Das Spasmolytikum aus den uralten Wirkstoffen Hyoscyamin und Atropin durchströmt Matildes Körper. Das Mittel aus Bilsenkraut und Tollkirsche frisst sich gierig, wie eine Viper, unaufhaltsam, seinen Weg durch ihre Blutbahn, um sein Werk zu verrichten. Matildes Handgelenk verdreht sich spastisch. Ihre Finger tasten und finden Ricks Unterarm und die Krallen der Wildkatze pflügen blutige Schneisen in seinen Unterarm. Tief und blutig. Tiefer und blutiger. Wieder und wieder. Blut fliesst von seinem Handgelenk auf das Laken und brennt dort seine Position am Bett unübersehbar ein. Die Schmerzensschreie beider sind unüberhörbar und gellen echohaft durch das Haus, wie ein irrer, der im Wahn durch das ganze Gebäude läuft, während sich beide Schmerzenslaute zu einem kakophonischen Crescendo vermischen. Das Geschrei explodiert wie eine Bombe, die ihre Schrapnelle in alle Richtungen aussendet, die durch Räume und Gänge fliegen, von Wand zu Wand prallen, sich, wie siedendes Öl in jede Ohrmuschel ergiessen, sich zum Gehirn durchfressen, um dieses zum Schmelzen zu bringen und mit kreidebleichem Ton, ein Bild des Entsetzens in jedes Gesicht zu meisseln Der Blick des Doktors wandert gebannt von seiner Uhr zu seiner Patientin und wieder zurück, während sich Matildes Körper wieder und wieder verkrampft. Matildes Stimme ist angefüllt von zischender Aggression. "DU... MISTKERL... ! DU... ahhh ! LASS... MICH... LOS ! VER... SCHWIN... DE... VON... MIR... ! LASS MICH ! DU BRINGST... ahhh... MICH UM... ahhh... DU... ahhh... MIST...KERL !" Der Rücken der jungen Frau auf dem Bett löst ich vom Laken, bäumt sich auf, das Rückgrat überstreckt, jeder Muskel angespannt, der Brustkorb zur Decke hochgedrückt. Wie ein gespannter Bogen. Die Haut ist ebenfalls gespannt. Die Muskulatur tritt sichtbar hervor. Die grobe Faserung ist deutlich zu erkennen. Das kurze Negligé bedeckt hauchzart ihren Körper wie eine milchige Flüssigkeit, die wie angegossen auf dem Körper liegt, dem lüsternen Auge mehr offenbart als verhüllt und seitlich, an Brust, Taille und Hüfte nach unten tropft. "LASS MICH... LOS... ICH HHHAASSSSEEE... DICH !" Die Frau auf dem Bett windet sich, wie eine Wildkatze, die sich mit allen Mitteln dagegen wehrt, ertränkt zu werden. Sie verdreht ihren Körper und schliesslich findet ihre Fusskante des rechten Beines sein Ziel. Ricks Adamsapfel. Ein Röcheln entrinnt seinem Mund. Ein weiterer, kraftvoller Tritt gegen Ricks Brustkorb schickt ihn vom Bett und lässt ihn am Boden würgend zurück. Der Doktor erfasst die Situation sofort und wirft sich auf Matilde. Mit den Knien auf ihren Unterarmen fixiert er sie auf dem Bett. Die schon aufgezogene Spritze mit dem Sedativum findet Matildes Ader. Die Mischung aus Morphin und Codein ergiesst sich in eine Vene. Matildes Adern schwellen an. Blauen Regenwürmern gleich, zeichnen sie sich an den Schläfen, dem Hals und den Unterarmen ab. Aber sie wird nicht ruhiger. Im Gegenteil. Die Medikamente scheinen nicht zu wirken. Matildes Adern pochen und pulsieren. Sie windet einen Arm frei, stösst ihre Faust in die Weichteile des Doktors, so dass sich dieser krümmt und sie ihn von sich herunterstossen kann. Dann springt sie auf und läuft zum Fenster. Schnell steht sie auf dem Fensterbrett und stürzt sich in die Tiefe. Eine der vielen Schneewehen fängt sie auf. Es ist bitterkalt, aber sie fühlt keine Kälte. Sie würgt und spuckt aus. Und an dieser Stelle färbt sich rot. Dann beginnt sie, sich durch den Schnee zu kämpfen.