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[Nightmare Revelations] Der brennende Dornbusch


Der Läuterer
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KAPITEL 4

 

ST IVES

Porthminster Hotel,

The Terrace, Porthminster Beach

Dienstag, der 17.07.1928

 

Es ist morgens, kurz nach 9.00 Uhr.

Im Frühstücksraum des Hotels sind die Tische gedeckt.

Einige Gäste frühstücken bereits dort.

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Wie betäubt fühle ich mich als ich aus einem sehr unruhigen Schlaf aufwache.

 

Meine Knochen fühlen sich wie zerschlagen an... alles tut weh... mein Kopf brummt und ich habe schrecklichen Durst.

 

Wirre Fragmente aus einem oder mehreren Alpträumen schwirren noch durch meinen Geist, als ich mich mühsam aus der Bettdecke befreie, die sich eng um mich geknotet hat. Ich kann mich nicht erinnern mich überhaupt zugedeckt zu haben.

 

Ein leichter Schock durchfährt mich, als ich überlege wo mein Notizbuch ist... ich taste panisch neben mir herum... dort liegt nur Bettdecke - zu einem Haufen aufgetürmt... ich wühle darunter herum... ich werde immer unruhiger.

 

Schließlich bekomme ich einen Fetzen des Jackets zu packen und ziehe daran. Mühsam löst es sich unter der Bettdecke und ich halte es in der Hand... halb über mich gezogen.

 

Ich taste mit fahrigen Fingern nach dem Notizbuch... endlich habe ich die Innentasche gefunden und berühe tatsächlich mein Notizbuch.

 

Erleichterung druchströmt mich... ich werde wieder müde und träge.

 

Wo kommt meine panische Angst um dieses dumme Buch her? Darin steht doch nicht so viel... und wirklich wichtiges steht dort doch auch nicht, oder?

 

Ist es eine Art Anker? Glaube ich mir selbst nur, wenn ich die Wahrheit oder das was ich für erlebte Wahrheit halte in das Buch schreibe?! ... Ove... wenn dem wirklich so ist, dann bist du verrückt!

 

Ich rappel mich auf und wuchte mich aus dem Bett. Erst jetzt merke ich wie verschwitzt ich bin.

 

Ein Blick auf meine Uhr zeigt mir, dass ich bereits viel zu spät dran bin. Um 9:00 uhr wollte ich mich mit Matilde treffen... es ist bereits 10 Minuten nach 9. Doch so wie ich jetzt aussehe kann ich unmöglich in einem so vornehmen Hotel auftreten.

 

Ich fülle die Waschschüssel mit Wasser und beginne damit mich zu waschen. Als ich damit fertig bin, ziehe ich mir ein neues Hemd und eine frische Hose an und werfe mir hastig das Jacket über. Wie ein Reflex, taste ich nach dem Buch... ich spüre, dass es noch da ist... und fahre fort als wäre nichts gewesen. Ich fülle noch etwas Wasser in ein Glas und trinke es hastig aus.

Es ist fast 9:25 uhr als ich den Frühstücksraum betrete und nach Matilde ausschau halte.

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Ich sitze schon am Tisch, wobei ich gar nicht bei der Sache bin.

Ich merke, wie wenig diese ganze Geschichte mich interessiert.

Aber warum denn?

Ist das nicht gerade das, was ich unbedingt machen will? Wieso fühle ich das so hohl?

 

Die Wahreit ist, dass Hans und ich immer noch gejagt werden. Ich weiss nicht, was er jetzt gemacht hat, um eine Pause zu haben, doch für mich ändert sich nichts.

 

Ich werde gejagt.

 

Und das schlimmste daran ist, dass ich mich selbst im Kopf jage. Ich bin zerrissen.

 

Ich habe Angst, und bin zugleich fasziniert.

 

Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Fragen stapeln sich. Das macht mich fertig.

 

Mein Kopf ist voll mit ...

 

"Du wirst es schon irgendwann verstehen"

 

Verdammt, Hans, ich will es nicht irgendwann verstehen. Ich will es jetzt verstehen. Merkst du nicht, merkst du es wirklich nicht, dass ich sonst anfangen werden, dich zu hassen?

 

Ich sehe dann Ove ankommen.

Er hat auch nicht gut geschlafen.

Ich winke ihm zu.

Edited by Nyre
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Ich bemühe mich wach und ausgeruht auszusehen oder zumindest so zu wirken. Doch das scheint unmöglich zu sein.

Ein Außenstehnder würde sofort durch die mühsam aufgebaute Fassade hindurch sehen und einen bis auf die Knochen ermüdeten Mann sehen. Einen Mann, der schlapp ist, der schon jetzt erschöpft ist von der Jagd, an der er nicht als Jäger sondern als Gejagter teilnimmt. Die Jäger sind alles und überall. Sie sind Pfeiferauchende Fremde, sie sind eine Gang orthodoxer, jüdischer Schläger gehobenen Alters, sie sind steinerne Figuren in der Kirche, sie sind wundersame Erscheinungen, es sind die Fische, die vom Himmel regneten, es ist der Pfarrer, der uns für ganz andere Leute hält... mit ganz anderer Zielsetzung.

 

Oder ist die Zielsetzung vielleicht gleich? Oder ähnlich? Sind wir die zivile Inquisition? Ist das warum wir wirklich hier sind?

 

Ich weiß es nicht und diese Unwissenheit zermürbt mich schon jetzt... in einem sehr wohl orchestrierten Zusammenspiel mit den Jägern zermübt sie mich.

 

Sie hat es wirklich drauf!

 

Es ist als würde ich mich selber sehen, wie ich einem Schlafwandler gleich die Treppen hinunter steige, in den Frühstücksaal gehe und mich umschaue. Natürlich ist Matilde vor mir hier... natürlich wartet sie... sie sieht ... anders aus... beschäftigter. Sie winkt mir zu. Die Energie, die ihre Geste versprüht überträgt sich etwas auf mich. Ich brauche zwar einen Moment, aber dann regt sich etwas mehr Kraft in mir. Ich kehre wieder in meinen Körper zurück und steuere auf Matildes Tisch zu.

 

Ich setze mich zu ihr.

 

"Guten Morgen. Bitte entschuldige meine Verspätung. Ich habe mir keinen Wecker gestellt...."

Mehr brauche ich hoffentlich nicht zu sagen. Ich will nicht noch betonen, dass ich mich so fühle, wie ich aussehe.

 

Ich bin überrascht, dass ich Hunger habe. War mir doch bisher nicht danach. Hatte ich doch eher das Gefühl, dass mein Magen verkrampft ist. In Matildes Gegenwart scheint es mir gleich besser zu gehen. Vielleicht ist es die Gewissheit, dass ich ihr ansehen kann, dass sie von den Ereignissen gestern auch nicht ungerührt ist. Vielleicht ist es gerade das, was mir Halt gibt, was mir zeigt, dass es nicht alles nur Einbildung war. Ich brauche diesen Halt.

 

"Hast du schon gegessen?", frage ich, als ich keinen Teller sondern nur eine Tasse gefüllt mit irgendeinem Getränk vor ihr stehen sehe.

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"Ähm..." Ein Räuspern. "Entschuldigen Sie bitte die Störung, meine Herrschaften." Ein Mitarbeiter, in Hoteluniform, tritt an Euren Tisch. Der junge Mann sieht schneidig aus. Fast militärisch. "Da Sie heute abzureisen gedenken, möchte ich Sie bitten, Ihre Zimmer bis 11 Uhr zu räumen. Danke."
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"Ich bedauere es ausserordentlich, aber wir haben seit gestern für Ihre zwei Zimmer neue Reservierungen. Wir sind überbucht. Es tut mir leid."
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"erstmal essen" sage ich, wieder vollkomm ruhig.

"Dann suchen wir einen anderen Hotel" sage ich zu ihm.

"Auch eine schlechte Nacht gehabt?" Ich giesse ihm Kaffee.

"Die Engländer werden nie lernen einen guten Kaffee zu kochen"

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"Ich habe fest geschlafen... nur habe ich nicht gut geschlafen."

 

 

"Vielen Dank für den Kaffee."

 

 

"Hast du nochmal über das nachgedacht, was gestern alles passiert ist?", Frage ich und trinke einen Schluck Kaffee.

Edited by Puklat
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Der Frühstücksraum des Hotels ist mittlerweile voll ... wie der Concierge ja auch bereits gesagt hat: das Hotel ist überbucht.

 

Jetzt auch noch ein neues Hotel finden. Nun ja, zuerst mal frühstücken.

Ah, da drüben an dem Tisch mit vier Stühlen sitzen nur zwei Personen. Sie sehen unaufdringlich aus, vielleicht genau die Ruhe, die ich brauche.

 

Ich betrete den Raum und gehe zum Tisch. Über den Polohemd eine sportliche, ärmellose Weste. An braungebrannten Arm eine schliche Uhr. Schicke schwarze Schuhe.

 

Ein fröhlicher Eindruck, ein verschmitztes Lächeln ... aber irgendwie tief drinnen wird man bestimmt merken, dass meine Nächte von Alpträumen geplagt sind.

 

"Guten Morgen die Dame ..."

 

Welch wunderschönes, junges Vögelchen...

 

"... und guten Morgen der Herr. Wäre hier bitte noch ein Platz frei?"

 

Irgendwie passen die beiden zu meiner Stimmung. Nach viel Erholung sehe sie nämlich auch nicht aus.

 

Ich zwinkere die beiden an.

 

"Ich werde auch nur schnell einen Kaffe trinken, denn ich bin eine Eile ein neues Hotel zu suchen..."

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Ein neues Gesicht.... wieder mal. Und dann noch so ein wohlhabender Typ in seinen sportlichen Klamotten.

 

Ja setz dich ruhig, wir werden hier eh nicht über unsere Erlebnisse von gestern sprechen.

 

 

"Ja, setzen sich ruhig zu uns. Wir suchen auch eine neue Bleibe. Darf ich fragen, was sie nach St. Ives geführt hat? Die Stadt scheint in diesen Tagen sehr gefragt zu sein."

Edited by Puklat
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Ich schaue kurz Ove, dann mustere ich den Mann.

Bestimmt ein Mann mit einem gewissen Stil.

Ich lächele ihn kurz an.

"Ja, wir konnten auch nur hier eine Nacht ergattern, sonst nichts. Ärgerlich. Ich bin Matilde Kilmister. Sehr erfreut"

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