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[Nightmare in Norway] Ricks "Nightmare" Tagebuch


Der Läuterer
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Alles über Rick.
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Ein Abriss des Notizbuchs (Fiktion):
[...] Als ich das Glitzern in Hasans Augen gesehen habe, da ist mir klar geworden, dass ich das Richtige getan hatte. "Schnee", hatte er geplappert, "ich werde meinen ersten richtigen Schnee sehen!" Ja, das wirst du, habe ich gemurmelt und ihm eine Hand auf die breite Schulter gelegt. Wie er so da stand und mich breit und froh anlächelte, ist mir warm ums Herz geworden. Und zugegeben, ich beginne mich selber auf die Reise zu freuen.
Die Norwegische Winterwelt ist nicht so friedlich und still, wie es den Anschein hat: Meine Recherchen haben vielmehr ergeben, dass es von Mythen, Sagen und Alpträumen bevölkert wird, die gerade den passenden Nährboden bieten für meinen neuesten Roman! Einfach großartig! Ich werde meine eigene Kreation sein in einer Welt aus Legenden greifbarster Natur!
[...] Ich träume wieder, der Schlaf wird mir verhasst wie eine stumme Last, die mir meine ungetilgten Sünden aus vergangener Zeit offenbart. Beizeiten, während Hasan vergnügt mit den Reisevorbereitungen zugange ist, blinzel ich manchmal in die Bruthöhle aller menschlichen Sünde, die die Masse verkommen lässt und mir mein Bewusstsein raubt. Doch wie Shakespeare einst schrieb: "Sei so keusch wie Eis, so rein wie Schnee". Ich hoffe nur, ich kann des alten Barden Rat befolgen und werde nicht zu eben jenem trügerischen Winterland voller Alpträume, in das ich mich bald schon begebe. Ich hoffe wirklich, ich kann widerstehen und rein bleiben.

[...]

*Gekritzel am Rand* (Realität)
"Eines der traurigsten Dinge im Leben ist, daß ein Mensch viele gute Taten tun muß, um zu beweisen, daß er tüchtig ist, aber nur einen Fehler zu begehen braucht, um zu beweisen, daß er nichts taugt." - G. B. S.

Nie sind wahrere Worte geschrieben.
 

Edited by Blackdiablo
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Notiz (Realität/Fiktion):

Ich bin vielleicht kein Christ, das heißt aber nicht, dass nicht auch ich von der Urmutter aller Sünden der Menschen betroffen bin. Es ist mein Stolz, der mich verrät, und ich glaube, das wird meiner stummen Leserschaft früher oder später auch klar werden. Mein Name ist Rick Fairwell. Bin ich es wirklich? Sind wir nicht alle das Produkt eines größeren Ichs?

 

R. F.

 

Tagbucheintrag (Realität):
[...] Ich komme dem Geheimnis auf die Spur. Was ich geworden bin, ist nichts Weiteres als ein Erzeugnis anderer Menschen. Poe, Shakespeare, selbst dieser gottverdammte Howard Phillips Wilde, sie alle bestimmen, wie sich das leere Blatt füllt, das ich immer war und immer sein werde. Ich schreibe und verschleiere meine Fiktion nun in das zeitlose Stück, das andere ihr Leben schimpfen. Werden die anderen mich als den Menschen sehen, der ich wirklich bin? Es bleibt abzuwarten.

[...]

Edited by Blackdiablo
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Nach dem Fast-Aufenthalt im Salon (Fiktion):
[...] Sie wissen es. Kann es sein? Sie wussten es. Schon immer. Ich darf mir nicht länger etwas vormachen. Er beobachtet mich. Müsste ich ihm einen Namen geben, so hieße dieser Jackson. Er ist die Paranoia.
Auf meiner Reise stiert er mich an, heute, da hat er den letzten Schritt gewagt: Er sprach mich an. Ganz plötzlich! Schaurig kaltes Entsetzen packte mich und ich schlug ihn. Alle - sie alle ganz ohne Ausnahme! - haben es gesehen und als er blutend und grinsend gen Boden geschmettert war, da wusste ich, dass er gewonnen hatte. Ich brauchte nicht einmal mehr zu hören, was er mir zuflüsterte. Ich wusste bereits, dass es vorbei war: "Schade, Fairwell! Deine Reise ist hier zuende!" Da stürzte ich ab ... und er lachte.

Nach dem "Zusammenstoß" mit Schmidt vor Contessas Zimmer (Realität):
Meinen Finger lasse ich nun erneut über die Zeilen fahren, die mir insgeheim immer Halt gaben, ist ihre Quelle doch jene der reinen Fiktion eines Genies:
"Und mir bleibt nun nicht länger vergönnt, meine Augen nicht auf jene Untiere zu richten, die deren Aussehen menschlich, aber vom Herzen her Schnecken sind! Während die Maden sich nähren und verzücken Vergangenes zu speisen, so fressen diese Schnecken sich in das Herz des Lebens selbst! Und, oh, sie fressen, diese Schnecken! [...] Lieber beobachte ich der Maden Werk an Totem, als das der Schnecken am Lebendigen. Niemals sind diese satt, sie geifern und schlingen und zehren dem Leben noch die allerletzte Frucht ab! [...]
Sie sind der Makel der Schönheit dieser weiten Welt und so meide ich sie. Ich lasse sie fressen und fressen und fressen, nenn mich ruhig einen Feigling! Ich lebe lieber und gebe mich nicht mit Untieren ab, die den Namen des widerwärtigsten Geschöpfes auf dieser wunderschönen Welt tragen." - Howard Phillips Wilde: "The Day's End", "Über die Schnecken"*
Ich habe mich über meinen geheimen Mentor erhoben. Er mag ein Feigling sein, aber ich bin der Läuterer. [...] Hab ich es ihm nicht gezeigt? Na? [...] Lieber nehme ich die Sünde auf mich, als dass dieser furchtbare Mensch weiter frisst an dem, was ich doch trotz allem über alles liebe.

 

 

 

 

 

 

[* Anmerkung von mir, also Blackdiablo, mir: Howard Phillips Wilde, der noch desöfteren mal erwähnt werden wird oder worden ist, war ursprünglich ein RPG-Charakter aus meiner Runde, der eben dieses fiktionale (!) Werk geschrieben hat, "The Day's End". Sein Schicksal ist relativ unerheblich für diese Runde, nur scheint sein philosophisch (und trotzdem rein als fiktional gedachtes) Werk bei einigen Ästheten Anklang zu finden oder gar Übereinstimmung bei seinen kontroversen, geistigen Ergüssen in dem Roman. Ich fand, zumindest das sollte einmal klar und offen gesagt werden, denn ich bin bekanntlich ein Fan von netten Verknüpfungen mehrerer Geschichten, weswegen sie recht häufig (heimlich und unbemerkt) bei mir vorkommen.]
 

Edited by Blackdiablo
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Notizen (Realität):

  • den Mann im Schatten aufzusuchen; WEIß ER ETWAS???
  • Schmidt; an ihm ist mehr dran, ist nicht nur ein Arschloch, hat ein Geheimnis; WELCHES???
  • Hasan; weiß am besten, wie vorzugehen ist
  • Contessa, weiß sich zur Wehr zu setzen; GEFÄHRLICH? Kenntnis über Norwegen; NÜTZLICH?!
  • Petuchowa; geheimnisvoll; Beobachterin; WEIß SIE MEHR???
  • Brauche etwas gegen diese Schmerzen in meinem Kopf; die Reise macht mich krank
Edited by Blackdiablo
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Nach dem Fast-Aufenthalt im Salon (2) (Fiktion):

Ich rannte auf meine Kabine, der Hohn seiner Stimme jagte mich. Er jagte mich. Ich taumelte in meine Kabine und warf die Tür zu. Zu spät, sein Fuß trat die Tür auf und nichts als Hohn war sein Begleiter. "Sieh mich an!", das schrie er, aber ich gehorchte nicht. "Sieh mich an, gottverdammt!"
"Nein", schluchzte ich, denn ich wusste, er konnte mir nichts tun. Da packte er mich am Kragen und schleuderte mich in den Schatten im hinteren Teil meiner Kabine. "Jetzt bist du zuhause!", kicherte er. Ist das zu fassen?!

Er schlug und trat und stampfte, bis mein ganzer Körper übersät war mit den Mahnmalen meiner Sünde. Da griff ich in meinen Mantel und zog meine Waffe.

"Mach nur", höhnte dieser Kerl, der leibhaftig vor mir stand. Er wollte es, ich tat es.
"Von dir unterscheide ich mich dadurch, dass ich tue und nicht vermeide.", flüsterte ich voller Genugtuung. Der Schuss war im Zug nicht zu hören, der Schalldämpfer schluckte den Laut, auf den nur Unheil folgen kann. Kaum Blut lief über den langen, braunen Mantels meines Gegners.

Seinen Leichnam verschanzte ich unter meinem Bett, die Decke erstickte schließlich das Grinsen aus seinem Gesicht. "'Selbst im Grabe ist nicht alles Bewusstsein geschwunden', Poe, "Wassergrube und Pendel"", murmelte ich und ging zur Tür hinaus zurück in die Welt. In den Salon.

Es war leichter, es getan zu haben, als darüber nachzudenken, es zu tun.
 

Edited by Blackdiablo
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Fortsetzung, nicht genau zu erkennen von wann, vielleicht entstanden während der Apathie? (Fiktion):

[...] Aber das war nicht richtig. Nein. Weder unter dem Bett, noch sonst irgendwo lag der blutige Beweis meines Tatendrangs. Das Blut war noch da, freihlich, aber was hieß das schon?

Jackson war fort, war ein trügerisches Phantom, ein grausiges Phantom und er hatte mir etwas dagelassen. Ich drehte das kleine Zettelchen, das aus meinem eigenen Notizbuch gerissen sein musste, und studierte die Buchstaben: "dich gibt es nicht wirklich - P. A. ", stand dort und mich schauderte es am ganzen Körper.

 

War Jackson überhaupt sein richtiger Name gewesen? Jemals?!

Edited by Blackdiablo
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Kurzer Tagebucheintrag, der plötzlich nach der Apathie in meinem Tagebuch steht (Realität):

Contessa, was hat es nur mit dir auf sich? Bist du eine Mörderin oder ...?

"Ich werde dir helfen, die Dämonen zu bekämpfen. Ich werde sie für dich vernichten ..." Das hat sie gesagt und ich spüre, dass sie meint, was sie sagt. Erst jetzt realisiere ich, was diese Worte für mich bedeuten könnten.

Ich bin in der Lage mich selbst zu reflektieren und ich bin kein guter Mensch, ich [...] hoffe zu glauben, dass diese Reise nach Norwegen mir hilft, mit meinem alten Ich abschließen wird. Ich erledige, was ich mir vorgenommen habe und ziehe einen Schlusstrich. Mein Begleiter hilft mir dabei.

Aber kann diese Frau mir helfen? Diese junge unerfahrene Dame? Ist sie schließlich doch keine Mörderin, sondern der Engel, der das Martyrium meiner Erinnerung beenden wird?

Pah! Dafür müsste ich diese gefräßige Schnecke als den absoluten Urvirus meiner vergangenen Sünde betrachten, den sie nun von der Erde getilgt hat! Das ist er nicht! Er ist nur ein einziger, unbedeutender Stein in der Lawine, die in meinem Kopf vor Jahren ins Rollen gekommen ist.

Contessa hat ihn beseitigt, sollte ich doch eher etwas von dieser Frau lernen, als dass sie mir hilft zu vermeiden, wie es der feige H. P. Wilde vorschlägt?

Edited by Blackdiablo
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Fortsetzung, vielleicht während der Apathie? (2) (Fiktion):

Ich trat hinaus in den Gang und sah, dass die Deckenbeleuchtung ausgefallen war, von weiter entfernt hörte ich das unheimliche Pfeifen des Fahrtwindes, das von einem offen gelassenen Fenster herrühren musste.

"Hallo?", rief ich und schaute noch einmal auf den Zettel in meiner Hand. P. A., wer soll das sein? "Hallo?" Keine Antwort, nur das geisterhafte Heulen. Ich schaute in meine Jackentasche, überprüfte, ob meine Waffe noch an ihrem Platz war, und nickte zufrieden und entschlossen. Wie kurz nach dem Mord trieb es mich zu dem Salon, vielleicht, um der frivolen Gesellschaft ins Gesicht zu grinsen, während ich wusste, was ich getan hatte, und sie nicht.

Ich stieß die Tür auf, erwartete in einen gleißenden Schein getaucht zu werden, hörte fast die Stimmen meiner Mitreisenden ("Aaaah, da sind Sie ja, Fairwell, gesellen Sie sich doch zu uns!"), doch was mich empfing, war nichts als Leere. Mein Grinsen erstarb.

"Hallo?!", krächzte ich. Ich war allein. Noch ehe ich den Gedanken registriert hatte, murmelte ich: "Ein Geisterzug ..." und trat in die stumme Krypta, in die sich der einst so belebte Raum verwandelt hatte.

Alle fort ... Sie alle sind fort ... Allein, ich bin allein ... Hasan ... wo ist Hasan?

Ich setzte mich an die Bar und rieb mir die Stirn (diese Schmerzen, oh, diese verdammten Schmerzen!), da setzte ein Jemand mit Nachdruck ein Glas vor mir auf den Tresen. KLACK! Ich sah nicht hin, schloss bloß die Augen.

"Sie sind Rick, nicht? Rick Fairwell?"

"Ich weiß es nicht ...", stöhnte ich.

Amüsiert: "Sie wissen es nicht?"

"Ich dachte es, aber ..."

"Wissen Sie, wer Sie sind? Sie sind ein Mörder."

"Ich ... bin ein Mörder."

"Richtig, genau das sind Sie. Trinken Sie das." Der Jemand schob das Glas näher heran und ich umklammerte fest die angenehm feuchte Oberfläche. Dann trank ich das Glas aus (Nein! Nein, nein! Die ewige Wiederkehr, du wirst aus dem Teufelskreis nicht herauskommen, du ...!).

"Geht es Ihnen nun besser?" Ich nickte beschämt und schob das leere Glas wieder zurück. "Gut."

"Wer ...?", krächzte ich und spürte, wie mein Magen gegen den Alkohol rebellierte. "Wer sind Sie?"

"Ich?", meinte er, "Man nennt mich Mr Anderson. Ja, das bin ich."

"Sie verstehen mich falsch ... was ..." ... passiert hier nur?

Er schien meine Gedanken gelesen zu haben, denn er entgegnete: "Ich kämpfe gegen Sie an. Das ist los. Sie sind hier und wollen nicht gehen. Verflucht, Sie wollen einfach nicht aus meinem Leben verschwinden!"

"Wo ist Hasan?"

"Hasan bin Al-Saul meinen Sie? Den gibt es gar nicht."

Da kam mir alles hoch, ich fiel von meinem Barhocker und kroch auf allen Vieren zur Tür. Hinter mir zog ich eine widerwärtige Spur aus Alkohol und Erbrochenem her.

"Sind noch nicht bereit, wie? Ich gebe Ihnen Zeit, Mr Fairwell." Ein gutherziges Lachen. "Um genau zu sein, haben Sie solange Zeit, wie dieser Zug fährt."

Edited by Blackdiablo
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  • 2 weeks later...

Nach dem kurzen Schlaf (Fiktion):

Ich stieß die Tür auf und wollte wegrennen und was in Gottes Namen sah ich da vor mir? Den Salon! Ich war im Kreis gegangen! Wieder rannte ich zu der Tür und wieder stieß ich sie auf und wieder kam ich in den Salon. Ein Kreislauf, ein ewiger Kreislauf.

"Hölle ist Wiederholung", keuchte ich, während meine Umgebung wie Wachs schmolz und sich verformte.

"Sie haben nur eine Chance", sprach eine weibliche Stimme auf Italienisch. "Aus diesem Zug kommt nur einer von Ihnen beiden heraus, Rick. Er oder Sie. Auf Hasan können Sie nicht bauen, den gibt es nicht wirklich."

"Aber warum", schrie ich und ich hielt meinen Kopf, damit er unter den Kopfschmerzen nicht barst. "Aber warum tut dieser Anderson mir das an?!"

"Diese Antwort kennen Sie, Rick. Sie sind ein Mörder. Er ist der Richter. Es kann nur einer von Ihnen übrig bleiben."

Ich konnte sie nirgends ausmachen, immerzu verschwamm meine Sicht, sodass sie in wabernde Schatten gehüllt war.

"Wenn Sie es sind Contessa", keuchte ich. "Wenn Sie es sind, dann helfen Sie mir."

"Ich helfen Ihnen bereits, Rick." Die verschwommene Gestalt hielt sich etwas (eine Waffe!) an den Kopf. "Ein Leben zu beenden ist sehr leicht, das haben Sie gesagt."

"NEIN! So etwas würde ich Ihnen niemals raten!"

"Und doch haben Sie es getan, mögen Sie sich auch nicht mehr daran erinnern."

"Mich nicht erinnern? Ich weiß doch wohl, was ich zu Ihnen gesagt habe!"

"Rick, Sie sind nicht der Einzige, der eine Last zu tragen hat ..." Der Arm hob sich ein wenig.

"Nein, tun Sie das nicht! Diese Geschichte gerät komplett aus den Bahnen, das war alles so nicht vorgesehen. SIE waren nicht vorgesehen! Wer ist Anderson, sagen Sie es mir! Es ist ungeheuer wichtig, bitte, Contessa, Sie sind mir das einzig Vertraute auf dieser Zugfahrt!" Mit ganzer Kraft hievte ich meinen geschundenen Körper empor und torkelte in ihre Richtung. "Bitte!"

"Wenn Sie es nicht mehr aushalten, die Fahrt, meine ich, denken Sie daran, es ist nur ein kurzer Druck, kein Schmerz. Es ist keine Schande aufzugeben." Sie spannte den Hahn und schoss. Ihre Körper kippte zur Seite und ich griff gierig nach der am Boden liegenden Waffe.

Ängstlich und mit bebendem Körper kroch ich fort von ihr zu der Bar und fragte mich, wie es soweit kommen konnte, was passiert war, sodass ich die Verbindung zur Realität so hatte verlieren können. Ich weinte viel, während ich ein Glas nach dem anderen trank und sah sehnsüchtig auf die Waffe der armen Contessa, deren Existenz allein ich ins Verderben gestürzt hatte. [...]

Was bleibt noch groß zu erzählen, wo doch nichts mehr stimmte?

Etwas später kam er. Ich sah ihm ins Gesicht. Endlich. Ich sah ihm ins Gesicht. Dann erfuhr ich seinen Namen. Und erkannte, was für ein Monstrum ich all die Jahre gewesen war. Er sprach mir gut zu, meinte, ich hätte die freie Wahl, ob ich leben oder sterben wollte. Da wäre kein Kampf mehr zwischen ihnen. Es gäbe auch keinen Haken. Es ginge um uns beide, ihn und mich, und er vertraue mir nach der Erkenntnis der Zugfahrt die Entscheidung darüber an, ob ich weiterleben wollte oder nicht. Das war fair, oder nicht? [...]

 

Anderson dieser stolze Bastard hat mir die Wahl gelassen. MIR. Dem Mörder aller Mörder! Ich spüre Unsicherheit in mir, eine unglaubliche Zerissenheit!

Da ist der Gedanke, was ich alles erreichen könnte, wenn ich diese Schnecken, Maden, Schweine, Tauben, Schafe ausmerze, so ungerecht es auch ist zu morden. Ich würde ihren Kreislauf durchbrechen! Auch Hasan wäre dann bei mir, er würde dem blutigen Pfad seines Gottes folgen und unsere Wege würden sich auf ewig kreuzen! Anderson würde sich nicht wehren, nein, diese Made würde als erste fallen!

Oder ich lasse Hasan sterben. Den guten armen und doch unerbittlichen Kämpfer von Ehre und Eifer! Ihn gibt es nicht wirklich, hat Anderson gesagt und Contessa auch, also MIR kommt er real vor, aber vielleicht ... [...] Zudem, wenn ich einmal tot bin, vielleicht sprießt dann nicht jederorts die Sünde aus allen Ecken und Fugen! Es ist doch schon fast, als wäre sie nur dort anzutreffen, wohin ich auch gehe. Dies wäre jedenfalls der Abschied für diese Geschichte, der Abschied von Rick Fairwell, dem Mörder aller Mörder.

 

Soll es wirklich so enden? Will ich zu einem aktiven Richter werden, der auf sein eigenes Geheiß mordet und lüstert nach der eigenen Gerechtigkeit? Oder soll ich die Sünde eindemmen, indem ich den sündigsten von allen ausrotte?

 

Die Wahl liegt nun bei mir.

Edited by Blackdiablo
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Das Geschriebene aus der Trance, bevor Rick Hasan vor seinem Tod rettet (Rand zwischen Fiktion und Realität):
Ich schreibe dies hier und bin am Ende meines inneren Haderns angekommen. Zu Beginn sollte diese Geschichte über die Schrecken Norwegens handeln, es sollte nicht mehr als eine kleine Horrorstory werden, gewürzt mit meinem Leben und dem, was ich gerne leben würde. Ich war noch nie allzu gut im Schreiben, ich bin eher der Schwamm, der Geschriebenes aufsaugt. Es hätte ein glanzvoller Neuanfang werden können: Ich der Schreibende statt der ewig Lesende.
 
Dies ist meine erste Geschichte und während ich so auf die ersten paar Seiten blättere, finde ich jenen Eintrag: "Ich werde meine eigene Kreation sein in einer Welt aus Legenden greifbarster Natur!"
Tja, so ist es leider nicht gekommen. Ich habe versucht, mich im Irrealem zu verstecken, ich dachte, die Welt sei ein mythischer Ort, in der die Sünden selber kaum den größten Schrecken darstellen. Eine Welt, in die ich flüchten könnte, ohne Sorgen zu haben, verfolgt zu werden. Doch die Welt ist ein Ort, in der wir uns durch die Schwere unserer Taten definieren, eine Last, die ich anderen kaum zugestehen möchte.
 
Aber bringen wir das Ganze zu einem Abschluss, auch wenn es sich längst nicht mehr dem Format einer Schauergeschichte annähern wird.

 

[Es folgen immense Spoiler über meinen Charakter. Für diejenigen, die sich nichts verderben wollen, verstecke ich das Ganze mal ...]

 

 

Die Waffe in meinen Händen glüht förmlich und unter der Hitze des Schusses. Die Zugfahrt endet und das Ende ist glühender Stahl in dem Kopf meines Kontrahenten.

Rick Fairwell, seines Zeichens Schriftsteller und Wissender um seine eigene Fehlbarkeit, der ich nun sein werde, hat er doch als einziger die Möglichkeit, ohne schlechtes Gewissen die Schuldigen zu strafen, lebt.
Paul Anderson, ein schwacher Mann von geringem Interesse, der nicht selten darauf bedacht war, ein Teil einer zum Verderben verdammter Menschheit zu sein, stirbt.

Er war mein Ebenbild - und war es doch nicht! Er wollte mir zeigen, wie verdorben ich war, wie ich ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte, indem ich ihm einredete, ein Mörder zu sein! Narr! Nie sprach ich größere Wahrheiten, nur wollte er sie nie anerkennen! Er kämpfte gegen den Alkohol, fühlte sich stark, aber zumindest bin nicht ich der, der beim Anblick von dieser Sünde vor Schwäche zu zittern beginnt!

Der Neuanfang, die Verwandlung, die auch in Howard Phillips Wilde Geschichten im Fokus stehen, ist wohl doch noch vollzogen worden. Aus Fiktion wird Realität und aus Realität Fiktion! Paul Anderson wird auf ewig Rick Fairwell bleiben! Es wird Paul nicht länger geben außerhalb von Erzählungen, er lebt nicht länger, war vielleicht nie real.

Hasan wird real, seine Geschichte zur Wahrheit, er beginnt zu leben! Doch ich spüre ... weiß, mein Freund ist in Gefahr. Ich muss ihm helfen. Das fragile Konstrukt, das sich nun um mich herum aufgebaut hat (Rick ist real!), könnte von Hasans Leben abhängen. Der Neuanfang könnte von ihm abhängen! Das Leben des Mörders aller Mörder!

Denn wenn Paul tot wäre und Rick auch ... was wäre ich dann anderes als das fleischgewordene Nichts?!

[Der Rest der Blätter des Notizbuches sind herausgerissen und in aller Eile in Ricks Koffer gestopft worden.]

 

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  • 2 weeks later...

Tagebucheintrag, der in der Zelle während des Polizeigewahrsams geschrieben wurde (ab jetzt wird hauptsächlich nur noch ins Tagebuch geschrieben und somit bleibt es Realität):

Sie haben mich in diese Zelle gesteckt und lassen mich schmoren. Fein. Mir ist das ganz gleich! Ich bin ein selbstbestimmter Mensch, frei in meinen Handlungen und frei von meinen Tugenden. Meine Tugenden sind nichts als eine Last, die ich nun bald von mir stoßen werde, aber die Zeit muss erst noch kommen. Warten. Immer weiter warten. Ich frage mich ...

 

Was erlebt wohl Matilde im Augenblick? Sie wirkte angespannt heute morgen, als hätte sie schlecht geschlafen und ein Schreckgespenst hätte sie heimgesucht. Ich soll sie heimgesucht haben, sagt sie. Armes Ding. Sie leidet und gaukelt sich selber etwas vor. Ihr Verstand liegt in Scherben.

 

Mir geht es prächtig im Augenblick, keine Frage, seitdem ich meinen Rhythmus wiedergefunden habe, geht es mir wieder ausgezeichnet! Aber sie ... Ich wette, sie träumt. Sie wirkt wie jemand, der ständig träumt und hofft oder fürchtet, ihre Träume könnten wahr werden. Nun so läuft das Ganze aber nur selten ab. Wäre es so, würde ich nicht hier hocken und warten, ich wäre dort draußen und würde mich durch alle Widrigkeiten zu meinem Freund durchkämpfen!

 

Ich habe versucht für Hasan den Auftrag zu erfüllen, ein lächerliches Unterfangen, wie ich jetzt merke. Ein Toter braucht kein Geld und ein Erpresster keine Absolution. Ich werde diese Fahrt wohl nicht überleben, denn schon bald werde ich Ereignisse in Gang setzen, die ich nicht einmal in dieses Tagebuch zu schreiben wage. Die Sorge ist zu groß, dass dieser falsche Cop es auch noch konfisziert und dann wäre der ganze Spaß doch schon vorbei!

Sir Cleary ist ein Verlorener unter einem Meer aus anderen Verlorenen, er kann sich bloß wünschen, dass ich tatsächlich tot bin, bis ich nach London zurückkomme. Sonst wird er nur einer derjenigen sein, die unter meiner Rechtschaffenheit bestraft werden. Seine Lasterhaftigkeit schreit bis zum Himmel, ich werde sein Richter sein.

[...]

Johnson ist zurück, schließt die Zelle auf. Es geht weiter. Zu Hasan.

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  • 4 weeks later...

Am Morgen des 23.12.25 vor dem Frühstück (Realität):

Dies sind die Dinge, die ich in Erinnerung bewahrt haben möchte, bevor mein bröckliger Verstand sie unter meinen Händen fortreißt! Ich will sie nicht vergessen, also schreibe ich sie auf.

  • Matilde und ich sind nun vollends auf einer Seite. Sie vertraut mir (hoffe ich) und ich vertrau ihr (vergiss es nicht!). Wir könnten so etwas wie Freunde werden und vielleicht sind wir das auch noch bis zum Ende dieser Ereignisse. Ab dann wird sie sterben. Auf welche Weise auch immer. Ich fühle es.
  • Schütz sie schütz sie schütz sie schütz sie schütz sie schütz sie! Das ist der Schwur, den du nicht brechen darfst! Brichst du ihn, brichst du endgültig!
  • Die Waffe ist nicht real! Habe darüber nachgedacht und alles wirkt zu ... arrangiert. Ich meine, eine Patrone, ein Revolver von dem ich nicht weiß?! Hasan war sehr gut darin, Situationen hervorzusehen, aber das grenzt an Unmöglichkeit. Aber ... ich darf die Waffe trotzdem niemandem zeigen. NIEMANDEM! Auch nicht Matilde! Ich fürchte, sie würde mich verlassen und dann wär ich allein. Meine allabendliche Prozedur der Buße wird weiter fortgesetzt. Ich habe irgendwie das Gefühl, dass es egal ist, ob die Waffe nun real ist oder nicht. Wenn die Kugel losgeht, passiert etwas Scheußliches.
  • Das Messer gehört Matilde. Sie weiß nicht, dass du es hast. Behalte es. Dann hast du ein Teil von ihr, auch wenn sie fort ist.
  • Ist Hasan wirklich mein Freund oder ist er die Stimme in mir, die mich wie ein blutiger Motor antreibt? Vergiss das nicht! Hasans Rat ist zweischneidig!
  • Der Lieutnant ist ein Narr, aber ein Narr mit der Hand am fatalen Hebel. Lass es, Rick, dieser Kerl wird irgendwann selber auf die Schnauze fallen! Such dir ein anderes dummes Untier heraus, wenn es dir beliebt, aber nur, wenn der Zeitpunkt gekommen ist!
  • Denk an die Ermittlungen! Lieutnant, Kommissar, Linstrom, Bedienstete. Meinetwegen auch improvisiert.
  • Du bist süchtig. Du bist süchtig. Und deine Sucht macht es nicht besser. Nur wegen deiner Sucht musst du jetzt schon deine Gedanken aufschreiben!
  • Du vergisst manchmal mehr als du denkst. Akzeptiere es, aber bewahre es in deinem Unterbewusstsein. Schreibe dies ruhig öfter, denn diese Tatsache scheint der Vergesslichkeit besonders häufig anheim zu fallen.
  • [...]
  • Du warst in der Aufführung des Films und zwar die ganze Zeit, die ganze verdammte Zeit! Wenn es nicht so wäre, warum wären die Bilder in deinem Kopf dann so lebhaft? Du hast nichts mit dem Mord zu tun und wenn dir das jemand einreden will, zögere nicht und überzeuge ihn vom Gegenteil!
  • Der Name des Opfers lautet Olga Petuchowa. Du kennst sie. Du hasst sie. Weder das eine, noch das andere macht dich unattraktiver als Täter.
  • Howard Phillips Wilde ist und bleibt ein Gott. Aber bedenke, er ist ein Gott wie jeder andere: Er ist von seinen Anhängern erst zu einem gemacht worden. Fröne seiner Botschaft, Rick, aber andere werden deine Erkenntnisse über die wahre Gesinnung der "Menschen" nicht verstehen! Sie werden lachen und spotten, weil sie dumm sind! Du kriegst sie, du kriegst sie alle! Und wenn nicht du, dann das grausame Leben selbst. Überhaste nichts, warte ab und lass die Zeit kommen, in der sie realisieren werden, was sie wirklich sind.
  • [...]

Das ist erstmal alles. Meine Hand schmerzt. Es klopft an der Tür. Essen ist da. Ermittlungen folgen.

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