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Anregung: Spieltester in Veröffentlichungen nennen


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Hallo zusammen,

 

weil ich mir gerade sehr viel mit Dungeon Crawl Classics sowie dem Thema "Abenteuer gestalten und schreiben" beschäftige, habe ich folgende Anregung: Spieltester sollten (wenn sie damit einverstanden sind; es reicht ja auch nur der Vorname) in den Veröffentlichungen genannt werden. Warum macht das Sinn?

 

Erstens ist es ein Zeichen der Wertschätzung. Spieletester leisten einen enorm wichtigen Beitrag zu Verbesserung von Szenarien. Dafür sollte ihnen entsprechend gedankt werden. Alle Spieltester meines aktuellen Szenarios haben sich sehr gefreut, als ich sie gefragt habe, ob ich sie gegebenenfalls nennen dürfte.

 

Zweitens ist es ein Zeichen von Robustheit des Szenarios. Wenn ich sehe, dass ein Szenario viel gespieltestet wurde, weiß ich, dass es mit verschiedenen Gruppen und verschiedenen Spielern funktioniert, vermutlich also auch mit meinen eigenen. Es erwarten mich keine bösen Überraschungen, weil im Szenario ein recht offensichtlicher Lösungsweg übersehen wurde.

 

Drittens ist es gute Werbung. Viele Spielleiter assoziieren mit mehr Spieltests eine höhere Qualität des Szenarios. Rollenspiele mit mehr Spieltests haben einen besseren Ruf (siehe unten).

 

Viertens kostet es keinen Platz. Vorne im Impressum ist noch genug Luft.

 

Ich halte Spieltests für ein Rollenspiel generell für unfassbar wichtig. Das Rollenspiel Dungeon Crawl Classics und der dahinterstehende Verlag Goodman Games haben den Ruf, fast ausschließlich gute bis herausragende Abenteuer herauszubringen. Ein Teil dieses Rufs speist sich aus dem exzessiven Spieltesten der Szenarien. Ich kenne Abenteuer, wo im Impressum mehr als zwei Dutzend Spieler genannt werden. Das sind mit die besten Fantasy-Rollenspiel-Szenarien, die es überhaupt gibt. Die Szenarien sind unfassbar robust und fallen nicht auseinander, weil ein Spieler eine Idee hatte, die der Autor nicht antizipiert hat. Dass ein Autor nicht immer alles antizipieren kann, was Spieler tun, ist klar. Gibt es aber ausreichend Spieletests, dann wird er früher oder später aber auf Schwachpunkte seiner bisherigen Überlegungen stoßen.

Ich kann diesbezüglich auch aus meiner eigenen Erfahrung sprechen. Ich teste gerade ein Szenario und durch die Tests und das Feedback wird das Szenario tatsächlich immer besser und robuster. In dem Zusammenhang möchte ich ebenfalls die Bedeutung von Spieltests mit anderen Spielern als denen aus der eigenen Blase betonen. Die eigenen Mitspieler kennt man irgendwann in- und auswendig. Ihre Vorgehensweisen zu antizipieren ist leicht. In einer anderen Runde kann es aber schon wieder ganz anders aussehen. Gerade jetzt, wo viel Online gespielt wird, ist es ein Leichtes, online Spieler zusammenzutrommeln, die Versuchskaninchen spielen können.

 

Ich bin mir übrigens sicher, dass viele Autoren bereits sehr viele Spieletests durchführen. Das kann ich gar nicht hoch genug loben. Bisher habe ich aber leider in deutschen Cthuhu-Veröffentlichungen der 7. Edition nur in "Die Davenport-Chronik" Spieltester im Impressum finden können. Außerdem standen bei einem anderen Abenteuer die Spieltester ganz hinten drinne, doch leider habe ich das Szenario auf Anhieb nicht gefunden. Ich würde mich freuen, wenn das in Zukunft Standard wäre.

 

Schöne Grüße

Tegres

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Eine Anmerkung zu Dungeon Crawl Classics und den zwei bislang auf Deutsch veröffentlichten Abenteuern in diesem Zusammenhang: Ich habe das Abenteuer Fluch der Barbarenkönige geleitet, nachdem mir Segler auf sternenloser See überhaupt nicht zugesagt hat. Das Abenteuer war ok, aber jetzt nicht so herausragend in der Praxis. Eine „unfassbare Robustheit“ konnte ich dabei nicht erkennen. Das nur am Rande, weil ich schon finde, dass man aufpassen muss, was man für Vorbilder empfiehlt.

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Tut mir Leid, aber da vertrittst du, wenn ich sowohl die deutsche als auch die englische Szene angucke, eine Minderheitenmeinung (siehe hier, hier in Kombination mit hier, die Rezensionen hier und hier, hier etwas Deutsches). Wenn dir weder Segler auf sternenloser See noch Der Fluch der Barbarenkönige gefällt ist, vermute ich, dass dir auch viele andere DCC-Abenteuer nicht gefallen werden.
Die Robustheit von Der Fluch der Barbarenkönige ergibt sich daraus, dass die Charaktere enorm viele Handlungsoptionen haben, aber das Abenteuer trotzdem einen klaren Fokus und ein Ziel hat. Die Charaktere können sich natürlich entscheiden, das Ziel nicht zu verfolgen. Wenn sie das Ziel jedoch verfolgen wollen, führen viele Wege nach Rom, und sie müssen sich nicht auf gebrechliche Abenteuerschienen begeben.
 
Back to Topic.

Edited by Tegres
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Mein Kenntnisstand ist, dass das vom Verlag nicht gewünscht ist, Spieltestern zu danken. Ich wollte das nämlich auch schon mal tun. :)

Grds. finde ich einen Dank an die Spieltester eine schöne Sache i.S. der Wertschätzung.

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Was ist die Begründung? Müssten die Spieltester alle schriftlich ihr Einverständnis erteilen?

 

Edit: Zumindest in "Die Davenport-Chronik" werden ja Spieltester genannt. Prinzipiell scheint das also doch möglich zu sein, oder?

 

Edit 2: Mein Gedächtnis hat mich nicht getrübt: Im grandiosen "Filmriss" von Carsten Pohl aus "Dreißig" werden am Ende ganze 19 Testspieler genannt. Das Szenario gilt zu Recht als eines der besten der jüngeren deutschen Cthulhu-Geschichte. Hier scheint meine Hypothese zu stimmen: Je mehr Spieltester, desto besser das Szenario.

Edited by Tegres
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Es ist nicht per se unmöglich, aber hochgradig unüblich.

 

Für mich ist der Hauptgrund, Testspieler nicht zu nennen, dass sie "das Produkt nicht erzeugt haben" (das hat der Autor, der auch sonstige ungenannte Quellen zur Inspiration, Fehlerbehebung oder Verbesserung herangezogen haben kann).

Und ich möchte nicht die Diskussion erleben: "Da werden ja gar keine Testspieler benannt? Haben die was zu verbergen? Gibt es gar keine Testspieler? Ist das Abenteuer schlecht, weil keine Testspieler genannt werden?" Auf dergleichen habe ich keine Lust, daher beabsichtige ich gegenwärtig nicht, die Praxis zu verändern.

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Bei deinem Punkt der Robustheit bin ich nicht sicher, ob du da nicht wieder die OSR-Brille unter der Überschrift „Railroading“ vs “Sandbox“ (so nenne ich das jetzt einmal) aufgesetzt hast, Tegres. Das will ich nicht vertiefen.

 

Alleine unter dem Aspekt der Qualität des Abenteuers betrachtet: Spieltester liefern bestimmt immer Feedback, was zumindest helfen kann, das Abenteuer zu verbessern (selbst ohne Feedback stellt der Spielleiter dann Dinge fest, die ihm vorher evtl. nicht aufgefallen sind). Ich glaube aber nicht, dass ein schlechtes Abenteuer durch Spieltester gut wird oder ein gutes Abenteuer ohne Spieltester schlecht, um das jetzt mal vereinfacht auszudrücken.

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Es ist nicht per se unmöglich, aber hochgradig unüblich.

In anderen Rollenspielen ist es nicht unüblich, Testspieler zu nennen. Ich weiß von folgenden Rollenspielen bzw. Verlagen, die das tun: Dungeon and Dragons 5e (Wizards of the Coast), Dungeon Crawl Classics (Goodman Games), teilweise Savage Worlds (Pinnacle Entertainement), 13th Age und Trail of Cthulhu (Pelgrane Press), Delta Green (Arc Dream Publishing).

 

Ich finde es fair für den Kunden zu wissen, ob ein Szenario getestspielt und am besten auch wie intensiv. Das zeugt einfach von Transparenz. Manche Spielleiter legen darauf vielleicht keinen Wert, andere hingegen schon.

Edited by Tegres
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Ich glaube aber nicht, dass ein schlechtes Abenteuer durch Spieltester gut wird oder ein gutes Abenteuer ohne Spieltester schlecht, um das jetzt mal vereinfacht auszudrücken.

Ein schlechtes Abenteuer ist schlecht, weil es dem Spielleiter beim Leiten Probleme bereitet, oder die Spieler das Abenteuer doof finden (zum Beispiel weil sie keine Handlungsoptionen haben oder ihre guten Idee zunichte gemacht werden). Die letztgenannten Probleme sollten bei hinreichend vielen Testspielen auffallen (es sei denn, der Autor leitet nur für Leute, die er kennt und einschätzen kann, dann kann er diese Probleme "elegant" umschiffen). Probleme für Spielleiter sollten dann auffallen, wenn nicht nur der Autor sondern auch ein anderer Spielleiter das Szenario testet. Da letzteres nochmal einen wesentlich größeren Aufwand bedeutet, finde es nicht schlimm, wenn dieser Schritt nicht stattfindet.

Bei einem zunächst gut erscheinende Abenteuer kann ich als Autor ehrlicherweise gar nicht beurteilen, ob es gut ist, wenn ich es gar nicht gespieltestet habe. Es kann in meinem Kopf gut ablaufen, aber wenn Spieler in einer Sache gut sind, etwas ganz anderes zu machen, als man als Spielleiter dachte.

 

Spieltests sind in meinen Augen daher eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für das Verfassen eines guten Abenteuers.

 

Bezogen auf diese Aussage

Für mich ist der Hauptgrund, Testspieler nicht zu nennen, dass sie "das Produkt nicht erzeugt haben" (das hat der Autor, der auch sonstige ungenannte Quellen zur Inspiration, Fehlerbehebung oder Verbesserung herangezogen haben kann).

will ich also einwenden, dass Spieletester für ein gutes Abenteuer ebenso wichtig sind wie Redakteure, Lektoren, Korrektoren und die werden alle im Impressum genannt. Edited by Tegres
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Spieltests sind in meinen Augen daher eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für das Verfassen eines guten Abenteuers.

 

Das sehe ich nicht so. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass erst ein erfahrener Redakteur/Lektor (das ist jetzt kein Rumgeschleime, da die betreffende Person nicht für Pegasus arbeitet) - trotz des vielen zuvor eingesammelten Spielerfeedbacks beim Testspielen - die entscheidenden Hinweise geben und Korrekturvorschläge machen kann, damit das Abenteuer gut wird. Das heißt, ich würde das anders gewichten, was denn nun die wichtigen externen Verbesserungsfaktoren sind. Das ist aber nur ein Beispiel, andere mögen Spielerfeedback für gewichtiger halten als das, was der Redakteur und ggf. Lektor beisteuert. Ich würde mich hier nur gegen absolute/apodiktische Aussagen („notwendige Bedingung“) wenden. 

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Aus meiner Erfahrung sind Spieletests eine sehr nette Bereicherung, aber nicht zwangsläufig nötig. Ich habe Abenteuer nach dem ersten Durchlauf in den seltensten Fällen komplett überarbeitet. Meist ging es mehr um kleinere Ergänzungen bei NSCs und so weiter. 

Und was noch ein Problem bei Tests ist (sicher auch aus Verlagssicht): Zeit.

 

Wie oft spielt man, hat man Zugriff auf Spielgruppen? Selbst wenn man wöchentlich spielt, ist es nicht trivial eine Spielrunde zusammenzubekommen, die testet und es kostet ca. 1-4 Wochen Koordination (je nach Lebenssiutation) + Zeit für die Überarbeitung. 

 

Und @Thema OSR vs Cthulhu: Ohne es gelesen zu haben (also keine Wertung). Es handelt sich um so unterschiedliche Konzepte, dass das finde ich schwer vergleichbar ist. Und im englischsprachigen Raum Tester für OSR zu bekommen stelle ich mir sehr viel einfacher vor, als für ein spezifisches Cthulhu Abenteuer.

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Aus meiner Erfahrung sind Spieletests eine sehr nette Bereicherung, aber nicht zwangsläufig nötig. Ich habe Abenteuer nach dem ersten Durchlauf in den seltensten Fällen komplett überarbeitet. Meist ging es mehr um kleinere Ergänzungen bei NSCs und so weiter. 

Und was noch ein Problem bei Tests ist (sicher auch aus Verlagssicht): Zeit.

 

Wie oft spielt man, hat man Zugriff auf Spielgruppen? Selbst wenn man wöchentlich spielt, ist es nicht trivial eine Spielrunde zusammenzubekommen, die testet und es kostet ca. 1-4 Wochen Koordination (je nach Lebenssiutation) + Zeit für die Überarbeitung.

 

das ist der wahrscheinlich wichtigste Punkt. Wobei noch dazu kommt, dass der Aufwand für einen Spieltest sehr unterschiedlich ist, wenn ich z.B. einen Kurzschocker wie Ultima Ratio (das seinem Lob alle Ehr macht!) mit einem Szenario vergleiche, das sich vielleicht über 3 Spielsitzungen zieht. Ein 1h-Szenario kann ich dann in der gleichen Zeit ungefähr 10mal so oft spieltesten wie ein langes Szenario.

 

Ich schätze an Spieltests aber tatsächlich am meisten, dass die Spieler auf tolle Ideen kommen (auf die ich selbst nicht kam) oder Wege gehen, die man noch bedenken muss oder Fragen stellen, die ich vielleicht in meinem Autorinnenkopf beantwortet habe - aber nicht auf dem Papier. ;) 

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Beides schließt sich nicht aus und stellt jeweils eine notwendige Bedingung dar.

Absolut keine Diskreditierung von Lektoren oder Spieltestern aber weder Spieltests noch ein Lektor sind eine "notwendige" Bedingung für ein gutes Szenario. Mit Sicherheit gibt es Leute mit hinreichend Erfahrung, die ein gutes Szenario ohne beides aus dem Ärmel schütteln können. Beide - sowohl Lektoren wie Spieltester erhöhen aber immens die Wahrscheinlichkeit, dass das Szenario "wasserdichter" wird, dass Fehler oder Unklarheiten ausgemerzt werden und das Szenario damit einfach besser wird.

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