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Götter und Gebete ausserhalb des Mythos


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Original von Dumon

Peterchen, ich muss Dir zustimmen.

Auf der einen Seite sind Götter für ihre Gläubigen durchaus erfahrbar. Allerdings gibt es sowas wie den Beweis ihrer Existenz als Allgemeinplatz dann doch nicht. Und ich denke, dass das dann eher der Ansatzpunkt wäre. Ein Einzelner, der Gott erlebt (oder glaubt zu erleben), kann ja nicht der Beweis sein...

für ihn selbst schon, udn darum geht's doch

 

dann befinden wir uns in sehr gefährlichen Gewässern. Denn dann ist Realität tatsächlich nur Wahrnehmung und Interpretation, und Konsens, und unsere gesamte Existenz wird ein Gedankenexperiment.

das finde ich weder gefährlich noch abwegig, sondern eigentlich nur zwingend logisch, alles aus anthrozentrierter Sicht natürlich, aber wir sind nun mal nur Menschen, und als solche auf ihren Sinnesapparat als einzigen Input angewiesen. Ob es noch mehr als die von mir erfahrene "Wirklichkeit" gibt, kann ich nicht wissen. Auch nicht, ob DU existierst ;)

 

 

Und solchen Erkenntnissen, die nicht falsifiziert werden können (wir sprechen hier natürlich von der Fiktion),

Da ist es doch. Sehr gut. Der Horror für den modernen, naturwissenschaftlich denkenden Menschen, im Gegensatz zum Gläubigen (der natürlich auch modern sein kann, cih will hier keinen beleidigen). Alle Modelle sind nichtig. es GIBT eine Wirklichkeit. Die Naturwissenschaft ist schon vom Selbstverständnis her nichtig.

Super-Zusammenfassung. Danke.

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Das klingt jetzt so, als seiest Du Fachmann auf dem Gebiet.

Aber trotzdem finde ich diesen Ansatz sehr problematisch. Besonders in bezug auf Suchtkrankheit. Ich finde, es ist bei Suchtkranken sehr schwer, zu differenzieren, wann sie aus Lust zum Suchtmittel greifen, wann aus Fluchtverhalten, und wann aus Zwang. Ich denke, es ist recht einfach, als Nicht-Betroffener zu sagen, dass sich ein Suchtkranker ja auch den Problemen stellen kann, anstatt zum Suchtmittel zu greifen - von seitens des Kranken ist das aber eine ganz andere Geschichte, und vielleicht viel eher und öfter als Zwang verstanden als als Willensausprägung. Womit wir wieder beim Blickwinkel und Standort wären.

 

Ich finde es auch problematisch, wenn man Störverhalten mit Belastungsdruck korrelliert. Natürlich entstehen Störungen durch Belastung auf die eine oder andere Weise, allerdings bleibt gestörtes Verhalten durchaus bestehen, wenn die Belastung nicht mehr vorhanden ist. Unter Anderem ja dann, wenn eine Belastung eine unzusammenhängende Störung hervorruft. Und in kurzem Zeitrahmen von Habituierung zu sprechen, finde ich ebenfalls problematisch. Insbesondere, da Du ja anführst, dass eine Habituierung nach einer Zeitperiode zum langsamen Zurückgehen der Störungssymptome führt/führen kann...

 

Und zum letzten Absatz:

Für uns als reflektierte Menschen, die eben nicht mit Mythos-Erkenntnissen konfrontiert werden (eben, weil es sowas in unserer Realität auch nicht gibt), ist das mit Sicherheit eine schlimme Sache. Aber genau da liegt der Knackpunkt der gesamten Argumentation bis hierher - in Lovecrafts Universum ist das eben nicht der Fall!! Denn in seinem Universum gibt es eben den Mythos, der wirklich alles zum Einsturz bringt, an das der Mensch sich klammert. Und dadurch schlimmer ist als ein vergewaltigender, mordender, kinderschändender Vater oder Gro?vater.

 

Das ist ein Gedankensprung. Den muss man bewusst machen, und diese Vorgabe muss man akzeptieren. Wenn man selbst Probleme damit hat, sich solchen Schrecken vorzustellen.

In Lovecraft's Universum ist das Fakt.

Und um es mal auf den Punkt zu bringen - wenn diese Annahme in Lovecraft's Universum ignoriert wird, funktioniert sein Mythos nicht mehr.

 

Du hast also - im Gegensatz zu Leuten (wie ich zum Beispiel), die sich durchaus vorstellen können, dass solche Erkenntnisse die eigene Psyche vollkommen aus der Bahn werfen oder gar (metaphorisch) zerspringen lassen könnten - nur die Möglichkeit, diese Vorgabe als gegeben zu akzeptieren und sie in Dein Rollenspiel zu integrieren, wenn das Rollenspiel auch schon alleine als System funktionieren und ein Horror-Rollenspiel daraus werden soll. Auf die eine oder andere Weise, entweder aus ?berzeugung (was bei Dir ja nicht zutreffen wird) oder aus mechanistischen Gründen, wirst Du zumindest für dieses RPG die Metaebene verlassen müssen...

Oder eben nicht, und der Mythos und der ganze Rattenschwanz, der dran hängt, verliert an Kraft und wirkt nicht mehr. Allerdings würde ich dann davon ausgehen, dass all das, was das System eigentlich ausmacht, ad absurdum geführt wird.

 

Das soll nicht hei?en, dass Du dann nicht ein Rollenspiel hast, oder dass es keinen Spa? macht. Oder dass ich Dir hier Vorschriften machen will, wie Cthulhu richtig zu spielen ist.

 

Ich gehe übrigens ziemlich stark davon aus, dass Du hier im Forum mit der Ansicht (sollte es solche Dinge wirklich geben, würde mein Geist mit Sicherheit daran zerbrechen...) auf einem etwas verlorenen Posten stehst - und vermute, dass die Mehrheit der Cthulhu-Spielleiter und Spieler solchen Annahmen offener gegenübersteht. Denn sonst, so meine Vermutung, würden sie Cthulhu nicht spielen, geschweige denn leiten...

Das soll nicht hei?en, dass wir Dich jetzt mit der geballten Macht der ?berzeugung überrennen wollen oder so. Strenght in numbers, aber darum gehts ja gar nicht.

Ich denke nur, dass es einfach sauschwierig für Dich werden wird, das Rollenspiel so zu leiten/spielen, dass dabei eine gruselige Atmosphäre aufkommen kann...

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Wow, Peterchen.

Der absolute Wissenschaftler. Es gibt für die Theorie, dass nichts verlässlich ist, sogar ein Fachwort. Habs grad gefunden - hei?t Solipsismus.

Und jede Menge Spott und argumentative Demontage, wie ich selbst schon an der Uni erleben durfte. Ich bin nämlich auch der Meinung, dass wir nichts wissen können. Alles ist Wahrnehmung und Interpretation. Und wer sagt denn, dass unsere Wahrnehmung nicht gestört ist? Oder individuell verzerrt?

 

Sieht vielleicht Gelb für mich Rot aus, für Dich Grün, und wir nennen es nur Gelb, weil wir uns darauf geeinigt haben, dass gerade diese Farbe Gelb zu hei?en hat?

Wer sagt mir, dass die Flasche auf dem Tisch wirklich da ist? Und nicht irgendwas Anderes, das unser Geist nur als visuelles Abbild einer Flasche dekodiert, und wir uns darauf geeinigt haben, dass es Flasche hei?t?

Existiere ich, oder bildest Du Dir nur ein, dass DU mit mir kommunizierst? Vielleicht sogar, dass Du am Computer schreibst? Dass Du Dich bewegst? Deine Welt???

Hurraa, Matrix.

8)

 

Also, ich kann Dir versichern, dass ich nach Descartes existiere. Wir haben auch schon gemeinsam Kaffee getrunken...

;)

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Original von Dumon

 

Sieht vielleicht Gelb für mich Rot aus, für Dich Grün, und wir nennen es nur Gelb, weil wir uns darauf geeinigt haben, dass gerade diese Farbe Gelb zu hei?en hat?

 

Genau dieses Beispiel mit den Farben benutze ich schon, seit ich ca 16 bin. ?brigens, ohne je irgendwo davon gelesen zu haben - aber es überrascht mich nicht zu hören, dass da schon mehr Leute drauf gekommen sind.

[im übrigen nehmen wir die Farben definitiv anders wahr. Ich merke das schon, wenn die Farbeindrücke meiner beiden Auge vergleiche - sind natürlich nur Nuancen, aber trotzdem.)

 

Also, ich kann Dir versichern, dass ich nach Descartes existiere. Wir haben auch schon gemeinsam Kaffee getrunken...

;)

Das bilde ich mir nur ein, das bilde ich mir nur ein, das bilde ich mir nur ein, das .... :D

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Original von Dumon

Das klingt jetzt so, als seiest Du Fachmann auf dem Gebiet.

Aber trotzdem finde ich diesen Ansatz sehr problematisch. Besonders in bezug auf Suchtkrankheit. Ich finde, es ist bei Suchtkranken sehr schwer, zu differenzieren, wann sie aus Lust zum Suchtmittel greifen, wann aus Fluchtverhalten, und wann aus Zwang. Ich denke, es ist recht einfach, als Nicht-Betroffener zu sagen, dass sich ein Suchtkranker ja auch den Problemen stellen kann, anstatt zum Suchtmittel zu greifen - von seitens des Kranken ist das aber eine ganz andere Geschichte, und vielleicht viel eher und öfter als Zwang verstanden als als Willensausprägung. Womit wir wieder beim Blickwinkel und Standort wären.

 

Ohne jetzt zu tief einzusteigen. Konsum kann die Funktion übernehmen einen unerwünschten Gemütszustand zu vermeiden oder einen erwünschten zu erreichen. Die Frage ist, wie abhängig sich ein Mensch von der Droge macht, um dies zu erreichen. Hier beginnt Sucht.

 

Ist der Mensch erstmal süchtig, konsumiert er, weil er süchtig ist und nicht, weil er Stress hat. Das redet er sich zwar ein, aber das stimmt nicht. Er kann lernen, die Gemütszustände selbst zu modulieren und so weniger Stress zu haben. Aber er bleibt süchtig und wird nie wieder die Möglichkeit haben, die Droge unsüchtig zu konsumieren.

 

Sucht ist eine Krankheit und hat mit Willen gar nichts zu tun. Das gehört so zusammen wie Schnupfen und Willen. Die beeinflussen sich sicherlich auch irgendwie, aber auch nicht mehr.

 

Original von Dumon

Ich finde es auch problematisch, wenn man Störverhalten mit Belastungsdruck korrelliert. Natürlich entstehen Störungen durch Belastung auf die eine oder andere Weise, allerdings bleibt gestörtes Verhalten durchaus bestehen, wenn die Belastung nicht mehr vorhanden ist. Unter Anderem ja dann, wenn eine Belastung eine unzusammenhängende Störung hervorruft. Und in kurzem Zeitrahmen von Habituierung zu sprechen, finde ich ebenfalls problematisch. Insbesondere, da Du ja anführst, dass eine Habituierung nach einer Zeitperiode zum langsamen Zurückgehen der Störungssymptome führt/führen kann...

 

Nur zur Klärung. Habituierung meint ind diesem Falle Desensibilisierung, also, dass ich mich an eine Stressquelle gewöhne und sie somit nicht mehr soviel Unbehagen auslöst. Deswegen muss ich nicht mehr kompensieren. Für einen Spinnenphobiker ist die erste Begegnung mit einer Spinne in der Therapie eine echte Herausforderung, die 8. schon nicht mehr. Und irgendwann lässt er dann die Spinne über den Arm laufen, ohne dass es ihn noch gro? juckt.

 

Original von Dumon

Und zum letzten Absatz:

Für uns als reflektierte Menschen, die eben nicht mit Mythos-Erkenntnissen konfrontiert werden (eben, weil es sowas in unserer Realität auch nicht gibt), ist das mit Sicherheit eine schlimme Sache. Aber genau da liegt der Knackpunkt der gesamten Argumentation bis hierher - in Lovecrafts Universum ist das eben nicht der Fall!! Denn in seinem Universum gibt es eben den Mythos, der wirklich alles zum Einsturz bringt, an das der Mensch sich klammert. Und dadurch schlimmer ist als ein vergewaltigender, mordender, kinderschändender Vater oder Gro?vater.

 

Aber wir hatten es doch hier im Thread schon. Wir hatten doch bereits in der Geschichte heftige Paradigmenwechsel in der Wissenschaft aber auch in der Bevölkerung. Die Erde ist keine Scheibe, ist nicht Mittelpunkt der Welt, ist nur eine korn in der gro?en Wüste des Universums etc. Oder auch, Krankheiten sind nicht die Strafe Gottes, sondern haben was mit Hygiene zu tun, Viren und Bakterien, Frauen sind genausoviel wert wie Männer und haben genauso viel oder wenig Grips. Lauter heftige Erkenntnisse, die die Menschen gut verdaut haben. Und mit Auschwitz will ich gar nicht anfangen.

 

Original von Dumon

Das ist ein Gedankensprung. Den muss man bewusst machen, und diese Vorgabe muss man akzeptieren. Wenn man selbst Probleme damit hat, sich solchen Schrecken vorzustellen.

In Lovecraft's Universum ist das Fakt.

Und um es mal auf den Punkt zu bringen - wenn diese Annahme in Lovecraft's Universum ignoriert wird, funktioniert sein Mythos nicht mehr.

 

Sehe ich anders. Meiner Meinung nach funktioniert das Grauen bei Lovecraft auf einer ganz anderen Ebene, als dem Leser klar zu machen, dass es übermächtige Wesen gibt, die den Menschen nicht wohlgesonnen sind. Dazu später.

 

Original von Dumon

Du hast also - im Gegensatz zu Leuten (wie ich zum Beispiel), die sich durchaus vorstellen können, dass solche Erkenntnisse die eigene Psyche vollkommen aus der Bahn werfen oder gar (metaphorisch) zerspringen lassen könnten - nur die Möglichkeit, diese Vorgabe als gegeben zu akzeptieren und sie in Dein Rollenspiel zu integrieren, wenn das Rollenspiel auch schon alleine als System funktionieren und ein Horror-Rollenspiel daraus werden soll. Auf die eine oder andere Weise, entweder aus ?berzeugung (was bei Dir ja nicht zutreffen wird) oder aus mechanistischen Gründen, wirst Du zumindest für dieses RPG die Metaebene verlassen müssen...

Oder eben nicht, und der Mythos und der ganze Rattenschwanz, der dran hängt, verliert an Kraft und wirkt nicht mehr. Allerdings würde ich dann davon ausgehen, dass all das, was das System eigentlich ausmacht, ad absurdum geführt wird.

 

Das soll nicht hei?en, dass Du dann nicht ein Rollenspiel hast, oder dass es keinen Spa? macht. Oder dass ich Dir hier Vorschriften machen will, wie Cthulhu richtig zu spielen ist.

 

Ich gehe übrigens ziemlich stark davon aus, dass Du hier im Forum mit der Ansicht (sollte es solche Dinge wirklich geben, würde mein Geist mit Sicherheit daran zerbrechen...) auf einem etwas verlorenen Posten stehst - und vermute, dass die Mehrheit der Cthulhu-Spielleiter und Spieler solchen Annahmen offener gegenübersteht. Denn sonst, so meine Vermutung, würden sie Cthulhu nicht spielen, geschweige denn leiten...

Das soll nicht hei?en, dass wir Dich jetzt mit der geballten Macht der ?berzeugung überrennen wollen oder so. Strenght in numbers, aber darum gehts ja gar nicht.

Ich denke nur, dass es einfach sauschwierig für Dich werden wird, das Rollenspiel so zu leiten/spielen, dass dabei eine gruselige Atmosphäre aufkommen kann...

 

Meiner Meinung entwickelt sich die typische Lovecrafterzählung so, dass die Hauptfigur bemerkt, dass ihr bisheriges Bild von der Welt nicht stimmt, sondern eben die Mythos Kosmologie. Das ist aber nicht das wirklich Schlimme. Das Grauenhafte ist die Tatsache, dass der Charakter in diesem Zusammenhang entdeckt, dass in seinem direkten sozialen Umfeld weitreichende Auswirkungen davon zu finden sind. Nicht die Existenz von Dagon irgendwo in der Welt ist das Schlimme, sondern dass sie ihn im Nachbarort anbeten und dass mein Freund darin verstrickt ist, ich ihm nicht mehr vertrauen kann und nach und nach entdecke, dass es kaum jemanden gibt, an den ich mich wenden kann, weil die entweder auch Fische anbeten oder mich für einen irren halten oder bereits tot, untot oder verhext sind. Das finde ich gruselig

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Original von anachronist

 

Für einen Spinnenphobiker ist die erste Begegnung mit einer Spinne in der Therapie eine echte Herausforderung

... und der Grund, weshalb ich mich noch nicht in eine Therapie begeben habe X(

 

Die Erde ist keine Scheibe

Nur so, auch wenn's nicht weiter wichtig ist:

Das war schon in der Antike bekannt (und der Radius von Eratosthenes berechnet), und wurde auch im Mittelalter von Gelehrten nicht in Frage gestellt.

War wohl mehr so ne landläufige Meinung

 

 

Meiner Meinung entwickelt sich die typische Lovecrafterzählung so, dass die Hauptfigur bemerkt, dass ihr bisheriges Bild von der Welt nicht stimmt, sondern eben die Mythos Kosmologie. Das ist aber nicht das wirklich Schlimme. Das Grauenhafte ist die Tatsache, dass der Charakter in diesem Zusammenhang entdeckt, dass in seinem direkten sozialen Umfeld weitreichende Auswirkungen davon zu finden sind. Nicht die Existenz von Dagon irgendwo in der Welt ist das Schlimme, sondern dass sie ihn im Nachbarort anbeten und dass mein Freund darin verstrickt ist, ich ihm nicht mehr vertrauen kann und nach und nach entdecke, dass es kaum jemanden gibt, an den ich mich wenden kann, weil die entweder auch Fische anbeten oder mich für einen irren halten oder bereits tot, untot oder verhext sind. Das finde ich gruselig

Sehe ich ganz ähnlich, Stichwort: persönlicher Horror.

Und praktisch nur auf diese Weise kann der Horror auch im Rollenspiel funktionieren - dass Cthulhu existiert, erschreckt uns nicht (mehr)

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Original von anachronist

Sehe ich anders. Meiner Meinung nach funktioniert das Grauen bei Lovecraft auf einer ganz anderen Ebene, als dem Leser klar zu machen, dass es übermächtige Wesen gibt, die den Menschen nicht wohlgesonnen sind. [...]

 

Meiner Meinung entwickelt sich die typische Lovecrafterzählung so, dass die Hauptfigur bemerkt, dass ihr bisheriges Bild von der Welt nicht stimmt, sondern eben die Mythos Kosmologie. Das ist aber nicht das wirklich Schlimme. Das Grauenhafte ist die Tatsache, dass der Charakter in diesem Zusammenhang entdeckt, dass in seinem direkten sozialen Umfeld weitreichende Auswirkungen davon zu finden sind. Nicht die Existenz von Dagon irgendwo in der Welt ist das Schlimme, sondern dass sie ihn im Nachbarort anbeten und dass mein Freund darin verstrickt ist, ich ihm nicht mehr vertrauen kann und nach und nach entdecke, dass es kaum jemanden gibt, an den ich mich wenden kann, weil die entweder auch Fische anbeten oder mich für einen irren halten oder bereits tot, untot oder verhext sind. Das finde ich gruselig

 

Okay, ich will gar nicht abstreiten, dass das auch gruselig sein kann. Oder ("Gott" bewahre) bezweifeln, dass es für Dich gruselig ist.

Und natürlich darf jeder seine eigene Meinung mitbringen - und per definitionem kann eine Meinung nicht falsch sein.

Und natürlich interpretiert jeder Texte anders, und darf jeder sich sein RPG-Universum so basteln, wie er mag.

 

Und jetzt muss ich was tun, wogegen sich mein Innerstes ein bisschen sträubt...

...denn leider ist Deine Auslegung der Hintergründe des Mythos, und von Lovecraft's Geschichten, grundlegend falsch. Muss ich leider so sagen.

 

Ich argumentiere erst mal auf der Basis des Rollenspiels.

Wäre Deine Auslegung richtig, so hätte das mechanische System der Stabilitäts-Test so, wie es im RPG präsentiert wird, ganz grundlegend seine Zielsetzung verfehlt! Was die Stabilität des Einzelnen gefährdet, ist im Rahmen des Rollenspiels nicht die Realisation, ein Charlton Heston ("Last Men on Earth") zu sein, sondern:

1. das Sehen eines Mythoswesens, und all das, was daran NICHT RICHTIG ist - resultierend die Realisation, dass nicht das Wesen nicht richtig ist, sondern unsere Wahrnehmung der Realität

2. Das Sehen von verdrehter Architektur. Dass es nicht-euklidische Mathematik gibt, wird jeder Mathematiker bestätigen können. Aber nicht in dem Ma?, in dem Lovecraft das meinte. Winkel, die nicht sein können - und erneut zur Realisation führen, dass sie sein können, unsere Weltanschauung aber falsch ist.

3. Das Lesen von MythosWAHRHEITEN - und die realisierten Implikationen dadurch.

Der Stabilitäts-Abzug geschieht sofort - und nicht, wenn man realisiert, dass andere das Ding anbeten etc. Zumal das nicht einmal zwingend gegeben sein muss - immerhin wird man nicht immer mit Kulten konfrontiert, sondern einfach auch mit Wesen oder Texten, oder eben deren immanenten Auswirkungen...

 

Soo, und dann mal auf der Basis von Lovecrafts Texten selber. Ich werde wohl das alte Zitat erneut hervorholen müssen, das auch weiter oben schon Pate stand:

"The most merciful thing in the world, I think, is the inability of the human mind to correlate all its contents. We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far. The sciences, each straining in its own direction, have hitherto harmed us little; but some day the piecing together of dissociated knowledge will open up such terrifying vistas of reality, and of our frightful position therein, that we shall either go mad from the revelation or flee from the deadly light into the peace and safety of a new dark age."

- The Call of Cthulhu

 

Hier sagt es Lovecraft selbst - es sind nicht Gefühle von Vereinsamung oder Paranoia, oder gar der Angst, als Wahnsinniger angesehen zu werden. Es sind die Erkenntnisse selbst. Klarer kann ich es einfach nicht sagen. Das ist die Grundessenz des Lovecraft'schen Grauens.

 

Auch in den meisten Geschichten von Lovecraft geht es weniger um Kulte, als um persönliche Schicksale. Und den nachfolgenden Wahnsinn. Beste Beispiele hierfür sind wohl "The Thing on the Doorstep", "Pickman's Model", "At the Mountains of Madness", "The Case of Charles Dexter Ward", "The Dreams in the Witch House", "The Colour Out of Space", "The Whisperer in Darkness", "The Lurking Fear", und zu einem geringeren Teil auch "The Rats in the Walls". Die Protagonisten werden nicht aufgrund von Schlu?folgerungen, die sie in bezug auf die menschliche Gesellschaft ziehen, wahnsinnig, denn solche Beziehungen werden in den Texten nicht hergestellt. Und wenn sie im Text nicht erwähnt sind, so sind sie vom Schriftsteller bewusst nicht erwähnt - soviel muss man als Leser (und auch oder gerade meinereiner als Literaturwissenschaftler) annehmen können. Was nicht drinsteht, gilt nicht.

Was aber drinnen steht, ist, dass die Protagonisten aufgrund von direkten Konfrontationen mit Mythoswissen wahnsinnig werden. Was also wahnsinnig macht, ist in den Texten explizit präsentiert. Da gibt es nichts dran zu deuteln...

 

Allerdings habe ich das Gefühl, dass ich hier keinen Boden gut mache. Ich könnte noch stundenlang hier weiter aufzeigen, wo der Wahnsinn in den Texten festgemacht wird, und ich könnte Dich wohl nicht umstimmen. Deshalb belasse ich es jetzt bei dieser abschlie?enden Erklärung für Dich, denn weitere Ergüsse meinerseits wären wohl genauso fruchtlos.

 

Deine Interpretation der Lovecraft'schen Texte mag gruselig sein, und Dir Spa? machen. Sie läuft allerdings dem Konsens diametral zuwider. Dennoch bleibe Dir Deine Meinung, und der Spa? mit Deinem Rollenspiel. Den kann, soll und will Dir keiner nehmen!

 

Gru?,

Dumon

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Und - ja, das sind wir, Peterchen.

Aber ich glaube, zu dem Thema wurde augenscheinlich alles gesagt. Deshalb sollte ein wenig abschweifen nicht problematisch sein. Oder...?

;)

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nee, sicher nicht, wollte es nur anmerken

 

Und zum Horror-Thema:

Ich glaube, dass hier 3 Sachen aufeinanderprallen - eigentlich unvereinbare Sachen.

 

1) Lovecrafts Geschichten, und die Absicht dahinter

2) Das Rollenspiel, oder besser: seine Regeln

3) Sachen, die wir echt gruselig finden

 

Wie wir aus den Posts entnehmen können, finden wir alle die theoretische Möglichkeit, dass Cthulhu existieren könnte, nicht so gruselig. Ist haltn Alien. Von mir aus.

Gruselig finden wir Sachen, die usn persönlich betreffen - und die müssen nicht mal übernatürlich sein.

Das Rollenspiel versucht hier einen Spagat über die Regeln mit der geistigen Stabi, der nicht gutgehen kann.

Denn der Speiler findet nicht gruselig/verwirrend/whatever, was sein Charakter angeblich so erfahren soll.

Treffen tut sich das nur im persönlichen Schrecken. Das Rollenspiel versucht den Lovecraftschen Schrecken einzufangen, aber der Speiler streicht sich nur ein paar Punkte ab.

Da kann mir keiner erzählen, dass er sich da gro?artig gefürchtet hat beim Spielen.

Und ich möchte auch nicht behaupten, ich hätte mich bei Lovecrafts Geschichten nicht gegruselt. Doch, hab ich. Aber nicht, wenn der Protagonist im Necronomicon gelesen oder daraus zitiert hat, sondern wenn er persönlich bedroht war.

 

 

 

 

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Ich glaube, was hier aufeinanderprallt, sind die Unterschiede zwischen dem Grusel des Spielers und dem Grusel des Protagonisten/CHarakters.

Auch ich habe mich beim Lesen der meisten Lovecraft-Geschichten nicht gegruselt. Und auch ich habe schon zu viel gesehen/gelesen, als dass ich mich über irgendwelche Aliens in irgendwelchen Geschichten gruseln würde.

 

?ber das, was der Protagonist, sei es in der Story oder im Abenteuer, sich gruselt, grusele ich mich in diesem Moment dann eben auch nicht.

Ich räume aber ein, dass mich als Person, sollten mich solche Erkenntnisse ereilen wie die Protagonisten, eine ähnliche Situation ebenfalls gruseln würde.

 

Das Gleiche gilt eben auch für den Wahnsinn. Natürlich macht es mich nicht wahnsinnig, zu lesen, was die Protagonisten wahnsinnig macht. Noch machen mich die Handouts oder tausend fiktiven Necronomicons da drau?en wahnsinnig. Allerdings räume ich ein, dass ich, sollte ich tatsächlich solchen Dingen ausgesetzt sein, die "real" (oder zumindest für mich real) sind, meine geistige Stabilität wohl auch verlieren würde...

 

Was an Lovecraft's Geschichten für mich unheimlich ist, sind nicht die Geschehnisse. ?berhaupt finde ich die wenigsten Geschichten gruselig oder unheimlich. Was mir unheimlich ist, sind die IMPLIKATIONEN dahinter. Der GEdanke, dass sowas wirklich sein könnte. Nicht, dass ich glaube, das so etwas existiert. Aber das ist ein Gedankenexperiment - und die Hintergründe, die das Ganze untermauern, das ist der Horror an Lovecraft's Geschichten für mich.

 

Aber das ist der Grusel, den ich empfinde. Und der ist nicht zu vergleichen mit dem der Protagonisten, deren Schrecken, deren Erkenntnissen oder deren Wahnsinn.

Zwei Ebenen - die narrative Ebene und die Meta-Ebene des Lesers. Die narrative Ebene und die Meta-Ebene des Spielers. Das hatte ich vorhin auch gemeint.

 

Natürlich muss ich als SL versuchen, meine Spieler zu packen. Den Grusel oder Schrecken zu erzeugen. Aber dazu muss ich Hilfsmittel, Taktiken und Tricks anwenden. Keinen Rollenspieler lockt ein Monster, eine Charakter-Erkenntnis oder eine grauenhafte Szene hinter dem Ofen hervor. Gruseln schocken muss ich sie anders...

 

Und deshalb muss ich ganz krass unterscheiden zwischen dem Grauen der Lovecraft'schen Welt, die auch im Rollenspiel und dem System funktional recht passend (wenn auch etwas hinkend) wiedergegeben wird, und dem persönlichen Grauen des Rezipienten.

 

Mal ganz ehrlich, Peterchen - hast Du Dich damals auf Stahleck gegruselt, als Sobek plötzlich auftauchte und die im Grab eingeschlossenen fra?? Und das war sogar noch ein Freeform Live Action Roleplay.

Naja, Du bist ja entkommen...

;)

 

Ich finde deshalb auch, dass das Rollenspiel gar keinen problematischen Spagat versucht. De facto präsentiert das RPG nur ein Rollenspiel in der Welt Lovecraft's, und das sehr gut. Was das Rollenspiel gar nicht versucht, ist, uns durch Monster oder so selbst zum Gruseln zu bringen. Das ist eine Intention, die hinter solchen mechanistischen Plot-Faktoren gar nicht stecken kann. Auch in Geschichten gruseln wir uns primär wegen der gruseligen Atmosphäre. Und die im RPG abzubilden ist Aufgabe des SL...

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Hey Leute,

 

hier fliegen verdammt viele verdammt grosse Worte in der Luft herum. Ich wei? nicht, wie es mittlerweile um Laird Floyd als ursprünglichen Fragenden steht, aber ich verstehe mittlerweile bestenfalls 66.6% von dem hier gesagten. ;) Gestattet mir also bitte, von der Palette argumentativer Möglichkeiten nur hier und da einen bunten Tupfer anzubringen.

 

 

Ob es ... Wirklichkeit gibt, kann ich nicht wissen. Auch nicht ob du existierst.
Ich las einmal die Frage, ob ich Betrachtungen über den Realitätsgehalt einer Erscheinung anstellen würde, bevor ich sie anspräche: "Hey Bruder, hasse ma 'ne Mark für 'ne Lulle?"

 

Der Cthulhu-Mythos kann ... Schrecken erzeugen - und das nur, wenn wir uns auf ihn einlassen.
Dieser Satz ist für mich Kern jeder stimmungsvollen Aktivität, ganz gleich, ob es sich um einen romantischen Augenblick, einen gruseligen Film oder eine ausgelassene Feier handelt. Es ist verdammt schwer, jemanden mitzunehmen, der sich auf eine bestimmte Stimmung nicht einlässt oder par-tout nicht einlassen will.

 

Ich weiss, dass ... (der) Mythos nur Fiktion ist.
Ich wäre vorsichtiger mit derart absoluten Aussagen. Habt ihr Euch wirklich noch nie, wenn ein Schatten durch den Rand Eures Gesichtsfeldes huschte, erschrocken? Habt ihr noch nie einem Gespräch gelauscht und gedacht: 'Nein, er hat jetzt nicht wirklich davon gesprochen, ihre Kinder umzubringen?' Nein? Schade!

Unsere Sinne zeigen uns gelegentlich, was wir suchen, egal ob es strahlende Schönheit, abgründiges Grauen oder gar göttliches Wirken ist. Wir sind jeden Moment unserer Existenz einer überwältigenden Vielzahl an Sinneseindrücken ausgesetzt, von denen wir nur einen Bruchteil wahrnehmen. Es gibt Theorien, nach denen der Filter an ein Bewu?tsein gekoppelt ist, stellenweise liest man vom "Heiligen Schutzengel", "Psychischer Zensor" oder dergleichen, über dessen Stichhaltigkeit ich hier nicht streiten möchte.

Mein Punkt ist folgender: Für einen CoC-Abend nehme ich als SL an, dass die für das Szenario benötigten Schrecken WIRKLICH existieren und frage mich, wie das funktionieren soll. Was denken die menschlichen NSCs, was fühlen sie? Was würde ICH empfinden, stünde ich an Stelle der SCs einem äu?eren Gott gegenüber? Für die Dauer der Vorbereitung und im Spiel versuche ich mich davon zu überzeugen, dass diese Schrecken real sind. Um wenig später beim Sammeln der leeren Chips-Tüten wieder der Erde näher zu kommen und mich kindisch zu freuen, falls das Verbiegen meiner Realität und der meiner Spieler funktioniert hat.

 

...dass die meisten Leute in diesem Thread Atheisten sind...
Hey, nur weil meine Eltern atheistische Humanisten waren bedeutet noch lange nicht, dass ich das auch sein müsste. Oh, du meintest die Mehrheit? Ja, dazu zähle ich eher selten, aber es geht mir trotzdem gut - danke der Nachfrage... :D

 

...so können die (Mythos)-Bücher nicht widerlegen, dass es den allmächtigen Gott gibt.
Doch, können sie, denn es gibt im CoC-Spiel nur eine "echte" Allmacht, nämlich die Mythos-Wesen. Und diese Erkenntnis zersetzt früher oder später auch den festesten Glaubensfels, zumindest in meiner Mythos-Version.

 

Nicht die Existenz von Dagon irgendwo in der Welt ist das Schlimme, sondern dass ... mein Freund darin verstrickt ist und ... ich (niemandem) mehr trauen kann.
Ja, das ist die grosse Keule, die höchstwahrscheinlich auch weniger zart besaitete Spieler plättet. Vielleicht hätte man im Spielleiterhandbuch auch nicht vom Schmelztiegel, sondern vom Vorschlaghammer der Gefühle sprechen können... Spass beseite, was spricht denn dagegen, dieses recht handfeste Vorgehen wenn möglich durch etwas subtilere Methoden zu ergänzen?

 

Ok, soviel kann ich zum Thema Götter am Spieltisch beitragen, ohne die Untiefen eines philosophischen Disputes durchwaten zu müssen. Das mag zwar gelegentlich auch eine spannende Sache sein, führt meines Erlebens nach aber eher zu langem, zähen Ringen, welches für unsere Sache kaum etwas Verwertbares zu bringen verspräche.

 

 

Gru?

ptokremin

 

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Puh, da gibt es einiges aufzuholen. Ich hoffe, ich wiederhole niemanden und habe keine wichtigen Dinge übersehen.

 

Original von anachronist

Ich kann mich nicht identifizieren mit dem Prof. , der ein Mythosbuch liest und deswegen vor Angst wahnsinnig wird. Also bleibt mir nur die Beobachterrolle.

 

Aber mal so gefragt: Hat jemals etwas Deine Psyche ankratzen können, wenn auch nur minimal? Die Erkenntnis, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben; ?berforderung mit irgendeiner Situation; irgendein persönlicher Verlust; irgendein Misserfolg? Falls ja, dann versuche mal diese Situation zu intensivieren und langsam in Richtung lovecraftesken Horrors zu verschieben. Falls nein û so finde ich es leichter zu glauben, dass Du dies bereits auf eine psychisch pathologische Weise verdrängst.

 

Mal abgesehen davon, muss es nicht unbedingt Angst sein, die einen nach der Lektüre eines Mythos-Texts (oder der Begegnung mit einem Mythos-Wesen) wahnsinnig werden lässt.

 

Original von Peterchen

dann befinden wir uns in sehr gefährlichen Gewässern. Denn dann ist Realität tatsächlich nur Wahrnehmung und Interpretation, und Konsens, und unsere gesamte Existenz wird ein Gedankenexperiment.

das finde ich weder gefährlich noch abwegig, sondern eigentlich nur zwingend logisch, alles aus anthrozentrierter Sicht natürlich, aber wir sind nun mal nur Menschen, und als solche auf ihren Sinnesapparat als einzigen Input angewiesen. Ob es noch mehr als die von mir erfahrene "Wirklichkeit" gibt, kann ich nicht wissen. Auch nicht, ob DU existierst ;)

Aber auch wenn ich mir bewusst bin, dass ich letzten Endes nur wei?, dass ich denke und also bin und dass ich sonst nichts wei?, so gehe ich an die vermeintliche Realität immer noch praxisorientiert und mit der wissenschaftlichen Methode bzw. Ockhams Rasiermesser heran. Und dort habe ich schon ein Weltbild, das zerbersten kann. Es hat zwar gegenüber den meisten Religionen den Vorteil, dass es selbstkonsistent ist und keiner allzugro?en Akrobatik bedarf, um neue Erkenntnisse zu inkorporieren, aber es kann auch an seine Grenzen geraten: Wenn ich herausfinde, dass Bielefeld wirklich nicht existiert, wird es schon schwierig, aber das ist irgendwie inkorporierbar. Wenn ich nun persönlich sorgfältig und alleine einen Würfel baue, aber dieser immer nur Einsen würfelt, was mache ich dann? Und wenn ich immer mehr Tatsachen herausfinde, bei denen die wissenschaftliche Methode versagt hat, also quasi die Methode selbst nach ihren eigenen Kriterien zu zerfallen beginnt? Oder wenn mir auf äübernatürlicheô Weise klar wird, dass dieses Weltbild falsch ist? Ich kann es mir nicht vorstellen, aber was, wenn es wirklich so ist? (Hmm, ob sich daraus ein Abenteuer basteln lässt?)

 

 

Original von anachronist

Wir hatten doch bereits in der Geschichte heftige Paradigmenwechsel in der Wissenschaft aber auch in der Bevölkerung. Die Erde ist keine Scheibe, ist nicht Mittelpunkt der Welt, ist nur eine korn in der gro?en Wüste des Universums etc. Oder auch, Krankheiten sind nicht die Strafe Gottes, sondern haben was mit Hygiene zu tun, Viren und Bakterien, Frauen sind genausoviel wert wie Männer und haben genauso viel oder wenig Grips. Lauter heftige Erkenntnisse, die die Menschen gut verdaut haben.

Ich denke nicht, dass man hier den Vergleich zu einer plötzlichen Weltbilderschütterung ziehen kann. Alle diese Erkenntnisse bzw. Ansichten haben sich über Generationen hinweg manifestiert bzw. wurden zunächst von Menschen entdeckt, die nicht verbohrt waren. Weltweite Akzeptanz hat bisher eh nur die Welt als Kugel erreicht, wobei hier fragwürdig ist, inwiefern je gro?artig anderes geglaubt wurde (klick mich).

 

Einen besseren Vergleich dürften hier Menschen abgeben, denen in ihrer Kindheit z. B. wortwörtliche Bibelgläubigkeit erfolgreich eingetrichtert wurde, die sich aber nie gro?e Gedanken darüber gemacht haben und sich auch nicht intensiv mit den Inhalten beschäftigt haben. Wenn so ein Mensch nun mit einander klar widersprechenden Bibelstellen konfrontiert wird, wird er dies schon schwer zu verdauen haben û mit welchem Ergebnis auch immer.

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[edit] Post gelöscht. Sorry. Wollte mich als Beispiel anbringen. Ich bin zwar in solchem Glauben erzogen worden, und habe mich um hundertachzig Grad gedreht, aber ich habe selbst reflektiv das Ganze aufgearbeitet, und wurde nicht damit konfrontiert. Falle also doch raus aus dem Vergleich...

:rolleyes:

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Original von Wrzlprmft

Aber mal so gefragt: Hat jemals etwas Deine Psyche ankratzen können, wenn auch nur minimal? Die Erkenntnis, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben; ?berforderung mit irgendeiner Situation; irgendein persönlicher Verlust; irgendein Misserfolg? Falls ja, dann versuche mal diese Situation zu intensivieren und langsam in Richtung lovecraftesken Horrors zu verschieben. Falls nein û so finde ich es leichter zu glauben, dass Du dies bereits auf eine psychisch pathologische Weise verdrängst.

 

Mal abgesehen davon, muss es nicht unbedingt Angst sein, die einen nach der Lektüre eines Mythos-Texts (oder der Begegnung mit einem Mythos-Wesen) wahnsinnig werden lässt.

 

Ja natürlich habe ich schon Erlebnisse gehabt, die mich seelisch sehr herausgefordert oder überfordert haben. Ich wei? aber nicht, wie du das meinst, es in Richtung lovecraftschen Horror zu verschieben. Das würde mich schon interessieren.

 

Sehr interessant finde ich aber die Aussage, dass es nicht Angst sein muss. Das stimmt. Bis jetzt haben wir nur von Angst geredet. Aber was könnte es denn noch sein?

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