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[In Via Flaminia] Prooemium: Res gestae [Einleitung: Was bisher geschah ...]


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"Hm", überlegt Ares. "Du meinst abgesehen von Leibesertüchtigung?" Natürlich muss der Alte wieder auf das stets gleiche Thema zurück kommen, ganz egal welche Frage man zu Beginn gestellt hat. Aber gut, er weiß nun, was er wissen wollte: eine große Veranstaltung, viel Prominenz und darunter mancher Emporkömmling ... Ares will sich später einmal bei ein paar Leuten umhören, ob jemand darunter ist, der von erdrückenden Schulden geplagt wird. Auf der Feier will er dann darauf achten, dass niemand neben Bibulus sitzt, der Opfer eines Mordanschlags werden könnte. Man hat schon manches erlebt und noch viel mehr gehört: von betrunkenen Meuchelmördern und Dienstmädchen, die den vergifteten Teller vor der falschen Patriziernase abgestellt haben. Nein, das würde der ehemalige Liktor zu verhindern wissen, darin besteht seine Aufgabe - und Ares pflegt, seine Aufgaben gut zu erfüllen.

 

Impotenz - nicht, dass ihm völlig egal wäre, wie Bibulus mit seinem streikenden Körper zu kämpfen hat, aber er glaubt einfach nicht mehr daran, diesbezüglich irgendwie von Hilfe sein zu können. In den vergangenen zwei Jahren hat ihn der alte Patrizier schließlich zu so ziemlich jeder Ausschweifung mitgeschleppt, die man sich ausmalen kann - und Ares hat jeden Zentimeter Haut mit sämtlichen Sinnen genossen, während sein Herr immer trunkener und dessen Gehänge immer schrumpeliger wurde.

 

Eigentlich kann er froh sein, dass der Alte ihn noch nicht aus Frust oder Neid hat kastrieren oder vierteilen lassen. Ares ist sich zumindest unsicher, ob er selbst diese Größe besäße, wenn sein Körper einmal den Dienst quittieren sollte. Heute natürlich unvorstellbar im Angesicht dieses herkuleischen Zusammenspiels von Muskeln, Sehnen und Gelenken!

 

"Nein. Aber ich bin mir wie gesagt auch nicht sicher, ob sich wirklich jemand die Mühe gemacht hat, eine Fluchtafel für dein Gemächt zu gravieren?!", denkt er laut. "Vielleicht ist es auch einfach ... naja, vielleicht ist es einfach so, wie es ist?"

 

Ares bereut den Satz schon, während er über seine Lippen kommt.

Edited by MazeBall
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Servius Aternius Bibulus


- In Abarix' Popina ([Wein-]Bar mit bescheidenem Speiseangebot) -


 


Kurz überlege ich aus der Haut zu fahren, aber es wäre gespielt. Getroffen hat die Vermutung mich nicht wirklich. Ares hat nur ausgesprochen, was ich zumindest unterbewusst befürchte.


 


"Also körperliche Ertüchtigung, Diät und Abstinenz. Ein paar Tage werde ich es versuchen, wenn der kleine Priapus-Glücksbringer mir dann morgens nicht wieder freudig das Köpfchen entgegenreckt, wirst du büßen. Wir beide wissen, dass deine Behandlung mir nicht zusagt." Ein zufriedenes Grinsen tritt auf mein Gesicht. Damit hatte Ares sicher nicht gerechnet.


"Aber genug davon. Ich kann das Thema selbst schon nicht mehr hören, dir muss es ähnlich gehen. Ich kann mir das nur verzeihen, weil du es mit deiner unnachahmlichen Art geschafft hast erneut in die Sklaverei abzurutschen und es da hoffentlich eine lehrreiche Ermahnung für dich ist, den körperlichen Dysfunktionen eines alternden Lebemannes zu lauschen. Also: Lausche, leide, lerne! Und jetzt ab in die Thermen, oder soll ich noch ein Stelldichein mit der netten Kellnerin für dich ordern, damit du dir ihre ... Waden zu Gemüte führen kannst? Ich würde dann noch einen Wein trinken. Das Besser-leben-Programm beginnt ja erst morgen früh."


 


Das klingt wieder salopp, alter Mann, aber morgen überraschst du sie alle, dich auch, und versuchst zumindest ein paar Tage lang nüchtern zu bleiben und Ares' Sportprogramm durchzuziehen. Danach lässt du ihn auspeitschen, sonst hebt er vor Glückseligkeit ab und ertränkt dich im Tiber.


 


Das Grinsen wird breiter und setzt sich zufrieden entspannt tiefer in mein Gesicht; ich lehne mich zurück und winke dem Mädchen mit den strammen Waden.


Edited by 123
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Natürlich ist Ares überrascht vom Ausbleiben jeglicher Schelte. Gerade hat er sich etwas entspannt, als Bibulus stattdessen eine diffuse Drohung nachschiebt. Der Ringer lacht gewohnt rau, vielleicht ein klein wenig zu engagiert. Er hasst es, wenn sein Herr diese Richtung einschlägt, denn er ist sich zwar ziemlich sicher, dass Bibulus seinen Worten (zumindest den Morddrohungen) keine Taten folgen lassen würde ... aber eben nur ziemlich.

 

Wer einmal die Peitsche gespürt hat, vergisst dieses Gefühl nie wieder.

 

"Eigentlich würd ich lieber noch eine Stunde in die Arena, wenn ich dich in die Thermen gebracht habe und dann nachkommen", sagt er und es folgt einer jener Momente, in denen das Verhältnis zwischen Herrn und Sklave völlig in den Hintergrund tritt. "Na komm schon! Du schaffst es bestimmt, eine Stunde lang nicht im Becken zu ertrinken, oder?"

 

Frech grinst er und nimmt einen raschen Schluck seines Getränk.

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Servius Aternius Bibulus


- Agrippa-Thermen -


 


Bibulus Worte klingen noch in Ares Kopf nach: "Deine griechischen Dehnübungen mit deinen Ringerfreunden aus der Gladiatorenschule kannst du dir heute abschminken. Es geht in die Thermen."


 


Er braucht sein Training, schon damit er ein Auge auf dich haben kann, alter Mann, allerdings musst du ihn ab und zu etwas zurechtweisen, also: keine Gladiatorenschule. Soll er ein wenig schmollen, wenn er merkt, dass wir in die Agrippa-Therme gehen, wo er auf dem angegliederten Arenaplatz Jüngelchen verkloppen kann, wird er wieder zufrieden sein. Um ihn dann etwas runterzuholen, wird er ... ja, ja, das ist gut.


 


Kurz darauf ist unsere Kleidung einem Sklaven der Thermen zur Bewachung übergeben, der fast zwei Schritt große, sehnig-muskulöse Ares hat sich lässig ein Tuch um die Hüften geschwungen, nicht zu hoch, damit man die definierten Muskeln gut erkennen kann. Sein jugendlich-frecher Blick erforscht keck die Räumlichkeiten, daneben ... der Kontrast. Erst hatte ich mir das Tuch bis fast zur Brust hochgezogen, als ich aber Ares' Körper erblickte, entschied ich, dass Angriff die beste Verteidigung ist und legte jeglichen Blickschutz ab. Jetzt trottet der Hühne brav hinter mir kleinem, gebückten Männlein her, die Hände habe ich hinter dem Rücken verschränkt, den Kopf wie ein Vogel weit nach vorne gerichtet, mit den Fingern der rechten Hand - wie ich glaube unbemerkt - zwirble ich am tief sitzenden Rückenhaar. Am sehr tief sitzenden  "Rücken-"Haar. 


 


Ich schaue herausfordernd in die Runde als ich den Sandplatz erreiche, versuche mit Blicken jemanden zum Kampf zu fordern.


"Öl dich schon mal ein. Ich finde Streit. Was hältst du von der Gruppe Gallier da vorn, wäre einer von denen nach deinem Geschmack?"


Kurz darauf habe ich den Trainingskampf organisiert, ein wenig Geld auf meinen Kämpfer gesetzt. Ares ist gerade im Begriff sein Aufwärmprogramm zu beenden und sich zum Kampf zu stellen, der Gegner ist ein untersetzter Gallier mit blonden Haaren und einem aberwitzig langen Schnurrbart, als ich ihn noch einmal heranwinke.


"Pass auf, dass du dich nicht verletzt, ich erwarte, dass du mich später noch massierst", sage ich mit lieblichem Grinsen, dann klatsche ich ihm auf sein Hinterteil und schicke ihn in den Kampf. 


 


Das sollte ihm zu denken geben. Natürlich ist es üblich, sich in den Thermen massieren zu lassen, natürlich als Patrizier auch von seinem eigenen Sklaven, doch nach den morgendlichen Eskapaden, wird Ares zumindest ein Fünkchen Zweideutigkeit in meinen Worten fürchten. Mal sehen, wie er sich schlägt.


 


"Du. Ja du. Ich hab' nicht gefragt, ob du hier arbeitest ... Bring mir Wein, egal, schnell und süffig sind die Schlagworte. Hopp hopp." Geld ist Macht. Und Macht verhilft zu Wein in den Thermen. Ach Maro, recht hast du: Vinum omnia vincit. (Wein besiegt alles.) oder so ähnlich heißt es doch!?


Edited by 123
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Widerwillen spornt an - und Ares ist voll davon, als er dem Gallier gegenüber tritt: Das Gegrabbel des Alten ist ihm seit jeher ein Graus und er spürt die faltige Hand noch auf seinem Gesäß, während seine baren Füße bereits Halt auf dem sandigen Untergrund suchen. Erinnerungen an intimere Berührungen der Vergangenheit lassen ihn innerlich erschaudern.

 

Im Ausfallschritt erwartet er mit herausfordernden Gesten seinen Gegner, welcher sich offenkundig in den Kopf gesetzt hat, diesen Kampf schnell zu beenden.

 

Doch Ares hat keine Eile, er will sich austoben und seinen Frust ablassen. Demgemäß lässt er den Kontrahenten zunächst einmal immer wieder ins Leere laufen, entwindet sich behände dessen Versuchen, einen Griff anzusetzen, weicht aus, taucht ab und genießt es, wie der Gallier immer ungestümer und wütender wird. Die spottenden Rufe seiner Landsmänner tragen ihr Übriges bei und Ares macht sich innerlich bereit für den entscheidenden Moment.

 

Es folgt der Vorstoß, auf den er die ganze Zeit gewartet hat: Unausgewogen, zu sehr nach vorne gerichtet und mit einem Maß an Körperspannung, das jedwede Chance zunichte macht, spontan auf seinen Gegenüber zu reagieren.

 

Der ehemalige Liktor tritt blitzschnell zur Seite, packt zu und erwischt den Knoten des gegnerischen Lendenschurzes. Gewicht umverlagern, Beinmuskeln anspannen, in der Hüfte etwas nachgeben - mehr braucht es nicht, um den Gallier straucheln zu lassen und ihn zu Boden zu werfen. Ein Griff ans Handgelenk, eine Drehung und Blondbart bekommt die Grenzen seines Schultergelenks demonstriert. Ein schmerzerfülltes Jaulen entweicht ihm, während Ares sein Knie in den Rücken des am Boden liegenden presst, um den finalen Haltegriff anzusetzen.

 

"Aus!!", ruft jemand und die Gallier verfallen in aufgeregtes Geschnatter, zeigen auf Ares verbleibendes, durchgestrecktes Standbein: Der an dessen Ende befindliche Fuß ragt einen halben Handbreit über die Kreismarkierung. Sein Gegenüber hat damit gewonnen.

 

Ohne eine Miene zu verziehen hilft er also dem unverhofften Gewinner auf die Beine, klopft ihm patschend auf die geölte Schulter und zieht sich an den Rand des Sandplatzes zurück.

 

"Gut gekämpft!" - aus seinem Munde klingen die Worte wie Spott.

 

Während die anderen Gallier also lautstark ihren Kameraden feiern, ist es nun an Bibulus, zerknirscht dreinblickend seine Wettschulden zu begleichen und sich für die mangelnde Präzision seines Kämpfers verspotten zu lassen.

 

Ares genießt den Anblick sichtlich. Der Spott der Gallier berührt ihn dabei in keinster Weise. Für einen Augenblick zumindest hat er das Szepter in der Hand - und wie wollte ihm Bibulus beweisen, dass er mit Absicht übertreten hatte? Nicht, dass er sich sonderliche Mühe geben würde, seine Zufriedenheit über die "Niederlage" zu verbergen, doch ein Eingeständnis seiner Ränke sollte ihm deswegen noch lange nicht über die Lippen kommen. Bibulus würde schon Bescheid wissen, wenn er wachen Verstandes war und sein Geist nicht schon wieder um das Schrumpelgemüse zwischen seinen Lenden kreiste.

Edited by MazeBall
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Noctua, Haus des Praetors Lucius, am Morgen der Hochzeit seines Sohnes Primus

Noctua weist mit seinem lituus [Krummstab] in Richtung Osten. Ein buteo [bussard] ist mit seiner Beute, einer kleinen Maus, hoch am Himmel zu sehen. Sein Flügelschlag ist kräftig, sein Federkleid gesund.
Keine Wolke ist am Himmel zu sehen. Es weht eine leichte Brise aus Osten, sie trägt den Duft des Meeres. Der Bussard fliegt auf eine Baumgruppe zu. In sein sicheres Nest. Es ist eine Mutter.

"Auguria impetrativa" ruft Noctua mit tiefer Stimme und macht eine auslandene Bewegung mit seinem Krummstab. Ein Bussard. Mit Jungen. Ein Zeichen von Kraft und Potenz. Die Götter scheinen die Hochzeit gut zu heißen. Sofern es sie überhaupt interessiert. "Diese Ehe wird nach dem Willen der Götter geschlossen, Praetor."

 

Gut. Noctuas Aufgabe ist erledigt. Doch natürlich hat der Praeter es sich nicht nehmen lassen, noch einen Haruspex einzuladen. Noctua verabscheut diese Kröten, die in tierischen Eigneweiden wühlen, auf der Suche nach Antworten der Götter. Was machen die Götter in einem Hühnerdarm oder einer verkümmerten Fettleber? Wo sonst sollte sich Gott zeigen, als da draußen in der Welt, hoch im Himmel?

Ein Sklave bringt dem Haruspex ein zappelndes Huhn. Noch lebt es. Der Haruspex holt sein Messer hervor und schlitzt das Huhn längs auf. Kurz gackert es, dann sinkt der Kopf schlaf zur Seite, während die Füße noch die letzten Reflexe rausleben und es so aussehen lassen, als ob das Huhn flüchten möchte. Warme Organe fallen auf den Steinboden. Noctua lässt sich einen Becher Wein bringen und betrachtet das Schauspiel mit gespielter Aufmerksamkeit. Zwar ist seine Aufgabe hier erledigt und sein Geldbeutel jetzt gut gefüllt...aber natürlich muss der Augur die ganze Hochzeit im Auge behalten. Nicht, dass die Götter sich zwischendurch doch anders entscheiden. Und da hinten stehen sie. Die zwei Töchter des Praetors. Ihre Blicke gleiten gierig über Noctua. Sicher noch nicht mal gierig ob seines Körpers, sondern ob seiner Stellung und seines Ruhms hier in Rom. Sollte die Ehe des Primus sich bewahren und Früchte tragen, würde der Praetor versuchen Noctua zumindest mit seiner zweiten Tochter zu vermählen. Und wieder würde Noctua ablehnen. Es würde sich ein Vogel finden, der in die falsche Richtung fliegt oder einen verkümmerten Schnabel hat.

 

Der Haruspex ist fertig mit seiner Geweideschau. Nichts ist auffällig, die Hochzeit kann stattfinden. Noctua nimmt sich einen Becher Wein und geht zum Atrium. Nicht ohne zu bemerken, dass die schöne zweite Tochter..wie war ihr Name? Primulia? Baebiana?...ihm unbehelligt lange nach starrt. Noctua seufz und lässt sich auf eine steinerne Bank nieder. Er hebt seinen Becher gen Himmel: "Möge Euer Wille geschehen".

Edited by Firyar
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Servius Aternius Bibulus


- Fast schon unterwegs zur Hochzeit -


 


"Ausgezeichnet siehst du aus Ares. Frisch aus den Thermen, feine Kleidung, erlesene Düfte. Das wird dein Abend. Wobei ich mich frage, wofür ich dich mitnehmen soll?! Du hast heute gegen einen gallischen Widerling verloren, wie willst du da Verantwortung für mein Leben übernehmen?" Spott schwingt in meiner Stimme mit, doch die enthaltene Portion Ernst ist nicht gänzlich zu überhören. "Weißt du, ich genieße die kleinen Frotzeleien zwischen uns, aber es gibt Grenzen." Ich hebe beschwichtigend die Hände. "Mehr sage ich garnicht, nur, dass es Grenzen gibt. Und jetzt los zum Fest."


 


Wir gehen durch einige Zimmer des Hauses, ich gehe vor Ares, dann treten wir auf den Hof, wo die Sänfte auf uns wartet. Mit völlig offensichtlich gespielter Besorgnis tritt der Anführer der Träger vor mich. "Herr, seht, Vercingetorix" er deutet auf einen sitzenden Gallier, der sich den Fuß hält, "ist schwer umgeknickt, er wird nicht tragen können, jetzt fehlt uns ein Mann. Habt ihr vielleicht Ersatz, ich würde den Preis dann selbstverständlich etwas senken." Immer wieder stockt der Vortrag, was wie Angst wirken soll, ist auch ohne große Menschenkenntnis als klar erkennbares Nachdenken über den einstudierten Text zu entlarven.


 


Mit süffisantem Lächeln drehe ich mich zu Ares. "Na, zum Glück haben die angeheuerten Träger in etwa deine Größe und ein wenig Ersparnis kommt mir nach dem immensen Wettverlust", das Lächeln wird breiter, "sehr zu pass." Ich steige in die Sänfte und betrachte den bedröppelt dreinblickenden Ares. "Los, los. Es ist nicht weit, deine Kleidung wird nicht zu sehr leiden und ein bisschen ehrlicher Schweiß wird diesen griechischen Lupanarduft [bordellduft] von dir runterwaschen; das finden die Frauen viel anregender, glaube mir." Die Vorhänge der Sänfte schließen sich hinter mir, die Träger heben die Sänfte hoch, kurz hört man das Klappern eines Bechers, in dem Moment ruckt die Sänfte ein wenig hoch. Ares lässt sich vernehmen "Verzeih Herr, das muss das Loch gewesen sein, das Vercingetorix zum Verhängnis geworden ist, wir sollten es ausbessern lassen." 


 


Ich ziehe das Tuch beiseite, ein großer roter Weinfleck prangt auf meiner Brust, ich sehe Ares direkt in die Augen, leere meinen Becher ... dann ...


 


schmunzle ich und gluckere in mich hinein. "Gut gespielt alter Taugenichts, gut gespielt. Ich ziehe mich um, dann können wir los. Steig schonmal ein, ich glaube Aeskulap hatte ein Einsehen und hat Vercingetorix eine Wunderheilung ermöglicht. Die Wege der Götter sind unergründlich."


Einen Weinschlauch in der Hand gehe ich kichernd wieder ins Haus, im Tor drehe ich mich noch einmal um "Das mit dem Lupanargeruch war aber ernst gemeint, außer du willst heute mit einem Knaben anbandeln, würde ich mich an deiner Stelle nochmal waschen, sonst werde ich es mir wohl auch nicht verkneifen können dich heute mit Athene anzusprechen. ... Außerdem will ich Respekt für den Geistesblitz extra gallische Träger angeheuert zu haben." Dann verschwinde ich bestens gelaunt in der Dunkelheit des Hofes, man hört mich noch leise murmeln "Ludus incipiat [Das Spiel möge beginnen]."


Edited by 123
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Wie immer bekennt Ares nicht ausdrücklich Farbe, auch wenn Bibulus seine kleinen Spielchen ganz offensichtlich durchschaut. So ist es eben zwischen den beiden - ein betont ausdrucksloser Blick ersetzt wirkungsvoll ein zufriedenes Schmunzeln, ein Unmerkliches, unschuldiges Achselzucken wird zu einem unausgesprochenen "Was willst du dagegen tun, Väterchen?". Nicht mehr ist für Außenstehende sichtbar.

 

Anstatt direkt in die Sänfte zu steigen, nutzt der ehemalige Liktor die Wartezeit für einen Plausch mit den Sänftenträgern. Vielleicht gibt es etwas aktuellen Tratsch aufzuschnappen? Er fühlt sich wohl in seiner Haut an diesem Nachmittag, denn der Abend verspricht bislang ungefährlich zu werden - was es ihm widerum ermöglicht, sich etwas mehr auf das eigentliche Spektakel einzulassen.

 

Hoffentlich würde sein Herr nur nicht zu schnell und zu gierig dem Wein zusprechen, so dass er den alten Trunkenbold schon vor Mitternacht wieder in dessen Bett tragen musste. Auf Servius Aternius Bibulus Drohung, ab morgen der Abstinenz zu fröhnen, gibt er keinen müden Quadrans [kleinste Münzeinheit aus Kupfer/Bronze] - im Gegenteil! Wenn eines gewiss ist, dann dass der Alte heute saufen und feiern wird, als gäbe es kein Morgen!

Edited by MazeBall
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  • 1 month later...

Servius Aternius Bibulus


- Ankunft bei der Hochzeit -


 


"Balnea, vina, Venus corrumpunt corpora nostra, set vitam faciunt: balnea, vina, Venus. (Die Bäder, die Weine, die Liebe: Sie richten unseren Körper zugrunde; aber sie machen das Leben aus: Die Bäder, die Weine, die Liebe.)" Mit dozierend erhobener Hand und in bester Rednerpose steige ich aus der Sänfte, während ich Ares diese Weisheit im Innenraum zurücklasse, damit sie auf seinen Geist einwirken kann. Der Weg zur Feier war angenehm, wir haben uns angeregt unterhalten und es ist mir gelungen die Finger vom Wein zu lassen, ich bin hoch zufrieden mit mir und meiner Leistung.


 


Nun betrete ich die villa des Prätors Lucius, erlesene Gerüche umwehen mich ebenso wie der Schein der am Horizont versinkenden Sonne und derjenige von etlichen kleinen und großen Feuern und Lämpchen. Die Wände der Räumlichkeiten durch die ein kleiner hutzeliger Sklave uns führt sind aufwendig bemalt, vor allem dem Venusdienst sind die gezeigten Bilder verpflichtet. Ein Pan mit einem riesigen und steilaufragenden Phallus jagd eine Nymphe um einen See samt benachbartem Baum; Mars und Venus ertappt im feinen Drahtgeflecht des Vulcanus, eine nackte Frau, Danae -, die sich im Zeus'schen goldenen Regenschauer lustvoll windet. Das Auge kann sich kaum satt sehen und ich schiele verschmitzt in südliche Richtung, ob sich beim Anblick dieser Anregungen nicht etwas regt. Doch der Verzicht währt wohl noch nicht lange genug. Entschlossenen Schrittes folge ich dem Sklaven und kämpfe mich grüßend und Küsse und Umarmungen austauschend durch den dichter werdenden Strom der Gäste.


 


Der erste Empfang findet in einem großen Raum statt, der mit goldenen und blauen Mosaiksteinchen und weiteren Wandmalereien verziert ist, mythologische Szenen der Griechen, unserer eigenen Helden, vor allem entlehnt oder mir bekannt aus den Metamorphosen und der Aeneis, dahinter lässt sich ein Ausgang in einen Garten erahnen. Die Feuerlichter werden von dem Gold und Blau herrlich reflektiert und erzeugen gemeinsam mit den aufgestellten Pflanzen, den an Leinen herumgeführten, exotischen Tieren - ich erblicke sogar einen Leoparden und freilaufende Pfauen -, dem herben, exotischen Geruch verbrannter Harze und Tinkturen angeliefert von der Peripherie des Imperiums und den zu halbnackten Mythoswesen verkleideten Sklaven und Sklavinnen, die Wein aus einem großen Brunnen in der Zimmermitte schöpfen und an die Gäste ausgeben, eine angenehme, orientalische und beruhigende aber erotisierende Atmosphäre.


 


Nachdem ich Lucius und seinen Sohn der Pflicht gemäß begrüßt habe, sehe ich mich im Raum um. Mein Blick schweift über die Gäste, Ares gesellt sich zu mir.


 


Wein, geliebter Wein. Nein! Bleib dabei, heute nicht, du bist die Zierde des Imperiums, ... heute die nüchterne Zierde.


 


Ein Hick entringt sich meiner Kehle und der Weingeruch meines letzten Bechers im eigenen Haus gepaart mit Magensäften umgibt mich kurz wie eine Aasgeruchwolke den Geier. Da fällt mein Auge auf einen an seiner Amtstracht klar als Auguren zu erkennenden Mann.


 


Genau die Ablenkung vom Wein, die du gebrauchen kannst.


 


"Komm, Ares, mal hören, was der gute Mann zu Flüchen sagen kann." Ich steure auf den Auguren zu, ein Strahlen im Gesicht, die Arme erhoben, als würde ich ihn seit Jahren kennen und mich freuen ihn endlich einmal wieder zu sehen.


 


"Werter Augur, bevor unser Gastgeber die Feier eröffnet und mehr Zeit für uns hat, würde ich gerne einige Fragen an euch richten."


 


Man sieht mir an, dass ich erwarte, dass man mich kennt oder Ares meine Vorstellung übernimmt. Peinliches Schweigen setzt für einen Moment ein, meine Gedanken rasen, meine Hände zittern leicht, mein Kopf zuckt kurz und ich muss einmal unkontrolliert blinzeln.


 


Wein, Wein, Wein, Wein, Wein, Wein, Wein, Wein, ...


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  • 1 month later...

Servius Aternius Bibulus


- Am Ende? -


 


Der Augur sieht mich unentschlossen an, reagiert aber zunächst nicht. Ich höre ferne Klänge, mein linker Arm fühlt sich plötzlich taub an, ein Druckgefühl legt sich auf meine Brust und mir wird schummrig, ich taumele ein Stück zurück und suche mit rudernden Armen nach Halt. "Ares? Ares?" Kurz habe ich das Gefühl von meinem Sklaven gestützt zu werden, dann stelle ich fest, dass der Eindruck trog, ich stürze, falle auf meine Knie. Das Atmen fällt mir schwer, der Schmerz in meiner Brust nimmt zu.


Von irgendwoher höre ich eine Stimme: "Was ist los, Bibulus? Was ist mit dir?" Ich kenne die Stimme nicht. Kommt da Hilfe von unerwarteter Stelle? Ja, Bibulus, was ist mit dir? Gift? Der Fluch? Das Alter?


In meinem Mund spüre ich den Geschmack von süßem Wein, einen Sommerlufthauch auf meinem Gesicht, die weiche Haut einer Frau an meinen Händen, warmes Wasser umspült meine Beine, Erregung keimt in mir auf. Mit letzter Kraft gelingt es mir meinen Mund zu öffnen, ich fühle mich wohl, habe zugleich etwas Angst.


Ich stehe am Rand eines Flusses, ein Boot nähert sich, ein Fährmann steht darin und hält einen langen Stecken in den Händen, ich spüre Münzen in meinen Händen, Priapus' Zeichen ragt an meiner Vorderseite steil auf. Ich verspüre Stolz.


Dann schiebt sich Ares Gesicht vor das Bild. Verschwommen, zu nah, besorgt. Ihm werde ich sagen was das Leben ausmacht. Mit brüchiger Stimme flüstere ich, Servius Aternius Bibulus, die vielleicht letzten Worte, die die Götter mir noch zugestehen: "Balnea, vina, Venus."


Dann schwinden mir die Sinne. Ich höre meine letzten Gedanken in meinem Kopf verklingen:


 


Endet es alles so? Nüchtern? Ohne Paukenschlag, ohne ein Fest, nüchtern, ohne ein Abenteuer, einfach vorbei, bevor es begonnen hat? Und noch dazu: nüchtern?


 


Sic transit gloria mundi. (So vergeht der Ruhm der Welt.) Hoffentlich schreiben sie das auf meinen Grabstein. Vielleicht hättest du diesem Christen neulich doch zuhören sollen. Im Angesicht des Todes scheint die Auferstehung plötzlich verlockender als noch vor einigen Tagen.


 


Dann ... Schwärze ... Ungewissheit ... das Ende?


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