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Was passiert bei euch zwischen den Abenteuern?


grannus
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Bezüglich der Fragestellung des Character-Bonding möchte ich mal meine Vorgehensweise vorstellen. Für mich war in meiner letzten Kampagne wichtig zu vermitteln, dass es zwischen den Abenteuern noch ein "normales" Leben existiert in dem auch etwas passieren kann. Eben diese Zwischenzeiten können dazu dienen, positives wie negatives im Leben des Charakters darzustellen. Der Spieler erhält dadurch auch eine Möglichkeit in die Entwicklung einzugreifen, kann aber vom SL auch überrascht werden.

 

Ich gab jedem Spieler zwischen den Abenteuern ein Handout, in dem eben jene Entwicklungen dargestellt werden. So konnte zwischen SL und Spieler kommuniziert und die Charakterentwicklung und -bonding verstärkt werden. Die Kampagne lief über einen Zeitraum von einem Jahr (ca. 80 Stunden Spielzeit). 

 

Wie ich das Ganze gestaltet habe, möchte ich anhand eines Charakters darstellen. Dazu möchte ich sagen, dass ich die Charaktere selbst erstellt habe, der Spieler erhielt nur eine knappe Beschreibung (damit er im Laufe der Kampagne eigene Inhalte hinzufügen konnte).

 

 

Der besagte Charakter, ein jüdischer Antiquitätenhändler namens Sebastian Stern, begann das Spiel bereits mit einem Mythos-Werk (dem "De Vermis Mysteris") und einer Geisteskrankheit (er entwickelte eine Sekundärpersönlichkeit, welche ihre "Macht" mehren wollte, während die Primärpersönlichkeit sämtlichen Mythos leugnete).

 

Gestartet ist die Kampagne mit Part 1 des Abenteuers "Der Fluch des Chaugnar Faugns" in Berlin. Nach diesen Ereignissen erhielt der Spieler ein Handout über die Ereignisse zwischen diesem und dem nächsten Abenteuer. Darin stand:

 

  • Bereits nach deiner Zeugenaussage bei der Polizei unter der Aufsicht von Kommissar Hermer, begabst du dich in die Preußische Staatsbibliothek um dort nach weiteren Anhaltspunkten über die Begrifflichkeiten zu suchen, welche Prof. Walden vor seinem gewalttätigen Tod peisgab.

    Da wären:

    [1] Tscho-Tscho bzw. Tcho-Tcho

    [2] Leng

    [3] Schaugnar Faugn

    Fieberhaft und wie in Trance hast du dich den ganzen Tag und die halbe Nacht durch die Bibliothekskarteien und –archive gehetzt, auf der Suche nach Wissen über diese Wesen/Orte/Götter. Und dein Eifer wurde belohnt:

    Das Volk der Tcho-Tcho ist Gegenstand einer anthropologischen Monografie von Prof. Jabez Wilson und beschreibt diese als degenerierte Wesensart, einschließlich ihres rituellen Kannibalismus und der von ihnen verehrten fremdartigen Götter. Zwar sind die Tcho-Tcho gegenwärtig in Südostasien angesiedelt, doch ein Teil lebt noch immer in ihrer alten Heimat Tibet. Zwar entsprechen die Tcho-Tcho vorrangig dem fernöstlichen Typus, doch auch ein kaukasischer Einschlag ist unleugbar, selbst ein Schuss schwarzafrikanisches Blut scheint nicht ausgeschlossen. Es gibt Hinweise, dass der Ursprung noch weiter im Westen liegen könnte, möglicherweise sogar in Europa. Doch ein noch weitaus größerer Schatz wartete in den Kellern der Bibliothek auf dich...

 

  • Nach den doch sehr rasanten Ereignissen im Museum für Völkerkunde rund um die Götzenfigur des verstorbenen Prof. Walden und die Vernichtung eines wertvollen Buches – der Pnakotischen Manuskripte, hast du dich die letzten Wochen intensiv mit der Suche nach den Hintergründen für diese grausigen Dinge beschäftigt.

    Einer der ersten Aktionen von dir war es, den Vorkommnissen im Hafenviertel auf den Grund zu gehen (s. Berliner Morgepost), bei denen es einen Zeugen gab, nämlich einen bekannten Säufer. Den Säufer selbst konntest du nicht ausfindig machen, jedoch seine Aussage. Trotz des wirren Gebrabbels des Mannes war eine Tatsache doch sehr wichtig für dich- nämlich, dass die Tatuhrzeit VOR eurem Einbruch bei Sardowsky und der Vernichtung der Pnakotischen Manuskripte war.

 

  • Während deiner mühsamen Suche nach Informationen, bist du auf die Karteikarte des Buches „Von Unaussprechlichen Kulten“ von Friedrich Wilhelm von Junzt gestoßen. Dieses Buch wurde nicht nur im Keller aufbewahrt und nur auf Anfrage rausgeholt, sondern wird auch nicht verliehen- viel zu brisant ist der Inhalt. Und nur der Tatsache, dass du schon sehr überzeugend sein kannst, hast du zu verdanken, dass dich die Bibliothekin für ein paar Stunden Einsicht in dieses Werk gewährt hatte. Ein Werk der Macht, um es in deinen Worten zu kleiden. Da du nur begrenzt Zeit hattest, wurdest du sofort beim Überfliegen auf das fünfte Kapitel aufmerksam. In diesem schildert von Junzt  seine Begegnungen mit den Tcho-Tcho. Sie werden von ihm als ein Volk beschrieben, das mit besonderer Hingabe die „Alten“ anbetet. Leng ist von Junzt als kaltes Ödland bekannt, wo die „Alten“ furchtsam und blutig verehrt werden, sowie als Pforte nach Kadath in den Traumlanden. Während des Lesens dieses Buches hattest du ständig das Gefühl, beobachtet zu werden- mehrmals hast du dich erschrocken umgedreht, nur um niemanden und nichts zu erblicken. Und doch konntest du dich von diesem Buch nicht losreißen- bis die Bibliothekarin kam um das Buch wieder zu verwahren. Dieses Werk hat soviel Wissen, soviel Potenzial- du musst es wieder lesen, du musst es besitzen!

    Du erhälst 3% in Cthulhu-Mythos, verlierst aber 1W6 STA.

 

Nun folgte das Abenteuer "Am Rande der Finsternis" (auf den Handlungsort Berlin umgeschrieben). Sowohl der Charakter als auch der Spieler versuchten ihre Mythos-Macht vor den anderen zu verbergen- Mitspieler und SC wurden erfolgreich von SL und des Spielers von Stern manipuliert, so dass am Ende immer noch kein Verdacht aufkam. Nach dem Abenteuer folgte ein weiteres Handout mit folgenden Infos:

 

  • Die Ereignisse im alten Bauernhaus in Rehfelde haben deine Sekundärpersönlichkeit nicht wirklich erschüttert- sie haben dich sogar vielmehr gestärkt. Immerhin konntest du dein Wissen aus dem De Vermis Mysteriis in einem Ritus anwenden und gar grässliche Wesenheit aus dieser Welt verbannen. Du warst der Einzige, der in diesem Moment einen kühlen Kopf bewahrt hat- und das hat nicht nur dein Leben gerettet, sondern auch jenes deiner Freunde! Damit hast du den Beweise, dass dein Wissen und Handeln richtig ist und du mehr davon benötigst! Auch konntest du die Übersetzungen aus dem Bauernhaus vernichten, sodass du derjenige mit dem Wissen bist- niemand anderes soll das erfahren, was du weißt. Klar, sie sind teilweise ein Mittel zum Zweck, was du auch dulden kannst- doch sollten sie eigenes dunkles Wissen ansammeln wollen, musst du dies verhindern. Nur so erhält man mehr Macht für sich selbst.

 

  • Kälte. Dies ist die erste Empfindung, die du ausmachen kannst. Eine Kälte, die bis in die Knochen zieht und dir verspricht, dich nie wieder loszulassen. Du erblickst vor dir eine tosende See. Ein Sturm zieht über das Meer und du befindest dich auf einer Felsnadel mittendrinn. Doch du wirst nicht angerührt und fortgeweht. Du spürst die Gewalt, welche hinter diesem Tun wirkt. Eine alte, ungeheuer machtvolle Gewalt. Gottgleich. Du hörst Stimmen im Wind, kannst sie aber nicht verstehen. Grässliche, unsagbar grässliche Stimmen, dein Verstand droht zu kollabieren. Doch du bleibst standhaft und lauschst weiterhin. Du fühlst dich berührt. Dieser Traum wiederholt sich immer wieder. Verlire 1/1W3 STA.

 

  • Was ist bloß los mit Nathaniel? Bereits seit einer Woche verhält er sich mehr als sonderbar. Er verliert manchmal den Faden und weiß dann nicht mehr, worüber wir uns gerade unterhalten haben, oder wo er sich befindet. Auch erinnert er sich nicht an Dinge, als hätte er Gedächtnislücken. Er versucht es zu kaschieren, doch du und Hans-Peter konntet es dennoch bemerken.

    Ihr habt euch eine ganze Weile dies nun angeschaut und auch miteinander besprochen, was zu tun sei. Doch Nathaniel darauf ansprechen, oder gar einzuweisen, wäre euch nun doch zu unangenehm.

    Deswegen seid ihr zu einem sehr guten Bekannten aus dem Herrenklub gegangen, dem 65-jährigen Psychologen Reinhard Mann. Er ist nicht nur kompetent auf seinem Gebiet, sondern kann auch schweigen- und einen Gefallen ist er dir eh schuldig. Du und Hans-Peter habt Reinhard also gebeten, eine Weile eine Auge auf Nathaniel zu machen, hoffentlich bei solch einem Gedächtnisschwund mal selbst anwesend zu sein und sich eine Meinung über sein Verhalten machen. Deswegen habt ihr ihn auch zu eurem geplanten Nordseeurlaub eingeplant. Reinhard kann sich die Zeit nehmen und Nathaniels Verhalten erkunden.

    Hoffentlich ist mit unserem Freund alles in Ordnung, Gott behüte ihn!

     

     

    ​Die Charakter beschlossen einen gemeinsamen Urlaub zu buchen, worauf die Ereignisse des ersten Abenteuers der "Auf den Inseln"-Kampagne folgten. Der Spieler von Sebastian Stern unternahm immer mehr Alleingänge mit dem SL, konnte sich vor den anderen Spielern aber immer herausreden. Der Charakter entwickelte sich zu einem typischen eigenbrötlerischen Lovecraft-Charakter ^^

    Im Anschluss an Borkum ging es in Berlin dem Höhepunkt gegen Chaugnar Faugn entgegen. Doch vorher noch ein paar Infos für den Spieler von Sebastian Stern:

     

    • Der Urlaub auf Borkum hat sich für dich als eine Erleuchtung erwiesen! Wo deine Kollegen blind umhertabten, warst du ein Messiahs. Ach! Sie sind doch solch unwissende Narren! Sie erkennen nicht die Bedeutung hinter den Ereignissen. Fischmänner aus dem Meer- hat es dich wirklich überrascht? Die Welt ist uralt, viele Kulturen haben schon auf ihr verweilt...manche tuen es noch heute im Schatten der Menschen!

      Doch leider war deine Suche nach dunklem Wissen ohne Erfolg. Bis auf die beiden Abendmahlkelche in der alten Kirche war nichts zu finden...und die Kirche konntest du ja schlecht bestehlen. Der Verdacht wäre sofort auf dich gefallen. Doch das Wissen um diese Kreaturen und ihre womögliche Zivilisation sind Entschädigung genug! Doch du hungerst nach mehr Wissen!Doch es gibt jene, die neidisch auf dein Wissen sind! Du weißt nicht, wer sie sind- doch sie existieren! Undsie verfolgen dich gnadenlos- ständig spürst du ihre Blicke, doch wenn du dich umdrehst, kannst du sie nicht entdecken! Diese gerissenen Hunde! Oh ja, die wollen dein Wissen... und dein Buch, das De Vermis Mysterii! Aber sie werden es nicht bekommen, denn du wirst es an einem sicheren Ort verstecken.

     

    • Das erste Mal hast du die Präsenz der Unbekannten auf der Heimfahrt von Borkum nach Berlin gespürt. Du hattest mehrere Verdächtige- vielleicht handelt es bei deinen Verfolgern um das ältere Ehepaar- ein getarntes Paar der Briten? Oder war es doch das frisch „vermählte Ehepaar“ am Bahnhof, die dich angerempelt haben...die wollten doch mit Sicherheit dein Buch stehlen! Ohne deine Waffe gehst du nicht mehr aus dem Haus- sollen die Schweine sich nur an dich rantrauen!

       

       

       

      Sowohl Spieler als auch Charakter wurden nun zunehmends nervöser. Die Ereignisse in Berlin kamen der Paranoia zu Gute. Nun folgt ingame eine Pause von einem Jahr, bevor es zum nächsten Abenteuer kommt (König!Reich!Unten!). Dazu erhielt der Spieler folgendes Handout:

       

      • Ein Jahr ist jetzt vergangen. Ein Jahr seit den schrecklichen Ereignissen, welche zum Ende von Chaugnar Faugn führten. Und zum Tod von Nathaniel. Hans-Peter, dein treuer Weggefährte, hat die gesehenen Dinge nicht gut überstanden. Er wurde ins städtische Sanatorium gebracht. Dort ist er gut aufgehoben. Nachdem sich seine Frau von ihm getrennt hatte und er im Job immer tiefer sank, wollte er sich das Leben nehmen. Die Nachbarn konnten ihn gerade noch davon abhalten und riefen die Polizei. So wurde er schließlich, mal lachend wie einen Irren, mal heulend und schluchzend wie ein waidwundes Tier, in das Sanatorium gebracht. Nur noch du und Arthur seid übriggeblieben. All die dunklen Geheimnisse und nicht immer legalen Vorgehensweisen lasten nun alleine auf euren Schultern.

       

      • ...die letzten Monate waren mörderisch. Im wahrsten Sinne. Du weißt, dass sie hinter dir her sind, dir dein Wissen aus dem Kopf schneiden wollen. Doch das wirst du zu verhindern wissen! Manchmal kannst du flüstern hören, wenn du ganz still bist. Ab und an erhaschst du einen Blick auf sie, aber nur kurz. Sie sind gut, aber nicht so gut wie sie glauben, oh nein! Es ist eine Verschwörung im Gange- eine Verschwörung gegen dich! Sie alle, diese ganzen Pseudo-Magier, wollen deinen Ruhm ernten, deine Früchte aus deinen Arbeiten klauen.Aber du gibst ihnen keine Gelegenheit! Wenn du das Haus verlässt, was du sowieso nur noch selten machst, nimmst du nicht nur deine beiden Schätze mit, sondern auch einen schweren Revolver! Soll sich nur einer von denen zu nahe an dich ranwagen- du wirst ihn dann wohl töten müssen. Denn das Wissen gehört dir, nur dir alleine!

       

      • Mörderisch, ja- das ist das richtige Wort dafür! Diese Schweine wollten dich hinterrücks ermorden! Als du vor ein paar Wochen nach Hause gingst, hast du Schritte hinter dir gehört. Du wusstest, dass „Sie“ hinter dir her sind, endgültig wollten sie dein Wissen aus deinem Kopf schneiden! Aber du warst vorbereitet. Du bist in eine Gasse gegangen, die Schritte folgten dir. Gerade noch konntest du dich in eine Nische drücken, ohne gesehn zu werden natürlich. Auf diesen Moment hast du lange gewartet. Die Schritte kamen näher, du hast in deine Manteltasche gegriffen und den Revolver gezogen. Die Waffe lag schwer in deiner Hand. Als eine Gestalt dich dann passieren wollte, kamst du blitzschnell aus der Nische heraus, hast kurz angelegt und schließlich abgedrückt! Schnell hast du dich vergewissert, dass du auch wirklich getroffen hast, das große Loch in der Brust überzeugte dich, und bist dann schnell aus der Gefahrenzone gelaufen! Auf dem Heimweg, die Polizeisirenen waren schon deutlich leiser geworden, dachtest du dir, wie erbärmlich deine Feinde waren. Sie schickten schon Kinder auf deine Spur.

       

      • Über die pnakotischen Fragmente

        Das Buch wurde im 15. Jahrhundert von einem unbekannten Gelehrten verfasst, der es von einem griechischem Papyrus, den Pnakotika, abgeschrieben haben will. Das Wer, eine weitschweifige Sammlung von Ereignissen aus vormenschlicher Geschichte, Mythen und Legenden, ist offenbar Bestandteil eines weit größerem Korpus. Lange Zeit wurde das Manuskript kaum beachtet, doch als die eigenartige Schrift gegen Ende des 18. Jahrhunderts auch in anderen Winkeln der Welt auftauchte, wurden einige Gelehrte hellhörig. Seither wurden die Schriftzeichen überall auf der Welt entdeckt. Eine große Anzahl von Artikeln und Monographien wurde zu diesem Thema bereits veröffentlicht, doch eine schlüssige Erklärung steht noch immer aus. Die Manuskripte werden häufig mit dem alten Lomar in Verbindung gebracht. Die Lomarianer sollen die ersten „echten“ Menschen gewesen sein und ihre Geheimnisse von den „Großen Geflügelten“ gelernt haben, die zu ihnen kamen und ihnen halfen.

        Stabilitätsverlust: 1W4/1W8

        Cthulhu-Mythoswissen: +10%

         

        Wer sich längere Zeit mit pnakotischen Schriftzeichen und ihren Übersetzungen in den Manuskripten beschäftigt, wird mehr und mehr selbst solche Zeichen produzieren und dabei immer länger die Kontrolle über seinen Körper an eine Macht abgeben, die ihm die Hand führt. Eine weitere Folgeerscheinung ist die Ausbildung der Zwangsvorstellung, überall pnakotische Schriftzeichen zu sehen- auch wenn es dazu überhaupt keinen Anlass gibt.

       

       

       

      Zwischen diesem Abenteuer und dem Finale verging ingame keine wirkliche Zeit, sie gingen nahtlos über, weswegen es kein Handout gab. Zu diesem Zeitpunkt jedoch war die Bindung zwischen Spieler und Charakter bereits so stark, dass der Spieler alles mögliche tat, um seinen Char vor Schäden oder gar dem Tod zu retten. In meinen Augen also das beste Ergebnis. Auch bei den anderen Charakteren ergab sich eine solche starke Bindung, wodurch nach und nach ein immer intensiveres Charakterspiel möglich war. 

    Ich hoffe, dass ich damit eine Möglichkeit des Charakter-Bondings aufzeigen konnte. Für Schreib- und Formatierungsfehler entschuldige ich mich (schreibe das hier notdürftig mit einem blöden Netbook...arhg!).

     

     

     

    Was haltet ihr von dieser Möglichkeit? Wie gestaltet ihr ein Charakter-Bonding? Und wie der Titel schon sagt: was passiert bei euch zwischen den Abenteuern?

     

 

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Verstehe ich das richtig, dass du einen gewissen Teil vorgibst (eben das, was bereits im Abenteuer klargestellt wurde) und der Spieler den Rest so beeinflussen kann, wie er es für plausibel hält? Oder formulierst du alles vor und der Spieler kann aber an so mancher Stelle etwas ändern?

 

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Charakter-Bonding funktioniert bei uns auf mehreren Ebenen:

1. Wir benutzen die alte Charakterbogen-Rückseite (die mit schlimmster Alptraum, Wunsch, Motivation, etc.). Zum Thema Bonding hört sich das erstmal doof an, aber wenn man bedenkt, dass man früher zig Sachen ausfüllen musste und sich zu jedem einzelnen Gedanken machen musste, versteht man vielleicht, warum es hart ist, einen Charakter zu verlieren ... ;)

 

2. Wir lassen uns extrem viel Zeit bei der Erstellung der Charaktere. Die Story ist soweit ausgeführt, dass sie zwar noch schön einbaubar ist, aber andererseits schon viele Ansatzpunkte bietet für größte Alpträume, Wünsche, etc. Dadurch wirkt der Charakter direkt dreidimensional (und ist in der Lage ohne Umschweife im Abenteuer in jeder Situation authenthisch reagieren zu können), kann aber noch beliebig weiter ausgebaut werden.

 

3. Unsere Kampagne hat mittlerweile so zyklopische Ausmaße, dass es IMMER eine schöne Sache ist, wenn der eigene Charakter noch im späteren Kontext wichtig wird (heißt: Wichtigkeit des Individuums in der Gruppe erhöhter als z.B. bei One-Shots). Deswegen versucht man soviel wie irgendmöglich von eigenen Interessen in den Charakter einfließen zu lassen und je mehr von einem selbst in dem Charakter steckt, desto eher fühlt man mit ihm mit.

 

4. Besonders unangenehme Situationen erzeugen Mitgefühl, besonders tragische, potentielle Todesarten noch mehr.

 

5. Humor ist ein wichtiges Mittel zur Sicherung einer gewissen Fallhöhe (wie in einem anderen Thread wunderbar gesagt wurde).Wenn man seinen Charakter auch auf anderen Ebenen kennen lernt als nur auf der Panik-Ebene, dann stärkt das das Identifikationspotential.

 

Das ist erstmal alles, was mir dazu einfällt.

 

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Bisher hatten wir nur wenige Tage zwischen den Abenteuern und zumeist spielt das, was da passiert ist, leider kaum eine Rolle. Als einmal eine längere Zeitperiode dazwischenlag, war das leider auch wenig relevant.

Da wir mMn genug Alltag IM Abenteuer ausspielen, empfinde ich es als störend, zuviel Fokus auf die Zeit zwischen Abenteuren zu legen.

 

Gruß

Blackdiablo

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Zu deinen Fragen: ich kläre mit dem Spielern oft ab, was sie sich in der Zwischenzeit grob vorstellen- das macht am Ende ca. 30% aus, den Rest gebe ich vor, wobei ich es aber als Vorteil sehe, die Spieler sehr gut zu kennen, so dass meine Vorgaben bisher immer ins Blaue trafen. Könnte man jetzt als Spielleiterwillkür bezeichnen, aber so haben es meine Spieler immer gut aufgenommen, gerade weil mir andere Dinge einfallen und es so zu Aha-Momenten kommt.

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Was haltet ihr von dieser Möglichkeit? Wie gestaltet ihr ein Charakter-Bonding? Und wie der Titel schon sagt: was passiert bei euch zwischen den Abenteuern?

 

Sehr interressant dein Beitrag.

Ich habe es für meine Kampagne ähnlich gemacht.

 

Mein Ziel war es (anfangs) den Charakteren mehr Leben und Tiefe zu geben, vorallem auch in dem Setting der 1920er Jahre.

 

Vom Ansatz her war meine Idee:

Die Zwischenepisoden werde mit dem gespeist wie der Charakter ausgespielt wurde.

 

Begonnen habe ich mit ein paar Beschreibungen zu der gewählten Profession und habe ein paar NSCs für die einzelnen Charaktere eingeführt.

Nach und nach kommen dann immer mehr dazu eine konkreten Charakter widerzuspiegeln.

 

Die Episoden haben aber immer Möglichkeiten offen gelassen, für die sich der Spieler entscheiden konnte. Hier war die Idee ähnlich wie im Spiel Wakling Dead (die comic Variante) harte Entscheidungen zu forcieren, also echte Konflikte.

 

Jetzt in der 3. Zwischenepisode plane ich mehr Anteilnahme von den Spielern zu berücktsichtigen:

Nach jedem Abenteuer gibt es Erfahrungspunkte als Story Points, die die Spieler ausgeben können um die Zwischenepisoden in bestimmte Richtungen zu beinflussen.

Es gibt da aber noch ein paar mehr Dinge mit denen ich das Ganze noch anreichern wollte.

 

Ich habe auch schon gemerkt dass der Aufwand ziemlich groß ist, die Gedanken im Kopf reifen schnell nach ein paar Wochen, aber das Niederschreiben kostet mir oft sehr viel Zeit.

Wenn ich noch Wert auf ordentlichen Lesefluss und Formulierungen legen würde, bräuchte das reine Schreiben sicher mindestens 1 Stunde pro Spieler.

 

Nachtrag:

Eine Professorin hat mal gesagt dass man sich Aussagen wie " ist sehr interessant" sparen kann, denn sie haben allein keine Aussagekraft.

Ich glaube sie hat recht, trotzdem lass ich die Floskel stehen und ergänze sie:

Ich finde es sehr interessant, weil ich auch unabhängig die selbe Idee hatte und ich sehen kann wie es jemand anderes gemacht.

Vor allem dieses reine Stück Text hilft mir sehr viel, weil es ja mal eine pragmatische Ausführung eines Gedanken darstellt.

Edited by Lambach
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Erst mal die Frage: wozu soll die emotionale Bindung vom Charakter gut sein?

 

Ich nehme mal an, um die Angst vor dem Ableben des Charakters beim Spieler zu erhöhen und dadurch ein engagierteres, im Angesicht von Bedrohungen "realistischeres" und damit horror-freundlicheres Führen der Spielfigur zu erreichen.

 

Da gibt es eigentlich einen ganz einfachen Trick:


"Wessen Charakter zuerst stirbt, der bezahlt die Pizza für die gesamte Runde."

 

So viel emotionale Bindung zum Charakter wie damit wirst man mit keiner anderen Methode erzielen.

Rollenspiel ist immerhin noch ein Spiel und Spiele leben davon, dass sie belohnen oder bestrafen (im einfachsten Sine durch Sieg oder Niederlage).

Da es im Rollenspiel natürlich anders als bei Monopoly keinen definierten "Sieger" gibt, muss die Belohnung und Bestrafung halt über eine andere Methode erfolgen.

Die einzige Möglichkeit hier sind Konsequenzen für den Spieler.

Bei Monopoly ist es ja auch nicht die Eisenbahnfigur, die verliert, wenn sie auf die Schlossallee mit einem Hotel kommt, sondern der Spieler. Die Konsequenz ist das Verlieren des Spiels und damit verbunden eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Schmach.

 

Exakt die gleichen psychologischen Mechanismen funktionieren auch im Rollenspiel.

 

Alles andere ist zwar netter Fluff für zwischendurch und verlängert die Spielzeit, indem sich der Spieler auch zwischen den Spielsessions mit dem Spiel befassen muss, sicherlich steigert das auch in gewisser Art die Bindung zum Charakter, aber ob ich nun drei Fluffzettel gelesen habe, bevor meine Figur ins Gras beißt oder nicht, ist doch relativ irrelevant. Es hat keine weiteren Konsequenzen für mich als Spieler. Neuen Charakter machen und gut ist.

 

In stufenbasierten Systemen wie D&D bringt das Spielsystem an sich Motivation für die Spieler mit: der Verlust von Erfahrungspunkten und wichtigem Besitz (Magic Items) steigt mit jeder Stufe, der Spieler hat keine Lust, wieder von vorne anzufangen.

 

Bei Cthulhu ist Besitz und Erfahrung relativ wurscht, also muss man externe, auf den Spieler bezogene Konsequenzen schaffen. 

 

Das beispiel mit der Pizza ist leicht umsetzbar und erspart die ganze im Eingangspost beschriebene Zettelschreiberei. Ich würde sogar behaupten, sie ist deutlich effektiver.

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Naja, dass es dem Spiel hilft, wage ich ja auch nicht zu bezweifeln. Die Beispiele, die du nennst sind ja im Prinzip nichts anderes als nett verpackte Plothooks, die dem Spieler Optionen geben, in der nächsten Session das Spiel voranzutreiben. Das fördert mit Sicherheit das Engagement der Spieler und diversifiziert das Spielgeschehen. Aber dass dadurch mehr emotionale Bindung zur Spielfigur entsteht, die einen Verlust dieser Figur für den Spieler zu einer "Bestrafung" macht, das stelle ich nach wie vor in Frage, da hier lediglich "ingame"-Geschichten erzählt werden, die nachwievor konsequenzfrei für den Spieler bleiben.

 

Wenn der Charakter stirbt, welche Konsequenzen ergeben sich dann aus den Texten für den Spieler? In meinen Augen keine. Er kann halt seine tolle Zweipersönlichkeitenstory nicht ausspielen, von der außer ihm vermutlich in einer frühen Phase eh noch niemand was bemerkt hat. So what? Das Spiel definiert das Ausspielen dieser Rolle weder als Erfolg noch das Nicht-Ausspielen als Misserfolg.

 

Emotionale Bindung zwischen Spieler und Spielfigur kann nur über Sanktionierung oder Belohnung des Spielers erfolgen.

 

Ein gutes Beispiel ist Tetris:
Man könnte dem Spieler zwischen jedem Level ne geile Story über die Geschichte jedes einzelnen Blocks und wie er hergestellt vorführen (gibt da sogar momentan ein Meme zu), aber die emotionale Bindung zum Spiel erfolgt einzig über die Konsequenz: Quillt der Topf von Klötzchen über, muss ich wieder ganz von vorne anfangen. No story, just psychology.

 

Wer emotionale Bindung der Spieler ans Spiel möchte, der muss die Spielmechanismen zurück an den Tisch bringen: Wettbewerb, Belohnung und Strafe.

Edited by Synapscape
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Wie sieht es mit Identifikation mit der Figur aus? Wenn der Spieler sich ernsthaft mit der Rolle auaeinandersetz? Ist halt eine weniger drakonische Maßnahme...

 

Das hat dann aber nichts mehr mit emotionaler Bindung zu tun, sondern ist ein intellektueller Aspekt des Spiels, der dem Spiel mehr Tiefe verleiht. Aber es ist kein Belohnung oder Bestrafung bedeutender Spielmechanismus.

 

Vielleicht ist es auch falsch, von Emotionen zu sprechen und man sollte lieber das Wort Gefühl verwenden, da Emotionen als aus dem Affekt heraus entstehende kurzfristige Gefühlsreaktionen sind und wir es hier ja eher auf eine langfristige Bindung auf Gefühlsebene hinausläuft.

 

Sicherlich erzeugt so etwas auf Dauer Zufriedenheit bei den beteiligten Spielern, aber spricht nur eine geringe Anzahl an Spielern an und erfordert viel Engagement.

Zumal deine Methode ja eher DICH als denjenigen der die Texte schreibt, involviert, als den Spieler, der ja wiederum nur konsumiert. 

 

Die Pizzamethode funktioniert bei jedem (außer Leuten, die ihre Kohle von saureichen Eltern bekommen)

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Die Methode ist dennoch sehr krass, gerade weil eben nicht jeder bei einem -Spiel- mit seinem Geldbeutel haften möchze und nicht unbedingt zu einem Wettbewerb sondern zu bösen Blut führe kann.
Und ich finde nicht, dass eine emotionale Bindung keine intellektuelle Leistung ist.

Edited by grannus
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