"MATILDE!", schreie ich, doch meine Luftröhre brennt, als hätte ich flüssiges Feuer geschluckt, und so bleibt es bei einem halblauten Krächzen. Ich sacke vor Erschöpfung auf die Knie. Durch mein Gesichtsfeld tanzen neben unscharfen Punkten verschiedenste Silhouetten, als wäre ich einer Ohnmacht nahe: Da ist das kleine Mädchen, der Zugführer, Farid, Paul und schließlich Hasan. Solltest du jetzt nicht aufstehen und sie retten?, spottet Hasan. Hast du nicht geschworen, sie zu beschützen? Hast du den Plan nicht verstanden, Rick? Ich gehe in den Gepäckwagen und du, du passt auf sie auf! War das zuviel für dich? Selbst diese einfache Aufgabe?! Rick, du solltest sie beschützen und HAST AUF SIE GESCHOSSEN! Verdammt! "Nein", krächze ich und grabe meine blutigen Finger in den Schnee, nahe einer von Matildes Blut gefärbten Stelle. "Nein, nein, nein, nein. Ich habe nicht auf sie geschossen ... Nie! Nein, nein! Nie hätte ich auf sie geschossen!" Verdränge es, sakiki, verdränge es solange du es noch kannst. Nicht mehr lange und es spielt keine Rolle mehr, was du ihr angetan hast. Dann ist sie tot. "... und ich wäre kein Mörder ...", hauche ich. Hasan grinst und deutet mit einem Finger auf mich. Er mustert mich mit einem Du-Hast-Es-Erraten-Blick. "Ein Unfall ... Das geschieht! Denk nur an Edward, Sir Cleary's Neffe. Es war ein Unfall, mehr nicht. Mehr war nicht dabei! Sie wird erfrieren und dann wäre ihre Existenz auf ewig bewahrt. Ist das nicht der schönste aller Tode? Ist es nicht so?" Plötzlich ertönt ein Wolfsgeheul (Geri und Freki! Sie kommen, um mich zu holen!), dann zerreißt ein Kreischen die Luft um mich herum: "RIIIIIIIIIICK!! DIE WILDE JAGD!!!" Die Punkte in meinem Gesichtsfeld verschwinden und Hasan ist verschwunden, wie auch sein übel verlockender Bann auf mich. Ich richte mich auf und stürme in Richtung von Matildes Stimme. Währenddessen wühle ich die Leuchtpistole aus meiner Tasche und ziele in die Luft. "MAAAAAAAAATILDE! WEHR DICH! KÄMPF DAGEGEN AN!" Mein klammer Zeigefinger schließt sich um den Abzug der Leuchtpistole und ein nervtötendes Surren erschallt über mir, bis ein lauter Knall die gesamte Landschaft in der Umgebung in einen unheilverkündenen roten Schein taucht. Vom weiten glaube ich eine in Weiß gepuderte Gestalt auszumachen (Matilde!) und weiter vor ihr ein undeutbares Schemen, dem sie irgendwie zu folgen scheint. Über mir glitzert das Nordlicht, doch der noch immer vorhandene Wind treibt mir Tränen in die Augen. "Bleib stehen.", keuche ich. "Bitte bleib stehen ..." In mir erwachen nun ungeahnte Kräfte und ich renne zunehmend schneller.