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[Sammlung] Der Schrecken des Alltäglichen


Laird Floyd
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Hallo alle miteinander,

 

vielleicht hat ja der eine oder andere von Euch Lust, dabei mitzumachen, eine Sammlung von Ereignissen oder Situationen zu erstellen, die bei den meisten Cthulhu-Spielern (oder auch in anderen Systemen) direkt oder indirekt die Alarmglocken schrillen lassen. Egal ob sie einfach nur das Gefühl bekommen, dass irgendwas nicht stimmt, irgendwelche Archetypen angesprochen werden, oder etwas als bedeutsam erscheint, dass vielleicht vollkommen ohne jedwede Bedeutung ist.

Man könnte also sagen, dass es eine Sammlung von genau den alltäglichen Dingen wird, die im outgame zumeist übersehen werden würden, aber deren Nennung ingame für Kopfkino in Reinkultur sorgen kann.

 

Hier ein paar Dinge, die mir letzte Nacht vor dem Einschlafen noch eingefallen sind:

 

  • Ein Verkäufer gibt mehr Wechselgeld zurück, als notwendig
     
  • Die Seife im Badezimmer hat eine andere Farbe als sonst, obwohl es der selbe Hersteller ist
     
  • Ein Wildfremder nickt einem der Ermittler auf der Stra?e freundlich zu
     
  • Auf der Stra?e sehen die Ermittler am selben Tag zwei unterschiedliche Leute mit ein und dem selben auffälligem Kleidungsstück oder Gegenstand
     
  • Eine ooder mehrere Hausangestellte oder Freunde fahren zusammen in den Urlaub und bitten die Helden, sie zum Bahnhof / Flughafen oder so zu bringen (so richtig mit Koffern und allem drum und dran)
     
  • Zwei unterschiedliche Freunde sprechen die Ermittler im Plauderton darauf an, ob sie dieses eine neue Buch schon gelesen hätten. Es ist ein ganz normaler Roman
     
  • Ein Ermittler träumt von seinem Lieblingsessen - und das gibt es dann am nächsten Tag
     
  • Die Ermittler gehen essen, einem schmeckt es total versalzen, die anderen haben das Gefühl, es schmeckt normal
     
  • Geburtstagsfeier mit Freunden: es ist eine ganz normale Feier, so detailliert wie möglich beschreiben - dabei merken die Spieler vielleicht auch, wie andersartig sie bereits gegenüber den normalen Bürgern geworden sind...
     
  • Ein Freund der Ermittler adoptiert ein Kind aus dem Waisenhaus - ja, es ist ein ganz normales Kind, auch wenn es auffällig schüchtern wirkt (was normal ist)
     
  • Das Telefon klingelt, und der Anrufer legt nach dem Abheben durch einen Ermittler einfach wieder auf. - Kann auch mehrmals angewandt werden...

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Hmm.

Im Prinzip ist doch alles, was man als SL gezielt erwähnt, und was einem komisch vorkommen KÍNNTE, ein Item auf dieser Liste...

 

Das liegt doch daran, dass der SL die Augen und Ohren des SCs ist, und seine gesamte Wahrnehmung abbilden sollte. Da das aber nicht geht, muss sich der SL auf spezifische Sachen konzentrieren, die entweder gerade besonders interessant für den Charakter sind, oder die ihm besonders auffallen.

Die andersfarbige Seife würde, wie Du ja bereits gesagt hast, niemandem sonderlich auffallen. Und auch die Frage des "an den Bahnhof"-Fahrens lässt niemanden mit der Wimper zucken. Allerdings kollidiert da entweder die spezifische Nennung durch den SL (Seife) oder die konkrete Assoziation mit zukünftigen Problemen mit der Spielererwartung...

 

Beispiel 1:

SCx: "Ich sehe mich in dem Zimmer der Pension um."

SL: "Das Zimmer ist nicht allzu gro?, mit einem kleinen Fenster am anderen Ende, einem ungemachten Bett sowie einer Kommode mit daraufstehender Waschschüssel rechts daneben. An der gegenüberliegenden Wand befindet sich ein Tisch mit einem Block Schreibpapier, einem Federhalter darauf und drei Büchern, eines davon aufgeschlagen. Der zugehörige Stuhl ist an den Tisch geschoben. Alles in Allem sieht das Zimmer ziemlich aufgeräumt aus."

SCx: "Ich sehe mir das Buch/die Bücher/den Block mal genauer an..."

 

So würde ein SL wohl das Zimmer beschreiben, wenn es nur um das geht, was der Charakter tatsächlich wahrnimmt. Geht er sogar noch mit einer bestimmten Zielsetzung (Schriftstücke und Bücher des Verrückten Reisenden finden) in das Zimmer, wird es womöglich noch kürzer:

 

Beispiel 2:

SL: "Das Zimmer ist nicht allzu gro?, sehr spartanisch eingerichtet mit Bett, Kommode, Tisch und Stuhl. Auf dem Tisch siehst Du drei Bücher (eines davon aufgeschlagen) sowie einen Schreibblock liegen."

 

Würde der SL einen solchen Vorab-Filter nicht einschalten, so dass der Spieler quasi alle Wahrnehmungen des Charakters beschrieben bekommt, würde das ein ziemlich unendliches Unterfangen sein, und man würde zu keinem Ende kommen.

 

Beispiel 3:

SL: "Als Du die Hand auf die Klinke des Zimmers legst, durchfährt Dich ein leichter Schauer, und Deine Nackenhaare stellen sich auf. Du bemerkst es fast nicht, aber ein leichter Luftzug geht durch den Gang, in dem Du gerade stehst. Der Türgrif, ein länglicher Metallgriff aus einem gelblichen Metall (wahrscheinlich Messing) fühlt sich kühl und irgendwie hart und leicht klebrig an. Auch könnte er mal wieder geputzt werden, denn er wirkt blind. Du drückst ihn herunter, und vernimmst ein leises Quietschen, als Metall auf Metall schabt. Der Mechanismus der Türklinke bietet kaum Widerstand, aber ob der etwas klobigen Form und der ungewöhnlichen Höhe, in der der Griff angebracht ist, musst Du Dich fast schon unangenehm weit vorbeugen, um ihn zu drücken. Dann schiebst Du langsam die aus dunklem, polierten Holz bestehende Tür (die ganz leicht nach Wachs und Honig riecht) auf, gegen den minimalen Luftdruck, der dagegenhält. Leicht schabt die Tür am Boden (er scheint uneben zu sein), und Du bringst nahezu unmerklich etwas mehr Kraft auf und schiebst sie auf. Die Angeln quietschen leicht und könnten wieder geölt werden. Als Du die Tür einen Spalt aufgeschoben hast, musst Du schon blinzeln, denn Dir scheint das grelle Licht der aufgehenden Morgensonne entgegen..."

 

Der Charakter ist noch nicht einmal im Zimmer. Und dabei hat der SL noch lange nicht alle Wahrnehmungen beschrieben, die der Charakter mitbekommt. Dinge aus den Augenwinkeln, Gerüche, Tastsinn, Geschmack etc. sind viel detaillierter, wenn das Gehirn nicht preselektieren würde.

Und die Aufgabe des SL ist nicht nur die des preselktiven Gehirns, sondern mehr noch die einer Art Gatekeeper, der zusätzlich nur die (für ihn, den Plot, die Atmosphäre, den roten Hering, oder den SC) relevanten Informationen an den Spieler weitergibt.

 

Also zurück zu Beispiel 1.

Jede weitere Information, die nun vom SL präsentiert wird, wird unweigerlich vom Spieler als ungewöhnlich betont aufgenommen. Das zerknüllte Papier unter dem Bett, der schimmlige Fleck an der Wand neben der Kommode, der Geruch nach saurem Schwei? etc. - all das wird zunächst einmal aufgenommen. Ob es dann als ungewöhnlich oder wichtig definiert wird, hängt vom Spieler ab. Wie er seinen Charakter spielt, wie erfahren der Spieler ist, wie gut er seinen SL kennt etc.

 

In diesem Zusammenhang kann IMHO alles, was beschrieben wird und nicht in die Erwartungshaltung des Spielers passt, als ungewöhnlich wahrgenommen werden. Und damit unter Umständen die Warnglocken des SL zum Leuten bringen.

Ich füge meinen Beschreibungen daher nahezu immer ein paar obsolete Informationen hinzu, die dann seltsam wirken können - und überlasse es den Spielern, sich drum zu kümmern oder sie zu ignorieren. Das führt dann eben auch dazu, dass ein SC mal wichtige Dinge als unwichtig abtut - eben, weil der Charakter der Sache im Gesamtbild keine Bedeutung zumisst. Eine Situation, die durchaus realistisch ist...

 

Ganz wichtig:

Ich will diesen Thread überhaupt nicht abschie?en oder schlecht reden, aber mit meinem Post zu Bedenken geben, dass einer solchen Liste kein Ende gesetzt ist, da wirklich alles darauf landen kann.

 

Im o.g. Post würde es genauso seltsam wirken, wenn der SL gezielt genau das Gegenteil beschreibt:

- Eine Verkäuferin gibt dem Charakter den exakt abgezählten Betrag Wechselgeld mit. (Warum hat der SL das jetzt gesagt?)

- Die Seife im Badezimmer sieht genauso aus wie sonst, ist aber von einem anderen als dem gewohnten Hersteller

- Jemand auf der Stra?e scheint den Charakter total zu ignorieren

etc.

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  • 2 weeks later...

Super beitrag Dumon

deine sl fomulierungen sind ja an sich schon spannend zu lesenn :D

und die anregungen und aussagen ünterstütze ich voll und ganz: alles was der sl sagt erscheint für den spieler wichtig au?er man sagt sowas wie:

SC: "Ich sehe mir das zimmer der Pension genauer an"

SL: "Ein ganz normales mittelklasse Pensionszimmer. Etwas unaufgeräumt vielleicht aber nichts ungewöhnliches."

 

 

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Es kommt wohl auch darauf an wie wohl dosiert und in welchem Kontext man solche "nebensächlichen Dinge" beschreibt.

Ich will eigentlich das Thema garnicht weiter ausrollen, da Dumon bereits erstklassig den Nagel auf den Kopf getroffen hat - jedoch will ich kurz noch zwei positive Beispiele für "verwirrende" Nebenbeschreibungen nennen. Beide Situationen ergaben sich in meiner Spielergruppe:

 

1. - Spieler schleichen in ein unbeleuchtetes Treppenhaus. Das Treppenhaus wurde kurz aus einer Mischung von dunkel, schwarz und tiefschwarz beschrieben - mit Ausnahme von einem kleinen roten Punkt am oberen Treppenabsatz....

Die Spieler tauchten erstmal in Deckung ab und diskutierten eine Ewigkeit rum, wie man nun die rauchende Wache vom Treppenabsatz weg bekommt.

Irgendwann begriffen die Spieler dann, das der kleine rote Punkt keine Kippe, sondern ein Lichtschalter mit kleiner Dimlampe war... :D

 

2. - Szenario in einem Hochhaus, in dem es einige merkwürdige Dinge zu klären gab: Zwei meiner Spieler lieferten sich in einer fahrenden Fahrstuhlkanine (!) einen Kampf mit einem Kultisten. Zwar hatten beide ihre Schusswaffen gezogen, das ganze mündete jedoch in einem chaotischem Hadgemenge, welches sich relativ lange hinzog.

Als der Gegner mit hängen und würgen zu Boden gebracht wurde, erwähnte ich mit genaus so hektischer Erzählweise wie der Kampf beschrieben wurde, das sich plötzlich die Fahrstuhltüren öffnen.

Meine Spieler waren durch den kampf inzwischen so paranoid, das Spieler eins hastig erwiederte:" Ich feuer sofort" und Spieler zwei sich direkt anschloss.... Nachdem dann also eine handvoll unschuldiger Passanten umgeschossen wurden, ahnten meine Spieler, das sie gro?en Mist gebaut hatten.... :rolleyes:

 

Das sollen nur zwei Beispiele sein, wie man Spieler situationsbedingt gut aufs Glatteis führen kann.

Eine Liste solcher Dinge braucht es meiner Meinung nach nicht, nur einen Spielleiter, der gut beschreiben kann und auch ganz normnale Alltagsdinge in passanden Momenten gut einbauen kann.

Jedoch sollte man das auch nicht zu oft machen, da sich dieser "Running-Gag" auch schnell selbst auslutschen kann.

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