Jump to content

Der Läuterer

Mitglieder
  • Posts

    12,848
  • Joined

  • Last visited

  • Days Won

    133

Posts posted by Der Läuterer

  1. Salü zusammen,
    Fortsetzung des Spielberichtes von "Die Klinik des Herrn Dr. West"

    Sonntag, 19. September 1920 - Tag 7.4

    James erwacht zitternd, als sich die, ihn umgebende, Kälte in seine Knochen zu fressen beginnt. Er schlottert am ganzen Körper und völlige Dunkelheit umgibt ihn. Er ist absolut orientierungslos...
    Bis auf sein Krankenhemd ist er nackt. Und er sitzt auf einem harten Brett, vermutlich ist es eine hölzerne Bank.

    Als er seine Umgebung ertastet, stellt er schnell fest, dass er in einem schmalen, quadratischen Schrank sitzt, etwa zwei Quadratmeter gross, massives Holz, mit keiner offensichtlichen Öffnung. Aber zumindest kann er bequem darin stehen.
    Dann ertastet er ein rautenförmiges Gitter, etwa 30 cm im Durchmesser. Dahinter ist es ebenfalls stockfinster.

    James fährt erschreckt zusammen (gSt Verlust), als er ein keuchendes Atmen hinter sich hört.
    Er ist in dem kleinen Raum also nicht allein. Und dann stellt ihm eine Männerstimme die Frage:
    "Was würdest Du tun, um Dein Ziel zu erreichen?" - "WAS würdest DU tun?" - "W A S?"

    Arme kommen auf einmal aus den hölzernen Wänden und Hände greifen plötzlich nach ihm und halten ihn fest.
    Viele Hände. Sie sind überall. Die Hände schütteln ihn. Und die Hände schlagen ihn, wieder und wieder. Und James schreit.

    Er hört eine Stimme rufen „...Schreien!“ und er schreit noch lauter und schlägt mit den Armen wild um sich.
    Und wieder wird er heftig ins Gesicht geschlagen.

    Abermals hört er dieselbe Stimme rufen:
    „Hör - auf - zu - Schrei - en!“
    und James hört auf zu schreien, als er das Gesicht von Scott erkennt, der sich auf eine Krücke gestützt, über ihn beugt.

    Sehr langsam beginnt sich James wieder zu entspannen.
    Er liegt schweissgebadet auf seinem Bett und Scott schaut ihn besorgt an.

    Nachdem sich James wieder beruhigt hat, erzählt er Scott, was ihm in seinem Alptraum geschehen ist:
    "Und dann antwortete eine rauchige, alte Männerstimme von der anderen Seite des Gitters:
    Alles... Einfach A L L E S !
    Worauf die Stimme hinter mir erwiderte:
    Dann werde ich dafür sorgen, dass die Toten wieder auf der Erde wandeln werden und sie sollen meinem Willen unterworfen sein. Ich werde dann also das Lazarus-Projekt beenden, koste es was es wolle."

    Scott:
    "Wer ist dieser Lazarus?"

    James:
    "Lazarus WAR ein Toter, den Jesus wieder zum Leben erweckt hat. Er wird, glaube ich, sogar als Heiliger verehrt."


    Ende Tag 7.4 in game.
    Fortsetzung folgt...

    Cheerio
    Der Läuterer

  2. Ich stimme mit Dir soweit völlig überein.

     

    Allerdings...

    Ich kam auf das Beispiel, weil heute der Bericht "Die Rätsel der Sphinx" gesendet wurde.

    Nach neuesten Erkenntnissen wurde das Bauwerk 2600 BC gebaut. Die Griechen bauten um 500 BC daran weiter und die Römer haben 50 BC etwas verändert. Ein Sultan hat dann 1400 AD die Nase abschlagen lassen.

     

    Ich hätte ehrlich gesagt überhaupt kein Problem damit, wenn einer der SCs diese Info auch schon im Jahre 1920 hätte.

     

    Cheerio

  3. Ich war ehrlich gesagt so naiv zu glauben, dass die Spieler diese Möglichkeit nicht ausnutzen werden und sich nicht durch Zusatzinformationen über das Abenteuer einen Vorteil verschaffen und sich so um den Spass bringen könnten.

     

    Wenn ich in dieser Hinsicht kein Vertrauen zu meinen Spielern hätte... Ich weiss nicht.

     

    Genau so gut könnten sich die Spieler ja auch ein Abenteuer auf altmodische Art durchlesen, um an die gewünschte Info zu kommen.

     

    Ich denke, ich vertraue meinen Spielern weiterhin.

     

    Cheerio

  4. Ich bräuchte mal kurz Euer Feedback.

     

    Ich hatte heute Morgen eine verrückte Idee für meine kommenden Abenteuer, um die Dynamik und die SC- Interaktion im Spiel zu erhöhen.

     

    Folgendes Beispiel:

     

    Ein SC steht in Gise vor der Sphinx und fragt sich, wie alt das Bauwerk ist, wer es erbaut hat, wozu es diente oder ähnliches.

     

    Der Spieler würfelt und der SC weiss, durch seine Archäologie-Kenntnisse, über das Thema Bescheid.

     

    Soweit ist alles altbekannt...

     

     

    Jetzt kommt das Novum:

     

    Ich erkläre NICHT, was der SC weiss, sondern der Spieler schaut selbst in seinem Smart-Phone nach und erzählt es den anderen Spielern selbst.

    Ergänzen kann der SL Kleinigkeiten dann immer noch.

     

    Was haltet Ihr davon ? ? ?

     

    Cheerio

  5. Salü zusammen,
    Fortsetzung des Spielberichtes von "Die Klinik des Herrn Dr. West"

    Sonntag, 19. September 1920 - Tag 7.3

    Nolan merkt, dass die Pfleger einen anderen Weg durch die Klinik gewählt haben, als den, welchen sie auf ihrem Hinweg zurückgelegt hatten.

    Nolan:
    "Wo bringen Sie uns jetzt hin?"

    Pfleger:
    "Der Doktor hat uns angewiesen, Sie in die Bibliothek zu fahren.
    Er sagte, dass Sie sicherlich noch ein wenig Zeit für sich selbst bräuchten.
    In etwa einer Stunde kommen wir wieder zurück und fahren Sie dann zu ihren Betten."

    Als die Pfleger die Tür hinter sich geschlossen haben, besichtigt Nolan die Bibliothek näher und schreitet diese ab, wobei er die gefüllten Regale genau in Augenschein nimmt.

    James:
    "Was war denn das gerade? Das Gespräch war ja sehr seltsam. Wollte uns der Doktor eben überzeugen oder wollte er nur beichten?"

    Scott:
    "Vielleicht sonnt er sich ja auch nur gerne in seiner eigenen Genialität."

    Archie:
    "Oder er erzählt seinen gefangenen Mäuse gerne, dass er sie zu Tode spielen möchte."

    Nolan:
    "Zumindest hat Doktor West nicht gelogen."

    Scott + Archie:
    "WAS ???"

    Nolan:
    "Ich meine, er hat wirklich eine Erstausgabe von 1818 hier auf dem Tisch liegen... sehr gut erhalten sogar."

    Scott:
    "Also fassen wir kurz zusammen:
    Wir hatten einen Unfall. Einen Autounfall.
    Auf einer öffentlichen Strasse. In einer englischen Ortschaft!
    Wir sind hier zwar nicht mitten in London, aber auch nicht irgendwo im Unbekannten.
    Wir wurden von den Menschen im Ort gesehen.
    Es waren Leute auf der Strasse und irgendwer hat sogar den Krankenwagen für uns gerufen."

    Nolan:
    "Und genau dieser Umstand sollte uns grosse Sorgen bereiten. Das sieht hier nämlich nicht so aus, als wäre es erst gestern eingerichtet worden. Das läuft schon Monate, sag ich Euch, vielleicht sogar schon Jahre."

    Scott:
    "Aber unsere Familien werden uns als vermisst melden. Man wird uns suchen und dann werden wir mit Sicherheit gerettet werden."

    Nolan:
    "Hast Du nicht zugehört, was der Doktor gesagt hat? Nach einer Woche sucht noch immer niemand nach uns.
    Und das kann noch einige Zeit so bleiben. Wie lange also willst Du hier noch warten? Wie lange könnten wir uns hier drin verstecken und überleben?"

    Archie:
    "Wenn sich jemand so etwas aufbaut, dann braucht er dazu Verbindungen. Er braucht ein Netz aus Helfern und Mitwissern. Wie gross das ist oder wie weit das reicht und wer daran beteiligt ist, werden wir im Nachthemd nicht herausbekommen. Wir brauchen dringend Waffen, um uns wehren zu können."

    Nolan:
    "Möglicherweise geht das Ganze bis hoch zur Polizei oder sogar bis in die Politik. Der Doktor braucht Leute, die das Treiben hier decken. Leute, die wegschauen. Leute, die so etwas vertuschen oder falsche Spuren legen."

    Archie:
    "Und dafür braucht man Geld. Viel Geld sogar. Also gibt es hier auch etwas zu holen."

    Nolan:
    "Bist Du noch bei Verstand? Du willst hier bleiben und nach Schätzen suchen? Ohne mich."

    Archie:
    "Ok. Du hast Recht. Dann machen wir uns eben dünn. Aber zuerst besorge ich mir ne Waffe."

    Nolan:
    "Wir müssen zuerst die Klinik erforschen und nach Fluchtmöglichkeiten Ausschau halten. Wenn uns dabei etwas Nützliches in die Hände fällt, gut. Und wenn nicht, müssen wir auch so klarkommen. Klar?"

    James:
    "Deine Prioritäten sind völlig richtig, aber ich weiss nicht, ich weiss nicht. Die Aussagen des Doktors waren gut durchdacht. Seine Argumente waren schlüssig. Und er kam zu einer logisch gültigen und korrekten Schlussfolgerung. Alles einleuchtend für mich."

    Nolan:
    "Und ich dachte, Du gibst ihm nur Recht, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Du bist ihm also tatsächlich auf den Leim gegangen? Ich glaube es nicht."

    Archie:
    "Er hat uns gedroht."

    Scott:
    "Ich glaube, er hat in erster Linie DIR gedroht, Archie."

    Archie:
    "Er hat UNS gedroht, glaub mir. Er hatte sich nur schon gut auf mich eingeschossen. Und er hat seine Hunde auf mich gehetzt."

    Scott:
    "Nein, hat er nicht. Im Übrigen muss ich James Recht geben. Der Doktor ist gradlinig in seiner Darstellung der Dinge. Und er geht diesen Weg, ohne dabei zur Seite zu schauen. Ich habe nur dummerweise das Gefühl, als würde er für sein Ziel über Leichen gehen. Über UNSERE Leichen."

    Nolan:
    "Ich glaube auch, dass der Doktor skrupellos ist und wir hier nur als Versuchskaninchen gehalten werden.
    Und da ich der Einzige bin, der auf eigenen Füssen stehen kann, werde ich heute Nacht ein wenig die Lage erkunden und nach möglichen Fluchtwegen Ausschau halten. Ich hoffe nur, dass die Pfleger nicht jede verdammte Tür abgeschlossen haben."

    Scott:
    "Wir müssen auch noch einen Weg finden, um die beiden blöden Köter los zu werden. Die bereiten mir ziemliche Bauchschmerzen."

    Archie:
    "Guter Punkt. Wenn er mit seinen Versuchen an uns fertig ist, dann wird er uns mit Sicherheit an seine Monster verfüttern."

    Nolan:
    "Ich hatte mir schon überlegt, ob ich nicht mal einen Blick in seine Bücher werfen sollte, damit wir etwas gegen ihn in die Hand bekommen."

    Scott:
    "Oder dass er uns nur um so schneller entsorgt, wenn wir über ihn etwas Belastendes gefunden haben. Ich bin der Meinung, dass wir die Finger davon lassen und uns nur auf unsere Flucht konzentrieren sollten."

    Nolan:
    "Dann ist es beschlossen. Ich werde heute Nacht das Gebäude erkunden."

    Einige Minuten später kommen die Pfleger, um die SCs abzuholen und bringen diese zu ihren Betten.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

    Archie wird wach, als ihn wieder und wieder kühle Finger sanft durchs Haar und über den Kopf streichen.
    Er schlägt seine Augen auf und sieht neben seinem Bett eine Krankenschwester stehen.
    Zuerst ist er sich nicht klar darüber, ob er im Zwielicht alles richtig erkennen kann, aber sie scheint die fleischgewordene Venus des Botticelli zu sein, wie sie gerade der Muschel entsteigt. Allerdings trägt sie ihr blondes Haar nicht offen, sondern zu einem Haarknoten gewunden.
    Sie ist gross gewachsen und hat eine sportliche Figur. Aus ihrem aristokratischen Gesicht strahlen türkisblaue Augen.

    Die Frau beugt sich über ihn und flüstert:
    "Ich heisse Gwendolyn."

    Archie:
    "Ich heisse Archibald."

    Worauf ein "Ich weiss." erwidert wird. "Ich bin Ihre neue Krankenschwester. Ich soll sie schnell wieder gesund machen."

    Archie schluckt und macht ihr sehr unbeholfen kleine Komplimente.

    Gwendolyn:
    "Gibt es irgendetwas, das ich für Sie tun kann, Sir Archibald?"

    - - - Der Spieler grinst mich an. - - -

    Archie:
    "Einen Schluck Wasser bitte, ich bekomme einen trockenen Mund."

    Nachdem Archie getrunken hat, beugt sich die Schwester über ihn und haucht ihm "Liebe mich!" in sein Ohr.

    Archie laut: "WAS?"

    Worauf er nur die kühlen Finger einer Hand auf seinem Mund spüht und ein leises "ssst." hört.

    Gwendolyns Schwesternkleid und die Schürze scheinen plötzlich über ihren Körper zu fliessen und umschmeicheln dabei ihre weiblichen Konturen, als wäre die Montur von einem plötzlichen Regen durchnässt worden.

    Archie schaut sich verwirrt um. Alle anderen im Saal schlafen tief und fest.

    Stotternd ringt Archie nach Worten:
    "Äh... ich... äh... meine Beine. Wir sind... nicht... allein."

    Gwendolyn:
    "Ganz ruhig, Sir Archibald. Machen Sie sich keine Sorgen. Ich verstehe mein Handwerk."

    Archie beginnt nur noch zu starren.

    Die Frau hat eine makellose, elfenbeinerne Haut und ihre Bewegungen sind geschmeidig und anmutig.
    Sie öffnet ihren Haarknoten und üppig wallendes, blondes Haar ergiesst sich über ihren hinreissenden Körper, bis zu ihren weiblichen Hüften herab.
    Ihre Haut fühlt sich kühl an, fast kalt und die Muskeln der Frau sind anscheinend gut trainiert.

    Als Archie sich aufrichten will, drückt ihn Gwendolyn kraftvoll auf das Laken zurück.
    Mit einem einzigen Ruck reissen ihre zarten Hände sein weisses Leinen-Hemdchen entzwei.
    Abermals haucht die Schwester "Ich weiss, was Dir fehlt." Archie ins Ohr. "Ja, liebe mich. Bitte!"

    Archie vergisst alles um sich herum. Seine Schmerzen sind wie ausradiert und er sieht diese Frau, dieses göttliche Geschöpf, wie durch einen feinen Nebel...
    Er ist sich nicht sicher, ob sich Sekunden zu Stunden dehnen, oder ob die Stunden wie Sekunden verrinnen...

    Dann hört er Gwendolyn erneut flüstern:
    "Ja, liebe mich. Bitte!" Wieder und immer wieder der gleiche Satz.
    Danach blitzt eine lange Haarnadel auf und sticht ihm durch sein rechtes Auge ins Gehirn.
    Als Archies letzten Zuckungen zum Erliegen kommen, umspielt ein Lächeln Gwendolyns Lippen.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

    Archie schreit laut auf und wird wach. Die anderen im Raum schauen ihn besorgt an.

    Er muss nach seiner orgiastischen Begegnung ermattet eingeschlafen sein.
    Oder war dies ALLES nur ein Traum?
    War dies vielleicht nur ein Alptraum? Was für ein überaus realer Alptraum!

    In seinem Kopf formen sich Gwendolyns letzte Worte erneut.
    Und er zuckt zusammen (gSt Verlust), als er sich zu erinnern beginnt.

    Sie sagte weder "Ich weiss, was Dir fehlt." noch "Liebe mich. Bitte!" sondern:
    "Du weisst, was mir fehlt." und "Töte mich. Bitte!"

    Archie:
    "Was zur Hölle geht hier ab?"

    Sein Daunenkissen sieht aus, als sei es mit einem spitzen Gegenstand zahllose Male malträtiert worden.
    Und überall liegen die Daunenfedern verstreut herum.
    Als er unter seine Bettdecke blickt, ist er erneut geschockt, denn er findet das Krankenhemdchen zerrissen vor.

    Dann hört er die Stimme Gwendolyns sagen:
    "Ich weiss, was Dir fehlt, Sir Archibald. Sie brauchen ein neues Kopfkissen. Ihres ist ja völlig zerrissen.
    Sie hatten wohl eine sehr, sehr unruhige Nacht. ... Böser Archibald! So und jetzt trinken Sie erst einmal Ihre Medizin."

    Archie trinkt den Becher leer und die Schönheit zwinkert ihm dabei aus ihren türkisblauen Augen zu, während ein Lächeln ihre Lippen umspielt.

    Sie nimmt das alte Kissen vom Bett, streicht die Daunen vom Laken und schüttelt das neue Kissen auf.
    Dann beginnt sie hysterisch zu lachen und drückt Archie das Kissen kraftvoll aufs Gesicht.
    So kraftvoll, dass Archie dem Druck auf das Kissen rein gar nichts entgegensetzen kann. Gedämpft hört er noch das Lachen der Schwester.
    Seine Hände versuchen nach ihr zu greifen, fischen aber nur nutzlos in der Luft herum.

    Langsam wird Archie wieder ruhiger, er hört auf zu zappeln, bis schliesslich seine Arme reglos vom Bett herab hängen...


    Ende Tag 7.3 in game.
    Fortsetzung folgt...

    Cheerio
    Der Läuterer

  6. Die allgemeine Kritik an dem Abenteuer, soweit es bislang beschrieben wurde, ist sicherlich nicht unberechtigt.

    Es ist ein Bericht dessen, was wir gemacht haben und wie es lief.

    Weder will ich ein zweiter Keith Herber werden, noch beabsichtige ich dies Werk zu veröffentlichen.

    Und ich bin mir auch darüber im Klaren, dass das Abenteuer an einem anderen Abend und vor allem mit anderen Spielern ganz anders hätte laufen können.

    Bei uns lief es sehr gut. Wie bereits erwähnt: zwei tot und einer... na ja.

     

    Cheerio

  7. @ Der Tod

    Den Begriff der - Nazicoolness - empfinde ich als recht unglücklich gewählt, obwohl ich weiß, was Du damit ausdrücken willst.

    Jemanden, der nur zu faul ist, um sich regelmässig zu kämmen und deshalb Glatze trägt, würde ich nicht als cool, sondern nur als peinlich bezeichnen.

    Aber wie schon geschrieben, ich denke ich weiß, wie das gemeint war.

     

    Ich habe mir in diesem Zusammenhang den Dr. West auch nicht als einen Rassenhygieniker a la Josef Mengele vorgestellt, sondern "nur" als einen verbohrten Wissenschaftler, der sich viel zu sehr in seine Studien verstiegen und dabei zahllose ethische, moralische und rechtliche Grenzen überschritten hat.

     

    Cheerio

    Der Läuterer

  8. Salü zusammen,
    Fortsetzung des Spielberichtes von

    Sonntag, 19. September 1920 - Tag 7.2

    Nolan:
    "Um die technische Art und Weise wie das Ganze geschieht, geht es mir dabei auch gar nicht, unabhängig davon, ob es funktioniert oder nicht. Es geht darum, dass der Mensch sich nicht in die Schöpfung einmischen darf.
    Selbst wenn Darwins Aussage zutrifft und eine Auslese besteht, dann geschieht doch alles durch und mit dem Willen Gottes."

    Doktor West:
    "Charles Darwin HATTE Recht. Die Lebewesen verändern sich durch eine natürliche Selektion.

    Und jene, die weniger gut angepasst sind, gehen unweigerlich zugrunde. Nur schreitet dieser Prozess beim Menschen zu langsam fort.
    Deshalb muss er beschleunigt werden. In meinem Fall ist es daher keine Evolution sondern eine Mutation."

    Nolan:
    "Menschen zu töten ist der falsche Weg."

    Doktor West:
    "Bravo, Herr Phillips. Nur standen Sie mit dieser Meinung in den Jahren 14 bis 18 wohl eher allein auf weiter Flur."

    Nolan:
    "Und tote Menschen wiederzubeleben ist widernatürlich, abscheulich und verwerflich."

    Doktor West:
    "Der Erlöser der Christenheit, Herr Phillips, der Heiland selbst ist am - dritten Tage auferstanden von den Toten -.
    Wenn man es genau betrachtet, beten Sie in Ihrem Glaubensbekenntnis also mit dem Nazarener einen Untoten an. Drei Tage? Bei mir dauert der Eintritt in die Unsterblichkeit knapp 70 Minuten. ...
    Und vergessen Sie jetzt nur nicht - Blasphemie - zu rufen, denn alles was man nicht versteht, muss ja schliesslich vom Teufel stammen."

    Archie:
    "Sie stellen sich jetzt als selbst schon auf eine Stufe mit Gott."

    Doktor West:
    "Vielleicht reicht Ihr begrenzter Verstand auch nur nicht aus, um zu verstehen, was ich bereits vielfach hinterfragt habe. Ich sorge mich um die Menschen.
    Wo war denn Ihr Gott, als sich des Königs Löwe und des Kaisers Adler auf einander stürzten?
    Beliebte er derweil zu ruhen? Oder hat er sich vielleicht fein herausgehalten, weil beide Seiten ihn um Hilfe anflehten in ihrer Not und er sich nur nicht entscheiden konnte?
    Ich habe auf den Schlachtfeldern von Flandern nichts von einer göttlichen Gegenwart gespürt.
    Da waren nur Angst, Schmerz, Verzweiflung und Tod.
    Und dies ganze Leid und Sterben für ein paar Meter Dreck zwischen den Schützengräben?
    Aber vielleicht ergötzt sich Ihr Gott ja auch nur gerne an den Hahnenkämpfen seiner Schöpfung?

    - - - Schweigen. - - -

    Doktor West:
    "Ich habe noch immer nicht verstanden, was Sie an meinen Handlungen so vehement verurteilen.
    Dass manche Menschen bei meinen Operationen sterben?
    Dass einige Lebende in einen Zustand der Unsterblichkeit überführt werden?

    Was davon empfinden Sie als so verwerflich?"

    Nolan:
    "Und die Entnahme meiner Leber? Es war doch die Leber, oder?"

    Doktor West:
    "Eines Leberlappens, Herr Phillips. Der wächst wieder nach. Machen Sie sich darüber keine Sorgen."

    Nolan:
    "Ich mache mir aber Sorgen. Sie haben meinem Körper ein Organ entnommen."

    Doktor West:
    "Ein Organteil. Sie wollen doch jetzt nicht wirklich um ein Pfund Fleisch feilschen, nachdem ich ihnen das Leben gerettet habe? Haben Sie jüngst zu lange in Shakespeares - Der Kaufmann von Venedig - gelesen und halten sich jetzt für den Juden Shylock?"

    Nolan:
    "Ich hatte leider noch nicht das Vergnügen dieses Werk von Shakespeare zu lesen."

    Doktor West:
    "Ok. Dann versuche ich es anders. Begeben wir uns ins Reich der Mathematik: Ist 3 + 2 = 5? Immer?

    Scott:
    "Nach Ihrer Denkart sicher nicht. Sie machen mich neugierig, Doktor."

    Doktor West:
    "Richtig, Herr Everest. Das Ergebnis könnte z.B. auch 4 + 3 - 2 lauten. Verstehen Sie? Versuchen Sie weiter zu denken. Über das Bekannte hinaus."

    Archie:
    "Ach hören Sie doch auf, West. Sie wollen mit Ihren Literaturkenntnissen und ihrem Jonglieren mit Zahlen ja nur von Ihren grausamen Taten ablenken. Sie töten Menschen, West. Und das ist böse. Sie sind ein schlechter Mensch."

    Doktor West:
    "Ist die Katze böse, weil Sie eine Maus fängt, um diese zu fressen?
    Oder ist die Katze böse, weil Sie eine Maus fängt, um diese zu Tode zu spielen?"

    Scott:
    "Nein, es ist der Instinkt des Tieres. Die Katze versucht zu überleben."

    Doktor West:
    "Ist der Mensch denn anders als ein Tier?
    Wir essen, trinken, schlafen und pflanzen uns fort wie jedes andere Tier auch.
    Wir können reden, aber oft ist das Geschnatter der Gänse am Teich interessanter als das Gerede der Menschen.
    Wir planen und wir bauen, aber das machen die Ameisen und die Biber auch.
    Also, was macht den Menschen so anders?"

    Scott:
    "Der Mensch hat eine Seele."

    Nolan:
    "Und er hat Mitgefühl."

    Doktor West:
    "Das Mitgefühl der Menschen habe ich im Krieg zur Genüge kennen gelernt.
    Da ist der Mensch wie die Ratte, von der man sagt, sie würde auch gegen ihre Artgenossen in den Krieg ziehen."

    Nolan:
    "Und sie nutzen die Wehrlosigkeit der Menschen, um an ihnen zu forschen und mit ihnen zu experimentieren. Und das ist falsch."

    Doktor West:
    "Wie viele Menschen haben Sie in Ihrem Leben schon getötet, Herr Kilmister?"

    Archie:
    "Was soll das? Wir waren im Krieg gegen die Krauts. Das war etwas völlig anderes."

    Doktor West:
    "Während des Krieges war ich 1916 selbst in Flandern.
    Feldmarschall Sir Douglas Haig - Der Schlachter an der Somme - schickte seine eigenen Männer immer wieder und wieder sinnlos in das MG-Feuer der Deutschen hinein. Einfach so.
    Also stelle ich Ihnen die Frage anders: Wie oft haben Sie sich im Sinne des fünften Gebotes schuldig gemacht?"

    James:
    "Vater unser im Himmel..."

    Archie:
    "Es ging im Krieg ums nackte Überleben. Töen oder getöet werden. Ich habe durch meine Taten das Leben meiner Kameraden gerettet."

    Doktor West:
    "Sie toten zahllose Nachbarn. Das Volk nennt Sie ein Monster und man hängt Sie dafür.
    Sie töten zahllose Nachbarn. Das Volk nennt Sie einen Helden und man hängt Ihnen dafür Orden an die Brust.
    Und das nicht einmal ein Jahr später. Wo ist da die Moral?
    Ich dagegen folge einem geradlinigen Weg. Dem Weg der Wissenschaft."

    Archie:
    "Sie machen es sich Einfach, Doktor West."

    Doktor West:
    "Ganz im Gegenteil. Ich mache es mir viel schwerer als Sie, da ich diese gespaltene Moral nicht akzeptieren kann. Ich versuche die Dinge zu verstehen und ich hinterfrage das was geschieht."

    James:
    "Dein Wille geschehe..."

    Doktor West:
    "Wo liegt die Grenze zw. Gut und Böse? Und wer legt diese Grenze fest?
    Bedeutet, den Bösen zu töten, für Sie an sich schon etwas Gutes getan zu haben?
    Zumal wenn der vermeintlich Böse noch gar nichts Böses getan hat?
    Der Böse wurde also präventiv getötet, Herr Kilmister?"

    Archie:
    "Hmmm..."

    Doktor West:
    "Ist jemand, der Böses tut, auch gleichzeitig ein böser Mensch?
    Ist allein das Unterlassen einer guten Tat schon eine böse Tat?
    Weiss derjenige der Böses tut, dass ihn andere für Böse halten?
    Sieht der Böse sich selbst auch als böse an, oder ist er das aus seiner Sicht nicht?"

    Archie:
    "Also... Hmmm..."

    Doktor West:
    "Ich befürchte, dass Sie sich argumentativ gerade auf sehr, sehr dünnem Eis bewegen, Herr Kilmister.
    Die Rettung ihrer Kameraden ist rein hypothetisch. Der Tod ihrer Gegner aber ist ein Faktum.
    Sie haben kein einziges Leben gerettet, sondern Sie haben lediglich Leben ausgelöscht, Archibald.
    Ärzte schenken das Leben - Soldaten bringen nur den Tod. Das macht Sie, laut Ihrer eigenen Theorie, zu einem bösen Menschen. Sind Sie ein böser Mensch, Herr Kilmister?"

    James:
    "Und vergib uns unsere Schuld..."

    Doktor West:
    "Sollten Sie also ein böser Mensch sein, Herr Kilmister, dann obliegt es Ihnen nicht, über mich und meine Arbeiten zu urteilen."

    James:
    "In Ewigkeit. Amen."

    Nolan:
    "Ach halt endlich Dein Maul, James."

    Doktor West:
    "Es gibt die Fabel über ein Gespräch zw. Mensch und Stein.
    Sagt der Mensch zum Stein: He Du, Stein, sei doch mal ein wenig menschlicher.
    Darauf antwortet der Stein: Tut mir leid, Mensch, dazu bin ich noch nicht hart genug.
    Können Sie sich denken, was ich damit ausdrücken will, Herr Phillips?"

    Nolan:
    "Nein!"

    Doktor West:
    "Ich meine, dass Sie sich nicht einmal nach dem Befinden des Fahrers von dem Fuhrwerk erkundigt haben, in das Sie hineingefahren sind. Und Sie reden von Mitgefühl? Finden Sie das nicht sogar selbst lächerlich?"

    Schwester Evelyn kehrt mit den Schmalz-Broten aus der Küche zurück.
    Doktor West: "Probieren Sie mal. En Guete!"
    West greift beherzt zu. Die SCs lassen das Vesper stehen.

    Doktor West:
    "Ich stelle Ihnen eine letzte einfache Frage: Ist der Arzt, der bei der Geburt entscheidet, ob er das Leben der Mutter oder das Leben des Kindes retten soll, böse, weil das andere Leben dadurch unweigerlich enden wird? Oder soll er besser gar nichts tun und beide sterben lassen?"

    James:
    "Ich glaube, ich habe jetzt verstanden, worum es Ihnen geht. Und vielleicht... aber nur vielleicht, sind sie ja auch auf dem richtigen Weg."

    Doktor West:
    "Jetzt stellt sich mir abschliessend allerdings noch eine sehr interessante Frage:
    Weshalb hat nach einer Woche noch immer niemand nach Ihnen gesucht oder Sie als vermisst gemeldet?"

    Nolan flüsternd:
    "Elender Mist. Unsere Leute denken natürlich alle, dass wir noch auf Jersey sind und vielleicht unseren Besuch bei Northan ausgedehnt haben. Sicher wird man zuerst beim Sanatorium anfangen zu suchen. Das darf der Doktor nicht von uns hören."

    Doktor West:
    "Ich muss auch gar nichts von Ihnen hören, Herr Phillips. Ich verstehe mich ausgezeichnet auf das Lippenlesen."

    Nolan:
    "Verdammt."

    Doktor West:
    "So, Archibald, warten Sie einmal kurz. Nur damit wir unser beider momentane Situation richtig verstehen.
    Sie befinden sich schwach und verletzt bei einem Arzt, den Sie für skrupellos und böse halten.
    Was wird dieser schlechte Mensch wohl mit Ihnen anstellen, wenn er Sie noch nicht einmal sonderlich gut leiden kann und mit Sicherheit weiss, dass Sie niemand, über einen längeren Zeitraum hinweg, vermissen wird?
    Was glauben Sie? Sollten Sie vielleicht anfangen, sich ernste Sorgen zu machen, Herr Kilmister?"

    - - - Schweigen. - - -

    Doktor West:
    "So, meine Herren. Wir sehen uns dann wohl morgen wieder. Schlafen Sie gut und träumen sie was schönes."


    Ende Tag 7.2 in game.
    Fortsetzung folgt...

    Cheerio
    Der Läuterer

  9. Sadistisch sei der Doc, sagst Du?

    Dabei ist West doch viel freundlicher als jeder Shoggoth.

    Ich glaube, Du gehst mir ähnlich auf den Leim wie meine Spieler.

    Und das ist gut so.

    Nutze immer die Paranoia der Spieler und wende diese gegen sie.

     

    Warte, bis die DUNKLEN Geheimnisse an die Oberfäche kommen.

    Und damit ist nicht nur der Doc gemeint. Ich habe doch zu Anfang geschrieben, dass ich die Charaktere an Ihre Grenzen führen werde, doch es ging darüber hinaus.

    Der Tod eines der SCs war dabei sogar für mich eine umwerfende und

    überraschende Entwicklung.

     

    Labern würde der Doc, sagst Du?

    Ja. Treffend bemerkt. Der Doc schwallt etwas.

    So wie der Bösewicht in den Agentenstreifen, wenn der Gute hilflos in Ketten liegt und der Andere ihm seine düsteren Pläne ausplaudert.

    Nur dass West hier die SCs zu überzeugen versucht, anstatt mit seiner Allmacht zu prahlen.

    Er könnte die SCs ja mit Leichtigkeit einfach entsorgen.

     

    Und Du hast völlig Recht damit, dass Lovecrafts Doc sich wesentlich mehr von der Welt abgewandt hatte und zurückhaltender war.

    Das Problem hierbei war nur, dass ein Doc, der lediglich mit Chemikalien hantiert, für mich in der Geschichte zu fad gewesen wäre.

     

    Cheerio

    Der Läuterer

  10. Salü zusammen,
    Fortsetzung des Spielberichtes von "Die Klinik des Herrn Dr. West"

    Sonntag, 19. September 1920 - Tag 7.1

    Ich habe im Vorfeld des Abenteuers überlegt, ob eine Diskussionsrunde der Charaktere mit ihrem Gegenspieler sinnvoll, interessant und spannend sei.
    Ich erinnere mich da an das Abenteuer "The Worm that Walks" (aus Shadows of Yog-Sothoth), in dem der böse NSC die SCs anheuert, um diese dann in ihr Verderben zu schicken. Aber die SCs wissen von alldem natürlich nichts...

    Ich weiss nicht, ob das, was ich hier ausprobiert habe, jemals in einem offiziellen CoC-Abenteuer so vorgesehen war, oder ob das jetzt hier reines Neuland ist.
    Gebt mir bitte Bescheid, wenn Ihr so etwas schon mal gemacht habt und berichtet mir, wie es bei Euch mit einer in game Diskussion zw. den SCs und dem "Oberbösewicht" gelaufen ist.

    An dieser Stelle muss ich dringend noch vorausschicken, dass ich mich auf dieses philosophische Gespräch mit den Spielern gut vorbereitet hatte.
    Ich habe mir im Vorfeld Pro und Contra Argumente zu verschiedenen ethischen Themen überlegt, da ich mir ungefähr denken konnte, wie die Gegenseite argumentieren würde.
    Das Gespräch der SCs mit ihrem Widersacher zog sich dann etwas über eine Stunde in game hin und war für alle überaus interessant.

    Und ich habe es jetzt tatsächlich geschafft, zusammen mit meinen Mitspielern, das Gespräch zu rekonstruieren und hoffe, dass ich alles hier sinngemäss wiedergebe.
    Im Folgenden wurden von mir einige Passagen weggelassen, wenn sich die Diskussion etwas im Kreis bewegte und auch nicht ganz so flüssig verlief, wie man jetzt beim Lesen vielleicht meinen könnte.
    Vermutlich wird das Gespräch für den ein oder anderen Leser auch zu lang oder zu langweilig sein, aber vielleicht findet es ja auch wohlwollende Abnehmer.

    Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass das nun Folgende bestimmt eine der anstrengendsten Rollenspiel-Stunden war, die ich jemals habe leiten dürfen.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

    Die KLINIKREGELN für die SCs

    In der Klinik des Doktors gelten folgende Regeln für die SCs:
    1) Sie sind isoliert und auf sich allein gestellt. Hilfe von Aussen ist nicht zu erwarten.
    2) Sie sind schwach (STR / CON -6; Min. 3; die ursprünglichen LP bleiben unangetastet) und dürfen sich nicht verausgaben.
    3) Sie sind temporären Schmerzschüben unterworfen, d.h. körperliche Aktionen, deren Wurf gelingt, aber auf eine ungerade Zahl endet, müssen noch einmal gewürfelt werden, um erfolgreich zu sein.
    Misslingt eine körperliche Aktion und endet sie dabei auf eine ungerade Zahl, dann stöhnt der SC oder ihm entfährt ein Schmerzensschrei.
    4) Körperliche Aktionen unterliegen einem Abzug von -30 (hat ein SC nur den Basiswert von 25% auf Springen, dann kann er in seiner jetzigen Verfassung überhaupt nicht Springen).
    5) Alle Bewegungsgeschwindigkeiten werden halbiert und schnelle Bewegungen sind erst gar nicht möglich.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

    Cthulhu wird philosophisch

    Abends werden die Charaktere von zwei Pflegern und einer Krankenschwester aus ihren Betten geholt und in Rollstühle gesetzt. Die SCs tragen lediglich Krankenhemdchen; weisses Leinen, knielang, kurze Ärmel, rückenfrei und wie eine Schürze zu binden.

    Archie könnte auch an Krücken gehen. Seine Unterschenkel sind bandagiert und geschient.
    Scott kann noch nicht selbständig aufstehen. Seine Unterschenkel sind geschient und er trägt noch einen Kopfverband, da er mitunter noch starke Gleichgewichtsstörungen hat.
    James könnte unter starken Schmerzen an Krücken gehen. Seine Beine sind komplett bandagiert. An einigen Stellen sickert eine honigfarbene, zähe Flüssigkeit durch das Leinen.
    Nolan kann problemlos gehen. Unterhalb des rechten Rippenbogens brennt sein Oberbauch wie Feuer.
    Die Finger seiner rechten Hand liegen in einer Spreizschiene einbandagiert und sind mit den Schienen am Unterarm verschraubt.

    Angeführt von der blendend aussehenden Schwester, schieben die Pfleger die SCs durch den Kreuzgang zum Büro des Doktors. Das Büro ist geräumig, aber nur spartanisch eingerichtet.
    Vermutlich war dies einst das Zimmer der Klosterleitung, dem Prior.
    Der Raum ist etwa zehn Meter lang und etwas weniger als 6 Meter breit. An anderen Ende steht ein breiter, massiver Schreibtisch und dahinter befindet sich ein Bücherregal, mit zahlreichen Büchern, das die gesamte Rückwand einnimmt.
    Im Regal selbst befindet sich eine schmale Geheimtür, die halb offen steht und durch welche Licht in das Büro hinein scheint.

    Aus dem Nebenraum ist Musik zu hören - Wagners Walkürenritt.
    Nachdem die SCs im Raum sind, werden sie von der Schwester und den Pflegern allein gelassen.

    Allein??? Nicht ganz.
    Rechts und links vom Schreibtisch liegt jeweils ein grosser, wohlproportionierter und muskulöser Hund.
    Das Fell ist cremefarben und schwarz gestromt. Herrliche, majestätische Tiere - englische Mastiffs:
    "Wotan", Höhe 90 cm / Gewicht 120 kg + "Donar", Höhe 80 cm / Gewicht 100 kg.
    Sie sind ruhig, wirken aber sehr respekteinflössend und machen einen abwartend-beobachtenden Eindruck (die Hunderasse gibt es in England schon seit der Zeit der Römer; sie sind gute Jagd-, Kriegs- und Wachhunde).

    Als Doktor West durch die, nicht mehr ganz so geheime, Tür eintritt, erheben sich beide Hunde und begrüssen ihr Herrchen, legen sich danach aber sofort wieder auf ihren Platz, ohne dass Doktor West etwas sagen musste.

    - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

    Doktor West:
    "Einen schönen, guten Abend, sehr verehrte Herren und herzlich willkommen in meiner Klinik. Der Klinik Bell Hall.
    Um mich Ihnen noch einmal vorzustellen, mein Name ist West - Dr. Herbert West, Ihr behandelnder Arzt und auch der einzige Arzt hier in der Klinik."   ...

    "Wussten Sie, dass ich ursprünglich aus der Schweiz stamme, genauer gesagt aus Bern?
    Bevor ich nach England kam, ging ich zum Studieren in die Staaten und verschrieb mich der Bekämpfung des Typhus, noch bevor ich meinen Doktortitel erhielt. Sehen Sie sich bitte einmal dieses Foto an."

    Er deutet auf ein gerahmtes Bild an der Wand.

    "Es zeigt mich, zusammen mit meinem Freund und Kollegen Dr. Daniel Cain. Wir hatte bei der Bekämpfung des Typhus in den USA zwar Erfolg, dieser bekam aber nicht, die ihm gebührende, Würdigung."

    Archie:
    "Was spielt das hier und jetzt für eine Rolle?"

    Doktor West:
    "Keine, Herr Kilmister, überhaupt keine.
    Ich wollte lediglich das Eis brechen und dadurch die Konversation einleiten.
    Im Übrigen entspricht es der Höflichkeit eines Eidgenossen, sich vor dem Plaudern einander bekannt zu machen.
    Aber gut, da Ihre Vorfahren vermutlich aus Texas stammen, gehe ich also sofort in medias res:
    Sie hatten am Montag, im Dorf Hope Cove, einen schlimmen Unfall mit Ihrem Automobil.
    Sie wurden dabei allesamt schwer verletzt, als Sie in ein Brauerei-Fuhrwerk hinein fuhren. Und Herr Wittman wurde sogar lebensbedrohlich verletzt.
    Ich habe mich Ihrer angenommen und Sie nach bestem Wissen meiner Kunst versorgt und verarztet."

    Scott:
    "Und was ist mit dem Patienten, der jetzt als Pfleger hier arbeitet? Diesem Hubert."

    Nolan:
    "Wer zum Geier ist Hubert? Du kommst schwer verletzt irgendwo hin und schliesst gleich Freundschaften?"

    Archie:
    "Wieso sehen hier alle Mitarbeiter so gelackt aus, als kämen sie frisch aus einer Puppen-Fabrik?
    Und WIESO, zum Henker, haben sie MICH gefoltert?"

    Doktor West:
    "Ich hätte jetzt Appetit auf ein spätes Vesper. Wussten Sie, wie gesund Hundeschmalz mit Honig auf Brot ist?
    Hundeschmalz hilft innerlich gegen Erkältung und Asthma und äusserlich aufgetragen gegen Rheuma.
    Der Schweizer Sennenhund ist der perfekte Lieferant dafür.
    Schwester Evelyn, seien Sie doch bitte so nett und holen für uns alle Schmalz-Brote aus der Küche."

    Scott durchzuckt ein eiskalter Schauer, als die "Mörderin von Hubert" den Raum betritt, ihm freundlich zulächelt, ihm über den Kopf streicht und dann den Raum wieder verlässt.

    Archie:
    "Was für ne Wuchtbrumme. Von der würde ich mich mal gerne verarzten lassen. Klasse Weib."

    Scott:
    "Nein, würdest Du nicht. Die Biene hat nen gemeinen Stachel.
    Ausserdem hast Du ja noch diese Neue... Deine Geraldine."

    Archie:
    "Ach ja, Gerald. Gut, dass Du mich an sie erinnerst. Gerald ist echt super. Klasse Figur. Aber ich habe ein sehr grosses Herz. Und darin ist Platz für sehr, sehr viele schöne Frauen."

    Doktor West:
    "Meine Herren, meine Herren. BITTE!   ...
    Haben Sie Goethes Faust gelesen? Dort sagt Mephistopheles: Alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht. Drum besser wäre es, dass nichts entstünde. Teilen Sie diese Meinung?"

    Archie:
    "Hä? Was? ... Was reden Sie da?"

    Doktor West:
    "Dass all das, was einmal war, irgendwann nicht mehr sein wird, Sir Archibald. Es hört einfach auf zu Existieren.
    All das Wissen, all das Können, all die Erfahrungen und Gefühle. Alles weg.
    Es geht unwiederbringlich verloren, wenn ein Mensch stirbt. Welch eine gottlose Verschwendung ist das?"

    Nolan:
    "Wie sollen wir das verstehen, Doktor?"

    Scott:
    "Ist doch völlig klar. Er tötet seine Patienten und macht sie zu seinen untoten Sklaven."

    Nolan:
    "Dann sind Sie absolut wahnsinnig, Doktor West."

    Doktor West:
    "Fanatisch? Ja. - Exzentrisch? Bestimmt. - Vielleicht auch schizophren. - Aber wahnsinnig? Nein.
    Eher kühl kalkulierend, wissbegierig und überaus experimentierfreudig."

    Archie:
    "Welcher Tag ist heute?"

    Doktor West:
    "Was spielt DAS jetzt für eine Rolle?"

    Archie:
    "Ich wollte nur wissen, wie lange wir schon in diesem Schla... ähm... in dieser... Ihrer Klinik sind?"

    Doktor West:
    "Wenn Sie etwas von mir wissen wollen, weshalb fragen Sie mich dann nicht genau danach?
    Fragen Sie doch einfach - Wie lange sind wir schon hier? - und um darauf zu antworten:
    Heute ist der sechste Tag nach Ihrer Ankunft.
    ... Sonntag, der 19. September,
    ... früher Abend,
    ... etwa kurz nach sechs.
    Sind Sie nun zufrieden, Archie?"

    - - - Die SCs haben jetzt ihr verlorenes Zeitgefühl wieder zurück. - - -

    James:
    "Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen."

    Nolan:
    "Sie sind vom Teufel besessen, Doktor."

    Doktor West:
    "Wenn das bedeutet, das ich mein Wissen über die medizinischen Vorgänge im menschlichen Körper, auch ohne den Segen einer dogmatischen Kirche, vorantreiben will, dann gebe ich Ihnen damit völlig Recht."

    Scott:
    "Was Sie hier tun ist gottlos, Doktor West. Das ist eine blasphemische Groteske von Gottes Schöpfung."

    Doktor West:
    "Gottes Schöpfung? Gibt es denn einen allumfassenden Schöpfergott? Haben Sie ihn schon gesehen?
    Schuf Gott tatsächlich den Menschen, oder schuf nicht vielmehr der Mensch einen Gott, um alles ihm Unerklärliche und Unerträgliche mit dem Willen Gottes erklären zu können?
    Wenn Ihnen etwas Schönes passiert, ist doch immer Gottes Wille geschehen.
    Und wenn Ihnen etwas Schlechtes widerfährt, dann sind auf einmal Gottes Wege unergründlich?"

    Scott:
    "Um es noch einmal zu wiederholen. Das ist reine Blasphemie."

    Nolan:
    "Und sie reden Unsinn, Doktor. Jeder Mensch weiss, dass Gott den Menschen erschaffen hat."

    Doktor West:
    "Ist das so, Herr Phillips?
    Vor 2500 Jahren wusste jeder Mensch, dass die Erde eine Scheibe ist.
    Vor 500 Jahren wusste jeder Mensch, dass die Erde das Zentrum des Universums ist.
    Vor 50 Jahren wusste jeder Mensch, dass er von Adam und Eva abstammt.
    Und vor 50 Minuten wussten Sie, dass die Zeit eines jeglichen Lebens auf Erden begrenzt ist.
    Jetzt haben Sie mitbekommen, dass dem nicht so ist. Sie wissen, dass der Mensch ewig leben könnte.
    Wissen Sie, was diese Unsterblichkeit bedeutet?
    Das bedeutet, dass der Mensch eines Tages zu den entferntesten Sternen fliegen wird."

    Archie:
    "Sie halten sich für Doktor Frankenstein, West. Aber Sie sind doch nur Frankensteins Monster."

    Doktor West:
    "Gut gesprochen, Herr Kilmister. Hat der harte Kerl also doch eine Philosophen-Seele?
    Nein. Mit Sicherheit nicht. Sie haben das Buch von Mary Shelley sicher noch nie in Ihren Händen gehalten.
    Aber das sollten Sie bei Zeiten mal tun; ein Exemplar des Modernen Prometheus steht frei zugänglich in der Klinik-Bibliothek. Eine Erstausgabe von 1818. Ich empfand den Inhalt des Buches als überaus amüsant.
    Aber mal ganz nebenbei gefragt: Haben Sie sich den Vergleich gerade selbst ausgedacht, oder hat das jemand für Sie vorher aufschreiben müssen?"

    Archie braust auf, versucht aufzustehen, schafft es aber nicht und lässt sich zurück in den Rollstuhl fallen.
    Wotan und Donar knurren Archie grollend an, kommen näher und näher und lecken dann Archies nackte Füsse ab.

    Archie:
    "Schon gut, schon gut. Ist ja wirklich kein Grund sich gleich so aufzuregen."

    Dann legen sich die beiden Mastiffs, mit in Falten gelegter Stirn, wieder hin und beobachten Archie aufmerksam, während er innerlich kocht und äusserlich schwitzt.

    Doktor West:
    "Wussten Sie, dass diese Hunderasse überaus erstaunlich ist? Die Tiere können mühelos einen Besenstiel durchbeissen und sie schlingen zwanzig Pfund rotes Fleisch herunter, so wie Sie und ich einen Apfel essen würden.
    Und sie lieben den Kampf noch mehr als ihr Futter. Sie kämpfen sogar weiter, wenn sie schwer verwundet sind.
    Ich nehme sie immer zur Hatz auf Wildschweine mit, die sich hier in der Gegend zuhauf herumtreiben."

    Archies Spieler wird noch blasser.

    - - - Der Spieler erzählte mir nach dem Spiel, dass er sich in diesem Augenblick vorstellt hat, wie die beiden Hunde die menschlichen Überreste der Patienten des Doktors zu Fressen bekommen und ich musste schmunzeln. - - -

    Nolan kann sich als Erster von diesem Vortrag erholen:
    "Überaus interessant, Doktor, aber Archie hat nicht unrecht. Wenn Sie tote Materie beleben können, handeln Sie wie Doktor Frankenstein."

    Doktor West:
    "Mal abgesehen davon, dass Viktor Frankenstein ebenfalls ein Bürger der Schweiz war, ist Ihr Vergleich völlig aberwitzig, Herr Phillips. Und diese, Ihre Aussage, spottet ihrem Intellekt.
    Jeder halbwegs intelligente Physiker im 1. Semester wird Ihnen sagen können, dass Frankenstein ein Idiot war und dass so etwas niemals funktionieren wird."


    Ende Tag 7.1 in game.
    Fortsetzung folgt...

    Cheerio
    Der Läuterer

  11. Rückblickend muss ich sagen, dass der Einstieg in "Die Klinik des Herrn Dr. West" nicht unproblematisch war, da zu Anfang noch nicht klar ist, dass alle SCs in diesem Abenteuer zweifellos mal leiden werden.

    Ein Spielleiter, der schon im Vorhinein den Eindruck hat, dass seine Spieler mit einem solchen Szenario nicht umgehen können, weil diese vielleicht glauben, dass sie der Willkür des Spielleiters viel zu sehr ausgeliefert sind, oder weil sie überempfindlich reagieren könnten, sollte in jedem Fall die Finger von solch einem Abenteuer lassen, sonst gibt das mit Sicherheit nur Stress.

  12. Die Zeit verstrich für alle recht schnell.

    Während des Abenteuers hatte ich das Vergnügen, meine Spieler beobachten zu dürfen.

    Sie zeigten, wie nach einem Schicksalsschlag, alle Trauerphasen:

     

    1. Schock - Verleugnung. Nein! Macht er das jetzt wirklich?

    2. Ungläubigkeit - Wieso ich? Du Arsch, was soll das?

    3. Resignation - Soll ich jetzt schon mal nen neuen Charakter machen?

    4. Akzeptanz - Ok. Mal sehen, wohin uns das jetzt alles führt.

     

    Plus die Reaktion der Mitspieler auf das Geschehen:

     

    1. Neugier - Was wird er jetzt wohl mit dem Anderen machen?

    2. Mitleid / Schadenfreude - Uhhh, der hat jetzt aber voll was abbekommen.

  13. Salü zusammen,
    Fortsetzung des Spielberichtes von "Die Klinik des Herrn Dr. West"

    Montag, 13. September 1920 - Tag 1.3

    …James hat einem seltsamen Traum. Er liegt an einem weissen Strand und von oben brennen drei Sonnen auf ihn herab. Und diese Sonnen schmelzen seine Beine wie Wachs... Das Wachs fliesst zäh dahin, bis nur noch Stümpfe seiner Beine übrig bleiben...


    Als er die Augen einen Spalt öffnet, schaut er einem Wesen mit vier Augen, ohne Mund und Nase, direkt ins Gesicht.

    Dann hört er es sagen:

    "Anne ist sie bitter..."

    Und er fängt wieder wild zu träumen an.

    Als er wieder erwacht, liegt er in einem schönen weichem Bett. Alles vor seinen Augen ist undeutlich und verschwommen. Über ihm schweben kleine, dicke, geflügelte Wesen. Ihm ist schlecht. Alles dreht sich.


    James fragt benommen:

    "Bin ich im Himmel?"


    Als ihm eine freundliche Frauenstimme mit "Zum Glück noch nicht." antwortet, schläft er beruhigt wieder ein.

    Als er erwacht, ist sein Blick klar. Über ihm ist eine hohe Decke. Die Wände zieren Skulpturen in Kindergestalt, von denen einige Harfen und Trompeten in den Händen halten (barocke Putten).


    "Wie lange bin ich schon hier?" fragt James ins Nichts hinein, doch er erhält keinerlei Antwort darauf.
    Wieder ruft er: "Hallo. Hallo?" Und wieder bekommt er keine Antwort.

    James kann seinen Oberkörper nicht bewegen. Auch seine Arme und Beine scheinen gelähmt zu sein.
    Sein Körper liegt unter einem Gestell, über dem die Bettdecke liegt, so dass sie den Körper nicht berührt.
    Seine Beine fühlen sich an, als seien sie in hartes Leder eingenäht, dass sich immer mehr zusammenzieht.
    Seine Haut spannt und schmerzt. Er fühlt den Schmerz in seinen Beinen und er atmet durch - also ist er nicht gelähmt. Nach einiger Zeit stellt er erschreckt fest, dass seine Handgelenke mit Ledermanschetten am Bett fixiert wurden. Auch seine Beine scheinen festgeschnallt worden zu sein.

    "Wachen Sie auf, Herr Wittman, wachen Sie auf. Sie hatten einen schlimmen Unfall und ich habe Sie bereits notdürftig versorgt."
    James erwacht und sieht einen schmächtigen, jungen Mann. Als seine Augen klarer sehen können, erkennt er, dass der Mann doch schon um einiges älter ist als er zuerst dachte, Ende dreissig, Anfang vierzig. Der Mann ist klein, ca. 160-165 cm und schlank, fast dürr, ca. 50 kg. Er hat Flachs-blondes Haar, feine Gesichtszüge und blassblaue Augen, die sich hinter einer runden Nickelbrille verbergen. Und er hat eine sehr mitfühlende, sanfte Stimme.

    Doktor West:

    "Mein Name ist West - Dr. Herbert West. Können Sie sich an Ihren Unfall erinnern? … Sie waren im Wagen eingeklemmt. Es gab ein Feuer."


    James erinnert sich. Plötzlich erinnert er sich an alles. Zuerst war da diese blonde Schönheit und dann der Unfall. Der Wagen hat gebrannt... seine Beine haben gebrannt. Seine Beine... James zuckt zusammen.

    Doktor West:

    "Sie erinnern sich also. Das ist gut. Sie wurden bei diesem Unfall sehr schwer verletzt. Ich könnte Sie operieren. Es besteht ein hohes Risiko, dass Sie dabei sterben werden. Wenn ich Sie nicht operiere, werden Sie mit Sicherheit sterben. Die Operation ist aber sehr schmerzhaft und ohne jede Garantie. Was sagen Sie?"


    James zögert kurz und nickt dann.

    Doktor West:

    "Um Wundbrand und eine mögliche Sepsis müssen Sie sich nicht sorgen. Das habe ich im Griff.
    Lediglich den möglichen Schockzustand habe ich noch nicht hinreichend unter Kontrolle."


    James versteht überhaupt nicht, wovon der Doktor da redet und nickt.

    Doktor West:

    "Wussten Sie, dass der franz. Chirurg Piechaud diesen Schockzustand schon 1880 zu verhindern versuchte, der auf das Absinken des Blutdrucks im Körper zurück geht?"

    Doktor West:

    "Ihre zwei Pfleger hier heissen übrigens George und Hubert. Sie werden sich um Sie kümmern, Herr Wittman. Und sie werden Sie in den Operationssaal bringen. Ich werde bald nachkommen."


    James ist so geschockt von der Nachricht, dass er auf die beiden Pfleger kaum achtet.

    Als James in den Saal geschoben wird, fällt ihm neben dem OP-Tisch noch eine Emaille-Wanne auf. An der Wand steht ein kupferner Trog, aus dem einer der Pfleger mit einer Schütte zerstossenes Eis in die Wanne schaufelt.
    Als die Wanne halb voll ist, giesst er noch Wasser hinzu.

    Doktor West:

    "Schliessen Sie jetzt bitte Ihre Augen, Herr Wittman, wir entfernen jetzt dass Gestell von Ihrem Bett."


    James schliesst die Augen und macht sie leider viel zu früh wieder auf und büsst an geistiger Stabilität ein, als er seine Beine sieht.
    Sie sind Krebs-rot und die Haut ist an zahllosen Stellen aufgebrochen und schält sich. Auf Teilen der Unter- und Oberschenkel haben sich grossflächig dicke, wässrige Blasen gebildet. Teile der Unterschenkel und der Füsse haben schwarze, krustige Stellen mit weissen Rändern und drei Zehen des linken Fusses fehlen, bis auf schwarze Stümpfe.

    Doktor West:

    "Ihre Beine und Füsse waren unterschiedlich starken, thermischen Denaturierungen unterworfen, was einen Struktur- und Funktionsverlust zur Folge hatte. Ungefähr so, wie wenn Sie ein Ei kochen würden. Dabei ändert sich auch die Struktur der Eiweisse von flüssig zu fest."


    James wird schlecht, aber sein Magen ist leer.

    Doktor West:

    "Die beiden Herren hier werden Sie jetzt mit einer speziellen Schutzsalbe einreiben. Danach müssen Sie sich in die Eiswanne legen, damit sich Ihre Blutgefässe verengen, sonst könnten Sie mir verbluten, während ich Sie danach operiere."

    James wird behutsam in die Wanne gehoben.


    Doktor West:

    "Sie bekommen jetzt noch einen Knebel in den Mund, damit Sie sich nicht Ihre Zunge abbeissen können, denn das Eiswasser und die Operation werden alles übertreffen, was Sie je an Schmerzen gespürt haben.
    So und jetzt noch etwas Salz auf das Eis, damit das Wasser schneller herunter kühlt."

    Doktor West:

    "Wussten Sie, dass das Blut im Körper erst dann gefriert, wenn die innere Körpertemperatur auf -2 Grad Celsius gefallen ist? Und dass selbst eine tödliche Dosis Alkohol Sie davor nicht schützen kann? Saufen bringt also auch in diesem Falle überhaupt nichts ein."

    Doktor West:

    "Wussten Sie, dass nach dem Tode die Körpertemperatur des Verstorbenen um etwa 1 Grad Celsius pro Stunde absingt, bis die Körpertemperatur die Umgebungstemperatur erreicht hat?"

    James wusste beides nicht. Und es war ihm auch egal, denn, aufgrund der Schmerzen, erlitt er einen weiteren Verlust seiner geistigen Stabilität und verlor das Bewusstsein.

    - - - Der SC hat jetzt noch 6 LP (-4W4). - - -

    Als James wach wird, hält ihm ein Pfleger Riechsalz unter die Nase.

    Doktor West:

    "Sie müssen das hier und jetzt bei vollem Bewusstsein durchleiden, Herr Wittman, sonst sterben Sie mir mit Sicherheit unter den Fingern weg, denn der Schmerz ist unabdingbar für eine schnelle Heilung."

    - - - Der SC muss fünf weitere Proben auf gSt ablegen, von denen er drei schafft. Des Spielers Lippen formen lautlos einen Satz, der auf ...rsch endet. Und den ich, aufgrund des dazu gehörenden Blickes, mit - Du bist echt ein Arsch - interpretiere, was mir dann auch später bestätigt wird. - - -

    Doktor West:

    "Jetzt bekommen Sie noch ein Mittel gegen Ihre Schmerzen von mir gespritzt. Danach bringen die Pfleger Sie wieder in ihr Bett. Und wenn Sie wieder völlig genesen sind, dürfen Sie Abteilung A verlassen."

    - - - Der Spieler bekommt grosse Augen und fragt mich "So wie Hubert?" - - -


    ...Nolan liegt in einem Rollbett und wird durch weiss-gekachelte Flure geschoben. Sein rechter Arm schmerzt, er hat schreckliche Kopfschmerzen und das Holpern macht all das nicht erträglicher.


    Eine Männerstimme fragt:

    "Abteilung A, O oder X, Schwester?"


    Eine Frauenstimme antwortet:

    "Der sieht doch recht gut aus. Er hat kaum Verletzungen, also eigentlich Abteilung A.
    Aber der Doktor braucht einen für Station O."


    Dann sagt sie:

    "So junger Mann, jetzt bitte ganz tief einatmen."


    Nolan nimmt noch kurz den Geruch von Äther wahr und dämmert dann dahin...

    Dann wird Nolan durch eine singende Mädchenstimme geweckt:
    "Eins und zwei, der Doc kommt gleich v-o-r-b-e-i-i-i." Nolan schlägt die Augen auf und sieht sich um, kann aber niemanden sehen, weil der Raum, in dem er liegt, völlig unbeleuchtet ist. Aus einem Gang oder Nebenraum fällt etwas Licht zu ihm hinein. Er hört das Scheppern eines Eimers und das Klatschen eines nassen Wischtuches, wieder und wieder. Die Stimme flüstert gerade die Strophe "Drei und vier, ans Leder geht es Dir." in sein linkes Ohr.
    "Fünf und sechs, die Messer sind gewetzt." Kleine tapsende Schritte am Fussende seines Bettes. Der Inhalt des Eimers wird auf den Boden gegossen, gefolgt von einem anhaltenden Gurgeln.
    Nolan erschrickt "SIEBEN UND ACHT, der Doktor teuflisch LACHT." Und das Herz hämmert wild in seiner Brust.
    "Neun und Zehn, niemand wird Dich je wiedersehen." Die Schritte entfernen sich. Er scheint allein zu sein.
    Nolan: "Wo bin ich?" … "Was habt Ihr mit mir gemacht?" Dann fällt er in einen unruhigen Schlaf.

    Als er wieder aufwacht, sieht er neben sich blitzende Instrumente auf einem Tischchen liegen. Wie schön das alles doch glänzt... ist das Chirurgen-Besteck? ...huch, die Knochensäge reflektiert das Licht... und das Skalpell ist so rot. "Schwester! Der Patient!" ...in einer Nierenschale liegt ein lustig-glänzender, rotbrauner Fleischlappen... hui... oh je... 

    Nolan liegt wieder in einem dunklen Raum als er erwacht.
    Die ihm bekannte Mädchenstimme flüstert in sein Ohr: "...v-o-r-b-e-i-i-i." Dann entfernen sich tapsende Schritte.
    Seine rechte Seite brennt wie Feuer. Die Stelle im Oberbauch unterhalb des rechten Rippenbogens. Was ist mit ihm nur geschehen?

    - - - Der SC hat noch 7 LP (-3W4). - - -


    Ende Tag 1.3 in game.
    Fortsetzung folgt...

    Cheerio
    Der Läuterer

  14. @Blackdiablo

    Das Switchen zw. den Spielern in dem Abenteuer war nicht unproblematisch für mich. Es hat aber ganz gut geklappt.

      -   Das Endergebnis: Zwei von vier SCs sind tot. Einer..., na ja, lasst Euch überraschen...   -

     

    Die Spannung im Spiel kann aber gehalten werden,

     

    ...wenn man im Schockmoment oder beim Einschlafen des SCs ausblendet und umschwenkt (da kommt es beim Spieler selbst nicht zur Entspannung und die Erwartungshaltung bleibt hoch).

     

    ...wenn die Aktion des Handelnden (in diesem Fall - des Behandelten) so fesselnd und spannend gestaltet wird, dass die zuhörenden Mitspieler vom Inhalt ebenso gefesselt sind, wie der SC selbst.

     

     

    Cheerio

  15. Salü zusammen,
    Fortsetzung des Spielberichtes von "Die Klinik des Herrn Dr. West"

    Montag, 13. September 1920 - Tag 1.2

    ...als Scott erwacht, tun ihm alle Knochen im Leib weh. Ihm ist übel, speiübel. Sein Kopf schmerzt elendig und alles dreht sich vor seinen Augen. Er liegt in einem Bett, so viel ist klar. Und er hört eine Mädchenstimme singen: "Warte, warte noch ein Weilchen..." Einigermassen beruhigt schläft er wieder ein.

    Als er wieder aufwacht, geht es ihm deutlich besser. Der Kopfschmerz und die Übelkeit sind nahezu vorüber.
    Allerdings kann er noch immer nicht klar sehen. Alles vor seinen Augen ist verschwommen, als würde er durch dichten Nebel sehen. Er spürt eine kühle Hand auf seiner Stirn, die ihm über den Kopf streicht.
    Dann hört er die Mädchenstimme erneut singen:
    "Warte, warte noch ein Weilchen, dann kommt auch der Doc zu Dir,
    mit dem kleinen Hackebeilchen, macht er Hackefleisch aus Dir.
    Aus den Augen macht er Sülze, aus dem Hintern macht er Speck,
    aus den Därmen macht er Würste und der Rest wird aufgeleckt."
    Sehr beunruhigt fällt er in einen traumlosen Schlaf.

    Wieder wird Scott wach. Seine Sehkraft ist wieder hergestellt. Er schaut nach rechts und nach links. Er liegt in einem grossen Saal mit hoher Decke. Es sieht ein wenig danach aus, als läge er in einer kleinen Kirche.
    Auf beiden Seiten des Saals stehen die Betten, nebeneinander aufgereiht im Abstand von etwa zwei Metern.
    Dahinter sind die Wände von Rundbogenfenstern durchbrochen. Der Saal ist hell und draussen scheint die Sonne.

    Er erinnert sich langsam... Sie waren im Spätsommer losgefahren... Sie wollten zum Sanatorium auf Jersey fahren...

    Er kann sich vor Schmerzen kaum rühren. An Aufstehen ist erst einmal nicht zu denken. Sein linker Arm und beide Beine sind geschient. Da war dieser Unfall...
    Quietschende Reifen, knirschendes Metall, berstendes Holz, menschliche Rufe. Und der Geruch von Benzin.
    Ein Fuhrwerk war plötzlich hinter einer Kurve aufgetaucht... wie aus dem Nichts. Wie lange ist das jetzt her?
    Und was war danach passiert? Er kann sich nicht genau erinnern. Die Sonne schien ihm von Oben warm auf das Gesicht. Und da war diese schöne, blonde Frau, die sich über ihn beugte...

    Scott blickt sich um. Rechts von ihm liegt ein grosser Mann mit markanter Nase. Er ist blond und trägt einen franz. Schnauzbart. Links von ihm ist das Bett leer, sieht aber benutzt aus. Dahinter ist eine breite Tüt zu sehen... und er schläft ein.

    Als er erneut aufwacht, dämmert es gerade. Schon lange hat er jedes Zeitgefühl verloren. Die Deckenbeleuchtung ist an und leuchtet schwach. Eine Krankenschwester steht auf der rechten Seite seines Bettnachbarn.
    Sie ist makellos, fast überirdisch schön, als sei sie eine Marmorskulptur von Michelangelo.
    Sie flüstert eine Zeit lang mit dem Patienten. In ihrer rechten Hand hält sie eine grosse Spritze mit dicker Kanüle.
    Diese Spritze möchte Scott ganz sicher nicht in den Hintern bekommen, so viel ist ihm klar.
    Er hört die Schwester sagen: "Sie sind jetzt wieder völlig genesen, Hubert. Sie dürfen Abteilung A jetzt verlassen."
    Der Patient lächelt. Die Krankenschwester streicht ihm über den Kopf und sticht ihm dann die Spritze durchs Auge ins Gehirn und injiziert ihm eine gelblich-grüne Flüssigkeit.
    Der Körper des Mannes, den sie Hubert nannte, zuckt kurz zweimal und liegt dann still.
    Und Scott verliert das Bewusstsein und sinkt in einen alptraumhaften Schlaf.

    Als er wieder erwacht, sitzt eine Krankenschwester auf einem Stuhl neben seinem Bett. Sie hat ein Tablett mit Essen auf ihrem Schoss. Scott ist erleichtert, denn es ist nicht die Schwester, die er zu sehen geglaubt hatte. Ihre Haut ist rein und makellos; keine Falte und kein Pickel. Das Bett rechts neben ihm ist leer und frisch bezogen.
    Scott erzählt der Krankenschwester, was er gesehen hat. - - - Trottel !!! - - -
    Die Schwester ist fürsorglich und lächelt milde. Sie streicht ihm über den Kopf und Scott zuckt panisch zusammen, als hätte er die Rassel einer Klapperschlange gehört.
    "Machen sie sich bitte keine Sorgen, Herr Everest. Solche Sinnestäuschungen kommen vor. Sie waren drei Tage ohne Bewusstsein und haben ihre Gehirnerschütterung noch nicht auskuriert."
    "So, jetzt essen Sie erst einmal tüchtig Ihr Süppchen. Ich werde Sie füttern, damit Sie wieder gesund werden und schnell zu Kräften kommen. Sagen Sie ah..."
    "Ich komme heute Abend noch einmal vorbei und bringe Sie dann zu ihrem Arzt. Er freut sich schon, Sie kennen zu lernen."
    Nach dem Essen geht die Schwester nach links aus der Halle. Im Türrahmen spricht sie kurz mit einen Pfleger.
    Dann deutet sie auf Scott und der Pfleger nickt. Die Schwester lächelt ihm noch einmal zu. Dann gehen beide, die Tür schliesst sich hinter ihnen und Scott hat ein sehr, sehr mulmiges Gefühl.

    - - - Der SC hat jetzt noch 9 LP (2W6). - - -

    Am selben Abend kommt die Schwester mit zwei Pflegern wieder bei Scott vorbei. Sie heben ihn in einen Rollstuhl und fahren ihn durch den Kreuzgang zum Büro des Doktors.
    Auf dem Gang kommt ihnen ein grosser, blonder Pfleger entgegen und Scott wird kreidebleich (gSt Verlust), als er in ihm seinen ehemaligen Bettnachbarn wiedererkennt.
    Die Krankenschwester: "Bleiben Sie ruhig, Herr Everest. Nur keine Angst. Das ist doch nur Hubert, unser neuer Pfleger."


    Ende Tag 1.2 in game.
    Fortsetzung folgt...

    Cheerio
    Der Läuterer

  16. Salü,

    eigentlich hatte ich Kontroversen zu dem Abenteuer erwartet.

    Ähnlich wie beim Abenteuer "Das Kichern beim Anzünden von Cthulhus Fürzen". Also bei F&A hörten die posts gar nicht mehr auf, deshalb dachte ich, ich müsse mich bei Herbert West warm anziehen. Immerhin vergreife ich mich an Lovecrafts Heiligem Gral.

    Kurz gesagt, ich hatte mehr in die Richtung meines Austausches mit Herostrat erwartet. Sein Zitat hat mich kurz noch mal grübeln lassen, ob ich wirklich richtig liege.

    So etwas bringt mich bei einem eigenen Abenteuer weiter - dieses Nachhaken und Hinterfragen.

    Jeder, der Lovecrafts Werke liest, interpretiert diese doch immer etwas anders und hat andere Vorstellungen.

    Cheerio

  17. Salü zusammen,

    "Das Büro" hat vor etwa vier Monaten drei seiner fünf Mitarbeiter eingebüsst, die es zu ersetzen galt.
    Siehe Spielbericht: "Music From A Darkened Room"

    - Northan -
    wurde nach 12 Wochen Klinikaufenthalt im Londoner St. Charles Krankenhaus, in das viktorianische St. Saviour Sanatorium auf der Jersey-Kanalinsel überstellt, um sich dort auch geistig erholen zu können. Er braucht sicher noch geraume Zeit, um wieder richtig fit zu werden.

    - Archie -
    kam aufgrund der übereinstimmenden Aussagen aller Beteiligten und der verrufenen Geschichte des Hauses 110 wieder auf freien Fuss. Und nach Harrys Kündigung, hat er sich eine neue, blutjunge, Sekretärin gesucht.
    "Gerald" Geraldine Shank ist eine Frau, die mit vorzüglich ausgeprägten, weiblichen Proportionen glänzt und die im Zeugnis in jeder Hinsicht die Note - voll befriedigend - verdient.

    - Nolan -
    war der einzige, der aus der ganzen Sache mit Haus 110 völlig sauber heraus kam. Er hatte schon lange ein Auge auf die bildschübe Ex-Sekretärin Harriette geworfen und hält nach wie vor Kontakt zu ihr. Er hofft, dass sie bald einmal miteinander ausgehen werden. Aber er lässt sich Zeit damit, er will sie ja schliesslich nicht kompromittieren.

    - Scott Everest -
    ist Repoter der Daily Mail und der neue Begleiter des "Büros". Sein Redakteur hatte von ihm einen blitzsauberen Bericht über das Jersey-Sanatorium verlangt, in welchem die Genesungsresultate über dem Durchschnitt des Landes liegen soll. Vielleicht steckt ja mehr dahinter als nur die gute Seeluft.

     

    - James Wittman -

    ist der Fotograf an der Seite von Scott.

    So machen sie sich zu viert auf den Weg gen Süden, um Northan zu besuchen.
    Nolan hatte dem Sanatorium bereits schriftlich ihren Besuch angekündigt und nun sind sie also auf dem Weg.
    Sie reisen mit kleinem Gepäck und haben lediglich etwas Wechselkleidung dabei.
    Da Nolans Automobil noch immer in der Reparatur feststeckt, nehmen sie einen Leihwagen, einen Saxon Six (Saxon Motor Car Corporation; Bj. 1915; 5-Sitzer; max. 35 PS; max. 85 km/Std.; VK usd. 795 neu).

    Für die gesamte Reise sind drei Tage eingeplant. Von London aus reist "Das Büro" gen Cornwall. Über Brighton und Portsmouth nach Exeter, immer der Küste entlang, ca. 280 km. Von Exeter sind es dann noch gut 100 km nach Plymouth. In Plymouth werden sie dann die Fähre über Guernsey nach Jersey nehmen. Die Überfahrt soll etwa zwölf Stunden dauern. Es herrscht sonniges Herbstwetter, ein kleiner Frühling. Frisch und munter fahren sie dahin, ein Liedchen auf den Lippen...

    Montag, 13. September 1920 - Tag 1:

    Als sie gegen Mittag das Dorf Bolberry durchqueren weist Archie seine Kollegen auf eine bildschöne Bäuerin hin und johlend fahren sie an ihr vorüber.
    Je näher sie dem Fischerdorf Hope Cove kommen, desto häufiger begegnen ihnen sehr attraktive Menschen, Frauen wie Männern. Als sich Nolan in Hope Cove nach einer winkenden, blonden Schönheit umdreht, sieht er dass Brauerei-Fuhrwerk viel zu spät und fährt seitlich ungebremst hinein...


    …als Archie aufwacht, liegt er nackt auf einer kalten Emaille-Tischplatte. Er hebt seinen Kopf und sieht sich um.
    Er liegt in einem grossen, weiss-gekachelten Raum. Bis auf den hell erleuchteten Tisch, liegt der Rest des Raumes im Zwielicht. Schatten huschen umher. Schritte hallen. Metall klappert. Ein geschäftiges Treiben. Immer wieder Schritte, Schatten und das Klappern. Immer und immer wieder. Warum kann er sich nicht bewegen? Und warum kann er so schwer schlucken?



    Ein Mann mit weisser Haube und Mundschutz beugt sich über ihn und sagt in honigsüssem Ton:
    "Bevor wir jetzt beginnen, möchte ich mich ihnen gerne vorstellen. Mein Name ist West - Dr. Herbert West. Wir werden ab jetzt eine Weile miteinander arbeiten."


    Archie stellt fest, dass er an Armen und Beinen fixiert wurde und einen Knebel im Mund hat. Er zerrt und windet sich - doch alles ist vergeblich.


    Doktor West:

    "Diese Fesseln halten sogar einem Ochsen stand. Das wurde bereits mehrfach getestet. Bemühen Sie sich also nicht und hören Sie bitte auf zu Zappeln, sonst schneide ich vielleicht noch daneben."

    Nach wenigen Minuten durchzucken Archie brennende Schmerzen im rechten Bein.
    - - - Archie nimmt 1W4 Schaden. - - -


    Doktor West:

    "Wussten Sie, dass der franz. Chirurg Velpeau einmal sagte, dass, den Schmerz durch künstliche Methoden zu verhindern, eine Schimäre sei? ...das war im Jahre 1846."

    Wieder dieser brennende Schmerz. Diesmal links, als würde das Bein mit Säure übergossen.
    - - - Archie nimmt erneut 1W4 Schaden. - - -


    Doktor West:

    "Sie wissen doch, was eine Schimäre ist, oder? Sagen sie bitte nicht - ein griechisches Ungeheuer -."


    Der Schmerz nimmt weiter zu.


    Doktor West:

    "Es bedeutet Hirngespinst oder Trugbild."


    - - - Der Spieler schwitzt. - - -

    Doktor West:

    "Spüren Sie das hier noch?"


    - - - Wieder nimmt Archie 1W4 Schaden. Der Spieler stöhnt, als er die LP auf dem Charakterblatt abstreicht. - - -


    Doktor West:

    "Das bedeutet dann wohl ja."


    Dann folgt eine lange Stille. Nach etwa 30 Minuten...

    Doktor West:

    "Sehen Sie. Jetzt haben Sie bei uns schon etwas gelernt. Und wenn Sie später einmal jemand fragt, dann wissen Sie, was eine Schimäre ist."


    Doktor West:

    "Wir sehen uns dann morgen wieder, Herr Kilmister. Oder darf ich Sie Archibald nennen?
    Vornamen sind doch um so vieles persönlicher, finden Sie nicht? Schlafen Sie gut, Archibald, und träumen sie was schönes."

    - - - Der SC hat jetzt noch 5 LP. Der Spieler atmet ganz tief durch und schaut mich dabei an, als würde er mich sehr gerne erwürgen. - - -


    Ende Tag 1.1 in game.
    Fortsetzung folgt...

    Cheerio
    Der Läuterer



     

  18. @ Herostrat

     

    "... before the actual advent of death." also

    "... vor dem eigentlichen Eintritt des Todes."

    bedeutet nicht, dass West damals am lebenden Objekt forschte, sondern am sterbenden Objekt, bevor der Tod, durch Herzversagen und Hirntod eintrat.

    M.M.n. forschte West zuerst im Zustand des allmählichen Organversagens, aber nicht am gesunden Objekt.

    Nach seinem Scheitern in diesem Bereich wendete er sich dann nur noch dem verstorbenen Objekt zu. Zumindest lese ich Lovecraft so.

     

    Cheerio

    Der Läuterer

  19. "Die Klinik des Herrn Dr. West"
     


    Dies ist die Beschreibung eines selbst entworfenen Szenarios, das die Charaktere an ihre Grenzen führen wird.

    In der Klinik des Doktor Herbert West (nach Lovecrafts Kurzgeschichten-Sammlung "Herbert West - Reanimator") befinden sich die Charaktere in einer Extremsituation des Ausgeliefertseins - sie sind im wahrsten Sinn des Wortes nackt und verletzlich - so wie man sich z.B. als Patient im Zahnarztstuhl fühlt, nur viel, VIEL SCHLIMMER.
    ABER die Charaktere sind NICHT blind oder taub und auch keineswegs wehrlos.

    Als Spielleiter versuche ich eine sehr beklemmende und schier aussichtslose Situation für die SCs zu erschaffen.
    Sie müssen sich ihren Krankenhausängsten stellen, denn alles hier spielt sich in einer schaurig-schönen, weiss-gekachelten Klinik-Atmosphäre ab. Nicht immer steril, aber immer im weissen Kittel.

    Als Inspiration für den Spielleiter können folgende Filme dienen:
       -   "The Stepford Wives" von 1975
       -   "Dead & Buried" von 1981
       -   "Re-Animator" von 1985
       -   "The Dentist" von 1996
       -   "Hostel" von 2005



    Das LEBEN des DOKTOR WEST

    Doktor West ist gebürtiger Schweizer und heute, im Herbst des Jahres 1920, ein angesehener Chirurg und überaus erfolgreicher Geschäftsmann.

    Er führt am Rande des sehr idyllisch gelegenen, südenglischen Fischerdorfes Hope Cove, an der Bigbury Bucht (Kingsbridge Distrikt / Grafschaft Devon) eine sehr gut gehende Privatklinik, die er sich in den Ruinen des Klosters "Bell Hall" eingerichtet hat.

    Hier werden all jene auf sehr hohem Niveau behandelt, die für ihre Gesundheit tief in die Tasche greifen können.
    Und es werden Experimente durchgeführt. Experimente an Unglücklichen, die das Pech hatten, ungewollt in diese Klinik eingeliefert zu werden. Die Erkenntnisse aus den Experimenten sind die Grundlage für das hohe Niveau seiner Klinik.

    Das Dorf Hope Cove selbst gibt nichts Sehenswertes her, ausser einem Bericht, dass hier in der Bucht einst das Schiff "St. Peter der Grosse" der Spanischen Armada, gestrandet sein soll. Und das war schon 1588.


    Herbert West wurde am 25.12.1877 in Bern geboren und nach seinem Vater und Grossvater benannt.
    Wests Weg bis zu seiner jetzigen Position war jedoch überaus steinig.
    Nach der Matura 1895, leistete er seinen Dienst in der Eidgenössischen Miliz ab und ging 1897, als talentierter Student, an die Miskatonic Universität in Arkham, Massachusetts / USA und studierte dort unter Prof. Dr. Allen Halsey im Fach Medizin und unter Prof. Wingate Peaslee im Fach Psychologie.

    Nebenbei betrieb er, zusammen mit seinem Mitstudenten und Freund Daniel Cain, einige zweifelhafte Studien in den Laboren der Universität. Zuerst experimentierten sie an Meerschweinchen, dann bezahlten sie Grabräuber und schliesslich plünderten sie selbst die frischen Gräber, um den Toten ihr Serum der Wiedergeburt zu spritzen, wobei es jedoch zu Zwischenfällen kam (Teil 1: "From the Dark").

    Wests Forschung stoppte 1900, als Prof. Halsey ihnen die weitere Forschung an Leichen in den Uni-Laboren verbot.
    Als eine Typhus-Epidemie ausbrach, war West wieder im Geschäft. Nachdem auch Halsey an Typhus verstarb, wurde er wieder erweckt, lief aber Amok und konnte erst von der Polizei, nach zwölf Morden, gestoppt werden. Halsey, der Kannibale, wurde daraufhin in die Sefton Irrenanstalt eingewiesen (Teil 2: "The Plague-Daemon").

    Nach ihrer beider Promotion 1902, forschten sie fieberhaft weiter, um, dem Frankenstein-Motiv folgend, ein Leben nach dem Tode zu erschaffen. Sie zogen nach Bolton und experimentierten mit einem jüngst verstorbenen Boxer. Aber vergeblich. West gelang es nicht, die komplexe, organische Maschinerie des menschlichen Körpers zu ergrüden und diese nach dem Tod wieder neu zu starten. Dennoch kehrte der verscharrte Kadaver des Boxers, an einem Kinderarm kauend, zurück und wurde von West erschossen (Teil 3: "Six Shots by Moonlight").

    West forschte weiter nach dem exakten Moment für die Injektion nach Eintritt des Todes. Doch im Jahre 1911 erlitt er erneut einen schweren Rückschlag, als eine erweckte Leiche schreiend, unter schrecklichsten Schmerzen, auf seinem OP-Tisch verstarb (Teil 4: "The Scream of the Dead").

    Nach Ausbruch des Krieges gingen West und Caine 1916 gemeinsam nach Europa und verbrachten ihre Zeit als Feldärzte in den britischen Lazaretten von Flandern. Dort standen sie unter dem Kommando des Stabsarztes Major Sir Eric Moreland Clapham-Lee, der ihren Forscherdrang teilte. Hier, knapp hinter der Front, ging ihnen ihr Arbeitsmaterial nie aus.

    Sie begannen mit abgetrennten Körperteilen zu experimentieren und auch hier hatten sie Erfolge, doch der Durchbruch blieb ihnen dennoch versagt, denn der kopflose Körper des jüngst verstorbenen Majors wurde bei einem Granaten-Einschlag zerstört (Teil 5: "The Horror From the Shadows").

    Nach dem Krieg zogen sie 1918 in die USA zurück, in die Nähe von Boston. Dort passierte dann Seltsames; in
    Sefton kam es zu einem Irrenhaus-Aufstand und es wurde von der Sichtung eines Mannes mit einem Wachskopf berichtet. Kurz darauf standen die, von ihm erschaffenen Untoten, die er schon längst vernichtet glaubte, vor seiner Tür und trachteten ihm nach dem Leben (Teil 6: "The Tomb-Legions").

    Hier endet Lovecrafts Geschichte.

    Aber endet sie hier WIRKLICH ???

    Oder verliert Lovecraft einfach nur die Spur seines Protagonisten?

    Denn tatsächlich gelang es Herbert West dem Tode zu entkommen...
    Sein nacktes Leben rettend, floh West Hals über Kopf nach England.
    In einem Krankenhaus von Süd-London arbeitete er bis Mitte 1919 als Gerichtsmediziner.

    Dann erzielte er den entscheidenden DURCHBRUCH...

    ...denn endlich begriff er, dass bei seinen Überlegungen der Ausgangspunkt seiner Studien immer der entscheidende Fehler gewesen war.

    Nicht der "exakte Moment der Injektion NACH Eintritt des Todes" war entscheidend, sondern "eine willkürliche Injektion des Serums V O R Eintritt des Todes".

    Nicht die Wiedererweckung und Rückführung der Toten zu den Lebenden sollte sein Weg sein, sondern die Konservierung der Lebenden zu den Nicht-Sterblichen...


    Fortsetzung folgt...

    ...denn heute Abend wird dies Stück uraufgeführt.

    Cheerio
    Der Läuterer

×
×
  • Create New...