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[Elegie eines Träumers] Prolog: Des Spielers Wiegenlied


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"Fiona?" Sie ist es. "Fiona!" Geh nicht fort. Ich schwebe beinahe über das trockene Holz, meine Füße sind taub. Die Sonne sticht in meinem Nacken und der kalte, so unerklärlich kalte Anhänger kühlt mir die rasende Brust. "He", sage ich leise und erschöpft und lege meine Hand auf die Schulter der sitzenden Gestalt.

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Sie erinnert dich tatsächlich an deine kleine Schwester von damals. Doch sie dreht sich um lächelt dich freundlich an. Ihr blasses Gesicht steht im Kontrast zu ihren roten Lippen, ihre Haare früher rot, jetzt dunkel getönt. Ihr Gesicht ist zart, auf ihrem Schoß eine hölzerne Gitarre. Die Sonne scheint ihr ins Gesicht, der Wind umweht ihre Haare.

 

Sie trägt ein grünes Sommerkleid, geblümt in einem helleren Grün, die Träger bestehen aus Ranken oder Algen, es scheint so als wäre das Kleid lebendig, da ständig Blumen auf und wieder verblühen, ein lieblicher Duft strömt von ihr, schöner als eine Blumenwiese oder jegliches Parfüm, das du jemals riechen durftest. So muss deine Fee wohl auch riechen.

 

Sie ist eine wahre Schönheit

 

und klopft auf den Steg neben sich, bittet dich scheinbar dich hinzusetzen, während sie dir mit ihren blauen Augen in deine Seele zu blicken scheint.

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Irgendwie bin ich beruhigt. Fiona ist nicht hier, aber woanders. Und dieses stumme Mädchen kennt sie. Sie weiß bestimmt, wie ich mich fühle und - hey - vielleicht kann sie mir sogar helfen?

 

Mit einem Lächeln auf den Lippen setze ich mich neben sie auf den Steg und schaue erst ins Wasser, dann in ihre hellen Augen. "Was spielst du denn hier so ganz allein?" Ich bin auch allein.

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Sie legt ihren Kopf schief, lächelt weiter, du könntest sie stundenlang anschauen, dann dreht sieht sie wieder auf den Ozean hinaus.

 

Eine Brise kommt euch entgegen.

 

Eine klare Stimme ertönt in der Melodie: Sie ist Sirenengesang für dich.

 

These days are here again,

Prepared to be apart.

The time you went away,

The distance got longer.

It will all come crashing down around you,

 

Will you be the one to stumble and fall,

 

Or pick up the pieces?

 

Die klare Stimme stockt, beginnt zu dir zu sprechen, nun schüchterner.

 

Es ist eine große Bürde nicht wahr?

Ich kenne die Einsamkeit nur zu gut,

Sie ist mir ein treuer Begleiter geworden,

Genau wie sie dir einer geworden ist.

 

Das Mädchen blickt sehnsüchtig in das Meer, als würde sie darauf warten vom Meer dahingerafft zu werden.

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"Erhabenheit. Es ging bei meiner Einsamkeit immer um Erhabenheit.", entgegne ich und bin überrascht über meine Worte. Aber ja irgendwie stimmt es. Alles, worum es in meiner Verhalten, mich dem Schicksal zu ergeben, ging, war eigentlich immer Erhabenheit.

 

It matters not how strait the gate,
How charged with punishments the scroll.
I am the master of my fate:
I am the captain of my soul.

 

Die Strophe eines Gedichts aus meiner Schulzeit. Die Zeit, in der ich begonnen hatte, Fragen zu stellen. Große Fragen, lästige Fragen, die mich nicht mehr loslassen.

 

"Weißt du, was ich meine?", frage ich vorsichtig und erwarte bereits, enttäuscht zu werden.

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Sie sieht dich mit sorgenvollem Blick an, sie strahlt die Weisheit und Erfahrung von Jahrhunderten aus, kann jedoch nicht älter als 17 sein.

 

Invictus.

Der Unbezwungene.

Es ist nicht das was du bist,

Es ist das was du sein willst.

Wie willst du unbesiegt sein,

Wenn du dich im Kampf mit dir selbst befindest?

 

Sie beginnt mit den Beinen zu baumeln, die Wellen schlagen langsam höher.

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"Du hast recht.", murmel ich und schaue aufs Wasser. Ich bin nicht häufig mit einem Boot gefahren, doch jetzt wünsche ich mir eines. Mit dem Boot könnte ich die Ferne erkunden, das letzte Gefecht austragen, den Kampf mit mir selbst. Neugierig beobachte ich das Spiel der Wellen. Plötzlich schaue ich auf. "Sag mal, weißt du vielleicht, wo ich Fiona finde?"

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Sie lässt sich nach vorne fallen, sitzt in einem Boot jetzt, 2 Ruder befinden sich darauf.

 

Ich kann es dir nicht sagen,

aber ich kann es dir zeigen.

 

Ertönt es, ein verhaltenes Kichern ertönt, das Mädchen hat noch immer seine Lippen nicht bewegt.

 

Sie sitzt mit dem Gesicht zu den Rudern, greift aber keins der beiden, sondern lehnt sich verspielt zurück, und sieht in den Himmel.

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Plötzlich verspüre ich Angst. Nicht vor dem Mädchen, aber vor dem, was sie mir zeigen könnte.

 

Eine zornige Fiona, die mir ins Gesicht spuckt und mich verflucht ...

 

Eine traurige Fiona, die mir unter schüttelnden Tränenkrämpfen den Tod unserer Eltern beichtet ...

 

Oder ... oder eine Frau, die mir eine Fremde geworden ist ...

 

"Zeig es mir.", sage ich, während ich die Bilder in meinem Kopf beiseite dränge. Irgendwann muss man sich den Konsequenzen des eigenen Handelns stellen. Ich steige hinter ihr in das Boot und seufze. Ich bin bereit.

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Sie dreht sich um, sieht gen Ozean, macht keine Anstalten ein Ruder zu greifen.

 

Wollen wir dann?

 

Ein Lächeln umspielt ihre Lippen, als sie dich einmal über die Schulter anblickt.

 

Row, row, row your boat...

 

fängt die hohe Stimme an, das Mädchen wiegt sich belustigt hin und her, eine Art Vorfreude scheint sie gepackt zu haben.

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Du kommst irgendwann in einem Nebel an, das Mädchen dreht sich zu dir um, zeigt in den Nebel, greift sanft deine Hand.

 

Here we are,
Tryin' to hide our scars.
You'll be home tonight.
Hold your breath,
Softly say goodbye.

 

Sie streicht dir durch die Hand, bevor die Wucht einer Welle dich über Bord wirft, Gesicht voran in das Wasser.

 

Du schluckst, du erstickst nicht, du bekommst weiterhin Luft, du bist nicht einmal nass. Als du zurück blickst, siehst du das Mädchen, weiterhin fröhlich, zum Abschied winken.

Als du wieder nach vorne blickst merkst du, dass didr Regen entgegentropft, jedoch vom Boden, es scheint Tau zu sein, unter dir eine große Wiese, eine dir bekannte Frau sitzt dort in einem Steinkreis, missmutig blickt sie umher.

 

Es ist deine Fee. So nah, so fern, sie ist so wie du sie dir vorstelltest, nur verbitterter, ein zuckender Schmerz entsteht in deiner Brust.

 

Es ist nie zu spät um Reue zu zeigen.
 

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Nicht minder erstaunt über den Wechsel der Szenerie, richte ich mich auf. Mein Herz schlägt aufgeregt in meiner Brust. Meine Finger werden klamm, meine Füße sind taub.

 

"Fiona? He?" Ist das meine zittrige Stimme?

 

"Sag, bist du es?"

 

Ich traue mich nicht, näher zu treten. Ich harre einer Antwort. Freude und Furcht vermischen sich zu einer unzertrennlichen Einheit.

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Sie wendet sich hin und her, du weißt sie ist es.

 

Sie blickt in den Himmel, scheint dich nicht zu sehen, du weißt jedoch sie wird sich freuen dich wiederzusehen.

 

Du schließt die Augen, Freude überkommt dich, als du in deinem Sessel hochschreckst, es ist 6 Uhr morgens, die Melodie hallt immer noch in deinen Ohren ist jedoch dem Großstadtlärm von deinem Fenster gewichen: Es ist erneut geöffnet, dein Fernseher läuft noch immer. Dein Kreuz fühlt sich warm an.

 

Du weißt, du wirst sie finden, es wurde dir versprochen.

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Verspielt greife ich mein Kartendeck und beginne zu mischen. Los. Meine Finger bewegen sich wie von selbst. Lloyd. Ich lächle. Du solltest sie suchen. Mein Lächeln erstirbt. Glaubst du wirklich, sie wird einfach zu dir spazieren? Es stimmt. Ich richte mich auf. Spielereien waren es, die mich Zeit meines Lebens abgelenkt haben. Säße ich hier weiter, würde ich irgendwann durstig ("wie dein alter Herr", höre ich meine Mutter sagen), ich würde trinken, dann bekäme ich Lust zu spielen, dann wäre es vorbei.

 

"Nein." Ich gehe ins Bad und mache mich frisch. Ich dusche, überlege in meinem Kopf, wie mein Gespräch mit ihr verlaufen würde. Das heiße Wasser ist wie eine Selbstkasteiung. Ein Wachrüttler. Traum ist vorbei, setz ihn nun um.

 

Ich trockne mich ab, grinse einmal keck in den Spiegel, ich habe es nicht verlernt.

 

Aus einer Schublade krame ich das Telefonbuch (oh, wäre ein Anruf nicht viel leichter?), suche (unseren) ihren Namen heraus: Gilligan. Sie hat nicht geheiratet. Es gibt mehrere Gilligans im Telefonbuch, aber nur eine wohnt in der Nähe des Gebiets, wo ich sie einst an einem schicksalsträchtigen Tag im Bus getroffen hatte. Mein Glück hat mich nicht verlassen.

 

"Also los." Wieder kommt Nervosität auf, als ich die Wohnungstür öffne. Nein. Ich muss es tun.

 

Die Straße ist trotz der Feuchtigkeit und der Frühe des Morgens gut gefüllt. 7 Uhr. Die Ameisen suchen ihren Weg. Erst ein bisschen frühstücken, einen Kaffee. Das klingt doch himmlisch. Ich gehe um die Ecke und sehe das Restaurant, an dem ich jeden Tag vorbeilaufe. Das Dixie Pig. Auch zu so früher Uhrzeit dringt ein süßlich aromatischer Fleischgeruch unter der Tür durch. Er haftet der ganzen Ecke an. Es gibt Leute, die munkeln über diesen Laden üböe Dinge. Besonders in den Kreisen, in denen ich verkehre. Keiner geht gerne in das Restaurant. Und auch ich habe bisher nicht den Anreiz gehabt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es kein guter Ort ist. Deswegen trete ich nicht unter der grünen Markise hindurch und suche mir stattdessen ein Diner, in dem ich Kaffee und ein nicht abgelaufenes Sandwich zu mir nehmen kann.

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