funkelndes Licht tauchen. L betritt das Gebäude. Die letzten Touristen verlassen die Fahrstühle des prachtvollen Art Decor-Atriums. Geschäftsleute strömen an einem Rezeptionisten am anderen Ende des Saals vorbei, durch Drehkreuze hindurch, nach draußen, ihre Smartphones ans Ohr gedrückt. Er wendet sich ihm zu, legt seinen Ausweis vor und erklärt den Grund seines Hierseins – ein Verdacht auf Cyberkriminalität, für den er den Serverraum im 99. Stock prüfen muss. Das LED-Steuerungssystem, wie sein Gegenüber feststellt, als er ihn mit einem Klicken das Drehkreuz öffnet. L spürt den USB-Stick in seiner Hosentasche. Im Fahrstuhl spielt ein 13 Zoll-Monitor leise Werbung für WHERE’S ABBY - die neue Netflix-Show über das Verschwinden eines jungen Mädchens, das eine ganze Stadt in Atem hält. Der 99. Stock - ein gleichförmiger, hotelartig anmutender Gang, labyrinthisch und größer als gedacht. Niemand ist hier. Kein Bewohner, kein Wachmann – Leere. An teilweise mit Namen versehen Türen entlang, steht er schließlich vor M99. Auf Linoleumboden befinden sich 10 Stühle. Nach und nach füllt sich der Raum mit identischen, silbrigen Maskenträgern. Als die zehnte Person die Treppe nach unten gekommen ist, vernehmen die beiden einen geographisch nicht zuordbaren Gong. Alle nehmen Platz, die Agenten folgen. Einer spricht: Sagt die Dinge, von denen ihr sonst nicht sprechen könnt. Die Gruppe antwortet: Die Wahrheit leitet uns. Sprecher: Wir finden und wir kennen uns. Gruppe: Wahrheit schafft uns. Sprecher: Werden Herrscher unseres eigenen Daseins. Gruppe: Die Wahrheit befreit uns. Sprecher: Sprecht, was ihr sagen werdet Erneut erklingt der Gong und es wird dunkel im Raum. Plötzlich erhebt sich die Versammlung. Schritte sind zu vernehmen, als Stühle gewechselt werden. Percy und Preston sehen sich gezwungen, mitzuspielen. Als das Licht, nunmehr zentriert über dem Stuhlkreis, erneut elektrisch zu surren beginnt, könnte niemand mehr sagen, wer sich hinter der Uniformität der Maskerade verbirgt. L öffnet die unverschlossene Feuerschutztür. Wärme und stickige Luft dringen ihm entgegen, das gleichförmige Summen und Rumoren der Lüfter Dutzender Serverracks legt sich wie ein gutartiger Tinnitus über sein Gehör. Auf einem staubigen Schreibtisch erblickt er einen Desktop-PC, der das Herz des Systems zu bilden scheint. Er steckt den USB-Stick in die Maschine und der vormals schwarze Monitor erwacht zum Leben. Dutzende Shells öffnen sich, etwas scheint gebootet zu werden. Eine Prozentleiste füllt sich, bevor schließlich das Wort CENTRAL LED CONTROL OVERWRITE - S U C C E S S zu lesen ist. Von einer seltsamen inneren Ruhe getragen, geht L zurück zum Fahrstuhl. Kein Alarm ertönt, kein Sicherheitspersonal stellt sich ihm entgegen. Das Atrium ist menschenleer und nur mehr schwach beleuchtet. Doch im Zwielicht erkennt er unter den zwei stilisierten Sonnen des großen Wandgemäldes einen… Kasten? der dort zuvor nicht stand. Unvermittelt beginnt eine der Masken zu reden. Der Mann, der in der Wohnung gegenüber von mir wohnt, ist nicht echt. Er ist wie eine große ... Puppe. Er bewegt sich in der Wohnung und sieht manchmal fast echt aus. Aber ich lasse mich nicht täuschen. Wenn das Licht richtig ist, sehe ich seine Fäden. Schweigen. Ich weiß nicht, warum sie die Straßenschilder entfernen. Erst gestern habe ich bemerkt, dass die Nummern an meinem Haus weg sind. Sie schicken Kinder los, um das zu tun. Sie übermalen die Schilder und klauen die Nummern. Ich habe eines ihrer Verstecke gefunden, gefüllt mit Stapeln von Straßenschildern und Hausnummern. Ich weiß, dass es echt ist. Ich weiß, dass es passiert. Eine weitere Gestalt setzt an. Wenn man weiß, was man sie fragen muss, können Statuen sprechen, wisst ihr? Könnt ihr euch vorstellen, dass sie tausend Jahre leben? Sie sind immer am warten. Sie haben viele Dinge gesehen. Sie haben alles gesehen. L kommt näher. Es ist totenstill im Gebäude. Aus der Nähe betrachtet handelt es sich um ein merkwürdiges Gerät, etwa so groß wie eine Tischhockeykonsole. Es liegt flach auf dem Boden und hat keine Beine. Die Oberfläche ist mattschwarz lackiert. Auf den ersten Blick scheint sie ganz zu sein, doch in Wirklichkeit ist sie von kaum sichtbaren Linien und Scharnieren durchzogen. Er entdeckt seltsame, sorgfältig gefertigte, aufklappbare Holzteile an Metallscharnieren, Schienen und Riemenscheiben. Doch als seine Hand das Holz berührt, beginnt die Maschine zu klicken und zu schnappen. Kleine, kuriose Figuren erscheinen, Abbilder von ihm, Percy, Parker und Preston, die durch Schlitze oder Öffnungen in der Oberfläche auftauchen. Sie drehen sich und gleiten auf vertieften Schienen. Während sie sich bewegen, entstehen "Kulissen" um sie herum. Türen, Torbögen, Stadtlandschaften und vieles mehr schieben sich an ihren Platz. Die Kuriositäten der Agenten bewegen sich über den Tisch, und die Kulissen verschieben sich um sie herum. Es ist wie ein winziges, mechanisches Puppentheater. Ein kleines, kunstvoll gearbeitetes Macallistar, die Straßen New Yorks, die Ankunft in Boston, das Boxer Hotel, der Hinterhalt in der Trivellino Mall – ein plötzliches, mechanisches Stocken, als sie sich im nächtlichen Dorchester wiederfanden, das erneute Erwachen in dieser Welt. Die Flucht. Die Trennung. New York. Das Empire State Building. Die Lobby. Der Apparat. Eine Frau spricht. Ist noch jemandem aufgefallen, dass die Leute brennen? Ich meine, Leute, die nicht schreien oder so, sondern einfach die Straße entlanglaufen, während sie in Flammen stehen? Nein? Nur ich? ich hab es einmal gesehen, inklusive der Schrotflinten und Gasmasken Niemand reagiert. Bis Percy Prestons Stimme vernimmt. Dass Menschen in der Ferne zu Marionetten werden, an Fäden durch die Welt gezogen, nicht mehr als Abbilder einer wirklichen Existenz, gefangen in den immer gleichen, simplifizierenden Bewegungsabläufen. Percy bezieht sich auf die Vorrednerin – auch er hat brennende Menschen gesehen. Ein Gefühl der Erleichterung durchströmt die beiden, als sie vor der Gruppe Zeugnis ablegen. Ganz und gar plötzlich scheint eine Last von ihren Schultern genommen – sie atmen freier, denken freier. Angestachelt erhebt ein weiterer Mann das Wort. Ich habe ein Loch in meiner Wand unter dem Trockner gefunden. Ich kann nicht mehr warten. Ich gehe heute Abend rein. Ich werde meine Flasche finden. Und eine andere weibliche Stimme ist auf einmal ganz aufgeregt. Ich habe meine gestern gesehen. Es war in einem Traum, aber ich weiß, dass sie echt ist. Wenn du sie findest und öffnest, dann sagt sie dir Dinge! Aus dem Seitenspiegel sieht Parker eine Gestalt mit Gasmaske, die sich mit schnellen Schritten auf den Wagen zubewegt. Er wirft eine Blendgranate aus dem Fenster und drückt auf das Gaspedal. Doch das Pedal ist nur Schein. Es handelt sich schlicht um ein Requisit. Parker verschanzt sich im Inneren und zieht seine Waffe, während er die Fenster im Auge behält. In seinem Ohr vernimmt er nur Rauschen. Das Signal nach drinnen ist abgebrochen. Ein anderer Redner setzt an: Einmal konnte ich nicht herausfinden, wo ich wohne. Nicht nur meine Adresse, sondern auch die Straße und sogar die Stadt. Ich konnte nicht einmal meine Stadt finden. Heh. Ich irrte einen Monat lang und ging nach... Europa, vielleicht? Es war schwer zu schwer zu sagen. Ich habe dort ein paar… Mit einem laut widerhallenden Krachen explodiert der Kopf der maskierten Gestalt. Zwei Männer mit Schrotflinten und Gasmaske blockieren die Kellertreppe. Die anderen Teilnehmer der ENCOUNTER GROUP beginnen voller Panik und Terror zu schreien. Manche reißen sich die Masken vom Gesicht, doch zum Vorschein kommen nur normale Menschen, die keiner der beiden kennt. Percy ruft nach Verstärkung, doch das Signal nach draußen ist abgebrochen. Gleichwohl bemerkt er, während er panisch seinen Sender prüft, dass er sich gegen eine Tür lehnt, die ihm zuvor nicht aufgefallen war. Ohne groß darüber nachzudenken reißt er sie auf und rennt hindurch, den mittlerweile demaskierten Preston hinter ihm, verfolgt von den beiden Schrotflintenträgern. Doch L beobachtet das Schauspiel weiter. Während sich die kleinen Agenten durch die Welt bewegen, erscheinen auf beiden Seiten ihres Weges seltsame Gestalten, zwischen denen sie hindurchgleiten. Sie tragen Gasmasken und haben Schrotflinten dabei. Sie "jagen" frenetisch die Kuriositäten der Agenten. Sie schießen immer wieder Pulverpatronen an den Enden ihrer Schrotflinten ab, die jeweils durch einen winzigen Uhrwerkhammer ausgelöst werden. Diese Gasmaskenfiguren werden gelegentlich von der Parkerfigur „getötet“ und verschwinden in der Kiste, um dann doch wieder aufzutauchen und die Agenten in größerer Zahl zu belästigen. Immer mehr werden es und auf einmal schiebt sich ein übergroßer, goldgekleideter König lautlos vor diese Prozession verfolgter Agenten. Wo er hingeht, erscheinen die Kulissen direkt vor ihnen, so als ob der König die Welt um sie herum erschaffen würde. Schließlich eilen die Agenten auf ein Gebäude zu, das sich aus mehreren Uhrwerkbewegungen auflöst und ein Schild mit der Aufschrift HOTEL BROADALBIN enthüllt. Dahinter betritt der goldene König eine aufklappbare Höhle und scheint eine Flasche auf ein Regal zu stellen. Als die Kuriositäten der Agenten das Hotel erreichen, verschwinden alle Elemente wieder im Tisch. Schritte schwerer Stiefel hallen durch die Lobby. Schweres, gedämpftes Atmen. Eine Schrotflinte wird durchgeladen. Parcival beginnt zu rennen. Preston und Percy jagen durch einen lichtlosen Gang, reißen eine Tür auf und blicken in das Panorama der Häuserschluchten Manhattans, vor ihnen das Empire State Building, dessen mehrere hundert Quadratmeter umfassende LED-Fassade vom Z̶e̵i̷c̵h̸e̴n̸ erleuchtet ist und aus dem gerade Parcival herausstürmt, verfolgt von einem Mann mit Schrotflinte und Maske, gleich den beiden, die gerade Preston durch den Gang folgen. Percy packt Parcivals Arm. Gemeinsam rennen sie so schnell es geht in eine Seitengasse. Etwas ist seltsam. Die Wände der umliegenden Gebäude wirken befremdlich, so als bestünden sie nicht aus Stein, Glas oder Beton – sondern wären nur Teil eines beeindruckend gefertigten, aber letztlich klar als solches erkennbaren Bühnenbildes. Die Blendgranate explodiert, doch scheint sie Parkers Angreifer kaum zu irritieren. Ein Schuss durchschlägt die Frontscheibe – ein zweiter Angreifer nähert sich dem Wagen von der anderen Straßenseite. Parker rollt sich aus dem Wagen und eröffnet vollautomatisches Feuer auf den ersten Schützen, dessen maskierter Kopf von der Salve halb von seinem Torso gerissen wird. Doch hinter ihm nähern sich zwei weitere Kombattanten. Parker geht hinter dem Wagen so gut es geht in Deckung und zieht eine Granate, die einen der beiden und mit ihnen das… Requisit eines Baumes zerfetzen. Weitere Schüsse von der anderen Straßenseite. Drei neue schrotflintenbewährte Gestalten bewegen sich zielgerichtet auf ihn zu. Man kann sie nicht töten, zumindest nicht nachhaltig Percy wirft eine Tränengasgranate hinter sich, wohlwissend, dass die Gasmasken die Wirkung stark einschränken werden. Die neblige Substanz blockiert zumindest für eine gewisse Zeit die Sichtlinie. Trotzdem landen die Verfolger erste Treffer, doch das Adrenalin im Blut lässt nicht zu, dass einer der drei zu Boden ginge. Parcival hat zudem das befremdliche Gefühl, dass die Wunde, die die Schrapnelle gerade in seiner Schulter verursacht haben, sich mit unnatürlicher Geschwindigkeit zu schließen beginnt. Parker ist umzingelt, als er bemerkt, dass nicht nur sein Wagen einem requisitorischen Regressionprozess unterworfen ist, sondern auch die Wände aller umliegenden Gebäude. Er greift seine Tasche, rennt zur Kirche und eröffnet das Feuer. SIE SIND IN DER UHRWERKWELT Percy, Preston und Parcival hören vollautomatische MG-Schüsse wenige Meter vor ihnen aus einem der Gebäude und versuchen in Deckung zu gehen. Sie entspannen sich, als sie Parker durch die zerstörte Pseudo-Betonwand treten sehen. Parker schmeißt seine Tasche in Richtung der anderen, als er sie sieht und fordert sie auf, sich zu bewaffnen und hinter den (anscheinend nicht fahrfähigen) Autos auf der Straße Schutz zu suchen. Kurz darauf zerbirst das Erdgeschoss des Gebäudes aus dem Parker gerade hervorgetreten ist, als sich sämtlicher Sprengstoff, der noch im Wagen befindlich war, von ihm ferngezündet wird. Die strukturelle Integrität des 13-stöckigen Bühnen-Hochhauses ist nicht länger gegeben, es bricht zusammen und stürzt über die Straße. Die Agenten beginnen zu rennen und bringen die fallenden Trümmer zwischen sich und ihre Verfolger. Schwer atmend hetzen sie voran, als sie plötzlich auf eine seltsame Prozession von Menschen, die Overalls, Arbeitsstiefel und Handschuhe tragen, treffen, die sich in die entgegengesetzte Richtung bewegen. Sie tragen Seile, Flaschenzüge und andere Bühnenausrüstung. Sie schieben rollende Karren und Kulissen, ohne Rücksicht auf die Schrotflintenschüsse zu nehmen, die aus Richtung des Trümmerhaufens wieder an Intensität zunehmen. Percy bemerkt dass die transportierten Leinwandkulissen weiß gestrichene Säulen mit goldenen Filigranen darstellen. Mehrere Personen scheinen in Bühnenkleidung und Make-up aus einem Shakespeare-Theaterstück gekleidet zu sein. MEMO: AMBROSE MUSS DIE SZENE DEKORIEREN Man kämpft sich durch den Strom der Menge, die Gasmaskenträger auf den Fersen, die doch gleichwohl von den Bühnenarbeitern nicht wahrgenommen zu werden scheinen. Plötzlich spürt L eine Hand auf seiner Schulter. Die Verfolgung durch die Killer lässt plötzlich nach, für einen Moment scheint es, als würde die Realität in Zeitlupe ablaufen. Ein Mann hält ein Bündel von Papieren in der Hand, die wie eine Zeitung zusammengerollt sind. Trotz des Blutes, der Schüsse und gezogenen Waffen übergibt er dem ihm voller Begeisterung die Papiere, denn die Rolle sei perfekt für ihn. Dann verschwindet er in der Menge Auf dem Umschlag des Drehbuchs steht: HER GREY SONG von B. Padgett. Innen sind alle Rollen für THE KING mit rotem Fettstift unterstrichen. Mit einem durch eine Gasmaske gedämpften Schrei kehrt die Welt zur „Normalität“ zurück. mein stück, darauf wette ich Die Menge lichtet sich und die Agenten sehen den Ursprung der Masse – eine breite Tür, eingefasst in eine Holzwand. Sie rennen hindurch und finden sich in einem abgedunkelten Raum wieder, der dem Bereich hinter der Bühne in einem Theater ähnelt. Ihre Verfolger auf den Fersen, rennt die Gruppe immer weiter, vorbei an Seilen, Flaschenzügen und Sandsäcken, die Parker bestmöglich einsetzt, um die Gasmasken zu behindern. Hinterhältige, glitzernde Augen beobachten sie aus der Dunkelheit. Schemenhaft erkennbare Gesichter zeigen ein zerknirschtes Lächeln. Dann stehen sie erneut vor einer Tür, Percy reißt sie auf. Die Agenten tauchen plötzlich auf einer offenen, hell erleuchteten Bühne auf und sind kurzzeitig geblendet. Auf ihr stehen zahllose Gestalten, in Kostüme gekleidet und überzogen geschminkt. Schauspieler, viele kommen ihnen bekannt vor. Doch Parkers sucht zielgerichtet nach einer Person. Schnell wird er fündig: Dr. Elias Barbas, kostümiert, wie dereinst auf eine Fotografie gebannt, blickt ihm in die Augen. so sieht man sich wieder 1895 – die gestörte Derniere. Er hatte es geahnt. Das Publikum beobachtet das Schauspiel voll aufgeregter Begeisterung, doch als Schrotflintenschüsse die Luft zerreißen, bricht allgemeine Panik aus. Auf der anderen Seite der Bühne entdeckt Percy eine einzelne, geschlossene Tür hinter den Vorhängen. Sie öffnet sich zur Straße an einem hellen Tag. Die Agenten treten heraus. Sie sind umgeben von Menschen, Autos und den Geräuschen einer Großstadt. Verschwitzt und am Rande ihrer Kräfte rennen sie weiter. Doch etwas ist seltsam: Umstehende reagieren weder auf das plötzliche Auftauchen der Agenten noch ihrer Verfolger. Alle Männer tragen Anzüge und Hüte. Alle Frauen tragen lange Röcke, Kleider und unmodisches Make-up. Die Autos sind archaisch. Percy schließt, dass sie sich im New York der 1950er oder 1960er Jahre befinden müssen. Sein Geist, nicht mehr fähig, dieses Faktum angemessen zu verarbeiten, versteigt sich zu einer bizarren Idee, als er einige Polizisten am Rande seines Sichtfeldes ausmacht. Schwer atmend ruft er, dass sie von einem sowjetischen Killerkommando verfolgt würden – und tatsächlich: Die Polizei beginnt sich zu regen und eröffnet das Feuer. Parcival ist der erste, der es in der Distanz sieht: Ein anmutiges Art Decor-Gebäude, an dem die Worte HOTEL BROADALBIN prangen. OUT IS THROUGH Es ist ein schweißtreibendes, lungenbrecherisches Rennen, um die letzten 50 Meter zum Hotel Broadalbin zurückzulegen. Preston bemerkt, dass die Killer sie nicht länger verfolgen. Sie greifen die Agenten nicht an, sie fliehen ebenfalls, denn sie alle werden von Polizisten in altmodischen Uniformen gejagt. Mit letzter, verzweifelter Kraft schleppen sich die vier über die Schwelle zum Hotel Broadalbin. Ein Gefühl der Synchronizität, des Déjà-vu und der Vollendung überkommt sie. Ein kleiner, immer grinsender Mann, der es irgendwie schafft, gleichzeitig wie ein Teenager und ein Rentner auszusehen, begrüßt sie. Er stellt sich als Elmer Losette vor.
  5. Like a Map Made of Skin III Preston steht neben sich. Mit ausgeprägten Fingerspitzengefühl gelingt es Percy, ihn davon zu überzeugen, dass die Reise nach Washington nichts zum Positiven wenden würde: Er wird seinem Vater nicht helfen können, wer auch immer dort zu Werke geht, will doch nur, dass sie in diese Falle tappen. Doch was dann? Parcival drängt erneut darauf, dass sie nach New York müssten, doch die anderen sind skeptisch: Am morgigen Abend soll das Treffen der ENCOUNTER GROUP stattfinden – diese Gelegenheit dürfen sie sich nicht entgehen lassen. Bis dahin sollten sie im Raum Boston bleiben. Als niemand widerspricht, präsentiert Parker seinen Plan für den Abend: Sie sollten Barbas endlich konfrontieren – entweder er ist noch nicht vollends verloren, oder sie müssen ihn ohnehin ausschalten und den Vektor, den sein Haus repräsentiert, vernichten. Doch dafür brauchen sie Ausrüstung, immerhin verfügt das Haus nach wie vor über den mechanischen Wachschutz des Löwen. Glücklicherweise weiß Parker von einer Green Box in einem Bostoner Vorort, die zumindest vor 15 Jahren einmal einigen Sprengstoff enthielt. Die Fahrt dauert eine dreiviertel Stunde und endet vor einem unauffälligen Mehrfamilienhaus in einer unteren Mittelschichtslage. Kurz bevor sie das Gebäude betreten können, bemerkt Percy auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen brennenden Mann. Im leichten frühherbstlichen Nieselregen schlendert er den Bürgersteig entlang, scheinbar von den Flammen, die an seiner befremdlichen Kleidung und seinem Körper lecken, vollkommen unbekümmert. Parker kann den Stil der Uniform zuordnen: Ein chinesischer Soldat aus der Zeit des Koreakriegs. Ein Zementmischer fährt vorbei und verdeckt kurz die Sicht. Die Gestalt ist verschwunden. Sonst scheint keiner der Passanten die Erscheinung bemerkt zu haben. STATIC AM WERK Ein Lagerraum im Keller des Mehrfamilienhauses. Die Tür besteht aus drei Zoll dickem Metall und ist mit Aufklebern versehen, auf denen OPERETTO UTILITY CO, GASVERTEILER - NUR AUTORISIERTES PERSONAL zu lesen ist. Glücklicherweise entsann sich Parker noch des gut versteckten Schlüssels, mit dem er nunmehr die Pforte in die Green Box aufstößt. Der Raum dahinter ist etwa 75 Quadratmeter groß, nackter Betonboden mit einer nicht geringen Anzahl mysteriöser Flecken und dem Charme einer Sperrmüll-Sammelstelle. Es stinkt nach Schimmel und Tod. Abgesehen von einigen undichten Wasserrohren, die an einer Wand einen großen braunen Fleck hinterlassen haben und einer in die Jahre gekommenen Kochnische, gibt es keine Versorgungseinrichtungen. Scheinbar ohne System wurden billige Klappregale, Kisten, Kästen, Kartons und kreativere Aufbewahrungsmöglichkeiten im Lager verteilt. Von Parker mehrfach zu äußerster Vorsicht ermahnt, beginnt die Gruppe, die Green Box zu durchkämmen. Als sich seine Augen an das schummrige Licht im Inneren gewöhnt haben, zuckt Preston kurz zusammen: In der nordöstlichen Ecke steht eine schwarze Person mit verschränkten Armen, die unterdurchschnittlich groß ist, sich aber bei näherer Betrachtung als eine lebensgroße Statue von Martin Luther King Jr. aus farbigem Plastik mit einzelnen Fasern für Haare und Kleidung erweist. In Kings gekreuzten Armen balanciert ein Schuhkarton. Percy öffnet ihn. Er enthält eine Postkarte, adressiert an "Anna Vinogradova" in Moskau (UdSSR). Das Bild blickt über einen Strand aus reinem baltischem Bernstein, über einen nebligen See zu einem melancholisch-vertäumten Palast, der auf der anderen Seite aus dem Wasser ragt und ihm an das Panorama aus Dr. Dallans Büro erinnert. Aufgeblähte, löwenzahngelbe Monde baumeln dahinter an einem grauen Himmel, der von schwarzen Sternen schwach beleuchtet wird. Percys Smartphone entziffert den Kyrillischen Text auf der Rückseite: "Ich wünschte, du wärst hier". Unter der Karte entdeckt er eine Ledermappe mit dem Wappen einer Familie Castaigne aus dem Königreich Frankreich. Im Inneren befindet sich ein Pergament; auf der einen Seite eine Karte eines Dorfes, auf der anderen vier Spalten Text mit Unterschriften. Das Dorf und die Kirche, um die herum es gegründet wurde, scheinen bei Reims zu liegen, obwohl jedes Gebäude auf der Karte einen lateinischen Namen trägt ("Taverne", "Bäcker" usw.). Ein Gebäude am Ufer eines Sees oder Sumpfes, das ursprünglich als "Maison des Portes" bezeichnet wurde, trägt jetzt die ergänzende Aufschrift "ibi cubacit lamia" (hier ist die Höhle des Ungeheuers der Nacht). In jeder Textspalte auf der Rückseite ist derselbe Text in einer anderen Sprache geschrieben: Russisch, Schwedisch, Latein und Kirchenslawisch. Sie berichten über eine Reise von Gesandten des Königreichs Schweden und des Russischen Reichs nach Frankreich zu einem gewissen Gabriel Castaigne. Die Ikonographie und der Stil der Schrift sowie der Zustand des Pergaments weisen darauf hin, dass es sich um ein Originaldokument handelt. Die Autoren erzählen davon, dass das Anwesen von Seigneur Castaigne voller mechanischer Wunderwerke sein soll, die sie in Augenschein nehmen wollten. Der sich selbst als „Kunsthanderwerker“ bezeichnende Castaigne hätte Jahre damit verbracht, Automaten, Uhren und kleine, federbetriebene Maschinen zu bauen. Sie beschreiben das „Maison des Portes“ als befremdlichen, labyrinthischen Ort - an jeder Wand eine Tür, selbst in den oberen Stockwerken, die nach außen führt. Sie berichten, dass sie nachts seltsame Leute im Haus sähen - Männer in Masken und silbernen Gewändern, ein Gespenst mit brennendem Kopf und dergleichen mehr. lundine war dort, daribondi auch und anscheinend static ebenso All dies kulminiert in der Sichtung einer teuflischen Invokation durch Castaigne. Ein schwarzer Dämon, sei der Ursprung seiner Handwerkskunst. Gar eine Skizze der Kreatur ist beigefügt: Es ist Barbas. In seinem Anzug, mit seiner Brille. Wie sie ihn kennen. Was macht ein solches Dokument hier? CASTAIGNE RUFT BARBAS, UM SEIN HANDWERK ZU ERLERNEN? AUSGEZEICHNETER GEDANKE eine befremdliche erfahrung, fürwahr Parcival nimmt sich derweil die gegenüberliegende Seite des Raumes vor: Unter einem zugemauerten Fenster befindet sich ein Heizkörper mit einem Paar leeren Handschellen, die daran befestigt sind und eine Menge altes, getrocknetes Blut enthalten. An ihnen kleben Fellbüschel. Auf einer Werkbank daneben liegt etwas, das mit einem Laken abgedeckt ist. Eine genauere Untersuchung identifiziert es als Lock-N-Load-Munitions-Nachladepressen-Set. Ebenfalls auf der Werkbank findet er neben klassischem Schwarzpulver eine Substanz, die an oxidiertes Kupfer erinnert und wohl genutzt wurde, um die Munition zu strecken. Preston bleibt in der Nähe des Eingangs, wo er ein Küchenmesser mit Schlagring und einem grob angeschweißten Grabenspieß findet. Es wurde wie besessen geschärft. Ein rostiger, nicht identifizierbarer, drehbarer Granatwerfer, der dem Milkor MGL ähnelt, aber offenbar um die Jahrhundertwende gebaut wurde, liegt nicht weit davon entfernt. Er fasst fünf große Granaten mit Messinghülsen, die das gleiche seltsame Pulver enthalten, welches Parcival gefunden hatte. Parker ruft Preston zu, dass er den Granatwerfer einpacken soll. So etwas kann man immer gebrauchen. Währenddessen sucht er nach den Rohrbomben, die er vor so vielen Jahren hier gesehen hatte. Entgegen aller Erwartungen findet er sie bereits nach kurzer Zeit, doch zwei von ihnen sind unbrauchbar, eine dritte instabil. Bevor schlimmeres passieren kann, entschärft er die Gefahrenquelle. Während Percy noch in die Unterlagen vertieft ist, klopft es an der Tür. Er schreckt auf und schaut vorsichtig nach. Ein an ihn adressiertes Paket, eine Holzkiste, liegt auf dem steinernen Boden des Kellerflures. Er öffnet sie. Darin: Seltsame Samen und Käfer in kleinen Phiolen. Der Fund erinnert sehr an die Kiste, die Barbas (?) 1995 in den Korridoren platziert hatte. diesmal habe ich damit nichts zu tun Darauf eine kleine Notiz: VON AGENT ZU AGENT – MOSEBY ICH KANN IHN IMMER NOCH NICHT FINDEN. ER IST FLINK. Für Parker ist klar, dass dies das Signal zum Aufbruch ist. Jemand kennt ihren Aufenthaltsort, hat vielleicht gar das Dokument über Castaigne hier platziert, damit sie es finden. Sie sollten schnellstmöglich zu Barbas. Sein sechster Sinn und der Sender, den Preston unter dem Auto des kompromittierten Agenten angebracht hat legen nahe, dass er zwar auf dem Weg nach Hause sei, sie allerdings noch vor ihm dort sein könnten. Doch als die Gruppe in den mittlerweile stärker gewordenen Regen hinaustreten, bemerkt Parker Werbeflyer für ENCOUNTER GROUP, die an den umgebenden Telefonmasten befestigt wurden. Wohlwissend, dass es wertvolle Zeit kostet, entfernt er jeden einzelnen von ihnen. Aus dem Augenwinkel bemerkt er, dass er dabei beobachtet wird. Ein Mann mit Gasmaske zieht eine Schrotflinte. Er geht in Deckung, die anderen folgen, doch die Gestalt ist bereits verschwunden.BURBACH Parcival fährt so schnell er kann. Die Agenten sind ungefähr 15 Minuten von Barbas Haus entfernt, als plötzlich, mitten in Downtown, eine Gestalt mit Gasmaske und Schrotflinte über die Straße rennt, verfolgt von Polizisten im Stil der 50er.wer im richtigen moment schaut, bemerkt sich selbst Knapp gelingt es ihm auszuweichen, aber langsam ist klar, dass sie nicht vor Agent Exeter am Haus ankommen werden. Kurzfristig ändert Parker den Plan: Parcival soll sie hinaus aus der Stadt bringen, sodass sie sich in einem Waldstück für die Nacht verstecken und im Wagen zu schlafen können. Schlaf ist eine knappe Ressource, niemand beschwert sich. Sie halten in der Nähe des Bare Hill Ponds, auf einer abgelegenen Lichtung am Rande eines unbefestigten Waldweges. Der Regen hat sich verflüchtigt und ein frischer, erdiger Geruch liegt in der Luft. Parcival meldet sich freiwillig für erste Wache, und zum ersten Mal seit langer Zeit schläft Parker ausgezeichnet. L zückt das Nokia 3310 und drückt die Rufwiederholung. Er hat nur eine Frage an die Stimme am anderen Ende: Kann er ihn hier heraus, nach New York schaffen? Selbstverständlich könnten Wists willfährige Gehilfen bei K.N.I.G. ihn nach New York bringen, einzig die Frage der Gründlichkeit würde das Unterfangen erschweren und entsprechend verzögern – ein vorgetäuschter Tod ist aufwendiger als ein simpler Transport, der sich sicherlich bereits in einer halben Stunde einrichten lassen sollte, sofern sich L nach wie vor in der Umgebung von Boston befände. Kurz zögert er, doch schließlich stimmt L zu. Er gibt Wist seine Koordinaten und bittet um eine schnelle Extraktion. Er wartet und schreibt eine Notiz auf einen Zettel, den er an der Windschutzscheibe befestigt. Schließlich sieht er in der Distanz die Scheinwerfer eines BMW mit einem schweigsamen Fahrer mit Sonnenbrille. L steigt ein. Percy wacht kurz nach drei auf. Es ist zu spät – warum hat Parcival ihn nicht geweckt? Hinter den Scheibenwischer geklemmt, bemerkt er einen Zettel, der im Wind flattert. please, do what you must. it is not my way. dont look for me, but i wish you all the luck and health i can muster. our paths may yet cross again. Farewell, my friends Percy schüttelt Parker und Preston aus ihren Träumen. Es herrscht Panik. Hat Parcival etwas mitgenommen? Außer dem Telefon scheint glücklicherweise nichts zu fehlen. Wo ist er hin? Parker vermutet, dass er sich auf eigene Faust auf den Weg nach New York gemacht hat. Könnte er übergelaufen sein? Das scheint unwahrscheinlich, ist aber nicht ausgeschlossen. Trotzdem hat die Arbeit hier in Boston bis auf weiteres Priorität und ihn einzuholen wird ohnehin kaum möglich sein. Wenn überhaupt könnten sie ihn immer noch nach Beseitigung der ENCOUNTER GROUP und von Barbas ausfindig machen. L blickt aus dem Fenster der kleinen Cessna. Die Flughöhe ist gerade erreicht worden, doch wird bereits in wenigen Minuten wieder verlassen werden, um mit dem Landeanflug zu beginnen. Die Stewardess, eine kleine, hübsche hispanische Frau mit lockigem schwarzem Haar und großen, grünen Augen reißt ihn mit professioneller Freundlichkeit aus seinen Gedanken. Sie präsentiert eine Auswahl hochpreisigen Weins, Käsevariationen und beeindruckend frisch wirkendes Baguette mit Pâté de campagne zu kredenzen. Geistesabwesend beginnt er zu essen. Doch als Parker und Percy den Spuren von Percys „Fluchtwagen“ durch den Matsch des Feldweges zu folgen versuchen, hören sie Geräusche. Ehe sie reagieren können, hat ein fünf Personen umfassendes Polizei SWAT-Team einen Halbkreis um sie gezogen. Aber Parker hat einen letzten Trumpf: Er reißt seine Weste auf und enthüllt den Blick auf mehrere Ladungen dort befestigten Sprengstoffes, welcher sie alle in den Tod reißen wird, sobald sein Herz zu schlagen aufhört. Die Angreifer zögern kurz und die beiden rennen zurück, während sie Preston zurufen, dass er den Wagen starten soll. Die Polizei eröffnet das Feuer, doch die Agenten können knapp in das Innere ihres Gefährts entkommen, dessen Karosserie einen Großteil der Geschosse abfängt, dabei jedoch sichtlichen Schaden nimmt. Doch der Camry fährt, allerdings eindeutig nicht mehr lange. Nur wohin? Der Weg zurück zur befestigten Hauptstraße in Richtung Boston ist von der Polizei versperrt, also weiter den Feldweg entlang in Richtung des nahegelegenen Sees. Mittlerweile haben sich mehrere Polizeiwagen an die Fersen von P-Cell geheftet und der Polizeifunk legt nahe, dass sie bald Verstärkung haben werden. Plötzlich sieht man erleuchtete Fenster in einigen Metern Entfernung zwischen den Bäumen. Der Weg öffnet sich zu einem Grundstück – eine Farm. Man hört Hunde bellen, doch Percys Blick fällt auf einen vor einer Scheune geparkten Land Rover. Die Agenten springen aus dem Toyota und unter Beschuss aus dem Haus (gepaart mit lauten Rufen, dass sie gerade Landfriedensbruch begehen) und von dem unaufhörlich näher kommenden Polizeitruppen hetzen sie mit allem, was sie in der gegebenen Eile aus dem Wrack ihres Automobils heraushieven können in Richtung des Geländewagens. Wie durch ein Wunder wird niemand verletzt. Preston macht sich an der Elektronik zu schaffen, und der Motor heult auf. Er legt einen Gang ein, doch hat er anscheinend irgendetwas falsch verkabelt und mit Wucht fährt er in die Polizei hinter ihm, die sich daran macht, den Wagen unter Feuer zu nehmen. Glas splittert und das Polster des noch nicht sehr alten Land Rovers fliegt durch den Innenraum. Die Situation scheint verfahren, doch mit einer überraschenden fahrerischen Leistung fängt sich Preston und beschleunigt über das Feld hinter dem Haus schnellstmöglich aus der Reichweite der Verfolger. Eine überraschend warme Nacht grüßt L, als er den kleinen Privatflughafen verlässt und in das wartende Taxi steigt. Der übernächtigt wirkende Mitarbeiter hatte ihm nach der Landung einen Brief in die Hand gedrückt, der sich bei genauerer Betrachtung als Telegramm herausstellte. ENTSCHEIDUNG WAR RICHTIG. HABE ES INS HOTEL GESCHAFFT. FLASCHE HIER. KOMM SOBALD DU KANNST. LOVE AND KISSES. ABBY. Das Dokument ist perforiert. Fasziniert faltet L es, während der Taxi-Fahrer an seinem Radio herumnestelt. Eine Origami-Flasche formt sich. Die Gruppe brettert in ihrem erbeuteten Automobil über Feldwege, als sie den Lärm von Rotoren vernimmt. Der Polizeifunk bestätigt es kurz darauf: Verstärkung aus der Luft ist angekommen. Der Helikopter hat seinen Scheinwerfer auf sie gerichtet, sodass die Polizei am Boden systematisch ihre Fluchtrouten abschneiden kann. Als alles fahrerische Können nicht mehr hilft, gibt es für Parker nur noch eine Lösung: Er muss den Hubschrauber zum Landen zwingen. Er schießt mehrfach aus dem fahrenden Wagen mit panzerbrechender Munition auf den Heckrotor, beim dritten Mal trifft er und trennt ihn ab. Preston nutzt die Chance und hängt ihre Verfolger einige Minuten später ab. Ruhe kehrt ein. Zum ersten Mal bemerkt Percy, dass das Radio anscheinend die ganze Zeit eingeschaltet war. Das Nachtquiz auf Boston Baroque Radio meldet sich gerade mit einer neuen Frage nach einer kurzen Werbeunterbrechung zurück. Welcher US-amerikanische Nachrichtendienst-Angehörige übersetzte das beliebte Theaterstück DER KÖNIG IN GELB ins Englische? Die Stimme des Anrufers ist ihnen wohlbekannt. Leland Fuller kennt die Antwort selbstverständlich: Edward Moseby. Nachdem der Moderator Fuller zu seinem Erfolg beglückwünscht, gibt es Musik. Phil Heart - Whatever happened to Abby Mit leicht zittrigen Händen recherchiert Percy Heart auf seinem Smartphone, doch nicht viel lässt sich über ihn in Erfahrung bringen. Seinen größten Hit hatte er 1928, doch nachdem mehrere weitere Titel daran nicht anknüpfen konnten, arbeitete er als mäßig erfolgreicher Hotelpianist und –Entertainer, bevor er 1955 in New York verstarb. Sein Werk scheint nur wenig Nachhall gefunden zu haben – mit einer Ausnahme: Das Digitalisat eines 1995 erschienenen Artikels eines obskuren Alternative-Magazins aus London. Ein Interview, geführt mit dem Sänger von Current 93, der ihn scherzhaft (?) als eine seiner Inspirationen angibt. David Tibet. Das Lied ist vorbei. In welcher Sprache führt der bekannte Buchhändler Robert R. Robert sein Rechnungshauptbuch? mittlerweile würde er ihnen sogar die wahrheit sagen Ein Furor durchzuckt Percy und so schnell er kann wählt er die Nummer des Senders. Doch es ist besetzt. Er schreit die anderen beiden an, ihm ihre Handys zu geben. Parker widerspricht nicht und reicht ihm wortlos sein Telefon. Mittlerweile ist es ihm fast egal. Percy kommt durch schreit die Antwort geradezu in den Apparat – Es ist arabisch. Der Moderator gratuliert ihm zu seinem Preis. 1000 Melonia-Kapseln. Eine ihm bekannte Frauenstimme übernimmt das Gespräch, um die Formalien der Lieferung zu klären. Deborah Carver. Unter der Hand empfiehlt sie ihm, die Samen zu zerkleinern und zu injizieren. Er gibt ein Postfach an. Eine Stimme mit neuenglischem Akzent ist im Radio zu vernehmen. Ein Quiz. Entschuldigend und ungefragt wirft der Taxifahrer ein, dass er aus der Region kommt und den gelegentlichen Draht zur Heimat bräuchte. L bemerkt ihn kaum, als er plötzlich eine bekannte Stimme hört. Doch dann ist die Sendung auch schon vorbei. Nachrichten. Nach wie vor befänden sich drei geflohene geisteskranke Verbrecher auf freiem Fuß, nachdem sie sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert hatten. Augenzeugen berichten von Schusswechseln und einem zerstörten Helikopter. Percy lächelt. L betritt das Haus durch den Hinterhof, nachdem er den auffällig unauffälligen Van vor seiner Tür bemerkt hat. Das Innere der Wohnung ist unberührt, das Bett gemacht, die Bilder der Familie hängen an der Wand. Als wären die letzten Tage nie geschehen. Das Telefon klingelt. Wist. Mit Anweisungen. Ein USB-Stick, der ihn heute um 12 Uhr an der Stillwell Avenue Station von einem Mann mit gelbem Kapuzenpullover übergeben werden soll und den er um exakt 21:23 in Raum M99 in der Fifth Avenue 350 anschließen soll. L zögert, doch Wist versichert ihm, dass niemandem Schaden zugefügt werden wird und er sagt zu. Bereits im Begriff seine Sachen zusammenzupacken, um sich auf den Weg in Richtung des Macallistars zu machen, sieht L eine Gestalt hinter dem Fenster des gegenüberliegenden Hauses im Halbdunkel stehen. Sie trägt eine Gasmaske. L blinzelt und sie ist verschwunden. Er blickt zum Foto seiner Eltern, vor dem Tod seines Vaters, auf dem Schlafzimmerschrank, legt seine Sachen ab und geht zu Bett.
  6. Like a Map Made of Skin II Es regnet, als der frisch angeeignete Camry auf dem nur eingeschränkt ausgelasteten Baumarktparkplatz hält. Die Tarnung ist mäßig und Preston als einziger nicht gesucht, ergo soll er sich um die Besorgungen kümmern. Parker, Parcival und Percy haben Glück – bei diesem Wetter haben Passanten besseres zu tun, als auf drei ältliche Männer in einem klapprigen Toyota acht zu geben - niemand bemerkt die Gruppe durch die ungetönten Fensterscheiben des Wagens. Preston eilt durch die Gänge des Home Depot, per Funk mit den anderen verbunden. Sie brauchen die Stirnlampen, so viel hatte Wist ihnen gesagt, doch sollten sie die Gelegenheit für andere Anschaffungen nutzen? Percy erinnert an jene Kavernen, die sie dereinst im Macallistar gesehen hatten. Was, wenn sie dorthin müssten? Preston kauft sicherheitshalber sämtliche speläologische Ausrüstung, die er finden kann. Im Wagen wartend wird Parker auf eine Gruppe von Schülern aufmerksam, die ein wenig wie bestellt und nicht abgeholt unter einem Vordach des Baumarktes ausharrt. Einen Lehrer kann er nicht entdecken. Ohne etwas Besseres zu tun zu haben, recherchiert er das Logo auf ihren Uniformen. Die Boston Latin School, älteste High School der Vereinigten Staaten. Sein Interesse ist geweckt. Mit einem den anderen beiden auf der Rückbank Sitzenden langsam unheimlich werdenden Furor sucht er weiter nach irgendwelchen Anhaltspunkten, die die Jugendlichen in Bezug zu ihrer Situation setzen könnten, doch vergebens. Schließlich lässt ihn eine Meldung von Preston unsanft in die Realität zurückkehren. Am gegenüberliegenden Ende eines lang gestreckten Ganges ist ihm eine Gestalt ins Auge gefallen, die, obwohl weit mehr als 300 Metern von ihm entfernt, klar aus jenen marionettengleichen Erscheinungen am Rande seines Sichtfeldes heraussticht: Ein Mann, in altmodischen Trenchcoat gehüllt, sein Gesicht verdeckt, soweit er es auf die Distanz erkennen kann, von einer Gasmaske. Ein länglicher Gegenstand ragt knapp hinter seinem Rücken hervor. Eine Waffe? Mit regungslos auf Preston gerichtetem Blick verharrt die Gestalt. CARTER Doch bevor die Gruppe eine Einigung über den Umgang mit diesem irritierenden Phänomen finden kann, ist die Gasmaske bereits verschwunden. Einer Intuition folgend, entschließt sich Preston, Gasmasken für sich und die anderen mitzunehmen, bevor er Richtung Kasse geht. Er zahlt wohlweißlich in Bar, was einige Probleme nach sich zieht, als die Verkäuferin ihn zuerst schlicht zu übersehen scheint. Irgendwann gelingt es ihm, ihr das Geld aufzunötigen. Annähernd 500 Dollar. Ihre gemeinsamen liquiden Mittel, die sie vor der Operation zusammengetragen hatten, sind damit auf weniger als 4000 Dollar zusammengeschmolzen. Das nächste Ziel ist klar: Oberschwester Samiginas Haus. In der Crockett Ave. 52 erblicken sie das wahrscheinlich in den 20ern erbaute Gebäude, ein großes, dreistöckiges, weißes Bauwerk mit Aluminiumseiten an einer schmalen, gewundenen Straße im Ashmont-Viertel. Eine ältere Frau betritt das Erdgeschoss, als die Gruppe vorfährt – anscheinend ist die Crockett Ave. 52 unter zwei Mietparteien aufgeteilt, den Samiginas im ersten und zweiten Stock, sowie einer Ms. Costick im Erdgeschoss. Schnell ist der Plan gefasst, sich Zugang zum Appartment der Oberschwester und ihrer Familie zu verschaffen. Doch sämtliche Dietriche sind überflüssig, die Tür ist nicht abgeschlossen und gibt den Blick auf einen kleinen Flurbereich frei, der direkt in eine Treppe nach oben mündet. Parker sichert mit gezogener Waffe, die anderen folgen. Ein intensiver, würziger Geruch, der an zu lange gekochtes indisches Essen oder getrocknete Blumensträuße erinnert, liegt von oben herunterdringend in der Luft. Parker geht hoch. Der erste Stock ist der Hauptwohnbereich. Es handelt sich um eine breite, offensichtlich nachgerüstete offene Etage mit modernem Design, die in ein zu altes Haus gezwängt wurde, eine L-förmige Küche inklusive. Ein beengter Bereich an der Seite beherbergt einen kleinen, runden Esszimmertisch und vier Stühle. Das große Wohnzimmer ist mit Sofas, Sesseln, Bodenkissen und einem längst erloschenen Kamin ausgestattet. Über dem Kamin ist ein Flachbildfernseher angebracht. Das offene Konzept ist gut gemeint, doch nicht mit den Gegebenheiten des Raumes kompatibel – nicht zuletzt der Mangel an Fenstern lässt den Raum dunkel und beengt wirken. Gedämpfte Geräusche sind aus dem zweiten Obergeschoss zu erahnen. Auf einem kleinen Fernsehtisch entdeckt Parker einen zusammengeklebten Entwurf einer Broschüre, einen Klebestift, Ausdrucke und Zeitungsausschnitte, die zu einem Flyer zusammengestellt wurden. ENCOUNTER GROUP Das Original, zu dem sie bereits wiederholt Kopien gesehen hatten. Der Raum scheint sicher, die anderen folgen. In der Essnische stolpert Percy über einen großen Eimer. Ausgetrocknet und umgekippt, enthielt er der Aufschrift nach Leinöl. Ein zerknitterter Post-it-Zettel, der zuvor daran angeheftet war, liegt daneben. MEMO: MANUEL ERINNERN Für Sami, zum abholen In der Tat, Sami hatte Thomas‘ Lieferung aus dem Macallistar abgeholt. Parcival betrachtet den Inhalt des Eimers genauer. Das im Behälter verbliebene Öl ist zu einer klaren Paste getrocknet. Leinöl findet insbesondere in der Ölmalerei Verwendung. Es trocknet transparent und verfügt über einen charakteristischen Geruch, der zumindest einen Teil der exotischen olfaktorischen Note in Samiginas Wohnung erklären würde. Eine schnelle Prüfung bestätigt seinen ersten Verdacht: Sämtliche Wände im ersten Stock sind damit bestrichen. Parcival schaudert. Getrocknetes Leinöl ist hochentflammbar – schon ein einziges Streichholz könnte das Haus in eine brennende Todesfalle verwandeln. Percy irritiert der offensichtliche Mangel an Büchern im Wohnzimmer. Er geht ins kleine Badezimmer, das neben der Treppe abzweigt. Gerade einmal eine Toilette und ein Waschbecken. Ein kleines Schränkchen unter dem Becken beherbergt die einzige Kuriosität: eine barocke, rote Flasche, die scheinbar aus einem einzigen, riesigen Kristall geschnitzt ist, mit einer Bronzetafel. HENRY J. SAMIGINA.er hat seine flasche gefunden Der Deckel der Flasche, die mit einem Hebelverschluss versehen ist, ist offen. Im Inneren befindet sich nichts. Eine zweite Treppe führt am Wohnzimmer vorbei hinauf in den zweiten Stock. Als Parker nach oben gehen will, durchzuckt eine Erinnerung seinen Geist. Er hat diesen Flur schon einmal gesehen. Auf einem Gemälde im Keller des Macallistars. Brennend. Mit doppelter Vorsicht macht er sich auf den Weg, in Richtung der Geräusche. Auf dem Treppenabsatz befinden sich drei Türen. Aus einer dringen die Klänge einer Stimme, ein anderes ist als Badezimmer erkennbar. Eine neue Nähmaschine steht auf einer Anrichte neben der Badezimmertür. Auf dem Tisch liegen Dutzende von Kostümen, halb verbrauchte farbige Fäden, Garn und zugeschnittene Stoffstücke verstreut. Vier teilweise fertige Kostüme sind daneben gestapelt, rote, goldene und gelbe Pagenkostüme. Seltsame, flache Stoffstreifen mit ausgeschnittenen Filzscheiben liegen in der Nähe. Auf der Brust jedes Anzugs ist mit Goldfaden die Aufschrift HOTEL BROADALBIN aufgestickt. Mit der Waffe im Anschlag öffnet Parker die Tür zum Bad: Dutzende Bücher liegen wahllos im Badezimmer verteilt. Paperbacks und Hardcover stapeln sich im hinteren Teil des Raumes und verdecken sogar die Toilette. Viele scheinen zerschnitten, um ausgewählte Wörter und Fotos zu entfernen, unter ihnen mehrere Werke der NIGHTSEA-Reihe und A World Without Doors. Ausgeschnittene Bücher stapeln sich im Waschbecken und unter dem Badezimmerspiegel. Parker blinzelt, als er in den Spiegel blickt. Nach einigen Sekunden erkennt er, dass sein Antlitz im Glas von einer komplexen Reihe seltsamer Linien überdeckt wird, die mit Fingerabdruckfett gezeichnet sind. Er erkennt die Form des Zeichens. Seine Gedanken so sorgsam wie möglich von dieser Realisation fernhaltend, verlässt er den Raum. Mittlerweile ist er hinreichend sicher, dass jene vermeintliche Stimme hinter der Tür nicht mehr als eine Audioaufnahme ist. Zu regelmäßig die Kadenz, zu gleichförmig die Stimme, bar jedes Geräusches, dass auf Bewegung hindeuten würde. Er gibt den anderen das Zeichen zu folgen. Preston will es richtig machen und bemüht sich darum, jegliches Knarzen der Treppe zu vermeiden, als er nach oben geht, doch mit beeindruckendem Pech gelingt es ihm, auf dem Teppichansatz auszurutschen und die Treppe mit einer enormen Geräuschkulisse an Parcival herunterzustürzen, dem es nicht gelingt, den Unglücklichen zu halten. Die Zeit reicht kaum, um die Platzwunden in Augenschein zu nehmen, da sind unten Schritte zu vernehmen, dann ein Klingeln und Klopfen. Mrs. Costick, in Sorge um Henry, den Sohn der Familie, ob er sich verletzt habe, einen Krankenwagen oder sonstige Hilfe bräuchte. Percy versucht mit verstellter Stimme jede Hilfe abzulehnen, doch er ahnt, dass die Scharade aufgeflogen ist. Mit einem betont beruhigten Unterton in der Stimme verabschiedet sich Costick. Tempus fugit. Parker öffnet eine der beiden verbleibenden Türen. Der Flur geht abrupt in einen Kunstparkettboden über, der von einem Kingsize-Bett, eine Kommode und einen Kleiderschrank bedeckt wird. Das Elternschlafzimmer. Auf dem Bett liegen zwei komplette Sätze Männerkleidung so aus, prinzipiell tragbar, doch mit Sicherheitsnadeln zusammengeheftet. Die eine Garnitur scheint ein "Business Casual"-Outfit für einen großen Mann zu sein: kurzärmeliges Button-Down-Hemd, hellbraune Khakihose, Gürtel, Krawatte und Schuhe ohne Schnürsenkel auf dem Boden. Das zweite Outfit ist für einen Teenager, ebenfalls groß: ein Fetty Wap-T-Shirt, schwarze Jeans, ein gelber Kapuzenpulli, und Turnschuhe. Parker hat keine Zeit, lange über die Bewandnis dieses befremdlichen Fundes nachzugrübeln. Doch er bemerkt, dass eine Ecke der Matratze seltsam unförmig wirkt. Eine genauere Betrachtung fördert ein monströs vollgestopftes Bastelalbum zutage, auf dessen Vorderseite der Titel THE PHANTOM SAYETH prangt. Zunehmend überzeugt, dass die Zeit für übermäßige Vorsicht spätestens mit dem Auftauchen von Costick verstrichen ist, packt er das Buch ein. Parcival betritt derweil den letzten verbleibenden Raum, die Quelle jenes seltsamen Sprechgesangs, den die Agenten durch die Tür vernahmen. Unzweifelhaft eröffnet sich ihm der Blick auf ein Jugendzimmer: Poster von Bands und Rap-Stars bedecken die Wände, zusammen mit Skizzen von alltäglichen Themen, die von einem talentierten, aber ungeschulten Künstler angefertigt wurden. The greatest secret Unter dem Bett liegen Hanteln. Eine Ecke des Zimmers ist mit den Trümmern eines Computers bedeckt, der in Hunderte von Teilen zerbrochen ist. Der große Schreibtisch, auf dem das Gerät wohl einst stand, wird nunmehr fast vollständig von einem Pappmodell einer Stadt eingenommen. Es ist bizarr und komplex, und es scheint, als hätte es Tage gedauert, es herzustellen. Es ist dreistöckig, etwas mehr als einen halben Meter hoch, sicherlich 1,2 Meter breit und annähernd zwei Meter lang.HIERHIN IST HENRY GEGANGEN To pull up the landscape Preston ist nach seinem unrühmlichen Scheitern an der Treppe im ersten Stock verblieben, sodass Percy nunmehr alleine im Flur des zweiten Stocks steht. Er geht in das bereits von Parker gesicherte kleine Bad. Die Bücher und insbesondere das Zeichen im Spiegeln wecken sofort sein Interesse: Hat sich sein Abbild im Glas nicht kurz gewellt? Seine Finger gleiten über die glatte Fläche und zeichnen das Symbol nach. Als würde er in eine Mischung aus Ton und Softeis fassen, spürt Percy, wie seine Finger in die Linien einsinken. Er versucht, durch die Kanten hindurch die Spiegelfläche herauszureißen, doch stattdessen spürt er, wie etwas auf der anderen Seite seine Hand nicht wieder loslässt. The origin of all things visible Eine weitere Tür führt Parker in das an das Schlafzimmer angeschlossene große Bad. Ein Ventilator läuft und das Licht im Inneren ist durch den oberen Teil des Türrahmens sichtbar. Sie klemmt, doch nach längerem Rütteln gelingt es Parker, sie zu öffnen. Ein dickes blaues Handtuch ist von innen unter den Türspalt geklemmt worden und blockierte ihn vollständig. Ein intensiver Geruch überkommt ihn, nur zu bekannt: Tod. Die Badewanne verströmt einen intensiven chemischen Gestank, der lähmend wirkt. Dennoch kann sie den kranken, süßen Geruch von Fäulnis nicht überdecken. Die Badewanne ist mit Dutzenden von Industriereinigerflaschen gefüllt, die alle offen, verschüttet oder teilweise verschüttet sind. Die zentimetertiefe Flüssigkeit in der Wanne - aus den Behältern - ist dunkelbraun erstarrt. Jemand, etwas ist hierin gestorben.SIE TRINKEN PHILIP And rotting sky Die oberste Schicht ist eine akribische Pappkonstruktion einer zerbombten Stadt, die einen See umgibt, der in Wirklichkeit ein Spiegelausschnitt ist, der in ein Loch in der Pappe passt. Kleine Pappboote auf dem See werden von winzigen Pappmenschen gesteuert. Einige scheinen halb gesunken zu sein. Die mittlere Schicht der Stadt ist ein durchsichtiger, harter Plastikschacht, der die gleiche Form hat wie der Umfang des Sees. Er führt einen Fuß (30 cm) tief in die unterste Schicht des Modells. In diesem vertikalen Kunststoffschacht sind an Drähten Pappboote aufgehängt, die sich neigen, als würden sie nach unten fliegen. Dort sind seltsam aussehende Vögel und etwas Großes mit Flossen, viel größer als jedes Boot. Die untere Schicht der Stadt ist die gleiche wie die obere, nur dass die Gebäude vollständig und intakt sind. Am Rande der Stadt steht ein großer Palast mit einer Zwiebelspitze. In einem Ring in der Nähe des Palastes werden Schlachtszenen von Menschen aus Pappe nachgespielt. Es gibt sorgfältig in die Pappe geschnittene Krater und winzige Artilleriegeschütze und Maschinengewehrteams aus Papier. Parcival fühlt sich unwillkürlich an jenes fremdartige Panorama erinnert, welches sich der Gruppe beim Blick aus Dallans Arbeitszimmer bot. Forever and without end Im ersten Stock vernimmt Preston als erster die Geräusche im Erdgeschoss. Ein sich im Schloss drehender Schlüssel und Schritte auf der Treppe. Schnell setzt er die anderen ins Bild. Sie bekommen Gesellschaft. Eternally diseased faces Ein kleines digitales Diktiergerät liegt auf dem Badewannenrand. Parker steckt es ein. We cannot help but wonder Ein mehr als deplatziert wirkender Wäscheschacht im Badezimmer ist teilweise aufgestoßen. Auf einem daran angebrachten Post-it steht in Samiginas Handschrift "×4 Pagen, ×2 Gangster". Parker hört ein entferntes Dröhnen von Maschinen. Der Schacht endet über einem schwach beleuchteten weinroten Teppich etwa fünf Stockwerke tiefer, wo ein schattenhaftes Gesicht zu ihm hinaufschaut. Parker bemüht sich, nicht hinzusehen, als er die Lampen herabwirft. So many twisting roads through the blackness Die Quelle des Sprechgesangs ist ein altmodischer CD-Spieler, in dem sich eine rötliche Kompakt-Disk dreht, ihre leere Hülle daneben stehend. A landscape of pain Er nimmt die CD heraus und steckt sie ein. Parkers Blick fällt erneut auf den Badezimmerspiegel, auch dieser mit einer komplexen Reihe seltsamer Linien bedeckt, die mit Fingerabdruckfett gezeichnet wurden und im künstlichen Licht klar zu sehen sind. Erneut erkennt er das Zeichen. Raus hier. Preston hört die Flammen, bevor er sie sieht: Ein dräuendes Grollen, dass durch den Flur aus dem Erdgeschoss in seine grollt. Einen Wimpernschlag später stehen die Wände um ihn herum in Brand, während Esther Samigina, in einen seltsam unförmigen Kapuzenumhang gehüllt, mit einem hohen Schrei auf ihn zurennt. Parker springt mit dem Buch und dem Aufnahmegerät ausgestattet aus dem Fenster auf das Vordach im ersten Stock, rollt sich ab und landet sicher auf dem Boden. Preston versucht gleiches, einen Stock weiter unten – die Flammen züngeln bereits um das Fenster, doch bevor Samigina nach ihm greifen kann, gelingt auch ihm der (deutlich weniger elegante) Sprung in die Freiheit aus dem immer stärker werdenden Feuersturm um ihn herum. Parcival zieht die wohlweißlich mitgebrachte, erst vor wenigen Stunden gekaufte Gasmaske auf und will Parkers Route durch das Schlafzimmerfenster folgen, als er Percy durch die geöffnete Tür des kleinen Badezimmers erkennt, seine Hand immer noch im Spiegel versunken. Er versucht ihn herauszuziehen, doch auch die gemeinsame Stärke der beiden Agenten hilft nicht. Parcival zückt seine Handfeuerwaffe und beginnt mit dem Knauf auf das Glas einzuschlagen. Percy spürt einen rasenden Schmerz in seiner Hand, doch es gelingt ihm, sie durch das zerbrechende Fenster herauszulösen. Der Spiegel zerbricht und eine im fortgesetzten Zustand der Verwesung befindliche Leiche bricht aus dem Spiegel hervor. Hatte sie ihn festgehalten? Percy an sich herab. Sein Ring- und Mittelfinger (inklusive seines Eherings) fehlen, seine Hand ist blutüberströmt – eine gnädige Ohnmacht überfällt ihn und er sackt inmitten mittlerweile brennender Bücher auf dem gefliesten Boden zusammen. Aus dem Spiegel fließt eine Flüssigkeit und kurz sieht Parcival Lichter von anderen Spiegeln und einen Mann in Weiß, der zwischen ihnen schwimmt, dann scheint es, als zerbreche der Spiegel erneut und zurück bleibt nicht mehr als ein leerer Hängeschrank. Parcival will den arg mitgenommenen Percy gerade aus dem kleinen Badezimmerfenstern hieven, wo Parker bereits wartet, um ihn aufzufangen, als Henry Samigina, von Flammen umrahmt und in einen Kapuzenmantel gehüllt, ins Bad stürmt. Es gelingt ihm noch, Percy in Sicherheit zu bringen, doch bevor er selbst entkommen kann, hat die bemantelte Gestalt von Phillipp Samigina (?) ihn bereits ergriffen und versucht ihn, DER LETZTE KÖNIG NAHT! schreiend, in die Flammen zu stoßen.wie glücklich sie ist Parcival versucht auf ihn zu schießen, doch die Waffe wird ihm aus der Hand geschlagen und landet in der Badewanne. Mit letzter Kraft rammt er Esther Samigina (?) sein Messer in die Brust, sie lässt von ihm ab und er springt aus dem Fenster. Unten steht Mrs Costick und starrt voller Verzweiflung auf das brennende Haus. Die Sirenen der Feuerwehr sind in der Distanz zu hören und die Gruppe verschwindet so schnell es geht. Ein verlassener Parkplatz an einer Landstraße, 40 Meilen vor Boston. Percy ist kaum bei Bewusstsein, als die Agenten den Entschluss fassen, Wilde anzurufen, um ihm mitzuteilen, dass der Auftrag erledigt ist. Dieser zeigt sich mit seiner wie üblich befremdlichen Sprachmelodie hocherfreut und fragt, was er im Gegenzug für die Gruppe tun kann. Eine berechtigte Frage, über die sich Parker, Percy, Preston und Parcival bisher kaum Gedanken gemacht hatten. Parcival drängt darauf, dass sie schnell nach New York müssten. Wist stellt ihnen einen Privatjet in Aussicht, doch warum sollten sie nicht auch mit dem Wagen fahren können? Und sollten sie überhaupt nach NY reisen? Parker weist auf das offensichtliche Problem hin, dass Percy ohne qualifizierte medizinische Behandlung kaum die nächsten Tage überleben, geschweige denn ernstlich einsatzfähig sein würde. Hatte SEERE nicht nach dem Angriff in der Mall Prestons Leben gerettet? Wist zögert kurz, doch stimmt dann zu. Ja, da könnte er aushelfen. Sie sollten an Ort und Stelle verbleiben und ihm zwei Stunden geben. Bevor Parker auflegen kann, wendet sich Parcival an Wist: Würden sie das Hotel finden, wenn sie ihm helfen? Wist will sie nicht belügen – er belässt es bei einem „vielleicht“, doch letztlich müsse jeder selbst seinen Weg ins BROADALBIN finden. Preston wohnt all dem schweigend bei. Arg mitgenommen und psychisch am Rande seiner Kapazitäten genießt er die Stille, als Wist das Gespräch beendet. Wartend sichten die Agenten ihre Funde: Die drei lauschen den Aufzeichnungen des Diktiergeräts. AUFNAHME 1: Stimme eines Teenagers: "Mum hat mir heute etwas gezeigt und, äh. Es war..." (Gelächter im Hintergrund.) "...interessant. Es war lustig. Ich mochte es, ich mochte es." AUFNAHME 2: Stimme eines Teenagers: "Komm raus. Komm schon raus." (Sing-Song.) "KOMM. Raus. KOMM. Raus." (Rasselgeräusche wie eine Art Kampf. Dann schreit ein erwachsener Mann.) AUFNAHME 3: Stimme eines Teenagers: "Also, ich habe Dad getötet. Er wollte es nicht sehen. Er wollte nicht hinsehen. Schade. So traurig. Ich muss los. Flasche." AUFNAHME 4: Stimme eines Teenagers: "Ich mache ein Buch. Bleib dran." AUFNAHME 5: Stimme eines Teenagers: (Lachend.) "Dad ist wieder da. Er erzählt mir Dinge, während er ... nun ja. Dinge für das Buch." (Eine Tür schlägt zu.) "Stell die Flaschen da drüben hin." (Knistern von Plastiktüten.) AUFNAHME 6: Frauenstimme: "Du hast es gesehen? Wie hast du es gesehen?" Stimme eines Teenagers: "Im Spiegel." AUFNAHME 7: Frauenstimme: "Ich denke, wir sollten..." AUFNAHME 8: Stimme des Teenagers: "Mum hat mir heute die Masken gezeigt. Ich dachte, ich würde (unverständlich) meinen Verstand verlieren. Mann. Sie arbeitet gerade an etwas, ich..." AUFNAHME 9: Stimme eines Teenagers: "Fast fertig. Dad war eine große Hilfe. Morgen, vielleicht." AUFNAHME 10: Stimme eines Teenagers, der bei voll aufgedrehter Badewanne singt: "Zeig mir mehr, zeig mir mehr, zeig mir mehr." Gelegentlich ist ein quietschendes Geräusch zu hören. Schließlich spricht eine zweite Stimme mit einer tiefen, langsamen, krächzenden Stimme. Es klingt wie ein sehr, sehr alter und kranker Mann, der zwischen bellenden Luftschnappern spricht. Im Verlauf von 2 Minuten und 24 Sekunden sagt sie: Und so kommen wir zu unserem Ende, gewissermaßen. Ein Stück, das viele Menschen enthält: Alle, die gestorben sind, alle, die leben, Alle, die noch leben werden, Auf dieser Bühne mit uns Für immer. ENDE."doch ehrlicherweise wird es nie kommen Parcival liest parallel im PHANTOM SAYETH. Eine aufgeblähte Monstrosität eines Sammelalbums, das von einem gestörten Kind zusammengestellt wurde. Es wimmelt nur so von Zeitungsausschnitten, Papierschnipseln und scheinbaren Flugblättern, Fotos und sogar Gutscheinen. Viele von ihnen sind zusammengeschnitten, gefaltet oder ausgefranst. Schnell ist sich Parcival sicher: Es enthält eine vollständige Abschrift des Königs in Gelb, die aus tausend verschiedenen Quellen zusammengestellt wurde. Jedes einzelne Wort (und seltsamerweise manchmal auch ein ganzer Satz) ist aus einem Cosmopolitan-Artikel über Frisuren, einer Wasserrechnung oder aus persönlichen Korrespondenzen, die im Müll gefunden wurden, entlehnt. Jedes Element wird sorgfältig auf die Seiten geklebt. Der erste Akt ist weniger beeindruckend, als er nach all dem, was bisher geschah, angenommen hätte. Doch gerade, als das Werk an Fahrt aufzunehmen beginnt, wird Parker klar, was Parcival gerade liest und er verlangt das Buch zurück. Bevor die Situation zwischen den beiden eskalieren kann, bemerken alle drei die Gestalt. Ein Mann in Trenchcoat, das Gesicht von einer altmodischen Gasmaske bedeckt. In einer Hand eine locker gehaltene Schrotflinte. Stumm beobachtet er sie. COLWELL Eine knappe Minute vergeht, als Motorenlärm durch die Stille schneidet. Ein massiver Mobile Emergency Room fährt auf dem Parkplatz vor. Der Soldat ist verschwunden. Ein sichtlich nervös wirkender Arzt nimmt sich Percy an. Schnell wird klar, dass er keine Ahnung über die genauen Umstände dieses Einsatzes hat, jedoch zweifelsohne irgendeine Form von krimineller Verstrickung vermutet, für deren geflissentliches Ignorieren er und sein Fahrer anscheinend ausgesprochen gut bezahlt werden. Parker hat THE PHANTOM SAYETH wieder in seine Obhut gebracht. Parcival zeichnet mit einer kaum spürbaren Frustration ein letztes Mal an seiner fast fertigen Kopie von JUDGEMENT. Er kommt dabei mit dem Fahrer ins Gespräch, der ihm eine Zigarette anbietet. Gemeinsam rauchen sie und reden unter Parkers wachsamen Blick über Belanglosigkeiten. Irgendwann, mehr oder minder unvermittelt, fragt der Fahrer, ob sie nicht ein Hotel suchen würden. Parcival bejaht emphatisch, woraufhin sein Gegenüber jedoch nur mit den Schultern zuckt und meint, dass sie das doch alle täten. Bevor er weiter nachhaken kann, tritt der nunmehr sichtlich zusammengeflicktere Percy aus dem Wagen und der Arzt verabschiedet sich überschwänglich, doch hastig. Seltsame, aber doch (größtenteils?) normale Menschen. Parker kommt zur Einsicht, dass Wist anscheinend tatsächlich nur über profane Ressourcen und Geld verfügt, im Gegensatz zu SEERE. Doch nun, wo Percy wieder bei Bewusstsein ist, kann die Gruppe eine ganze Batterie von Fragen nicht länger verhehlen: Wie weiter machen? Gibt es verschiedene Parteien? Was sollen sie tun? Alles bekämpfen? Nach New York und das Hotel suchen? ARTLIFE existiert noch und das Macallistar-Building ist kurz nach der Jahrtausendwende wieder errichtet worden, wie eine schnelle Suche zeigt. Die Dämonen töten? Parker scheint intuitiv zu wissen, wo sie sind und Samigina hat seinem sechsten Sinn zufolge nicht überlebt. Sollten sie Barbas töten? Mit ihm reden? Die Diskussion ist nicht sonderlich fruchtbar und wird vom Klingeln eines Handys unterbrochen. Prestons Vater. Er fragt, wie es seinem Sohn geht und scheint keinen konkreten Grund zu haben, um sich zu melden, jenseits von Sorge und Interesse. Seine Worte sind für sich genommen unauffällig und im Rahmen dessen, was Preston von ihm erwarten würde. Doch irgendetwas an seiner Intonation ist befremdlich. Als würde er Zeilen eines Manuskriptes vortragen. Bei komplexeren Fragen seinerseits, glaubt Preston ein Flüstern und Tuscheln im Hintergrund zu vernehmen, die Antworten erfolgen zeitversetzt, nach kurzer Pause.ICH WÜNSCHTE, DIE DARSTELLER WÜRDEN IHREN TEXT LERNEN Er weiß nicht, um was es sich hierbei handeln mag, aber er hat genug. Das verdammte Hotel kann warten. Er muss nach Washington.
  7. Like a Map Made of Skin I Als seine Hand die an ihn adressierte Einladung ergreift, überkommt Parcival eine tiefgreifende Gewissheit: Jedes Wort ist wahr. Sie müssen die Flasche des Autors finden und zum Palast reisen, wenn sie nicht auf ewig zu schattenhaften Abbildern ihrer selbst in der Welt der Nacht degenerieren wollen. Als er von dem cremefarbenen Briefpapier zwischen seinen Fingern aufblickt, ist das Uhrwerkkind verschwunden. Im Wohnzimmer stabilisiert sich Prestons mentaler Zustand langsam aber sicher. Immer noch schwach hyperventilierend beobachtet er Parker, der mit militärischer Präzision und ohne Rücksicht für das gebohnerte Parkett die Malphas-Glyphe mit seinem Kampfmesser aus dem Boden zu entfernen versucht. Eine Verbissenheit zeichnet sein Gesicht, während er versucht, keinen Gedanken daran zu verschwenden, weshalb das Wissen um den Aufenthaltsort von Patricia McSwayne (in ihrem Jaguar unterwegs nach Brookline, um dort eine Besichtigung durch ein zum Verkauf stehendes Mehrfamilienhaus vorzubereiten) sich in sein Bewusstsein eingebrannt hat. Die Information war plötzlich da, einfach so. Keiner spricht es aus, doch niemand ist begeistert von dem Gedanken, das Haus früher als notwendig zu verlassen. Doch irgendwann kann der Wunsch nach einem Hauch von Ruhe und Einkehr, einem Moment der Sicherheit in dieser immer weiter aus den Fugen geratenen Welt nicht länger als stumme Ausrede dienen. Allen vieren ist klar, dass sie weitermachen müssen. Als Percy und Parcival den anderen beiden die Einladung zeigen, ist Parker nicht begeistert. Für ihn steht außer Frage, dass einzig die Vernichtung des Vektors, die vollständige Zerstörung der unnatürlichen Infektion, die ihr Leben unter seine Kontrolle gebracht hat, die logische Konsequenz aus dem Geschehenen darstellt. Parcivals intuitive Überzeugung scheint ihm im besten Fall ein Symptom fortschreitenden geistigen Verfalls oder im schlimmsten Fall eine Falle des Feindes zu sein. Doch spätestens als Percy sich auf Parcivals Seite stellt, wird schnell klar, dass eine einvernehmliche Entscheidung nur schwer zu finden sein wird. Doch zumindest herrscht Einigkeit darüber, dass die Gruppe zurück zum Wagen muss, um ihre Sachen zu holen und Koffer und Schreibmaschine in Augenschein zu nehmen. Preston tritt als erster auf die Straße, in die Dorchester-Nachbarschaft hinaus. Die Welt wirkt auf den ersten Blick so, wie sie sie vor ihrem unfreiwilligen Besuch in Doktor Friends Anstalt zurückgelassen hatten. Doch etwas ist seltsam. Er blinzelt den Nieselregen von seinen Wimpern. Er sieht es immer noch. Dort, am Rande seines Sichtfeldes, in knapp 200m Distanz – wirken sie für den unaufmerksamen Beobachter auch wie normale Passanten, so bemerkt er, dass ihre Bewegungen zu ruckartig, ihre Körper zu grob sind. An feinen, sich im Himmel verlierenden Fäden hängende Marionetten. Auf den Bus wartend, aus einem Haus tretend, die Straße entlanggehend. Er behält es für sich.willkommen auf der bühne Mit der U-Bahn fahren die vier zurück zum Boxer-Hotel. Als sie wieder an die Oberfläche treten, hat der Regen zugenommen, doch ihr geliehener Honda Civic steht immer noch dort, wo sie ihn zurückgelassen hatten. Als sie sich ihm nähern, halten Percy und Parker inne. Es ist mehr ein intuitiver Reflex als eine klare Beobachtung, doch können sie den Gedanken nicht abschütteln, dass etwas am Wagen… anders ist. Im strömenden Regen prüft Parker den Wagen auf Bomben, doch findet nichts. Percy bemerkt jedoch einige kleine Kratzer am Schloss. Jemand hat sich Zugang verschafft, doch eine Durchsuchung zeigt, dass nichts zu fehlen scheint. Im Handschuhfach findet sich gleichwohl etwas, dass die Agenten dort nicht platziert hatten: Ein Nokia 3310 3G. Preston untersucht es – ein vollkommen normales Gerät. Langsam macht sich Erschöpfung bemerkbar und man steuert den Wagen in Richtung Club Quarters. Die Rezeptionistin erkennt die Gäste wieder und begrüßt sie freundlich. Allen ist klar, dass es ein gewisses Risiko birgt, heute Nacht hier im Hotel zu schlafen, doch halten sie es in der Abwägung für akzeptabel. Aber was dann? Sollten sie aus Massachusetts verschwinden? Zurück nach New York? Würden sie dort das Hotel Broadalbin finden? Parcival ist davon überzeugt.BROADALBIN IST EINE IDEE, IN DER SICH DER VERSTAND VERFÄNGT – DER VERSTAND IST EINE FALLE IN DER BROADALBIN NUR EINE IDEE IST Doch derlei Diskussionen haben bis morgen Zeit. Zuerst gilt es, die Funde aus Zimmer 616 zu sichten. Leider liefern diese keine entscheidende neue Spur: Bei der Schreibmaschine handelt es sich um eine portable Remington Remette, hergestellt im Jahr 1929, mit leichten Gebrauchsspuren, verziert durch ein kleines goldenes Käferemblem. Percy bemerkt, dass das Schriftbild identisch zu jenem auf den Seiten des Stückes im Macallistar-Building ist. Tatsächlich finden sich auf den beschriebenen Blättern, die Parker ebenfalls aus dem Zimmer herausholte, Fragmente jenes Werks, ebenso Protokolle von Gesprächen, die die Agenten in Abigales Raum anno 1995, sowie am Telefon geführt hatten. Der Koffer, außen gezeichnet mit den Initialien JCL, schlussendlich, ist ein kantiger Oswald Traveler aus dem Jahr 1930, angefüllt mit frischer Herrenkleidung, welche einem Mann des gleichen Jahres, der mit beschränkten finanziellen Mitteln zu haushalten gezwungen ist, gut stünden. Im inneren entdeckt Parker eine weitere Markierung: J LINZ. Hatten sie nicht einen JAYCY LINZ auf einem der Portraits in den Korridoren der Nacht gesehen? Preston hackt sich derweil in das Bostoner CCTV-System ein. Es gelingt ihm, zu rekonstruieren, dass gerade einmal 90 Minuten vor ihrer Ankunft ein unauffälliger Mann sich mit einem Dietrich Zugang zum Wagen verschafft hatte, um das Handy zu hinterlegen. Percy und Parcival sind sich vor dem Hintergrund ihrer beruflichen Erfahrung sicher, dass es sich um einen Profi handelte. Nach allem, was in den letzten 24 Stunden passiert war, machen die Agenten an diesem Abend reichhaltig vom Zimmerservice Gebrauch, bevor sie schließlich zu Bett gehen. Parker übernimmt in den Morgenstunden die letzte Wache. Plötzlich klingelt das Nokia und die anderen drei schrecken hoch. Eine schnarrende Stimme, deren Geschwindigkeit von einer irritierenden Fluktuation gekennzeichnet ist, meldet sich am anderen Ende. Ed Miler Wist. Sie sollten den Fernseher einschalten. CBS Boston. Eine Texteinblendung informiert über den Inhalt des Beitrages:sie hätten dorchester nicht verlassen sollen MEHRERE STRAFTÄTER AUS GESCHLOSSENER KLINIK AUSGEBROCHEN. In der Nacht zum Sonntag sind drei Männer aus der geschlossenen psychiatrischen Anstalt Dorchester House geflohen. Mehrere Mitarbeiter des Klinikums wurden verletzt. Wie die Männer aus der Psychiatrie in Dorchester, Boston fliehen konnten, bleibt zunächst unklar. Man habe nach der Flucht „sofort“ und „unverzüglich die Polizei eingeschaltet“, teilte Dr. Richard F. Dallan, Leiter des Klinikums mit. Es würden „intensive Ermittlungen“ zu den Details der Flucht geführt. Weitere Angaben wollte Dr. Dallan zunächst unter Verweis auf die Ermittlungen nicht machen. Die rechtskräftig verurteilten Gewalttäter gelten als psychisch hochgradig labil und sind möglicherweise bewaffnet. Trotz Einsatz eines Hubschraubers und zahlreichen Polizisten vor Ort fehlt bis jetzt von den drei Flüchtigen aber jede Spur. Die Polizei veröffentlichte deshalb heute Morgen Fahndungsbilder der Gesuchten - Mr. Gerard Michael Lutece, Janus Thal, Laszlo Rabel. „Wenn sie gesehen werden, sollten sich die Menschen nicht in unnötige Gefahr begeben, sondern sofort die Polizei rufen“, sagte ein Polizeisprecher am Montagmorgen. "Diese Menschen sind eine außerordentliche Gefahr für sich und andere. Da die Möglichkeit besteht, dass sie sich mittlerweile über die Staatsgrenze hinaus bewegt haben, sind wir aktuell in Beratungen mit dem FBI. Wir werden alles tun, um diese psychisch kranken Gewalttäter schnellstmöglich in Gewahrsam zu nehmen.“ Fahndungsfotos werden eingeblendet. Sie zeigen die drei vermeintlichen Flüchtlinge mit leerem Gesichtsausdruck in normaler Kleidung vor einer weißen Tapete, wobei zu erkennen ist, dass sie allesamt irgendeine Form von Gegenstand (eine Flasche?) mit beiden Händen zu halten scheinen, was auf Grund des Bildcroppings allerdings nicht eindeutig klar wird. Bevor sich die vier noch fragen können, warum nicht nach Preston gefahndet wird, erklingt erneut Wists Stimme am Telefon. Sie sollten sich keine Sorgen wegen des Hotels machen. Er hätte sie bereits dort gesehen. Bis dahin könnte ihr Leben aber recht unangenehm werden, doch er kann ihnen helfen – sofern sie bereit sind, ein paar Dinge für ihn zu erledigen. Nummer 1: Sie sollen eine Petzl – Duo S-Stirnlampe in den Wäscheschacht im Haus der Samiginas werfen.MEMO: LISTE IM BUCH LESEN, AUFSCHREIBEN, AN WILDE SENDEN, SODASS LISTE IM BUCH ENTSTEHT Während Parker Wists Worte vernimmt, durchzuckt ihn plötzlich ein Bild. Esther Samigina – auf dem Weg vom Dorchester House zurück nach Hause. Er ignoriert es. Wist beendet das Gespräch mit dem Hinweis, dass er ihnen seine Großzügigkeit demonstrieren würde und sie die Tür prüfen sollten. Tatsächlich bemerken sie einen unter der Schwelle hindurchgeschobenen Brief von Keyes, Norris, Ingalls & Grant. Darin finden sich falsche Papiere für Parker, Percy und Parcival. Sie müssen hier weg. Schnellstmöglich schmeißen die vier ihre Sachen zusammen. Doch nach ein paar Minuten klopft es bereits zaghaft an der Tür. Preston blickt durch den Türspion: Ein Hotelmitarbeiter, jener, der ihnen noch… gestern? mit den Enzyklopädien geholfen hatte. Er wirkt so, als wäre er lieber an einem anderen Ort und klopft erneut. Etwas würde mit der Abrechnung für den gestrigen Zimmerservice nicht passen, könnten sie das kurz mit ihm klären? Aus dem Augenwinkel bemerkt Preston eine kurze Bewegung am Rande seines Sichtfeldes, neben dem Angestellten. Weitere Leute. Polizei. Ermuntert durch seine unsichtbare Begleitung öffnet der Hotelier die Tür mit einer Master-Karte. Preston versperrt sie von innen. Panisch suchen Parker und Parcival nach einem Ausweg. Doch sie sitzen in der Falle. Percy verweist auf die Verbindungstür zum Nachbarzimmer. Wieso hatten sie diese nicht bemerkt? Sie ist nicht einmal verschlossen. Sie rennen hindurch und Percy deutet auf die Feuerleiter, die vom Fenster dieses Zimmers herabführt. Mit ihrer notdürftig zusammengepackten Ausrüstung eilen sie so leise wie möglich die Treppe herunter, während die Tür zu ihrem Zimmer aufgetreten wird. Parker bemerkt eine Gruppe von Bauarbeitern abseits jeder Baustelle, die schnell zur Seite springen, als er den unteren Teil der Feuerleiter ausrollt. Polizeisirenen sind zu hören und die Agenten pressen sich in die nächste Gasse. Sie haben Glück und werden übersehen. Die Gruppe bringt schnellstmöglich einige Straßen Distanz zwischen sich und das Hotel. Doch zeigen dort Passanten auf sie? Vielleicht war es nur Einbildung, doch klar ist, dass sie hier schnellstmöglich weg und sich tarnen müssen, bevor das Hotel umstellt ist. Preston geht in die nächstbeste Drogerie, um Brillen, Makeup und Rasierer zu kaufen, doch die Verkäuferin, die er mit Blick auf die verrinnende Zeit um Hilfe bittet, scheint Probleme zu haben, seinen Ausführungen zu folgen, fragt mehrfach nach, was er will, als hätte sie ihn nicht verstanden und fokussiert ihren Blick immer wieder aufs Neue auf ihn. Was soll das? Die Tarnung ist absolut notdürftig und wird nicht viel bringen, aber sie ist besser als gar nichts. Sie gehen 15 Minuten zu einem großen öffentlichen Parkplatz auf der anderen Seite des Charles Rivers, um einen neuen Wagen zu kriegen, ein vielleicht 10 Jahre alter Toyota Camry, der schon eine Weile dort steht, fällt ins Auge – Nummernschilder werden ausgewechselt und los geht es in Richtung des nächsten Home Depot, um eine Stirnlampe zu erwerben…
  8. A Volume of Secret Faces VI (Finale) In der Lobby des Boxer Hotels diskutieren die Agenten ihre nächsten Schritte. Eben noch zielsicher auf den Fahrstuhl in den sechsten Stock zusteuernd, überkommt sie ein plötzliches Zögern. Sollten sie wirklich nach oben gehen? Oder ist es im Raum 616 zu gefährlich? Jagt man sie bereits? Brauchen sie nicht mehr Informationen? Müsste man nicht die Mitarbeiter des Dorchester House, allen voran Oberschwester Samigina, genauer observieren, bevor man versucht, die Stimme am Telefon oder was auch immer hinter dem fremdartigen Fenster in V-Cells Zimmer warten mag, zu konfrontieren? Erst die freundliche Nachfrage einer Hotelangestellten nach einigen Minuten reißt die Gruppe aus ihren Überlegungen. Sich als Tourist ausgebend, blockt Percy jede Hilfe dankend ab und greift sich den erstbesten Werbezettel, der auf einem Tisch neben ihm liegt, um zu signalisieren, dass sie gut versorgt sind. Mit leichter Irritation mustert sie den Zettel, bevor sie sich mit einem Lächeln erneut ihrer Arbeit zuwendet. Percy mustert den Flyer: ENCOUNTER GROUP NO COST FIND THE ANSWER TO LIFE’S QUESTIONS IN A NO JUDGMENT GROUP ENVIRONMENT 7-9 PM ON TUESDAYS ST. JUDE CHURCH, DORCHESTER MASKS PROVIDED Ein wenig schlüssiger, anscheinend handschriftlicher Text findet sich am rechten unteren Rand des Zettels: TIRELESS HEROES EXPLORE, KNOWING INFINITE NIGHT GRANTS COMFORT ON MOONLIT, ENDLESS SEAS the kind comes… Darüber prangt das Z̵e̵i̶c̴h̸e̵n̵. Die Agenten sind besorgt über diesen Fund. An Zufall zu glauben, fällt bereits seit geraumer Zeit schwer. Doch zumindest einigt man sich nunmehr schnell auf das weitere Vorgehen: Sie gehen jetzt hoch, untersuchen dann die Mitarbeiter im Dorchester und planen aufbauend auf ihren gewonnen Erkenntnissen alles weitere, um ggf. über den Buchladen, Barbas Haus oder das Dorchester in die Korridore der Nacht zu gelangen. Im sechsten Stock fällt es Percy nicht schwer, Zimmer 616 wiederzufinden. Parker hält Wache und lässt die Tür angelehnt, während sich Parcival auf das Bett legt und zu schlafen versucht. Nach wenigen Minuten entspannt sich sein Körper und sein Atem wird ruhig. Hinter den zur Seite gezogenen Vorhängen beginnt sich das Fenster zu öffnen. Wie beim letzten Mal, streckt Percy vorsichtig seine Hand durch die quecksilberartig pulsierende Flüssigkeit, die den Blick auf jenen aus der Zeit gefallenen Zwilling des Hotelzimmers, in dem sie gerade stehen, freigibt. Er atmet tief ein und taucht hindurch. Der Raum ist voller Wasser, was sein Interieur nicht zu stören scheint. Mühsam kämpft sich Percy zum Bett voran und greift nach dem dort liegenden Koffer. Mit letztem Atem gelingt es ihm, zum Fenster zurückzuschwimmen, wo Preston ihn herauszieht. Spuckend blickt er auf seinen Fund. Ein verschlossener, altmodischer, aber fast neuer Koffer, darauf eingeprägt die Initialien JCL. Trocken.HIER SCHRIEB ER. SCHREIBT ES. WIRD ES SCHREIBEN. Mit leichter Verärgerung herrscht Parker Preston an, die Wache zu übernehmen und betritt den Raum. Mag er auch nicht mehr der Jüngste sein – er ist ausgebildeter Taucher. Percy hätte ihm Bescheid sagen sollen, als er feststellte, dass der Raum wirklich voller Wasser ist, anstatt selbst hindurchzutreten. Als Parker eintaucht, bemerkt er nicht, dass Preston den Raum von innen und nicht von außen bewacht. Auch entgeht ihm das leise Geräusch der ins Schloss fallenden Tür, als er mit kraftvollen Bewegungen zum Schreibtisch schwimmt. Er wirft sie ebenso wie das Bündel Papier, das neben ihr liegt, in den Papierkorb, um diesen einfacher nach draußen zu bringen, als ihn ein unbestimmtes Gefühl des Grauens überkommt und sich die Tür des Zimmers, vollkommen unberührt vom ihn umgebenden Wasser, öffnet. Einen Moment später beginnt das Wasser wie von Nebel durchsetzt zu werden. Blind krault er so schnell er kann in Richtung des Traumfensters. Percy und Preston können ihn nicht mehr sehen, bis er sich plötzlich, den Mülleimer voran, aus der Wand stürzt. Ohne Luft zu holen stürzt er zum Bett und reißt Parcival aus dem Schlaf heraus, doch statt augenblicklich zu verschwinden, tropft die Flüssigkeit an der Wand nur gallertartig herab, während eine knochige, von grüngoldenen Fetzen bedeckte Hand aus dem Fenster herausgreift.der letzte könig naht Percy erwacht. Er blickt in die Gesichter seiner drei Kameraden, alle in… Krankenhauskleidung gehüllt? Sie scheinen alle gerade erst hochgeschreckt zu sein, um einen Tisch sitzend, voller sinnloser Zettel, Stifte und Notizen. Wirres Gekritzel - Zahlen, Tabellen, Worte, Durchstreichungen und Korrekturen, Prozentwerte, Eintragungen und Daten in befremdlichen Formularen.DIE WÜRFEL SINGEN EINE MELODIE, ZU DER DIE FALSCHEN MENSCHEN TANZEN, WÄHREND DAS BUCH SIE ANLEITET. UND OB SIE WOLLEN ODER NICHT, SIE TANZEN. Draußen ist es dunkel, kein Strahl des Mondes fällt durch die vergitterten Fenster. Leicht sirrende und gelegentlich flackernde Hallogenstrahler spenden ein kaltes Licht. Der Raum ist groß und hat den Charme (und die Einrichtung) einer 50 Jahre alten Schulkantine. Die Tische sind festgeschraubt und eine Idee zu niedrig, die Stühle nur minimal zu klein. Ein alter Mann, ebenfalls in Krankenhauskluft kommt schnell auf sie zu, als er bemerkt, dass sie bei Bewusstsein sind. Was auch immer er zu sagen versucht, scheint für ihn von größter Bedeutung zu sein, doch statt Sprache vermag seine Kehle nur gutturale Laute zu formen und jede Geste, jeder Buchstabe, den er auf einen der herumliegenden Zettel zu kritzeln versucht, bleibt unverständlich. Nach einer guten Minute unterbricht eine junge schwarze Frau dieses bizarre Schauspiel. Sich als Deborah Carver vorstellend, erklärt sie den vier Insassen, dass „Sunshine“ bereits seit vielen Jahren, wahrscheinlich seit der Jahrhundertwende, im „Sanatorium“ einsäße, in welches sie sich wegen ihrer Drogenabhängigkeit vor einigen Jahren hat einliefern lassen. Gerade will sie Parcival und die anderen nach ihrer Diagnose fragen, da schneidet eine schnarrende Stimme durch den Raum. Ein seltsamer, lauter kleiner Herr mit einem fremdartigen Dialekt oder Akzent. Der Nadelstreifenanzug, die Glatze und sein akkurat gepflegter grauer Spatenbart ließen ihn komisch erscheinen, wenn er nicht in Begleitung eines großen, gewalttätig aussehenden Mannes in Pflegerkleidung aufgetreten wäre, dessen schmale Augen durch den Raum blinzeln. „Dr. Friend“, wie er sich nennt, bittet die „Patienten“ zur „Gruppentherapie“.hütet euch vor friend Die Gruppe zögert kurz. Friend und sein massiver Begleiter, den er als Dubrovnik vorstellt, gehen in einige Schritte auf sie zu. Als der Doktor auf den Tisch blickt, ist er für einen Moment ganz entzückt, wiewohl schwer zu sagen ist, ob ehrliche Emotionen oder ein triefender Sarkasmus aus seiner Stimme sprechen, als er kommentiert, wie schön er es fände, dass die vier wieder „Agenten“ spielten. Durch windende Gänge folgen Sunshine, Carver und die vier Friends schnellen Schritten. Ihre Umgebung macht klar, was sie bereits vermutet hatten. Sie befinden sich im Dorchester House oder zumindest irgendeiner bizarren Abart davon. In einem kleinen Raum mit einer beeindruckend hässlichen, cremefarbenen Tapete, der von einer einzelnen Glühbirne nur schwach erleuchtet wird haben sich in einem Stuhlkreis bereits mehrere andere Patienten eingefunden. Auf ein Grunzen von Friends Begleitung hin, nehmen die Neuankömmlinge Platz und der Doktor eröffnet die Therapiesitzung.DER DOKTOR HÄLT SIE BESCHÄFTIGT, IN DER HOFFNUNG ZU ENTKOMMEN Er beginnt mit einer Frage an Parker – Ob ihm seine Hobbies Freude bereiten würden? Dieser weiß nicht so recht, wie er darauf antworten soll. Viele Hobbies hätte er nicht mehr und wenn seien sie eher unzureichender Ausgleich. Mit einem unangenehmen Lächeln nickt Friend und macht weiter. An Preston gewandt, fragt er, ob er häufig an jene Momente zurückdächte in denen er versagte. Preston bleibt wortkarg. Ja, das täte er, doch auf ein konkretes Beispiel angesprochen, schweigt er nur. Friend ist sich sicher, dass sie schon noch ins Gespräch kommen werden. Der nächste Patient, ein gewisser Mr. Wilde wird gefragt, ob ihn seine Mitmenschen oft als Spielverderber betrachten würden. Der Anblick des Angesprochenen ist kein Vergnügen: Wilde hat einen verkümmerten Körper von der Größe eines zehnjährigen Jungen. Er hat einen vergilbten Teint, einen deformierten Kopf und ein vernarbtes Gesicht. Er trägt falsche Wachsohren über den zerstörten Ohrmuscheln. Dennoch strahlt er eine gewisse körperliche Gefahr aus. Seine Arme sind muskulös und seine Gestik von nicht zu leugnender Agilität geprägt, als er erklärt, dass er keine Spiele verderbe, sondern sie mache. Ohne ihn wüsste niemand, wie man überhaupt spielte.er weiß nicht, dass er wist ist. Carver ist an der Reihe. Sie soll eine Zeit beschrieben, als sie sich sicher war, dass die Welt nicht real sei. Nachdem sie kurz überlegt, beginnt sie zu erzählen, von den Drogen, die einem Dinge zeigten. Als sie eines Nachts im Hotel war und mit Jaycy sprechen wollte, aber er sie nicht sehen wollte und sich „das Zeug“ deshalb direkt injizierte. Als ihr mit einem Mal alles klar wurde, als wäre sie mit dem Gebäude verbunden. Der Keller, ein Netzwerk von Wurzeln, die überall hinführten. Ein geflüstertes Labyrinth der Wahrheit. Da war sie sich sicher, dass alles andere nichts als Lüge war. Eine schlechte Inszenierung von etwas so viel Größerem.ich habe gehört, dass sie den weg zu JLs flasche kennt Ein dünner junger Mann, den Friend als Mr. Topchick anspricht, mit lockigem rotem Haar und einer Gleitsichtbrille trägt einen Krankenhaus-Pyjama unter einer Tweedjacke. Er antwortet mit einem starken New Yorker Akzent, als ihn Friend fragt, ob er jemals geglaubt hätte, dass jemand oder etwas ihm nach dem Leben trachten würde. Immer wieder unterbricht er sich, als müsste er mühsam seine Emotionen zurückhalten, als er erklärt, dass „sie“ ihn tot sehen wollten. Damals, 1952. Mittlerweile sei er seit 20 Jahren hier und verfluche sie jeden Tag dafür, dass sie ihn nicht einfach umgebrachten, statt ihn in diese Anstalt zu bringen. Er sei es nicht gewesen, die Beweise nur gefälscht. Die letzten Worte wiederholt er, lautet und lauter, bis seine Stimme zu einem markerschütternden, kaum mehr verständlichen, hyperventilativen Geschrei angewachsen ist. Dubrovnik „beruhigt“ ihn, bis er in sich zusammensinkt und schweigt. Doch Friend fährt unberührt fort. Ein unauffälliger Mann namens Valater wird von ihm gefragt, wann er zum ersten Mal vom Stück „Der König in Gelb“ erfahren hätte. Ruhig und präzise erklärt er, dass er in der Bibliothek, der Geheimbibliothek von Dr. Dallan darauf gestoßen sei. Friend winkt ab und lacht. Immer spräche er von diesem Dallan. Wer solle das denn nur sein? Ist er gerade hier in diesem Raum? Bevor Valater antworten kann, fährt der Doktor fort und spricht Percy auf die beeindruckendste Person in seinem Leben an. Dieser ist sich sehr sicher, dass er selbst die beeindruckendste Person sei, der er jemals begegnet hat. Friend will nachhaken, doch Percy unterbricht ihn und beginnt seine Therapiemethoden in Frage zu stellen. Was solle das hier alles? Wird hier irgendwem geholfen? Unwirsch geheißt Friend Dubrovnik, für Ruhe zu sorgen, doch Percy, an Leib und Leben durchaus interessiert, hält von selbst inne, als der Pfleger sich auf ihn zubewegt. Mit einer gewissen Verärgerung in der Stimme wendet er sich einer älteren, dunkelhaarigen Frau mit einem breiten, fischähnlichen Gesicht, das von einem vorsichtigen, besorgten Blick gezeichnet ist, zu. Er fragt sie, was das Phantom der Wahrheit über Cassilda gesagt hätte. Als wäre eine Triggerphrase gefallen, schreit sie ihm die Antwort entgegen. Lügen, nichts als Lügen. Mit nun wieder breiterem Lächeln richtet er das Wort nun an einen großen, geradezu komisch dürren Mann mit struppigem Haar und eng stehenden Augen, den er als Mr. Pailotte anspricht. Mit einer vollkommen deplatziert wirkenden, irgendwie erzwungenen Jovialität antwortet dieser auf Friends Frage, wie viel Zeit bis zum Ende der Welt bliebe: Das Ende der Welt sei bereits passiert. Es wird passieren. Es passiert gerade. Der See, der Palast, die Schlacht, der Hof von Yahtel, die Maskerade, alles deutete, deutet, wird auf den Untergang hindeuten. Friend unterbricht, um sich einem unauffälligen, altersloser Mann mit sauber gescheiteltem Haar zuzuwenden. Es ist schwer zu sagen, ob Mr. Fuller 30 oder 60 ist. Friend fragt ihn, ob er eine Einladung erhalten hätte. Ein dunkler Schatten legt sich über das Gesicht des Angesprochenen. Der einzige Ausweg liege darin, weiter hinein zu gehen. Moseby hätte es gewusst. Doch er habe einen Fehler gemacht. Versuchte, es zu ignorieren, und jetzt ist er hier, für immer.er hat das zeichen gesehen Der Blick des Arztes ruht auf einem kleinen Mann. Er ist ungepflegt und sieht krank aus, eingepackt in einen teuren Seidenpyjama und Hausschuhe. Seine Augen haben einen verzweifelten, verlorenen Blick. Seine Hände sind rau, mit Wasser vollgesogen und schälen sich, als hätte er schwere Arbeit im Wasser verrichtet. Parcival glaubt, ihn schon einmal gesehen zu haben und aus vager Bekanntheit wird kurz darauf Sicherheit, als Friend ihn als Mr. Daribondi anspricht und fragt, ob er seine Mitmenschen häufig zum Lachen brächte. Nein, das täte er nicht. Er habe sie zum Nachdenken anregen wollen. Immer nur das. Was auch immer passiert ist, er wollte das alles nie. Tränen sind in seinen Augen zu erkennen.bald wird er ins hotel weiterziehen Darauffolgende Antworten von Preston und Parcival (Wie sah die Welt vor ihrer Geburt aus bzw. denken sie häufig über Tod und Leid nach) befriedigen Friend nur wenig. Mit einem mittlerweile haifischartigen Grinsen wendet er sich stattdessen Sunshine zu. Ob er seine Flasche gefunden hätte. Die Frage evoziert einen Ausbruch von unverständlichen Emotionen, der in einem unkontrollierbaren Schluchzen kulminiert. Augenscheinlich zufrieden mit seinem Werk legt der Doktor seine Fingerkuppen aufeinander, um sich mit neu gefasster Initiative Percy ein zweites Mal zuzuwenden. Hat er das Gelbe Z̵e̵i̶c̴h̸e̵n gesehen? Die Frage ist mehr geflüstert, gehaucht geradezu, als wirklich ausgesprochen. Ein Tuscheln und Wispern geht durch die versammelte Therapiegruppe, als der Befragte nach kurzem Zögern mit einem klaren Nein antwortet. Schlussendlich sind alle Patienten ein oder mehrmals befragt worden, doch Friend scheint noch nicht ganz fertig zu sein. Er setzt mehrfach an, scheint nach den richtigen Worten zu suchen und dann ist da ein leichtes Zittern in seiner Stimme zu vernehmen, als er Timothy Bael anspricht.HIER BIN ICH Das Zeitalter des letzten Königs sei angebrochen. Ist ihm das klar? Parker blinzelt. War Bael bis zu diesem Moment überhaupt Teil der Runde gewesen? Er kann sich nicht daran entsinnen, ebensowenig wie die anderen. Bael seufzt ostentativ, so als hätte deutlich besseres zu tun, bevor er knapp nickt. Friend bedankt sich überschwänglich und beendet die Sitzung. Bael rauscht aus dem Raum, Percy will ihm folgen, doch spürt er plötzlich Dubrovniks schwielige Hände auf seiner Schulter. Der Doktor würde ihn gerne noch einmal unter vier Augen sprechen. Langsam wird er aus dem Raum geschoben, in die entgegengesetzte Richtung von Baels schnellen Schritten. Die anderen drei versuchen nicht, zwischen den Pfleger und ihren Kameraden zu treten. Parcival verspürt ein leichtes Ziehen auf Hüfthöhe an seiner Patientenkluft. Es ist Wilde, eine laut miauende Katze auf seinem verkrüppelten Rücken kletternd. Es sei ihm nicht entgangen, dass sie Interesse an einer Audienz bei Bael hätten, doch wäre dieser vielbeschäftigt. Wenn sie Wilde jedoch ein Buch aus der Bibliothek beschaffen könnten, würde er ein gutes Wort für sie einlegen. Um welches Buch es ginge? Die Imperial Dynasty of America. Bevor er sich mit einer angedeuteten, leicht spöttischen Verbeugung verabschiedet, die die Katze nutzt, um seinen Körper vollends zu erklimmen, woraufhin er sie mit einer fließenden Bewegung von seinem Kopf reißt und gegen die Wand wirft, drückt er Parcival noch einen Zettel in die Hand. Von einem alten Freund, der an neuen Werken arbeitet. Mit besten Grüßen. Es handelt sich auf den ersten Blick nur um eine seltsame Aneinanderreihung von maschinengetippter Schrift, doch je länger Parcival es anstarrt, desto mehr erkennt er ein Zeiche̴n̵. Das Zei̶c̶h̵en. Derweil widersetzt sich Percy nicht, während ihn Dubrovnik in einen pinken Raum mit sternenverzierter Decke zerrt, in dessen Mitte ein Operationstisch mit Fixiergurten steht. Er leistet keinen Widerstand, als man ihm geheißt, sich auf ebenjenem Tisch niederzulassen und die Schlingen um ihn festgezurrt werden. Selbst als Dr. Friend eine monströse Injektionsspritze an eines seiner Augen anlegt und sich diese langsam mit einer rötlichen, öligen Flüssigkeit füllt, blickt er im mit stoischem Grauen entgegen. Doch die Beständigkeit seines Opfers scheint Friend nicht weiter zu stören. Voller Begeisterung blickt er auf die Flüssigkeit. Das Patzu, wie er sagt, sei sehr potent.FRIEND WIRD SEINE FLASCHE NIE FINDEN, ABER ER ERFÜLLT SEINEN ZWECK Mit Schmerzen und verschwommener Sicht aus dem Raum gestoßen, taumelt Percy durch die Gänge des nächtlichen Dorchester House, auf der Suche nach Timothy Bael. Vielleicht sind es Minuten, vielleicht Stunden, als er in Preston, Parker und Parcival stolpert - vor der Doppeltür zum Essens- und Aufenthaltsraum, in dem diese alptraumhafte Odyssee ihren Anfang nahm. Die drei wollen mit Valater sprechen, der Dallan und die Bibliothek erwähnt hatte. Alleine sitzt er an einem Tisch und starrt in Richtung einer anderen Patientin, die an einem meterlangen Origami eines Drachen baut.SIE SCHAFFT DIE DRACHEN FÜR DEN CLOWN Tatsächlich ist Valater ein vernünftigerer Gesprächspartner, als sie es nach allem, was bisher passiert ist, erwartet hätten. Auch am Tag Insasse und von Marionetten verfolgt, weiß er, dass einige der beklagenswerten Gestalten, die durch die Korridore wandeln, verloren seien – Abbilder ihrer selbst aus unterschiedlichen Zeiten. Friend wolle mehr über das Stück herausfinden, denn er selbst sitze hier fest und sei besessen von der Idee, dass jenes Werk der Schlüssel aus diesem Gefängnis sei. Bael hingegen ist mehr als die anderen. Er ist das Zentrum und sie täten gut daran, zu versuchen mit ihm zu reden. Er könne ihnen helfen. Doch dafür brauchen sie das Buch. In der Tat ist der Zugang zur Bibliothek in Dallans Büro versteckt, ein Ort, der sich dort befände, wo er auch am Tag zu finden sei (was auch immer dies in Anbetracht der wahnhaft verworrenen Architektur dieses Ortes bedeuten mag). Parcival vertraut darauf, dass seine Fähigkeit, die Wege durch die oberen Stockwerke des Macallistars zu finden, ihm auch hier zu helfen vermag. Die anderen folgen ihm. Tatsächlich gelingt es ihm, eine unauffällige Seitentreppe auszumachen, die in den dritten Stock führt. Doch gerade, als sie auf den Gang zu Dallans Büro heraustreten, bemerken sie einen Pfleger, welcher ein Wägelchen voller Container jener Flüssigkeit, die Friend Percy entnommen hatte, in Richtung eines Gemäldes schiebt. Der Füllstand der Gefäße nimmt rhythmisch ab und wieder zu. Unwillkürlich gewinnt Percy den Eindruck, sie würden… atmen. Der Pfleger betätigt einen versteckten Schalter und das Bildnis eines Theatersaals schwingt zur Seite. Sie können nicht sehen, was dahinter ist, doch legt er nach und nach alle Container dort hinein, bevor sie mit einem Unterdruck-artigen Geräusch verschwinden. Schließlich ist der Weg frei. Dallans Büro ist nicht bewacht, nicht verschlossen und menschenleer, doch anders als bei Tage: Sein Fenster ist das erste, welches den Blick auf mehr als reines Schwarz eröffnet. Doch es ist nicht die Skyline von Boston, welche im Dunkeln funkelt. Es ist eine Stadt im Krieg, illuminiert von flackernden Gaslaternen, erschüttert von gelegentlichen Explosionen, Artilleriefeuer. Über all dem thronen die vage zu erahnenden Lichter einer Kremlartigen Konstruktion in weiter Distanz. Ein von Kuppeln gezierter Palast. Eine Drucktür, wie man sie eher bei einem U-Boot erwarten würde, ist neben dem Bücherregal in die Wand eingelassen. Percy nimmt eines der Bücher aus dem Regal. A Vision for a Nation that is Prepared for War von Philip Pullman (1936). Dahinter ist ein weiteres Buch. Eugenics: The American Struggle against Human Evil von W. E. B. Du Bois (1900) - er zieht auch dieses hervor und kann in mittlerweile 30cm Tiefe noch ein Buch erkennen. The Lion-In-The-Cloud von Jack Torrance (1982). Gemeinsam macht sich die Gruppe daran, das Regal freizuräumen. Nach und nach „graben“ sie einen „Tunnel“ durch Bücher hindurch, bis sich ihr Weg schließlich öffnet in einen Saal voller Regale, voller Bücher, von dem mehrere Gänge abzweigen. Die Bibliothek. Auf dem Boden entdeckt Parcival einen weiteren Zettel. Erneut in gedruckter Schrift darauf das Symbol. In der Ferne ist das Tippen einer Schreibmaschine zu vernehmen. Percy greift eines der Bücher aus dem Regal. The Last Day of Forever von Kaitlyn Ewing (1971). Daneben ein seltsames russisches Werk Любознательный пионер-ленинец на тракторном заводе имени Ф. Э. Дзержинского.DIE FABRIK BLEIBT DER DREH- UND ANGELPUNKT DES KRIEGES Wie sollen sie hier nur jemals Wildes Desiderat finden? DAS ORIGINAL LÄSST CASTAIGNE NICHT AUS DEN AUGEN, AMBROSE MUSS HILDREDS STAMMBAUM ZU DIESER KOPIE UMARBEITEN In Ermangelung einer Alternative macht Parcival den Vorschlag, dem Tippen zu folgen. Es ist unklar, woher das seltsam gedämpfte Licht stammt, das die Gänge erhellt. Es scheint, als würde es direkt aus den Regalen bluten. Gelegentlich stolpert die Gruppe über einen Seitentrakt, der zerstört scheint, vom Zahn der Zeit benagt, von Wasserfluten ertränkt oder als Lagerstätte genutzt, inklusive einer kleinen Feuerstelle, in der erloschene Papierasche glimmt und um die herum immer noch die kleinen Knochen von Nagetieren knacken, wenn sie unter dem Fußsohlen zerspringen. Das Tippen wird lauter. Und schließlich öffnet sich der Weg auf eine Empore, die den Blick auf eine größere, von Regalen umrahmte Freifläche eröffnet, welche über und über von einzelnen Blättern bedeckt ist. Mehr als 100 Quadratmeter müssen es sein, dicht beschrieben mit sinnlos aneinandergereihten Buchstaben, doch gemeinsam ergeben sie, trotz einiger verbleibender Lücken, ein visuelles Schrift-Bild Kunstwerk. Das Z̵ė̷i̵chen. Selbst Percy sieht es nunmehr, nach all den Jahren. Mit fiebriger Energie malträtiert der Urheber dieser literarischen Monstrosität seine Schreibmaschine. Es ist Roger Carun. Ein fanatisches Glimmen liegt in seinem Blick, als er die Gruppe bemerkt. Doch er lässt von seinem Tun ab und wendet sich dem unverhofften Besuch zu. Es gab im Haus „Probleme mit dem Gas“, deshalb sei er zunehmend nach oben gegangen und über die Bibliothek gestolpert, welche ihm eine wahrlich unverhoffte Inspiration beschert hätte.plagiaristen, allesamt Er will gerade ansetzen, weiterzureden, da spricht ihn Parker auf die Imperial Dynasty an. Ja, sie befände sich tatsächlich in seinem Besitz. Eine „kürzliche Neuerwerbung“, von der sich die vorherige Besitzerin nur schwer getrennt hätte. Für einen kurzen Moment fragt sich Percy, ob er es gleich bereuen würde, doch kann er sich nicht zurückhalten und fragt, wer der Vorbesitzer gewesen sei. Carun führt ihn und die anderen zwei Regalreihen weiter. Dort liegt die Leiche von Michelle Vanfitz, der Schädel gespalten von einem Tomahawk. Während Carun mit großer Begeisterung über die emotionalen Schwächen seiner ehemaligen Nachbarin spricht, durchsucht Parker unauffällig die Leiche. In einer Jackentasche findet er ein rotes Lederbuch, gleich jenem, welches Barbas bedruckte. Die ersten Worte sind ihm wohl bekannt: Along the shore the cloud waves break The twin suns sink behind the lake, The shadows lengthen In Carcosa. Es ist das Stück. Parker packt das Buch schnell weg und nimmt sich das Tomahawk, gerade als Percy Carun fragt, ob sie die Imperial Dynasty von ihm bekommen könnten. Als er die Waffe in Parkers Hand sieht, wirkt dieser erst enttäuscht und wütend, doch sieht dann schnell ein, dass für ihn die „Kunst vor dem Erbrecht“ stünde. Er hätte ohnehin eine Kopie der wichtigsten Teile angefertigt. Insofern könnten sie das Original ruhig haben, sofern sie ihn in Ruhe ließe. Er warnt sie noch vor dem Papierlöwen, der die Gänge der Bibliothek des Nachts durchstreifen würde. Tatsächlich ist es mittlerweile dunkler geworden, doch abgesehen von einigem Rascheln in der Distanz verläuft der Rückweg ereignislos. Wilde erwartet sie bereits ungeduldig in Dallans Büro, doch Percy besteht darauf, zuerst selbst einen Blick in das Buch zu werfen. Möge seine Wohltat auf unser Bemühen scheinen, dieses Land durch seine Hand gereinigt werden. Gewappnet gegen die wachsende Fäulnis in den Köpfen der Menschen, blühend in schöner Unschöpfung. Der Erste, der Letzte, der Einzige, der Keine. Der Eine. Ein Foliant mit losen und vergilbten Seiten. Ein komplexer Stammbaum, der vorgibt, eine königliche Blutlinie von Carcosa bis New York City und darüber hinaus zu verfolgen. Es sind über tausend Namen enthalten. Castaigne, Labolas, Barbas, Samigina, Carun und so viele andere. Sie sind alle dort. Und selbst die Gruppe. Rabel, Thal, Lutece, Wilson. Mit feinen roten Linien sind sie auf die eine oder andere Art verbunden mit dem großen Ganzen. Nach der Übergabe des Buches und einem grausigen Ringkampf zwischen Wilde und seiner Katze, führt der kleine Mann die Agenten durch zuvor definitiv nicht vorhandene Gänge, weiter und weiter voran, zum linken Flügel des dritten Stocks, anders aber doch ähnlich im Vergleich zum Tag, hinan zu jener Audienz, die sie so dringend ersuchten. Und dort sitzt er. Bael, auf einem Thron aus hunderten durchnässten Telefonbüchern, neben sich ein alter Fernsprecher. Er ruft Anweisungen in den Apparat.MEMO: IHNEN ERKLÄREN, WAS JETZT PASSIERT Nein, sie ist in der Villa, aber Lundine muss sie erst bauen. Schick Asa. VON DER HYGROMANTEIA BIS ZUM ENDE DER WELT - ES SCHEINT, ALS WÄRE ALL DAS MEIN WERK. Doch schlussendlich wendet er sich den Agenten zu und beginnt zu erklären. Alles, was sie zu wissen glauben, ist falsch, und erst jetzt haben sie einen Einblick in die Welt bekommen, wie sie wirklich ist. Er sammelt es. Ich glaube, er trinkt es. TATSÄCHLICH VERKLEINERTE SICH SCHLICHT DIE WELT UM MICH. Das Stück steht im Zentrum der Dinge. Alle Ereignisse, Menschen und Orte gehen von ihm aus und nicht umgekehrt. Es ist ein Ouroboros, der die Welt ausspuckt und verschlingt. Hat man dies erkannt, gerät man unter die Aufmerksamkeit und den Einfluss des Königs in Gelb. Dann gibt es nur einen Ausweg: durch ihn hindurch. Sag Ambrose, er soll jetzt das Telefon schicken. Nein, er hat viele davon. RAUM, ZEIT UND IDENTITÄT SIND LÜGEN. Nach Carcosa. Carcosa ist kein Ort, den man vom Krankenhaus aus erreichen kann. Das Krankenhaus ist wie eine Fliegenfalle, die verlorene Seelen einsammelt. Die Agenten müssen sich aus der Nachtwelt befreien und andere Wege finden, um von der "echten" Welt der Erde nach Carcosa zu gelangen. Wenn die Zeit reif ist, wird sich die Realität so gestalten, dass ein solcher Transit möglich ist. Zwanzig Kinder. Lasst sie alle im Wasser. NUR CARCOSA IST REAL. Aber zuerst müssen sie aus dem Krankenhaus entkommen. Er kann ihnen helfen, doch sie müssen ihm vertrauen und folgen. Sie zögern nicht lange. Bael erhebt sich von seinen Thron und verlässt den Raum. Die Agenten folgen ihm. Er führt sie nach unten, durch das Dorchester, seine Heizungskeller und durch ewig verwobene Art Decor-Gänge vorbei an einem Mann, der in einer Silberrobe durch einen der Seitengänge an ihnen vorbeistürmt, was er nur mit einem lapidaren Hinweis darauf, dass Lundine seinen Weg schon finden werde, kommentiert, hinein in einen Theatersaal. Mehrere Hundert Plätze sind besetzt von ihm Halbdunkel nur zu erahnenden Gestalten besetzt. Doch die erste Reihe ist leer. Bael heißt ihnen Platz zu nehmen und sich nicht umzudrehen. Preston tut es trotzdem. Direkt hinter ihm sieht er seine Schwester platziert. Ohnehin von den Geschehnissen im Dorchester sichtlich mitgenommen, steht er von seinem Platz auf und versucht, wider der gezischten Warnungen von Bael, nach ihr zu greifen. Er berührt sie und sie verschwindet. Zurück bleibt nur ein rötlicher Nebel, der aus einem Loch in ihrem Sitzplatz zu sickern scheint.jeder stuhl ist stets besetzt Dann beginnt das Stück. Parker versucht bestmöglich, alles um ihn herum zu ignorieren, doch Bael heißt ihm, einzig auf die Bühne zu blicken, wo ein kleiner Clown, der Percy wohlbekannt ist, zu einem monotonen Trommelschlag zu tanzen beginnt, während er einen Papierdrachen durch hinter sich durch die Luft zieht. Flüsternd erklärt Bael, dass der Tanz die Entstehung des Stücks widerspiegelt. Eine Person findet die Flasche des Autors in einer Höhle und bringt sie ihm bei einer Maskerade. Der Clown ist der König, der Drache das G̷e̷lbe̸ Z̸ei̴c̶he̷n und die Bühne die Welt. Im Tanz kreiert der König die Welt aus unserem Leben. Der Tanz erschafft unsere Welt. Das G̷e̷l̶b̷e̸ ̵Z̸e̸i̴c̶h̷e̷n̴ frisst das Leben in der Welt, um den König zu ernähren. Während er Baels Wispern lauscht, sieht Percy, wie rote Wolken von den Stühlen hinter ihm aufsteigen und einem scheinbaren Sog folgend, in Richtung des Drachen wabern, der den blutigen Nebel in sich aufzunehmen scheint. Schließlich, mit einem letzten Crescendo endet der Tanz und der Vorhang fällt. Nun drängt Bael. Sie müssen hinter die Bühne. Gemeinsam mit Parcival zieht er den Drachen hervor, schneidet ihn auf und entfernt das Patzu-Gefäß, trinkt davon, reicht es Percy und verschwindet. Die Flüssigkeit atmet, der Clown erwacht. Doch auf der anderen Seite des Vorhangs ist keine Bühne, kein Theater mehr. An ihrer Stelle verbleibt eine Wand. Etwas an der Perspektive des Clowns scheint falsch. Er beginnt erneut seinen Tanz, doch mit jedem Schritt wird er größer und größer. Flucht. Nur weg von dem Clown, der Meter um Meter wächst. Der Raum hinter der Bühne ist nunmehr nur noch ein Gang, an dessen Ende eine Tür liegt. Percy versucht zu trinken und scheitert, stolpert, die Flasche rutscht ihm aus der Hand, doch Parcival ergreift sie und trinkt. Das atmende Gebräu schmeckt wie flüssige Asche. Doch wenig Momente später verschwindet auch er. Parker, Preston und Percy rennen weiter, während sich der Gang verformt. Die Decke verliert an Kontur und wird Transparenz, gibt den Blick frei in einen Ballsaal voller tanzender Gestalten. Percy nimmt die Flasche auf und trinkt, diesmal mit Erfolg. Er wirft Parker die Flasche zu und bevor er verschwindet, sieht er, als würde er in ein Aquarium blicken, Asa Daribondi hinter einer gläsernen Wand, neben ihm aufgedunsene Kinder, wie er Parker applaudiert, während er voranrennt, weg vom Clown und zu trinken versucht und ihn dann fallen lässt. Preston kann ihn gerade noch stoppen, während er auf die mittlerweile 8 Meter große Erscheinung hinter ihnen zurollt. Er trinkt, wirft Parker das Gefäß zu und verschwindet. Nur noch knapp vor seinem Verfolger gelingt es auch ihm, das Patzu zu verzehren. Jenseits einer unüberwindbaren Weite sieht er einen Ballsaal und Hunderte von maskierten Feiernden. An der Seite steht allein eine Frau in einem blauen Kleid und trägt eine Katzenmaske. Sie bemerkt Parker und winkt ihm zu. Es ist Abigail Wright. Die Agenten wachen auf, geweckt von einer kratzigen Schellackplatte. Parcival betrachtet die rotierende Scheibe im Plattenspieler. „Whatever happened to Abby“ von Phil Heart and the Heart Heps. Sie sind in einem leeren Haus. Auf dem Boden prangt das Siegel von MALPHAS, Visitenkarten einer Immobilienmaklerin, Patricia McSwain liegen auf dem Esstisch.MALPHAS DIENT DURCH IHRE ABWESENHEIT Preston ist am Ende. Parker versucht ihn wieder aufzubauen, mit begrenztem Erfolg. Percy und Parcival gehen in Nachbarzimmer, um die beiden allein zu lassen, da hören sie eine Spieluhr. Ein kleines Ding, etwas über 0,6 Meter groß, bestehend aus einem Messinguhrwerk, Rädern und den zerbrochenen Überresten einer Porzellanpuppe. Es kann nicht sprechen, aber sein Mund klappert auf und zu, während es auf zwei ungleichmäßigen Rädern wackelt. Seine Arme drehen sich, während es sich bewegt. Die Arme sind in einer Kreuzigungspose fixiert, und die Finger sind einfache, in Porzellan geschnitzte Kurven ohne Nähte. Zwischen ihnen steckt eine Nachricht. Ein dickes Stück cremefarbenes Briefpapier, an drei Stellen gefaltet. Auf der Vorderseite prangt der Schriftzug "HOTEL BROADALBIN", darunter in feinen Lettern Gerard Michael Lutece (Agent Parcival), auf der Rückseite, in der gleichen ausgefallenen Schrift mit roter Tinte, ist ein kurzes Gedicht zu lesen: Find JAYCY LINZ at HOTEL BROADALBIN Go now, Find the hotel, the labyrinth, the author, his bottle, The city, the lake, its shadow, the battle, Then, the party, the dance, the girl in blue, the one singing, “Nothing is true, except out is through” Love and kisses, Abby NUNMEHR, ENDLICH, ÜBERQUEREN SIE DIE BÜHNE
  9. A Volume of Secret Faces V (Ein extrem kritischer Spielabend, vor dem ich ausgesprochen nervös war. Die Exekution in der Mall hätte sehr schnell zu einem TPK ausufern können. Gleichzeitig hat das offene Würfeln die Stakes der Situation für alle sehr transparent gemacht. Das Endergebnis hätte dabei kaum besser sein können. Eines der absoluten Highlights in 13 Jahren als CoC/DG-SL.) Es sind noch 6 Stunden bis zum Debriefing. In ihrem Hotelzimmer streitet die Gruppe über die Implikationen ihrer Funde im Raum 616. Was bedeutet das Foto von Barbas in den Deuxieme Bureau-Akten? Sind alle 72 Dämonen der Ars Goetia Schauspieler der originalen Inszenierung von 1895? Ist das alles eine Art Gedankenvirus, der jeden infiziert, der mit dem Stück in Kontakt kommt, so wie damals im Macallistar? Ist alles vorherbestimmt? Sind sie ein Teil des Stücks? Bewegen sie sich, Marionetten gleich, auf vorgegebenen Bahnen? Tun sie, was sie tun sollen oder sind ihre Handlungen doch noch selbstbestimmt? Niemand kann klare Antworten auf all das geben. Percy wirft ein, dass ein „Virus“ nicht die zwangsläufige Erklärung sein muss – vielleicht vermittelt die Lektüre des Stückes eine tiefere Form von Wissen, die all seine Leser aus freien Stücken so seltsam handeln lässt, wie sie es tun? Weiterhin scheint ihm absolute Vorherbestimmung unwahrscheinlich – immerhin entsprach das, was auf den Seiten des Stückes stand, welches sie im Macallistar fanden, nicht dem, was tatsächlich dort passierte. Die Dialoge wirkten zudem teils viel zu gekünstelt, um einer normalen Konversation zu entspringen. Parker hört gegen Ende kaum noch zu, während er bereits seine Sachen zu packen beginnt, um sich auf das Debriefing vorzubereiten. Doch beim Blick in seine Sporttasche stutzt er: Anfängliche Verwirrung verwandelt sich in Sekundenbruchteilen in pure Panik. Lautstark fluchend durchwühlt er die Tasche, was die Diskussionen der anderen innehalten lässt. Jedes kleine Textfragment, vom MADE IN CHINA-Schriftzug zu den Waschhinweisen ist von einzelnen Bruchstücken der Akte ersetzt worden. Als der erste Schrecken verflogen ist, macht eine sorgsamere Prüfung deutlich, dass anscheinend jeder Buchstabe, der mit der Akte auch nur vage in Kontakt kommt, von ihren Inhalten überschrieben wird. Daraufhin wickelt Parker die Ledermappe in Bleifolie ein. Es verbleiben noch 3 Stunden bis zum Debriefing. Doch als die vier Agenten schließlich aufbruchsbereit das Zimmer verlassen wollen, um sich auf den Weg zu ihrem Wagen zu machen, stellen sie bestürzt fest, dass sich die Tür nicht öffnen lässt. Irgendetwas versperrt sie. Ein kurzer Anruf bei der Rezeption führt kurz darauf zum Kontakt mit einem völlig entgeisterten Hotelmitarbeiter, der ihnen durch gedämpft zuruft, dass der Eingang zu ihrem Raum bis zur Deckenhöhe (und in beachtlicher Breite) mit Büchern verstellt ist. Unter immer neuen Entschuldigungen für diesen „abstrusen Streich“, den „er sich selbst nicht erklären könne“, räumt er schließlich genug der papierenen Blockade beiseite, sodass die Tür schließlich mit einem beherzten Ruck aufgestoßen werden kann. Hunderte, wenn nicht gar tausende Einzelbände der Encyclopedia Brittanica liegen auf dem Boden verstreut. Parcival greift einen Band heraus. Nummer 15, ITALY bis KYSHTIM in der Ausgabe von 1954, welche er so oft bei seinem Großvater im Bücherregal bewundert htte. Zwei Stunden. Auf einem abgelegenen Parkplatz will die Gruppe ein letztes Telefonat mit SEERE führen, bevor sie das Telefon sezieren. Percy will offen reden und all die Seltsamkeiten ansprechen: Die Dämonen, Barbas Kompromittierung und die zweifelhafte Rolle des Telefons. Doch die Stimme geht nicht darauf ein. Sie sollen vorsichtig sein, denn jemand würde versuchen sie zu täuschen. Es gälte niemandem zu trauen, niemandem außer sich selbst und dem Telefon, alles könnte eine Falle sein. Dorchester, Barbas und Samigina seien nach wie vor suspekt. Wenn sie etwas bräuchten, sollten sie sich erneut melden. Preston schneidet das Gespräch mit und verfolgt auf seinem Laptop die Audiosignatur der Wanzen in Raum 616. Schwache Ausschläge, als würde jemand im Nebenzimmer sprechen. Der Mitschnitt ermöglicht mit etwas technischer Finesse die Identifikation jener Stimmen im Hintergrund, die Parcival bereits zuvor zu hören glaubte. Es handelt sich um niemand anderes als die Agenten selbst, wenngleich jünger. Wie damals, 1995, als sie in Abigales Wohnung standen. Preston will nunmehr endlich mit der Obduktion des Telefons beginnen, doch Percy bittet ihn zu warten. Sie sollten dieses potentielle Hilfsmittel nicht leichtfertig zerstören, denn wer ist SEERE? Er scheint nicht gegen sie zu arbeiten, aber nutzt das Unnatürliche. Klingt das nicht genau nach jenem Programm, von dem Parker gestern sprach? Parker hält nicht viel von derartigen Spinnereien und drängt Preston, das Telefon zu öffnen. Sofort beginnt er damit, es vorsichtig aufzufeilen, um keinerlei Risiko einzugehen und die Funktionsfähigkeit möglichst lange zu erhalten. Doch als er ein erstes, ungefähr 5 mm großes Loch an der rechten unteren Ecke des Geräts geschaffen hat, hält er inne. Erde, Pflanzenreste und kleine Steinchen rieseln ihm entgegen. Immer größer wird der Haufen vor ihm, immer leichter das Telefon. Schlussendlich ist es leer, vollkommen, keine Mikroelektronik, nichts, abgesehen von einem klirrend-rappelnden Gegenstand. Er fischt ihn aus der nunmehr gänzlich unspektakulären Plastikhülle hervor. Eine versiegelte Phiole mit einem kleinen, goldenen Käfer auf einem Blatt kommt zum Vorschein. Sowohl Blatt als auch Käfer sind nach wie vor am Leben. Während die anderen ohne jeden Erkenntnisgewinn über ihren Fund streiten, klingelt Prestons Telefon. Sein Vater ruft ihn an. Er wirkt aufgelöst, als er ihm beschreibt, dass jemand eine Schaufensterpuppe in seinem Garten an einem Galgen aufgehängt hatte, während er weg war. Mit hörbar brüchiger Stimme fügt er hinzu, dass sie ihn aus der Distanz Prestons Schwester erinnerte. Dieser bestärkt seinen Vater darin, schnellstmöglich die Polizei zu rufen und auf der Hut zu sein. Eine Stunde. Parkers Wagen ruckelt durch ein Schlagloch auf der Auffahrt zum Highway. Die Trivellino Mall ist mehrere Dutzend Meilen außerhalb des Großraums Boston gelegen und vor kurzem wegen erhöhter Radonbelastung geschlossen worden, wie Parcival herausfand. Die Besitzerin, eine gewisse Eva Lundine, hatte sich in der regionalen Presse lautstark über den Umgang der Politik mit ihrem Investorenkonsortium beklagt und überzogene Bürokratie und außer Kontrolle geratene Gesundheitsvorschriften angeprangert. Doch als er jetzt den Namen Lundine noch einmal in Gegenwart der anderen fallen lässt, hat Percy das Gefühl, dass er sich an etwas erinnern müsse. Lundine… Lundine… Percy ist wieder zurück in Glenridge, vor mehr als 20 Jahren, in jener Schule, in der in überbordend prunkvoller Stuckarbeit die Lettern “W-E-L-C-O-M-E-J-A-N-U-S”, welche sich beim Verlassen des gleichen Ortes zu “F-A-R-E-W-E-L-L-J-A-N-U-S” gewandelt hatten, prangten. Doch da war noch mehr… Plötzlich erinnert er sich wieder an jene Büste zu Ehren des Stifters der Schule, einem Millionär namens Lundine. Prestons Bericht über seine Archivrecherchen, die einen Henri M. Lundine als Bauherren des Macallistar-Buildings identifizierten.ich sehe sie von zeit zu zeit, als kleines mädchen durch die gänge laufend Ein Zufall? Wer weiß. Doch Percy ist sich sicher, dass dies nichts Gutes verheißt. Während das Auto sich ihrem Ziel nähert, durchsucht er sämtliche Polizeidatenbanken, auf die er Zugriff hat, nach Informationen über die Mall. Schnell wird er fündig. Die erste Meldung erfolgte am 30. August 2012 und wurde von Charles M. Brandis, einem Wachmann des Einkaufszentrums, verfasst. Der Meldung wurde Videomaterial beigefügt. Brandis bemerkte nach Geschäftsschluss eine Person im Einkaufszentrum und verfolgte "ihn". Die kindergroße Gestalt war von Kopf bis Fuß in ein goldenes "Laken" gehüllt. Egal, wie nahe Brandis ihm kam, er entkam immer, obwohl alle Türen des Einkaufszentrums verschlossen blieben. Überwachungsaufnahmen bestätigten Brandis' Geschichte, doch verschwand der Junge stets im toten Winkel einer Kamera. Diese Verfolgungsjagden erreichten einen Punkt, an dem Brandis die meisten seiner Nächte damit verbrachte, den Verdächtigen zu jagen, ohne eine Lösung zu finden, wie er behauptete. Auf Brandis Meldungen hin gab es vier Durchsuchungen vor Ort durch die Polizei von Uxbridge, deren Berichte sich von sachlicher Untersuchung hin zu sichtlicher Skepsis steigern. Es wurde nie etwas gefunden. Niemand außer Brandis hatte den goldenen Jungen jemals gesehen. Am 30. August 2013 erschoss sich Charles Brandis (laut Akten) in seinem Haus in Uxbridge, auf den Tag genau ein Jahr nach der ersten Sichtung. Der Goldjunge wurde nie wieder im Einkaufszentrum gesehen. Die Polizei vermutete, dass Brandis zusammen mit einem unbekannten Komplizen die Geschichte inszeniert hatten, um einen viralen Internet-Hit zu landen.MUSS DARIBONDI BESCHEID GEBEN, DASS EINES DER KINDER DEN RAUM VERLASSEN HAT HAT Noch 20 Minuten. Als Percy hastig einen Abriss seiner Recherchen liefert, hat niemand mehr ein gutes Gefühl bei der Sache und Sicherheitsvorkehrungen werden ergriffen: Parker parkt den Wagen an einem Feldweg, 500m vom Parkplatz entfernt. Parcival soll dort die Stellung halten und sich notfalls schnellstmöglich in Richtung Mall begeben, um die anderen drei herauszuholen. Diese rüsten sich taktisch aus. Vorsicht ist besser als Nachsicht – wenn das jemand verstehen wird, dann wohl A-Cell. Noch drei Minuten. Durch das sumpfige Waldstück hindurch treten Parker, Preston und Percy auf den Parkplatz. Ein einziges Fahrzeug, ein Kleintransporter, steht am anderen Ende der Mall, einem großangelegten, zweistöckigen Neubau. Das Grundstück ist dunkel und verlassen, doch sie erkennen im Lichte ihrer Taschenlampen, dass der nächstgelegene Seiteneingang offen steht. Noch zwei Minuten. Vorsichtig gehen sie hinein und folgen dem Gang, vorbei an zugesperrten Läden, über denen Teils noch Schilder bekannter Marken prangen. Ungefähr auf Höhe des zentralen Atriums der Trivelino Mall, hinter dem abstrakten Brunnen ist vage eine Gestalt im Schein eines schwachen Lichtes zu erahnen. Noch eine Minute. Percy sieht eine kindliche Figur in den dunklen Regalen eines längst geschlossenen Ladens. Die golden gewandete Gestalt tanzt in völliger Stille, doch dann scheint sie sich auf ihn zu konzentrieren. Der Junge ahmt Schützen in verschiedenen Positionen nach, zielt von oben nach unten und feuert zweimal drei Schüsse ab und zeigt auf die Balkone. Er beendet seinen Tanz, indem er einen goldenen Finger an seine goldenen Lippen hält und "Schhhh" mimt.ERSCHEINT DEN ERWÄHLTEN UND WEIST DEN WEG Im gleichen Moment, als Percy noch etwas sagen will, sieht Parker, dass die Gestalt hinter dem Brunnen nicht mehr als ein Mannequin ist und spürt den feinen Laser aus dem ersten Stock auf seiner Stirn. Mit annähernd 50 Jahren Kampferfahrung wirft er sich reflexartig hinter eine steinerne Bank. Feuer. Percy versucht noch es Parker gleichzutun, doch gehen er und Preston in je einer halbautomatischen Salve zu Boden. Preston spürt, wie die Kugeln ihn treffen, aber auch nicht treffen, eine Gestalt gleitet aus ihm hervor und geht zu Boden – ein goldenes Kind. Wie von der elektrisierenden Energie durchdrungen, springt er ebenfalls zu Parker in Deckung. Percy spuckt Blut, doch auch er merkt, wie einem Defibrilator gleich er plötzlich von irgendwas aufgerafft wird, auf dem Boden liegt ein verschwindendes, zusammengekrümmtes goldenes Kind – er rennt, so schnell er kann zurück. Nur irgendwie raus hier. Vögel flattern auf, als Schüsse aus der Mall hallen. Parcival hat die Geschehnisse direkt am Telefon mitverfolgt und gibt Vollgas. Immer noch hinter der Bank hat Parker bereits damit begonnen, die RPG aus seiner Tasche zu ziehen und aufzubauen. Er trianguliert die Position der Schützen im Raum. Vier an der Zahl, verteilt im ersten Stock, um den Brunnen herum. Bevor der neben ihm zur Ruhe gekommen Preston versteht, was gerade passiert, hat Parker bereits gefeuert und mit einem zischen löst sich die Rakete. Mehrere Meter des Obergeschosses brechen ein. Staub und Trümmer regnen herab und reißen einen der Schützen mit einem erstickten Schrei in den Tod. Percy rennt einfach weiter. Doch die anderen Assassinen lassen sich davon nicht beirren und feuern weiter auf Parker und Preston. Dieser sieht, wie durch ein bizarres Nachtsichtgerät, durch Staub und Stockwerk hindurch die goldenen Gestalten weiterer tanzender Kinder, die sich auf Parker und ihre Opponenten im ersten Stock zubewegen. Parker versucht dem Kind, welches ihm immer näher kommt, auszuweichen, während er gleichzeitig den Stift einer Granate zieht und in Gedanken zählt. Schließlich wirft er sie schräg nach oben, doch der Plan geht nicht auf. Sie prallt zu ihm zurück und gerade noch rechtzeitig gelingt es ihm, Preston in ein das leere Skelett eines Gamestop zu ziehen. Die Explosion zerfetzt ihre vormalige Deckung und ein Splitter der Bank durchbohrt Prestons linken Lungenflügel. Keuchend versucht er weiterzuatmen, als im auf den Laden gerichteten Sperrfeuer eine weitere Granate, diesmal aus Feindeshand geworfen, ihren Weg zu ihnen herab findet. Glücklicherweise verfehlt sie den Gamestop und trifft einen neben ihm befindlichen, ehemaligen Lego-Store. Sie springen hinter die Theke, als die Wand zwischen den Läden von einem Moment auf den anderen verschwindet, doch erneut treffen Splitter der Explosion Preston, der schwer verwundet um Atem ringt und zu Boden geht. Parker blickt noch einmal auf seinen mit dem Tode kämpfenden Kameraden, schultert seine AR-15 und rennt hinter die Trümmerteile des ersten Stocks, die sein RPG-Schuss erzeugt hat, um in eine bessere Position zu kommen und dem ihm immer noch folgenden Kind auszuweichen. Er nimmt die drei Schützen systematisch unter Feuer und schaltet einen von ihnen aus. Parcival hat die mit einem Strahlungssymbol versehene Absperrung durchbrochen und bremst, als er auf den Parkplatz kommt. Für einen Moment überlegt er, dann gibt er Vollgas. Percy hechtet derweil von Deckung zu Deckung, denn zwei weitere Schützen haben ihn wiederum von einer Ballustrade in der Nähe des Ausgangs ins Visier genommen. Mit ungeahntem Glück rennt er unverletzt durch den Kugelhagel in Richtung der rettenden Tür. In diesem Moment geht ein leichtes Beben durch die Mall, als mit einem ohrenbetäubenden Quietschen und Splittern Parkers alter Wagen von Percy durch die Wand des vormaligen JC Penneys gesteuert wird und sich seinen Weg in Richtung Atrium bahnt. Ein weiterer Schütze wird von Parker sauber in den Kopf getroffen und fällt mit einem dumpfen Geräusch knapp am Brunnen vorbei auf den Boden des Erdgeschosses. Eine Frauenstimme von der anderen Seite schreit voller Verzweiflung etwas, wohl den Namen des Toten. Parker nutzt die Feuerpause und rennt zurück in Richtung von Preston. Der Wagen ist nicht länger unter Kontrolle und fährt mit Wucht gegen einen Pfeiler des Atriums. Der Airbag bewahrt Parcival vor Schlimmerem. Mit gezücktem Revolver kämpft er sich aus den Resten des Fahrzeugs hervor und rennt einem Instinkt folgend die direkt neben ihm liegende Treppe in den ersten Stock hinauf, während Parker Preston auf seinen Schultern in Richtung des Autos trägt. Parcival rennt hoch und schießt auf die erste Gestalt, die er sieht. Die letzte Schützin. Sie schießen im gleichen Moment. Er zerstört ihr Gesicht, ihr Schuss wird von seiner Weste aufgehalten, doch sieht er noch den Ausdruck von Überraschung in ihren Augen. Eine irisch anmutende Frau, Ende vierzig, kurze rote Haare. Agent Taylor, T-Cell. In diesem Moment berührt ihn eines der Kinder und aus seiner erhobenen Position erkennt er den Brunnen, als das, was er schon immer war. Eine dreidimensionale Stilisierung des Zeich̷en̶s̶.hast du es gesehen? Parker schmeißt Preston in den Wagen. Percy ist endlich draußen, er schleppt sich weg, doch einer der beiden Schützen, die ihm in der Nähe des Eingangs auflauerten, rennt hinter ihm her. Zwei Kugeln, eine davon trifft. Er geht zu Boden, während sein Gegenüber nachlädt. Parcival schüttelt seine Vision ab und macht den Wagen startklar. In diesem Moment Parker rennt durch das Loch in der Wand auf Percy zu. Er versucht zu schießen, doch sein Magazin ist leer. Stattdessen greift er nach einer Gasgranate und schleudert sie in Richtung des Angreifers. Percy kriecht kaum betroffen aus ihrem Radius, doch sein Gegner geht ohnmächtig zu Boden. Parcival fährt auf dem gleichen Wege aus der Mall heraus, auf dem er hineingekommen ist. Parker und Percy springen auf die Rückbank. Noch im Fahren lädt Parker nach und schießt auf die Reifen des verlassen wirkenden Kleintransporters auf dem Parkplatz, bevor die Gruppe mit quietschenden Reifen die Trivelino Mall verlassen. Insoweit es ihr arg mitgenommenes Gefährt zulässt, fahren sie über Feldwege durch das Sumpfgebiet hinter der Mall. Nach 10 Minuten machen sie an einer verlassenen Lichtung halt. Preston ist nach wie vor ohnmächtig und dem Tode nahe. Parker kann ihn zwar für den Moment stabilisieren, aber seine Lunge ist kollabiert und er muss schnellstmöglich ins Krankenhaus. Auch er selbst und Percy sind in keiner guten Verfassung, während Parcival mit leerem Blick in die Dunkelheit starrt. Verzweiflung macht sich breit. A-Cell hält sie für kompromittiert genug, um sie zu liquidieren. Nach 20, respektive 50 Jahren im Dienst. Oder ist A-Cell möglicherweise selbst kompromittiert? Warum sonst sollten sie so einen Ort für die Exekution aussuchen? Wem soll man nun noch trauen? Wo sollen sie nun hin? Hier in Boston kennen sie nicht mal einen vertrauenswürdigen Arzt… In diesem Moment bemerkt Parcival den Druck eines ungewohnt schweren Gegenstandes in seiner Hosentasche. Auch wenn es dort eigentlich nicht hineinpassen sollte, zieht er vor den Augen seiner verblüfften Kameraden das Satellitentelefon hervor. Intakt. Percy ist nach wie vor überzeugt, dass jenes „Programm“ am anderen Ende der Leitung sei und ihnen helfen könnte. Er insistiert, dass sie anrufen müssen. Parker hat nicht mehr die Kraft, um noch dagegen zu argumentieren. Percy ruft an, versucht die Situation zu schildern. Er kann gerade noch beschreiben, dass sie medizinische Hilfe brauchen, da unterbricht ihn die Stimme. Es sei. Dann legt sie auf. Parker entfernt sich ein paar Meter vom Wagen. Außer Hörweite versucht er A-Cell zu erreichen. Seine Nummer ist blockiert. Parcival sitzt im Auto und spricht auf Jennings Mailbox, bevor er sein Telefon ausschaltet. Percy ruft seinen Ehemann an. Er solle schnellstmöglich weg. Irgendwohin, wo ihn niemand finden kann. Er versucht ihn noch nach einer Postkarte zu fragen, die Percy ihn angeblich aus Nepal geschickt hätte, doch dieser blockt ab. Er würde sich melden. Preston erwacht auf dem nach hinten geklappten Vordersitz liegend von einem Klopfen gegen die Scheibe. Parcival neben ihm scheint es nicht zu bemerken, während er auf sein Handy starrt. Ein Mann mit verheilten Brandwunden im Gesicht blickt ihn an.ANDRÉ EMBUER, 31 Preston kurbelt das Fenster herunter. Der Mann fragt ihn, ob und wo er Schmerzen hätte. Preston deutet auf seine Lunge. Der Mann nickt und geht, scheinbar immer noch ohne von den anderen bemerkt zu werden. Preston fühlt sich besser. Seine Lunge ist geheilt. Im Morgengrauen des neuen Tages entsorgt die Gruppe nach mehr als 30 Jahren Parkers alten, übel zugerichteten Wagen im Sumpf und stiehlt einen Honda Civic 2000 von einem ansonsten leeren Parkplatz im Rande des Highways. Es gilt, Entscheidungen zu treffen. Sollten sie fliehen? Parker weiß, dass die Kanadier etwas mit der Gruppe oder dem Programm Vergleichbares haben und es zumindest früher Austausch zwischen ihnen gab und Südamerika war schon immer der Hinterhof der Vereinigten Staaten und Schauplatz ungezählter Operationen. Ganz zu schweigen davon, dass es nicht klar ist, ob sie überhaupt über die Grenze kommen würden.JEDE FLUCHT IST NUR EIN AUFSCHUB Der einzige Weg ist die Flucht nach vorne – sie müssen zurück und Antworten finden. Zimmer 616, Dorchester, der Buchladen – irgendein Pfad wird sie zurück in die Korridore der Nacht führen.
  10. A Volume of Secret Faces IV Sitri, Witwer… All diese Seltsamkeiten gilt es später zu deuten, noch befinden sich die Agenten in Barbas‘ Haus und das komplette Obergeschoss harrt der Erkundung. Vorsichtig geht Parker die Treppe nach oben voran. Was würde sie erwarten? Waren sie wirklich alleine? Wo war die Frau, die Barbas Kollege Dwakins gesehen hatte? Doch der erste Stock scheint verlassen. Zwei leere Schlafzimmer grüßen die Gruppe. Mit über Jahrzehnte trainierter, professioneller Routine will Parker die Räume sichern, doch beim Anblick des völlig zerstörten Bettes und der unter einer halb umgedrehten Matratze in den Boden geritzten MARBAS-Glyphe sieht er davon ab, das erste Schlafzimmer zu betreten. Der Wandschrank sieht aus, als wäre er mit einer Axt und einer nicht zu unterschätzenden Wut zerlegt worden, kalte Asche ist in einem alten Hibachi-Mikrogrill zu erkennen. Das Parkett ist über und über von halbmondförmigen Abdrücken bedeckt. War all das das Werk des Löwen? Doch wie konnte er hier hochkommen? Auf der Treppe fanden sich schließlich keine Spuren… Bevor Parker weiter über diesem Rätsel brüten kann, erstarrt er in der Bewegung. Waren das nicht Geräusche aus dem begehbaren Kleiderschrank? Ja, hinter der verschlossenen Tür, deren Spiegelfläche in unzähligen Scherben über den Boden verteilt ist, ist ganz leise etwas zu vernehmen. Könnten es Ratten sein? Oder doch Stimmen? Nach wie vor weigert sich Parker den Raum zu betreten oder seine Kollegen einzulassen. Diese wenden sich dementsprechend der anderen Hälfte des Obergeschosses zu. Das zweite Schlafzimmer scheint als Homeoffice gedient zu haben, doch von einem einstmals großzügigen Ikea-Schreibtisch findet sich nur noch die mit Dokumenten übersäte Tischplatte, direkt auf dem Boden platziert, der zur gleichen Garnitur gehörende Bürostuhl ist umgeworfen. Daneben eine Amazon-Kiste, in der ein gutes Dutzend roter Notizbücher liegen. Ursprünglich müssen es mehr als hundert gewesen sein, als die Kiste noch bis zum Rand gefüllt war.KOPIE FÜR ABIGALE ANFERTIGEN. NICHT VERGESSEN Die unzählige Papiere, halb geöffnete Bücher, gekritzelte Rezepte und Diagramme auf Barbas‘ einstmaligem Arbeitsplatz wecken Percys Interesse. Was er findet, beunruhigt irritiert und beunruhigt ihn. Neben einer Reihe von fehlerübersäten… Zitaten? Versfragmenten? Entdeckt er eine handgeschriebene Liste. Die einzelnen Einträge folgen alle lose einer ähnlichen Form: Gerard Michael Lutece - Agent Parcival - FBI, Criminal Investigation Division - Charlie Gordon, Marie Lutece, Dr. Heinrich Schwarz, Jennings - GESE̸H̶EN Alle vier Agenten sind so beschrieben, teilweise mit detaillierten Angaben von Adressen oder sogar Lieblingsspeisen. Eine vergleichbare Liste wurde auch über V-Cell angefertigt, in ihr findet sich erwartungsgemäß Michael Witwer aka Agent Vega. Auffällig ist jedoch zudem, dass für alle Mitglieder von Witwers Gruppe eine Sekundäradresse vermerkt worden ist: Boxer Hotel, Boston, Raum 616. Preston und Parcival nehmen Percys Fund derweil kaum zur Kenntnis. Ihre Blicke ruhen auf einem wasserspendergroßen Gebilde, welches so wirkt, als hätte man eine Egrenier-, sowie eine Schreibmaschine mit einer Uhr fusioniert, um eine gut geölte, vage an einen humanoiden Torso erinnernde Konstruktion zu formen: Zwei Haken am Ende von etwas, das an Gliedmaßen erinnert, einer davon hält eine Feder, angebaut ist ein nachfüllbares Tintenfass. Darunter: Ein leeres Papierfach, ungefähr im Letter-Format. Ein weiteres Fach sitzt einem Rucksack gleich auf der Rückseite der Maschinerie. Preston misst es ab: Ein 15*2.5 cm durchmessendes Objekt könnte hier eingelegt werden. Die roten Notizbücher? Er behält seinen Gedanken vorerst für sich. Stattdessen versucht er gebannt die Mechanik des Konstruktes nachzuvollziehen. Sie fasziniert und verstört ihn, wirkt auf den ersten Blick schlüssig und fachlich brillant konzipiert, doch im Detail ergeben sich bei genauerer Betrachtung immer mehr… Entscheidungen, die schlicht keinen Sinn ergeben. Dieses Gebilde dürfte nicht funktionieren, unter keinen Umständen.SEIN ZWILLING IST IN DER SCHATTENGALERIE, WIE WISTS ZWILLING IM DORCHESTER. Vor dem Apparat bemerkt Parcival einige auf dem Boden verstreute Zettel, die nahelegen, dass er durchaus funktioniert: Halbgedruckte, verschmierte und falsch gefaltete Fehldrucke der Einladung, die P-Cell erhalten hatte, liegen dort verstreut. Auch das zweite Schlafzimmer verfügt über einen begehbaren Kleiderschrank. Während Percy noch über den Dokumenten brütet und Preston seine ganze Aufmerksamkeit dem mechanischen Schreiberling widmet, bahnt sich Parcival seinen Weg zwischen den Papierresten auf dem Boden zur noch intakten Spiegeltür. Mit einer provisorischen Handytaschenlampe erleuchtet er das Innere notdürftig. Stapel alter Kleidung, teils lose, teils in Kisten und an Bügeln, sind im Halbdunkel zu erkennen. Schnell ist klar, dass der Kleiderschrank größer ist, als er sein sollte. Langsam geht er hinein. Tatsächlich handelt es sich um einen verbindenden Korridor zwischen den beiden Schlafzimmern. Eine erste Schrecksekunde erweist sich als falscher Alarm, statt eines Menschen ist es eine knapp 50cm große, verstaubte Marionette, die ihm auf Augenhöhe entgegenhängt. Auf halbem Wege zwischen den Schlafzimmern macht Parcival eine deutlich irritierende Entdeckung: Eine winzige rote Tür (60cm hoch, 50cm breit), augenscheinlich nach außen, in Richtung des Flurs öffnend, der Zugang versperrt durch ca. 15cm breite Eisengitter. Ein Briefschlitz, knapp groß genug, um eine Videokassette hindurchzuschieben, ziert das Miniaturportal mittig. Es scheint nicht verschlossen, nur leicht angelehnt. Es ist still. Kein Geräusch ist durch die Tür zu vernehmen. Schnell geht Parcival zu den anderen zurück und berichtet von seiner Entdeckung. Preston schlägt vor, das Innere mit einer Drohne zu erkunden. Parker ist skeptisch, doch lässt sich überzeugen. Da klar ist, dass aus dem verbundenen Kleiderschrank keine direkte Gefahr droht, gibt er zudem den Zugang zum ersten Schlafzimmer frei. Percy nutzt die Gelegenheit, um gemeinsam mit Parcival den Hibachi genauer in Augenschein zu nehmen, während Preston zum Auto eilt, um die notwendige Ausrüstung für die Erkundung des Raumes hinter der roten Tür zu holen. Auf Prestons Drohne wartend, setzen die beiden verkohlten Fragmente eines dicken, feinen, braunen Pergaments wieder zusammen, das Barbas zu verbrennen suchte. Über einzelne Wortfetzen kommen sie jedoch nicht heraus: “Aldone”, “-yades,” “Uoht,“ “Yellow,” and “phantom of tru—.” sind noch ihre aussagekräftigsten Funde. Als Preston mit einer ultrakleinen, kettenbewährten Drohne zurück ins Schlafzimmer kommt und sein Notebook aufklappt, sieht er ein hektisches Blinken: Barbas nähert sich laut Sender langsam aber sicher dem Haus. Jetzt muss alles sehr schnell gehen. Parcival und Percy verwanzen so viele Räume wie nur möglich, während Preston unter den wachsamen Augen von Parker die rote Tür öffnet und das Gefährt vorsichtig hinter den Gittern absetzt. Das Notebook zeigt die Kameraaufnahmen: Überall Bücher und eine Treppe, die einige Schritte nach unten führt, dann ein längerer Weg über staubigen alten Holzboden. Beide haben den gleichen Gedanken: Könnte es sich um einen Teil jenes Buchladens handeln, den sie vor 20 Jahren in New York fanden? Gänge zweigen ab, von der Seite dringen Gesprächsfetzen in das Hochleistungsmikrofon der Drohne: „Das Pa̵t̸zu, das ist der Weg hier heraus!“ Die Antwort geht in einem Kratzen und Rauschen unter, als würde etwas über das Mikrofon schaben. Sekundenbruchteile später scheint das Miniaturfahrzeug zu schweben. Etwas, jemand, hebt es an. Für einen kurzen Moment blickt Preston in die maskenhafte Fratze eines lächelnden Clowns. Dann erlischt das Bild.WENN DER RECHTE ZEITPUNKT GEKOMMEN IST, WERDEN SIE DEN CLOWN FINDEN Parker schlägt Alarm. Die Drohne ist verloren, Barbas‘ Sender nähert sich unaufhaltsam, möglicherweise ist irgendwas auf die Gruppe aufmerksam geworden… alle müssen schnellstmöglich das Gebäude verlassen. Überstürzt rennen die vier zum Wagen, der Motor startet, Preston öffnet das Garagentor und sie biegen gerade rechtzeitig um die Ecke, bevor Barbas in die Straße einfährt. Das Fazit einige Minuten später ist eindeutig: Barbas ist eindeutig kompromittiert. Er sammelt Informationen über die Agenten und vor ihnen bereits V-Cell. Parker ist sich nunmehr sicher. A-Cell, die „richtige“ A-Cell müsste informiert werden. Während er damit schlicht auf die Legitimität der obersten Befehlsebene im Vergleich zu Barbas hinweisen wollte, missversteht der ohnehin nach den Geschehnissen im Haus leicht überreizte Percy ihn vollkommen: „Richtige“ A-Cell? Impliziert dies, dass es mehrere A-Cells gibt? Nach 20 Jahren, die er sein Leben für die gottverdammte Gruppe einsetzt, weiß er nicht einmal über so etwas Banales, wie die verfluchte Kommandostruktur, Bescheid?! Er will endlich Antworten! Parker atmet tief ein und erzählt. Vielleicht hätte er früher mehr verraten sollen. Doch als er über seine Zeit in Vietnam spricht, die Gerüchte, die er über OPERATION OBSIDIAN in Kambodscha gehört hat, das Abtauchen in die Illegalität in den Cowboy-Jahren der 70ern und 80ern, den klandestinen Krieg der 90er gegen eine Organisation, deren Namen er nicht einmal kennt und die sich kurz vor den Anschlägen auf das WTC unter Umständen, die man ihm nie mitgeteilt hatte, den Großteil der Gruppe im Rahmen eines angeblich offiziellen „Programms“ einverleibt hat, wird ihm klar, wie wenig er in annähernd 50 Jahren des Dienstes jemals über die Gruppe und A-Cell erfahren hat. Stets galt es, Befehle auszuführen, nicht sie zu hinterfragen. Percy ist sichtlich verstört. 20 Jahre Arbeit für eine illegale Gruppe? Quasi eine staatlich nicht legitimierte Terrorzelle? Gewiss, irgendwo in seinem Hirn hatte sich schon lange jener nagende Zweifel festgesetzt gehabt, die Stimme, die ihm sagte, dass die über die Jahre immer bizarrer anmutende Improvisation durch Parker und seine Vorgesetzten irgendwann nicht mehr nur durch kreative Geheimhaltung erklärbar war. Wenn es ein offizielles Programm gibt, warum hatte Parker sie dann mehr als 15 Jahre lang unnötig in dieser immer offenkundiger sklerotisch anmutenden Zellenstruktur dahinsiechen lassen? Warum waren sie nicht übergelaufen, wie es anscheinend andere bereits vor langer Zeit getan hatten? Parker speit ihm die Antwort geradezu entgegen. Das Programm ist nichts anderes als all das, was die Gruppe, was er seit Jahrzehnten bekämpft, finanziert durch den tiefen Staat. Sie wollen das Unnatürliche nutzen. Die Gruppe will es zerstören. Hierzu gibt es keine Alternative. Etwas in seiner Stimme macht klar, dass er diesen Worten notfalls auch mit seiner AR15 Nachdruck verleihen würde. Percy schweigt für einen Moment. Setzt zu einer Entgegnung an und hält dann doch erneut Inne. Schließlich, nur eine Frage: Was, wenn A-Cell kompromittiert ist? Parker antwortet ohne zu zögern: Dann ist alles verloren.DRAMATISCH IMPROVISIERT – MOSEBY IST ANGETAN. Damit ist das Thema beendet. Schlussendlich stimmen alle zu, Parker soll am nächsten Tag Kontakt zu A-Cell aufnehmen. Als Percy bei der Aufarbeitung der Geschehnisse in Barbas‘ Haus beiläufig noch einmal die Sekundäradresse von V-Cell im Boxer Hotel erwähnt, zuckt Parcival zusammen. Erst jetzt hat er vollends verarbeitet, was er da gehört hat und erzählt den anderen von seiner Vision in der Green Box. Wenig später kann Preston in einer datenforensischen Analyse des Telefons bestätigen, dass Witwer neben Ophelia Sitri und der Rezeptionsnummer des Dorchester auch ein Zimmertelefon im Boxer Hotel angerufen hat. Raum 616. Was auch immer mit V-Cell passiert ist, morgen werden sie es herausfinden. Beim Frühstück zeigt die Belastung des vorangegangenen Tages ihre Spuren. Prestons Kopf kippt immer wieder in Richtung der Orangenmarmelade auf dem Tisch, während Parcival das Essen keines Blickes würdigt, sondern mit sichtlicher Verwirrung Nachrichten von Jennings auf seinem Smartphone liest: Angeblich seien all seine Bilder in der Galerie von einem einzelnen anonymen Kunden, vor Ort vertreten durch einen Anwalt, verkauft worden. Die Galeristin ist hocherfreut, aber Parcival fällt es im Angesicht der vergangenen Tage schwer, an einen Zufall zu glauben. Schließlich steht Parker wortlos auf, die anderen folgen ihm. Nachdem noch einmal sämtliche Sicherheitsvorkehrungen geprüft sind, macht er sich auf den Weg in Richtung eines abgelegenen Teils der Tiefgarage des Hotels – leer, gut zu verteidigen, im toten Winkel der Überwachungskameras und mit hinreichendem Handy-Empfang gesegnet. Er zieht sein Burnerphone hervor und tippt jene Nummer ein, die Agent Marcus ihm vor 14 Jahren anvertraut hat. Eine raue, ältliche Stimme, die Parker aus ferner Vergangenheit irgendwie bekannt vorkommt, meldet sich am anderen Ende und fordert ihn unwirsch auf, sich zu identifizieren. Er berichtet wahrheitsgemäß alles, was in den vergangenen Tagen vorgefallen ist: Dorchester, Barbas, das Telefon, V-Cell, die seltsamen Zufälle und surrealen Geschehnisse, die Verbindungen zu den Ereignissen im New York des Jahres 1995, das Theaterstück. Die Stimme ist wortkarg, nur bei der Nennung von Witwer aka Agent Vega unterbricht sie ihn: Hätte P-Cell irgendwelche Hinweise auf den Verbleib von Vega und seinen Kollegen? Parker verneint und redet weiter. Am Ende seiner Erzählung herrscht Schweigen am anderen Ende der Leitung. Nach einigen Sekunden folgt eine weitere Frage. Das erwähnte Theaterstück, ob es einen Namen hätte. Parker bejaht und benennt es korrekt. Erneut keine Reaktion, für annähernd 15 Sekunden. Dann, ein in befehlsgewohntem Ton geäußertes Verdikt: Exeter sei kompromittiert, V-Cell bei dem Versuch, ihn festzusetzen, verschwunden.witwer ist mir gefolgt Sie sollen Barbas im Blick behalten, das alte Satellitentelefon auseinandernehmen und untersuchen und auf weitere Befehle warten. Ohne ein weiteres Wort legt A-Cell auf. Percy hatte sich irgendwie mehr erwartet. Ohne ein konkretes nächstes Ziel prüft Preston in Gegenwart der anderen die über Nacht entstandenen Aufzeichnungen der Wanzen in Barbas‘ Haus. Die Geräuschkulisse ist eklektisch: Schrauben, gefolgt von massivem Lärm im Erdgeschoss, über Stunden. Dann schließlich Schritte, die Treppe hinauf, hinein ins zweite Schlafzimmer, hin zum mechanischen Skriptor. Rattern und sirren, das leise Kratzen einer Feder. Das Öffnen der Tür zum Kleiderschrank. Das gedämpfte Geräusch von auf den Boden aufschlagenden Büchern.ich füttere es und es erschafft das buch (das die welt erschafft) Und über all dem die in einen sich wiederholenden, flüsternden Singsang verfallene Stimme von Barbas: There was a red man in a red house who had a red room with a red door he took a red book and put it right through and then the red book wasn’t there anymore. BARBAS DENKT, ER SCHREIBE DAS BUCH, DOCH ER IST NICHT DER AUTOR Als auch nach einer knappen Stunde keine neuen Anweisungen von A-Cell erfolgen, drängt Parcival darauf, endlich das Boxer Hotel aufzusuchen. Es sei immerhin nur 15 Minuten zu Fuß entfernt. Niemand widerspricht und durch die gut besuchte Lobby des Club Quarters macht sich die Gruppe unter einem leicht bewölkten Himmel auf den Weg. Durch die Häuserschluchten der Bostoner Downtown hindurch führt die kürzeste Route durch eine lebendige, sonnenbeschienene Fußgängerzone. Sich an zahllosen gesichtslosen Passanten vorbeidrängend, bemerkt Percy die leisen Gitarrenklänge eines Straßenmusikers. Die Harmonien erinnern ihn an etwas und nachdem der Gesang einsetzt, ist es ihm klar. The Sign, von Ace of Base. Die ikonische Flatiron-Fassade des Boxer Hotels kommt schließlich in Sicht. Mit der Selbstsicherheit von Bewohnern der Präsidentensuite gehen die Agenten an der Rezeption vorbei in Richtung Fahrstuhl – Ziel: sechster Stock. Gemeinsam schreiten sie die Türen ab. 608, 610, 612, 614, 618… wo ist die 616? Auch auf der anderen Seite 609, 611, 613, 615, 617. Mehrfach durchschreiten sie die als Dreieck angelegte Etage, zur Verblüffung der Reinigungskraft, die ebenfalls gerade ihre Runde dreht. Schließlich, nachdem sie bereits aufgeben wollen, sieht Percy die Tür. Dort wo sie sein sollte. Dort, wo sie immer gewesen ist. Statt eines Kartensensors ziert ein fein zieseliertes Schloss die Klinge, welches Preston mit einem Dietrich schnell öffnet. Die Fenster sind zugezogen, doch sonst wirkt Zimmer 616 auf den ersten Blick kaum anders, als man es von den Bildern auf der Webseite des Boxers erwarten würde: Zwei gemachte Zweipersonenbetten, eine ausklappbare Couch, ein an der Wand verschraubter Flachbildfernseher. Parker sichert das Badezimmer. Der Raum ist strahlend weiß und wirkt wie frisch hergerichtet, inkl. noch eingepackter Seife und mit verschlungenem B markierten Handtüchern, sauber gefalteten Handtüchern.broadalbin Parker und Percy machen sich daran, das Zimmer systematisch zu durchsuchen. Preston hält vor der Tür Wache. Parcival will die beiden mit einer forensischen Untersuchung unterstützen. Mehr durch Zufall blickt er für einen kurzen Moment durch die einen spaltbreit geöffnete Badezimmertür und erstarrt in der Bewegung. Verschwommen glaubt er eine Frau zu erkennen, die sich vor dem Spiegel ausgehfertig macht. Ihr Gesicht ist blutüberströmt, ihr Kopf gezeichnet von einer Schusswunde, doch beides scheint sie nicht weiter zu kümmern. Er reißt mit gezückter Waffe die Tür auf, doch der Raum ist leer.adriene, bist du es meine liebe? Im Kleiderschrank bemerkt Percy eine feinsäuberlich aufgehängte, leicht knisternde Robe aus silberfarbenem Plastik und eine an einem Bügel befestigte Pappmaché-Maske. Beide wecken Erinnerungen an das Macallistar-Building.ich saß witwer in der encounter group gegenüber und er hatte keine ahnung Davon unbeirrt wendet er sich dem Mülleimer unter dem Schreibtisch zu, der klar erkennbar nicht geleert worden war. Eine zerknüllte Serviette mit den eingeprägten Lettern GBR, identisch mit jenen, die Barbas während ihres Briefings genutzt hatte. Eine graue Plastik-Schlüsselkarte mit einem kleinen Logo an der Seite, zugehörig zu einer Firma namens EMAGICO. Und ganz am Boden schließlich ein Buch. Doch die erste Begeisterung verfliegt schnell, als er bemerkt, dass es sich nur um eine simple Gideon-Bibel handelt. Parker hat derweil mehr Erfolg: Im Schubfach unter dem Fernseher entdeckt er eine dicke, alte Akte. Vorsichtig versucht er den Inhalt querzulesen: Die Akte enthält zahlreiche Fotos, Zeitungsartikel auf Englisch, Französisch und Deutsch sowie Berichte über ein Theaterstück, Le Roi en jaune. Viele der Seiten sind mit dem Stempel "DELTA GREEN" und dem Datum 1951 versehen. Zwei handschriftliche Notizen fallen Parker ins Auge, die erste auf einem Farbausdruck eines Fotos. Er hätte das Bild auch ohne die Beschriftung erkannt: Emmet Moseby. Die Notiz lautet: "Medford, JUL 5". Die zweite, ebenfalls an einem Foto angebracht ist deutlich befremdlicher: Das Bild ist eine Reproduktion eines sehr alten Schwarz-Weiß-Motivs mit dem Vermerk "ca. 1895" und einem Stück Klebeband, auf dem "Marbas" steht. Die Fotografie zeigt zwei Pantomimen, die ein zerzaustes Brokatkleid und einen kleinen, fezähnlichen Hut tragen. Bei dem einen handelt es sich um einen großen afroamerikanischen Mann, bei dem anderen um eine blasse weiße Frau. Der Mann ist eindeutig Barbas. Parker gefällt in keinster Weise, was er gefunden hat und hält seine Entdeckung für den Moment vor den anderen geheim.DIE AKTE IST ANSTECKEND Percy blättert die Bibel gelangweilt durch und ist kurz davor, sie wieder zurück in den Müll zu werfen, da bemerkt er plötzlich im Lukasevangelium französischen Text. Er hält inne und betrachtet seinen Fund sorgfältiger. Tatsächlich handelt es sich um eine reguläre Bibel, zumindest bis zu einem gewissen Punkt – dann plötzlich ändert sich der Text, die Formatierung bleibt identisch. Das erzwungene Layout des neuen Testaments erschwert die Lektüre, sodass er dieses seltsame Buch später genauer in Augenschein nehmen will.wie ist mein stück hierher geraten? Nachdem Parcival die seltsame Begegnung im Badezimmer verwunden hat, analysiert er mit forensischer Präzision das Zimmer. Alle offensichtlichen Spuren sind mit Hilfe hartnäckiger Reinigung beseitigt worden, doch wird ihm schnell klar, dass jemand auf Höhe des Fernsehers erschossen und von dort in Richtung des Fensters gezogen wurde. Als er an Parker vorbeigeht und den Vorhang beiseite zieht, sieht er jedoch nicht die Straße, sechs Stockwerke unter ihm. Stattdessen starrt er auf eine mit einem inoffensiven Muster verzierte Blütentapete.GENEVA BROWN HAT DIE BÜHNE HIER VERLASSEN Zimmer 616 verfügt über kein Fenster, doch glaubt Parcival leise Geräusche hinter der Wand zu vernehmen. Ein Murmeln? Einer Intuition folgend, besinnt er sich auf seine Erinnerung an die Korridore der Nacht. Die meditative Einkehr, das Denken an sein Ziel, welches die unendlichen Gänge des Hotels oberhalb des Macallistars neu formte… von einer plötzlichen Welle der Müdigkeit überkommen, kippt Parcival nach hinten auf das Bett. Quecksilberartig wabernde Wasserflecken beginnen sich daraufhin an der fensterlosen Wand zu formen, fließen ineinander und tropfen gelegentlich zu Boden. Als Parker bemerkt, was passiert, weckt er Parcival nach wenigen Sekunden unsanft. Sie hätten genug gesehen und sollten schnellstmöglich verschwinden. Doch Percy und Parcival überzeugen ihn, Preston den Raum verwanzen zu lassen. Widerstrebend stimmt Parker zu und positioniert sich vor der Tür, um Prestons Wache abzulösen. Während Preston sich auf sein Handwerk konzentriert, nutzt Percy die Abwesenheit von Parker aus, um es Parcival gleichzutun und ebenfalls einzuschlafen. Erneut manifestiert sich das Quecksilberwasser an der Wand. Ohne Parkers Einschreiten wächst die wabernde Fläche, bis sie nach einigen Minuten die Ausmaße eines normalen Fensterns angenommen hat. An ein Aquarium erinnernd, ermöglicht sie den Blick durch in eine spiegelverkehrte Kopie des Hotelzimmers, die jedoch bei genauerer Betrachtung… älter wirkt. Der Stil erinnert eher an Art Deco und weniger an den aufgeräumten Minimalismus der Gegenwart. Ein Lederkoffer liegt offen auf dem Bett, ein großes, altes Telefon mit Wählscheibe steht auf dem Schreibtisch, daneben eine Reiseschreibmaschine und zahlreiche Manuskriptseiten.plagiate An der Feuersicherheitstafel an der Tür ist winziger Text zu erahnen, darüber ein größeres Wort, das durch die Wasserschlieren und die Distanz jedoch unleserlich bleibt. Parcival verspürt das starke Bedürfnis, durch das Wasser hindurch, in dieses Spiegelbild des Zimmers hineinzutauchen, doch kann sich im letzten Moment zurückhalten. Vor der Tür brütet Parker derweil weiter über der Akte und bemerkt gar nicht, wie lange die Verwanzung des Raumes dauert. Das Dokument scheint nicht nur eine Kopie des Le roi en jaune, sondern auch eine von Moseby angefertigte Übersetzung zu enthalten. Beides sollte von den Augen der anderen ferngehalten werden. Als die drei kurz darauf das Zimmer verlassen, hört Parcival Applaus, wie von einer großen Gruppe stammend, der aus dem Schrank hervordringt. Ohne, dass die anderen es bemerken würden, dreht er sich noch einmal um und verbeugt sich mit einem schwachen Lächeln. Zurück im Club Quarters erklärt Parker dem Rest der Gruppe kurz seinen Fund, insbesondere Barbas das Auftauchen von Barbas in den 1890ern, bevor er sich mit Google Translate Französisch und Deutsch auf seinem Laptop im Bad einschließt und die Dokumente weiter sichtet. Percy nutzt die Zeit, um in seiner Bibel zu lesen. Preston will sich gerade daran machen, das SEERE-Telefon auseinanderzubauen, da klingelt Parkers Burner-Phone. A-Cell. Ressourcen werden gebündelt, eine neue Mission geplant. Doch zuerst braucht es ein Debriefing. Trivellino Mall, heute 20 Uhr.
  11. A Volume of Secret Faces III Der Rückweg von Barbas Heimstatt verläuft schweigsam. Im Club Quarters angekommen, übermannt die Agenten schnell der Schlaf. Welch‘ befremdlicher Tag. Parcival erwacht. In schwarze Kluft gehüllt, der Bart fällt über seine Halskrause. Er zwirbelt ihn leicht zwischen den Fingern. Die Kappe auf seinem Kopf schützt ihn vor dem leichten Nieselregen, der die von Dreck bedeckten Bretter zwischen den teils steinern, teils hölzernen anmutenden Fassaden zunehmend matschig werden lässt. Grelles Licht strahlt auf ihn herab. In etwas, was wohl eine Gasse darstellen soll hat sich eine kleine Menge versammelt, die nach rechts ausweicht und den Blick auf eine alterslose Frau freigibt, die gebückt hinter einem kleinen Holztisch steht. Vier verdeckte Spielkarten liegen vor ihr. Die Zuschauer schweigen, voller Erwartung. Sie blickt ihn direkt an, als sie eine fünfte zieht. Parcival erwacht. Ein lautes Klopfen an der Tür. Das Hotelzimmer erinnert ihn an das Macallistar. Parker, der die erste Wache hat, schläft, alle anderen auch. Langsam steht er auf, bewegt sich auf das Geräusch zu. Doch als er an der Tür ist, hört es auf. Schritte, die sich wegbewegen, aber etwas ist unter dem Spalt durchgeschoben worden: Eine Spielkarte. XX: LE JUGEMEN̸T Parcival erwacht. Sein Puls rast. Den ewig wachsamen Parker abwürgend, sucht er nach seinem Notizbuch und beginnt mit Inbrunst das Abbild der Karte auf Papier zu bannen. Dann – ein unruhiger, kurzer, traumloser Restschlaf. Viel zu schnell: Frühstück. Während die anderen sich nach unten begeben, entschuldigt er sich. Recherchiert. Tarot. Das Gericht, eines der großen Arkana. Auferstehung, Neubeginn, das Hören auf innere und äußere Botschaften, Beginn einer neuen Phase oder eine Wiederkehr. Das Ende von Leidenszeiten... Ein Tablett mit Hash Browns, schon etwas matschigen Cornflakes und Orangensaft reißt ihn aus seinen Gedanken. Die anderen sind zurück, schließlich braucht es einen Plan für den neuen Tag. Percy kamen über Nacht einige weitere Gedanken. So fiel ihm auf, dass SAMIGINA ebenfalls in der Ars Goetia zu finden ist. FORAS zeigte weiterhin bemerkenswerte Parallelen zu Dr. Dallan. Ist denn jeder Mensch auf dieser Bühne Dämon? Ganz gleich, wie die Antwort auf diese Frage ausfallen mag: Dorchester House ist suspekt und eine Rückkehr nahezu unvermeidlich. Preston soll die Videoaufzeichnungen prüfen, Percy weiter mit den Angestellten und Patienten sprechen. Gegebenenfalls führt auch an einer Stippvisite bei Nacht kein Weg vorbei. Parker schließt mit einer weiteren Frage an: Was verbindet Dorchester und die Geschehnisse 1995? Die Aufzeichnungen finden sich noch in der Green Box, die sie im Anschluss an OPERATION ALICE angelegt hatten. Sie zu holen, würde nur ein paar Stunden Autofahrt erfordern. Als dritte Spur erinnert Preston an den GPS-Sender, den sie am gestrigen Abend an Barbas‘ Wagen angebracht hatten. Sobald Agent Exeter verschwunden sei, könnte man auch seinem Haus noch einmal einen längeren Besuch abstatten und… Das Telefon klingelt. Alle blicken sich kurz an, dann hebt Parker ab. Die gleiche, schwer zu verstehende Stimme, die er bereits gestern gehört hatte, erneut die brüske Aufforderung um einen Zwischenbericht. Einsilbig und zurückhaltend, aber nicht offen lügend, informiert die Gruppe ihren mysteriösen Gesprächspartner. Dieser beendet das kurze Gespräch mit einer Warnung. Es gäbe Grund zur Annahme, dass Exeter kompromittiert sei. Jede weitere Zusammenarbeit müsse umgehend eingestellt werden. Der Anruf zieht eine kontroverse Diskussion nach sich: Sollte man dem Mann am anderen Ende der Leitung trauen? Er warnte sie gestern vor den Pflegern in Dorchester und heute vor Barbas – könnte SEERE seine eigenen Interessen vertreten oder vielleicht gar auf Seiten der Gruppe agieren? Außerdem glaubt Percy, durch die kaum zu verstehende Verbindung hindurch, Hintergrundgeräusche vernommen zu haben. Stimmen? Musik? Das nächste Mal, wenn der Apparat klingelt, wird eine Aufzeichnung das Rätsel lösen.das telefon klingelt neben dem verlorenen raum. e̵̛͋r̷̀̇ͅr antwortet. Trotz der Unterbrechung ist der Plan gefasst: Parcival und Parker fahren nach New York und holen alles aus der Green Box, die anderen beiden gehen ins Dorchester, man trifft sich am Nachmittag wieder. Dorchester House. Unangemeldet stehen Percy und Preston vor dem geschlossenen Zugangsweg auf das Grundstück. Der Pförtner runzelt die Stirn, als er keinen Terminvermerk für die beiden Bundesbeamten in seinem Kalendersystem finden kann, doch lässt sie nach kurzer Rücksprache mit Dr. Dallan schließlich ein. Die Rezeption ist leer, als die beiden das Gebäude vom Parkplatz aus betreten, doch nach ein paar Sekunden tritt ihnen Schwester Samigina aus der Tür, die in den rechten Flügel führt, entgegen. Auch sie ist überrascht über den unangekündigten Besuch. Percy stellt Preston (durchaus wahrheitsgemäß) als IT-Experten und Datenforensiker vor, der sich gerne einmal mit Pfleger Devaughn über die Kameraaufzeichungen unterhalten würde. Mit einem freundlichen, aber irgendwie distanzierten Lächeln geleitet sie die beiden in Richtung des Kameraraums. Auf den Weg dorthin kommt ihnen Schwester Huston entgegen. Gerade aus der Toilettentür getreten, wirkt sie ein wenig blass und kränklich. Percys Interesse ist geweckt und er folgt ihr zurück in Richtung Rezeption. Nachdem Oberschwester Samigina Preston und Devaughn miteinander bekannt gemacht hat, entschuldigt sie sich und lässt die beiden alleine. Der Pfleger steht immer noch sichtlich neben sich, doch Preston konzentriert sich auf seine Arbeit. Er identifiziert das Kamerasystem schnell als extrem wackelige Monstrosität: Die Aufnahmen der Verschwundenen sind in der Tat nicht mehr vorhanden, aber das ist bei einer derartigen Infrastruktur keine Überraschung. Er kopiert alles, was noch zu retten ist und bemerkt währenddessen auf seinem Notebook das Signal des Senders. Obwohl es seltsam gestört scheint, ist klar erkennbar, dass Dallan hat bereits um 5:30 morgens das Haus verlassen hat und gegenwärtig im Großraum Boston unterwegs ist. An der Rezeption tut sich Schwester Huston am Wasserspender gütlich und gewinnt etwas Farbe. Doch bevor Percy sie in ein Gespräch verwickeln kann, kommt Dallan aus dem Gang zum linken Flügel in das Atrium und fragt munter, wie es denn seinem „Lieblingsermittler“ ginge. Liegt da ein Hauch von Spott in seinem Worten oder bildet Percy sich das nur ein? Schnell wird klar, dass der Doktor derartigen Überraschungsbesuchen nicht viel abgewinnen kann: Er redet dem Agenten ins Gewissen, dass spontane Visiten für das Personal noch mehr Arbeit bedeuten, als dies bei einer normalen Untersuchung der Fall ist. Patienten werden unruhig, nicht zuletzt seit dem Verschwinden der vier. Man müsse den Besuch der Gruppe erklären und die Patienten gegebenenfalls angemessen darauf vorbereiten, etc. – höflich aber bestimmt macht Dallan seinen Standpunkt deutlich. Percy weiß, wann ein strategischer Rückzug geboten ist. Außer Hörweite von Huston entschuldigt er sich und kündigt, dass er mit seinen Kollegen evtl. am Abend noch einmal vorbeikommen will. Dallan nimmt das Anliegen mit einem Nicken zur Kenntnis. Sie sollten ihm einfach vorher die Details telefonisch zukommen lassen. Dann verabschiedet er sich. Alleine mit Huston nimmt Percy das Gespräch noch einmal auf und erkundigt sich nach ihrer Gesundheit. Nach anfänglichem Herumdrucksen, gibt sie zu, dass sie möglicherweise unter einem Magen-Darm-Infekt leide und sich wahrscheinlich lieber krank melden sollte. Percy nutzt die Gelegenheit, um mehr über sie und ihr Verhältnis zu ihrem Arbeitsplatz zu erfahren. Schwester Huston arbeitet demnach seit knapp fünf Jahren in Dorchester und ist insgesamt ziemlich zufrieden mit ihrer Profession: Das Gehalt ist überdurchschnittlich und die Kollegen professionell. Leute wie Schwester Voors, Oberschwester Samigina oder Pfleger Brice leisten herausragende Arbeit im Umgang mit den Patienten und sind weit über das, was von ihnen vertraglich verlangt wird, engagiert. Sie selbst ist hingegen primär mit Bürokratie zugange und weniger mit Patienten, was ihr ganz recht sei. Gerade der Umgang mit jemandem wie Wist, dem letzten Neuzugang, würde sie wahrscheinlich schnell an ihre Grenzen bringen. Zum Glück ist nicht nur der persönliche Umgang mit Wist, sondern auch die zahlreichen Verfügungen und Eingaben seiner Anwälte Keyes, Norris, Ingalls, and Grant außerhalb ihres Verantwortungsbereichs, da sich Dallan und Samigina um diese unschöne Angelegenheit kümmern. Während des Gesprächs hat Hustons Gesicht erneut an Farbe verloren. Nachdem sie Percy zugesagt hat, ihm die Schichtpläne zukommen zu lassen, sobald sie einen Weg gefunden hat, diese aus ihrem System zu extrahieren, entschuldigt sie sich und eilt erneut in Richtung der Toiletten. Während er auf ihre Rückkehr wartet, fällt Percys Blick auf ihre halb geöffnete Handtasche, aus der er ein Schimmern zu bemerken glaubt. Vorsichtig öffnet er sie weiter und wirft einen Blick hinein. Ein halbes Dutzend extrem fein gearbeiteter, goldener Tierminiaturen starrt ihm entgegen.DAS SCHIMMERN VON SALZSÄURE IST LEICHT ZU ÜBERSEHEN Ein Käfer (der eine gewisse Ähnlichkeit zu jenem Tier im Macallistar-Building aufweist…), eine Ameise, eine winzige Maus, etc. – ihr Gewicht legt Massivgold nahe, ihr Wert läge demnach im hohen fünfstelligen Bereich. Bevor er weiter über diesen seltsamen Fund nachdenken kann, kommt Huston zurück. Vorsichtig, aber ohne jeden Anflug von sichtbarer Reue konfrontiert Percy sie mit seinem Fund. Kurz angebunden erklärt sie ihm, dass es sich um Erbstücke aus purem Gold handele, die sie auf Grund einer Einbruchsserie in ihrem Viertel aktuell immer bei sich trage. Nach kurzem Zögern beendet Percy das Gespräch an dieser Stelle höflich und trifft sich erneut mit Preston, der seine Untersuchung der IT-Systeme mittlerweile abgeschlossen hat und die beiden machen sich auf den Weg, um ein spätes Mittag zu sich zu nehmen. Parcival und Parker fahren bei 33 Grad im Schatten in ihrem nichtklimatisierten Wagen auf der Interstate Richtung New York. In einem heruntergekommenen Industriegebiet, vor einem inzwischen stillgelegten Industriekomplex, der spontan Assoziationen an eine sowjetische Traktorfabrik erweckt, halten sie schließlich an. Die Green Box befindet sich in einem von dutzenden verrosteten Containern, die auf dem Parkplatz der stillgelegten Anlage lustlos und mehr schlecht als recht in Reihen platziert worden sind. Ein gelangweilter Mittdreißiger, der auf seinem Tablet Candy Crush spielt, lässt die beiden nach Zahlung der ausstehenden Gebühren für die letzten 18 Monate schließlich ein. Im Innern des über die letzten Stunden in der prallen Sonne platzierten Containers ist es erwartungsgemäß stickig und heiß, doch Parker beharrt aus Gründen der Opsec darauf, dass sie die das metallene Rolltor geschlossen halten. Es sind ohne weiteres 60 Grad. Über die Jahre hat sich einiges im Inneren angesammelt: Munition, Waffen, ein mittelalterlich-skandinavisches Langschwert, zahlreiche Kisten, teilweise mit chinesischer Beschriftung. Beiden ist klar, dass sie all das lieber bestmöglich ignorieren, doch ein Stapel von knapp 200 mittlerweile etwas gewellten Fotos erregt Parcivals Aufmerksamkeit. Auf dem ganz oben sichtbaren Foto erkennt er seinen alten Freund Charlie Gordon, ein Schnappschuss, wie er gerade mit seinem Sohn im Vorgarten Football spielt. Charlie starb vor 10 Jahren bei einem Autounfall, das Bild wurde vier Tage vor seinem Tod aufgenommen. Beunruhigt und doch gleichsam fasziniert betrachtet er die anderen Fotos: Alle zeigen verschiedene Menschen, alle sind anscheinend ohne Kenntnis der Fotografierten angefertigt worden, alle sind auf der Rückseite mit Kreuzen markiert, die auf drei oder vier verschiedenen Handschriften schließen lassen und alle sind in den Tagen vor oder nach Charlies Tod entstanden. Auf dem dem Datum nach letzten Bild erkennt Parcival eine kurze, in verblichenen Lettern gekritzelte Kugelschreibernotiz: STATIC.DIENER. IM KREIS GEBUNDEN UND GEJAGT. Während Parcival durch die Fotos blättert, arbeitet Parker schwitzend in der Hitze aus Stapeln fotokopierter Zeitungen das Objekt seiner Begierde hervor: Ein kleiner, massiver Tresor. Die Kombination, die er vor 20 Jahren gesetzt hatte, noch vor dem inneren Auge, öffnet er die Stahltür. Parcival blinzelt. In einem modernen, stilvoll eingerichteten Hotelzimmer lässt eine Gestalt, ihm den Rücken zugewendet, die Minibar offen stehen, während sie sich ins Badezimmer begibt, von wo zwei lautstark streitende Stimmen gedämpft vernehmbar sind. Er bemerkt noch, dass der Blick aus dem Fenster ihm seltsam bekannt vorkommt, bevor Parker ihn mit einer Ladung lauwarmen Mineralwassers wieder in die überhitzte Green Box zurückholt. Percy und Preston sitzen in einer abgelegenen Ecke eines umtriebigen McDonald’s und betrachten abwechselnd ihre Monopoly-Gewinnmarken und das sich bewegende Signal von Agent Exeter, so gut es die befremdliche Signalstörung ermöglicht. Er fährt erratisch durch Downtown Boston und die Vorstädte, hält mal hier an einer Strip Mall voller Juweliere und Uhrmacher, dann mal dort an einem Schrottplatz, einem Werkzeughandel, Gebrauchtwarenhändlern, einem Privathaus… Bei letzterem verschluckt sich Percy fast an seiner Apfeltasche. Kurz zuvor hatte ihm Gale Huston eine per copy-paste zusammengestellte Excel-Datei zukommen lassen, die enttäuschend wenig Interessantes enthielt, jedoch (mehr oder minder beabsichtigt) die Adressen der Mitarbeiter nannte. Barbas war demnach soeben bei Esther Samiginas Privatwohnung vorgefahren. Während Parker die Augen auf die Straße gerichtet hält, durchsucht Parcival fieberhaft das Netz nach Hotels. Zuvor hatte er gesichtet, was sie mitgenommen hatten. Allen voran fiel sein Blick auf die Hygromanteia. Als er ihren drahtgebundenen Einband öffnete, bemerkte er einen der Kommentare, die dereinst mit rotem Kugelschreiber im Buch hinterlassen worden waren. Doch nunmehr erkannte er die Handschrift: Die Anmerkungen stammen zweifelsohne von Dr. Elias Barbas. Doch das ist im Moment zweitrangig: Woher kannte er den Blick aus dem Fenster? Nach Stunden der Suche wird er schließlich fündig: Sein „Hitzschlag“ hatte ihn direkt ins Boxer Hotel in Boston versetzt.DER VERLORENE RAUM UND EIN WEG HINTER DIE BÜHNE. Schließlich treffen sich die vier Agenten im Club Quarters wieder und beraten das weitere Vorgehen: Einigkeit herrscht in einem Punkt – die Situation ist verdammt seltsam. Sollte man einfach einmal mehr das Problem mit C4 lösen und Dorchester dem Erdboden gleich machen? Doch man kann nicht einfach das komplette Personal verschwinden lassen. Müsste man A-Cell nicht über die Kompromittierung von Agent Exeter und die generelle Situation in Kenntnis setzen? Percy beharrt eindringlich auf nachhaltigen Lösungen. Müssen sie nicht verstehen, was passiert ist? Ist nicht die Existenz dieser Mission Beweis genug, dass die Sprengung des Macallistar-Buildings das Problem vor 20 Jahren nicht gelöst hat? Parker entgegnet zornig, dass die Gruppe nach all den Jahren langsam wissen müsste, dass man die Apokalypse nicht verhindern, sondern nur aufschieben kann. Bevor Percy zu einer Antwort ansetzen kann, klingelt sein Telefon. Sein Partner Nathan fragt mit leicht zitternder Stimme, ob es sich bei dem Clown, der ihn heute über eine Stunde durch die Stadt verfolgt hat, um einen dummen Scherz seinerseits handele, doch Percy weiß von nichts. Ein paar Minuten später erhält Parcival einige Kurznachrichten von Jennings, die ihm ebenfalls von einer seltsamen Begegnung mit einem Clown berichtet, während sie sich mit einem Freund in einem Café traf. Als die beiden die Parallele bemerken, sind sie sichtlich besorgt: Was soll das? Warum terrorisiert ein Clown ihre Freunde? Kennt jemand ihre Identitäten? Verschiedene Pläne für den Abend werden gefasst und verworfen. Schließlich entscheidet man sich gegen ein klandestines Eindringen in Dorchester House und stattdessen für einen erneuten Abstecher zu Barbas, dessen Tracker ihn immer noch weit von seinem Haus entfernt verortet. Vor dem Haus angekommen, herrscht schnell Einigkeit über das Vorgehen: Preston hackt das Garagentor und Parker fährt den Wagen schnellstmöglich aus der Sichtlinie neugieriger Nachbarn hinein. Die Tür von der Garage in den offenen Wohnbereich steht offen. Aus ihr schlägt den Agenten erneut ein starker Geruch von Maschinenöl entgegen. Als sie hindurchgehen, bietet sich ihnen der gleiche Anblick, der Parker bereits gestern darin bestärkte, dass etwas mit Agent Exeter ganz und gar nicht stimmte: Ess- und Wohnzimmer sind bis herunter zu den nackten, mit Benzinflecken bedeckten Dielen ausgeräumt. Im Lichte der Taschenlampen erkennt man LKW-Antriebsachsen, industrielle Gegengewichte und diverse massive, in unterschiedlichem Maß in ihre Einzelteile zerlegte Maschinen, die überall auf dem Boden verteilt liegen. Nach wie vor dominiert DER LÖWE, jene verstörende… Kunstinstallation (?), die den Innereien eines gigantischen, invertierten Industrie-Regenschirms ohne Stoff ähnelt, den Raum. Bei all ihren Erkundungen bemüht sich die Gruppe eindringlich, maximale Distanz zu dem Konstrukt zu wahren. In einer Ecke finden Percy und Parcival auf Zeitungspapier ausgelegte, zerstörte Keramikteile. Eine halbe Stunde der Puzzelei zeigt, dass es sich um Keramik-Negativ einer ca. 60 cm großen Statuette eines Cherubs mit Harlekinsmaske handelt. Irritierend ist allerdings, dass die Bruchkanten nicht darauf hinweisen, dass es (wie normalerweise üblich) mit Gewalt geöffnet worden ist. Das Positiv, der Cherub selbst, bleibt unauffindbar.das uhrwerk war einfach. die skulptur… schwierig. Am mit Post mittlerweile verstopften Türbriefkasten fällt Prestons Blick auf eine Postkarte, die ein anmutiges, an die Zuckerbäckerarchitektur des Kremls erinnerndes Gebäude zeigt. Auf ihr findet sich eine chiffrierte Botschaft, die er allerdings leicht entschlüsselt: Dearest M, Made the crossing with a strange little man called Moseby. All is well. The towers of gold are magnificent and Yihitel (sp?) is a wonder. Say “hullo̵” to V. for me. Abigail is here. Wish you were. WER HAT DAS GESCHRIEBEN?! Währenddessen findet Parker in einem Stapel von Werkzeug und alten Büchern eine ölverschmierte Fotokopie der ARS GOETIA. Auch in dieser finden sich Kommentare in Barbas Handschrift: One call each except ASMODAY Bitru is friend of V. Not B but S. Akkadian? The play is still going on somewhere. DRD middle name FORAS—29 legions (employees). Logic, ethics and precious stones. Recover lost things. MAKES SENSE. PURSON answers truly of all secret and divine things of Earth and the creation of the world; first in Lundine’s house Marbas Goetic. President(!) 36 servants (just like MSPFS). B not M. Overlay Marbas and Bitru equals FORAS? Urizen the starry king and the gong? Eine Seite ist jedoch zur Gänze von einer anderen Handschrift bedeckt: Fein säuberlich hat jemand dort das Ritual der Geburtslosen notiert. Vom Wohnbereich aus führt der Weg in das zweite Badezimmer. Seit langem unbenutzt, scheint es primär als Lagerraum zu dienen – in der Dusche liegen mehrere Dutzend Bücher, darunter ein Exemplar von Borges Sandbuch, auf dessen erste Leerseite der Name des Besitzers notiert wurde: P. Samigina.die bücher passen nicht mehr durch den spiegel… Der Flur führt schließlich in das letzte Zimmer des Erdgeschosses: Die Küche. Zwei Farbeimer, in denen Muttern und Schrauben in Benzin eingelegt sind, sorgen in Kombination mit anscheinend verrottendem Essen für einen penetrant süßlichen Geruch, der die Nerven vernebelt und Schwindel provoziert. Doch abgesehen davon wirkt auch die Küche nicht stark frequentiert: Der Kühlschrank ist nicht angeschlossen (wohl ein Grund für den Geruch), das Geschirr liegt in der Ecke, sauber aber zerbrochen, bedeckt von Staub. Doch als Preston die Oberseite der Besteckschublade in Augenschein nimmt, bemerkt er etwas: Mit Klebeband ist dort ein billiges Klapphandy angebracht, in welches mit einem Messer eine Glyphe der ARS GOETIA eingeritzt ist: SITRI SITRI WIRD IHRE FLASCHE NICHT FINDEN, DOCH ZEIGT SIE IHNEN DAS LABYRINTH Niemand hat große Lust, den Apparat zu öffnen. Preston kann das Telefon allerdings auch so auslesen und erhält Zugriff auf die Daten. Zuerst genutzt wurde es Ende Juni 2015 in Boston. Der Anrufverlauf wurde bewusst gelöscht und müsste mit mehr Zeitaufwand rekonstruiert werden, doch der SMS-Speicher erzählt eine unschöne Geschichte: Eine OS (anscheinend Ophelia mit Vornamen) schreibt zunehmend verzweifelt an einen Michael, dass er sich melden soll. Die letzte Nachricht verweist auf die Mailbox, auf der ein DEA Special Agent Ruben Hardrick kühl und professionell einen gewissen Mr. Witwer auffordert sich auf der Stelle zur Polizei begeben. Michael Witwer… Ein Name, der Erinnerungen weckt.
  12. A Volume of Secret Faces II Den Agenten bleibt nicht viel Gelegenheit zur Einkehr, als sie die Polizeistation verlassen. Bereits um 14:30 sind sie mit dem Leiter von Dorchester House, Dr. Dallan, verabredet. Durch den bemerkenswert flüssigen Verkehr erreichen sie den umzäunten, bereits von außen mit dem unnachahmlichen Charme einer ehemaligen katholischen Schule gesegneten Bau der Psychatrie. Nachdem der Pförtner ihren Termin auf einem etwas in die Jahre gekommenen Monitor bestätigt gefunden hat, öffnet er per Knopfdruck das sich langsam öffnende Stahltor und die Gruppe parkt auf einem der noch freien Plätze, umgeben von wenig auffälligen Mittelklassewagen des medizinischen Personals. Bereits auf dem Weg hatte die Gruppe ihren Plan finalisiert: Nur Percy und Parcival sollen das Gebäude betreten, während Parker und Preston im Wagen warten und mit Hilfe eines an Percys Revert angebrachten, unauffälligen Mikrofons die Geschehnisse im Inneren verfolgen. Ohne sich ihre Nervosität anmerken zu lassen, klingeln die beiden an der großen, altmodischen Eisentür, welche sich mit einem unerwarteten elektrischen Buzzergeräusch öffnet. Im Inneren begrüßt sie eine Schwester Huston, eine in einen weißen Kittel gehüllte Mitarbeiterin des Hauses. Hinter dem Rezeptionstisch, dessen weiße Farbe sich sichtlich mit dem braunen, in die Jahre gekommenen Linoleum des Bodens beißt, hervortretend, bittet sie die Agenten nach einem kurzen Austausch von Höflichkeiten und der vorschriftsgemäßen Verwahrung aller Schusswaffen, ihr zu folgen, um sie zu Dallan zu bringen. Durch den langen Gang des mittleren der drei Flügel des E-förmigen Gebäudes hindurch schreitet sie festen Schrittes voran, die seit Jahrzehnten ungenutzten Spinte an den Wänden keines Blickes würdigend. Während Percy und Parcival ihr folgen, kommen sie nicht umhin, die befremdlichen Relikte der früheren Nutzung des Gebäudes immer wieder mit leichter Irritation zu betrachten. Nachdem schließlich gut 10 Höhenmeter durch das Erklimmen zweier Stockwerke genommen sind, steht die Dreiergruppe vor einer Tür, an der in kleinen, maschinengeschriebenen Lettern DR. RICHARD F. DALLAN zu lesen ist. Resolut klopft Huston mit ihrem linken Zeigefingerknöchel viermal an das Holz, worauf erneut ein elektrischer Summer den Zugang ins Büro des Anstaltsleiters freigibt. Dallan, ein muskulöser Mann in seinen ergrauten 40ern mit Bart begrüßt die Agenten in seinem mit Bücherregalen von Monographien und Journalen geschmückten Domizil. Der Blick auf den Charles River hinter seinem massiven Schreibtisch ist beeindruckend und eine kleine Vitrine voller sorgsam platzierter Minerale vermag kleine Einblicke in das Privatleben des Psychiaters zu geben. Sowohl Parcival als auch Percy kommt seine Erscheinung seltsam vertraut vor, so als hätten sie ihn zuvor schon einmal gesehen… Huston schließt auf ein kurzes Zeichen diskret die Tür und nach kurzer Überwindung aller Floskeln runzelt der mit leichtem regionalen Dialekt sprechende Dallan die Stirn, während er den beiden Agenten der Gruppe die Situation erklärt: Nachdem alle vier Insassen kurz nach 18 Uhr sediert und fixiert worden waren, wurde der abendlich übliche Einschluss vorgenommen. Gegen 20 Uhr wurde das Fehlen von Prutoth bemerkt, wenige Minuten später war klar, dass alle vier ehemaligen Agenten verschwunden waren. Auch wenn ihm seine Irritation über die Situation deutlich anzumerken ist, sind seine Hinweise nicht sonderlich hilfreich. Auf Nachfrage muss er Percy gegenüber zudem die Existenz von Aufzeichnungen der Kameras verneinen, welche kurz nach dem Vorfall von einem technischen Fehler vertilgt worden waren. Ebensowenig sollten sie sich große Hoffnungen machen, aus den Akten viel in Erfahrung zu bringen. Dallan hätte auf expliziten Wunsch der Gruppe den therapeutischen Kontakt des Personals mit den „speziellen“ Patienten minimiert und ihre Unterlagen so wenig aussagekräftig wie möglich gehalten. Der Doktor scheint selbst zu merken, dass die Agenten sich mehr erhofft hatten und so bietet er ihnen an, die Oberschwester für eine Führung zu rufen. Percy und Parcival nehmen das Angebot gerne an und ein kurzes internes Telefonat und eine Minute peinlicher Stille im Raum später, klopft es mit Nachdruck an der Tür. Oberschwester Samigina, eine etwas kühl blickende Frau Anfang 40, bittet die Agenten, ihr zu folgen und erklärt ihnen dabei die Struktur des Gebäudes: Drei Flügel mit jeweils drei Stockwerken – während der Mittelteil des Dorchester House die Verwaltung beherbergt, fänden sich die Frauen links und die Männer rechts, jeweils gegliedert nach der Gefahr, die sie für sich und ihre Umwelt darstellen – vom „Kästchen“ ganz oben, über die „Mall“ im zweiten Stock bis hin zum „Hotel“ im ersten. Insgesamt arbeiten 29 Mitarbeiter in der Anstalt .29 LEGIONEN VON GEISTERN STEHEN UNTER SEINEM KOMMANDO. All das nehmen Parker und Preston im Auto konzentriert zur Kenntnis. Doch dann lässt sie ein plötzliches Klingeln hochschrecken: Es ist das SEERE-Telefon. Kurz zögert Parker, doch dann hebt er ab. Eine unbekannte männliche Stimme meldet sich verrauscht am anderen Ende. Knapp fordert sie einen Zwischenbericht, den Parker (teils zu seiner eigenen Verblüffung) wahrheitsgemäß abliefert. Es ergeht der Befehl, dass sie ihre Untersuchungen fortführen und insbesondere die Mitarbeiter des Klinikums im Blick behalten sollen, bevor der Unbekannte am anderen Ende der Leitung ohne weiteren Kommentar das Gespräch beendet. An der Sicherheitstür zum Männertrakt im dritten Stock angelangt, zückt Samigina ihre Schlüsselkarte und fährt mit ihr einmal über das Lesegerät. Auf der anderen Seite begrüßt sie der diensthabende Pfleger Brice, dessen Körperbau nahelegt, dass er mehrere Insassen, die ob des Besuchs hinter ihren tagsüber stets geöffneten Türen hervorlugen, notfalls mit roher Körperkraft in Schach halten könnte. Gemeinsam führen Brice und Samigina durch die Zimmer der Verschwundenen. Die Räume der vier wirken alle gleichermaßen schmucklos, leer und trist, ein Eindruck, der durch die Lederriemen an den Betten nicht gerade reduziert wird. Einzig die mit Blut geschriebene „Botschaft“ in Prutoths Kammer lässt überhaupt irgendeine Differenzierung zu. Percy betrachtet sie genau, insbesondere das Zeitungspapier, welches an die Wand gekleistert und geklebt als Grundierung diente. Keiner der Ausschnitte scheint neuer als 1995 zu sein, soweit er Daten erkennen kann. Generell sind die meisten zu kurz, um irgendeine inhaltliche Einsicht zu generieren. Doch der erste Satz einer Buchbesprechung erregt die Aufmerksamkeit des Agenten: Die Review scheint sich mit dem Buch The Infanticide Movement – A semicentennial Retrospective von Peter Singer (1977) auseinanderzusetzen. Ein Werk, von welchem er noch nie gehört hat und das, wie eine kurze Suche zeigt, nie geschrieben wurde. Parcival erwidert derweil die neugierigen Blicke der Patienten und kommt mit Samigina über sie ins Gespräch. Die Tatsache, dass sich unter den Kranken ein Mann mit dem Kennern der Ars Goetia sehr vertrauten Namen „Bael“ befindet, weckt sein Interesse, ebenso die Anwesenheit des medial bekannten Elternmörders Ed Miler Wist, dessen Anwälte Keyes, Norris, Ingalls, and Grant die Anstalt permanent in Schach halten. Bevor man eine Vernehmung arrangiert, erbitten sie Zugriff auf die Akten der beiden. Während Samigina Kopien der Unterlagen in ihrem Büro anfertigt, nutzen Parcival und Percy die Gelegenheit um das kuriose Verschwinden der Kameraaufnahmen zu investigieren. Ihr Weg führt sie in einen spärlich vom blauen Licht einer Reihe von Röhrenmonitoren erhellten Raum, in dem der für die Überwachung der Kameras und die IT allgemein verantwortlich gemachte Pfleger Devaughn hochschreckt, als die Tür geöffnet wird. Eindeutig übernächtigt wirkend entschuldigt er sich vielfach und macht doch weiter einen ungemein fahrigen und abgelenkten Eindruck. Augenringe legen starke Übermüdung nahe. Darauf angesprochen spricht er von einer undiagnostizierten Narkolepsie, doch Percy ist sofort klar, dass er lügt. Im Hinblick auf das Fehlen der Aufzeichnungen scheint er jedoch ehrlich empört über den Datenverlust, der seit einiger Zeit immer häufiger aufträte und die Notwendigkeit der Anschaffung neuer Festplatten noch einmal unterstreiche. Ohne großen Erkenntnisgewinn, aber mit einem nicht zu leugnenden Misstrauen, verlassen die beiden Devaughns Domizil, wo sie Samigina mit den Aktenkopien im Arm erwartet. Gemeinsam sichten die beiden Wists Unterlagen: Der 21-jährige Mann brachte Mutter und Stiefvater um und erbte ihr VermögenWILDE HAT SEINEN PREIS, seine Diagnose scheint aber seltsam unspezifisch – leichte soziopathische Züge, zwanghaftes Sammeln und Notieren von Informationen, aber nichts, was den Mord erklären würde. Er scheint sich generell kaum an seine Zeit vor der Einweisung zu erinnern. Sein Geburtsname lautete Guison. Dergestalt ausgestattet fühlt man sich gerüstet, um in den Männertrakt des dritten Stockes zurückzukehren. Auf dem Weg merkt die Oberschwester dezent an, dass die Agenten die Zeit im Auge behalten sollten: Der Einschluss der Patienten beginnt um kurz nach 6 und ihre eigene Schicht ende ebenfalls kurz darauf, da sie einer Theatervorführung ihres Sohnes beiwohnen wolle. Auf Nachfrage von Percy gibt sie peinlich berührt zu, dass sie sich im Angesicht zu vieler Überstunden in den letzten Wochen nicht einmal an den Namen des Stückes erinnere. Wist erweist sich als ausgesprochen seltsamer Zeitgenosse. Stets mit einem kleinen braunen Notizbüchlein ausgestattet, welches Percy seltsam bekannt vorkommt, dreht er die Regeln des Gesprächs schlicht um und fragt die Agenten nach allem, was ihm in den Sinn zu kommen scheint: Wo kommen sie her? Wie heißen sie? Was haben sie studiert? Wo? Was sind ihre Hobbies? Was ihr Lieblingsessen? Ganz gleich ob Wahrheit (Parcival) oder Lüge (Percy): Jedes Detail wird feinsäuberlich notiert. Doch erweist er sich jenseits solcherlei Marotten als ihr bisher interessantester Gesprächspartner im Dorchester House: Wist berichtet, dass er die vier Verschwundenen kannte, aber dass sie gleichsam uninteressant waren, zweidimensional geradezu, vielleicht der Effekt der Medikation? Ihre Abwesenheit sei vollkommen unerklärlich, ihre Fixation war nicht gelöst worden war und die Türen verschlossen – sie sind einfach im wahrsten Sinne des Wortes verschwunden, wie in einem Zaubertrick, was für große Verwirrung bei den Mitarbeitern gesorgt hat. Als Percy ihn fragt, wie er denn, wenn er eingeschlossen war, das Verschwinden gesehen hat, zwinkert er ihnen nur zu und lässt, sorgsam außer Sicht der den Raum permanent im Blick habenden Kamera, eine aus seinem Notizbuch ausgerissene Drittelseite fallen, die Parcival unauffällig aufhebt. how did you find me!? i thought you had left. in any case, they are still here at night.DER TAG IST DER TRAUM Langsam geht es auf 18 Uhr zu und erinnert die Agenten noch einmal an die Schließzeit und das Stück ihres Sohnes, welches sie mittlerweile nach einem Blick in ihre WhatsApp-Nachrichten als „Alice hinter den Spiegeln“ identifizieren konnte. Doch die Agenten wollen auf jeden Fall noch einmal mit dem Mann reden, der laut seiner Akte tatsächlich „Timothy Bael“ heißt und als einziger Überlebender eines Überfalls islamischer Terroristen von Schuldgefühlen, PTSD und suizidalen Anwandlungen heimgesucht wird, die ihn zu einer freiwilligen Einweisung veranlassten. Bael ist ein wenig auffälliger Mann Ende 30, der ruhig und mit rauer Stimme zu Parcival und Percy spricht. Ihm fehlt die leicht manische Ader Wists und redet den Umständen entsprechend so ungezwungen wie möglich mit den Agenten. Doch seine Aussagen sind noch rätselhafter als die das Elternmörders: Auf die Verschwundenen angesprochen, merkt er nur kryptisch an, dass „Melancholie und Sehnsucht“ in ihren Augen lag und die Frage ihrer Existenz „zum gegenwärtigen Zeitpunkt… komplex“ sei, aber sie „bald zurückkommen“ würden. Auch Bael macht sich in roter Handschrift Notizen in einem nahezu komplett mit mindmap-artigen Diagrammen und durch Pfeilen verbundenen Textblöcken ausgefüllten Ringblock.Ein Ouroboros, der die Welt erbricht ausspuckt und verschlingt. Während Bael ihn schnell durchblättert, als würde er eine bestimmte Seite suchen, bemerkt Parcival kurz, eine skizzenhafte Zeichnung einer Glyphe, die ihn stilistisch an die Ars Goetia erinnert. Als er die gesuchte Seite gefunden zu haben scheint, wechselt er unvermittelt das Thema und fragt, ob sie einen Steven P. Curson kennen würden, was beide wahrheitsgemäß verneinen. Aber mit „Marbas“ hätten sie doch bereits Kontakt gehabt, oder? Leicht perplex stellt Percy die Gegenfrage, wieso Bael an diesen Namen interessiert sei. Der verweist nur vage auf „alte Bekanntschaften“, blättert weiter und fragt erneut, diesmal nach einem David F. Tibet. Percy gibt zu, dass er mit diesem Mann am Tag des Angriffs auf das World Trade Center tatsächlich Kontakt gehabt hatte. Anscheinend zufrieden zeichnet Bael einen Pfeil in seine labyrinthischen Notizen und legt den Ringblock beiseite. Schwester Samigina klopft bereits mit leichter Ungeduld an die Tür, während Percy unbeirrt das Gespräch fortzuführen versucht: Woher weiß er, dass die Verschwundenen zurückkehren würden? Bael winkt ab: Es würde sich alles zu seiner Zeit ergeben und das wüssten die Agenten genau so gut wie er. Mit Blick auf die Uhr drängt sich Parcival eine letzte Frage auf: Kennt Bael den Mann in Weiß? Was hat es mit ihm auf sich? Der Veteran hält inne und wirft ihm einen schwer einzuordnenden Blick zu, bevor er meint, dass sie dieses Thema vielleicht „zu späterer Stunde“ besprechen sollten.DIE REISE IST LANG. Bevor die beiden Agenten schließlich zurück auf den Gang treten, ist es Bael, der das letzte Wort hat: Dem Fenster zugewandt meint er, dass er froh ist, sich freiwillig zur Behandlung eingeliefert zu haben. Er hat das Gefühl, auf dem Weg der Besserung zu sein. Nur in jüngster Vergangenheit irritierten ihn die Gestalten mit den Masken und Silberroben auf den Gängen. Doch vielleicht sei es auch nur Teil eines neuen Therapieansatzes des Doktors.WELCHER DOKTOR? Samigina begleitet die beiden zu einem bereits im Aufbruch befindlichen Dallan. Dieser reagiert ein wenig gereizt darauf, als Percy ihn über die letzten Stunden ins Bild setzt und dabei Kritik an den wenig aussagekräftigen Akten der Verschwundenen und der anscheinend fehlerhaften IT-Überwachungsinfrastruktur anklingen lässt. Schließlich habe er nur das getan, was die Gruppe ihm geraten hatte. Auf Parcivals Bitte, auch nachts uneingeschränkten Zugang zu Dorchester House zu erhalten, reagiert er entsprechend wenig enthusiastisch. Sofern gute Gründe vorliegen, sollen sie ihn gerne zu jeder Zeit privat anrufen und er wird einen schnellstmöglichen Zugang ermöglichen. Sie akzeptieren diese Einschränkung, was Dallan etwas versöhnlicher zu stimmen scheint. Vorsichtig schließt Percy daraufhin an, dass Dorchester House möglicherweise „kompromittiert“ sein könnte. Er verschweigt einige der befremdlicheren Details und beschränkt sich auf den Hinweis, dass ohne Hilfe aus dem Personal die Flucht der vier Gefangenen schlicht nicht erklärbar sei. Diese Information beunruhigt Dallan sichtlich. Er schreibt ihnen seine Privatadresse auf und ermuntert sie, sich sofort zu jeder Zeit zu melden, sobald sie genaueres wissen oder er irgendwie helfen kann. Bevor sie sich verabschieden, fällt Percys Blick auf ein ihm bekanntes Buch, welches auf Dallans Schreibtisch liegt: MENTA̵L ILLNESS IN THE WORKPLACE AND BEYOND. Darauf angesprochen, meint Dallan nur, dass es eine dröge, arbeitspsychologische Lektüre sei, die er antiquarisch in einem kleinen Buchladen aufgegriffen hätte und niemandem empfehlen könnte. Die tiefer sinkende Sonne taucht den Parkplatz in rotgoldenes Licht, während die Mitarbeiter, darunter Samigina, Devaughn und kurz darauf der mit einer abgetragenen SporttascheDARIBONDIS WERK… ausgestattete Brice das Grundstück in ihren Automobilen verlassen. Zu viert bespricht man sich im Wagen. Die Gesamtsituation scheint hochgradig bedenklich und eine Infektion des Gebäudes, wie sie sie 1995 in New York erlebt hatten, ist nicht auszuschließen. Bael und Wist sind mehr als suspekt und zumindest Devaughn hält mit irgendetwas hinter dem Berg. Parker erwähnt den Anruf und den Befehl der unbekannten Stimme am anderen Ende, das Personal im Auge zu behalten. Nur was sollten sie für Schlüsse daraus ziehen? Ist es geboten, exakt das, was das Telefon ihnen sagt, nicht zu tun? Was hat es mit diesen verdammten Dämonen der Ars Goetia auf sich? Warum fragt „Bael“ sie nach einem „P. Curson“? Was soll man aus der phonetischen Nähe von „Marbas“ und „Barbas“ machen? Kann man Dallan trauen? Oder sollten sie direkt die Gelegenheit nutzen und nach Sonnenuntergang zuschlagen? Mit Blick auf ihre knurrenden Mägen und die Kürze der letzten Nacht entscheidet sich die Gruppe zumindest gegen letzteres. Stattdessen kehrt man in der Nähe des Hotels im von Percy schnell auf Yelp herausgesuchten Kubanischen „Mariel“ ein. Die ausgesprochen distinguierte, prä-revolutionäre Ästhetik des Etablissements beeindruckt jeden Gast nachhaltig, doch die Agenten fühlen sich, als sie das Restaurant betreten, eher an ein von einem lateinamerikanischen Zwilling Daribondis kreiertes, innenarchitektonisches Gesamtkunstwerk erinnert.NAIV, WER NOCH AN ZUFALL GLAUBT… Unter prunkvollen Kristalllüstern und dem in massiven, goldenen Lettern an der Wand eingelassenen Leitspruch Todo es hermoso y constante, Todo es música y razón, Y todo, como el diamante, Y TODO, COMO EL LECTOR, Antes que luz es carbón. ES PARTE DE LA OBRA. Setzen sich die vier mit einem leichten Unwohlsein an ihren Tisch. Die exzellente Kost ist allerdings ein wirksames Antidot gegen ihr Misstrauen. Nur einmal schnell Parkers Hand reflexartig zu seiner Waffe, als er einen Schrei einige Meter entfernt hört, doch es handelt sich nur um eine von ihrem Flambé überraschte Dame. Es herrscht Unsicherheit ob der nächsten Schritte, doch schließlich kommt man darin überein, dass es noch zu früh für den Feierabend ist. Stattdessen plant man, im Schutz der Nacht Barbas Haus einen Besuch abzustatten. Doch zuvor will Percy herausfinden, was es mit dem Buch auf Dallans Schreibtisch auf sich hat: Zu seiner Überraschung fördert eine kurze Suche eine via Google Books verfügbare Version zu tage, die, gescannt und mit OCR, knapp zur Hälfte öffentlich zugänglich ist. Schnell scrollt er über die in der Tat ausgesprochen drögen, eher an die Personalabteilung denn an klinische Psychologen adressierten, Seiten, bis er plötzlich innehält, als ein bekanntes Wort aufblitzt: Ophel̴ia S. is a secretary for Seere, Inc. who has become preoccupied with her home renovation. All discussions are about the renovation, and no discussion at work can pass without her referencing the subject. Her manager reports this behavior. Do you: (multiple choice answers) Tatsächlich dient Seere anscheinend als eine Art fiktive Beispielfirma, die in verschiedenen Übungsfragen herangezogen wird: Abigail W., a regional manager for Seere, Inc., fails to show up to work for two weeks. When she finally arrives, she claims to have traveled to a foreign country to marry a king. But her demeanor is disheveled, and many say she is̷ not herself. Should you report this to mental health services? (Y/N) Maximo F. is a regional manager for Seere, Inc., who has had a psychotic break due to the death of a loved one. He reports to human res̴o̴urces that invisible spiders are infesting his work station. Do you: (multiple choice answers) Mark R. is a salesman who handles the northeastern corridor of Seere, Inc.’s electronics line. Multiple reports from hotel managers indicate he is carrying a po̴rcelain doll with him everywhere he goes, and speaks to it when no one else is present. His work does not seem to suffer. Do you: (multiple choice answers) Janus T̵. is a hard worker in public relations for Seere, Inc. One day, he begins to talk about how his entire life is actually a giant, ongoing play being put on by some unseen supernatural entity like a god. His work ethic continues to shine even as he speaks about this conviction more and more. Do you: (multiple choice answers). Percy schluckt. Parcival entschuldigt sich derweil kurz für ein Telefonat. Im Gespräch mit seiner Galeristin fragt er, ob der Mann in weiß noch einmal dagewesen sei. Zögernd bejaht sie die Frage: Trotz seines exzentrischen Auftretens ist er bemerkenswert unauffällig, doch sie ist sich relativ sicher, ihn, während sie in ein längeres Gespräch mit einem Feuilletonisten der New York Times verwickelt war, vor dem Bild stehen gesehen zu haben, bevor er recht plötzlich ging. Gemeinsam fahren die vier in die 4th Street in Medford. Zwischen den sorgfältig gepflegten Domizilen der oberen Mittelschicht wirkt Barbas zweistöckiger, rostroter Bungalow nicht mehr taufrisch. Der Briefkasten wurde offensichtlich schon lange nicht mehr geleert, das Gras ebensowenig gemäht. Die Fenster sind dunkel, doch die Frage, ob Agent Exeter hier überhaupt noch lebt, erübrigt sich, als er kurz darauf in seinem Ford in Richtung der Garage fährt, die sich automatisch und verhältnismäßig leise öffnet. Das Licht bleibt ausgeschaltet, doch nach wenigen Minuten sieht man einen Schein aus dem Obergeschoss hervordringen. Barbas, auf seinem Kopf ein Grubenhelm, man kann erahnen, dass er gestikulierend mit jemandem im Raum zu reden scheint. Schnell fasst die Gruppe einen Plan: Preston kann das Garagentor per Funk knacken, um Zugang ins Innere zu ermöglichen. Hektische Beratungen, ob man gemeinsam Barbas festsetzen soll, werden von Parker abgeschnitten. Für den Moment steht Observation im Vordergrund, sodass er allein reinginge, um einen von Preston ins Spiel gebrachten Sender unter dem Wagen anzubringen. Effizient und in den Schatten jegliche Aufmerksamkeit der Nachbarschaft vermeidend durchquert Parker das sich öffnende Garagentor. Sofort dringt ihm der Geruch von Öl und Metall in die Nase, welcher in Richtung der immer noch offenen Tür zum Wohnzimmer stärker wird. Schnell bringt Parker den Sender an der Unterseite des Wagens an. Nicht das normale Stromnetz, sondern eine Autobatterie versorgt das Garagentor mit Energie, wie er aus dieser Perspektive feststellt. Wohlwissend, dass er schnellstmöglich zurückkehren sollte, wirft Parker einen kurzen Blick durch die Tür in das dunkle Wohnzimmer. Öl und Benzinflecken schillern im fahlen, von der Straße hereinfallenden Laternenlicht. Unzählige Motorenteile bedecken den Boden. Als er sich bereits wieder umdrehen will, hält er Inne: Mehr und mehr an die Lichtverhältnisse gewöhnt, erkennt er zwischen all dem mechanischen Unrat eine bizarre Konstruktion. Doch das kann nicht sein: Eingefettete Stahlrohe verbunden mit eisernen Schwungrädern, Zahnrädern und kleinen Kugellagern, die aus der sonst schmalen Silhouette hervorragen, der Kopf ein würfelförmiges Getriebe in der Mitte der Struktur: Es ist die Realisation jenes mechanischen Fiebertraums einer Blaupause, die sie dereinst auf der GBR-Serviette im Macallistar-Building gefunden hatten und welche dort nur auf Portugiesisch als LÖWE identifiziert worden war. Kurz zögert Parker, doch dann siegt die Ratio: Er eilt aus durch die Garagentür und teilt den anderen seinen Fund mit. Die Gruppe will sich nach getaner Arbeit auf den Weg ins Hotel machen, doch da bemerkt Preston leichten hellen Rauch oder Dampf, der durch ein angelehntes Fenster im Obergeschoss hervordringt. Spontan tastet sich Parker noch einmal zum Gebäude vor, um die Beobachtung aus der Nähe besser einordnen zu können. Doch als er sich unauffällig unterhalb des Fensters positioniert hat, hat sich das Phänomen bereits verflüchtigt. Stattdessen hört er die gedämpften Stimmen von Barbas und einem weiteren Mann. Worte versteht er nicht, doch der Gesprächspartner scheint kein Muttersprachler zu sein...
  13. A Volume of Secret Faces I Vier Tage bleiben P-Cell bis zu dem in ihrer Einladung vermerkten Termin. Während Parker noch einmal seine Ausrüstung sorgfältig prüft und Percy einen freien Tag mit seinem Lebensgefährten verbringt, erwartet Parcival eine Verabredung: Bereits seit einiger Zeit ist er gut mit der New Yorker Galeristin Susan Jennings vertraut, die in den vergangenen Jahren das eine oder andere seine Gemälde verkauft hat. Doch als sie ihm freudig mitteilt, dass ein exzentrisch wirkender Herr in einem weißen Anzug mit Aktentasche sein letztes Werk, eine Kohlezeichnung eines Art Decor-Hotels, mit nachhaltigem Interesse gewürdigt hätte, reagiert er leicht verstört. Der 1. September, das Treffen ist für 19 Uhr anberaumt. Parcival ist bereits einige Stunden zu früh in Boston eingetroffen und durchstreift die Umgebung des Grand Bridges Restaurant in der ruhigen, vorstädtisch anmutenden Dorchester Neighborhood. Das Restaurant wirkt ausgesprochen unscheinbar – um die Uhrzeit nur schlecht besucht ist die Terrasse nahezu leer. Unter den vereinzelt auf dem kleinen Parkplatz stehenden Automobilen fällt ihm insbesondere ein in die Jahre gekommener Ford ins Auge, welcher mit einer Plakette des Massachusetts Police Departments beklebt ist. Kurz vor 7 rücken die anderen Mitglieder von P-Cell an. Längere Zeit ist seit ihrem letzten gemeinsamen Einsatz vergangen. Auch wenn sie alle bereits zahllose Operationen überlebt haben, ist die Latenz zwischen Benachrichtigung und Briefing ungewöhnlich. Ganz zu Schweigen von der extravaganten Einladung. Doch wenn man in all den Jahren eines gelernt hat, dann, dass die Wege der Gruppe gelegentlich unergründlich scheinen. Die Agenten betreten die spärlich besetzte Schankstube und werden mit einem Hinweis auf Herrn Zielony von einem Kellner in einen Nebenraum geführt, wo sie ein an einer ansonsten leeren Tafel, an der ohne weiteres Zwölf Personen Platz finden könnten, sitzender, ältlicher Afroamerikaner in einem in die Jahre gekommenen Anzug begrüßt. Ein seltsamer Geruch, eine Mischung aus Motorenöl, Benzin und Schweiß, umgibt ihn. Ohne viele Worte signalisiert er ihnen, dass sie sich setzen sollen und stellt sich als Agent Exeter vor. P-Cell ist mit Operation INDIA MOON betraut worden: Vier Agenten sind am 28. August aus Dorchester House, einer psychiatrischen Anstalt in der Nachbarschaft, verschwunden; Parker und seine Kollegen sollen sie wieder ausfindig machen. Alle vier hatten vor Antritt ihrer Behandlung Kontakt zu einem gewissen okkulten Buch gehabt. Mit einer beeindruckenden Menge von Blut hinterließen sie eine Botschaft an der Wand eines ihrer Räume, wie Exeter mit einem Polaroidfoto bezeugt: Abigale Wright has gone to sea cross the waves to rescue me in a ship both tall and fine she rounds the corner marking time Keiner der vier hätte damit gerechnet, Abigale Wrights Namen noch einmal zu lesen, nicht nach all diesen Jahren. Die Implikationen dieses Fundes scheinen… ungut, doch lassen sie sich gegenüber Exeter nichts anmerken. Dieser fährt fort: Der Leiter von Dorchester House, Dr. Richard F. Dallan, sei mit den Aktivitäten der Gruppe vertraut und erwarte ihren Anruf. Als Percy nach den Namen der Verschwundenen fragt, hält Exeter kurz inne und blinzelt mehrfach, so als würde er angestrengt nachdenken, bevor er einen Serviettenspender aus der Tischmitte zu sich herüberzieht und dort mit einem blauen Kugelschreiber mehrere Namen notiert. Er schiebt das „Dokument“ zu Percy herüber. T. Hou Cal Diassa Rae Bilabass Thoman F. Prutoth Auf die Nachfrage Parcivals, ob es einen Grund gäbe, dass die Namen allesamt einen vage befremdlichen Klang hätten, blickt Exeter ihn nur verwirrt an. Prestons Blick ruht derweil auf dem Monogramm des Restaurants, welches mit den Buchstaben GBR die Seite der Serviette verziert. Er ist sich sicher: Es ist die gleiche Serviette, die er vor 20 Jahren an der Wand von Abigales Schrein gefunden hatte. Mit einem seltsam papierenen Rascheln bückt sich Exeter und zieht ein enorm klobiges Satellitentelefon aus einer Einkaufstüte neben sich hervor, welches sicherlich nicht in diesem Jahrtausend gebaut wurde. Die etablierten Kommunikationskanäle müssen als kompromittiert gelten. Dementsprechend sei jeder Kontakt zur Gruppe über dieses Gerät abzuwickeln, welche über *619 angerufen werden kann. Sonstige Nummern könnten damit nicht erreicht werden. Unausgesprochene Fragen liegen in der Luft, doch als Exeter abschließend fragt, ob es noch etwas zu klären gäbe, schweigen die Agenten, woraufhin sich ihr Handler leise raschelnd auf den Weg macht. Durch das Fenster sehen sie schweigend, wie er zum Parkplatz geht und sich am Kofferraum des Fords zu schaffen macht, bevor er schließlich losfährt. Parcival hat kein gutes Gefühl bei der Sache. Zwar hat er, haben sie alle im Verlauf der letzten 20 Jahre so manches… improvisierte Briefing erhalten, doch die Geschehnisse der letzten halben Stunde übertreffen in ihrer schieren Befremdlichkeit alles bisher dagewesen. Er spricht den ersten Gedanken, der ihm in den Sinn kommt, offen aus: Warum tragen all diese vermeintlich verschwundenen Agenten derartig absonderliche Namen? Existieren sie überhaupt? Percy und Preston prüfen die FBI-Datenbank, in welcher Mr. Hou und seine Kollegen mit durchaus schlüssigen Biographien gelistet sind. Trotzdem fällt es ihnen schwer, Parcivals Einschätzung zu widersprechen. Statt sich weiter in Details zu verlieren, bricht Parker das gegenwärtige Dilemma auf eine einzige Frage herunter: Kann die Gruppe Agent Exeter trauen? Dem Aufkleber auf dem Ford zu folge arbeitet er anscheinend für die Polizei hier in Boston, insofern müsste man ihn identifizieren und entsprechende Nachforschungen zu seiner Person anstellen können. Mittlerweile in Parkers Wagen verschafft sich Preston über Parcivals Daten Zugriff auf die internen Akten des MPD und die anderen verrenken sich, um ihm über die Schulter zu blicken. Schnell macht er einen Dr. Elias Barbas ausfindig, die die Leitung der Forensik inne hatte – der Endpunkt einer verdienten, jahrzehntelangen Karriere in der Behörde. Doch all das änderte sich vor 3 Monaten: Barbas Verhalten schien erratischer zu werden. Unentschuldigtes Fehlen, Aufforderungen zu verpflichtenden Gesprächen mit dem Amtspsychologen (die nicht wahrgenommen wurden), nicht näher spezifizierte „Vorfälle“ gegenüber Kollegen. Parkers Sorge wächst. Derweil sucht Percy im Netz nach Informationen über Dallan und seine psychiatrische Anstalt, Dorchester House: Eine zweckmäßige Webseite zeigt helle, saubere Bilder eines ehemaligen katholischen Schulgebäudes, nur wenige Autominuten von hier entfernt. .Die Anstalt sei spezialisiert auf PTSD von Militärs, Ersthelfern, etc. Das passt zu Dr. Dallans Profil, welcher in diesem Feld zahlreiche Publikationen vorweisen kann und als anerkannter Experte gilt. Dementsprechend teuer ist auch die Unterbringung – 7000 Dollar pro Woche sind nicht wenig Geld. Hier wurden also gleich vier nicht mehr einsatzfähige Agenten untergebracht? Als Percy dies den anderen mitteilt, bemerkt Parker ein weiteres Detail, welches einfach keinen Sinn zu ergeben scheint: Wenn die vier Insassen am 28. verschwunden sind – warum bekommen die Agenten dann am gleichen Tag eine verschwenderisch kunstvoll gearbeitete Einladung für ein Briefing, welches erst vier Tage später stattfindet? Aufgeregt unterbricht Preston Parkers Gedankengang. Er hat derweil das klobige Satellitentelefon näher in Augenschein genommen, welches Barbas ihnen gegeben hatte. Der Hersteller: SEERE INC, sein Logo ein kleiner Pegasus. Seere, India, Moon, Dallan, Exeter… Hatte das Funkgerät in Abigales Wohnung nicht damals all diese Begriffe genannt gehabt? Mittlerweile ist es dunkel geworden. Eine Unterkunft muss her und nach längerer Diskussion und Abwägung fällt die Wahl auf das Club Quarters in Downtown, eine der besseren Adressen der Stadt. In einer minimalistischen, von Holz dominierten Suite einquartiert, setzt man die Recherchen fort. Percy prüft gemeinsam mit Preston bis tief in die Nacht die Finanzierung von Dorchester House. Die Spuren führen zu einer Stiftung, der St. Dymphna Foundation, welche sich bei genauerer Untersuchung als eine reine Briefkastenfirma erweist, der 1986 eine neunstellige Summe aus Panama überwiesen wurde. Preston nestelt am Telefon herum, doch schnell wird klar, dass es zu öffnen aller Wahrscheinlichkeit nach zu seiner Zerstörung führen würde. Sichtlich bemüht, nicht vom Personal oder anderen Gästen gesehen zu werden, transportiert Parker derweil einen Großteil seiner Waffen und Sicherheitsausrüstung in das Zimmer. Irgendwann haben alle genug von diesem Tag. Parcival übernimmt die erste Wache. Im fahlen Licht der kleinen Schreibtischlampe starrt er auf das dicke Papier der vier bis ins kleinste Detail identischen Einladungen, die die Agenten erhalten hatten. Plötzlich stutzt er und zieht das Licht näher heran. Auf einigen der Buchstaben bemerkt er feine Punkte, mit dem bloßen Auge leicht zu übersehen. Aneinandergereiht formen sie zwei Worte: HELP ME Durch seinen Fund ermutigt, ereilt ihn ein weiterer Geistesblitz: Das Papier besteht aus mehreren, gepressten Schichten. Was, wenn man sie voneinander löst? Mit einem Skalpell schreitet er zur Tat. Seine Vermutung bestätigt sich: Text. Eine Schriftprobe, in einer deutlich anderen Handschrift als jene des Haupttextes der Einladung. Barbas Handschrift. Doch das ist nicht alles. Unter Barbas Zeilen ist ein Symbol aufgeklebt. Eine Glyphe. PURSON Für einen kurzen Moment ist Parcival unwohl, dann springt er auf und weckt die anderen. Doch in dem Moment, als er ihnen von seinem Fund berichtet und wild gestikulierend auf die Glyphe deutet, werden seine Worte von einer markerschütternden Sirene übertönt. Parker zückt seine Waffe, doch ein Blick auf den Gang verrät, dass es sich nur um einen Feueralarm zu handeln scheint. Ein schuldbewusst dreinblickender Mittvierziger in Hemd und Anzughose zwei Zimmer entfernt wird mit einer immer noch glimmenden Zigarette in der Hand von einem Mitarbeiter des Hotels angemessen zurechtgewiesen und die schläfrigen Gäste begeben sich zurück in ihre Zimmer. Parker ist sichtlich verstört. PURSON. Er erinnert sich an die Ars Goetia. Before him, there can be heard trumpets sounding. Einer Intuition folgend ruft Parcival daraufhin auf seinem Handy Demonweb101 auf. Eigentlich ist die Seite seit 20 Jahren durch Prestons fachkundiges Einschreiten aus allen Indices getilgt und nicht mehr länger aufzurufen gewesen, ohne, dass jemals jemand etwas dagegen unternommen hätte. Doch nun ist sie wieder da. Ohne Probleme öffnet sich die in aus der Zeit gefallenem HTML gehaltene Liste der Dämonen. Da an Schlaf momentan ohnehin nicht zu denken ist, versucht Percy in der Datenbank des FBI parallel in Erfahrung zu bringen, wann genau die verschwundenen Agenten eigentlich in Dorchester House eingeliefert worden sind. Tatsächlich handelt es sich um unterschiedlichste Zeitpunkte in den letzten 18 Jahren. Doch darüber hinaus bemerkt er etwas anderes: Bei zwei der vier Einträge findet sich in das tabellenartige Format der Datenbank gezwungene… Verszeilen? In the red, wet inside of men is where all hate sleeps. Violence is what frees it. Sowie Uoht looks at this world as so much money changing hands. Wieso war ihm das vorher nicht aufgefallen? Die Gruppe berät über die Konsequenzen des gerade Geschehenen und ihrer Funde. Sollte man A-Cell benachrichtigen? Ist dem SEERE-Telefon zu trauen? Definitiv nicht. Doch die Schlüsselfrage: Ist Exeter gestört oder gefährlich? Recherchen bei der Polizei am nächsten Tag sollen Klarheit bringen. Das Frühstücksbuffet des Club Quarters ist großzügig und gemeinsam platziert man sich am Ende des Saales. Fernab der anderen Gäste holt Preston erneut das SEERE-Telefon hervor. Kurz nach dem Aufstehen war ihm etwas klargeworden: Seere ist ebenfalls in der Ars Goetia genannt. Er zeigt ihnen den Eintrag auf Demonweb101. Seere is a Prince of Hell with twenty-six legions of demons under his command. He may sojurn any place on earth in a matter of moments to accomplish the will of the conjurer, bring abundance, and locate treasures both stolen and burgled. He is not a demon of evil but good nature, being mostly indifferent to evilness. He is depicted as a man riding a winged horse and is said to be beautiful. Nach allem, was bisher passiert ist, verwundert es keinen der Agenten, als ein neuerlicher Blick auf das Logo von SEERE INC einen Reiter auf dem Pegasus erkennen lässt, der vorher definitiv nicht dort gewesen ist. Dass es sich um kein normales Telefon handelt, ist allen klar. Doch wenn Seere als weder gut noch böse beschrieben wird – sollten sie es nicht trotzdem nutzen?ERLERNTE HILFLOSIGKEIT… Prestons morgendlicher Tatendrang erschöpft sich nicht in seiner daemonischen Eingebung zur Natur des Telefons: Er hat bereits am Morgen ein paar bürokratische Kontakte in Kombination mit einigen IT-Tricks genutzt, um der Gruppe für 11 Uhr als psychologische Task-Force, die im Fall Barbas ermittelt, Zugang zum Massachusetts-Police-Department zu verschaffen. Das passt gut, da Percy per Mail für den Nachmittag ein erstes Gespräch mit Dr. Dallan vereinbart hat. Niemand im MPD schöpft Verdacht, als sich die Agenten kurz darauf vorstellen. Schnell kristallisieren sich zwei Mitarbeiter als Barbas engste Kollegen heraus, mit denen unbürokratisch Gespräche organisiert werden können: Emeline Skehan und Michael Dawkin. In einem kleinen Konferenzraum begrüßt die Gruppe zuerst Dawkin, einen Trooper Anfang 40, der Barbas‘ zunehmend erratisches Verhalten mit Sorge beobachtete, nicht zuletzt, nachdem eine DEA-Task-Force Ende Juni nach ihm fragte. Anfang Juli traf er sich zusammen mit einigen anderen aus der Abteilung für eine Intervention bei ihm zu Hause. Barbas bat sie herein und servierte ihnen Getränke, während er gerade ein Motorrad auseinanderbaute. Auf die Fragen nach seinem häufigen Fehlen an der Arbeit meinte er nur, dass „andere Projekte“ seine Zeit beanspruchten.ES GIBT VIEL ZU TUN…Während er das Badezimmer suchte, bemerkte Dawkin eine ausgesprochen attraktive junge Frau im Schlafzimmer des Hauses. Nachdem die Agenten mehrfach nachhaken, gibt er zu, dass er eine Dreiecksgeschichte zwischen Barbas, der Frau und Skehan zumindest als partielle Erklärung seines Verhaltens vermutet. Insbesondere, seit dem „Vorfall“ mit ihr, über den er aber nichts genaues weiß, außer, dass es anscheinend zu Handgreiflichkeiten gekommen war. Als nächstes bittet die Gruppe Skehan herein, welche ohne große Emotionen die Details des „Vorfalls“ berichtet. Gerade, als sie sich auf den Weg nach Hause machen wollte, kam sie noch einmal zu ihm ins Büro, um sich zu verabschieden. Dort schrieb er mit einer Feder auf altmodisches Papier. Als fühle er sich ertappt, begann er sie physisch zu bedrohen, was im Angesicht seines Alters jedoch nicht gut für ihn endete. Seitdem ging er ihr aus dem Weg, entschuldigte sich formell und schickte ihr eine letzte, befremdliche Email, deren Sinn sich ihr bis heute nicht vollends erschlossen hat. Dear em Only once before have I had to write something like this. No one knows how I feel, except maybe you? To look back on all this stuff and think: what did I do? Forgive me. Once we were friends. Let’s just put this behind us. Let’s get on with our lives. Obviously things will never be the same between us. What I want most is for this to be in the past. Nach dem Gespräch ist für die Gruppe klar, dass Barbas observiert werden muss. Sie müssen herausfinden, was er treibt, um A-Cell informieren zu können. Und am Nachmittag erwartet sie immer noch das Gespräch mit Dallan…
  14. Home II Der 28. August 2015. 20 Jahre… wenn man zurückblickt, weiß man nicht, wie es passiert ist. Was passiert ist. Ein normales Leben. So normal, wie es für ein Mitglied der Gruppe sein kann. Irgendwie hat man überlebt. Den Alltag, die Missionen, die Geschichte. Bevor der Morgen graut, schlüpft man zurück in einen Körper, der einem Tag für Tag ein Mu weniger gehorcht. Eine Rückkehr aus weiter Ferne, die schwerer fällt, jedes Mal. 7300 Tage… Was hat diese seltsame Welt noch mit jener zu tun, die man früher kannte? Das müde, verlebte Gesicht, das einem aus dem Spiegeln entgegen blickt, ist es wirklich noch das eigene? Ist das das Leben, das man für sich selbst vorsah, als man ein junger Mensch voller Ideale war? An welchem Punkt ist man falsch abgebogen, um irgendwann hier zu landen? Eingezwängt zwischen Beruf, Familie und… der Oper lebt man mit eingeschaltetem Autopilot. Man kann dem über Jahrzehnte gewobenem Netzwerk aus Verpflichtungen nicht entgehen. Spielt seine Rolle. Oder vielleicht glaubt man selbst daran, dass man mit sich im Reinen ist. Dass man die beste Existenz verlebt, welche einem hätte vergönnt sein können. Nur manchmal blinzelt man und dann kommen sie zurück. Vereinzelte Erinnerungen an 175 200 Stunden. Facetten. Fragmente, Momentaufnahmen, die sich ins Hirn brannten. 11. März 2001, 5:30, John F. Kennedy Memorial Highway, Red Toad Rd. – Parker, und der aufgelöst wirkende Agent Marcus auf dem zerstörten Asphalt eines menschenleeren. Eine Nachricht, die von „oben“ kam. Totale Prüfung sämtlicher Kontakte. Absolute Sicherheit. Marcus hat Gerüchte gehört. Kompromittierung. Ein interner Coup. Tote. Es gab irgendein Angebot. Einige sind anscheinend darauf eingegangen. Haben die Seiten gewechselt. Mit blutunterlaufenen Augen schwört Marcus Parker ein. Absolute Geschlossenheit. Er wird die Botschaft an Q-Cell weitergeben. Die beiden gehen wortlos auseinander. Doch zuvor: Ein Zettel. Mit einer Telefonnummer. A-Cell. Für absolute Notfälle. Ein warmer Herbsttag, einige Monate später, 9 Uhr – freie Tage. 20 Künstler der Avantgarde in einem grünen Dachgarten in Brooklyn. Befremdliche Musik. Und Janus, sein Lebensgefährte bereits in ein Gespräch mit dem Gastgeber verwickelt. Vegetarische Snacks auf einem Tapeziertisch, Bier und Wein. Ausgetretene Teppiche mit Dreiecksmuster. Auf einem von ihnen: Ein vielleicht vierzigjähriger Brite mit traurigen Augen, eingefallenem Gesicht und schütterem, aber langem Haar. David F. Tibet, Musiker. Der Hudson-River, die Skyline von Manhattan – eine atemberaubende Aussicht. Die Maschine fliegt bemerkenswert tief. Und dann – das Dröhnen des Einschlags. Der Tod des alten New Yorks, die Geburt eines anderen. Welche unmöglichen Land̸s̴chaften warten auf uns jenseits der rissigen Ecken dieser falschen Welt? Eine Frage, die ihn w̴e̵iter suchen ließ. 30.8. 2005, 2.30, New Orleans: Kein Briefing. Setz dich in deinen Wagen, bring einen Taser und jede unmarkierte Waffe mit, die du in die Finger kriegen kannst. 16 Stunden Fahrt, selbst für Parcival schwer zu ertragen. Staus in der Gegenrichtung. Prasselnder Regen. Redenz-Vous-Punkt: Ein evakuierter McDonalds, vor dem Fenstern tobte der Hurricane. Parker war eindeutig. Wer Nachts durch die Straßen zieht, wird getasert. Wer sich verwandelt, erschossen. Der erste Fund: Ein Mensch. Die zweite: etwas anderes. Hündische Züge, die vor seinen Augen explodierten. Auf einmal: Allein, auf der überfluteten Straße in der Dunkelheit. Ein fletschendes Geräusch, Bewegung im Wasser, glühende Augen, die näher kommen. Feuer. Aus zwei Richtungen. Die Kreatur – tot. Eine irisch anmutende Frau, mitte dreißig, kurze rote Haare, kurz davor zu schießen. Dann – Entspannung. Agent Taylor, T-Cell. 14.10. 2013, 9:30: Der Erste Tag zurück im Dienst nach dem Einsatz in New Jersey. Preston starrer Blick, der direkt durch den Monitor hindurchgeht. Die von Schrot zerrissenen Gesichter der Familie vom Vortag auf der Netzhaut. Doktorand der Mathematik. Eine Gleichung. Eine Gleichung, die ihn dazu getrieben haben soll. Simon am Nebentisch, ebenfalls den Blick auf den Monitor geheftet. Ein abgefucktes Arschloch. Unzurechnungsfähig! Ed Mill̷er Wist. Erbe und Mörder seiner Eltern. Multimillionär. Der 28. August 2015. Ein FedEx-Paket mit einer Einladung zum Geburtstag von Richard Zíél.ôny, am 1. September im Gateway Bridges Restaurant Boston, Dorchester Neighborhood. Auf ihr, für denjenigen, der nicht danach sucht, kaum zu erkennen – ein grünes Dreieck.
  15. Night Floors IV Die Agenten treten aus dem Rauchersalon hervor und die Wucht des Erlebten trifft sie von einer Sekunde auf die andere mit voller Wucht. Insbesondere Preston scheint nun, wo er wieder in der Realität (?) des Macallistar-Buildings angekommen ist, sichtlich mitgenommen. Was sollen sie tun? Wie umgehen mit dieser Situation? Für Parker ist der Fall klar: Das Gebäude muss zerstört werden und alle Bewohner mit ihm. Preston ist mit sich selbst beschäftigt und der müde wirkende Parcival scheint keine andere Antwort erwartet zu haben. Doch schwer atmend stützt sich Percy, dessen Schmerzmittel langsam nachzulassen beginnen, von der Wand des leeren, schwach beleuchteten Flurs herauf in einen leicht schwankenden, aufrechten Stand. Er widerspricht, so energisch, wie es sein Zustand zulässt: Sie müssten mehr über die Korridore der Nacht und das seltsame Verhalten der Bewohner herausfinden. Woher wisse Parker denn bitte, dass eine versuchte Zerstörung nicht alles noch viel schlimmer mache? Parker entgegnet, dass Percy überrascht wäre, wie viele Probleme er in seinen Jahrzehnten in der Gruppe durch Sprengstoff zu lösen vermochte. Doch der Verletzte lässt nicht locker: Selbst wenn man das Macallistar-Building sprengt, könnte man nicht zumindest einen der Insassen herausholen und irgendwie weiter untersuchen? Parker erinnert sich vage, dass die Gruppe früher über beschränkte Ressourcen zur Verwahrung und Therapie verfügte, doch sieht er keinen Grund, Percy hier ein Zugeständnis zu machen und schweigt hierzu. Stattdessen schließt er kategorisch jegliche Option aus, die einen der Vektoren am Leben ließe. Sein Gegenüber setzt seine Argumentation derweil unbeirrt fort: Wer sagt, dass es nicht noch mehr „Vektoren“ gäbe? Hatte nicht Abigales Vater etwas über einen Buchladen gesagt? Könnte sie das verfluchte Theaterstück dort erworben haben? Es braucht mehr Nachforschung, sowohl im als außerhalb des Macall... Kurz, bevor er seinen Satz beenden kann, unterbricht er sich selbst, als ihm etwas klar wird. Die Webseite, Demonweb101.com, war ihm von Anfang an seltsam vorgekommen, doch nunmehr plötzlich fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. In ihrem Footer fand sich ein kleiner, unscheinbarer Satz: What impossible landscapes wait beyond the cracked corners of this false world? Ein Satz, der sich in gleicher Form auf einer der Seiten des Stückes fand, welche sie im MacAllistar gefunden hatten. Auch wenn Parker von seiner generellen Position nicht abzubringen ist, überzeugt ihn der Hinweis auf den Buchladen und die Seite. Preston bietet sich an, letzteres morgen zu prüfen, während Parcival den zunehmend schwächer werdenden Percy zu einem ihm gut bekannten Arzt namens Johnson in der Bronx bringen will, der nicht zu viele Fragen stellt. Die Agenten kommen darin überein, sich am nächsten Morgen in den Räumlichkeiten des FBI zu treffen. Parker schläft erneut miserabel, während er von einem labyrinthischen Meer von Türen in einer Art mittelalterlichen Burg träumt, durch welches er Stunde um Stunde, Tag um Tag, Jahr um Jahr irrt, ohne den Ausgang zu finden. Gelegentlich dringen aus der Distanz gedämpfte Geräusche, die an Geschützfeuer erinnern, an seine Ohren, doch bleibt er stets allein. Mit etwas Kaffee gelingt es ihm bis zum Treffen mit den anderen die schlimmsten Auswirkungen der Nacht zu vertreiben und gemeinsam fasst man einen Plan für den Tag: Percy und Preston bleiben im Büro und telefonieren mit Thomas Wright bzw. nehmen die Webseite in Augenschein. Parker und Parcival fahren zurück ins Macallistar und nutzen ihre Kenntnisse im Umgang mit Sprengmitteln und Forensik dazu, verschiedene Wege zu eruieren, um das Gebäude in einer Gasexplosion zu zerstören. Preston Analyse von Demonweb101.com nimmt einige Stunden in Anspruch und konfrontiert ihn mit überraschender Finesse. Doch qua seiner Fähigkeiten im Bereich der IT-Sicherheit gelingt es ihm, die Seite über diverse VPNs Lissabon/Portugal zurückzuverfolgen, wo eine whois-Anfrage den Besitzer der Seite mit dem Kürzel SRE angibt. Ausgesprochen gut versteckt ist ein weiterer VPN, dessen Analyse Rückschlüsse auf den echten Ursprung der Daten zulässt, welcher mit YHT/HAL angegeben ist. Das Telefonat gestaltet sich wenig angenehm. Selbst ohne ihm gegenüberzustehen wird schnell klar, dass Wright nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Seine Stimme ist brüchig, immer wieder hält er für eine längere Pause inne oder stolpert über seine eigenen Worte. Als ihm klar wird, dass er gestern Morgen wirklich bei Parker angerufen und es sich dabei nicht nur um eine wirre Traumsequenz gehandelt hat, erschweren seine wortreichen Entschuldigungen und die hörbare Scham den Rapport noch weiter. Vorsichtig lenkt Percy das Gespräch auf den Laden. Wright versucht diese Episode herunterzuspielen, sie hätte dort nur ein Buch gekauft und er im Eingangsbereich gewartet, wo ihn ein seltsames Unwohlsein überkommen hätte, was später noch dadurch verstärkt wurde, dass er, wie er nach längerem Zögern zugibt, auch nach mehrfacher Suche die Adresse nicht wieder hatte ausfindig machen können. Dabei war er sich absolut sicher, dass es irgendwo in der Nähe des Empire State Buildings, 11 Ecke 33 gewesen sein musste. Im Macallistar ist es ruhig, keiner der Bewohner verlässt sein Appartment, um Parker und Parcival bei ihrer Analyse der Gasleitungen zu stören. Gemeinsam kommen sie darin überein, dass eine vollständige Zerstörung des Gebäudes inklusive des wahrscheinlichen Todes aller Bewohner, realistisch und in wenigen Stunden umsetzbar ist. Zuvor würden sie sämtliche unnatürlichen Asservaten in einer Green Box einlagern und die Tat Carun in einem erweiterten Suizid zuschreiben. Als die Gruppe erneut zusammenkommt und ihre Ermittlungsergebnisse miteinander teilt, akzeptiert Percy die Zerstörung des Gebäudes und den Tod der Mieter zähneknirschend. Gemeinsam kommt man darin überein, die Explosion gegen Mittag des morgigen Tages durchzuführen und sämtliche nicht unnatürlichen, fallrelevanten Unterlagen zuvor dem FBI zu übergeben, inkl. einer Einschätzung des Geisteszustands der Bewohner des Macallistar. Die Untersuchungsergebnisse zur Webseite beunruhigen alle und Preston schlägt vor, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um Zugriffe auf die Domain zu verhindern, was auf Zustimmung stößt. Für den Abend beschließt man ohne große Hoffnungen, ca. zwei Quadratkilometer um das Empire State Building nach dem Buchladen zu durchsuchen. Der Transport der Asservaten ist zeitaufwendig und so ist es Abend geworden als in zwei Gruppen geteilt die Agenten das Manhattan in der Umgebung der 11 Ecke 33 durchkämmen. Während Percy und Parcival knappe drei Stunden erfolglos durch die Straßen fahren und die Läden in den Erdgeschossen der sie umgebenden Gebäude genauestmöglich in Augenschein zu nehmen versuchen, sind Preston und Parker zu Fuß unterwegs. Auch ihre Suche gestaltet sich wenig erfolgreich. Doch gerade, als sie zum dritten Mal an der 11 E 33rd St vorbeikommen, bemerken sie einen schmalen, unscheinbaren Laden, dessen an die Innenseite der Fensterscheibe geklebten Goldlettern, die wohl einmal das Wort „BOOKS“ geformt haben müssen, bereits vor langer Zeit verblasst sind. Sie pagen Percy und Parcival die Neuigkeit und gemeinsam betritt man den Buchladen. Das Innere ist schmal, aber tief und hinter dem mit Bücherstapeln zugestellten Eingangsbereich verlieren sich die alten, hölzernen Regale in schwachem Licht, welches gelegentlich weitere Kunden erahnen lässt, die sich, wohl dutzende Meter entfernt, der Unzahl an Werken widmen, die das Sortiment für sie bereithält. Hinter einem kleinen, Tresen-artigen Schreibtisch stehend, begrüßt ein nubisch anmutender Verkäufer in einem perfekt sitzenden Anzug die Agenten mit einem makellosen Lächeln. Er stellt sich als B.R. Robert vor und fragt, ob er ihnen helfen kann. Bevor Parker ihn zurückhalten kann, beginnt Percy bereits eine Unterhaltung, in der er sich mit seinem richtigen Namen ausweist und ihn über den Laden und Abigale auszufragen beginnt. Auf jede seiner geradezu gierig anmutenden Fragen antwortet Robert fachkundig und formvollendet, betreffe sie Gabriel Castaignes mechanisches Geschick (er war selbst früher häufiger im Laden zu Gast) oder auch das Lebenswerk St. John Philbys und seine Freundschaft mit dem saudischen Königshaus. Seit wann der Laden existiere, könne er hingegen nicht genau beantworten, er sei schlicht da, ganz gleich ob nun im Paris der 1890er, den New York des Jahres 1925 oder 1995. Über Abigales Verschwinden hätte er aus den Medien erfahren und er erinnerte sich, dass sie den Laden besucht hätte. Einem großen, altmodisch anmutenden Hefter, dessen Seiten von makelloser arabischer Handschrift bedeckt sind, entnimmt er die Einsicht, dass sie im Februar im Laden gewesen sei, doch was sie gekauft hätte, könne er nicht sagen. Doch vielleicht fände sich ja im Inneren des Ladens noch ein Zeuge ihres Aufenthalts? Parker beobachtet die Szene mit wachsendem Zorn, während er gleichzeitig die Gänge im Auge behält. In einigen Metern Distanz kann er einen Kunden deutlich erkennen, wie er ein Buch durchblättert. Es ist jener Mann, dessen Porträt im Macallistar mit dem Namen D. WHEELER bezeichnet worden war. Als Parcival dann noch damit beginnt, sich auf Französisch mit Robert zu unterhalten, wird es Parker schließlich zu bunt und er weist die anderen mehr oder minder diskret darauf hin, dass es Zeit sei, zu gehen. Er schleift sie in den Wagen, schaltet das Radio an, welches „King Midas in Reverse“ spielt und weist Percy und Parcival ob ihrer offensichtlichen Missachtung jeglicher Sicherheitsmaßnahmen zurecht. Doch bevor er noch ein finales Urteil fällen kann, wie viele C4 notwendig ist, um diesen Vektor aus dem Weg zu räumen, blickt er erneut in Richtung des Ladens, welcher jedoch bereits verschwunden ist. Es ist kurz nach 10, als sich die Gruppe für die Nacht verabschiedet. Doch Percy macht sich nicht auf den Weg zu seinem Appartment. Stattdessen fährt er zum MacAllistar und geht hinauf in den dritten Stock. Er hinterlässt dort eine Botschaft, dass er von den Bewohnern „lernen“ will und sie ihn kontaktieren sollen. Roark schaut ihn derweil schief an und meint, dass irgendetwas anders an ihm sei. Seine Haare vielleicht? Jedenfalls könnte er ja vielleicht doch sein Glück bei Castaigne versuchen, wenn er Probleme mit der Rezeption hat, um ein Zimmer oder möglicherweise sogar einen Termin beim Superintendenten zu bekommen. Percy zögert, doch lehnt dann ab. Roark verspottet in daraufhin und mit der Botschaft auf der Bartheke macht sich Percy auf den Weg nach Hause. Der nächste Tag ist bewölkt, kühl und von Nieselregen dominiert. Erneut hat Parker kaum geschlafen, als er kurz nach Sonnenaufgang gemeinsam mit Parcival alle notwendigen Schritte unternimmt, um Caruns „erweiterten Suizid“ vorzubereiten. Preston und Percy bereiten derweil die Übergabe ihrer Unterlagen vor. Gegen 11 sind die Vorbereitungen abgeschlossen und Parcival trifft sich mit den anderen beiden im FBI. Parker hält Stellung. 12.03: Die Explosion zerreißt das Macallistar. Alles passiert nach Plan, die Schäden an den angrenzenden Gebäuden bleiben auf ein Minimum reduziert, während die Zerstörung des Vektors total scheint. Parker bleibt angespannt, doch auch nach mehreren Stunden, als die Sirenen der Kranken-, Polizei- und Feuerwehrwagen bereits verstummt sind, bemerkt er nichts, was ihm Anlass zur Sorge geben würde. Mit grimmiger Befriedigung macht er sich auf den Weg zu den anderen, welche den mehrfachen Mord an Unschuldigen nicht so ohne weiteres verarbeiten können wie er. Doch man darf sich nichts anmerken lassen. Die Ermittlungen werden pro forma weitergeführt, die Theorie des erweiterten Suizids erhärtet, Versicherungsclaims von ARTLIFE bestätigt und dergleichen mehr. Es dauert nicht lange, bis P-Cell aus der Schusslinie ist und man Agent Marcus mitteilen kann, dass das Problem gelöst wurde.
  16. Night Floors III Die Agenten treten durch die Tür zum Dach aus dem Rauchersalon hervor. Zurück im „normalen“ Teil des MacAllistar. Der Blick auf die Uhr verrät, dass weniger als eine Stunde vergangen ist, seit sie die Korridore der Nacht betreten haben, auch wenn es ihnen eher wie ein halber Tag vorgekommen ist. Auch, wenn eigentlich niemand gerne noch länger im Gebäude ausharren will, erinnert sich die Gruppe an Caruns nicht abgeschlossene Tür und beschließt, seinem Appartement noch einmal einen Besuch abzustatten. Gemeinsam durchsucht P-Cell Caruns vermüllte und mit Flaschen (die nunmehr der Bar im vierten Stock zuzuordnen sind) zugestellte Räumlichkeiten. Irritiert wirft Percy einen Blick in den Kühlschrank, dessen Speisen zwar bereits seit mehreren Monaten ihr Haltbarkeitsdatum überschritten haben, aber so frisch wie gerade aus dem Supermarktregal entnommen wirken. Wovon ernähren sich diese Leute? Währenddessen analysieren Parcival und Preston Caruns Word-Processor. Das Passwort (NIGHTSEA) zu knacken, ist keine Herausforderung, aber die Inhalte ergeben nur wenig Sinn: Statt eines neuen Buches finden sich Dutzende von Textdateien mit befremdlichen Namen wie „Only STATIC“, „What Happened to Thomas Grandfather“ oder „Moseby and the play“. Jede einzelne enthält jeweils einen einzelnen Buchstaben, hunderte Male aufeinanderfolgend getippt. Nach einigem Nachdenken sehen die beiden, dass in der Ordnung des letzten Zugriffs die Buchstaben Worte zu formen beginnen. Gerade als lauter werdende Schritte auf der Treppe zu vernehmen sind, rekonstruieren sie die Botschaft: SMOOTH IS THE HAND THAT MAKES THE WORLD AND STEADY IS THE MIND THAT GRASPS IT. Die Agenten schaffen es, sich rechtzeitig aus der Wohnung zurückzuziehen. Mitgenommen von den Ereignissen der letzten Stunden machen sich Parcival und Preston auf den Weg zurück nach Hause respektive zum FBI. Parker und Percy beschließen hingegen kurzfristig, noch einmal zu prüfen, wie sich die Dinge des Nächtens bei Miss Vanfitz verhalten. Gerade, als sie durch den Flur des Erdgeschosses gehen, vernehmen sie Geräusche aus Abigales Wohnung. Vorsichtig öffnen sie die Tür. Es ist erneut das Funkgerät. Durch das statische Rauschen sind genaue Worte kaum zu verstehen, nur ein vages „Wir brauchen…“ ist zu erahnen, doch die Stimme können beide klar zuordnen. Es ist Parker, der dort spricht. Irgendwann verstummt die Übertragung und gemeinsam gehen die beiden zur Tür von Vanfitz‘ Appartment, welche unverschlossen ist. Das Innere hat nicht mehr viel mit der Wohnung gemein, welche sie zwei Tage zuvor durch einen Türspalt erahnen konnten: Statt eines engen, mit Büchern zugestellten Raumes blicken sie in eine herrschaftliche, sicher 50 Quadratmeter durchmessende Bibliothek. Große Flügeltüren geben den Blick auf angrenzende Räume frei. Von Vanfitz ist nichts zu sehen. Percy betrachtet voller Faszination die Bücher direkt am Eingang. Das erste Buch, nach dem er greift, löst in ihm Gefühle des Wiedererkennens aus: Emeline Fitzroys „A World without Doors“. Seine weitere Betrachtung eines medizinischen Buches mit dem Titel „A Horse by Degrees“, dessen Vorbesitzer im Umschlag als G. Castaigne, H. Castaigne und A. Castaigne vermerkt sind und eines kleinen, in Leder gebundenen Notizbuches wird jäh von einem warnenden Ruf Parkers unterbrochen: Ohne es zu bemerken, hatte sich Percy mehrere Meter vom Eingang entfernt. „A Horse by Degrees“ unter dem Arm geht er zurück zum Eingang. Das hier ist Arbeit für einen neuen Tag. Zu Hause betrachtet Parcival die Hygromanteia, jenes schwere, in Draht gebundene Buch, welches er aus den Korridoren im vierten Stock mitgenommen hat. Teilweise in antiquiertem Französisch, größtenteils in Latein verfasst, muss es sich um eine gut und gerne 500-600 Jahre alte Handschrift handeln, die von blauen Kugelschreibernotizen in englischer Sprache verunstaltet wird. Doch mangels Konzentration beschließt auch er, ein genaues Textstudium auf den nächsten Tag zu verschieben. Keiner der vier Agenten schläft diese Nacht besonders gut. Seltsame Träume suchen sie heim, doch von allen am schlimmsten trifft es Parker: Ein monotones Trommeln vermischt sich mit einem pochenden Kopfschmerz und dem Geräusch des Telefons in seiner kleinen, temporären Unterkunft in den Räumen des New Yorker FBIs. Wie ein visueller Tinitus haben sich die Bilder in seinem Kopf festgesetzt: Eine Gasmaske, die ihm das Atmen erschwert, Blut an seinen Händen. die beiden Gestalten auf dem Boden, feinsäuberlich das Gesicht vom Schädel getrennt und die schmutzige, gelbliche Tapete an der Wand, in die ein Symbol geritzt scheint … Der Radiowecker zeigt 5.30, als sich die Stimme am anderen Ende der Leitung mit brüchiger Stimme meldet. Thomas Wright, der Vater der Verschwundenen. Er hat die Nummer von Giuradanda erhalten und scheint getrunken zu haben. Schwach bittet er um Informationen. Irgendetwas, positiv, wie negativ, solange es ihm nur Klarheit verschafft. Seine Worte werden zunehmend unzusammenhängend. Er sei ganz allein. Er hätte nie mit ihr in diesen Laden gehen dürfen. Damals, kurz vor ihrem Tod, hätte seine Frau es ihm mit aufgerissenen Augen entgegengeschrien: „Er will mein Kind, Tom, HALT IHN AUF!“ Als der Radiowecker um 6 klingelt und Ace of Base mit ihrem Mega-Hit „The Sign“ spielt, hat Parker Wright bereits höflich, aber bestimmt abgewürgt. Von einer alles andere als erholsamen Nacht gezeichnet und einem visuellen Tinitus gleich das gelbliche Muster der Tapete vage vor Augen geht er den Gang herunter zu Preston, der sich ebenfalls gerade (wenn auch sichtlich ausgeschlafener wirkend) zum Aufbruch bereit macht. Gemeinsam frühstückt man bei einem nahen italienischen Bäcker, bevor man sich um kurz nach acht mit den andern beiden trifft. Schnell kommt man darin überein, dass weitere Recherchen Not tun, bevor man sich erneut auf in das Gebäude macht. Gemeinsam verbringt man den Tag folgerichtig in der New York Public Library. Preston will vor allem den seltsamen goldenen Käfern auf den Grund gehen, während Parker versucht die Samenkapseln zu identifizieren. Beide Unterfangen verlaufen wenig erfolgreich, doch wo Preston nach gut acht Stunden mit gutem Gewissen sagen kann, dass diese Spezies der Botanik nicht bekannt zu sein scheint, starrt Parker hilflos auf Abbildungen von Pflanzensamen, unfähig, sich zu konzentrieren. Die anderen beiden wenden sich in ihrer Nachforschung deutlich okkulteren Gefilden zu: Parcival widmet sich der Hygromanteia, welche er nunmehr aufmerksam studiert. Mit Percys Hilfe und einigen Lateinwörterbüchern fallen ihm starke Parallelen zur Ars Goetia auf. Auch hier scheinen 72 Dämonen inklusive ihrer Siegel beschrieben. Percy weiß, dass ein Buch des gleichen Titels gelegentlich als Urschrift des Goetia-Texts betrachtet wird und hat das vage Gefühl, etwas zu übersehen, sodass er sich mit einem Stapel Bücher zurückzieht. Währenddessen betrachtet Parcival die Kugelschreiberkommentare eingehend, doch sie verbleiben kryptisch: Beneath BROADALBIN is a door Bael and Wilde each Ambrose and the child in the pavilion costumes Boat down into the fog lake to the real city Bottles contain secrets as individual as those marked upon them All drawn in, closing in a dance, like a loop, leading to the masquerade Als Percy immer noch keine Anstalten macht, zurückzukommen, stolpert Parcival an einem der Bibliotheksrechner über eine amateurhafte Webseite namens http://demonweb101.com/ zutage, die Einträge über jeden einzelnen der 72 Dämonen der Ars Goetia beinhaltet. Vor allem der Text zu PURSON erinnert Parcival auf unangenehme Weise an jenen verwahrlosten Obdachlosen, der eine Schlange um seinen Hals tragend ein Hupkonzert mehrerer Taxis provozierte: Purson is a Great King of Hell, being served and obeyed by twenty-two legions of demons. He knoweth of hidden things, of lost treasures, and of all things past, present, and future. Occupying either a human or aerial body, he answereth truly of all secret and divine things of Earth and the creation of the world. Purson is depicted as a man with the face of a lion, carrying a ferocious viper and riding a bear. Before him, there can be heard trumpets sounding. Dann endlich hat Percy gefunden, was er suchte: Während der Ursprung des Buches unbekannt ist, schreiben gewisse Autoren die Urheberschaft einem gewissen Augustus Chastaigne oder seinem Sohn, Gabriel Castaigne zu. Doch nicht nur das, durch reinen Zufall stößt er auf ein Exzerpt eines anonymen Briefes, der an John Dee adressiert gewesen ist: A wonder shewn newly upon the worlde, an insect wrought in finest gold, as a gyft to the [unleserlich], of which he spent many yeeres gazing upon in the watches of the night. So recht weiß niemand der vier, was all das bedeuten soll. Doch die Sonne steht tief und allen ist klar, dass sie auch diese Nacht noch einmal zurück ins Macallistar gehen müssen. Eine Bibliothek wartet auf sie. Bevor es gänzlich dunkel geworden ist, widmen sie sich den letzten verbliebenen Artefakten an der Wand in Abigales Wohnung. Reich ist die Ernte nicht: Als letztlich nur noch das Funkgerät zwischen Epoxyt-Resten verbleibt, sind es ein irritierendes Foto eines älteren Paares mit ausgeritzten Augen, die ein Abgleich der Akten als Abigales Eltern identifiziert und zwei seltsame, auf (anscheinend nicht dem BROADALBIN zugehörigen) Servietten in minutiösem Detailgrad gezeichnete Mechaniken, die mit den Worten LEO und ESCRIBAR beschrieben sind. Während Parcival mit wachsendem Unbehagen auf die Fotografie starrt, blickt sich Percy um: Die in einer Beweismitteltüte verstaute PURSON-Glpyhe ist verschwunden. Schließlich ist die Sonne vollends untergegangen. Die Treppe nach oben beschreitend spürt Parker einen Blick in seinem Nacken. Carun beobachtet sie durch die nur spaltbreit geöffnete Tür seines Appartments. Er hält im Gang nach oben inne und beschließt, ihn zu konfrontieren. Der übernächtigt wirkende Autor ist vollkommen neben sich und empfängt die Gruppe wild mit einem Messer fuchtelnd, Daumen und Zeigefinger der anderen Hand aneinander gepresst und Parker entgegengereckt. Schließlich glaubt er zu erkennen: Ein gerissenes Haar, dass Carun über seine Türschwelle geklebt hatte, um Eindringlinge ausfindig zu machen. Percy gelingt es die Situation zu entschärfen: Sie hätten den Mann in Weiß gesucht, der sich laut Karte in seinem Zimmer aufhalten solle. Carun lässt das Messer verdutzt sinken, hatte ihn doch bereits Abigale kurz vor ihrer Abschiedsparty anlässlich des Umzugs eine ähnliche Frage gestellt, kurz nachdem sie das Buch mit dem Stück ins Haus gebracht hatte. Natürlich hätte er den Mann gelegentlich gesehen, aber er sei nicht hier und es nie gewesen. Da Carun das illegale Eindringen in seine Wohnung nicht weiter thematisiert, verabschiedet sich Parker schnell und geht mit den anderen zügig nach oben. Gerade, als sie Vanfitz Tür öffnen wollen hält Parcival inne. Er erinnert sich an seinen Traum, in dem er, Louis Post, sich seine Hände abhackte, um diese alleine weiter zeichnen zu lassen. Doch Posts Tür ist verschlossen und Percy und Parker drängen darauf, erneut in die Bibliothek vorzudringen. Vanfitz Tür ist weiterhin unverschlossen und gemeinsam tritt die Gruppe hindurch. Der Anblick gleicht dem der gestrigen Nacht. Bücher über Bücher an den Wänden, im Raum selbst Tische und Stühle, voller abgestellte Getränke und gerade in Aschenbechern platzierter Zigarren und Zigaretten. Während sich Preston und Parker zurückhalten, sind die anderen beiden fasziniert. Parcival greift auf gut Glück ein Werk aus einem der Regale an der rechten Wand des Saals heraus – ein Kinderbuch, welches den Titel „Maude geht zum Maskenball“ trägt. Während er das surreale Werk durchblättert, vernehmen die anderen gedämpftes Stimmengewirr aus dem rechten Nachbarzimmer, Lachen, das Knacken des Kamins. Parker kann das Gefühl nicht unterdrücken, beobachtet zu werden. Währenddessen fühlt sich Percy von einem Titel an der gegenüberliegenden Wand angezogen und entfernt sich vom Rest der Gruppe: Die Geschichte der Russo-Germanischen Hegemonie (1911-1921), ein historisches Ereignis, welches ihm vollkommen fremd ist. Ein erster Blick hinein hilft nicht weiter: Die Beschreibung von Schlachten, Konferenzen und Armeen hat Parallelen zur Realität, aber divergiert an unzähligen kleinen wie großen Punkten. Vollkommen gefangen genommen nimmt Percy nicht zur Kenntnis, wie sich die Tür auf der linken Seite des Raums öffnet. Parker schreit ihm noch eine Warnung zu und rennt auf ihn zu, doch es ist zu spät. Mit einem wütenden Schrei stürzt sich Vanfitz, bewaffnet mit Pfeffersprax und einem Tomahawk, auf ihn. Eine tiefe Wunde zeichnet seine Schulter, als ihn das Beil trifft und mit tränenden Augen geht er zu Boden. Die anderen ziehen ihre Waffen, doch Parker geheißt ihnen, nicht zu schießen. Vanfitz beschimpft Percy derweil als Dieb und zwischen zusammengebissenen Zähnen presst er hervor, dass er das Buch zurückstellen wollte. Für einen kurzen Moment wirkt sie irritiert, dann herrscht Parker sie an, die Waffe fallen zu lassen, was sie ignoriert. Stattdessen rennt sie durch die Tür auf der linken Seite hindurch, die hinter ihr ins Schloss fällt. Parker braucht einige Minuten, um Percy mit Schmerzmitteln und erster Hilfe wieder halbwegs auf die Beine zu bringen. Niemand will unter den aktuellen Vorzeichen eine weitere Konfrontation riskieren und so entscheidet sich die Gruppe, ihre Erkundungen vorsichtig durch die rechte Tür hindurch fortzusetzen, jener Seite, von der die lachenden Stimmen zu hören gewesen waren. Der Raum ähnelt dem ersten, Bücherregale, Sessel, Stühle und Tische erwecken eine behagliche Atmosphäre. Diese wird noch von einem luxuriösen Steinkamin an der Stirnseite verstärkt, über dem ein einzelner Tomahawk hängt, welches wohl vormals dekorativ gekreuzt gewesen war. Kein Mensch ist zu sehen, nur das Knistern des Feuers zu vernehmen. Parcival studiert erneut die Bücher an den Wänden und steckt ein Englisch-Tartessianisch-Wörterbuch ein. Ebenso fasziniert ihn eine Statuette eines lebensecht dargestellten Fisches, gefertigt aus purem Gold, die achtlos neben einer angebrochenen Flasche Brandy auf einem der Tische zurückgelassen wurde. Doch Parker erstickt jedweden Gedanken daran, das Artefakt mitzunehmen, im Keim. Stattdessen beschließt man, durch die einzige weiter Tür im Raum hindurchzugehen. Dieser stellt sich jedoch als Sackgasse heraus: Eine mit identischen Büchern zugestellte Kammer. Parcival nimmt eines der Exemplare näher in Augenschein. „Die Bibliothek des Träumenden“ von Louis Lam (Harcourt Brace 1941) über einen Landstreicher, der Bücher verspeist. Auf der Seite, die er aufgeschlagen hat, steht in großem Detailreichtum jener Traum beschrieben, in welchem er als Louis Post seine Hände abtrennte. Auf dem Rückweg ist die Fisch-Statuette verschwunden. Parker verdächtigt Parcival, sie entgegen aller Warnungen doch eingesteckt zu haben. Die Situation droht zu eskalieren, als er ihn dazu auffordert, seine Taschen zu leeren. Doch alles, was er darin findet, ist ein wild zappelnder Fisch. Man redet nicht weiter über den Vorfall Doch schnell stellt man fest, dass nicht nur das goldene Kunstwerk, sondern auch die Tür im ersten Saal, durch welche Vanfitz der Gruppe entronnen war, nicht mehr aufzufinden ist. Generell scheinen sich auch darüber hinaus einige Details im Raum unmerklich verändert zu haben. Mit einem unguten Gefühl öffnet Percy die Tür aus Vanfitz‘ Wohnung heraus. Anstelle des Flurs des Macallistars blickt er auf einen langen, von zahllosen Zimmertüren gesäumten Hotelgang. Ein bulliger Mann mit einem Knöpfhemd tritt aus einer von ihnen hervor. Die Agenten nicht weiter beachtend geht er durch die nächste Tür, eine Zahl zu sich murmelnd. Als Preston ihm hinterhereilt und die zugefallene Tür erneut öffnet, blickt er nur in ein leeres Hotelzimmer. Einige Minuten später tritt er wieder in den Gang hinaus, zielstrebig zur nächsten Tür schreitend. Er nimmt den vor ihm stehenden Preston augenscheinlich zur Kenntnis, doch ignoriert ihn mit einem höflichen nicken. Mangels Alternativen beschließt die Gruppe, dem Gang bis zu seinem Ende zu folgen, wo sich eine Tür in mehr als 50m Entfernung von den anderen in ihrer Farbgebung abhebt. Vor ihr ein Schild. Könnte es Antworten bereithalten? Je näher man kommt, desto besser kann man die Schrift entziffern: „Fahrstuhl defekt“. Percy öffnet die metallene Tür. Tatsächlich, ein leerer Fahrstuhlschacht. Percy drängt darauf, ihn an einem in der Mitte baumelnden Stahlseil zu erklettern. Sei Abigale nicht nach oben gezogen? Doch Parker blockt ab. Zu gefährlich, selbst wenn man die bizarren Umstände, in denen sie sich befinden, außer Acht lässt. Am Fahrstuhl bildet der Flur des Hotels eine T-Kreuzung und während Parker und Percy miteinander diskutieren, öffnet Preston die erste Zimmertür zur rechten: Ein normales Hotelzimmer, wie jenes, welches er zuvor gesehen hatte, doch ist die Bettdecke zerwühlt und voller Blut. Mit etwas, das Parker kurz darauf als Lymphflüssigkeit identifizieren wird, ist in großen Lettern WO IST MEINE FLASCHE an die Wand geschrieben worden. Preston stutzt. Etwas ist unter die Laken gestopft: Zwei Schrotflinten, Parcival, der hinter ihm in den Raum getreten ist, nimmt eine an sich. Doch das ist nicht alles: Ein stabiler, etwas altmodischer Koffer. Er enthält 150000 Dollar, Serie D 1933, ebenfalls voller Blut. Während er die Aneignung der Schrotflinte nicht weiter zur Kenntnis nimmt, blockt Parker jeden Versuch, den Koffer mitzunehmen, systematisch ab. Vor der Tür vernimmt Percy derweil ein dumpfes, rhythmisches Geräusch, das im Gang widerhallt. Als die anderen wieder aus dem Raum voller Geld und Blut heraustreten, hören sie es ebenfalls. Parker will die Gruppe führen, doch ein Ziel hat er nicht, die Gruppe scheint sich ihm folgend kaum von der Stelle zu bewegen. Parcival hingegen verspürt eine Intuition, als er sich darauf konzentriert, zurück zum Eingang kommen zu wollen, doch bevor er einen klaren Gedanken zu fassen vermag, zerreißt ein Ruf aus einem benachbarten Zimmer schräg gegenüber das Schweigen, welches sich zwischen den Agenten auszubreiten begonnen hat: „ICH INVOZIERE UND RUFE DICH, OH GEIST PURSON UND MIT DER MACHT IHRER MAJESTÄT GEHORCHE MEINEN BEFEHL, DURCH BERALANENSIS, BALDACHIENSIS, PAUMACHIA, UND APOLOGIAE SEDES.“ Es mutet fast wie eine Beschwörung an, doch selbst der neuerdings mit überlegener Feuerkraft gesegnete Parcival verspürt kein Bedürfnis, der Invokation auf den Grund zu gehen. Stattdessen führt die anderen weiter, ein Stück zurück in einen Quergang, an dessen Ende eine Tür liegt, die (seines Erachtens nach) vielversprechend aussieht. Doch als er nur noch wenige Meter entfernt ist, ertönt eine Glocke und er hält in der Bewegung inne, als ihm der tiefe Ton durch Mark und Bein fährt. Die Tür wird aufgerissen und eine Gruppe von Gestalten in silbernen Kostümen bricht aus ihr hervor und rennt durch den Gang, in die den Agenten entgegengesetzte Richtung. Als Parcival an der Tür angekommen ist, sind sie bereits außer Sicht. Er öffnet sie und blickt in einen leeren Ballsaal, aus dem ihm eine sanfte Melodie entgegenklingt. Auf der Bühne – eine einzelne, mit traumhafter Anmut tanzende Gestalt, bedeckt von einem langen, weißen Schleier, der die Einzelheiten ihrer Erscheinung verhehlt. Unter Parkers geflüsterten Mahnung zur Vorsicht nähert er sich voller Faszination der Erscheinung. Keine Ansprache gebietet der Tänzerin Einhalt oder zeitigt auch nur die geringste Reaktion. Nur wer sie länger beobachtet, bemerkt, wie ihre Bewegungen nach und nach langsamer werden und die von unsichtbarer Stelle gespielte Musik mit ihr. Schließlich verstummt der Klang und die Verschleierte verharrt mit übermenschlicher Körperspannung mitten in der Arabesque. Direkt vor ihr stehend berührt Parcival sie vorsichtig und sie zerspringt vor seinen Augen in tausend Teile. Zahnräder, Federn, feinmechanische Gegengewichte und Schwungräder. Auf jedem einzelnen von ihnen findet sich die gleiche Signatur: G. Castaigne, FR 1433. Er steckt eines von ihnen ein und folgt seiner Intuition zum Ausgang hinter der Bühne. Ein weiterer Hotelgang breitet sich vor ihm und den anderen, die ihm folgen, aus. Auf dem ersten Blick so „normal“ wie alle vorangegangenen scheinend, vermittelt sein Aufbau ein irritierendes Gefühl der Falschheit. Auf den zweiten Blick wird es klarer: Winzige Details sind nicht so, wie sie sein dürften, der Abstand zwischen den Türen ist minimal ungleich, ihre Rahmen ein Mu schief, der Teppich endet ein Stück zu früh… Doch es ist schwer, all dem weitere Aufmerksamkeit zu widmen, im Angesicht des massiven medizinischen Rollbetts, welches direkt in der Mitte des Weges platziert ist und welches vollkommen aus der Szenerie herausfällt. Auf ihm, durch schwere Riemen fixiert, liegt ein Mann Anfang-Mitte 30. Er scheint die Agenten nicht sehen zu können, doch vernimmt er ihre Schritte und Stimmen, was ihn zu verstören scheint. Er fordert sie sichtlich verzweifelt auf, ihn loszumachen, als das Bett unter seinen angsterfüllten Schreien langsam aber sicher in den Boden herabsinkt. Parker rennt zum Rollbett und versucht genau das, doch seine Finger greifen durch die Fesseln. Als er ihn nach seinem Namen fragt, bezeichnet er sich als Vega, um sich kurz darauf zu korrigieren: Er hieße Michael Witwer und arbeite für die DEA. Er wolle nicht sterben und sie sollten seiner Freundin Ophelia etwas ausrichten, doch der schwarze Schlund, der sich ihm Gang geöffnet hat, hat ihn bereits zu tief eingesogen, um ihn noch vollends zu verstehen. Das letzte, was Parker zu hören glaubt, bevor er gänzlich in der Finsternis verschwindet, ist ein einzelnes Wort: „V-Cell“. Die anderen können nur zusehen, während Witwer einen ungewissen Schicksal entgegensinkt. Selbst am hartgesottenen Parker geht dies nicht spurlos vorbei. Parcival versucht sich derweil erneut zu besinnen. Deutlicher als zuvor fällt nunmehr die Schiefe der Türen und die Asymmetrie des Ganges auf. Etwas kann nicht stimmen: Seine Intuition sagt ihm, dass er… nach unten gehen soll? Doch als er sich umblickt, sieht er einige Meter hinter sich eine schmucklose Tür im Boden, aus der ein massives Rattern dringt, darauf die Aufschrift „PROJEKTORRAUM“. Er tritt hindurch, die anderen hinter ihm. Das Rattern, welches von einem Projektor ausgeht, ist ohrenbetäubend und unterdrückt jedes Wort. Eine augenscheinliche Sackgasse, wenn man von der Lücke in den kinoartigen Saal absieht, auf dessen Leinwand die Projektion zielt. Percy blickt durch sie hindurch: Das Bild auf der Leinwand kann er nicht erkennen, zu grell ist das Licht. Doch der Saal liegt klar vor ihm: Gemütliche, großzügige rote Sessel und ein edwardianisch verspieltes Dekor erwecken eher Assoziationen an ein Theater. Alle Plätze sind leer, mit einer Ausnahme. Direkt in der Mitte blickt ein einzelner, in ein gelbes Gewand gehüllter Gast konzentriert auf die Leinwand. Langsam beginnt er sich umzudrehen und seine Maske abzusetzen, während er Percy direkt anblickt. Mit einem Sirren erstirbt das Rattern. Alles ist stockdunkel. Es riecht verbrannt. Parker kramt seine Taschenlampe hervor, um für Licht zu sorgen. Doch statt des schmalen Lichtkegels, den er erwarten würde, erhellt plötzlich ein massiver Scheinwerferspot die Position der Gruppe. Kurz geblendet, sehen sie, dass aus dem Kino ein Theater geworden zu sein scheint, das Parker an seine Kindheitstage erinnert. Der Saal ist dieses Mal voll besetzt: Reihe um Reihe blicken ihnen stumme Marionetten entgegen. Dann, ein weiteres Spotlight. Auf ein Stück Zeitungspapier, in der Mitte der Bühne. Eine gespannte Stille legt sich über das Publikum. Preston löst sich aus der Gruppe und auf den Spot zu, während ihm ein weiterer Scheinwerfer folgt. Ein ausgeschnittener Artikel. Er hebt ihn auf. Vom jungen Asa Daribondi, immer öfter als Chicagos eigenster "Picasso der Architektur" bezeichnet, soll man Großes erwarten. Die seltsamen Gebäude, die ihm seine Träume und Fantasien bescherten, haben begonnen, wohlhabende Gegenden in der Nähe des Sees zu bevölkern, und es heißt… Der Artikel bricht ab. Einer Intuition folgend, dreht Preston ihn um und sieht ę̵̲̰̱͍͎͖̙̜̰̳̫͠ͅs̶̲͚̯̍͆̈́́͂. Auf einmal stehen seine drei Gefährten direkt vor ihm, in einem dem Publikum zugewandten Halbkreis und jeder von ihnen fragt ihn, ohne dass er sich selbst daran erinnern wird, die einzige Frage, die im Moment von Bedeutung ist: „Hast du das G̸̡̞̲̰͈̗̙̹̠̞͋̋͒̄̀̀͌̕ͅȇ̷̮̗͚̝͙̤̣̗͍̤̠͇̤͍͘ḽ̶̛̟̮̫͉̟̥̜̲̱̠͈̀̅͌̐̌͊ͅb̵̢̺͙͇̘̖̬͓̰̞̩̟̆̐̓̅̋ę̸͈͔̫́̈́̈̒́̓ ̴̨͎̭͓̟̤̤͇̕Z̴͔̞͎̜̼̗̀͂̑̅͝ͅe̸̢̠̣̓͐̓̏̄̐̓͆̿̎̃̉̌͝͠ͅi̴̥̜̺͈͎͊̐̄̽̆͑̄̈́̆ͅc̶̢͓̓̈́̃̇̒̔̒̐̓̃̓͠͠͝h̴̡͎͔͖̲̝͔͍̲͍͗̒̑͜͜ę̶̢̥̲̥̺̰̭̹̹̹͙͍͖̽͠n̷̨̧͓͎̙͚̻̺̠̺͛̌́̒̀̌̿̏̉̾̚͜ ̴̟̟͎̙̻͉̥̘̪͎͕̥̣͚̂͛̀͋̀̊̀̾̕͜ gesehen?“ „Hast du das G̶̡̡̢̝͔͆͊̚ẹ̴̛̉̃͂̌̓l̸̜͚̬͛b̴̠̣̟͎͔̋̀͜ȩ̷͎͖͎̲͗͑͌͋̚͘ ̶̜̋̕̕Z̶̧̏̍͋͘e̷̫͌̏̿̍̓i̶̱̓̎̀̐͒̎c̵͇̳̺̭̞͛͂̓̓̐h̶͎̊͊̾ẻ̵̲̰͈̰̤͖̋̂͛̑͝n̵͔͍͙̙̽́͑̍̍̃ ̶̧̱̺̱͈̓ gesehen?“ „Hast du das G̴̡̢̮̗͙̣̗͙̣̯͙̼̳̈̅̿̕͠ȩ̶̨̢̨̮̳͍͎̪̼̖̦̥̯̯̳̘͍̝̱̻͙̣̘̲͉̰̮͉͖̮̙͓̓̈́̐͜ľ̵̡̲͈̬̯̩̫͈̳̥͎̖̣̺͇̳͙̥̙̲̳̼̆́b̶̛̖͇̗͎͙̗̻͎̫͕̰̺̠̺̞͎̩͕̝͓̘̜̳͍̙̬͍̜̬̳͇̃͐̑̇̌́́̊͗̂͋̊̈̅͒͆̿́͌̾̍̌̄̀́̐̀̈́͘̚͜͝͝ͅę̷̡͕̮̱̯͈̞͚̜̘̦̗͈͖͉͈̒́͘ ̴̢̛̠̖̞̜̬̗̩̠͓͖̗̦̙͈̙̹̜̘̳̈́̉͑̿̈́ͅͅẐ̵̢̧͔̝̖̤̞̮̝̥̖̝̝͔̙̘̩̭͉̜̠̼͖̳̩̘̺̤̘͉͎̙̝̰̣̣̯͂̄͐̀̋̈́̑͒̓͐̏̆̑͒͊̔̍͂̈̀̒̈͆̽̏̒̅͐̎́̎̓͐̊͘͘͜͝͝͝͠ͅĕ̷̢̘͚̜̬̔́̀̍̂̊̓̈̿̌̆͊̓̿̔̔̆̈́͂̀͒̈́̕̚͜͠͝͝į̶̧̡̢̛͕͓̜̰̝̼͇̮̣̞͉̩͚͍͙̦̣̥̮͚̟̦̖͕̠̰̟̬͎̝̦̙̭͖̼̌̾̅̊͑̽́̀̑̇͝ͅc̶̡̡̨̢͎̼͚̞̞̤͓̩̲̜̳̭̘̞̻̳͔̥̦̻̖͎̫͈̙̫̲̮̣̩̟̬̘͉̹̏͛̋̽̋̉̈͛͘͜͝ͅͅh̵̢͙̞̪̙̠̯̘̞̬̗͇̣͎̙̠̰̝̳̭̳̘̥̬̻̣̘̹̐̌̈́̈́͒̃͛̀̌̄̎̆̎͂̂̽̇̔͜͝e̸̖̻̫̜͚̗͓͖̝̝̞̮̤̮͖̮̥͇̭̪͇̞̮͎̖̹̭͉̘̼̟͚̿̍̀̈̉̊̉͐̎͆̈̅͂͒̂̒̍̿́͌̀̽̽̽̆̀͛̍̈́̐̓̿̿̓̄͗̾͘̕͜͠͝͠͠ñ̶̢̧̡̡̛̙̟̩̦̬̯͙̗͈̞͎̣̣̞̻͕̩͚͍̘̝̖̳̥̪͓̜̱̱͕̩̥̼̮̯̬͕̀́̂͊͊́́̅͛̈̃̃́̓͌̉͋̈́͋̀͋́̓̎̌̈́̓̐̑̿̍̈́͛̚̚̕͜͠͝ ̷̢̡̧̡̢̨̢̛̦̩̞͕̦̰̦̮͎̖̰̟̤͈̜̲̖̞͔͍̿̊͆̊͊͂̀͌̃̍̌̊́̇͑̋͐͆̑̉̽̍̎̈́̿̂͋̓̓́̈́̏͆̿̍̌̋̄̕͠͝͝ͅ gesehen?“ Stummer, tosender Applaus aus der Menge der Marionetten. Die Agenten wachen schweißgebadet in den Sesseln der Smoking Lounge auf. Roark schnarcht vor sich hin. Aufgeklappt hält er ein halb heruntergerutschtesBuch, welches schwarz-weiße Illustrationen enthält, darunter gerade aufgeschlagen einen nackten Torso (ohne Arme, ohne Beine) mit einem maskierten Kopf, der in einer komplexen Lederkonstruktion hängt, darunter, wie an einem Mobile, baumeln vier ca. 1m lange, baseballschläger-breite, in weißen Stoff gehüllte Bündel. Die Lederkonstruktion endet oben in einem dicken Brokattau. Eine Frau in spärlicher, aber stark aus der Zeit gefallener Kleidung, deren Kopf nicht mehr im Bild ist, steht auf einer mit Stoff ausgekleideten Holzleiter und scheint an irgendetwas zu hantieren. Am Rande steht ein der Zeit entsprechend gekleideter Gentleman - in der einen Hand ein Drink, in der anderen locker an seine Seite geklemmt ein Zeichenblock. Das Gesicht ist unzweifelhaft jenes von Parcival. Aus dem Buch scheint ein Lesezeichen herausgerutscht zu sein: Parker hebt das gefaltete, schreibmaschinenbetippte Blatt auf. Die letzte Seite des Stücks. Die Tür hinunter ins Macallistar ist angelehnt. Sie gehen heraus, ein letzter Blick zur Tür, wo laut der Karte von Abigales Wand die Leiche liegen soll. Niemand ist zu sehen. Doch dann bemerkt Preston einen kleinen, achtlos an den Rand der Türschwelle geworfenen Zettel: CAMILLA: Look then, beyond the footlight of the moons, To upturned faces, lost in wonder, why here? Why now? CASSILDA: So they might know the joy of the author’s intent, and the certainty found in an exit, well-deserved.
  17. Ich habe mich ja schon gelegentlich als Fan von Delta Green geoutet. Das System hat sowohl regeltechnisch als auch im Hinblick auf das Setting zahlreiche Vorteile gegenüber CoC. Aber IL ist weder mit klassischem CoC noch mit den sonstigen DG-Szenarien vergleichbar. Der Horror geht stark ins Surreale und liefert eine ausgesprochen faszinierende und verstörende Interpretation des König in Gelb, die weit über das hinausgeht, was man aus der klassischen Mythos-Deutung gewohnt ist. Eher Twin Peaks - The Return oder Jacobs Ladder als True Detective. Darauf muss man sich einlassen. Und die Vorbereitung dieses annähernd 400-seitigen Monstrums ist eine definitive Herkulesaufgabe, die einen gelegentlich an der eigenen geistigen Stabilität zweifeln lässt. Aber ich garantiere, dass es das wert ist: IL ist ein wahrlich einzigartiges Gesamtkunstwerk. Es gibt absolut nichts auf dem Markt, was auch nur in Ansätzen damit vergleichbar ist und die Lektüre des Bandes ist auf Grund des grandiosen Layouts und der herausragenden Illustrationen schon für sich genommen ein Erlebnis. Das Teil wird dieses Jahr sämtliche Ennies abräumen. Insofern: Herausragende, absolut originelle, wenn auch mehr als weirde Story, hohe Spielbarkeit (zumindest soweit wir bisher gekommen sind, der Rest macht von der Lektüre her einen eigentlich noch besseren Eindruck), aber extrem hohe Komplexität, sowohl für SL als auch Spieler. Selbst, wenn man sich am Ende dagegen entscheidet, die Kampagne zu leiten, kann man sie aber auch ganz vorzüglich als massiven Ideensteinbruch für eigene KiY-Szenarien in DG oder CoC benutzen. Gleichwohl sei eine Warnung ausgesprochen: Wer sich einmal an diese Interpretation des Königs in Gelb gewöhnt hat, wird Schwierigkeiten haben, die meisten CoC-Abenteuer mit vergleichbarer Thematik noch zu würdigen.
  18. Das sieht ja wirklich sehr vielversprechend aus und ich freue mich schon darauf, die Kampagne zu backen. Eine ganz banale Frage hätte ich allerdings noch: Da ich demnächst mit meiner Gruppe eine größere HPLHS-Bestellung aufgebe und mit dem Prop-Set liebäugele, würde es mich interessieren, was durch die Handouts (Standard + Stretchgoals) denn abgedeckt wird. Lohnt sich der Kauf da noch, wenn ich das CF unterstütze?
  19. Night Floors II [Gute Güte, diese Berichte ufern langsam ein wenig aus. Aber es ist eben auch wirklich viel passiert...] Die Sonne steht bereits tief, als die Agenten die Wohnung von Caruns Lektorin Carmen Wagner verlassen und sich auf den Rückweg zum Macallistar-Building machen. Wie bereits am Vortag stehen sie unter den stets wachsamen Augen der Betongargyllen auf dem Dach vor dem angedeuteten Fallgitter, welches die Tür des Gebäudes überspannt und versuchen, sich über das weitere Vorgehen einig zu werden. Sollen sie Carun mit Carmens Nachricht konfrontieren, von der sie sich klugerweise eine Kopie gezogen hatten? Alle stimmen der Idee grundsätzlich zu, doch Percy weist auf einen befremdlichen Riss hin, auf den er in einem der leeren Kellerräume gestoßen war und der auch mit einer starken Taschenlampe nicht erhellt werden konnte. Vielleicht könnte man mit Hilfe einer kleinen Kamera einen genaueren Blick in die Untiefen hinter der Wand werfen? Preston erklärt sich bereit, die Sache in Augenschein zu nehmen, muss dafür allerdings die notwendige Ausrüstung improvisieren, was eine knappe Stunde dauern könnte. Während Preston sich an die Arbeit macht, versucht der Rest der Gruppe die Wand in Abigales Zimmer weiter auseinanderzunehmen, nachdem man sich vom immer noch etwas unwirschen Thomas Manuel den Kasettenrecorder für die Konfrontation von Carun ausgeliehen hat. Eine unbefriedigende Tätigkeit, bei der Percy, Parker und Parcival nur langsam vorankommen. Erneut meldet sich währenddessen das Walkie-Talie zu Wort: „Exeter“. Handelt es sich bei den kurzen Meldungen um Ortsnamen? Kurz bevor die Teleskopkamera zusammengeschaubt ist, macht Parcival zumindest einen weiteren Fund: Eine seltsame Karte eines Gebäudes, an deren unteren Ende mit einem X „J.L. Bottle“ vermerkt wurde. Als Preston hereinkommt, um den anderen Bescheid zu geben, bemerkt er das Blatt in Parcivals Hand und wird stutzig. Erneut handelt es sich um einen Notizzettel, der mit dem Emblem des Hotels BROADALBIN versehen ist. Im Keller führt Percy die anderen in den leeren, knapp 10 Quadratmeter durchmessenden Raum, in dem er den Riss vorgefunden hatte. Und in der Tat ist die hässliche, am weitesten Punkt gut 3 cm durchmessende Spalte in der Wand nicht zu übersehen. Preston führt seine Konstruktion, welche eine Miniaturkamera, eine Metallstange und eine Taschenlampe mit viel Klebeband kombiniert, soweit wie möglich in die Dunkelheit ein. Ein knapper Meter, dann ist das Ende des Stabs in seiner Hand erreicht. Der Riss scheint sich nach hinten heraus zu erweitern und so versucht er die Kamera so weit wie möglich zu schwenken, doch ein rumpeln, das kurz darauf einem massiven Poltern weicht, gibt ihm eine gerade noch rechtzeitige Warnung: Geistesgegenwärtig zieht er die Kamera zurück, bevor Gestein die Spalte nach gut 10 cm verschließt. Das Band würde später am Abend, sobald sie wieder in den Räumen des FBI wären, ausgewertet werden. Als die Gruppe wieder durch die Kellertür heraus auf die New Yorker Straße zurückkehrt, ist es bereits dunkel. Percy geht voran und will an Caruns Tür klopfen, doch dieser öffnet sie im gleichen Moment, anscheinend im Aufbruch begriffen. Auf Nachfrage teilt er leicht enerviert mit, dass er sich auf dem Weg „nach oben, zur Party“ befände. Das Band von Carmen gerät ob dieser Nachricht für einen Moment in Vergessenheit und Percy fragt, ob die Agenten sich anschließen könnten. Zuerst ist Carun verdutzt, dann zuckt er mit den Schultern und geht zügig voran, hinauf in den dritten Stock, zur Tür, welche aufs Dach hinausführt. Erneut hört die Gruppe gedämpfte Musik, die lauter wird, als Carun die Tür öffnet. Für einen Wimpernschlag kann man an ihm vorbei den Blick nach drinnen, in einen erleuchteten Raum mit roter Tapete erhaschen, doch dann fällt die Tür hinter ihm ins Schloss. Erneut geöffnet, verheißt sie nur den Blick in die warme New Yorker Sommernacht. Percy ist außer sich. Enttäuscht geht die Gruppe zurück nach unten, um in den Räumen des FBI das Video des Risses in Augenschein zu nehmen, doch im ersten Stock hören sie Geräusche aus Louis Posts Zimmer – Stimmen. Nach wiederholtem Klopfen öffnet ein verschwitzt wirkender Post die Tür. Die Agenten warten nicht auf eine weitere Einladung, sondern treten an ihm vorbei in die Wohnung. Von einem Gesprächspartner ist nichts zu sehen, doch der zuvor unter dem Bett versteckte Spiegel mit seinem massiven, ziselierten Eisenrahmen dominiert nunmehr an die Wand gelehnt das Arbeits- und Schlafzimmer. Post ist anders als zuvor. Manisch, nervös, doch gleichzeitig offener, wissender als zuvor: Als sie ihn nach Carun fragen, bringt er schnell seine nächtlichen Streifzüge in „den Salon“ ins Gespräch. „Abby“ sei ebenfalls „nach oben“ gegangen. Während Post spricht, streift Parcivals Blick durch den Raum. Auf Posts Zeichentisch fallen ihm eine Reihe von Skizzen ins Auge, die er mit Interesse genauer betrachtet. Eine Entscheidung, die er schnell bereut: Die Bilder, seltsame Kohlezeichnungen, kennen nur ein Motiv: Grausam zugerichtete, ausnahmslos ertränkte Kinder, manche wohl nur wenige Tage oder Wochen alt, andere bereits im Grundschulalter – einmal in einem Bad, dann in einem kurzen Flur, an einem Fenster, vor einem Bett – das Ambiente gemahnt an eine zusammenhängende Hotelsuite. Gelegentlich ist ein Schatten zu sehen, eine Gestalt zu erahnen. Ein Mann. Post ist begeistert und will den kunstinteressierten Agenten durch die gesamte Reihe hindurchführen, doch Parcival eilt aus der Wohnung, während er nur mühsam seinen Brechreiz unterdrücken kann. Unter gemurmelten Verabschiedungen folgen ihm die anderen. Da der für die Konfrontation geliehene Kasettenrecorder nach Caruns Verschwinden „nachoben“ wohl fürs erste nicht mehr benötigt wird, will Percy ihn Manuel zurückgeben, doch das Klopfen an seiner Wohnungstür bleibt unbeantwortet. Die Agenten finden ihn schließlich im Keller - er malt weiter an seinem „größten Werk“. Auch durch die geschlossene Kellertür sind gedämpfte Stimmen zu vernehmen, doch der Künstler ist alleine in seinem Atelier. Allerdings muss „Sami“ wohl mittlerweile hier gewesen sein, denn die für sie bereitgestellten Farbeimer sind verschwunden, wie man durch den von Manuel verstellten Türrahmen erkennen kann. Dieser hat kein Interesse, Percy oder einen der anderen einzulassen. Doch auf Nachfrage ist auch er gerne bereit, über Abigale Auskunft zu geben, die seines Wissens nach mit einem Enzyklopädienvertreter nach oben, in den sechsten Stock gezogen sei – ein Fakt, den die Polizei und das FBI trotz mehrfacher Hinweise seinerseits bisher geflissentlich ignoriert hatten. Doch auf die Frage, wie sie selbst „nach oben“ gelangen könnten bleibt er vage und abweisend, wird gar aggressiv und beginnt rhythmisch mit seinen Fingern zu schnippen, bis die Agenten ihn schließlich in Ruhe lassen. Gemeinsam fährt die Gruppe zum FBI, um sich die Aufzeichnung der Kamera aus dem Riss mit Hilfe eines Videorecorders anzusehen. Preston führt die anderen in das Büro, dass er im Rahmen der Operation temporär zur Verfügung gestellt bekommen hat. Auf seinem Schreibtisch findet er ein Memo. Es ist die Archivauswertung der Seriennummer des Funkgeräts, um die er gebeten hatte. Sie ist einem gewissen Private Labolas zuzuordnen, killed in action 1944, während der Ardennenschlacht in der Nähe von Reims. Währenddessen organisiert Parcival einen TV-Displaywagen. Alle warten gespannt, während er die Videokassette einführt. Es ist weniger als eine halbe Minute Bildmaterial, bis durch eine unbedachte Bewegung ein Steinschlag das Bild versperrt, doch in dieser Zeit bietet sich den Agenten ein wahrhaft bizarrer Anblick: Sie starren in ein labyrinthisch anmutendes Netzwerk von natürlichen Tunneln, die geologisch unmöglich unter dem McAllistar-Building liegen können. Auf Hüfthöhe sind sie durchzogen von roh in den Stein gehauenen Alkoven, in deren Innern sich unzählige… Flaschen befinden. Tatsächlich – Flaschen: Bauchig, flach, klein, groß, aus den verschiedensten typischen Materialien bestehend und teils abenteuerlich geformt. Sie durchziehen die sich verzweigenden Gänge, soweit das Licht der Taschenlampe sie erhellen kann. Der nächste Tag. Man vereinbart ein extra frühes Treffen um sieben Uhr morgens, doch von den Seltsamkeiten des vorangegangenen Abends ist nichts mehr zu bemerken. Davon unbeirrt macht sich die Gruppe ans Werk: Tagsüber will man endlich mit der Wand vorankommen, während nachts ein Zugang nach „oben“ gefunden werden soll. Die systematische Destruktion von Abigales Werk fördert bis zum Mittag eine ganze Reihe von Seltsamkeiten zu Tage: Einen handgeschriebenen Zettel, der vier kurze Verse (let the red dawn surmise/what we shall do/when this blue starlight dies/and all is through) in Noten setzt, kommt Parcival vage bekannt vor, bis ihm einfällt, dass es sich um einen Zeilen des kanadischen Poeten Bliss Carman handelt, den sein Vater sehr geschätzt hatte. Parker (der schon die ganze Zeit ein gewisses Gefühl der Beobachtung nicht abschütteln kann) ist sichtlich irritiert, als er ein Flugticket aus der Wand fischt, welches auf einen gewissen MICHAEL WITWER im Jahr 2015 ausgestellt ist. Percy schließlich findet den augenscheinlichen Ursprung der ganzen Operation, als er ein okkultes Symbol auf einem stück Pergament entdeckt. Gerade, als er es lösen will, durchdringt ein markerschütternder Ton den Raum und alle Zucken zusammen. Vor dem Fenster hupen mehrere Automobile ununterbrochen, als ein wild und obdachlos aussehender, älterer Mann der eine Würgeschlange gleich einer Stola über den Schultern trägt, die Straße vom Haus weg überquert. Von dieser ungerührt schaut Percy sich das Zeichen näher an. Als Kenner okkulter Texte kann er es schnell einordnen: Es handelt sich um eine alte Glyphe der abendländisch-magischen Tradition, mit welcher ein mächtiger Dämon namens PURSON herbeigerufen werden soll. Percy wirkt ob dieses Fundes fast schon enttäuscht – nach allem, was bisher passiert ist, hätte er mit etwas Handfesteren als obskurer Esoterik gerechnet. Doch die Idee, dass es möglicherweise wirklich irgendeine abstruse Form von Glyphenmagie sein könnte, die für all das hier verantwortlich ist, lässt die Gruppe nicht los. Könnte vielleicht ein arkanes Symbol an der Tür zum Dach erklären, warum sie scheinbar ein Portal bildet? Parker und Percy beschließen, diese Hypothese zu prüfen und den Aufgang einer genauen Untersuchung zu unterziehen. Die beiden sind gründlich, doch am Ende ist klar, dass keinerlei Zeichen an der Tür oder in ihrem Umfeld angebracht ist. Doch während der Untersuchung bemerkt Parker aus den Augenwinkel etwas Seltsames: Eine der eigentlich verschlossenen Türen zu den leeren Wohnungen im zweiten Stock ist ganz offensichtlich nur angelehnt. Alarmiert gibt er Percy ein Zeichen und gemeinsam schleichen die beiden in Richtung Tür, um sie schließlich vorsichtig zu öffnen. Der Raum dahinter ist komplett leer, abgesehen von einer dichten Schicht seltsam unförmigen Konfettis, die den gesamten Boden bedeckt. Parker erinnert es an die Geburtstage seiner Kindheit - so etwas wird heute gar nicht mehr produziert. Als Percy durch die Tür tritt, bemerkt er noch kurz, wie etwas, das er nicht sehen kann, schnaufend auf ihn zu rennt, da ist er auch schon von einem unsichtbaren Mastiff zu Boden gedrückt worden, der ihm das Gesicht abzuschlecken versucht. Der Agent lässt es geschehen – die Kreatur scheint beim besten Willen nicht feindselig gesonnen zu sein. Derweil bemerkt Parker eine weitere Seite des Stücks, deren weißes Papier zwischen den Konfettifetzen hervorlugt. Nachdem Preston sich daran erinnert hatte, dass er bereits vorgestern Abend eine Kamera in Abigales Wohnung angebracht hatte, nutzt er die Gelegenheit, um Parcival alleine an der Wand arbeiten zu lassen und stattdessen die Aufnahmen zu sichten. Mit Ausnahme der Gruppe hat niemand in der gesamten Zeit den Bildausschnitt betreten. Preston ist schon kurz davor, die Aufzeichnung enttäuscht als Fehlschlag beiseite zu legen, da bemerkt er etwas: Für einen kurzen Moment in der letzten Nacht war die Spitze eines weißen Schuhs im Bild zu sehen. Eine halbe Sekunde später lässt sich bei einer genauen Prüfung der einzelnen Frames eine Gestalt erahnen, die, in einen weißen Anzug gekleidet und einen weißen Aktenkoffer tragend, durch den Flur in Richtung Bad läuft, bevor sie das Sichtfeld der Kamera endgültig hinter sich lässt. Preston will Parcival von seinem Fund berichten, doch dieser scheint vollkommen neben sich zu stehen. Mit seinem Skizzenbuch auf den Knien zeichnet er hochkonzentriert eine Art Emblem von einer Serviette ab, die er zuvor Abigales Werk entnommen hatte. Er zeigt es mit offenkundiger Faszination Preston. Was genau dieses Symbol darstellen soll, lässt sich nur schwer erfassen. Ein Siegel? Eine Schlange? Gleichwohl zieht der Anblick Preston in seinen Bann und evoziert ein überraschend starkes Gefühl der Melancholie in ihm. Er könnte schwören, dass es sich gerade bewegt hat. In diesem Moment sind Schritte auf der Treppe zu hören, als Percy und Parker begleitet von einem zumindest für Parcival vollständig sichtbaren Hund in Richtung von Abigales Wohnung schreiten. Im engen Flurbereich von Abigales Wohnung drängen sich die vier Agenten. Einem unwillkürlichen Impuls gleich fühlt sich Preston genötigt, den anderen beiden die Serviette mit dem Symbol zu zeigen. Während Percy zwar irritiert, aber letztendlich wenig berührt wirkt, trifft Zeichen der Anblick mit voller Wucht. Mühsam versucht er sich gegen die obskuren Emotionen zu wehren, die dieses Siegel, welches vage an einen Zweig… oder einen Drachen? erinnert im ihm auslöst und herrscht Preston an, was er sich dabei dächte, potentiell gefährliche unnatürliche Artefakte den anderen Mitgliedern der Gruppe geradezu ins Gesicht zu drücken. Preston entschuldigt sich, sichtlich irritiert über sein eigenes Verhalten. Auch Percy und Parker können den Hund jetzt sehen… Noch drei Stunden bis Sonnenuntergang. Ein letztes Mal will man sich in einer konzertierten Aktion der Wand widmen, welche mittlerweile bereits deutlich leerer wirkt. Erneut sind seltsame, abgehackte Sprachfragmente aus dem Walkie-Talkie zu hören. „SEERE“ und eine Stunde später „DALLAN“. Percy ist sich mittlerweile sicher, dass es sich um Ortsnamen handelt, aber über ihre Bedeutung kann er ebenso wenig wie die anderen mutmaßen. Ansonsten kommt die Gruppe langsamer voran als zuvor – nur Preston kann einen interessanten Fund vorweisen: Eine handgezeichnete Karte des MacAllistar-Buildings, auf welcher neben einer ganzen Reihe bizarrer Anmerkungen, wie „Rosen und Butter“ Zugänge in die „NIGHT FLOORS“ vermerkt sind – in einer der Wohnungen im ersten Stock, sowie an der Tür zum Dach… Über die seltsame Karte gebeugt verlieren die Agenten die Zeit aus den Augen und als sie sich auf ihre Abendpläne besinnen, ist es bereits 20:27. Die Sonne ist untergegangen. Die Tür zu Caruns Wohnung ist erneut nicht zur Gänze geschlossen, sondern nur angelehnt, doch der Autor selbst hat das Appartment bereits verlassen. Gedämpfte Musik ist von oben zu hören. In Begleitung des Hundes atmen die vier tief durch, bevor sie erneut ihr Glück versuchen und durch die Tür zum Dach hindurchtreten. Und tatsächlich – die Musik wird lauter als sich die Gruppe in einem eleganten Rauchersalon wiederfindet. Bequeme Sessel, burgunderrote Tapete, unterbrochen von einer großen Bücherwand, ein angenehmes Kaminfeuer, ein begehbarer Humidor und eine offene Bar bieten sich den Agenten dar. Ein Grammophon in der Ecke spielt „Heartaches“ von Al Bowly, ein Song, der gleichwohl nur Laszlo noch vage aus seiner Kindheit bekannt vorkommt. In den Sesseln sitzen zwei Männer, die Percy für einen Moment verdutzt anblicken, als er als erstes den Raum betritt. Einer von ihnen ist Carun in seinem Bademantel, der seine Überraschung schnell überwindet und den Agenten, die nun endlich doch den Weg gefunden hätten, mit einem Martini zuprostet, der andere ein rundliche Mann mit schrecklichem Toupet in einem billigen Frack, den Carun als Mark Roarke vorstellt. Sein Blick ruht für noch einen weiteren Moment mit einem ungläubigen Staunen auf Percy, bevor er ihn mit dem Überschwang des Wiedersehens zweier alter Freunde begrüßt und mit den anderen zur Bar führt: Er hätte nicht gedacht, dass er ihn jemals wiedersehen würde, nachdem sie aus „der Klapsmühle“ und vor den Agenten entkommen und gemeinsam den Weg zu „den Tunneln“ gegangen wären. Schließlich hatte er doch sein Fläschchen gefunden! Als Percy entgegnet, dass es sich um eine Verwechslung handeln muss, schwingt Roarks Jovialität zuerst in ein Flehen um – er müsse ihn zurück ins Labyrinth bringen! – um kurz darauf Zorn zu weichen: Es müsse sich bei Percy wohl um einen „Betrüger“ handeln. Ein Drink, den er seinem vermeintlichen Freund gerade gemixt hat, landet in Percys Gesicht als Mark aus durch eine Tür hindurch aus dem Raum stürmt. Der Hund scheint sich in der Raucherlounge sichtlich wohl zu fühlen und ignoriert das Drama, in dessen Mittelpunkt Roark gerade stand, während er zufrieden Wasser aus einem kunstvoll gearbeiteten Napf schlabbert, der anscheinend für ihn bereit gestellt war. Carun hingegen ist von der Reaktion seines Trinkkumpans peinlich berührt und entschuldigt sich für dessen hitziges Gemüt. Gleichwohl könne Mark sie zu Castaigne, dem Nachtverwalter, führen, nachdem sie ja schon seit einigen Tagen suchten. Carun will gerade zu einem Monolog über die vortrefflichen Zigarren im Humidor anheben, da kommt Roark zurück. Sich für seine impulsive Reaktion entschuldigend ist er gerne bereit, die Agenten zu Castaigne zu führen, wenn sie das wünschen. Bevor sie zusammen mit Mark die Lounge verlassen können, hält Carun sie noch einmal zurück und zieht eine zusammengeknüllte Seite des Stückes aus der Tasche seines Bademantels, die er ihnen gerne anvertraut. Auf verschlungenen Pfaden führt Roark die Gruppe durch die labyrinthischen Gänge eines… edwardianischen Hotels, die sich hinter der Raucherlounge erstrecken. Zimmertür gereiht an Zimmertür zieht vorbei, während Roark zielgerichtet immer weiter geht, einmal hier nach links abbiegt, dort durch eine Personaltür tritt, eine Treppe heraufgeht, dann wieder herunter. Einer Märchenfigur gleich versucht Parker mit einer Spur aus Konfetti, die er hinter sich zurücklässt, die Orientierung zu behalten, bevor Mark schließlich vor einer unauffälligen Tür ohne Zimmernummer stehen bleibt, an der in bronzenen Lettern das Wort „NACHTVERWALTUNG“ eingeprägt ist. Mark verabschiedet sich in guter Stimmung von den Agenten, die an Castaignes Tür klopfen und von einer ältlichen Stimme hereingebeten werden. In einem engen, schmucklosen und zugestellten Zimmer begrüßt ein höflicher älterer Herr die Gruppe. Ein wenig gemahnt er an einen kleinen, verhutzelten Einstein, der die 80 bereits überschritten haben muss, doch der seltsame, leichte Akzent, der jedes seiner Worte zeichnet, ist eher russisch als deutsch (nach seiner Aussage „tartessianisch“) und seine Kleidung entspricht eher der eines Gentlemans des späten 19. als eines Wissenschaftlers des frühen 20. Jahrhunderts. Über und über sind Boden, Aktenschränke und der Schreibtisch von Zeitungsstapeln bedeckt, die Preston beäugt: Keine Ausgabe ist neuer als 1940, teils tragen sie bizarre Titel: New York Tribune 1.7.1923: „Russo-Germanischer Pakt bröckelt, Wien befreit!“ The Mirror 12.12.1937: „Oberhaus beschließt Liberalisierung der Sterbehilfe – Suizidkammern nach amerikanischem Vorbild in Planung“ Derweil unterhält sich Percy mit Castaigne, der zwar stets korrekt ist, aber kein großes Interesse an ausschweifender Kommunikation zu haben scheint: Ruhig aber lustlos beantwortet er jede Frage, die man ihm stellt: Er arrangiere Zimmerzuweisungen und „was sonst so anfällt“ – Rohrleitungen reparieren, etc. Sein Vorgesetzter sei der „Superintendent“, den er nicht näher benennt. ARTLIFE und Miss LeChance seien ihm hingegen nicht bekannt und für eine Begegnung mit seinem Vorgesetzten seien die Agenten „nicht bereit“. Er kenne sowohl eine Abigale Wright als auch einen Asa Daribondi, erstere sei mittlerweile in eines der oberen Stockwerke gezogen und letzterer wäre seit seiner Pro-Bono-Renovierung des Gebäudes ein gern gesehener Gast des Broadalbin. Selbst die Zimmernummer des Autors kann er ihnen nennen. Aber nein, Zimmer selbst könne er nicht vergeben, dafür müsse man schon zur Rezeption ins Erdgeschoss. Nur einmal zeigt er eine darüber hinausgehende Regung: Parcivals Blick ruht auf den Wänden, an denen verblichene Schwarz-Weiß-Fotografien aus einem wohl längst vergangenen Krieg hängen, doch dann bemerkt er einen Türspalt, der die Sicht in ein schwach beleuchtetes Schlafzimmer eröffnet. Auf dessen Bett erkennt er vage ein riesiges Bündel loser, handgeschriebener Notizen. Als der Nachtverwalter dies bemerkt verengen sich seine Augen: Das Erbe sei seine Sache. Als die Gruppe schließlich Castaignes Büro verlässt, ist Roark bereits gegangen. Doch Parker ist zuversichtlich, dass er auch ohne ihn mit Hilfe der Spur aus Konfetti den Weg zurück durch die labyrinthischen Korridore des… Broadalbin? finden kann. Je weiter er den bunten Papierfetzen auf dem Boden folgt, desto mehr überkommt ihn jedoch ein nagendes Gefühl des Zweifels: Alles liegt zwar exakt da, wo er es zurückließ, um den Weg zu rekonstruieren… doch da ist nicht länger der gleiche Weg wie zuvor. Die Gänge winden sich in andere Richtungen, die Zahlen der Türen sind nicht länger die gleichen und wo zuvor eine Treppe nach oben führte, reicht sie nunmehr nach unten. Die anderen bemerken Parkers zunehmendes Unwohlsein. Gerade, als er ihnen zu erklären beginnt, dass sie die Orientierung verloren haben, hört Parcival plötzlich eine Stimme hinter sich. Ein livrierter Diener oder Kellner spricht ihn an. Niemand versteht seine Worte, doch allen ist klar, dass er ihnen einige der Horsd’œuvre anbietet, die auf einem Tablett, welches er fachkundig auf seiner Handfläche balanciert, ruhen. Parcival und Percy nehmen sich je eine der kleinen Gelatinewürfel. Als Percy den seinen vorsichtig kostet, schmeckt er ein angenehmes Zitrus-Aroma, doch kann sich gerade noch zurückhalten, bevor er auf etwas beißt, dass in der wackelpudding-gleichen Substanz versteckt war. Er spuckt es aus. Ein kleiner, goldener Käfer. Angewidert packt er ihn in ein Beweismitteltütchen. In Ermangelung einer Alternative beschließt die Gruppe, der falschen Konfettispur weiter zu folgen, bis sie schließlich an eine Kreuzung gelangen. Das Konfetti führt nach links, Treppen nach oben und unten und eine weitere Abfolge endloser Hotelzimmertüren nach rechts. Nach kurzem Zögern fällt erneut die Entscheidung pro Konfetti. Türen auch hier, doch werden sie unterbrochen von einer Art Gallerie, schwarz-weiße Porträts auf beiden Seiten des Weges. Jeder der abgebildeten hält ein leeres Fläschchen in der Hand, auf welchem ein Name notiert ist: A. DARIBONDI, E. LOSETTE, J. LINZ, D. WHEELER, E. MOSEBY, D. CARVER, G. TOPCHICK, H. LUNDINE, und weitere. Ganz am Ende fällt ein leeres Gemälde ins Auge: Keine Person, nur eine Flasche am Boden. Der auf ihr eingeprägte Name: J. THAL. Das Konfetti führt weiter und endet vor einer massiven Doppeltür. Doch die Gruppe geht an ihr vorbei: Immer höher zählen die Zimmernummern, 391, 393, 395… sie wollen wissen, ob sie die 400 übersteigen, doch dem Gang weiter folgend steigt die Ziffernfolge erneut ab, um bis zum in weiter Distanz zu erahnenden Ende des Korridors wohlmöglich noch mehrere Male an- und wieder abzuschwellen. Mit wachsender Irritation gehen die Agenten zurück zur Konfettispur, doch auf halbem Weg öffnet sich plötzlich eine Tür. Zwei von Brandnarben übersäte Arme, die in weißen Handschuhen münden, stellen eine Holzkiste auf den Gang. Vage kann man anschwellenden Applaus aus dem Raum erahnen, bevor die Geräusche mit dem Knallen der Tür jäh verstummen. Parcival und die anderen eilen, um die Kiste näher in Augenschein zu nehmen, doch aus jenem befremdlichen, in altertümlichen Französisch verfassten und in Draht gebundenem Buch, welches sie aus dem staubigen Holz herausheben werden sie ebensowenig schlau wie aus den 12 fremdartigen Samenkapseln in Glasphiolen und dem billigen Mantelcape aus silbernem Plastik, der sie bedeckt. Innerhalb der Gruppe herrscht Unsicherheit, ob man der Konfettispur durch die Doppeltür weiter folgen sollte, doch am Ende reißt Percy die Tür auf, welche den Blick in einen riesigen Ballsaal freigibt und schreitet voran, die anderen auf den Fersen: Die Decke verschwindet in Dunkelheit, doch aus jener undurchdringlichen Finsternis rinnen Fäden zum Parkettboden der Tanzfläche und den kleinen, Tischen in der Nähe der Bar herab. Hunderte, tausende müssen es sein, jede in einem künstlich anmutenden, lebensgroßen Marionettenleib mündend und von unsichtbarer Hand geführt. Dieses seltsame Schauspiel verleiht dem Saal zusammen mit einer grammophonisch-kratzigen, nur scheinbar von Marionettenhand gespielten Swing-Ballade ein bizarres, andersweltliches Ambiente, ein Unleben, durch das hindurch die Agenten der Konfettispur nicht weiter folgen wollen. Als sie sich umdrehen und durch die Doppeltür erneut heraus in den Hotelgang treten, zieht sich dieser in beide Richtungen dahin, doch weder die Gemäldegalerie, noch das Konfetti ist zu sehen. Stattdessen führen in fünfzig Metern Entfernung zwei Treppen nach oben, während der Weg an ihnen vorbei gerade weiterläuft. Die Zimmernummern scheinen ihre Positionen nach Belieben zu tauschen und mangels Alternativen entschließt sich Parcival die Treppe hinauf ins Unbekannte zu gehen – solle dort nicht schließlich Abigale zu finden sein? Doch es hilft nichts – der Weg nach oben mündet nur wieder im dritten Stock, direkt vor den ungläubigen Augen der anderen, die sehen, wie Parcival eine Treppe von unten her zu ihnen hinaufsteigt, die doch, wie in einer bizarren optischen Täuschung, gerade eben noch nach oben geführt hat. Verzweiflung und Misstrauen machen sich breit. Verwirrt und ohne jede Spur des Rückwegs brüten die Agenten über ihre Situation. Wird sie nicht jeder weitere Schritt nur noch tiefer in die wirren und wandelnden Korridore führen, die aus dem Macallistair-Building des Nächtens aus der Welt zu ragen scheinen? Mit einem Mal – Schritte. Schüsse, der Geruch von Schießpulver, der Lärm mehrerer in schneller Abfolge gefeuerter Schrotflinten. Aus jahrelanger Erfahrung heraus geht Parker sofort in Deckung und behält die Situation im Auge: Am Ende des Ganges, weitere 30 Meter vor ihnen, erahnt er mehr als dass er sie wirklich sehen würde, eine Gruppe von männlich anmutenden Gestalten, ihre Gesichter von… Gasmasken? bedeckt, die Waffen im Anschlag jemandem oder etwas hinterherzujagen scheinen, bevor sie kurz darauf in einem Quergang verschwunden sind. Das Spektakel dauert nur wenige Sekunden, dann herrscht erneut Stille. Vorsichtig tastet sich Parker näher an den Ort des Schusswechsels heran. Um die Ecke, auf dem Boden liegend, sieht er zwei Körper, die ihm im ersten Moment wie Leichen scheinen, doch auf den Zweiten Blick klar als menschengroße Marionetten zu erkennen sind. Einzelne Bahnen roten Krepp-Papiers drängen aus „Wunden“, die augenscheinlich an Schrotmunition erinnern sollen. Neu anmutende Brieftaschen identifizieren die beiden: Eric K. Carter (Dokumente 1953 ausgestellt) und Ronald Burbach (Dokumente 1955 ausgestellt). Für einen kurzen Moment fühlt sich Parker den beiden unförmigen Gestalten auf eine befremdliche Art verbunden, doch dann verfliegt das Gefühl, als die anderen zu ihm aufschließen. Irritation und Verwirrung wachsen nach diesem surrealen Intermezzo nur weiter, während die Agenten durch die Flure des Hotels irren. Irgendwann kommt Percy der Gedanke, nach Fenstern Ausschau zu halten – sie sind selten, doch nach gefühlten Kilometern des Wanderns durch die schier unendlichen Korridore entdeckt er eines. Die Ernüchterung ist groß, als es nur, einem Terrarium gleich, den Blick auf ein Zimmer freigibt, dessen Balkontür in einem Ballsaal mündet, auf dessen gegenüberliegender Seite er eine weitere Doppeltür zu erkennen glaubt. Ein letzter, verzweifelter Gedanke überkommt Parcival: Was ist, wenn diese Gänge keiner materialistischen Logik folgen, sondern sich dem Willen der sie Durchirrenden dienstbar machen kann? Parcival besinnt sich mit all seinem Wollen auf den einen Gedanken – zurück zum Rauchersalon und übernimmt die Führung über die abgekämpft wirkenden Agenten. So fokussiert ist er auf seine Intention, dass ihm die sechs wirr vor sich hinbrabbelnden Gestalten in Krankenhauskleidung mit Barcodes auf ihren Armbändern kaum auffallen, die mit gesenkten Köpfen schlaff an der Gruppe vorbeitorkeln. Die anderen folgen Parcivals schnellen Schritt, sodass auch sie die Geisteskranken kaum eines Blickes würdigen. Eine Frau Anfang 40 kommt Preston vage bekannt vor, doch bevor er einen weiteren Gedanken an sie verschwenden kann, haben sie den Zug der Narren passiert und Parcival rennt voran auf eine einzelne Holztür zu, reißt sie auf und der Geruch von Tabak steigt ihm in die Nase. Endlich zurück. Roark und Carun sitzen entspannt in ihren Sesseln, ersterer in einem Buch blätternd, dass die Agenten von ihrer Position aus nicht einsehen können. Der Hund springt hinter der Bar auf und rennt bellend auf Parker zu. Den Aussagen der beiden nach war die Gruppe erst vor wenigen Minuten im Büro von Mr. Castaigne verschwunden, doch bevor es zu einer umfassenderen Konversation kommen kann, fragt Percy Roark, wie sie denn zur Rezeption kommen könnten, was dieser nur mit einem wütenden Hinweis auf das Erdgeschoss quittiert, bevor er in den Humidor stapft. Mit dem Hinweis von Carun, doch besser nicht über eine (offensichtlich nicht vorhandene) Leiche auf der Türschwelle zu stolpern, treten die Agenten zurück in die scheinbar normale Welt.
  20. Wertes Forum, aus meiner Leidenschaft für Delta Green heraus überlege ich gefühlt jedes halbe Jahr einmal, ob es sich nicht anböte, die klassische Innsmouth-Kampagne, die im bekannten Sturm auf die Küstenstadt kulminiert, zu leiten. Voller Begeisterung beginne ich dann stets aufs neue Küstenstadt am Teufelsriff und Sturm auf Innsmouth durchzublättern und finde mich ernüchtert: Während die Flucht aus Innsmouth und die bereits angesprochene Militäroperation zweifellos die letzten beiden Kettenglieder einer Kampagne bilden, lassen mich die anderen Abenteuer ein wenig ratlos zurück. Man kann sicherlich jeweils eines von ihnen leiten (das Crawford-Erbe oder Der Einsame im Sumpf begeistern mich zwar beide nur so mittel, aber taugen zumindest für den Einstieg), aber warum um alles in der Welt sollten die Investigatoren sich nach der sicherlich recht einschneidenden Erfahrung eines der beiden Szenarien überlebt zu haben, noch einmal nach Innsmouth begeben? Die sonstigen Threads zum Thema haben mir nicht wirklich eine Antwort geliefert. Deshalb die Frage in die Runde: Wie habt ihr das gehandhabt? Seid ihr direkt von einem der Einstiegsabenteuer zur Flucht gesprungen oder habt ihr irgendeine Form von langfristiger Motivation für die Charaktere schaffen können? Was ist eures Erachtens nach die optimale Abfolge von Abenteuern aus den zwei Bänden (oder auch gerne aus anderen, deutschen wie englischen Veröffentlichungen), um eine Innsmouth-Kampagne zum Erfolg zu führen? Beste Grüße und danke für eure Einschätzung aeq
  21. Night Floors I Es ist der 9. August des Jahres 1995, als ein Kurier Percy die Nachricht überbringt, dass seine Brieftasche gefunden wurde und er sie um 16.45 am nächsten Tag im Washington Square Park abholen soll. Am gleichen Tag bemerken die anderen drei Mitglieder von P-Cell, dass für den morgigen Tag ein Termin in ihre digitalen Kalendersysteme eingetragen wurde. 16.45 im Washington Square Park. Zwischen unzähligen Touristen, Straßenmusikanten und Artisten fängt Agent Marcus die Agenten einem nach den anderen ab. Gleich einem alten Freund weist er sie mit strahlendem Lächeln und ausgestreckten Armen auf Sehenswürdigkeiten oder eine Britpop-Cover-Kombo hin, die „King Midas in Reverse“ von den Hollies zum Applaus einer kleinen Menge von Zuschauern beendet hat und nun ein Beatles-Medley anschließt. Währenddessen bugsiert er die vier Agenten in Richtung einer abgelegeneren Bank und beginnt, nachdem er sich sicher ist, dass die Gruppe nicht beobachtet wird, mit der Erklärung von OPERATION ALICE. Sie seien demnach zum FBI abgestellt, um bei der Katalogisierung von Evidenz vom Tatort der vermuteten Entführung einer gewissen Abigale Wright zu helfen. Zumindest vorgeblich sollen sie jeden Gegenstand in Abigails Wohnung katalogisieren. Tatsächlich wurde als Teil einer… Kunstinstallation, die sie vor ihrem Verschwinden hinterließ von einem Kontaktmann der Gruppe beim FBI jedoch ein okkultes Symbol am Tatort gefunden. Das eigentliche Ziel besteht dementsprechend darin, den Ort zu untersuchen und zu evaluieren, ob Abigales Verschwinden einen unnatürlichen Hintergrund hat und etwaige Bedrohungen nachhaltig auszuschalten. Unauffällig überreicht Marcus ihnen eine Ledermappe, die Schlüssel, die Akten von Polizei und FBI und einen Zeitungsartikel der New York Post über Abigales Verschwinden Anfang Juni enthält, sowie die notwendigen Dokumente, die sie als offizielle Ermittler ausweisen. Während die anderen mit dem Studium der Unterlagen beginnen und Agent Marcus weitere Fragen stellen, ist Percy abgelenkt. Die Britpop-Coverband ist nicht mehr zu sehen, doch stattdessen hat bereits ein neuer Straßenkünstler einen zugegebenermaßen bizarren Auftritt begonnen: Ein kleiner Clown tanzt zu einem seltsamen Trauergesang, der von einer penetranten Trommel begleitet wird, beides abgespielt von einer zerkratzten, alten Schellackplatte. Der Clown scheint ein Kind von maximal 10 Jahren zu sein, er trägt eine Maske, die sein komplettes Gesicht bedeckt und ein Lächeln mit rechteckigen Zähnen und schwarze Schlitze anstelle von Augen zeigt und hüllt sich ansonsten in einen gelben Coverall voller geometrischer Muster. In seinem Tanz zieht er einen Papierdrachen durch die Luft, mit dem er anscheinend ein Muster nachzeichnet. Percy versucht das Muster geistesabwesend mit einem Kuli auf einer Serviette nachzuzeichnen, doch bevor er damit vorankommen könnte, lässt Agent Marcus Stimme ihn hochschrecken: Er solle sich auf die Mission besinnen. Kurz werden letzte Details geklärt, bevor sich Marcus auf den Weg macht. Als Percy kurz darauf erneut in Richtung der Szenerie blickt, hat sich das Publikum zerstreut und von dem Tänzer fehlt jede Spur. Abigales Wohn- und Wirkungsstätte, das MacAllistar-Building, 210 East 32nd Street, New York, NY, 10016 (drei Stockwerke plus Keller) ist in dem für das Lower Manhattan der 20er typischen Sandsteinstil gehalten, doch mit den angedeuteten, burgartigen Elementen, wie einem falschen Fallgitter, das über der großen Doppeltür erahnt werden kann, den kleinen Zinnen an den Fenstern und den billigen Beton-Gargyllen, die vom Dach herabschauen, wirkt es selbst für seine Zeit hochgradig exzentrisch. Durch die Eingangstür hindurch grüßen im Foyer, einem kleinen Raum mit Marmorverkleidung, Briefkästen, auf dem Boden liegen alte Zeitungen und Pizzakartons den Betrachter. Durch den von schwachen Glühbirnen erhellten und mit in die Jahre gekommenen, roten Samtteppichen ausgekleideten Flur hindurch ist Abigales Wohnung direkt die erste Tür. Der anhand eines massiven Kreuzes um seinen Hals leicht als Katholik identifizierbare Detective Giuradanda, welcher im Auftrag des NYPD die Agenten in Empfang nehmen soll, begrüßt die Gruppe und ist froh, die Feds ihren Job machen zu lassen. Etwas Vergleichbares hätte er noch nicht gesehen und sollten irgendwelche Fragen bestehen, können sie sich gerne telefonisch bei ihm melden. Ehe man ihm viel mehr Fragen stellen könnte, hat er sich bereits auf den Weg gemacht. „Kunstinstallation“ ist ein ausgesprochener Euphemismus für das Testament manisch-methodischer Schaffenskraft, welches die komplette Fensterseite des nahezu komplett von seiner Möblierung befreiten Zweiraum-Appartments dominiert. Wand und Decke sind über und über in Schichten von Papier und Objekten bedeckt, die mit Kunstharzepoxyt ein bizarres, aber nicht wirklich interpretierbares Muster bilden. Das meist kann nicht entfernt werden, ohne Schaden anzurichten und ist entsprechend von der Polizei an Ort und Stelle belassen worden. Zwischen Gebissen, einem Rollstuhl, medizinischen Prothesen, T-Shirts, Schuhen und zahllosen einzelnen Seiten und ganzen Büchern ist das okkulte Symbol, als Auslöser der Ermittlungen nicht direkt erkennbar. Wie um den Agenten zu spotten, steht ein kleiner Karton vor jenem „Schrein“, den Abigale (oder wer auch immer sie entführte) schuf: Man hat ihnen einen vier Polaroid-Kameras, 100 Filmrollen für 800 Fotos, Latex-Handschuhe, Tüten für Beweismittel, Aufkleber und Versiegelungsklebeband zurückgelassen. Eine vollständige Katalogisierung aller Gegenstände an der Wand würde eine Person ohne weiteres acht Tage kosten. Gemeinsam könnten sie es vielleicht an zweien schaffen. Eingeschüchtert von dieser Aufgabe versuchen Parcival und Percy zuerst das okkulte Symbol ausfindig zu machen, welches den Einsatz überhaupt ausgelöst hat, doch stattdessen finden sie zwischen von mit Epoxyd zusammengehaltenen Schuhen und Besteck nur wirre, einzelne Seiten, teilweise aus spanischen Übersetzungen alter Reiseberichte Philbys gerissen, teilweise aus in Farsi gehaltener ökonomischer Theorie stammend. Ähnlich befremdlich sind die Befunde einer weiteren Durchsuchung des Hauses: Eine frische Zimtstange in der Toilette, ein klobiges Rucksack-Walkie-Talkie aus dem zweiten Weltkrieg an der Wand, des einzelne, verrauschte Worte, wie “INDIA” und “MOON” ausstößt, das Bellen eines Hundes, welcher nur von Percy und Parcival gehört wird - jeder Fund wirft weitere Fragen auf. Doch eine vermeintliche Spur ergibt sich, als die Agenten unter dem Teppich im Hausflur ein winziges Richtmikrofon entdecken, das direkt auf Abigales Tür ausgerichtet ist und von dem ein dünnes Kabel unter dem roten Samt hindurch bis zu einer der beiden anderen beiden Wohnungen im Erdgeschoss führt. Während Preston und Parker ihnen den Rücken freihalten, schicken sich die anderen beiden Mitglieder der Zelle an, den Bewohner zur Rede zu stellen. Ein junger mexikanisch anmutender Mann öffnet die Tür zu einem karg bis minimalistisch eingerichteten Apartment. Er stellt sich als Thomas Manuel vor und scheint von dem Mikrofon, dessen Kabel an der Wand seiner Wohnung entlang, an der Plastikzimmerpflanze bis zum leeren Kassettenrecorder neben der teuren Stereoanlage führt, genau so irritiert und überrascht wie die Agenten. Manuel scheint ehrlich unwissend über den Ursprung des Kabels zu sein und sämtliche Verhörversuche des misstrauischen Percy führen ins Leere. Als Parcival seiner Irritation über Manuels Mangel an künstlerischer Ausrüstung im Appartment kundtut, stellt sich allerdings heraus, dass der Nachtverwalter des Gebäudes, ein gewisser Castaigne, ihn einen Kellerraum als Atelier nutzen lässt. Während Parcival ohne großen Erfolg das Zimmer durchsucht, lässt sich Percy das Kelleratelier zeigen: Der nicht mehr als 10 Quadratmeter große, fensterlose Raum wird von einer weißen Leinwand dominiert, die Manuel auf Nachfrage ein wenig verkrampft als „Mein größtes Werk“ vorstellt. Daneben stehen einige Eimer Ölfarbe, die für eine Freundin, eine gewisse „Sami“ bereitgestellt seien. Manuel führt den Agenten lustlos durch einige weitere Gemälde, die an der Kellerwand lehnen: Eine gespenstische Gestalt mit weißem Gesicht, die auf einem aquamarinblauen Teppich in der Mitte einer Feuersbrunst steht. Ein junger, dünner Mann mit zurückgehendem, blondem Haar und einem Krankenhaushemd blickt in einen Spiegeln, in dem ein deformiertes und muskulöses Abbild zu erkennen ist, mit einem entstellten Kopf. Ein tanzender Clown in Gelb und Blau auf einer Bühne, der einen weißen Papierdrachen hinter sich herzieht. Percy erbleicht, doch Manuel verweist nur auf seine Inspiration als Quelle des Motivs. Mangels klarer Ansätze und ohne weitere Funde in seiner Wohnung lässt man Manuel für den Moment in Ruhe und beschließt, Abigales Wohnung weiter in Augenschein zu nehmen. Insbesondere Percy lässt der „Schrein“ an der Wand nicht los. Das Macallistar-Building scheint langsam ihm langsam aber sicher zu Kopf zu steigen, nicht zuletzt nachdem sowohl er als auch Parcival erneut glaubten das Geräusch eines Hundes auf der Treppe gehört zu haben, welcher dort allerdings, wie die anderen beiden und Manuel bestätigen konnten, definitiv nicht war. Es ist kurz nach 8, als die Sonne langsam unterzugehen beginnt. Seit mehr als einer halben Stunde starrt Percy, sorgsam beobachtet von Parker und den anderen auf die Wand, doch es will sich für ihn kein logisches Gesamtkonzept hinter Abigales Kreation erschließen. Frustriert schlägt er vor, dass sie morgen weitermachen sollten und die Gruppe beschließt zu gehen. Auf dem dunklen Flur stehend hören alle vier Agenten knarzende Schritte, die Treppe hinauf. Parker heißt die anderen zu schweigen und gemeinsam schleicht man dem Geräusch in den dritten Stock nach, wo man gerade noch die Tür zum Dach ins Schloss fallen sieht. Parcival und Percy könnten schwören, dahinter gedämpfte Musik erahnen zu können. Parker öffnet sie, doch ist niemand zu sehen, nur die dunkle Leere der New Yorker Nacht. Irritiert macht man sich auf den Weg nach Hause bzw. ins Hotel. Vor seiner Tür findet Janus eine knapp 50*50*70cm durchmessene Holzkiste von Nathan, mit einem Zettel, dass sein Jahrestagsgeschenk mit starker Verspätung endlich angekommen sei. Nachdem Janus die ausgesprochen schwere Kiste in seine Wohnung geschleppt und geöffnet hat, findet er darin eine silbrig glänzende Figur aus poliertem Edelstahl, die an einen Hasen erinnert. Er hatte wohl etwas zu glaubwürdig Interesse an den Werken von Jeff Koons geheuchelt, als Nathan ihn letztes Jahr ins Met geschleppt hatte. Am nächsten Morgen trifft man sich aufs Neue und stellt, mit einem Instant-Kaffee ausgerüstet, einen Schlachtplan auf: Da morgen Samstag sei, wolle man so viele behördliche Erledigungen wie nur möglich in Angriff nehmen. Hierzu zählen ein Besuch bei ARTLIFE, dem Verein, der das Haus vermietet, wie auch ein Abstecher zum Bauarchiv, um die Geschichte des Macallistar-Buildings besser nachzuvollziehen. Den Rest des Tages will man der Wand und den restlichen Mietern widmen. Die unscheinbaren Räumlichkeiten im dritten Stock eines Bürogebäudes, in welchen ARTLIFE tagsüber von 8-16 Uhr erreicht werden kann, sind vom MacAllistar in ein paar Minuten fußläufig zu erreichen. Die afroamerikanische Geschäftsführerin Cynthia Lechance empfängt die Agenten mit einer Tasse Kaffee in einem mit Gemälden und Plastiken gesäumten Meeting-Raum. Sie erklärt ihren Gästen das Konzept der Organisation: ARTLIFE vermietet bereits seit mehreren Jahrzehnten subventionierten Wohnraum an junge Künstler, wobei der Verein von Mäzenen und ehemaligen Geförderten unterstützt wird. Abigale war Ms. Lechance nie weiter negativ aufgefallen und viel mehr könne sie zum Fall nicht beitragen, doch weitere Nachfragen fördern ein befremdliches Muster zu Tage: Seit gut vier Wochen zahle keiner der vier verbliebenen Bewohner des Macallistars mehr seine Mieter. Keiner reagiere auf irgendeine Form der Kontaktaufnahme, selbst Mahnungen würden ignoriert. Lechance ist sichtlich irritiert: Noch nie musste sie ein komplettes Haus räumen lassen, doch es gäbe wohl für alles ein erstes Mal. Derweil stattet Preston dem Bauamt einen Besuch ab und lässt sich gegen eine Schutzgebühr von mehreren hundert Dollar und mit einer ordentlichen Prise Geduld von einem Archivar Kopien sämtlicher Unterlagen zum Macallistar-Building aushändigen. Demnach sei das Gebäude von einem gewissen A. Darabondi im Auftrag von Henri M. Lundine 1924 als privates Anwesen errichtet worden, bevor es nach seinem Tod 1953 renoviert und zu einem Mietshaus umgebaut wurde, um Ende der 60er an ARTLIFE verkauft zu werden. Zwischen den Blaupausen und Kopien zahlreicher weniger interessanter bürokratischen Dokumenten fällt Preston jedoch ein unscheinbarer Notizzettel in die Hände, der dem Emblem nach aus einem gewissen Hotel namens BROADALBIN in New York stammt. Darauf entziffert Preston eine mit verblasstem Kugelschreiber gekritzelte Notiz: „Ich sah die Räume heute in der Abenddämmerung“. Eine kurze Rückfrage an den Archivar belegt, dass es nie ein Hotel BROADALBIN in New York gegeben hat. Mit Epoxydlösungsmittel aus dem Baumarkt ausgestattet, macht sich Parker derweil an Abigales Werk zu schaffen. Immer noch kann das ominöse okkulte Symbol, welches die Untersuchungen ausgelöst hat, nicht aufgefunden werden, stattdessen stößt er jedoch auf ein loses, schreibmaschinenbeschriebenes Blatt, welches anscheinend eine Seite aus einem Theaterstück repräsentiert – ein Stück, das sich um die Bewohner des Hauses dreht, die über Abigales Verschwinden mit einem gewissen Mark Roarke diskutieren, bevor „Bundesagenten“ das Haus betreten. Die Tatsache, dass jenes, definitiv bereits mehrere Wochen alte Stück Papier ihre Ankunft im Macallistar vorhergesehen zu haben scheint, sorgt für Verunsicherung unter den Agenten. Die Befragungen der Bewohner vermitteln den Eindruck, dass keiner der im Gebäude lebenden Künstler ein besonders enges Verhältnis zu seinen Nachbarn (inkl. Abigale) hat bzw. gehabt hat. Alle sind sie jedoch auf ihre Art exzentrische Zeitgenossen. Der mittelalte Sci-Fi-Autor Roger Carun (bekannt durch seine erfolgreiche Reihe NIGHTSEA) empfängt Percy und Parcival in einem ausgesprochen unaufgeräumten, kitschig eingerichteten Appartment in einem Bademantel und wirkt generell fahrig. Exotische, halb getrunkene Likörflaschen stapeln sich. Über Abigale kann er außer seiner Kritik an einer zu lauten Silvesterparty 94/95 nicht viel sagen, ebensowenig kennt er das Stück. Stattdessen spricht er ungefragt über die Vorzüge seiner digitalen Schreibmaschine, die ihm seine Lektorin und Agentin, Carmen Wagner, vergangenes Jahr aufgenötigt hat. Percys Instinkt sagt ihm, dass man Carun nicht trauen kann, doch die anderen halten ihn davon ab, das Verhör ausarten zu lassen. Im Obergeschoss schließt sich ein Gespräch mit der feministischen Lyrikerin Michelle Vanfitz an, gegen die sich Carun als Gastgeber erster Güte ausnimmt. Sie lässt die Agent*innen erst gar nicht in ihre bibliothekisch anmutende Wohnung und mauert, wenn es um Abigale geht, um den lockeren Plausch auf der Türschwelle schlussendlich mit einem Wurf des Inhaltes ihres Papierkorbs in Richtung der Agenten abzuschließen. In diesem findet sich jedoch eine weitere Seite des Stücks, auf welcher ein gewisser Gerard mit Mark Roark über die Existenz eines unsichtbaren Hundes streitet. Parcival ist beunruhigt. Der letzte Bewohner, ein Comic-Artist namens Louis Post, konnte die Ankunft der Gruppe bereits durch das Gezeter seiner Nachbarin erahnen und begrüßt die Agenten deutlich freundlicher, wenngleich seine Wohnung sogar noch dreckiger ist als jene von Carun. Der Zustand seines Appartments scheint Post peinlich zu sein, doch wehrt er sich nicht, als Percy und Parcival sich hereinbitten. Er kann ihnen genauso wenig sagen wie die anderen – Abigale kannte er nur vom Sehen, einmal kam ihr Vater, ein Polizist vorbei und ein Stück über die Bewohner sei ihm nicht bekannt. Ebenso wie die anderen beiden bestreitet er zudem, dass er seine Miete nicht zahlen würde. Erneut ist es Percys Menschenkenntnis, die ihn zögern lässt, Post zu schnell vom Haken zu lassen. Doch eine genauere Untersuchung der Wohnung fördert nicht mehr zu Tage als einen beeindruckenden Barockspiegel, den er unter seinem Bett verfahrt – eine Erbschaft, die des Verkaufs harrt, wie er sagt. Bevor es auf Grund der fortschreitenden Stunde unhöflich werden würde, beschließen die Agenten nach einer kurzen telefonischen Anbahnung, Caruns Lektorin, noch einen Besuch abzustatten, deren Arbeits- und Lebensmittelpunkt in Lower Manhattan ebenfalls fußläufig von Macallistar zu erreichen ist. Carmen Wagner hat von Abigales Verschwinden nur aus der Zeitung erfahren, doch spricht sie frei heraus über Carun: Nachdem sie sich in den letzten Jahren mehrfach seiner Avancen erwehren musste, wurde ihr Kontakt in den letzten Monaten zunehmend erratisch, bevor er mit einer verstörenden Nachricht von Carun am 19. April auf ihrem Anrufbeantworter endete, die sie glücklicherweise noch nicht gelöscht hat: Er spricht vom Fund irgendeines Buches, das irgendetwas… mit dem Haus gemacht hätte, was er nicht beschreiben könne. Nun wolle er sich verabschieden, bevor er nach oben zu „Abby und den anderen“ gehen würde. Seit einigen Wochen erhält Wagner zudem seltsame Anrufe von einer ihr unbekannten Nummer: Eine Männerstimme, die jedes Mal aufs neue sagt „Beginne mit Peter Devoras“ und dann weitere Namen aufzählt. Sie kann sich nicht mehr an Details erinnern und legt mittlerweile automatisch auf, sobald sie die Stimme hört. Nur ein Name war ihr im Gedächtnis geblieben – Lechance?
  22. Home I Es sind zwei unangenehme Wochen, die es braucht, bis die Ermittlungen in Glenridge glaubwürdig zu den Akten gelegt werden können. Die drei Morde verbleiben ein Mysterium, doch das Fehlen eines weiteren Opfers des „Glenridge Chiropractors“ lässt das mediale Interesse an den Vorfällen schnell zurückgehen. Niemand hinterfragt für den Moment das Verschwinden zweier Phenomenon-X-Reporter und Frank Carincola, der Geschäftsführer des Senders, ist nach allem, was seit Groversville passiert ist, klug genug, um zu wissen, wann er den Bogen überspannt hat. Nachdem man sich knapp von Detective Gregson verabschiedet und den letzten Papierkram erledigt hat, geht es endlich zurück in die Heimat. In der Dämmerung kommt Ethan Wilson aka Agent Preston als erster an jenem Einfamilienhaus in den Vororten von Washington an, welches er seit zweieinhalb Jahren alleine mit seinem Vater bewohnt. Der im Wohnzimmer laufende Fernseher taucht den Flur in ein fahles Licht, welches bei jedem der schnell folgenden Senderwechsel kurz zuckt. Ian Wilson sitzt, einer in sich zusammengesunkenen Marionette gleich, in seinem Sessel und nimmt die Ankunft seines Sohnes nur am Rande zur Kenntnis, während er weiter durch das Programm zappt. Kurz kann Ethan vor dem mittlerweile allzu vertrauten Phen-X-Logo das falsche und von Botox in Position gehaltene Lächeln von David Carmichael sehen, welches ihm aus diversen Spielshows erinnerlich ist, die er vor langer Zeit zusammen mit seiner Mutter gesehen hatte. Doch dann wechselt das Bild erneut, bevor Ian beim Glücksrad hängen bleibt. Die Tage vergehen und der nasskalte Frühling weicht abrupt einem überraschend angenehmen Frühsommer. Laszlo Rabel aka Agent Parker hadert schon seit einigen Tagen damit, ob er jenes verlängerte Wochenende Anfang Juni, welches er sich eigentlich für die jährliche Mitgliederversammlung der Washington Anthropological Association freigehalten hatte, nicht vielleicht doch lieber nutzen sollte, um sich eine Auszeit zu gönnen und aufs Land zu fahren. Auch wenn man mit den Jahren abzustumpfen glaubt zehrt doch jede Mission aufs Neue an einem. Bevor Laszlo das Thema gegenüber dem Vereinsvorsitzenden Asa Rey beim öffentlichen Mai-Treffen ansprechen kann, hat dieser ihn schon überschwänglich begrüßt und in ein Gespräch über Belanglosigkeiten verwickelt, bevor der Referent des Abends, ein ältlicher Japano-Amerikaner, der sich als Kazuki Kingu vorstellt, höflich aber bestimmt darauf verweist, dass er mit dem Vortrag beginnen müsste. Und so beginnt der weißhaarige, stets freundlich lächelnde Mann, der die 80 Jahre mit Sicherheit bereits überschritten hat, für die 18 Männer und Frauen, die sich an diesem Abend in ein abgewirtschaftetes Klassenzimmer eines lokalen Community-Colleges begeben haben, über die Kultur und Tradition der Völker Neuguineas zu sprechen. Am Ende lernt man zwar durchaus einiges über die mehreren hundert Volksgruppen der Papua, doch in mit leiser Stimme beiläufig eingestreuten Anekdoten umso mehr über den Krieg der Alliierten gegen das Kaiserreich im Pazifik und die Brutalität mit der beide Seiten gegeneinander und gegen Flora und Fauna Neuguineas kämpften – Himmelfahrtskommandos, Kannibalismus, Folter… Die Kämpfe um Frankreich, von denen Laszlos Vater ihm vor seinem Tod berichtet hatte, waren erbarmungslos, doch im Vergleich zu den Beschreibungen Kingus geradezu zivilisiert. Ein durchgedrehter Deutscher, der während der Ardennenschlacht als Clown verkleidet zwischen den Fronten umhertanzte war einfach nur schwer mit amerikanischen Gefangenen, denen man bei lebendigem Leib die Haut vom Gesicht zog zu vergleichen. Sechs Tage vor der Sommersonnenwende kommt Janus aka Agent Percy am späten Nachmittag aus dem Büro zurück, um in seinem Manhattaner Appartment von großen, in Gold geprägten Lettern, welche „W-E-L-C-O-M-E-J-A-N-U-S“ buchstabieren, begrüßt zu werden, doch es handelt sich nur um eine ironische Dekoration seines Freundes Nathan anlässlich ihres zweijährigen Jubiläums, da sein eigentliches Geschenk nicht mehr rechtzeitig angekommen ist. Auch Janus kann nicht mit großen Präsenten aufwarten und so zelebriert man den Anlass mit etwas LSD. Anfang Juli meldet sich Marie Lutece bei ihrem Sohn Gerard aka Agent Parcival. In schnellen, von französischem Akzent durchtränkten Sätzen erklärt sie ihm, dass seine Großmutter, ihre Schwiegermutter, ins Heim müsste, wie es sich schon lange abgezeichnet hatte. Für die bürokratischen Details würde sie in der zweiten Augustwoche nach Montreal fahren und bei der Gelegenheit das Haus entrümpeln, wofür sie sich über Unterstützung freuen würde. Gerard könnte bei der Gelegenheit auch gerne die Gesamtausgabe der Encyclopédie haben, die er als Kind immer so bewundert und aus der sein Vater ihm gerne vorgelesen hatte. Selbstverständlich sagt Gerard zu, seine Mutter zu unterstützen.
  23. A Victim of the Art II Was tun mit Thomas Dengler? Verfügte er durch die von seinem Großvater geerbte Tontafel wirklich über Fähigkeiten, die es ihm erlaubten, eine Monstrosität zu kontrollieren, welche für die drei Morde verantwortlich zu machen war? Oder folgt die Gruppe einer falschen Fährte? Zusammen mit einigen Nachzüglern aus der Theater-AG verlässt man die Schule und fährt in Richtung einer kleinen Unterkunft vor der Stadt, die auf dem Hinweg ins Auge gefallen war, um sich dort näher zu beratschlagen. Auf dem Weg dorthin sieht man Percy ein gewisses Unwohlsein an. Gerade, als der Wagen die Stadtgrenze überquert hatte, wendet er sich an Parker und berichtet ihm von jener Begebenheit, die dafür sorgte, dass er in der Schule ein wenig neben sich stand: Statt der bunten, von Fünftklässlern grob ausgeschnittenen und auf Karton aufgeklebten Buchstaben, die den Rahmen der Doppeltür zur Bibliothek zierten, um zusammen das Wort “L-I-B-R-A-R-Y” zu formen, hatte er etwas anderes gesehen: In überbordend prunkvoller Stuckarbeit prangten dort die Lettern “W-E-L-C-O-M-E-J-A-N-U-S”, welche sich beim Verlassen des gleichen Ortes zu “F-A-R-E-W-E-L-L-J-A-N-U-S” gewandelt hatten. Parker legt mit dem Wagen eine Kehrtwende hin und fährt sofort zurück zur Schule, während er Percy Vorwürfe macht, die Gruppe nicht gleich über diese offenkundig unnatürliche Begebenheit in Kenntnis gesetzt zu haben. Dort angekommen weicht man im sich verstärkenden Nieselregen mit einer kurzen Bemerkung dem verwunderten Rektor aus, der gerade im Begriff ist, das Gelände zu verlassen und eilt zur Bibliothek, welche dunkel und abgeschlossen auf die Gruppe wartet. Von den Stuckintarsieren, welche Percy beschrieben hat, ist allerdings nichts zu sehen, stattdessen steht dort nur in leicht gebogener Blockschrift das bereits wohlbekannte “L-I-B-R-A-R-Y”. Sichtlich verunsichert aber ohne konkrete Hinweise erkundet man die leeren Gänge der Schule und lässt sich einen Schlüssel vom Hausmeister geben, um die Bibliothek selbst in Augenschein nehmen zu können, doch abgesehen von einer Büste zu Ehren des Stifters der Schule, einem Millionär namens Lundine und einem Büchlein namens “Eine Welt ohne Türen”, welches die Grundlage des diesjährigen Schultheaterstücks bildet, findet man nicht viel. Parker entsinnt sich dunkel, dass “Eine Welt ohne Türen” bereits in seiner Jugend in den späten 50ern Schullektüre gewesen war und dass die Autorin Emeline Fitzroy es in einem sehr jungen Alter geschrieben hatte, doch zu einem größeren Interesse an diesem Thema kann er sich nicht wirklich motivieren, gibt es doch schließlich Wichtigeres zu tun. Percy ist hingegen fasziniert und nimmt die zerlesene Kopie aus den späten 80ern mit ins Hotel, als man in mittlerweile fortgeschrittener Dunkelheit schließlich die Schule verlässt und den eigentlichen Abendplan in Angriff nimmt. Während Preston versucht, im Netz mehr über Denglers Artefakt und seine Symbolik in Erfahrung zu bringen, liest Percy Fitzroys Werk. Zweifelsohne ein bemerkenswertes Stück Literatur, insbesondere in Anbetracht des Alters der Autorin, welches einige befremdliche Themen aufgreift, doch nichts, was als Spur im aktuellen Fall betrachtet werden kann. Am nächsten morgen findet Preston Antworten auf seine Posts in einem Archäologie-Bulletin-Board, die darauf verweisen, dass die von ihm beschriebene Symbolik typisch für die Chavin-Kultur Südamerikas sei, aber auch von ihr nachfolgenden Zivilisationen aufgegriffen worden war. Das Thema ist akademisch wenig erschlossen, allerdings hätte ein gewisser Derek Wheeler in den 40ern dazu gearbeitet, seine Schriften sind allerdings nur schwer zu bekommen und ihr Wert für die heutige Forschung streitbar. Aufbauend auf dieser Erkenntnis beratschlagt man, ob weitere Recherchen nötig seien oder ob man direkt Thomas und seine Familie konfrontieren sollte, um das Artefakt sicherzustellen. Am Ende einigt man sich auf einen kurzen Ausflug nach Manhattan, um im Museum of Natural History mehr über die Chavin und die vermeintliche Kreatur in Erfahrung zu bringen, die als Urheber der Morde verdächtigt wird. Am späten Nachmittag könnte man den Denglers immer noch einen Besuch abstatten. Die Recherche verläuft nicht zuletzt auf Grund der anthropologischen Ausbildung von Percy besser als erwartet und man findet schnell Informationen über die Geschichte der verschiedenen Hochkulturen, die die Anden im Laufe der letzten 3000 Jahre besiedelten. Nahezu jede von ihnen kannte eine Variation von Geschichten über geflügelte Kreaturen, die Schamanen oder Priestern Untertan gewesen sein sollten, wohl jeweils auf die Chavin zurückgehend. Eine kurze Notiz verweist darauf, dass insbesondere die Inka diese Wesenheiten nach dem Fall ihres Reiches durch die Spanier mit dem Aya Saynata in Verbindung brachte, ein Geist, dessen Ankunft Verfall und Chaos bringt. Am Ende bestätigt die Untersuchung die bisher gefassten Theorien und man macht sich auf den Weg zu den Denglers, welche in einem der mittleren Oberschicht zugehörigen Suburb ein großzügiges und erst vor kurzem renoviertes Haus bewohnen. An der Tür kommt die Gruppe mit dem gerade aus seinem Auto aussteigenden Vater, Mark Dengler ins Gespräch. Zuerst misstrauisch taut er nach kurzer Zeit auf und berichtet ihnen von einem überfallartigen Besuch der beiden Phenomenon-X-”Enthüllungsjournalisten” am morgen, die sowohl ihn als auch seinen Sohn bedrängten. Nach der Erklärung ihres Anliegens und einem von Eloise Dengler gebrachten Kaffee werden sie schließlich zu Thomas vorgelassen. Dieser ist verdutzt über den erneuten Besuch von Agent Parcival aka “LaRouge”, zumal als dieser ihm erklärt, dass er und sein Kollege nunmehr im Interesse des Fall die Unterlagen seines Großvaters einsehen müssen. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen gelingt es ihm und Percy, den Jungen mit Hilfe ihrer Überzeugungskünste dazu zu bringen, ihnen seine Unterlagen anzuvertrauen, damit sie sie für ihre Ermittlungen kopieren können. Mit mehreren hundert Seiten von handgeschriebenen Notizen und Manuskriptseiten macht sich die Gruppe daraufhin auf den Weg zur Polizeistation, wo Detective Gregson ihre Kopierwut nach einigen ausweichend beantworteten Nachfragen nur mit einem Schulterzucken quittiert und sich auf den Weg ins Wochenende macht. Während Parker, Parcival und Preston mehrere Stunden mit dem Kopierer ringen, versucht Percy sich einen Reim auf die Aufzeichnungen zu machen. Sie stützen das Bild der Recherchen vom Morgen: Thomas Großvater, Derek Wheeler, war von 1933 an bis zu seinem Tod fasziniert von der Geschichte des Ai-Apa, einer legendären, aber angeblich real existenten Spezies von geflügelten Kreaturen, die den Priesterkasten der verschiedenen Anden-Hochkulturen Untertan gewesen sein und beim Bau der zahlreichen architektonischen Monumente der Region mitgewirkt haben soll. Über Jahrzehnte bis zu seinem Tod war Wheeler besessen, die Existenz des Ai-Apa nachzuweisen. Während des Kopierens kommt Parker ein Gedanke: Wenn jeder, der den Jungen provoziert, potentiell des Todes sein könnte - was, wenn es als nächstes die Phenomenon-X-Reporter treffen würde? Könnte man die Gelegenheit nicht nutzen, um der Kreatur eine Falle zu stellen? Schnell fährt man zum Motel 6, wo die Phen-X-Reporter residieren und berät sich über die Optionen, bevor man sich auf den Vorschlag Parcivals einigt, die beiden mit einem falschen Tipp in ein abgelegenes Waldgebiet zu locken, um den Ai-Apa dort abzufangen. Als klar ist, dass die beiden der Fährte auf den Leim gehen, macht sich die Gruppe mit quietschenden Reifen auf den Weg zum Ort ihrer Falle, ca. 30 Minuten von Glenridge entfernt und hinterlässt dort einige offensichtliche Spuren, während sie sich mit ihrem Ford in einer Senke verschanzen. Kurz darauf erreichen Dewey und Eddinton das Zielgebiet, parken ihren Wagen auf einem Forstweg und folgen den falschen Spuren tiefer in den Wald hinein. Parker ergreift die Chance und zerschlitzt den Reifen des Phenomenon-X-Vans. In diesem Moment hört er in der Stille des Waldes ein fremdartiges, sirrendes Geräusch, von dem er weiß, dass es hier definitiv nicht sein sollte und sieht, wie sich ein geflügeltes, 12-Meter langes… Etwas über der Position von Phen-X zu manifestieren beginnt. Über das Schreien der beiden Journalisten hinweg zückt er seinen Karabiner und feuert. Doch statt des Ai-Apas gehen die Kugeln sauber durch Deweys Kopf. Die Bestie ist davon sichtlich irritiert und als Parker einmal kurz zwinkert, ist sie, gänzlich ohne ein Geräusch von sich zu geben einmal direkt vor ihm. Preston rennt zu dem immer noch lebendigen Eddinton. Dieser hat neben seiner Kamera eine Smith & Weston gezogen. Preston versucht ihn zu entwaffnen, während Percy den Wagen mit Vollgas wendet und zusammen mit Parcival in Richtung von Parkers Standort fährt. Dieser hat mittlerweile sein Riot-Schild von seinem Rücken gezogen und stellt sich dem geifernden Schlund der Kreatur im Nahkampf. Irgendwie gelingt es ihm sich zu verteidigen. Im Wagen versucht Parcival mit zitternden Händen die Schrotflinte aus dem Kofferraum zu fischen. Aus dem Fenster gelehnt schießt er mehrfach auf den Ai-Apa, bevor sich die Kreatur in einer Wolke aus ätzenden Gasen zu einer schwelenden Pfütze von Chemikalien auflöst, die Parkers Lunge verätzen. Während Percy sich um Parker kümmert, rennt Parcival zu Preston und gemeinsam nehmen sie den verwirrten, aber wehrhaften Kameramann fest, ohne sich sicher zu sein, was genau sie nun mit ihm machen sollen. Ehe sie sich auf eine Lösung besinnen können, explodiert sein Kopf und Blut und Hirnsplitter bedecken Parcival. Mit offenem Mund starren sie zu Parker, der seinen Karabiner still zur Seite räumt und die Knochensäge aus dem Wagen holt. Thomas Dengler stirbt in der gleichen Nacht an Herzversagen.
  24. Da meine Berge des Wahnsinns-Runde aktuell coronabedingt auf Eis liegt, habe ich mich eingehender mit Delta Green beschäftigt und das System sehr schätzen gelernt. Deshalb möchte ich hier (wie schon bei den BdW) meine Kampagnen-Zwischenberichte dokumentieren. Vielleicht sind sie ja für den einen oder anderen von Interesse. Eine kleine Anmerkung für Freunde des Metaplots: Ich habe Groversville ein wenig vorverlegt - ich lasse mir die Gelegenheit nicht nehmen, meine Spieler mit ominösen und unverständlichen Andeutungen zu verwirren. ----- Ablauf Die Kampagne umfasst vier Abenteuer und ich habe sie für den Einstieg der Spieler noch um ein nulltes Vorspiel ergänzt - "A Victim of the Art" welches sich im Quellenband Countdown findet: 0. A Victim of the Art (1995) 1. Night Floors (1995) 2. A Volume of Secret Faces (2015) 3. Like a Map made of Skin (????) 4. The End of the World of the End (∞) ----- Dramatis Persona Gerard Michael Lutece - Agent Parcival - FBI, Criminal Investigation Division (seit 1992 beim NYPD semi-fest stationiert)Janus Thal - Agent Percy - Anthropologe/Profiler (CIA)Ethan Wilson - Agent Preston - Computer Scientist/Engineer (FBI in Quantico)Laszlo Rabel - Agent Parker - SWAT-Ausbilder (FBI in Quantico) Parcival, Percy und Preston sind Neulinge, die hinzugezogen wurden, um die Lücken in P-Cell zu füllen, die eine... verbesserungswürdig gelaufene Operation verursacht hat. Laszlo hingegen ist ein langjähriger Veteran, der in den letzten Tagen vor OBISIDIAN rekrutiert wurde und die kompletten Cowboy-Jahre mitgemacht hat, ohne allerdings jemals von Fairfield oder Camp ins Vertrauen gezogen worden zu sein. ----- A Victim of the Art I Die Innenstadt von Oklahoma gleicht den zerstörten Straßen von Beirut. Die Bilder der massiven Explosion, der schreienden Verwundeten und jener von Einsatzkräften aus den Ruinen der Behörde gezogenen, zerfetzten Leichen flimmern am 19.4.1995 über die Röhrenmonitore der 99 Millionen Haushalte der Vereinigten Staaten. Es ist der Tag, an dem Agent Parkers Telefon klingelt und ihm eine synthetische Stimme über eine sichere Leitung jene Worte sagt, auf die er zu lange gewartet hat: „You are invited to a night at the opera. Stillwell Avenue Station 1 in the morning. Third Waggon.” Auf vertraulichen Kanälen war nach dem letzten Debriefing kontaktiert worden, mit dem Hinweis, dass er sich bereithalten solle. Doch seitdem waren 16 Monate vergangen, ohne jedes Wort. Die schattenhaften Metallskelette der Riesenräder und Achterbahnen Coney Islands ragen in wenigen hundert Metern Entfernung am Ufer des Hudson Rivers auf, als er kurz nach Mitternacht an der heruntergekommenen Stahlstruktur namens Stillwell Avenue Station mit seinem Auto ankommt. In dieser abgewrackten Gegend ist es jenseits der sich vereinzelt in den Gassen schlafenden Lumpenhaufen nicht schwer, die anderen auszumachen. Drei Männer, Anfang bis Ende 30, unruhig wartend, dem Habitus nach alle mit behördlichen Hintergrund. Irgendwann hatte einer von ihnen das Schweigen gebrochen. Man kam über Belanglosigkeiten ins Gespräch, taxierte einander, während das analoge Ziffernblatt der Bahnhofsuhr dem Ende der ersten Stunde des neuen Tages entgegentickte. Als Parker hinzustößt, bietet er einen Kaffee an und versucht die anderen auf das Briefing vorzubereiten. Selbst nicht im Bilde belässt er es am Ende bei Plattitüden, erklärt die seit einigen Jahren praktizierte Zellen-Struktur und versucht sich ein Bild von den neuen Mitgliedern von P-Cell zu machen. Nachdem das Prinzip der Codenamen innerhalb der Gruppe erläutert wurde, stellt sich der erste von ihnen als Percy, seines Zeichens Anthropologe und Profiler bei der CIA vor. Die anderen beiden folgen: Preston ist Informatiker in Quantico und Parcival (der seinem leichten Akzent nach anscheinend mit französischen oder quebecianischen Wurzeln gesegnet ist) ebenfalls für das Bureau dauerhaft beim NYPD stationiert. Alle drei Friendlies. Ihre Erfahrung mit den Unnatürlichen hatten sie alle gemacht, doch keiner hatte bisher in offizieller Verantwortung als Mitglied der Gruppe an einer Operation teilgenommen. Atypisch, aber die Reihen müssen nun einmal aufgefüllt werden. Und sie machten einen guten Eindruck. Motiviert, entschlossen, professionell. Nach Vietnam hatte Parker lange Jahre im aktiven Dienst für das Hostage Rescue Team gearbeitet, aber mittlerweile hat man ihn auf eine SWAT-Ausbilderstelle in Quantico abgeschoben und über die Leute, die man ihm dort heutzutage vorsetzte, konnte man selten auch nur das sagen. Pünktlich um 1 Uhr fährt der Zug in den abgesehen von den Vieren menschenleeren Bahnsteig ein. Niemand sitzt in den trüb beleuchteten Waggons, mit einer Ausnahme: Eine einzelne Gestalt sitzt dort, vollkommen in ihre Zeitungslektüre vertieft. Als sich die Türen hinter den Agenten schließen, faltet der Mann sie langsam und systematisch zusammen. Parcival hat den vagen Eindruck ihn schon einmal in den Heerscharen des FBI im Big Apple gesehen zu haben, doch Parker erkennt den leicht zu großen Abzug, das bebrillte Gesicht und die kurzen Haare sofort – Es handelt sich um Agent Marcus, Kontaktperson von M-Cell. Marcus bittet P-Cell Platz zu nehmen und erklärt die Situation: Eine Reihe von Morden in der sonst recht verschlafenen Kleinstadt Glenridge in New Jersey, nahe der Staatsgrenze, halte demnach die lokale Polizei bereits seit Wochen in Atem – erst ein lokaler Zahnarzt namens Carl Maretti, 22 Tage später die Schulbibliothekarin Vanessa Hatvan und schließlich nach zwei weiteren Wochen eine Teenagerin namens Laura Harrogate – sie alle wurden grausam verstümmelt aufgefunden: Massive Wunden bedeckten ihre Körper, stark gezahnte Spuren ließen Rückschlüsse auf irgendeine Art von großer Bärenfalle oder Reißsäge zu. Alle drei wiesen Verletzungen auf, die darauf hindeuteten, dass sie aus großer Höhe gestürzt waren, und ihre Köpfe tauchten gar nicht oder nur teilweise in einiger Entfernung wieder auf. Die Wirbelsäule fehlte in allen Fällen. Nach Harrogates Tod war der Fall ans FBI übergeben worden und landete durch Zufall auf dem Tisch des mit der Gruppe vertrauten Thomas Carson, welcher Marcus als seinen Kontakt aktivierte, als genauere Untersuchungen eine seltsame, nicht zuordbare Substanz unter den Fingernägeln der Opfer zu Tage förderte. Marcus ist gegenwärtig allerdings durch FBI-Ermittlungen in New York gebunden, weshalb der Fall kurzfristig in Abstimmung mit A-Cell als Feuertaufe an Parkers neues Team übergeben wird. Er ist kein Mann vieler Worte, verweist P-Cell an einen Detective Gregson, vom Glenridge PD, den sie in offizieller Verantwortung in seinen Untersuchungen „unterstützen“ sollen und den lokalen Gerichtsmediziner Steven Santorin. Bevor sie auseinandergehen, gibt er ihnen allerdings eine letzte Warnung mit auf den Weg: Sie sollten vor Ort äußerste Vorsicht im Hinblick auf Medienvertreter wahren – insbesondere die immer beliebten „Enthüllungsjournalisten“ von Phenomenon-X würden an einer Story zum Thema arbeiten. Nachdem Ende des Briefings ist es 1.25 Uhr. Man geht auseinander, das Bedürfnis nach ein paar Stunden Schlaf vor Beginn der morgigen Ermittlungen ist groß, andererseits versucht jeder sich bestmöglich auf das vorzubereiten, was die Agenten möglicherweise erwarten wird. Preston und Parker schlafen vor Ort in den Büros des FBI, bevor man sich um 8 Uhr wieder treffen will. Während der Fahrt versucht die Gruppe ohne großen Erfolg aus den Informationen schlau zu werden, die ihnen Marcus über die seltsame Substanz unter den Fingernägeln der Opfer gegeben hat. Niemand weiß, was davon zu halten ist und schneller als gedacht erreicht man trotz des Rush-Hour-Verkehrs schließlich Glenridge. In der Tat ist die weniger als 40000 Einwohner starke Siedlung unauffällig. Eine primär auf die 1950er zurückgehende Innenstadt bildet das Zentrum um eine zersiedelte Fläche, die von Suburbs dominiert wird, welche der unteren bis oberen Mittelschicht zuzurechnen sind. Der Wagen parkt vor der kleinen Polizeistation, in der Detective Gregson sichtlich froh über seine Verstärkung ist und ohne zu zögern alle Informationen, über die er verfügt, mit den Agenten teilt. Wie zu erwarten war, reichen diese allerdings kaum über das hinaus, was Marcus ihnen bereits mitgeteilt hatte: Die Opfer waren gänzlich unverdächtige, normale und beliebte Menschen, die über keine Feinde, Vorstrafen oder ähnliches verfügten und mit einer Ausnahme gab es keinen einzigen Zeugen. Diese Ausnahme ist die Mutter der Schülerin Laura Harrogate, welche allerdings bis auf weiteres nicht ansprechbar ist, denn was immer sie gesehen hat, trieb die ohnehin bereits schwerstdepressive Frau in einen katatonischen Zustand, weshalb sie gestern an Experten in Dorchester House, Boston überwiesen worden war. Fanden die ersten beiden Morde allerdings auf offenem Feld statt, so verschaffte sich der Täter im Fall von Miss Harrogate mit Wucht und Gewalt Zugang durch ihre Balkontür. Der Detective ist sichtlich mit seinem Latein am Ende und froh, als die Gruppe Anstalten macht, dem Coroner Santorin einen Besuch abzustatten. Das Zentrum von Glenridge ist eine Stadt der kurzen Wege und so sind es zu Santorins Arbeitsplatz weniger als fünf Minuten Fußweg. Der Mann Anfang 30 ist hocherfreut über den erwarteten Besuch und beginnt die Agenten sofort mit einer aufgeputschten Mischung aus Irritation und Faszination zu überschütten – er habe Kollegen, Experten an mehreren Universitäten und Kuratoren zoologischer Museen per Fax um Einschätzungen der Reißwunden der drei Opfer gebeten und kein einziger wusste, welches Tier oder Werkzeug für derartige Spuren verantwortlich sein könnte. Parker mutmaßt, dass es sich um eine größere Forstmaschine gehandelt haben könnte, doch Santorin wischt den Vorschlag beiseite – die Spurensicherung habe keinerlei Hinweise auf entsprechende Gefährte um die Tatorte gefunden. Santorin zeigt den Agenten die Leichen, deren übel zugerichteter Anblick insbesondere Percy an seine Grenzen treibt, jedoch ebenfalls keine neuen Erkenntnisse zutage fördert. Santorins wirkliche Faszination wird allerdings kurz darauf geweckt, als das Gespräch sich dem Polymer unter den Fingernägeln, dessen Ursprung er auch nach zahlreichen Analysen nicht bestimmen konnte, zuwendet. Ihrer Struktur nach scheint es sich um abgestorbene Hautzellen zu handeln, doch bestehen sie aus Fluor mit Spuren von Chlor und Ammoniak. Kein Tier der Welt sondert über seine Haut eine solche Substanz ab! Die Gruppe bemüht sich nach Kräften, die Begeisterung des Mediziners für den Fall zu dämpfen, bevor sie sich ernüchtert auf den Weg macht. Auch hier keine wirklichen Fortschritte. Zumindest hatten Santorin nicht den beiden Reportern von Phenomenon-X geredet, die nach dem Tod der Bibliothekarin in die Stadt gekommen waren und ihn penetrant zu interviewen versuchten, wie er während ihrer Verabschiedung beiläufig erwähnt. Parker und seine Kollegen haben bisher nur wenige Antworten und viele Fragen. Wer oder besser was war der Täter? Und was könnte das Motiv gewesen sein? Wieso ausgerechnet diese Opfer? Doch vielleicht ließe sich am letzten Tatort, dem Haus der Harrogates, mehr in Erfahrung bringen. Aus sicherer Distanz bemerkt Parcival allerdings, dass der Streifenpolizist vor der Tür gerade von einem Zweiergespann, ausgestattet mit Kamera und Mikrofon belagert wird. Percy erkennt zumindest die junge Frau mit dem Mikrofon aus dem Kabelfernsehen wieder. Sonja Dewey, das junge und aufstrebende Gesicht von Phenomenon-X. Kurzentschlossen befreit er den Polizisten aus seiner misslichen Lage und gibt sich mit dem Ziel, sie auszuhorchen, gegenüber den beiden als großer Fan des Senders aus. Schnell zieht er sie vom Tatort in Richtung ihres mit moderner Schnitt- und Bearbeitungsausrüstung ausgestatteten, in einiger Entfernung geparkten Vans und himmelt die sich ihrer Attraktivität sehr bewusste Sonja an. Er bringt ihr seine eigene Theorie nahe, was der Ursprung der grausamen Morde sei – Mothman. Während Sonjas von einer nicht sonderlich alten Schusswunde in seinem Gang eingeschränkter Kameramann nur mit der Nase rümpft und dazu ansetzen will, etwas über einen gewissen Ort namens Groversville zu sagen, unterbricht sie ihn, anscheinend von der Theorie begeistert. Sie gibt Percy ihre Karte und will sämtliche Informationen und Materialien, die er zu den Verstrickungen von Mothman in die Geschehnisse in Glenridge hat, für ihren Bericht nutzen. Doch Percy drängt sie im Gegenzug dazu, ebenfalls ihre aktuellen Überlegungen offenzulegen. Gegen den Willen ihres Kameramanns setzt sie ihn über ihre wenig zufriedenstellenden Indizien ins Bild: Sie sei sich über die Details nicht sicher, aber die ganze Geschichte hätte irgendwas mit der Schule zu tun. Die Bibliothekarin, das Mädchen und der… Zahnarzt… dessen letzter Patient ein gewisser Thomas Dengler, lokaler Schüler, war! Percy verabschiedet sich und gemeinsam schaut man sich im Haus der Harrogates um. Schnell wird klar, dass die Familie sich in einer finanziell schwierigen Situation befunden zu haben schien, die durch den Tod des Vaters vor wenigen Jahren hervorgerufen worden war. Das Bett im Schlafzimmer der Eltern scheint unbenutzt, auf dem Boden liegt hingegen ein abgenutzter Schlafsack. Lauras Zimmer gleicht demgegenüber einem Schlachtfeld: Irgendjemand oder irgendetwas ist mit Gewalt, durch die Türen zu ihrem kleinen Balkon gebrochen und hat die für ein 17-jähriges Mädchen typische Einrichtung verwüstet zurückgelassen. Bei der Durchsuchung des Raumes stößt Preston auf Lauras Tagebuch, das die Polizei übersehen haben muss. Die Eintragungen sind belanglos: Berichte über endlose Telefonate mit der besten Freundin (einer gewissen Lisa Stokes) und längliche Hymnen auf ihren Schwarm, den Quarterback des Schulfootballteams und männlichen Hauptdarsteller der diesjährigen Inszenierung des Schultheaters. Gleichwohl findet sich in ihrem letzten Eintrag, einen Tag vor ihrem Tod, ein erheiterter Hinweis darauf, dass der „Creep“ Thomas Dengler sie um ein Date gebeten hätte – eine Unverfrorenheit, die sie nur mit einem Lachen quittieren konnte. Der Verdacht, dass tatsächlich die Schule und insbesondere der junge Dengler etwas mit den Morden zu tun haben könnte, verdichtet sich und die Agenten entschließen sich kurzfristig dazu, die Glenridge High aufzusuchen, in der Hoffnung, Thomas zum Ende des Unterrichts abfangen zu können. Den New Yorker Verkehr gewohnt plant man zeitlich konservativ und hat genug Gelegenheit, um vor dem Ende des Nachmittagsblocks noch mit dem Schulleiter, Rektor Snyder zu sprechen, welcher sich als Vater von Lauras Schwarm Chris erweist. Er ist ernstlich mitgenommen vom Tod Lauras und der Bibliothekarin Ms. Hatvan. Thomas Dengler ist ihm vom Sehen bekannt, ein unscheinbarer 16-Jähriger, über den er allerdings nicht mehr weiß. Für weitere Informationen zu Ms. Hatvan verweist er die Agenten an ihre Assistentin (und gegenwärtige notgedrungene Vertretung) Lisa Stokes. Percy und Preston machen sich auf den Weg in die Bibliothek und unterhalten sich mit der psychologisch stark mitgenommen wirkenden Lisa, die den Verlust ihrer besten Freundin nur langsam verarbeiten kann. Die beiden hatten große Pläne und gute Chancen auf zwei Englisch-Studienplätze an der University of Maryland. Um sich zusammen immatrikulieren zu können, hatte Lisa ihre Bewerbung extra ein Jahr verzögert. Über Hatvan hat sie hingegen nicht viel Gutes zu sagen. Die Bibliothekarin sei ein Drache gewesen, der Schüler grundlos terrorisiert und bloßgestellt hat – je weniger die Bibliothek nutzten und ihr somit Ärger brachten, desto besser. Irgendetwas an der Bibliothek scheint Percy sichtlich zu irritieren, doch Preston bemerkt es nicht. Parallel dazu passen Parker und Parcival Thomas ab, der mit einem von einer nicht optimal verheilten Wurzelbehandlung geschwollenen Gesicht aus der Sportumkleide tritt, einige Minuten, nachdem der Rest der Klasse bereits in kleinen Grüppchen dabei ist, die Schule zu verlassen. Sie bitten ihn für ein paar kurze Fragen in einen leeren Chemielaborraum. Parker ist nervös und vermutet, dass er bewaffnet sein könnte, doch Dengler ist trotz leichter Irritation über die Aufmerksamkeit zweier FBI-Agenten kooperativ. Parcival bemerkt allerdings, dass der Junge unter seinem wenig kleidsamen, weiten Pullover etwas um den Hals trägt. Darauf angesprochen zeigt der verdutzte Schüler den beiden Ermittlern einen fein gearbeiteten Talisman aus Ton, welcher einen Menschen und eine mit ihm verwobene, geflügelte Kreatur darzustellen scheint. Die Bedeutung des Motives kennt Thomas nicht, er hat es von seiner Tante bekommen, die es wiederum zusammen mit einigen Unterlagen aus dem Nachlass seines verstorbenen Großvaters beim Aufräumen gefunden und ihm zum Geburtstag geschenkt hat. Parcival bittet aus angeblichem persönlichen Interesse darum, das Stück abzeichnen zu dürfen. Thomas ist verwundert, aber lässt es geschehen und erzählt währenddessen, dass er seinen Großvater nie kennengelernt hat. Eigentlich Archäologe in den Anden, aus denen auch das Stück stammte, starb er während eines Forschungssemesters an der Columbia University in den 50ern bei einer Gasexplosion in New York. Schlussendlich bedanken sich die beiden bei dem Jungen und erlauben ihm zu gehen. Zu viert trifft sich die Gruppe und bespricht, was sie in Erfahrung gebracht hat. Der Verdacht gegen Thomas erhärtet sich.
  25. 22. Spielabend Tief unten in den labyrinthischen Kavernen, welche die Eingeweide der Stadt durchziehen, lässt Ms. Lewinson einen Flachmann kreisen. Abgekämpft schweigt man sich an. Die Stille wird vom gelegentlichen Murmeln Thorpes unterbrochen, der den Beutel mit den Flugzeugteilen gleich einem Talisman umklammert hält. Nur wenige Meter entfernt, auf der anderen Seite des engen Risses im Fels, dräut der sonnenlose Ozean und die Heerschaar der Shoggothen, die dieses Reich beherrschen. Dr. Meyer bemüht sich schließlich um Konversation und wirft die berechtigte, jedoch gegenwärtig ein wenig deplatziert wirkende Frage in den Raum, was man wohl nach der Rückkehr in die zivilisierte Welt aus diesen Erkenntnissen machen würde. Niemandem ist nach großen Gesprächen zumute und seine Initiative verebbt, während im spärlichen Licht der Taschenlampe Dr. Enfield Rilkes Wunden zu versorgen versucht. Die meisten gehen auf das Konto von Mr. Wheapner, der den engen Raum, auf dem die Investigatoren mit den beiden Deutschen zusammengepfercht sind, genauer in Augenschein nimmt. Tatsächlich ist die Felsspalte, durch die sie sich vor den Shoggothen hinein in diese kleine natürliche Kammer geflüchtet haben, nicht der einzige Weg hinaus – sowohl an der Decke als auch an zwei Seiten des ovalen Raums finden sich weitere Öffnungen im Fels, durch die man weiter vorankommen könnte. Wheapner diese Vermutung, indem er jeweils eine Patronenkugel in die beiden Risse am Boden wirft. Sie hallen beide aus der Distanz wider, sodass man eine Rückkehr zum sonnenlosen Ozean möglicherweise vermeiden kann. Während er den anderen diese freudige Botschaft mitteilt, hört er ebenso wie Dr. Enfield aus einer der beiden Spalten am Boden und jener an der Decke ein schnell lauter werdendes Rascheln und Trippeln, gefolgt von mehreren peitschenartigen Geräuschen. Sofort weist Wheapner die anderen an, sich schnellstmöglich durch die verbleibende Spalte zu fliehen und zieht sein Gewehr, Ms. Lewinson tut es ihm gleich. Beide sichern den Rückzug und sehen, wie mehrere längliche, widerwärtig anzuschauende und mehr als armlange Gliederfüßer mit kurzen, unterbrochenen Bewegungen aus den Löchern kriechen. Durch die engen Gänge voranrennend betet man, dass der Weg nicht plötzlich in einer Sackgasse endet. Als er sich endlich verbreitert, versucht Rilke mit Blavatskis Gewehr zu schießen, doch trifft mit einem Querschläger nur Wheapner an der Schulter. Ganz hinten schießt Ms. Lewinson in Richtung der Kreaturen und leuchtet sie an: Wo man den Kopf erwarten würde, sitzen zwei lange dünne Fühler - unaufhörlich schleudern sie sie mit einem peitschenden Geräusch voran und wo ihr Maul sein sollte, steht ein zuckendes Bündel kleinerer fühlerartiger Werkzeuge, zwischen denen sich in der Mitte eine kleine Öffnung befindet, aus der ein im Halbdunkel nur zu erahnender Stachel hervorragt. Die Schüsse treffen nicht, doch scheinen sie die Kreaturen zu desorientieren und stoppen ihre Fortbewegung. Als eine von ihnen nach einem weiteren Querschläger von der Decke fällt, kann Wheapner gerade noch ausweichen. Langsam vergrößert sich die Distanz und als die Gruppe nach knapp 5 Minuten des Rennens in einen breiten Tunnel voller Shoggothischer Ritzungen heraustritt, scheinen die Wesenheiten ihnen nicht weiter gefolgt zu sein. Nicht, dass man hier viel mehr Grund hätte sich sicher zu fühlen. Für Dr. Enfield ist klar, dass man in jene Richtung gehen sollte, die vom Ozean wegführt. Niemand widerspricht. Still folgt man dem Gang, bis Rilke plötzlich aufgeregt und in gebrochenem Englisch auf einen kleinen Seitengang zeigt, der wohl einst von den Älteren Wesen geschaffen sein musste, zu eng, um von größeren Shoggothen genutzt zu werden und frei von ihrer Symbolik. Er sei diesen Weg in der Vision aus der Vergangenheit heruntergerannt, wenn man in die entgegengesetzte Richtung gehen würde, müsste man also wieder den alten Weg nach oben finden! In Ermangelung von Alternativen folgt man dem zunehmend fiebrig wirkenden Deutschen in den Seitengang, der nach wenigen Dutzend Metern in einer sichelförmigen Kammer endet, an deren Ende ein leicht erhöht liegender Durchgang von einem durch die Macht der Jahrmillionen langsam schwindenden Stein verdeckt wird, der wohl einst kunstvoll bearbeitet war. Auf der anderen Seite sei „die Quelle“, so sagt er mit weit aufgerissenen roten Augen. Endlich hat er sein Ziel erreicht. Gemeinsam mit Lewinson und Wheapner geht er voran. Als die drei das orgelartige Pfeifen vernehmen, dessen kakophone Vielstimmigkeit sie bereits am Sonnenlosen Ozean fürchten lernten, halten sie inne, bevor sie schließlich doch hinaustreten. Ihr Blick fällt von einem Vorsprung auf eine ca. 50m durchmessende, kugelförmige Höhle. Auf der gegenüberliegenden Seite wäre auf ungefähr gleicher Höhe der Weg hinaus zu sehen, den Rilke im Sinn hat. Doch hierfür hat keiner der drei gerade Augen: Unterhalb des Vorsprungs sitzt der wohl größte Shoggothe, den die Investigatoren bisher hier unten gesehen haben. Der Blick seiner zahllosen Sehorgane scheint bisher noch nicht auf die drei Menschen gefallen zu sein, die in sein Reich einzudringen wagten. Die mehr als labile Ms. Lewinson ist kurz davor dies zu ändern, als sie den vollkommen überraschten Rilke ergreift, um ihn dem Biest zu Fraß vorzuwerfen. Glücklicherweise kann Wheapner dies verhindern, indem er Lewinsons Nase bricht. Bevor sie blutend darauf reagieren kann, hören die drei die angsterfüllten Schreie mehrerer Pinguine, die von einem kleineren Shoggothen in die Höhle hineingetrieben werden. Die große Bestie stürzt sich krachend auf die Tiere, zerreißt und verzehrt sie. Ihren kleineren Artgenossen greift sie hingegen nicht an und lässt ihn stattdessen in die kugelförmige Höhle, in deren Mitte sich, nunmehr vom großen Shoggothen verlassen, ein wenig hinab erkennen lässt. Der frühere Gang ist heute weit aufgerissen, zu einem Loch von mindestens drei Metern Durchmesser. Fahles graues Licht leuchtet heraus, von unten und der Seite kommend. Und darin haust unsägliches Grauen. Ihre Zahl ist unnennbar, und keiner von ihnen gleicht dem anderen. Weich erscheinende Leiber, die einander unablässig verschlingen, verzehren, zerfleischen; manche klein wie Hunde, andere größer als der größte Stier. Hier ein dicker Tausendfüßler ohne Kopf; dort ein muskulöser Wurm; dort drüben ein großer, klebriger Schleimbeutel mit gifttriefenden Stacheln. In ihrem Ringen strömen sie alle her bei und streben, in die Kammer des Schoggothen zu gelangen. Der kleinere Shoggothe stürzt sich mit einem schrillen Schrei mitten unter das Gezücht in seinem nimmer enden den Kampf auf Leben und Tod. Wie rasend fallen der Shoggothe und die Protolebensformen übereinander her, zerren aneinander, winden eigene Körperteile um Gliedmaßen des jeweils anderen. Mehrere Minuten starren die drei wie hypnotisiert dieses wüste, urzeitliche, enthemmte Gemetzel an, bevor sich der massige und von frischen Wunden übersäte Shoggothenkörper zurückzieht und mit einem Pfeifen dem größeren Bewohner der Höhle ein Signal sendet, der ihn daraufhin durch dein Eingang hinaus lässt und ihm kurz darauf folgt. Die Kugel ist mit Ausnahme des widernatürlichen Lebens, welches sich aus dem grauen Gang hervorwindet, leer. Wheapner und die immer noch blutende Ms. Lewinson ergreifen die Gelegenheit und signalisieren den anderen, ihnen schnellstmöglich zu folgen. Niemand von ihnen hat den riesigen Shoggothen und das gnadenlose Schlachten mitansehen müssen, aber die Geräuschkulisse war bereits ausreichend, um ihnen einen Eindruck davon zu vermitteln, dass sie diesen Ort schnellstmöglich durchqueren sollten. Selbst Rilkes Enthusiasmus durch den Gang hinab „zur Quelle“ vorzustoßen, ist mittlerweile deutlich gedämpft. Mit maximaler Geschwindigkeit seilt man sich den Verletzungen zum Trotze auf den Höhlenboden ab, meidet dabei jeden Kontakt mit dem formlosen Gezücht, welches sich langsam wieder aus der Grube heraufzuschieben beginnt und klettert auf der anderen Seite nach oben. Dr. Meyer, Blavatski und Ms. Wheapner kommen als letzte am Seil nicht schnell genug voran und hören bereits, wie sich die massive Gestalt des riesigen Shoggothen wieder in die Höhle zurückwalzt. Gerade, als sie den Vorsprung erklettern, bemerkt er schließlich die Eindringlinge und versucht sie unter wütendem Pfeifen und Schnaufen zu packen, doch sie rennen aus der Höhle hinaus und die Gliedmaßen der Kreatur greifen ins Leere. Die Gruppe bewegt sich so schnell sie kann über eine lange Brücke, die einen Ausläufer des Sonnenlosen Ozeans überspannt, voran. Rilke gibt den Weg vor – nur weg von dem immer noch ohrenbetäubenden TE-KE-LI-LI-Rufen des Shoggothen, die von unzähligen seiner Brüder erwidert werden. Wie durch ein Wunder gelingt es ihnen, jeden weiteren Kontakt mit jenen Herrschern des Abgrunds unter der Stadt zu vermeiden, während sie durch die mit Ritzungen verunstalteten Tunnel fliehen. Und schließlich, nach einer schier endlos anmutenden Zeitspanne, sehen sie vor sich eine breite Rampe, die hinauf führt – sie kennen sie aus der Vergangenheit. Irgendwann erreicht man schweißdurchnässt und vollkommen erschöpft die Oberfläche. Die Kälte und das helle Licht sind ungewohnt – insbesondere für Wheapner, dessen Parka die Explosion von Danforths Bombe kaum überlebt hat. Zum Glück ist Lexingtons Lager nicht weit und so schleppt man sich abgekämpft einen guten Kilometer durch die im Vergleich zum Reich der Shoggothen geradezu heimelig anmutenden Ruinen der Stadt hindurch. Priestley und Lexington lassen ihre Gewehre schnell sinken, als sie sehen, wer sich dort ihrem Lager nähert. Schnellstmöglich versucht man sich um die Verletzten zu kümmern und bereitet eine warme Mahlzeit zu. Anscheinend war die Gruppe gute 26 Stunden verschwunden und Starkweather hatte bereits begonnen, nach ihnen suchen zu lassen. Blavatski erklärt Lexington das Geschehene, während die Deutschen Baumann ins Bild setzen. Dieser ist ebenso wie die Amerikanerin mehr als begeistert über den Fund der Motorenteile, die Thorpe jedoch nach wie vor wie seinen Augapfel hütet und nicht aus der Hand gibt. Man vereinbart, die Belle am nächsten Morgen wieder startklar zu machen, nachdem alle die Gelegenheit hatten, sich ein wenig zu erholen. Baumann drängt darauf, die Zeit vor dem Einbruch des Nebels noch für den Einbau zu nutzen, doch wird von seinen Landsmännern beschwichtigt. Nichts desto trotz versucht er kurz darauf die Teile aus Thorpes nachtschlafener Umarmung zu befreien, was diesem jedoch nicht entgeht. Mit Blick auf die neben Thorpes Kopf liegende Handfeuerwaffe zieht sich Baumann, Entschuldigungen in Richtung des manisch wirkenden Boeing-Ingenieurs murmelnd, aus seinem Zelt zurück. Am nächsten Morgen kann sich Thorpe nicht an die Geschehnisse der Nacht erinnern und beginnt gut gelaunt Wheapner die Funktionsweise der Motoren zu erklären – ein Gespräch an dem sich der Deutsche mit Händen und Füßen zu beteiligen versucht. Währenddessen diskutiert Lexington mit den anderen die nächsten Schritte: Jetzt, wo die Belle wieder funktionsfähig sei, müsse man das Lager schnellstmöglich abbauen und sich auf den Weg zum großen Platz machen, um dort gemeinsam mit der SME Gepäck und Reisende optimal aufzuteilen und dann schnellstmöglich in Richtung Lager zurückzufliegen. Die Wetterbedingungen würden gegenwärtig besser werden, sodass gute Chancen bestünden, den Pass zu überfliegen. Und sollte dies nicht funktionieren, müsse man eben den Weg zu den Deutschen einschlagen. Die Investigatoren sollten Starkweather die Botschaft überbringen, sodass sie morgen früh via Spiegelkommunikation die Details klären könnten. Nachdem der im Umgang mit der Technik wieder zu Sinnen gekommene Thorpe sein Werk vollbracht hat ist die Belle wieder flugbereit und die Gruppe macht sich auf den Weg in Richtung SME-Lager. Das Wetter ist optimal und so kommt man gut voran, selbst der Abstieg durch das Flussbett erfüllt die sonst für diesen Ort so anfälligen Geister von Blavatski und Thorpe mit einer gewissen Euphorie, einem kurzen Hauch von Freiheit, der jedoch nach wenigen Augenblicken namenloser Enttäuschung weicht. Blavatski ist von diesen Emotionen, die nicht die seinen sind, ausgesprochen beunruhigt, doch ehe Schlimmeres passieren kann, hat Ms. Enfield die anderen zur Eile angetrieben und nach insgesamt weniger als 3 Stunden Wegstrecke erkennt man die wohlbekannten Ausläufer des großen Platzes in der Distanz. Dr. Greene, Moore und Dewitt freuen sich ausgesprochen, als sie sehen, dass die Investigatoren noch am Leben sind, umso mehr, als Thorpe ihnen die gute Nachricht über den Fund der Motorenteile mitteilt. Auch Starkweather und Miles, die kurz darauf von einer erfolglosen Suchaktion zurückkehren, sind enorm erleichtert, die fünf wiederzusehen. Doch man merkt schnell, dass die Stimmung im Lager gedrückt ist – Starkweather lässt die Suche nach Bryce keine Ruhe, während Dewitt, Miles und (der zur Sicherheit sedierte Myers) zunehmend labiler werden, eine Situation, mit der Greene und Moore nur schwer umgehen können, insbesondere, da der immer wieder von Anfällen und Schüben des Wahnsinns geschüttelte Danforth ihnen immer stärker zu schaffen macht. Selbst Starkweather kann unter diesen Umständen nicht leugnen, dass eine schnelle Rückkehr ins Basislager die einzig sinnvolle Entscheidung darstellt und stimmt Lexingtons Plan deshalb vollumfänglich zu – bis zum Einbruch des Nebels müsse man eine zweite Landebahn für die Belle freiräumen und bereits mit dem geordneten Abbau des Lagers beginnen. Morgen könnte die ALE im Laufe des Tages landen, sodass man sich dann, sobald das Wetter es erlaubt, auf den Weg über die Berge machen kann. Doch zuvor will er noch einmal losziehen, um nach Bryce zu suchen. Myers hatte vor einigen Tagen, als er noch in besserer Verfassung war, eine Art Plateau voller Kristallmonolithen erwähnt, welches nur ca. 2 Wegstunden entfernt liegen sollte und das bisher noch nicht systematisch abgesucht worden ist. Im Angesicht des Geisteszustands der Anwesenden sei es ohnehin nicht sonderlich leicht, die Suchaktion effektiv zu gestalten, wie er den Investigatoren verschwörerisch zuraunt. Dr. Enfield und Blavatski erklären sich daraufhin bereit, die Stunden bis zum Nebeleinbruch für eine letzte Suche zu nutzen und machen sich auf den Weg, während die anderen das Lager für den Aufbruch vorbereiten. Es ist ein ruhiger, geradezu besinnlicher Weg durch die Ruinen der Stadt zu dem niedrigen Tafelberg, den Myers gefunden hatten. Starkweather fragt seine beiden Begleiter über die Geschehnisse im Abgrund aus und fragt, wie denn die Pläne der Investigatoren nach der Rückkehr in die Zivilisation aussähen. Wie das Wissen um die wahre Geschichte der Erde die Menschheit verändern würde. Ob es überhaupt wünschenswert wäre, dass dieses Wissen an die Öffentlichkeit gelangt. Doch wie sollte man es zurückhalten können? Man müsste den Zugriff auf den Südpol vollständig abriegeln oder zumindest in einer einflussreichen Hand monopolisieren, um das zu ermöglichen. Bevor man diesen Gedanken weiterspinnen kann, erreichen die drei über eine serpentinenartige Rampe den Kristallgarten, wie Myers ihn genannt hatte. Die unzähligen, mehrere Meter hohen Dornen fangen das Licht der niedrigen Sonne auf und brechen es in unaufhörlich wechselnde und tanzende Lichtspiele in allen Farben des Regenbogens. Selbst Starkweather ist kurz von der Schönheit dieses Anblicks der Sprache beraubt, bevor er sich mit Dr. Enfield daran macht, die Umgebung systematisch nach Spuren von Bryce zu durchkämmen. Die regelmäßige Anordnung der Monolithen halten Blavatski zurück. Von einer erhöhten Position, die es inzwischen nicht mehr gibt, scheinen sie ein Muster zu ergeben, Schriftzeichen gar? Die Kälte ignorierend, greift er zu Stift und Papier und während die anderen erfolglos suchen, formt sich die Struktur der Kristalle in seinem Kopf zu einem Sinn, der die klassischen Grenzen der Sprache transzendiert, bis es ihm gelingt, ihn in Worte zu bannen: Nicht alle Perfektion ist erfreulich, Nicht alle Schönheit ist ewig. Wachstum erfordert Zerstörung, Leben erfordert den Tod: Wir sterben; macht dies uns nicht schöner? Als er die Worte deklamiert, ist Starkweather zuerst irritiert und scheint dann geradezu ergriffen, bevor er vom Plateau herab in die Stadt blickt. Es gäbe keinen Ort, an dem er momentan lieber wäre. Der Rückweg gestaltet sich ereignislos. Man spricht über die Vergangenheit, den Beginn der Reise, die Rekrutierung in New York, die SS Gabrielle – all jene Erfahrungen, die sich kaum so anfühlen, als wären sie von diesen Personen in diesem Leben vor nur wenigen Monaten gemacht worden. Als der große Platz in Sicht kommt, gibt Dr. Enfield Starkweather seinen Revolver zurück, den er ihr vor dem Aufbruch zur Sicherheit geliehen hatte. Im Lager erkennt Mr. Wheapner am Himmel zwei kleine Punkte, die sich schnell nähern. Dann geht alles sehr schnell. Dr. Enfield spürt sie, bevor sie sie sieht. Zwei Ältere Wesen schießen aus dem Himmel herab und versuchen nach Blavatski zu greifen, welchem es gelingt, auszuweichen. Starkweather schießt und trifft, Enfield rennt in das nächstgelegene Gebäude. Eines umschlingt Starkweather, Blavatski reißt ihn aus der Umklammerung, doch schleudert ihn dabei direkt in die Fänge des anderen, welches sich kraftvoll vom Boden abstößt und losfliegt. Das verbleibende Ältere Wesen, welches von Starkweathers Schuss verwundet wurde, scheint Blavatski kurz ebenfalls greifen zu wollen, doch hält dann inne, als würde es ihn erkennen und fliegt dann ohne weitere Beute davon. Vom Lager aus ist die nur wenige hundert Meter entfernte Szenerie klar erkennbar, doch die Schüsse von Wheapner und Dewitt gehen aus der Distanz ins Leere. Alle sind im Aufruhr. Ohne weitere Absprache beginnt Miles die Motoren des Flugzeugs zu starten. Die gerade ins Lager rennende Enfield hält dies für keine gute Idee, doch schnell sind alle einer Meinung: Der Hauptmann muss gerettet werden. Greene, Dewitt und die Investigatoren fliegen. Der Kurs führt jedoch offenkundig nicht ins Nest der Älteren Wesen – er führt hinaus, über die eisige Einöde, dem Flussbett folgend zu jenen anderen Bergen des Wahnsinns, von denen Blavatski weiß, dass ETWAS dort bereits auf ihn wartet.
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