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Der Läuterer

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Posts posted by Der Läuterer

  1. Anderer blonder Mann "Er sagt, dass er Olaf heisst. Er sagt auch, dass das viel zu viel Geld ist und dass Sie mit Ihrem Geld nicht so um sich werfen sollen."

    Der ältere Mann nickt und lächelt.

    "Olaf versteht englisch und deutsch sehr gut. Aber er ist ein Norweger. Ein stolzer Norweger. Und er ist der Meinung, dass man in jedem Land nur die Landessprache sprechen sollte. Verstehen Sie?"

     

    Älterer Mann, lächelnd "Det blir nok. Vi to hand om nor." Dann gibt er die Hälfte des Geldes zurück.

     

    Der andere Mann "Er sagt, dass das reichen wird und dass wir uns um alles kümmern." [...]

    "Machen Sie sich keine Sorgen. Auch wir haben Familie. Und wir werden für Ihren Mann sorgen.

    Wir bringen ihn noch heute, mit dem Schlitten, hoch auf die Lodge. Sie können sich auf uns verlassen, junge Dame. Es ist uns eine Ehre ihren Wunsch erfüllen zu dürfen." [...]

    "Und jetzt fahren Sie schon mit dem schönen Automobil zur Lodge. Geniessen Sie die Fahrt."

     

    Der ältere Mann verabschiedet sich mit den Worten "Alt skal bra."

     

    Der andere Mann "Er sagt, alles wird gut" [...]

    "Gute Fahrt."

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  2. Einige Zeit später ist ein sonores, tiefes und gleichmässiges Brummen zu hören - das Brummen eines Benzin-Motors, ruhig und ohne jede Fehlzündung.

     

    Dann fährt ein Rolls-Royce 40/50, aus einer Scheune in der Nähe, auf den Bahnhofsplatz hinaus.

     

    Ein schwarzer Wagen, mit Weisswand-Reifen und Faltverdeck. Der Wagen fährt offen.

    Der Sechs-Zylinder-Motor schnurrt wie ein Kätzchen.

    Dwight lässt sein Automobil beladen und einige Münzen wechseln den Besitzer.

    Dann setzt der Wagen zurück. Dwight steigt aus, geht zur Beifahrertür und öffnet diese.

    "Meine Damen? Wünschen Sie ein Taxi zur Lodge?"

  3. Niemand beachtet die einsame, weinende Frau, die vor einer der Leichen im Schnee am Boden kniet.

     

    Dann zerstreut sich die Menschenmenge langsam. Tuschelnd. Gestikulierend. Weinend. Ins Gespräch vertieft.

     

    Schliesslich bleibt die Frau im Schneeleoparden-Mantel allein vor dem Bahnhof zurück, unsichtbar, denn der Mantel umhüllt ihren schlanken Körper wie eine Tarnkappe.

    Sie spürt die Kälte nicht, die sie umgibt, denn ihr Herz ist bereits zu Eis erstarrt...

    ... und ein, leicht wahnsinniges, Lächeln umspielt ihre blutroten, vollen Lippen.

  4. Momentan sieht es so aus, als würden die Leichen noch obduziert werden müssen, um die exakte Todesursache jeder Person zu klären.

    Das würde dann in Lillehammer geschehen müssen, denn dort steht das nächste Krankenhaus.

    Der übliche Weg ist dann die Überführung nach Deutschland, Frankreich oder in die Schweiz.

    D.h., sobald sein Gesicht mit Schnee bedeckt wurde und er dort liegen bleibt, siehst Du ihn nie wieder...

  5. Auf dem einzigen Bahnsteig in Lom herrscht nun reges Treiben.

     

    Als einziger Schwerverletzte wird der Ägypter auf eine Tragbahre gelegt und zum Arzt gebracht, wobei sein Erscheinungsbild bei den Einwohnern für Interesse und Neugier sorgt.

     

    In der Arztpraxis wird dann die Erstversorgung kontrolliert, die Vitalfunktionen überprüft und der Körper stabilisiert und weiter ruhig gestellt...

    Dann überlässt der Arzt die weitere Versorgung einer Krankenschwester, nimmt Medikamente aus dem Arzneischrank und eilt zum Zug.

     

    Derweil nimmt die Lok Wasser auf und bunkert im Tender Kohle.

     

    Danach werden die Toten aus dem Zug getragen.

    Die Bewohner von Lom sind zutiefst schockiert, als immer mehr tote Körper den Zug verlassen und neben dem Bahnhofsgebäude in den Schnee gelegt und mit Schnee zugeschaufelt werden, um sie so den Blicken der Umstehenden zu entziehen.

     

    Nordgrens Leiche verlässt als erstes den Zug und wird rechts neben dem Eingang zur Bahnhofshalle aufgebahrt. Alle darauf folgenden Körper werden jeweils rechts davon in den Schnee gebettet.

    Auf Nordgren folgt der zerrissene Tote.

    Dann drei weitere tote Männerleichen.

    Die Leiche einer jungen Frau.

    Der Leichnam des Mädchens.

    Ein weiterer toter Fahrgast.

    Der zerquetsche Maschinist.

    Ein älterer männlicher Toter.

    Der tote Koch.

    Die zwei toten Zugbegleiter vor Abteil 11.

    Toter Schaffner und Zugbegleiter in Abteil 16.

    Ein toter Passagier vor Abteil 17.

    Und als letztes schliesslich Hans toter Körper.

    Als die Menschen in Lom das Ausmass der Gräueltaten erblicken, fangen viele zu Weinen und Schluchzen an. Viele wenden sich erschüttert von der Szenerie ab.

     

    Hinzu kommen noch etliche Vermisste, die in die weisse Hölle flohen und dort den Tod finden werden, wenn keine schnelle Rettung erfolgt.

     

    Gleichzeitig findet das Beladen des Zuges statt.

    Helfer mit Decken, Freiwillige mit Schneeschuhen, zwei Jäger mit ihren Spürhunden. Schlitten zum Transport.

    Die zwei Konstabler und als Letzter betritt der Arzt mit seiner Tasche den Zug, der sich sogleich in Bewegung setzt, um den Verschollenen zu Hilfe zu eilen...

  6. Nach und nach kommen die Reisenden in die Bahnhofshalle.

    Eine Frau ruft erstaunt "So wenige? Nur so wenige haben überlebt."

     

    Es dauert nicht lange, dann kommt Hektik in die Wartenden. Ein Konstabler bahnt sich seinen Weg in die Mitte der Gruppe.

    "ICH BITTE KURZ UM IHRE GESCHÄTZTE AUFMERKSAMKEIT! Der Zug muss schnellstmöglich zurück fahren, um die Vermissten zu suchen, die sich im Schneesturm verirrt haben. Geben Sie bitte Ihre Reisepässe ab und holen Sie Ihr Gepäck aus dem Zug, falls nötig. Wir brauchen noch 30 Minuten für die Vorbereitungen, dann fährt der Zug wieder zurück. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Alles wird gut!"

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