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Joran

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Posts posted by Joran

  1. Clive

     

    "Auf den Fotos von Mrs. Marquard sollen auch Veränderungen der Hand zu erkennen gewesen sein. ... Nun, wer weiß. ... Sie sollten vorsorglich den direkten Kontakt mit der Hand meiden. Je eher wir sie loswerden, umso besser. ...

     

    Aber es kann durchaus auch ganz natürliche Gründe für eine Veränderung der Hand geben. Sie scheint zwar schon getrocknet und konserviert, aber wir wissen nicht wie. Die Anatomie einer Hand ist kompliziert. Knoche, Sehnen, Muskeln, Knorpel, Horn, Fett, mehrere Hautschichten, ... all diese Bestandteile reagieren unterschiedlich auf Umwelteinflüsse wie Feuchtigkeit, Druck oder auch Wärme. Die Hand war sehr großer Hitze ausgesetzt und die Luftfeuchtigkeit in der Hotelsuite war zuletzt schon tropisch. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich die Hand unter diesen Einflüssen geringfügig verkrümmt hat. Ich will das nicht verharmlosen. Wir wissen nicht, was es mit dieser Hand auf sich hat. Aber dies ist der falsche Zeitpunkt um in Panik zu verfallen. Es ist schlimm genug, was die Tcho-Tcho für diese Hand bereit sind zu tun. Angesichts dessen sollten wir eine geringfügige Verkrümmung der Hand nicht überbewerten.

     

    Legen Sie die Hand besser zurück in die Tasche. Und darin sollte sie bis zum Schluss bleiben.

     

    Ich denke, wir sind uns einig, dass wir die Hand vernichten wollen?"

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  2.  

    Eine Bitte an alle:

    Bevor ihr antwortet, sollte der Läuterer sagen, ob sich die Hand verändert hat. Das wäre für mich wichtig zu wissen. Und das sollten wir nicht god-modden, da wir uns damit vielleicht Hinweise wegmodden! :)

     

    Ich hatte schon angefangen zu schreiben, aber ich habe nur bis zur Öffnung der Tasche auf Oves Schoß geschrieben. Das lässt alles hinsichtlich der Hand offen.

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  3. Clive

     

    Ich widerspreche nicht, als Ove Eklund seiner Wut über Hartmut Luft macht. Aber sich schweige. Matilde kennt mich gut genug, um eine Vorstellung von meiner Meinung über Hartmut zu haben. Da braucht es keine Worte. Matilde wird Hartmut ohnehin keine Vorwürfe dafür machen, dass er ihrem Wunsch gefolgt ist und Alexander fortgebracht hat. Jedenfalls jetzt noch nicht.

     

    Auch auf den Protest gegen mein Bild eines 'Spiels' gehe ich nicht ein. "Aber was sind wir schon mehr als Spielfiguren, die, ohne eigene vernünftige Entscheidungen treffen zu können, auf einem Brett hin- und hergeschoben werden? Wir wurden von einem Ort an den nächsten getrieben."

     

    Den Ausspruch "Wir haben unsere Würde verloren..." quittiere ich beinahe mit einem Kopfschütteln, kann mich aber gerade noch zurückhalten. Meine emotionale Reaktion auf diese Worte schwankt zwischen dem Drang, lauthals loslachen oder aber gerührt zu sein über so viel jungendliche Unbedarftheit. "Ich habe meine Würde bereits vor Jahrzehnten eingebüßt und es lange aufgegeben, nach ihr zu suchen. Würde ist der äußerer Schein, mit dem wir das Bild unserer Person in den Köpfen anderer Menschen formen wollen. Würde ist nichts weiter als eine Illusion. Was von uns allen bleibt ist letztendlich ein nakter Klumpen Fleisch, der an Würde mühelos von jeder Katze, von jeder Antilope, ja von einem ausgewachsenen Baum oder der Perfektion einer Blüte übertroffen werden kann."

     

    Dann kommt Ove auf die Verantwortung gegenüber Kristine zu sprechen. "Er redet von seiner Verantwortung. Aber er meint wohl UNSERE Verantwortung. Denn die Männer, die ihr das angetan haben, waren kaum hinter dem Fotografen Ove Eklund aus irgendeiner Kleinstadt in Schweden her. Die Aktion richtete sich gegen Matilde und Hartmut, vielleicht auch gegen mich, was ich aber für unwahrscheinlich halte. Wenn jemand sich für Kristines missliche Situation verantwortlich fühlen müsste, dann Matilde und ich, kaum Ove. ... Es ist auch nicht so, dass mich das Schicksal dieser mir fremden Frau unberührt ließe. Aber ich kann ihr hier nicht helfen ... in Irland vielleicht, aber nicht in London.

     

    Natürlich verstehe ich, warum Ove Eklund bei Kristine bleiben will. Ich würde auch bei Matilde bleiben. Wir wollen die Menschen schützen, die wir lieben. ... Und doch werde ich Cainnech zurücklassen, wenn er nicht folgen kann. Und ich werde Máirín gegenübertreten und ihren anklagenden Blick ertragen. Denn ich werde Matilde schützen ... und ihr ungeborenes Kind. Matilde ist wichtiger als Cainnech. Sie ist ... meine Tochter ... sie kann mich verstehen, wie sonst kein lebender Mensch. Ich bin nicht bereit, das aufs Spiel zu setzen. Und ich glaube, Cainnech selbst würde das verstehen. ... Es gab eine Zeit, in der ich wie Ove dachte. Das ist lange her. Spätestens im Krieg habe ich gelernt, Menschen aufzugeben, Menschen zurückzulassen, um zu überleben und um das Überleben anderer zu ermöglichen. ... Der Faden, den die Nornen einmal gesponnen haben, lässt sich nicht wieder neu spinnen. Versuchen wir es, so müssen wir scheitern. Das sollte gerade Ove wissen. ... Nun, er wird es früher oder später lernen."

     

    Aber ich behalte diese Gedanken für mich. Stattdessen sage ich ruhig zu Ove:

     

    "Ich verstehe Sie. Wir müssen davon ausgehen, dass Ihre Freundin nur unseretwegen angegriffen wurde. Und das verpflichtet uns, sie bestmöglich zu schützen, auch wenn wir nicht wissen wer ihr das angetan hat und warum genau. ... Aber gerade deshalb sollten wir unsere Entscheidung nicht davon abhängig machen, was wir uns wünschen oder wozu wir uns verpflichtet fühlen, sondern was für Kristine, Cainnech und auch für Luni tatsächlich am besten ist. ...

     

    Glauben Sie nach all dem, was in den letzten Tagen geschehen ist noch ernsthaft, dass wir Kristine damit helfen, wenn wir in ihrer Nähe bleiben? Glauben Sie, dass wir sie schützen könnten? So wie Mrs. Marquard vielleicht? ... So wie wir Cainnech im Krankenhaus schützen konnten? ... Entschuldigen Sie, wenn meine Worte gefühllos wirken. Aber Gefühle sind ein Luxus, den wir uns hier und jetzt bei unseren Entscheidungen nicht leisten können. Wir sind hier in London kein Schutz für Kristine, sondern eine Gefahr!

     

    Kristine wurde bereits in eine Privatklinik verlegt. Ob ein weiterer Transport unter medizinischen Gesichtspunkten überhaupt vertretbar ist, müssen wir dort erfragen. Wenn ja, wäre ein Flug nach Irland vermutlich nicht belastender für sie als eine Überlandfahrt mit dem Wagen. Wenn es möglich ist, nehmen wir Kristine mit. Lassen Sie uns erst einmal erfragen, wie es ihr geht.

     

    Ich wüßte keinen Ort, an dem wir sicherer wären als auf meinem Landsitz in Irland." Bei dieser Aussage gebe ich meiner Stimme einen sicheren Klage, lasse mir keinen Zweifel anmerken.

     

    "Sind wir in Irland sicher? Ich weiß es nicht. Nach den Geschehnissen im letzten Jahr bin ich mir nicht mehr so sicher. Aber das war etwas anderes. Etwas, das mit mir zu tun hatte. Nicht 'La Main Droit', nicht die Tcho-Tcho. Die Rückreise nach Irland ist für mich alternativlos."

     

    Während wir unsere Situation erörtern, bemerke ich, wie Ove Eklund fast zwanghaft an der Tasche herumspielt und sie schließlich öffnet.

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  4. :P

     

     

     

    Kein Geräusch mehr. Dann ein Schatten auf dem Schnee. Schwarz wie der Russ am Chelsea Hotel. Schwarz ... wie... wie eine schwarze Katze? Sie nimmt den kleinen Vogel behutsam auf... fast liebevoll hält sie ihn im Maul, während sie Dich anschaut... mit ebenso kohlrabenschwarzen Augen. Dann ist ein Knacken zu hören. Das Knacken von winzigen Knochen.

    Du Scherzkeks, Du!

     

    Auch wenn mein Katzenfoto von der Augenfarbe her nicht passte, fand ich meines besser!

     

    Aber als Vertreter der LittlePonyFraktion tut's für mich natürlich auch das kleine Kätzchen.

     

     

    @Puklat:

    Du brauchst keine Angst zu haben dieses Bild zu öffnen! Selbst in einem dunklen Zimmer. ABER der Läuterer könnte es IT natürlich austauschen ... nur um Dich zu erschrecken. Würde mich nicht wundern.

     

    PS: hätte ich jetzt gerne in einen Spoiler gepackt, das bisherige Verfahren funktioniert bei mir aber aus irgendwelchen Gründen nicht mehr.

  5. Clive

     

    Eine Weile später haben wir uns in Matildes Zimmer eingefunden.

     

    Es ist mir unangenehm, die anderen länger direkt anzusehen. Ich werfe ihnen nur flüchtige Blicke zu. Sie beide sind von den Strapazen und der Frustration gezeichnet und ich fürchte, sie könnten meine Gedanken zu offensichtlich in meinem Blick lesen. Matilde sieht aus, als hätte sie eben geschlafen ... kein Wunder, Ihr Körper braucht jetzt Ruhe. Ove ist bleich und wirkt benommen, völlig verunsichert.

     

    Ich vermeide es auch, die Tasche und die Bücher, die nun auf dem Tisch liegen, anzusehen. Stattdessen betrachte ich mit großer Ausdauer unverfängliche Dinge, wie meine Tasse mit dampfendem Kaffee.

     

    Niemand scheint recht zu wissen, wo er beginnen soll. Also ergreife ich wieder die Initiative. Meine Stimme hat sich noch nicht vollständig erholt, als ich beginne:

     

    "Haben wir verloren?" Ich lasse die Frage auf die anderen und auch auf mich selbst wirken und werfe Matilde einen kurzen Blick zu.

     

    "Zuviel möchte ich meinen: Kristine, Cainnech, Luni und Alexander. Und wir sind nur noch zu dritt: Dr. Baxter hat sich verständlicherweise zurückgezogen. Hartmut ist fort. Mrs. Marquard, die uns als weitere Informationsquelle hätte dienen können, ist tot."

     

    In Gedanken setze ich hinzu: "Hartmut hat uns sowieso nie geholfen. Ich verachte ihn dafür, dass er Matilde in diese Situation gebracht hat. Wie konnte er sie alleine in dieses Desaster schicken?"

     

    Aber laut fahre ich fort: "Was uns bei realistischer Betrachtung bleibt, sind ein alternder Arzt, ein Fotograph und eine schwangere Frau. Auf der anderen Seite stehen mindestens zwei Gruppen, die uns bei jeder sich bietenden Gelegenheit attakieren. Wir wissen nicht mit wem wir es zu tun haben. Wir wissen nicht mit wievielen wir es zu tun haben. Wir wissen noch nicht einmal, was genau sie von uns in Wahrheit wollen.

     

    Eine Weile hatte ich irgendwie gehofft, wir könnten Verbündete gewinnen. Vielleicht die Afrikanerin, die ihr im Auktionshaus gesehen habt ... oder den Mönch aus der Queen Street ... oder Lord Penhew. Vielleicht steht von ihnen jemand auf der gleichen Seite wie wir, kämpft gegen die gleichen Mächte. Aber ich habe die Hoffnung verloren.

     

    Die Polizei wird uns auch nicht helfen. Im Gegenteil, das haben wir erlebt. Und weil Roy Dalgliesh einer von ihnen war, müssen wir als Möglichkeit in Betracht ziehen, dass unsere Angreifer noch mehr Männer beider Londoner Polizei eingeschleust haben. Wenn die Tcho-Tcho hier in London tatsächlich dauerhaft eine heimliche Enklave gegründet haben - dafür sprechen die Hinweise, die Hartmut gefunden hat -, dann erscheint es nur logisch, dass sie wissen und beinflussen können wollen, was die Polizei sich genauer ansieht und was nicht.

     

    Bislang waren wir lediglich Spielbälle des Geschehens. Wir wissen nicht worum es hier wirklich geht. Wir wissen nicht wer warum was will.

     

    Das einzige, was wir annehmen können, ist, dass die Tcho-Tcho die Hand haben wollen. Dieses Problem können wir vielleicht zu einem Abschluss bringen. Wir könnten den Tcho-Tcho die Hand überlassen, damit sie uns in Ruhe lassen. Oder wir vernichten die Hand und hoffen, dass damit ihr Interesse an uns erlischt und nicht ihr Rachedurst geweckt wird. Aber ich hoffe, dass die Tcho-Tcho vor allem darauf bedacht sind, unerkannt zu bleiben um hier ihre langfristigen Ziele weiterverfolgen zu können. Rache ist eine irrationale Emotion, die ihnen hierbei eher im Wege stünde. Andererseits sollen die Tcho-Tcho von Dämonen abstammen. ... Ich weiß, dass ist ein Volksglaube. Aber irgendetwas wird die Menschen zu dieser Vorstellung bewegt haben und das wird vermutlich nicht ein besonders ausgeglichenes Wesen der Tcho-Tcho gewesen sein. ... Trotzdem, wenn ihr mich fragt, ich wäre dafür, die Hand zu vernichten ... sie zu verbrennen und ihre Asche in die Themse zu werfen. ..."

     

    In diesem Moment kommt mir ein aberwitziger Gedanke.

     

    "Oder wir übergeben die Hand den Erpressern, die vermutlich zur Organisation 'La Main Droit' gehören. Dann könnten sich die Tcho-Tcho und die Organisation gegenseitig bekämpfen."

     

    Ein Lächeln huscht über mein Gesicht, als ich mich einen Moment in dieser Vorstellung ergehe. Doch schnell nimmt mein Gesicht wieder einen ernsten Eindruck an.

     

    "Aber wir hatten bisher nie viel Glück, wenn wir versucht haben, die Dinge in die Hand zu nehmen. Vermutlich würde das nur alles schlimmer machen."

     

    "Und was den Rest angeht ..." Ich lege eine kurze Pause ein.

     

    "Die Auktion bedeutet zunächst einmal Gefahr, weil es naheliegend erscheint, dass wir dort auf unsere Gegner treffen, ohne sie auch nur erkennen zu können.

     

    Die Hand wird nicht mehr angeboten, wenn wir sie nicht zurückgeben ... und das scheint mir ausgeschlossen. Also können wir auch nicht sehen, wer auf sie bietet und so unsere Angreifer ausfindig machen. Aus diesem Grund müssen wir die Auktion also nicht besuchen."

     

    Ich ziehe meinen zerknitterten Plan aus der Tasche, in dem ich die Orte markiert hatte, an denen Menschen zu Schaden gekommen sind, breite sie auf dem Tisch aus und streiche sie mit der flachen Hand glatt. Ich habe das Princess Grace Krankenhaus und das Chelsea Hotel bereits ergänzt.

     

    "Ich habe euch bereits von meiner Theorie erzählt. ... Bloßer Unfug vielleicht ... Aber das einziges Motiv, die Auktion zu besuchen, könnte für mich die Identifizierung des Ursprungs dieser Gewalt sein. Es könnte sich um einen Auktionsgegenstände handeln, möglicherweise die Maske, möglicherweise auch die Hand. Vielleicht ist aber auch nicht ein Gegenstand der Auslöser der Gewalt, sondern möglicherweise eine Person, die sich dort aufhält. Oder die Kraft ist längst von einem Gegenstand auf eine Person übergegangen ... jemand der die Maske getragen hat ..." "...oder jemand, der die Hand berührt hat ..."

     

    Ich werfe einen vorsichtigen Seitenblick auf Ove Eklund.

     

    "Aber was könnten wir dann tun? Die Maske zu ersteigern, um ihn dann zu zerstören werden wir vermutlich nicht finanzieren können. Ich glaube kaum, dass die Orga oder sonstige Interessenten über weniger Mittel verfügt als wir. ... Nein, auch das scheidet als Grund für einen Besuch der Auktion aus. ... Wenn wir dieser Sache auf den Grund gehen wollten, müssten wir VOR der Auktion tätig werden. Nur müssen wir damit rechnen beobachtet zu werden. Und wir sind geschwächt ... leichte Ziele.

     

    Und was könnten wir sonst unternehmen?

     

    Glaubt ihr, dass Werefkin uns irgendwie weiterbringt? Wenn schon Penhew eine Enttäuschung war, dann erscheint mir Werefkin erst recht nicht besonders vielversprechend. Aber ich habe ihn nicht selbst kennengelernt.

     

    Und die Visitenkarte? Bestenfalls eine grausamer Streich der Nornen, schlimmstenfalls ein boshafter Hinweis an mich, nämlich die Botschaft, mich zu kennen und zu wissen, womit man mich persönlich treffen kann. Ich glaube nicht, dass diese Spur uns weiter bringen wird, so gerne ich auch mehr darüber wüsste.

     

    Wir haben die Bücher von Mrs. Marquard. Aber wir müssen nicht in London bleiben, um sie genauer zu untersuchen. Und es wird vermutlich schwer sein, ohne Mrs. Marquards Erklärungen alles richtig zu deuten.

     

    Wir hatten noch überlegt, den Taxifahrer genauer unter die Lupe zu nehmen. Wurde er dafür bezahlt, uns an diese Kreuzung zu bringen? Oder zählte der Taxifahrer er sogar zu unseren Gegnern? War der Unfall in Wahrheit ein Anschlag? Warum sonst waren unsere Gegner in der Schneiderei direkt vor Ort? Aber würde uns eine Antwort auf diese Fragen tatsächlich weiter bringen?

     

    Dann gibt es da noch die Reporter. Sensationsjournalisten oder Eingeweihte? ... Ebenfalls eine schwache Spur.

     

    Und das bringt mich zu meiner Ausgangsfrage zurück: Haben wir verloren? ... Ich fürchte JA. Wir haben verloren, ohne überhaupt das Spiel erkannt zu haben, in dem wir mitspielen. Man kann nicht gewinnen, wenn man die Regeln und das Ziel nicht kennt."

     

    Ich blicke einen Moment zu Boden, bevor ich weiter spreche:

     

    "Um ganz ehrlich zu sein: Ich fühle mich dieser Stadt und ihren Bewohnern nicht verpflichtet. Ich bin ihnen NICHTS schuldig. London ist schon lange krank. Wie ein bösartiges Gewächs hat es sich in Europa eingenistet und begonnen, es aufzufressen. London hat über die ganze Welt schreckliches Leid gebracht und streckt noch immer seine Arme in alle Richtungen aus. Ohne jedes Mitleid. London hat MIR Leid gebracht. Ihr habt gesehen, wie sie mit Cainnech umgegangen sind. ... Wenn London morgen durch einen großen Brand völlig vernichtet würde, ginge es vielen Millionen Menschen besser als heute.

     

    Ich habe in dieser Stadt nichts anderes gesucht als Deine Gesellschaft, Matilde." Ich denke an das Geburtstagsgeschenk in meinem Koffer. "Wenn Du mit mir nach Irland kommst, habe ich alles gewonnen, was ich in dieser Stadt finden könnte. ... Meine Zeit für Expeditionen und Kämpfe ist vorüber, denke ich. Ich bin zu alt dafür geworden. Ich glaube nicht, dass ich noch etwas bewirken kann."

     

    Bilder aus vergangenen Tagen tauchen ohne eine sinnvolle Ordnung aus meinem Gedächtnis hervor: der gewaltige Amazonas, die sonnigen Wiesen auf der Farm meiner Großeltern in Maine und der Geruch der Zedern, Medīna an-Nabi, die erleuchtete Stadt, Lourenço Marques und viele mehr ... Stationen meines Lebens.

     

    Nun wende ich mich direkt an Matilde.

     

    "Ich weiß, wir sind von Herm geflohen ... und darum konnten wir mit diesem Kapitel nie so recht abschließen ... mit Pauls Verschwinden ... und allem anderen. Das nagt an uns. Aber manchmal muss man akzeptieren, dass Flucht die einzige Chance darstellt, um zu überleben. ... Und ich will überleben. Mehr als ich es früher wollte.

     

    Wieviele Anschläge werden wir noch überleben, wenn wir in London bleiben? Das Taxi, das Krankenhaus, der Brand im Hotel, ... was wird als nächstes kommen? Und wen werden sie sich als nächstes vorknöpfen, um uns unter Druck zu setzen, nachdem Kristine und Alexander aus ihrer Reichweite sind? ... Kilmister? Oder Sie, Mr. Eklund?

     

    Ich finde, wir sollten London verlassen. Möglichst noch vor Ablauf des Ultimatums ... sofort."

     

    Ich blicke die beiden an.

     

    "Sie wären mir sehr willkommen, Mr. Eklund. Sie und Kristine. Kommen Sie mit uns nach Irland. Lassen Sie uns Kristine und Cainnech nachholen, sobald es geht."

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  6. Da hast Du eigentlich recht und doch wieder nicht. Obwohl ich mich vor 30 Jahren mal mit Ornithologie beschäftigt habe, habe ich darüber überhaupt nicht nachgedacht. Schon weil es ungemein viele Fotos von Rotkehlchen im Schnee gibt. Wir haben aber auch im Winter ständig Rotkehlchen in unserem Futterhäuschen ...

     

    Möglicherweise hängt das von den Regionalen (Futter-)Gegebenheiten ab.

     

    Und siehe da, bei Wiki habe ich folgendes gefunden:

     

    Wiki

    Das Rotkehlchen ist in der borealen, gemäßigten und mediterranen Zone der westlichen Paläarktis, das heißt in Nordafrika, Europa und Kleinasien und auf den Mittelmeerinseln verbreitet. Es fehlt im nördlichen Skandinavien, in Island, auf der Halbinsel Krim und einigen Gebieten Spaniens, teilweise auch an der französischen Mittelmeerküste. Selten ist es im Kaukasus, in Transkaspien und im westlichen Sibirien zu finden. In wärmeren Teilen des Verbreitungsgebiets, also in West-, Süd- und Mitteleuropa sowie auf den britischen Inseln, ist das Rotkehlchen ein Standvogel. In West- und Mitteleuropa ziehen einige Exemplare der Population jedoch als Kurzstreckenzieher und Teilzieher im Winterhalbjahr über kurze und mittlere Strecken.

    Standvogel bedeutet, dass der Vogel dort das ganze Jahr über verbleibt.

     

    und: 

    Wiki:

    Wegen seiner Häufigkeit und oft geringen Fluchtdistanz ist das Rotkehlchen ein besonderer Sympathieträger. In Christuslegenden steht es Jesus im Sterben tröstend bei. Zudem wird es als inoffizieller Nationalvogel Großbritanniens mit Weihnachten in Verbindung gebracht. Es hat bei der Entdeckung und wissenschaftlichen Anerkennung des Magnetsinns eine wichtige Rolle gespielt.

    Weihnachten würde sonst keinen Sinn machen.

     

    Mein Post war eine Anspielung auf einen früheren Traum von Clive, wie ihr vielleicht bemerkt habt.

     

    Du hast wahrscheinlich meinen letzten - sehr unauffälligen - Link übersehen. Clive hatte das tote Rotkehlchen in die Hand genommen. Ich war aber selbst versucht, die Katze einzubauen und hatte sogar schon das passende Bild. Ich hatte davon abgesehen, weil Clive die Verantwortung bei sich (nicht bei der Katze) suchen sollte. Aber das passt auch, das Rotkehlchen ist ja schon tot, als die Katze es sich holt, und die anderen Menschen um Clive herum wurden ja auch nicht von Clive selbst getötet.

     

    Vielleicht fügst Du das Bild von der schwarzen Katze mit dem Rotkehlchen noch als Link in Deinen Post?

     

    Ich editiere meinen Post noch ein bisschen, damit es dann passt. Der andere versprochene Post folgt kurz danach. Wie gesagt, sowas kostet Zeit ...

     

     

    P.S.

    Auch ganz interessant:

     

    Mythologie und Kult
     

    Bei den alten germanischen und keltischen Volksstämmen Europas galt das Rotkehlchen als Träger und Überbringer der Sonne. Bei den Germanen und in späteren Schweizer Sagen wurde es dem rotbärtigen Gott Thor zugeschrieben, denn es trug die rote Farbe seines Blitzes. Generell setzten die Volksgruppen alles, was in der Farbe dem Feuer glich, in Beziehung zu dem Gott, der diese Naturgewalt zu Gunsten der Menschen regierte. Neben dem Rotkehlchen als Sinnbild des Feuers und des Blitzes wurden auch Gartenrotschwanz, Gimpel und Stieglitz als heilige Tiere gesehen. Je nach Zusammenhang sollten sie vor Blitzschlag und Feuer schützen oder diese anziehen.[59][60][61][62][63][64] Wo Rotkehlchen und Rotschwänzchen als dem Donar heilige Vögel nisteten, glaubten die Menschen, dass Donar Haus und Hof hüte. Es wurde als großer Frevel betrachtet, wenn jemand das Nest eines Rotkehlchens zerstörte.[64] Zudem herrschte der Glaube, dass ein Rotkehlchen-Nest in der Nähe des Hauses Frieden in es bringe und Ehepaare dort in Glück und Frieden leben. Nach einer alten Bauernregel, die noch bis zu Anfang des 18. Jahrhunderts Glauben fand, gibt es Regen, wenn Rotkehlchen in Höhlen Schutz suchen.[65]

    Das Rotkehlchen spielt als „reiner“ Vogel in Christuslegenden eine wesentliche Rolle. Neben der niederländischen Legende gibt es eine schwedische Version von Selma Lagerlöf, die den Titel Das Rotkehlchen trägt. Beide Überlieferungen erzählen davon, wie Jesus voll Schmerz und Pein am Kreuz hing und in einiger Ferne einen kleinen einfarbig braunen Vogel im Wald sah. Diesem rannen bittere Tränen aus den Augen, als er die scharfen, stacheligen Dornen sah, die Jesu Haupt durchbohrten. Daraufhin flog es zum Kreuz und löst einen Dorn aus der Krone. Dabei wurde seine Brust mit einem Blutstropfen besprenkelt. Nach einer englischen Volkserzählung singt das Rotkehlchen dem am Kreuz sterbenden Jesus an seiner Seite etwas vor, damit er das Leiden besser ertrage. Dabei wird es mit dem Blut der Wunden gekennzeichnet.[65]

    In der schottischen Volkssage Robin Redbreast’s Christmas Song heiraten ein Rotkehlchen und ein Zaunkönig. Davon handelt auch Robert Burns’ Kindererzählung The Marriage of Robin Redbreast and the Wren. Zudem wird es in Großbritannien mit Weihnachten in Verbindung gebracht. Im traditionellen Kindermärchen Babes in the Wood deckt es die Körper der toten Kinder zu.

    Das Rotkehlchen war der beliebteste Vogel Großbritanniens.[66] Dies bestimmten die Leser der Times in den frühen 1960er Jahren. Die britische Regierung erkennt es jedoch nicht als offiziellen Nationalvogel an.[67] Einige Jahre stellte das Rotkehlchen das Logo des Naturschutzverbandes Royal Society for the Protection of Birds dar.

    Die englischen Fußballvereine Bristol City und Swindon Town tragen den Spitznamen „The Robins“, der sich von ihrer roten Trikotfarbe ableitet.

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  7. Ich habe gerade noch in unseren alten Threads gelesen. Durch die Neustrukturierung des Forums sind alle Links der Bilder verloren gegangen. Schade.

    Du, Läuterer, ich lese ja auch manchmal nach. Eben habe ich mir einen Traum von Clive angesehen. Dort trat das Problem auch auf.

     

    Dabei habe ich folgendes festgestellt: Bei den Links, die dort nicht mehr funktionierten, konnte man mit der rechten Maustaste auf das eingefärbte Wort klicken, an das der Link gebunden war. Dann wählt man in dem sich öffnenden Menü "Verknüpfung kopieren" aus und hat wieder die verlinkte Internetadresse im Speicher. Diese kann man in ein Word-Dokument einfügen oder in die Adressleiste des Internet-Explorers. Auf diese Weise kann man die verlinkten Seiten wieder aufrufen, bei denen die Verknüpfung im Post nicht mehr sofort funktioniert (es sei denn, die Seite ist inzwischen nicht mehr existent). Vermutlich könnte man das Bild sogar wieder neu verlinken, wenn den Post bearbeitet.

     

    Hilft Dir das weiter? Immerhin findet man die alten Bilder so wieder, ohne lange zu suchen ...

    • Like 1
  8. Clive

     

    Leise höre ich durch die Wand den Klang von Matildes Stimme ... nur Matildes Stimme. Sie könnte mit sich selbst sprechen, aber etwas sagt mir, dass sie telefoniert. Mit Kilmister vermutlich.

     

    Ich verstehe nicht, was sie sagt, es ist die Melodie ihrer Stimme der ich lausche.

     

    "Ist es nicht erstaunlich, wie vertraut einem die Stimme eines anderen Menschen in kürzester Zeit werden kann? .... Mit ihrer Stimme begann es. Sie war das erste, was ich von Matilde wahrnahm ... in einem anderen Alptraum an einem anderen Ort. ... Damals, als ich gerade die ersten Worte mit Paul wechselte. ... Niemand musste Paul sagen, wer dort um Hilfe rief. Er kannte sie auch ... die Melodie von Matildes Stimme. ..."

     

    Irgendwo schlägt eine Uhr die Zeit. Das Ultimatum nähert sich unaufhaltsam seinem Ende. Ich gehe zum Fenster und blicke hinab auf die Straße. Menschen gehen vorüber. Jeder von ihnen ist verdächtig oder niemand. Hier in London mehr denn je. Ein Mann wendet sich gerade ab, als ich in seine Richtung blicke. Er hat den Hut tief ins Gesicht gezogen. Für einen Moment halte ich den Atem an ... meine Paul zu erkennen. Möchte schon das Fenster öffnen und nach im rufen ... da wird mir bewusst, dass es nicht sein kann. Meine Hand löst sich wieder vom Riegel und sinkt herab.

     

    "Es kann nicht gut um meine Verfassung stehen, wenn ich schon die Toten sehe", denke ich. Aber ich hasse mich für diesen Gedanken, denn etwas in mir weigert sich standhaft, Pauls Tod als Tatsache zu akzeptieren. "Wir haben keinen Beweis ... noch immer keinen Beweis ... und keine Spur. Wir tappen, was Paul angeht, genauso im Dunkeln wie mit allem anderen."

     

    Und da ist es wieder, dieses Gefühl der Gemeinsamkeit mit Matilde. "Sie erleidet ihre eigenen Verluste, kann die nicht schützen, die ihr nahe stehen. Ähnlich wie ich." Ich besinne mich. "Paul ... Dr. Cooper ... Luni ... Alexander ... vielleicht auch ein wenig Cainnech? Wer weiß, wie viele noch?"

     

    Als meine Gedanken sich Cainnech zuwenden, frage ich mich, ob das Band, das sich zwischen im und Matilde zu bilden schien, im Krankenhaus zerstört wurde. Als ich mir auszumalen beginne, was Cainnech im Gefängnis vermutlich erdulden musste, wird mir übel. Ich bilde mir ein, Cainnech in einer Zelle des Pentonville Prison zu sehen, höre die harten Schritte eines Wachmannes auf dem Gang, das Klopfen seines Schlagstocks gegen die Tür, das Geräusch eines aufschnappenden Riegels. Ich meine mich selbst durch Cainnechs Augen zu sehen ... mein Gesicht ohne Bart und mit leerem Blick. Mein Gesicht ist verschwommen, irgendwie wellig. Ich habe Angst, dass es jeden Moment zerfließen könnte. So wie der Mann in der Schneiderei. Als sei der Schädelknochen verschwunden ... verdampft ... wie der Schädel von Roy Dalgliesh ... nur dass meine Haut ohne Halt zurückgeblieben ist ... wie eine Maske, die man sich überstülpen kann. ... Eine Maske mit Augen, die in die Leere zu starren scheinen ... oder an einen Ort unter der Oberfläche ...

     

    Plötzlich fällt ein Schatten auf mein Gesicht und gleich darauf höre ich einen dumpfen Schlag. Ich scheine aus einer Trance zu erwachen. Mir wird bewusst, dass ich mein Spiegelbild in der unebenen Scheibe anstarre. Wie lange wohl schon?

     

    Ich ziehe meine Uhr aus der Tasche und lasse den Deckel aufschnappen. Eine Viertelstunde. Ich habe eine volle Viertelstunde vor dem Fenster gestanden und in die Leere gestarrt.

     

    Ich höre ein leises Geräusch. Auf der Fensterbank hockt ein Rotkehlchen. Blut rinnt aus seinem Schnabel und es hält den Kopf merkwürdig schief. Jetzt sehe ich auch Blut an der Scheibe. Daran kleben ein paar kleine weiche Federn. "Kigeewitt" Das Auge des Vogels schimmert schwarz-rot, als er mich anblickt. Aber das Augenlied scheint ihm schwer zu werden. "Kigeewitt" Das Tier sitzt ganz ruhig im Schnee. Unter seinem Schnabel färben ein paar kleine Blutstropfen den Schnee rot. "Kigeewitt" Dann gibt es keinen Ton mehr von sich. Ich öffne das Fenster ....

     

    Vorsichtig lege ich den warmen, toten Körper zurück in den Schnee.

     

    Ich fühle mich, als würde ich einen unsichtbaren Pesthauch verströmen, der jeden zu töten droht, der sich mir nähert.

    • Like 3
  9. Ich meine, was wir als nächstes machen, was das alles bedeteutet etc. müssten die SCs eigentlich ausgiebig diskutieren. Wenn wir ein solches Gespräch nicht in geraffter Form zusammenfassen, nachdem wir uns im OFF abgestimmt haben, sondern es quasi wörtlich ausspielen, weil wir jeweils nicht wissen, was die anderen Spieler denken/wollen, dann erstreckt sich das über dutzende von Post.

     

    Dafür fehlt mir im Moment leider der zeitliche Spielraum. Es gab eine gesetzliche Frist in einem meiner Tätigkeitsschwerpunkte, die eine Menge Arbeit verursacht hat, weil viele Menschen noch kurz vor Toresschluss (mitunter völlig unsinnigen) Akionismus verfallen sind. Und es sah hier durch Krankheit meines Kollegen ohnehin schon angespannt aus. Dass ich mich im Forum im Augenblick weniger sehen lasse, liegt alleine an diesen Umständen.

    • Like 2
  10. Für Clive steht im Moment Matildes Überleben im Vordergrund, würde ich sagen.

     

    Damit stellt sich angesichts der Zeit die drängende Frage, ob man vor Ablauf des Ultimatums noch die Stadt verlassen will. Die Bücher und die Hand könnte man auch anderorts genauer untersuchen. Als Spieler fände ich das unbefriedigend, aber die SCs werden Gründe brauchen, in London zu bleiben: Für Ove kann das Kristine sein, für Matilde vielleicht Luni. Clive wird eher keine Rücksicht auf Cainnech oder Kristine oder Luni nehmen, wenn er glaubt, damit Matildes Leben zu gefährden.

     

    Darum fände ich Input jetzt der hilfreich. Gibt es für die SCs in London noch etwas wichtiges zu erledigen?

     

    Die Hand zu vernichten (noch in London oder später) wäre eine Option, über die man sich Gedanken machen kann. Für uns hat sie bislang keinen erkennbaren Wert und es liegt nahe, dass jedenfalls die Verfolger, die nur die Hand haben wollen, dann von uns ablassen. Wir können insoweit eine Münze werfen oder unser Gefühl entscheiden lassen, weil wir über keine Informationen verfügen, die für diese Entscheidung relevant wären. Meine Meinung:

    - Die Hand ist bestenfalls einfach nur eine Hand, schlimmstenfalls geht von ihr eine böse Kraft aus.

    - Wir können etwaige Kräfte der Hand nicht für uns nutzbar machen. Und würden wir das wollen? Clive jedenfalls nicht.

    - Der Besitz der Hand hat direkt oder indirekt vermutlich zum Tod der Marquard, ihres Vaters und eines weiteren Expeditionsmitglieds geführt.

    Clive wird daher keinen Sinn darin sehen, dieses Kurriosum aufzubewahren, sondern voraussichtlich für seine Vernichtung stimmen.

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  11. Also ist doch alles wie es scheint?!? :P

     

    Im Ernst: Wir hängen. Unsere SCs haben im Moment keine ernsthaften Handlungsoption. Du bist grundsätzlich am Zug und müsstest uns mal wieder neuen Input geben.

     

    Wir können jetzt noch schreiben, wie wir gemeinsam das Verstreichen der Frist 14.00 Uhr abwarten und vielleicht, wie wir Kristine besuchen. Mehr fiele mir im Moment nicht ein.

     

    Die Auktionstermine sind erst morgen und übermorgen.

  12. Clive

     

    Ich blicke Ove Ecklund noch eine Weile nach, als sich die Tür hinter ihm schon wieder geschlossen hat.

     

    Es war nicht zu übersehen, dass er um Haltung bemüht war. Sein Gesicht war gewaschen, aber seine glasigen, geröteten Augen verrieten seine tatsächliche Verfassung. Sein kurz angebundenes Auftreten, die übereilte Art, in der er mein Zimmer wieder verlassen hat, zeigten deutlich sein Angst davor, in ein Gespräch verwickelt zu werden.

     

    "Er sieht nicht nur jünger aus, als er ist. Er erwacht erst jetzt aus der vermeintlichen Realität, wie sie unsere Zivilisation zeichnet, in der Wirklichkeit. ... Das wird ihm zusetzen. ... Mancher zerbricht daran", denke ich. "Bei meinem Erwachen war ich jünger als er. Vielleicht ist es leichter zu akzeptieren, dass die Dinge nicht sind, wie sie scheinen, wenn man jünger ist?"

     

    Ich höre durch die Wand Geräusche aus Matildes Badezimmer. Auch sie scheint die äußeren Zeichen unseres Misserfolges inzwischen beseitigt zu haben.

     

    Mein Blick fällt auf die beiden Bücher und die Fototasche, die Ove Eklund auf meinen Tisch gelegt hat. Ich habe kein Bedürfnis, in die Bücher zu sehen. Nicht jetzt. Ich überlege, die Bücher in meinem Überseekoffer einzuschließen, sehe dann aber doch davon ab. Der Geruch nach Rauch, der ihnen anheftet ist impertinent. Ich ziehe mir stattdessen den Stuhl heran und lege die Bücher oben auf den Schrank. Die Fototasche wird Ove Eklund wohl wieder mitnehmen, wenn wir uns aufmachen ... wohin auch immer ...

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  13. Hmmm, hier scheint mich meine Erinnerung aber doch getrogen zu haben. Du warst zu der Zeit im Urlaub in Schweden, glaube ich. Ich erinnere mich, dass ich überlegt hatte, einen Post zu schreiben, was Ove in Cainnechs Zimmer so vorfindet, falls er sich keine eigenes Zimmer nimmt. Das habe ich dann aber nicht mehr gemacht. Deswegen dachte ich, Ove hätte ein eigenes (also ein viertes) Zimmer genommen. War aber doch anders...

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  14. Lies bitte noch einmal nach. Ich glaube, Ove hatte in der letzten Nacht schon ein eigenes Zimmer in der Pension genommen. Er hat ja auch mit uns gefrühstückt. Die Option, Cainnechs Zimmer zu benutzen, hat Ove meiner Erinnerung nach nicht wahr genommen.

     

    Es erscheint mir sinnvoll, dass wir zusammen bleiben und Ove auf dem Weg zur Pension ggf. kurz zuhause angehalten hat, um ein paar Sachen zu holen. Denn wir fahren anschließend doch auch wieder zu Kristine. Die Gruppe jetzt zu trennen, erschiene mir der Bedrohungslage kaum angemessen ... es sei denn, Ove will möglichst viel Distanz zwischen sich und Matilde/Clive bringen, weil er sich dann sicherer fühlt! ;)

     

    Die Sachen kannst Du doch einfach auf Oves Zimmer lassen, während du ins Bad gehst. Außer Matilde haben wir keine eigenen Badezimmer, sondern nur Waschschüsseln auf den Zimmern. Das Bad wird auf dem Flur sein.

     

    Ich habe aber Deinen Beitrag IT noch nicht gelesen und melde mich später noch einmal, wenn ich Ruhe habe.

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  15. Clive

     

    Ich nehme von Matilde meine Lightning entgegen. Die Rückgabe der Waffe erscheint mir wie eine Antwort auf meine letzten Gedanken. "Als wollten die Nornen zu Füßen des Weltenbaumes mich verhöhnen, fügen sie es beim Spinnen so, dass Matilde mir den Revolver in eben diesem Moment reicht." Ich betrachte die glänzende Waffe einen Augenblick und wiege sie in der Hand. Dann schüttle ich kurz den Kopf, wende mich im Gehen zu Mr. Ecklund um, der bereits seine Zimmertür öffnet, und nicke ihm noch einmal zu. Matildes Worte durchbrechen die Stille vor Cainnechs Tür, was die Situation für mich erträglicher macht. Aber das Schuldgefühl bleibt.

     

    "So viele Tote und Schwerverletzt: Die verbrannten Diebe im Auktionshaus, der Taxifahrer, vermutlich mehrere Menschen in der Schneiderei, Kristine Grenn, Luni, Roy Dalgliesh, Cainnech, Elisa Marquard, der namenlose Feuerwehrmann, vielleicht weitere Opfer des Brandes ... und dann noch die Tode, über die die Zeitungen berichtet haben. ... Es ist eine Posse ... ich überstehe den Angriff in der Schneiderei, obwohl ich wehrlos war ... ich werde als einziger nicht unter Beschuss genommen, als ich die Leiter herabsteige ... dieses Phänomen nimmt irrwitzige Züge an."

     

    Als ich die Tür meines Zimmers hinter mir geschlossen habe, lehne ich mich zunächst dagegen und verharre einen Moment so. Ich werfe einen kurzen Blick auf den unberührten Koffer unter meinem Bett, auf den Stock an der Garderobe und ich zwinge mich dazu, mit der Hand nach der Uhr und dem Schlüssel in der Tasche zu tasten. Dann schließe ich die brennenden Augen. Mein Atem geht noch immer rasselnd. Meine Lungen fühlen sich schwer an, als wären sie zum Bersten mit Asche gefüllt. Der Gedanke löst erneut einen Hustenreiz aus. Noch immer ist der Auswurf schwarz. Ich gehe hinüber zu dem kleinen Tisch und setze mich auf den Stuhl. Die Zeitung, die ich mir gekauft habe, liegt unverändert bereit.

     

    "Was sollen wir jetzt tun?", frage ich mich ratlos. Ich ziehe die Taschenuhr hervor und lasse den vorderen Deckel aufschnappen. Ich zähle die Minuten bis zum Ablauf des Ultimatums. Ich höre das leise Ticken des Uhrwerks ... rastlos ... ein rasend schneller Puls. Aber ich weiß, dass die Zeit nicht so unaufhaltsam ist, wie sie uns Menschen scheint. "Es gibt etwas außerhalb unseres Verständnisses von Raum und Zeit ... eine Macht, die mich nicht mehr ängstigt, sondern fasziniert ... Warum ist das so? ... Liegen dort die Antworten auf meine Fragen ... auf UNSERE Fragen?"

     

    Ich bin zu erschöpft, um klar denken zu können.

     

    Ich will rechtzeitig fertig und wieder bei Matilde sein, bevor das Ultimatum abläuft. "Ein Bad also ..." Ich streiche mir durch den Bart ... oder dem versengten etwas, das von ihm übrig ist.

     

    "So bekommt Hartmut für eine Weile doch noch seinen Willen", denke ich und suche mein Rasiermesser und frische Kleidung zusammen.

     

    Eine Weile später betrachte ich in dem Spiegel den fremden Mann ohne Bart und versuche, in seinen Gesichtszügen zu lesen.

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  16. PENSION LOOCK
    110 Queen Street
    Inhaberin: Witwe Elischeva Loock
    Donnerstag, 09.01.1930          

     

    Clive

     

    Wir alle sind kraftlos und schweigsam. Geprügelte Hunde auf dem Rückzug. Resigniert von dem neuerlichen Misserfolg. Jeder hängt seinen eigenen trübsinnigen Gedanken nach. Mancher hängt mit den Menschen zusammen, die wir nicht schützen konnten ... mit den persönlichen Verlusten, die jeder von uns in den letzten Tagen erlitten hat ... Alexander ... Kristine ... Cainnech. Unsere Schritte werden durch den Teppich verschluckt, als wir den Flur entlang gehen. Die Geräusche sind gerade laut genug, um das Schleppende unseres Gang zu entlarven. Die gedämpften Laute der Schritte machen die Sprachlosigkeit umso schmerzlicher bewusst. Ich versuche, die Stille mit der Erinnerung an Cainnechs Flöte zu vertreiben, aber es gelingt mir nicht, eine seiner Melodien in meinem Kopf zum Leben zu erwecken.

     

    Es gibt nichts zu sagen, um diese Stille zu durchbrechen: Nichts, was wir nicht alle ohnehin wüssten. Nichts, was unsere Lage erträglicher machen würde. Nichts, was einen Funken Hoffnung in unsere Herzen pflanzen könnte. 

     

    Die Tür zu meinem Zimmer am Ende des Ganges scheint in weite Ferne gerückt, als wäre der Flur seit heute Morgen in eine vierte Dimension gewachsen. Und auf dem Weg dahin liegt die Tür zu Cainnechs Zimmer. Die Tür ist wie eine Anklage ohne Wort und Schrift. Alleine ihr Anblick trifft mich unerwartet hart. Ich bin froh, dass Matilde noch neben mir sein wird, wenn ich die Tür passiere. Nur die letzten Meter von Matildes Tür bis zu meiner werde ich alleine gehen. ... Warum verursacht der Gedanke, alleine zu sein, mir Unbehagen? Dieses Gefühl ist neu für mich. Schließlich war ich die meiste Zeit meines Lebens alleine. ...

     

    Nein, das ist nicht wahr. Schon seit meiner Jugend war ich nicht mehr wirklich alleine ... Ich überlege, wann ich zum ersten Mal das Rauschen des Meeres gehört habe ... was ihre ersten Worte waren. ...

     

    Und den größeren Teil meines Lebens war da neben der Stimme dieses Bewusstsein IHRER schweigenden Gegenwart in mir. ... Die Liste unserer Verluste ist lang.

     

    Ich werfe einen kurzen Blick auf Matilde neben mir. Ihre Nähe tröstet mich. Und doch beginnen meine Augen gerade bei diesem Gedanken zu brennen. Wird es ein Leben in Irland geben? Wird es das Leben sein, dass ich mir erhofft habe? Werden die Verluste auf uns Lasten? Wer immer die Jagd auf uns eröffnet hat, warum sollte er an Londons Grenzen damit aufhören? Ich denke an das unschuldige Leben neben mir, wie es langsam im Verborgenen wächst. Weil das Leben sich nicht aufhalten lässt. Ich denke an die Schnitzereien auf der Truhe. Und in diesem Moment glaube ich nicht, dass wir dieses neue Leben schützen können. Ich bin zu erschöpft, um wütend sein zu können. Zu niedergeschlagen, um an Gegenwehr zu denken. Es wäre auch unsinnig, sich gegen einen Feind wehren zu wollen, den man weder sieht noch kennt. ...

     

    Vielleicht wäre es besser gewesen, ich hätte das Hotel nicht verlassen ... Selbst dieser Gedanke fühlt sich nicht mehr so vertraut an, wie er sollte. Und vielleicht ist diese Erkenntnis noch am ehesten geeignet, Zorn in mir zu entfachen ... später ... wenn die Spuren des Feuers verschwunden sind und ich mich ausgeruht habe.

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