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Delta Green: Umgang mit Anachronismen


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Guten Abend, werte Kollegen,

 

ich werde, nachdem die PDFs mittlerweile alle erhältlich sind, in Bälde eine kleine Delta Green-Kampagne leiten, die Geschehnisse aus vergangenen Szenarien (z. B. Vietnam '67) aufgreifen und mit Majestic-12 und den Mi-Go/Grauen als Gegenspieler in einer guten, alten Regierungsverschwörung mit Intrigenspiel und Unsicherheit verknüpfen soll. Jetzt hab ich zwar einige Erfahrung als Spielleiter, sehe mich aber trotzdem vor einem großen Berg an Arbeit. Momentan beschäftigen mich zwei Fragen, für die ich den hiesigen Wissenspool anzapfen möchte:

 

1. Ich bin wahrscheinlich nicht der erste, der das Gefühl hat, dass Delta Green mit seinem Bezug auf Akte X und Mystery eigentlich nicht mehr zeitgemäß ist. Hat jemand Erfahrung damit, das Ganze in einen modernen Kontext zu setzen? Was für eine Stimmung wollt ihr erzeugen?

 

2. Lasse ich die Kampagne in 2013 spielen, ergibt sich das Problem der Technik, die es im DG-Quellenbuch noch nicht gab: Flächendeckendes Internet, Fotohandys, etc. Auch das verändert das Setting: Hat sich schon mal jemand Gedanken gemacht, wie z. B. eine Organisation wie MJ-12 mit modernen Mitteln umgeht? Haben sich die Ziele geändert? Wie reagiert DG darauf?

 

Bitte schreibt, was euch dazu einfällt. Ich freue mich über jeden (konstruktiven) Input! :)

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Zu 1: Was meinst du mit "nicht mehr zeitgemäß"? Ähnliche Sendungen gibt es doch nachwievor und der Mistery-Film-Boom kam auch erst nach / mit Akte-X,

 

Zu 2: Meiner Erfahrung danach, ändert sich für das Spiel gar nichts. Funktioniert genauso gut mit Internet wie ohne (mal ganz davon abgesehen, dass die Autoren Themen wie das Internet schon aktiv verarbeitet haben. Anno 1997 gab es das ja auch schon und die Nachfolgebände beziehen es ebenfalls ein (siehe Targets of Opportunity). Mal abgesehen davon, dass viel mehr Leute viel besser vernetzt über Verschwörungstheorien reden können, hat sich da ja nicht viel geändert. Regierungsgeheimnis bleiben meistens immer noch solche und selbst Dinge wie Wikielaks haben zu keiner Weltrevolution geführt. Und Fotohandys ändern auch nix daran, dass Mi-Go aufgrund ihrer komischen Schwingungen gar nicht fotografiert werden können.

 

Wirkliche Anachronismen kann man bei Delta Green nicht finden, da das Setting sich eher mit Organisationen und Verschwörungstheorien befasst, als mit Technik. Vond aher passen die Informationen eigentlich in jedes Jahrzehnt seit erscheinen des ersten Quellenbandes, wurden regelmäßig aktualisiert (print wie web) oder lassen sich dank Wikipedia vom SL sehr leicht auf den neuesten Stand bringen.

Edited by Synapscape
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Delta Green ist meiner Meinung nach so umfangreich und vielschichtig, dass man auch getrost ohne bestimmte Dinge auskommen kann.

So kann man den ganzen Regierungs-UFO-Verschwörungskram komplett weglassen und hat immer noch mehr originelle Ansätze und Material als in allen Cthulhu-Now Veröffentlichungen zusammen.

Man hört ja auch oft, dass es bei Delta Green um Nazi-Zombies geht.

Das ist etwa so als würde man sagen bei Cthulhu geht es um Tiefe Wesen.

Es ist ein Baukasten.

Da gibt es UFOs, Nazi-Zombies, aber eben auch Ghoule in Manhattan, diverse Nyarlathotep-Kulte, von denen einer eine angesagte Rockband sowie deren Stammclub betreibt, Kolonien der Tiefen Wesen gegen die Innsmouth nur ein kurzer Landgang war, internationale Organisationen auf den Spuren des Mythos, die aber bereits von diesem in ihrem Inneren zerfressen sind, von denen jede mit mehr Ideen, Details und Abenteuerideen aufwarten kann als die Janusgesellschaft in einem ganzen eigenen Buch.

Was einem gefällt nimmt man aus dem Baukasten heraus und arbeitet damit, den Rest lässt man einfach weg.

Es gibt so viele frische Ideen, dass man auf jeden Fall mal einen Blick wagen sollte.

Seitdem ich die Bücher mein eigen nennen kann, leite ich nur noch Delta Green (in der Gegenwart).

 

Die Abenteuer sind allerdings in einem sehr anderen Format geschrieben, als man das von Pegasus gewohnt ist.

Man bekommt keine Kurzgeschichte erzählt, in der ab und zu mal kursiv geschrieben steht, was die SCs würfeln dürfen, sondern es werden nur die NSCs, deren Motive und die Schauplätze beschrieben. Die Handlung ergibt sich aus dem, was die SCs daraus machen.

So hat man dann auch alle Freiheiten, allerdings wird auch ein hoher Anspruch an den Spielleiter gestellt.

Gewöhnungsbedürftig, aber mir gefällts!

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Hallo Jester, 

die zweite Frage zuerst, durchforste mal den NOW Thread bezüglich der Frage der Technik, Da werden die Fragen ganz gut beantwortet und es werden ein paar nette Ideen gegeben. Ich finde es jetzt schon fast schwieriger sich vorzustellen, was vor zwanzig Jahren war und was der Technikstandard war. Ich kann mir das alltagsleben ohne Handy und Internet kaum noch vorstellen. Und ich Habe das ja Live mitgemacht.

 

zu 1. Der von mir gesehene Kontext : Akte X: Deine Regierung meint es nicht gut mit Dir und ist von Einflüssen der Aliens durchzogen.

Heute hat es ja die amerikanische Regierung gelungen mit der Angst vor Terrorismus die Bügerrechte einzuschränken und Kriege zu rechtfertigen, die aber sicherlich agnz anderen Interessen dienen.

Da ich das Element Majestic 12 und Ufos immer ausgelassen habe, kann ich dir gar nicht so recht sagen, was für eine Stimmung ich diesbezüglich erzeugt habe. Allerdings gab es immer wieder Zellen oder einzelne  Agenten / Friendly, die von der Macht korrumpiert wurden. Das waren mal SC mal NSCs.

Modern wäre das Element, dass jeder ein ANhänger des Mythos sein kann, man einer offensichtlich wie die Tcho Tcho Köche und manche weniger offensichtlich wie der DG-Friendly mit Einblick in die Bücher des Mythos

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Erstmal danke für Eure Antworten.

 

Ich habe mir auf Eure Anregung hin mal die anderen Quellenbücher (Countdown, Targets of Opportunity, Eyes Only) durchgelesen und festgestellt, dass ich (gerade mal mitten im Delta Green-Basisbuch) mir die Angelegenheit mit der veralteten Technik schwieriger vorgestellt habe, als sie ist. Auch die Grundstimmung in den USA Post-9/11 wird immer mal wieder erwähnt und einige Updates erleichtern den Umgang damit.

Ich finde es jetzt schon fast schwieriger sich vorzustellen, was vor zwanzig Jahren war und was der Technikstandard war. Ich kann mir das alltagsleben ohne Handy und Internet kaum noch vorstellen. Und ich Habe das ja Live mitgemacht.

 

Das war eben auch mein Problem, weshalb ich lieber jetzt spielen würde. Und nach der Erkenntnis, dass das alles gar nicht so schwierig zu portieren ist, werde ich das auch tun.

 

Damit tut sich allerdings ein anderes Problem auf: Tatsächlich sind sehr, sehr viele potentielle Antagonisten und Szenarioideen superinteressant - MJ-12 und die Greys stehen nach wie vor vorne auf meiner Liste, aber die Tcho-Tchos, Fate, der Cult of Transcendence ... bis auf die Ghoule (die ich langweilig finde) und die Karotechia (die ich lieber etwas pulpiger mit Achtung! Cthulhu inszenieren würde) finde ich fast alles spannend. Das birgt natürlich die Gefahr, dass es schnell überladen und albern ist, wenn da alle naselang ein neuer weltumspannender Kult ankommt - ein Grund, warum ich lieber One-Shots spiele, als eine konsistente Welt zu bespielen, in der allein in Deutschland fünf große Alte schlafen.

 

Der nächste Schritt ist jetzt, einen Bösewicht rauszugreifen und dann eine glaubhafte Verschwörung zu stricken. Hat sowas schon jemand von euch gemacht und kann mir Praxistipps geben? Ich habe vorhin versucht, einen übergeordneten Handlungsstrang zu entwickeln, der MJ-12 und die Mi-Go, sowie die Verwicklung mit Delta Green zum Inhalt hat. Allerdings bin ich relativ schnell zu einem Punkt gekommen, wo ich die Reaktionen der Spieler relativ stark lenken oder zumindest vorhersehen muss. Vielleicht ist die modulare Herangehensweise doch besser, mit dem Hintergrund "im Hintergrund"?

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Wenn du Reaktionen der Spieler lenken musst, damit eine Story draus wird, dann lass Delta Green besser komplett sein, denn das nimmt dem Ganzen die Grundlage.

Delta Green lebt einzig davon, dass du sehr gut ausgearbeitete Interessensgruppen hast, die ihre Ziele verfolgen und mit denen die Charaktere als Delta Green-Zelle interagieren.

 

In der Tat ist es wichtig, sich für eine Kampagne auf einen möglichen Konflikt zu fokussieren. Wenn MJ12 deine Lieblinge sind, dann nimm die und lass den Rest raus.

 

Ich habe damals Delta Green so gespielt, dass ich mich auch auf einen Konflikt konzentrierte (in dem Fall die Insekten von Shaggai) und anderen Gruppierung des Settings kamen nur dann vor, wenn es notwendig war und gut passte. Ghoule z.B. in Form von Nancy in der Struktur von Delta Green, MJ12 als ehemaliger Feind und einzig möglicher Verbündeter, Fate als Ansprechpartner der Gruppe in New York. Der Plot aber bewegte sich stets um die Insekten von Shaggai.

 

Wenn man Dinge zu wahllos vermischt, wird daraus eine unübersichtliche Zufallsbegegnungstabelle.

 

Wichtig ist, dass du dir überlegst, was ist dein Plot und wie würden meine NSC-Parteien handeln, wenn sie nicht gestört werden. Alles andere musst du improvisieren.

 

Wie kommt Delta Green, ergo die Spieler in den Plot?

Wie sehr verändern die Handlungen der Charaktere die Vorhaben der Gegenseite?

Wie reagieren die auf solche Störungen?

Welche möglichen Handlungsoptionen ergeben sich daraus für Freund und Feind?

Welche möglichen Verbündeten?

 

Über die Führung von Delta Green kannst du immer wieder offene Enden aufgreifen und der Sache durch klare Anweisungen und Aufträge Struktur geben.

 

Ein Vorplanen von Abenteuerhandlungen aber kann nur auf einer Mikroebene funktionieren.

Edited by Synapscape
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