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Spielbericht: "Das größere Grauen"


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Dieses Abenteuer beinhaltet das fulminante Finale meiner Dunwich-Kampagne, das weder Spannung noch Gefühle noch Action missen lässt! :)

 

Ein letztes Mal kommt das Sandboxing-Prinzip zum Einsatz und nochmal versetzten sich alle Spieler mit der Living Cities-Variante in die Gedankenwelt der verzweifelten Bürger Dunwichs.

Ohne Umschweife knüpft das Abenteuer an diesen Ereignissen an und verwebt die beiden Zeitlinien von Dunwich und Innsmouth zu einem Ganzen. Somit ist das Abenteuer zwar erdacht, birgt aber noch immer Elemente des Abenteuers "Rückkehr nach Dunwich" mit der Änderung, dass es während der Ereignisse des Grauens von Dunwich spielt. Gespielt wurde ungefähr 6 Stunden, um alles recht befriedigend zu einem Abschluss zu bringen. Hier also ein letzter Bick auf die Charaktere:

 

[1. Patrick Jefferson] (Jäger, Doktortitel in Biologie, bei einer Bärenattacke am Rücken verwundet, will um jeden Preis diesen Bären erlegen und seiner Trophäensammlung beifügen, "Phönix", verpetzte mit Stolz einen kleinen Jungen, gefangen von den Innsmouth-Menschen gefangen genommen, bangt um sein Leben)

2. Todd Bishop (Pferdezüchter/selbsternannter Exorzist, hält sich nach einem Reitunfall für Jesus Christus, den Heiland und Erlöser, angesehenes Mitglied der Bishops "aus der Stadt", hat unbewusst seine Freunde verraten, vertrieb die Teufel aus den Kühen, ötete den "Pazifisten-Schrecken", sah das Grauen über der Farm der Fryes, works in mysterious ways)

3. Nathan Onyx (Geologie-Professor, interessiert an den Steinformationen rund um Dunwich, verlor in einer Vorlesung den Verstand und bewarf seine Studenten mit Steinen, ist nun im Kururlaub, hat "Muskeln aus Stein", "Romeo", der sich zu spät an seine Ehefrau erinnert hat ..., ... und sie und seine Affäre verlor, dem Wahnsinn nahe, verdrängt die Ereignisse, droht aber daran zu zerschellen)

4. Samuel Dawson (Metzger, Pilzsammler, sieht aus wie der Weihnachtsmann, jeder mag ihn, ist "zufrieden mit sich und der Welt", "Santa Claus" mit seinem Schlitten, süchtig nach den Kräutern Zebulons)

[5. Douglas Mooney] (Detective aus Aylesbury, gebrochen und am Boden zerstört wegen der Ermordung seiner Frau, besessen die Mörder zu finden und Gerechtigkeit wiederherzustellen, floh mit knapper Not aus Innsmouth und ist auf dem Weg nach Dunwich)

 

*[] = sind in Innsmouth gefangen/aus Innsmouth geflohen

 

Morganstund ...:

... hat Onyx im Mund. Nach den fatalen Ereignissen auf der Frye-Farm waren Bishop und Onyx gleichermaßen verstört. Während der eine sich verzweifelt an seinen Glauben klammerte, sollte der andere versuchen, die Geschehnisse zu verdrängen. Sie aßen ein üppiges Frühstück, um sich bei Kräften zu halten, als Morgan hereinplatzte. Die gesamte Nacht auf Schlafentzug hatte er sich durch die verbotene Abteilung gewälzt, um sich einen Reim auf Wilburs Tagebuch zu machen.

Es war allen klar, dass am 15. (also am nächsten Tag) am Sentinel Hill etwas Schreckliches geschehen würde, dessen Bishop und Onyx schon unfreiwillige Zeugen geworden waren. Ein Tag verblieb noch und Pläne wurden geschmiedet. Zuerst wollten sie noch einen Blick auf das Haus der Atkins werfen, in welchem zuvor das Massaker des Jüngsten stattgefunden hatte. So brachen sie auf und sahen vor sich den Schlitten Santas parken, der eilig ausstieg und eine Geschichte zu erzählen hatte.

 

Beförderung zum Krautsammler:

Die gesamte Nacht plagten den santaesken Recken Entzugserscheinungen von der Droge, die Zebulon ihm Tage zuvor angeboten hatte. Daher stieg er schon in den frühen Stunden des Tages in seinen Schlitten, um diesem einen Besuch abzustatten. "Cotton-Eyed-Joe" summend (offenbar war er der Erfinder), parkte er sein Gefährt in der Regentonne mit Mückenlarven vor Zebulons Hütte und tötete sie alle gnadenlos und unachtsam. Doch irgendetwas erschien seltsam: Die Tür war angelehnt und Dawson bekam ein ungutes Gefühl. Ein Blick in die Hütte enthüllte, dass Zebulon sich erhängt hatte. Andererseits lag ein Messer achtlos in der Hütte, das vorher nicht dort gewesen war. Der Rest schien unverändert. Er schnitt den Körper los und inspizierte die Taschen wie ein 20-cent-Junkie nach dem Stoff, den er begehrte. Zunächst fand er eine Tabakdose mit feuchten Schimmelpilzen in einem Säckchen (er steckte sie ein, um sie eventuell später zu essen), dann entdeckte er einen komischen Gegenstand in der Hand: eine Tüte mit dem begehrten Kraut und ein Zettel mit der Beschriftung "HA HA". Sich nicht weiter darum kümmernd, woher das kam, nahm er eine Hälfte des Stoffs zu sich und steckte die andere in die Tasche. Für später. Zufrieden mit sich und der Welt machte er sich auf den Weg zu Bishop, um dort auf die aufbruchbereiten Mitmenschen zu stoßen.

 

Dieser stinkende Gestank:

Informationen wurden soweit ausgetauscht und schließlich fuhren sie gemeinsam zu dem Haus der Atkins. Morgan mit einer Elefantenbüchse, Bishop mit seiner Salzschrotflinte, Dawson mit seinem Metzgerbeil und Onyx (mit einem wahnsinnigen Glimmen in den Augen) mit einer Spitzhacke bewaffnet - muss ich das kommentieren?

Am Sturmkeller war ein neues Schloss angebracht, wahrscheinlich von der Polizei, welches mit nicht wenig Befriedigung von Onyx zerschmettert wurde - er hat "Muskeln aus Stein". Von unten drang eine sporengesättigte Gestankwolke zu ihnen herauf und drehte jedem den Magen um. Dennoch gingen alle mit Tränen in den Augen nach unten, als Onyx plötzlich das Gefühl hatte, von einem gallertartigen Propfenwesen angefallen zu werden. Es drang in jede Sinnesöffnung von ihm ein und entfleuchte in sein Lungensystem! Er wand sich, doch war alles zu schnell gegangen, als dass die anderen ihm hätten helfen können. So wurde er nach oben geschleppt und alle waren froh, wieder frische Luft atmen zu können. Morgan hatte unten zudem einen Bruch im Boden erspäht, sodass die Vermutung aufkam, dass die Sporen aus dem Untergrund gedrungen waren.

Onyx war am Ende seiner Belastbarkeit. Mit vielleicht 8 zusammengekratzten Stabipunkten beäugten die anderen Spieler misstrauisch ihren einstigen Freund und auch Incharacter gab Onyx zu, keine Hoffnung mehr zu haben. Sein Wunsch sei nun, seinem Leben ein Ende zu setzen. Bishop setzte alles daran, den Mann der Wissenschaft von der Güte Gottes zu überzeugen, doch dieser blieb felsenfest in seiner Melancholie gefangen. Nach weiteren rührseligen Monologen, wütenden Ausbrüchen von Morgan und einer hinkenden Allegorie von Dawson konnte Onyx jedoch dazu bewegt werden, die (übrigens: eingebildete) Nahtoderfahrung zu vergessen und bis zum nächsten Tag durchzuhalten.

 

In der Schlucht:

Die Coldspringschlucht stand als nächstes an. Dorthin wiesen alle Spuren und die Mannschaft erhoffte sich, dort auf hilfreiche Informationen zu stoßen. Stattdessen bekamen sie das Gefühl, dass sie nicht hier sein sollten. Nach und nach sahen alle ein, dass es nicht klug war, diesen Ort aufzusuchen, falls sich das Grauen von Dunwich wirklich dort aufhalten sollte. Das Pulver des Ibn Ghazi wurde also wieder sicher verstaut und wie am Tag zuvor der Rückweg angetreten. Damit sicherten sich die Charaktere tatsächlich eine längere Lebenszeit.

 

Abschließende Untersuchungen:

Den Rest des Tages trennte sich die Gruppe in zwei Teile, die unterschiedliche Personen von der Liste Armitages abklappern wollten. Dabei kam nochmal alles Starke und Gute von Living Cities und Sandboxing zutage. Von liebenswürdigen (leicht senilen) Bauern bis hin zu suizidgefährdeten Farmern, die schon einen Blick in die Zukunft geworfen hatten, war alles vorhanden. Es wurde auf hervorragende Art und Weise beleuchtet, was in den Einwohnern des Dorfes während des Grauens in Dunwich vorging. Unterdrückte Frustration, Zorn, Melancholie, Sehnsucht nach einer ruhigeren Zeit - wirklich sehr hübsch in der Bandbreite, die ich hier nicht wiedergeben kann, weil es für andere bestimmt nicht allzu interessant ist.

Nichtsdestotrotz würde ich auch diese letzten Zeitzeugenaussagen nicht missen wollen, um den Investigativteil der Kampagne leicht abzurunden. Es war eine wunderbare Ergänzung und auch an der Stelle schien jeder ein letztes Mal Spaß mit verschiedenen Charakteren zu haben. Schön war übrigens auch, dass durch diese Aktionen zwei der NPC dazu überzeugt worden waren, das Dorf frühzeitig zu verlassen und die kommenden Monate irgendwo anders als in Dunwich verbringen zu können ... Ihre letzten Monate vor der sogenannten Groth-pokalypse.

 

Das letzte Abendmahl:

Wie könnte es anders sein, die Jünger trafen sich nach den Ermittlungen ein letztes Mal an Todd "Jesus, unser Heiland und Erlöser" Bishops Tisch. Zumeist wurde geschwiegen, doch dann kamen noch einige rührselige Monologe, als Bishop das Brot brach und ein Gebet rezitierte. Auch die anderen drückten ihre Dankbarkeit aus und komplettierten dieses herzerwärmende Bild von Liebe, Freundschaft, Drogenrausch und Wahnsinn. Zeitig ins Bett gehend, hieß es, am nächsten Tag um 3 Uhr in der früh am Sentinel Hill zu sein. Dort würde das letzte Gefecht geschlagen werden. Und nicht jeder sollte überleben.

 

Meanwhile in Innsmouth:

Zu diesem Zeitpunkt kreuzten sich Dunwich- und Innsmouth-Plot, sodass zu dem fliehenden Mooney mit Hilfsdeputy geschaltet wurde. Mit knapper Not aus dem Haus entkommen, waren sie unsicher, ob sie warten oder besser Hilfe aus Dunwich ordern sollten. Nach einem Streit, in dem der Deputy seinem Vorgesetzten vorwarf, ihr Leben leichtmütig aufs Spiel zu setzen, machte er sich zu Fuß davon, um die nächste Stadt zu erreichen.

Mooney wartete noch ein Weilchen, als er plötzlich zwei Autoscheinwerfer aus Innsmouth fahren sah. Voller Hoffnung, dass Jefferson und Brian Burnham entkomen waren, frohlockte er, doch dann kamen mehr und mehr Scheinwerfer in ganzen Kolonnen. Es konnte sich nur um die Innsmouth-Leute handeln. So entstand eine Hetzjagd, in der Mooney an seinem laufenden Kollegen vorbeifuhr und so schnell es ihm vergönnt war nach Arkham düste - und damit aus dieser Geschichte. Der Konvoi aber folgte nicht ihm, sondern schien unerklärlicherweise in Dunwich sein Ziel zu haben ...

 

Das letzte Gefecht:

Früh am Morgen machte sich die Truppe auf den Weg - Bishop und Santa auf dem Schlitten, Morgan und Onyx in einem stereotypen Ford T. Auf dem Weg zum Sentinel Hill wurden sie von dem marschierenden Grauen von Dunwich überrascht, bei dessen Anblick Onyx endgültig die Nerven verlor. Er trieb das Auto auf ein Feld und wurde von Morgan unsanft aus dem Auto geschubst. Dieser fuhr sofort weiter und spritzte dabei Onyx eine Prise Matsch und Kieselsteine ins Gesicht, der nun einen Stein vom Boden auflas, um in der Nacht zu verschwinden. Dabei brüllte er: "SEI WIE DER STEIN!"

Die Autos kamen schließlich an der Farm der Whateleys an und sahen hinten auf der Straße eine Flut an Scheinwerfern näherkommen. Ohne sich zu fragen, was es damit auf sich haben könnte, stürmten sie den Hügel herauf. Der Morgen dämmerte langsam herauf und ein Hauch des Pulvers des Ibn Ghazi enthüllte die Scheußlichkeit, der sich die Gruppe nun gegenübersah. Dawson stimmte ein furchtbares "HOHOHO!" an, dass wie das Brüllen eines Wahnsinnigen durch Berge und Täler hallte, und schien schließlich auch den Verstand zu verlieren. Seit diesem Tag sollten alle Kinder Dunwichs in der verbleibenden Restzeit ihres Lebens Angst vor dem Weihnachtsmann gehabt haben, in ewiger Angst, dass er sie an Weihnachten stehlen würde. Glücklicherweise sollte diese Restzeit ohnehin nicht bis Weihnachten reichen ...

Sie versuchten nun, das Vertreiben-Ritual mit Voorischem Zeichen anzustimmen, während unten quakende Schreie ertönten - die Hybriden hatten nun auch die Ausgeburt der Hölle erblickt. Aus Nervosität sangen sie falsch und setzten ein letztes Mal an. Einige der Hybiden, auf die sich das Grauen von Dunwich konzentrierte, wurde um sie herum zerhauen, ausgesaugt, verstümmelt, doch waren es so viele, dass bald einige gefährlich nahe kamen. Beinahe hätte die Gruppe den Gesang vollendet, da wurde ihre Hoffnung erneut jäh vernichtet. Ihre Konzentration war der Aufgabe schlicht nicht gewachsen und sie versagten ein weiteres Mal.

Von hinten wurden ihnen Waffen in den Rücken gedrückt. Dawson, der unter dem Einfluss des Krauts und er nervlichen Belastung stand, zückte sein Fleischermesser aus der Jacke und setzte einen finalen Schlag an - kritischer Misserfolg. Sein Messer flog ohne Wirkung neben dem Hybriden ins Gebüsch, Santa wurde gnadenlos von der Schrotflinte hinter ihm der Kopf weggeschossen. Unzufrieden mit sich und der Welt sank sein plumper Leib zu Boden. Nun verlor auch Bishop die Nerven, als er sah, wie sein guter Freund diese Welt verließt, und zückte sein Kreuz. Leider hatte er nicht genug Zeit auf diesem Berg eine Predigt abzuhalten, da die Hybriden nervöse Finger hatten und einer von ihnen stattdessen seine Tommygun sprechen lies. Bishop, durchlöchert von mehr Kugeln als Legion, sprach: "Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" und sank mit einem Lächeln zu Boden. Seine Augen schauten gen Himmel und beinahe konnte er das Paradies in den Wolken erkennen, von welchem er immer gesprochen hatte. Morgan wehrte sich als einziger nicht und floh in Hast mit den Hybriden, die ihn in einen der Trucks stießen. Draußen war das Geschrei sterbender Hybriden längst noch nicht verklungen, da fuhren sie schon los.

 

Epilog 1: Stein um Stein

Was wäre eine Kampagne, ohne dass ein Charakter (besonders der von einem bestimmten Spieler) wahnsinnig wird und durchdreht? Ich lass das mal im Raum stehen.

Den gesamten Morgen hatte sich Onyx durch die Wälder geschlagen und war ohne Umschweife zum Haus seiner Frau Katherine und ihrer Eltern kantapert. Nichts mehr von dieser Welt bekam er mit außer dem Schlagen des Steins auf die Schädel seiner Schwiegereltern, die ihm so viel Kummer bereitet hatten. Beide lagen tot vor seinen Füßen, der runde, fast makellose Stein in seiner Hand war blutgetränkt. Onyx stieg die Treppe herauf zum Badezimmer, wo er seine Frau eingesperrt hatte, dort wartete sie auf ihn. Er öffnete die Tür und bekam gar nicht mit, wie sie sich wehrte. Stein um Stein schlug er auf sie ein. Dann stand er lange Zeit wie versteinert da. Und dachte gar nicht mehr. Er war der Stein in seiner Hand geworden - blutgetränkt und völlig gefühllos.

 

Epilog 2: Aufräumarbeiten

Das Grauen von Dunwich verschwand auf unerklärliche Weise. Vielleicht war es weiter gezogen und wartete auf etwas. Mooney half bei den Ermittlungen, die jedoch zu immens waren, als dass das verschwiegene Dörflein der Außenwelt etwas gesagt hätte. Es gab viel aufzuräumen, Leichen wegzuschaffen und Ereignisse zu vergessen.

Er ermittelte auch in Innsmouth und stellte fest, dass kein einziges Lebewesen dort geblieben war. Als seien sie allesamt vom Erdboden verschluckt. Und mit ihnen Jefferson und Brian Burnham. Er würde sie nie wiedersehen.

 

Epilog 3: Zu neuen Ufern

Was war mit Jefferson und Brian Burnham passiert? Kurz nachdem sie zu Dr. Najar (also der Mann, der hinter den neuerlichen Aufruhren in Innsmouth gesorgt hatte, und den Spielern aus dem "Sturm auf Innsmouth" bekannt war) geführt worden waren, wurden sie gefesselt und geknebelt fortgeschafft. Schließlich hörten sie, wie sich quakende Stimmen über einen Überfall unterhielten, dann fuhren die Trucks der Hybriden in einem Konvoi davon.

Schließlich kam eine Eskorte zu ihnen, um sie in den Ballsaal zu führen. Jefferson stolperte und sah dabei, dass vor ihm ein Tor an die Wand gemalt worden war. Er wurde durchgestoßen und gelangte damit in einen grausigen Keller. Um ihn herum waren abgetrennte Fisch- und Menschenteile in Einmachgläsern, Glassärge, Amputationsinstrumente und und und. Eine süßliche Stimme drang in sein Ohr, bis er in die mondförmigen Augen einer Marshfrau blickte (den Spielern als Estha Marsh bekannt), die ihm versprach, dass sie viel Spaß miteinander haben würden.

 

Fazit:

Das war es also. Meine Dunwich-Sandboxing-Kampagne mit Living Cities und tatsächlich funktioniert das Prinzip außerordentlich gut. Ich könnte jetzt, wo ich mich intensiv mit dem Band beschäftigt habe, eine ausführliche Rezension zu dem Band anbieten, aber da ich den Publikationen ein paar Jahre hinterherhinke, wird das wohl ohnehin nicht von Interesse sein.

 

Grundsätzlich gesprochen und ganz kurz:

Der Band ist meiner Meinung nach liebloser gestaltet als die anderen, was allerdings auch an den fehlenden Hintergründen liegen dürfte. Es hat weniger Spaß gemacht, ihn zu lesen, die meisten Abenteuer (also mit wenigen Ausnahmen) waren für mich nicht zu gebrauchen oder eher schwach. Ich hatte gehofft, bei 6 Abenteuern mehr gutes Material geliefert zu bekommen und wurde enttäuscht. Löblich ist jedoch der gelungene Sandboxing-Ansatz von "Rückkehr nach Dunwich", in dem allein die Handouts Gold wert sind. Der Quellenteil ist intelligent verwoben und erlaubt (meiner Meinung nach) am besten Sandboxing im Gegensatz zu den anderen Lovecraft-Städten. Mag aber sein, dass es auch bei den anderen funktioniert hätte. Es gibt hier jedenfalls einige nette kleine Hooks (das Grab von Noah, Gerüchte, Mythen, interessante Orte), die ein relativ stimmiges Bild liefern. Auch die Abenteuer sind mit diesen Orten und Ereignissen teilweise verknüpft, was ebenfalls positiv auffällt.

Herausstellen möchte ich jedoch den Untergrundteil von Dunwich, den ich beim ersten Lesen revolutionär gut fand, beim zweiten immer noch gut, aber mit einigen Defiziten. Es lohnt sich, diesen für eine Gruppe anzuteasen. Dazu eignen sich die verschiedenen Handouts, die Gerüchte, es gibt mehrere Menschen, die mit dem Untergrund in Relation stehen, sodass die Spieler viele interessante Wege nach unten haben. Einmal unten angekommen, entpuppt sich der Untergrund als ein fast eigenständiges Abenteuer mit innovativer Mythoseinbindung (C.A. Smith ftw!), die sehr zu gefallen weiß.

Schade ist, dass da an allen Ecken und Enden geschlunzt wurde. Orte sind unterschiedlich auf der Karte und in den Erläuterungen bezeichnet, manche sind strukturell kein Unterkapitel, sondern im Fließtext eines anderen Unterkapitels. Manchmal sind Reihenfolgen verändert. Das kommt SL leider nicht entgegen. Dann scheint an vielen Stellen nur zufällig ein Etwas eingefügt worden zu sein, dass nichts wirklich beiträgt, es ist einfach da und wird auch nicht stimmungsfördernd beschrieben. Meistens sind diese Begegnungen langweilig und selbst die Autoren scheinen dies gemerkt zu haben, da sie in wenigen Sätzen abgefrühstückt werden. Wenn ich irgendwann eine Expedition aus Dunwich in den Untergrund leite (in dieser Kampagne sind die Spieler leider nicht dorthin gekommen), werde ich die Monster einfach weglassen und dann ist gut. Trägt jedoch im Quellenteil nicht wirklich zum Gesamtkonzept bei und hinterlässt ein Beigeschmack von wahllosen Lückenbüßern.

Auch habe ich das Gefühl, dass zu viele Wege nirgendwohin führen. Was soll ich dann als SL tun, wenn ich doch ein cooles Netzwerk an Location vorgegeben bekommen habe? Ja improvisieren. Toll. Dann trägt es die Spieler eben weg von den coolen Sachen hin zu zufälligen Begegnungen, die mir in den Sinn kommen. Ich finde schade, dass einem keinerlei Möglichkeit gegeben wird, dem entgegenzukommen, als wäre es den Autoren egal. Das ist doof, weil dieser Quellenteil ganz groß und super hätte sein können. Die Idee von engen Gängen und dem Regelmechanismus findet für meinen Geschmack viel viel viel zu marginalen Nutzen. Ich frage mich tatsächlich, warum der ausgedacht wurde, wenn er in 95% der Fälle nicht zum Tragen kommt.

Insgesamt viel Potential verschenkt. Schade, aber das, was da ist, kann für einige unterhaltsame Abende sorgen und gefällt mir dennoch ganz gut.

Zum Dunwich-Band: Keine Offenbarungen bei den Abenteuern (außer "Rückkehr nach Dunwich"), die zwischen mittelgut, sehr schlecht, belanglos und repetitiv schwanken. Quellenteil in Ordnung, aber fehlende Liebe zum Detail. Dafür aber mit intelligenter Verknüpfung der Einwohner und innovativer Mythoseinbindung (bezogen auf den Untergrundteil). Hintergrund und mögliche Wege, den Band zu benutzen, äußerst gut und vielfältig. Sei es während der Ereignisse aus der Kurzgeschichte wie bei mir oder danach ("Rückkehr nach Dunwich") oder sogar davor. Dabei hilft die Zusammenfassung der Ereignisse in der Geschichte übrigens enorm: grandios. Also: Kein Musthave-Buch, aber ein solider Abschluss der Reihe. Daumen halb oben! :)

 

Liebe Grüße
Blackdiablo

 

Hier noch eine Auswahl witziger Zitate, für die man den Rest gelesen haben sollte:

 

Frau von Onyx mit zärtlich erotischer Stimme: "Hör zu, Onyx, ich verzeih dir das mit dem Gemälde ..."

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Onyx, als er über Dawson beratschlägt: "Wir können mit nichts anderem arbeiten, Leute! Jetzt haben wir eben leider 'n Junkie!"

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Ein sprachloser SL, der von Dawson hört, dass er sich in seinem Drogenrausch vor Zebulons Hütte, die Hose herunterreißt: "Deine Hose wird komplett durchnässt von ... ähm ... ja."

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Spieler von Dawson: "Ich hatte eine Groth-pokalypse-Vision und trotzdem mehr Stabi als du!"

Spieler von Onyx entrüstet: "... Ich hatte einen Ehekrach hinter mir!"

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Spieler von Pilzsammler Dawson vor der verführerischen Schimmelpilztüte: "Sorry, ich kenn mich nicht mit Pilzen aus ..." *Blick auf den Charakterbogen* "Ach, warte, ich kenne mich doch mit Pilzen aus!"

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Spieler von Morgan, der verdrängen will, wie wichtig Armitage für das Gelingen des Rituals gewesen wäre: "Aber ... Morgan ist der Armitage ... von Morgen!"

Edited by Blackdiablo
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Daumen hoch, Blackdiablo und immer her mit der Rezension!
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Ich hätte allerdings dann den Anspuch, eine detaillierte Rezension zu bringen, die dann auch entsprechend aufwendig ist. Ist das tatsächlich noch sinnvoll, da der Band doch ohnehin nicht mehr verfügbar ist und aus dem Fokus der Cthulhu-Gemeinde gerückt wurde?

 

Eine Rezension würde übrigens die obigen dahingestellten Meinungen nur weiter mit Beispielen unterfüttern und auf weniger oberflächliche Art und Weise belegen. Die Grundzüge meiner Meinung sind oben bereits destilliert zu finden und könnten eigentlich schon bereits als Richtlinie genommen werden. ;) Wenn nun aber mehr als einer nach einer Rezension verlangt, werde ich dem Wunsch natürlich gerne nachkommen.

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Ja. Sicher hast Du Recht. Noch mehr Rezensionen braucht kein Mensch. Und dann noch was von diesem lächerlichen Lovecraft-County-Mist/Zeugs/Mist. Nein wirklich. Lass mal ruhig stecken. Muah Ha Ha.
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  • 2 weeks later...

Da ich Anfragen bezüglich Dunwich erhalten habe, möchte ich hiermit noch ein paar ungeordnete Tipps für eine Dunwich-Sandbox-Kampagne als Zusatz anschließen, weil ich glaube, dass das für den ein oder anderen interessant sein könnte. In Ermangelung eines besseren Platzes für die Tipps also einfach hier meine Antwort:

 

 

Dunwich bietet sich meiner Meinung nach durch die stringente und übersichtliche Timeline der Ereignisse an, die Spieler auf den Spuren der Kurzgeschichte wandeln zu lassen. Dunwich eignet sich für Sandboxing, da es überschaubarer ist als eine Großstadt, wie du schon sagst, es Verknüpfungen zu der Hauptstory en masse gibt und trotzdem hier und da für Spieler erkundbare Einzelstränge aufwarten, die allesamt mehr oder minder ein Gesamtkonzept bilden.

 

Was kann ich als Tipps geben?

  • Lies den Band aufmerksam durch, markiere dir interessante Storylines vll. mit Klebezetteln, richte dich vor allem nach dem Handout von Professor Armitage aus "Rückkehr nach Dunwich". Das vermittelt, selbst wenn du das Abenteuer nicht spielen möchtest, bereits einen guten Eindruck von den Verknüpfungen und den Hauptorten. Dennoch ist das Abenteuer selber ein perfekter Kern für Sandboxing in Dunwich. Unbedingt lesen!
  • Druck die Karte aus und kopiere die Einzelkarten der zentralen Gebiete. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das für Spieler sehr viel plastischer wird, wenn du der Welt eine Räumlichkeit verpasst. Lass sie vll. buchführen, damit sie nach und nach von mehr Orten etwas erfahren. Dafür eignen sich besonders die Zahlen, die im Quellenteil immer mitgegeben werden. Es ist wichtig, dass die Spieler das Gefühl bekommen, dass die Welt um sie herumlebt.
  • Überlege dir, wie und ob du die Believer verwenden willst. Ich finde sie ganz interessant, da es eher ein harmloser Kult ist und es durchaus denkbar wäre, eine Gruppe aus Believern zu spielen (und dann eben auch hin und wieder ein Ritual zu feiern). Das war eine meiner ursprünglichen Ideen, hat bei mir aber nicht ins Konzept gepasst. Die Believer-SC könnten dann von ihrem Kult den Auftrag bekommen, mehr über das Treiben der Whateleys in Erfahrung zu bringen.
  • Einerseits ist interessant, die Spieler mit Dunwich-Einwohnern zu versorgen, aber es kann natürlich auch einen besonderen Flair ausmachen, Outsider zu spielen.
  • Sandboxing erfordert viel Übersichtsvermögen vom SL. Mach dir Timelines und gucke schonmal immer ein bis zwei Tage in voraus, wie du dir vorstellst, wie es weitergehen wird. Ob es dann so kommt, ist dann halt die Frage, aber es erleichtert meiner Erfahrung nach doch das Improvisieren enorm. Auch wichtig ist es, die Konsequenzen der Handlungen der Spielerdurchzuziehen, wenn die Zeit für diese gekommen ist.
  • Versuche zwar, das Quellenbuch als üppige Ressource anzusehen, aber überreize nicht die Möglichkeit, die es bietet. Manchmal einfach mal den Mut finden, eine coole Storyline wegzulassen. Lass dich von den Spielern treiben und sie ihre Story entwickeln. Wenn sie Ideen haben, dann versuche sie zu realisieren, sofern es einen Mehrwert für eure Runden bietet.
  • Bereite den Untergrund vor! Das kann ein richtig geiles Erlebnis für die Spieler werden und es gibt genug Eingänge, sodass die Spieler schnell darüber stolpern könnten. Auch da nicht zu sklavisch an die Texte halten, sondern das machen, was dem Spielfluss und der Spannung entgegenkommt.
  • "Der Jüngste Tag" ist ganz nett als Zwischenszene. Ich sehe das kurze Abenteuer als ein Werkzeug für den Spielleiter, um die Spannung kurzweilg anzuziehen, falls sie mal abzugleiten beginnt. Daraus könnten dann sogar neue Ansätze zum Erforschen für die Gruppe erfolgen.
Edited by Blackdiablo
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