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[König!Reich!Unten!] Berlin, 5. Mai 1924, vor der Redaktion der Vossischen Zeitung, 8:13 Uhr


grannus
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Die frühmorgendliche Sonne heizte die aktuelle Stimmung auf den Straßen Berlins weiter auf. Überall standen Bürger beisammen, steckten die Köpfe in die Zeitungen, an mancher Stelle wurde lauthals debattiert und mit Zeitungen gewedelt. Auch zornige Stimmen waren zu vernehmen, selbst der Bäcker an der Ecke stand mit verschränkten Armen an der Ladentür und blickte grimmig auf die kleine Versammlung von jungen Männern, welche der Deutschnationalen Volkspartei angehörten. "Dit jibs ja janich!" ist seine einzige Bemerkung über die Wahlergebnisse.

Trotzdem will der dem Pack da draußen nicht seine Ware verkaufen- er ist aus ganzem Herzen Sozialdemokrat.

 

Das Titelblatt der Vossischen Zeitung flattert leicht an diesem Morgen in den Zeitungsständen:

 

http://imageshack.us/a/img826/3913/rxpe.png

 

Ein Tag wie jeder andere, zumindest wie jeder andere Tag nach einer Reichstagswahl der Weimarer Republik. Vor dem Gebäude in der Rochstraße sammelte sich bereits ein Pulk junger Leute. Die meisten von ihnen waren schon angedudelt, allem Anschein nach handelte es sich um Deutschnationale oder Kommunisten- auf jeden Fall eine Menge Backfeifenjesichter!

 

Ein Tag wie fast jeder andere. Ein normaler Arbeitstag für Katharina Gravenstein. Und wenn die ganzen Deppen nicht vor dem Haupteingang herumlungern würden, könnte sie sogar ganz normal arbeiten gehen.

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Katharina seufzt leise und etwas resignierend. Das hat an dem Morgen gerade noch gefehlt. Nicht gerade das Ergebnis, das sie sich gewünscht hat, und jetzt auch noch dieser Massenauflauf vor der Redaktion. Zu gut erinnert sie sich noch an das letzte Mal... nach diesem Fußballspiel. Katharina verspürt nicht unbedingt den Wunsch diese unangenehmen Szenen noch einmal zu wiederholen.

 

Katharina bleibt in einiger Entfernung zum Gebäude stehen. Sie schaut sich in der Straße nach einem Kollegen um, eventuell ist ja noch jemand gerade auf dem Weg in die Redaktion. Gleichzeitig sucht sie in der neuen Handtasche nach ihrem Schlüsselbund um nachzusehen, ob sie auch den Schlüssel zur Hintertür dabei hat.

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Auf der Straße ist keiner ihrer Kollegen zu sehen, hat sich Katharina heute morgen doch schon verspätet. Das wird ihrem Chefredakteur Georg Bernhard nicht behagen. Weiterhin wühlt sie in ihrer Handtasche. Hat da nicht einer von diesen betrunkenen Dödeln zu hier herübergeblickt? Doch, jetzt schauen schon zwei zu der jungen Frau auf der anderen Straßenseite rüber. Und da- sie hat ihren Schlüsselbund gefunden- und mit ihm auch den Schlüssel für die Hintertür des Gebäudes.

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Katharina bemerkt die Blicke der Betrunkenen nur zu genau, hat aber noch die Hoffnung sich einfach unauffällig davonstehlen zu können, bevor es zu Scherereien kommt. Sie greift sich den Schlüsselbund und ändert möglichst unauffällig die Richtung statt direkt auf das Gebäude zu um das Gebäude herum zur Hintertür. Sie beschleunigt die Schritte noch einmal, denn sie möchte wirklich keinen Ärger. Diese Betrunkenen sind eindeutig in der Überzahl.

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Katharina erreicht fast die Ecke des Gebäudes, die Hintertür ist nur noch ca. 25 Meter von ihr entfernt, da hört sie hinter sich Rufe aus mehreren Kehlen:

"Ey Püppchen, bleib doch hier, brauchst doch nicht wegrennen!"

"Willste mit mir nicht einen Trinken?"

"Ha, Klaus hat sie mit seinem Aussehen verscheucht. Ha ha ha!"

 

Einiges Lachen. Die Tür ist noch 20 Meter entfernt, die jungen Männer schließen auf.

 

"Die Kleine will ich mir nicht entgehen lassen! Nach so einer harten Wahlnacht, brauche ich eine entspannte Nacht mit der Süßen!"

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Katharina umfasst den Schlüsselbund fester und tastet nach dem richtigen Schlüssel. Auch wenn sie sich das noch nicht richtig zugestehen will bekommt sie es langsam wirklich mit der angst zu tun. Einen kurzen Moment noch schätzt sie ab, ob es nicht besser wäre sich den Verfolgern mit Vernunft zu stellen, entscheidet sich dann aber dagegen. 20 Meter. Da ist die Tür und dahinter sind sicher bereits ein paar ihrer Kollegen, Menschen, die im Notfall sicher auch einen Schrei hören und hoffentlich auch etwas unternehmen würden.

 

Katharina beginnt zu rennen.

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15 Meter.

Schwere Stiefel auf Pflasterstein. Keuchen. Rufe und obszöne Bemerkungen.

"Packt sie euch, die Hure gehört zu dieser Dreckszeitung!"

10 Meter, Katharina kann schon deutlich das rettende Schlüsselloch ausmachen, den passenden Schlüssel schon in der Hand. Sie kann die Typen hinter sich schon deutlich hören, spürt fast schon ihren Atem im Nacken. Nur noch wenige Schritte, als Katharina spürt, das etwas nicht stimmt. Einer der Pflastersteine ragt wenige Zentimeter zu weit aus dem Boden. An diesem blieb sie mit dem rechten Schuh hängen, verliert das Gleichgewicht..............

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Noch im Fallen verflucht Katharina sich dafür heute diese neuen Stöckelschuhe angezogen zu haben uns schwört sich jetzt schon falls sie heil hier herauskommt beim nächsten mal einfach wieder die bequemere Variante zu nehmen. Gleichzeitig wirft sie den Stolz über Bord, der sie bisher davon abgehalten hat irgendwen um Unterstützung zu bitten.

 

"Hilfe! Zur Hilfe!"

 

Katharina schreit aus Leibeskräften, und sie kann durchaus laut schreien, wenn es notwendig ist. Hier ist es notwendig. Sie dreht sich halb um, um eine bessere Position zu haben. Stöckelschuhe können durchaus auch eine gemeine Waffe sein, und der Schlüssel... nun, im Notfall besser als gar nichts.

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Ihr Schrei hallt durch die Nebenstraße, wird von den Backsteinwänden reflektiert. Sie kann erkennen, dass von der Hauptstraße ein paar vorbeieilende Passanten einen Blick in die Gasse werfen. Und weiterlaufen. Die Kerle, es sind sechs an der Zahl und alle im Alter zwischen 15 und 25 Jahren, standen schon im Halbkreis um sie, sezierten mit ihren Blicken bereits ihre Beute, zogen sie förmlich mit ihren Blicken aus.

Allem Anschein nach gefiel ihnen was sie sahen.

Der Größte von ihnen, ein pockennarbiger Kerl mit hässlichen Sommersprossen und Talg-Gesicht, sprang vor, die Pranken erhoben um Katharina zu packen...

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Katharina gibt einen erneuten schrillen Schrei nach Hilfe von sich. Sie hat aber nicht vor einfach so kampflos aufzugeben. Als der Pockennarbige vorspring tritt sie zu, und zwar direkt mit dem Stöckelschuh in seine Weichteile. Wenigstens der eine soll heute definitiv keine Freude mit ihr haben!

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Der spitze Absatz bohrt sich mit erschreckender Leichtigkeit in die anvisierte Gegend. Allem Anschein nach musste sie gut getroffen haben, zumindest der Blick des Mannes gab ihrer Vermutung recht. Mit einem Schlag verließ sämtliche Luft seine Lungen, seine Augäpfel rollten nach oben, so dass man das Weiße darin sehen konnte. Seine gerade noch erhobenen Arme sacken herab, halten die empfindlich getroffenen Juwelen- er konnte nur hoffen, dass es  wahrhaftige Brillanten waren und keine gefälschten Glasmurmeln. Der Pockennarbige fiel wie ein gefällter Baum auf die Seite. Ein Baum mit einem Ast weniger.

 

Die anderen Männer zuckten ob der rabiaten Art der liegenden Frau zurück, waren sich plötzlich ihrer Sache nicht mehr sicher. Gerade schien es, dass sie weiter den Plan verfolgten, als hinter Katharina die Hintertür des Gebäudes aufdonnerte. Katharina konnte nicht sehen, was hinter ihr stand, die jungen Männer dafür umso mehr. Sie drehten sich blitzartig um und hatten es ziemlich eilig davon zu kommen. Wichtige Termine und so, klar?

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Katharina atmet einmal tief durch, steht dann so würdevoll wie es geht vom Boden auf, streicht die Kleidung glatt, rückt den Hut zurecht und dreht sich dann herum, um zu sehen, wer die Tür geöffnet hat.

 

"Das war wohl gerade noch einmal rechtzeitig. Vielen Dank für die Hilfe."

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Die Hintertür steht weit offen und herausgetreten war ein sehr großer (ca. 2,01m) und unglaublich kräftiger Mann- der tschechische Hausmeister namens Milan. Mit seiner Halbglatze und dem dicken Schnurrbart sieht er mehr wie ein gerupfter Vogel aus, aber das dicke Stahlrohr, welches er in seine fleischige Pranke klatschen ließ, sprach Bände. 

Als er sieht, wie die Jungspunde wegrennen, rümpft er die Nase, spuckt aus und schüttelt den Kopf. Dabei kommt er ein paar Schritte auf Katharina zu, das Rohr hatte er an die Mauer gelehnt. Der massige Körper wirft seinen Schatten über die junge Frau. Grimmig schaut er sie an, schließlich reicht er ihr die Hand entgegen und spricht mit seinem starken Akzent: "Würde sich die Dame von mir aufhelfen lassen?"

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*Katharina ist unglaublich froh Milan zu sehen, und das sieht man ihr auch an. Sie legt die Hand in die des Hausmeisters und lässt sich gerne von ihm aufhelfen*

 

"Vielen Dank, Milan. Das war gerade noch rechtzeitig. Ich danke Ihnen."

 

Katharina streicht sich noch einmal die Kleider zurecht und befreit sie notdürftig vom Straßenstaub.

 

"Solche ungehobelten Strolche! Oh, und einen Artikel über Zivilcourage werde ich auch noch schreiben, darauf können Sie sich verlassen. Haben sie etwas dagegen, wenn wir reingehen? Um die Ecke dort versammelt sich noch mehr von dieser Sorte."

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"Die sollen sich nur noch einmal hierher trauen, dann mache ich Muss aus den Bengeln!" grollte der große Mann. Er deutet mit seiner Hand auf die offene Tür, anscheinend will er, dass Katharina zuerst hindurch geht solange er noch die Gasse im Auge behält.

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