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Alibi-Gottheiten - pseudo-cthulhoider Anstrich für Abenteuer?


Dumon
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Monster machen den Mythos.
Das war schon immer so, und das wird uns sogar durch Richtlinien und Vorgaben suggeriert. Wenn keine Gottheit, kein Monster des Mythos, oder nicht zumindest eine ganz explizite Motivation auftaucht, die in diese Richtung deutet, dann - so der Tenor - haben wir es mit einem Abenteuer zu tun, dass eigentlich nicht "cthulhoid" ist oder zum Cthulhu-Hintergrund passt.

Soweit, so gut. Würde der Aspekt der "Motivation" nicht nur häufiger ver-, sondern auch subtiler angewandt, wäre das gar kein so großer Stein des Anstoßes (zumindest für mich). So aber steht nur allzu oft im Vordergrund, dass man sich eines Monsters / einer Gottheit bedienen sollte. Und das führt dann wiederum zum Auftauchen eines solchen, oder zumindest von der Kontaktaufnahme bzw. der Beschwörung (die verhindert werden soll).
Standard ist schon längst nicht mehr die lapidar so genannte Cthulhu-Matrix, Standard ist das Monster/der Gott XY (Name austauschbar), der für irgend etwas her halten muss.

Das aber ist genau der Knackpunkt.
Der Mythos muss viel zu häufig für einen Aspekt im Abenteuer "herhalten", weil man etwas sucht, dass "zur Situation passt". Ein Gott, der Menschen kontaktiert. Ein Großer Alter, der "was mit Musik zu tun hat". Eine Monsterrasse, die "durch die Schatten reist". Etc.
Warum?
Weil das Konstrukt der Geschichte, das Abenteuer", zuerst existiert. Und um das Ganze dann "cthulhoid" zu machen, muss da irgendwo irgendwie noch irgendwas passendes mit dem Brecheisen hineingestemmt werden.
...sonst genügt es ja nicht den Anforderungen für das Rollenspiel. Schließlich spielen wir ja "Howard Phillips Lovecrafts Cthulhu", und nicht irgend ein dahergelaufenes Horror-Rollenspiel...

...und damit kommen wir zu einem, wie ich finde, großen Problem...
...der Utilitarisierung des Mythos. Und nicht nur der Idee des Unbegreiflichen in xenomorpher (selten mal anthropomorpher) Gestalt an sich, sondern der Beschränkung auf den existierenden Kanon. Mit Einschränkung, denn wer will schließlich das siebenhundertste Abenteuer mit Nyarlathotep leiten? Oder schon wieder den Fischgeruch fauliger Tiefer Wesen riechen?
Da aber liegt der Hase im Pfeffer. Der Autor hat eine Geschichte im Kopf. Diese muss natürlich einen cthulhoiden Anstrich verpasst bekommen - sonst passt sie nicht "ins Universum". Also flugs ins Malleus Monstrorum geblickt - was könnte denn nun passen? Und die ausgewählte Wesenheit wird zum Versatzstück.
...und wenn es nicht so ganz passt? Macht nix - was nicht passt, wird passend gemacht. Schließlich versteht keiner diese Monstrositäten wirklich, richtig? Also kann Cthulhu jetzt fliegen, spielt Shub-Niggurath Flöte, und Hastur liefert sich mit Yog-Sothoth ein Wettrennen um die meisten psychisch gebrochenen 11-jährigen.
Dass wir damit das Unverständliche der Wesenheiten Hohn strafen, und es nicht verdeutlichen/verstärken, dass scheint nicht so wichtig zu sein. Cthulhu-Wesenheiten werden zu literarischen Werkzeugen, die benutzt, gebeugt und gebogen werden.

...und damit missbraucht. Sie erhalten eine generische Platzhalter-Funktion. Egal, wer der Große Alte ist, ich brauche ihn eigentlich nur, weil er dies symbolisieren und das auslösen und jenes tun muss. Könnte auch eine magische Orange sein - aber das passt nicht ins Konzept. Längst haben die cthulhoiden Schrecken ihre Integrität verloren, dienen nur noch als grob richtungweisende Tropoi im kreativen Schaffensprozess. Der Autor darf schließlich alles.
...außer neue Wesenheiten erfinden. Too cool for Ghoul? Pech gehabt...

 

Natürlich liegt der Anweisung, keine weiteren Wesenheiten dem ohnehin schon äußerst umfangreichen Panoptikum hinzuzufügen, ein guter Gedanke zugrunde. Eben der, dass es schon genug gibt. Es braucht keine weiteren Monster...
Und das würde auch stimmen, stünden der Mythos und seine Wesenheiten im Zentrum der Abenteuer. Man nehme einen Großen Alten, schaue sich ihn genau an, und überlege dann, wie er sich als zentrales und (viel wichtiger) nicht austauschbares Element einer Geschichte eignet, die nicht schon hundertmal erzählt wurde. Als Ausgangspunkt solcher Schaffensprozesse, quasi als Inspirationsquelle, funktionierte die Liste der Kreaturen wunderbar.

 

Leider aber kommt der Schaffensprozess viel öfter aus einer anderen Richtung. Ein Thema / Ort / Gegenstand / Ereignis soll cthulhifiziert werden: biologische Waffen / ein Bunker /  ein Schwert / die große Haarknappheit bei den Perückenmachern im Jahre '74. Und erst im zweiten Schritt (oder vielleicht auch noch viel später) wird dann geschaut, wie man das mit dem Mythos vereinbaren kann. Was passt denn nun von den vielen Monstern? Welches Buch kann ich nehmen? Und wenn es nicht so ganz passt - kann ich es vielleicht beugen/verändern/anpassen?

Auf diese Weise verliert aber der Mythos an Fokus.
Ist das schlimm?
Ich denke nicht. Die meisten Geschichten, in denen ein Gott / ein Monster im Mittelpunkt steht, sind so oder so ähnlich schon erzählt worden. Und insbesondere in Struktur und Plotentwicklung würde eine solche Fokussierung letztendlich nur noch repetitiv wirken - falls wir nicht schon bei der Endlosschleife immer gleicher Verläufe angekommen sind.

Natürlich lassen sich noch immer auch auf diesem Wege interessante Abenteuer konstruieren. Aber ist es nicht vielleicht gar die bessere Entwicklung, den Fokus auf all die Dinge zu schwenken, die sonst übersehen werden? Ist es nicht interessanter, ein Abenteuer über einen seltsamen Kühlschrank zu konstruieren, als wieder einmal irgendwas um Quachil Uttaus herum zu stricken? Und ist die zerstörerische Beziehung zwischen einem Ehemann und seiner von ihm misshandelten Frau nicht viel interessanter, als die Beziehung zwischen dem Kultisten Alpha und seinem Gott?

Nur - wäre es dann nicht besser, wenn wir uns von zwei Gedanken vielleicht etwas lösen würden?

1. Es muss nicht immer Cthulviar sein
Warum muss ein Abenteuer unbedingt einen cthulhoiden Anstrich bekommen? Braucht es die Wesenheiten denn wirklich? Macht Daoloth das Abenteuer "cthulhoid"? Und was bedeutet cthulhoid überhaupt? Ist das nicht mittlerweile eine leere Worthülse? Eine Ausrede, um groteske (und genauso generisch austauschbare) Monstrositäten einzubauen? Oder besser - ein Zwang, sich ihrer unbedingt bedienen zu müssen?
Kann ein Abenteuer nicht einfach dem unbegreiflichen Grauen huldigen, ohne solche Krücken benutzen zu müssen?
Ein "Electric Executioner" braucht keinerlei Wesen, um gruselig zu sein. Die "Ratten im Gemäuer" brauchen genauso wenig den blasphemischen Folianten, wie "Arthur Jermyn" Götter braucht. Und "Cool Air" ist nicht unheimlich, weil dort jemand einen cthulhoiden Zauber wirkt...

2. Du kommst hier doch rein!

Autor Abert hat ein Abenteuer, dass irgendwie cool und neuartig ist. Jetzt braucht er das nur noch mit Chulhulux 3000 zu tünchen, und fertig ist der Lack. Tatsache, das klingt total schlimm - als ob da auf Teufel komm raus etwas gestrickt werden muss, dass passt. Dummerweise ist das aber nicht weit hergeholt - will man für sein Rollenspiel etwas schreiben, und wird der gerade eben genannte Punkt #1 von denen, die am Hebel sitzen, geflissentlich ignoriert (weil is ja sonst kein "Cthulhu"), dann muss womöglich ein Monster oder eine Gottheit her.
Wenn wir aber so den Mythos zum sekundären Werkzeug degradieren, muss dann wirklich alles gebogen werden, und nach mir die Sintflut? Wäre es im Interesse des unbeschreiblichen, unverständlichen Grauens nicht wesentlich sinnvoller, es tatsächlich unbeschrieben zu lassen? Oder die Grenzen des Machbaren zu öffnen für neue Möglichkeiten, die nicht konkret definiert werden? Muss ein "Wesen" wirklich nach Kanon klassifiziert werden? WENN die Kreatur nur ein Storytelling Device ist, warum mit dem Brecheisen? Warum nicht akzeptieren, und zugeben, dass dem so ist, und sie einfach als reine "Funktion des Fremdartigen" präsentieren? Schließlich ist es dem Spieler egal, ob das Wesen Zoth-Ommog heißt, oder Groth-Golka oder Dahn-isa'ne - es geht um die Situation, um dem Grusel. Und wenn es nicht grade in irgend einem Mythoswerk, im Monolog des Obercthultisten oder im Brief des verschreckten Beschwörers an seine Mutter blatant erwähnt wird, erfahren sie eh nie, wie das Ding denn nun heißt...

 

Insgesamt finde ich die uneingeschränkte Utilitarisierung des Mythos einfach problematisch. Und das nicht, weil ich im Herzen ein "Purist" bin (was zutrifft). Schließlich ist der Grundgedanke des Mythos der eines Open Source Systems, bei dem sich jeder nicht nur am Content bedienen und ihn zielführend nutzen kann, sondern ihn auch noch (solange er dem Grundgedanken treu bleibt) verändern darf. Das größere Problem, dass ich sehe, ist die Fortwendung vom Unverständlichen. Eine Kreatur ist nicht schrecklich in ihrer Unbegreiflichkeit, sondern ist genau das, was Du gerade jetzt und hier brauchst. Sie wird schwammig, adaptierbar, verliert Ecken und Kanten, wird zum Genero-Shoggoten - Einheitsbrei für alle Gelegenheiten. Nicht das Umdefinieren macht sie unheimlich - alleine das NICHT-Definieren kann das erreichen. Wenn aber Cthulhu der tapsige Mindflayer mit den Flügeln auf dem Rücken ist, was ist da noch gruselig? Fehlt noch, dass wir ihm eine glühende Kugel in die Hand drücken...


Wie seht ihr das?

 

Edited by Dumon
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Danke, Dumon, dass Du Dir die Mühe gemacht und das Thema angeschnitten hast.

Ein vielschichtiges und interessantes Thema.

 

Es gibt dabei einige Aspekte. Und ich stimme mit Dir in vielen Punkten überein. In einigen Punkten sehe ich das allerdings auch anders.

 

Ist der Mythos-Pantheon gross genug?

Ich denke ja. Die Menagerie des Grauens ist m.M.n. sogar schon viel zu gross.

Die Kreaturen sind zumeist übermächtig (was auch gut so ist), dass man im Prinzip gar keine Werte benötigt.

Taucht das Viech auf, werden die Chars wahnsinnig. Schlägt es zu, sind sie Matsch.

Ein MM benötigt man eigentlich gar nicht. Da würde es zumeist schon reichen, dass der SL für das Protoplasma auswürfelt, wie viele von den X hoch N Tentakeln in Aktion treten.

Ich persönlich hätte aber nichts dagegen, wenn sich ein SL seine eigene Kreatur 'backen' würde.

Ich denke aber, dass die Puristen des Spiels das anders sehen und dann laut Willkür schreien würden, da es eben keine Legitimation für die Existenz einer solchen Kreatur im Lovecraft Universum gibt.

 

Muss es neue Kreaturen geben, oder soll man die bestehenden Kreaturen in Förmchen pressen, damit sie ins Abenteuer passen?

Weder noch.

 

Muss ein Abenteuer Kreaturen beinhalten, um in den Mythos zu passen?

M.M.n. nicht zwingend. Aber die Kreatur macht den Wiedererkennungswert eines cthuloiden Szenarios im Sinne von Howard Phillips Lovecraft aus. Das unterscheidet u.a. dieses System von den vielen anderen, wie Chill, Beyond the Supernatural, Kult, Dark Conspiracy, Over the Edge, Nightspawn, All Flesh Must Be Eaten oder Nemesis usw. etc. pp.

Es gibt richtig gute, gruselige Abenteuer, die völlig ohne Bezug zum Mythos auskommen. Das ist dann aber nur bedingt Cthulhu, da austauschbar.

Ich denke, der Verlag achtet schon darauf, dass, wenn Cthulhu drauf steht, dann auch Cthulhu drin ist. Sonst bräuchten sie auch keine Lizenz von Chaosium.

 

Muss eine Gottheit häufig als Aufhänger oder als Erklärung herhalten?

Ja (LEIDER). Aber was soll's?

 

Warum ist das so?

Ich kann jetzt nur aus meiner Erfahrung schöpfen. Meine Spieler wollen am Ende immer eine Erklärung, eine Auflösung, des Abenteuers und der Vorkommnisse. Wenn ich nicht liefern könnte, wären sie unzufrieden.

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Nu ja, sehe ich ähnlich aber ich muss einwerfen, dass die Geschichten die von HPL geschrieben wurden ebenfalls einem gewissen Schema folgen. Insofern ist man bereits in diesem Rahmen beschränkt, da Lovecraft-Universum eigentlich nur ein Thema bedient: Die Schwäche des Menschen gegenüber dem Kosmos.

 

Und Abenteuer verarbeiten eben jenes Thema. Es stört mich, ja. Ich finde gut wenn diese Matrix durchbrochen wird und die Spieler lange erst einmal herausfinden müssen was eigentlich los ist und nicht sofort klar ist gegen wen sie kämpfen und ob sie überhaupt kämpfen oder sich das Ganze nur einbilden.

 

Man könnte meine Meinung eigentlich auf einen Satz herunterbrechen: Die Abenteuer sollten für das HPL-Universum arbeiten und nicht das HPL-Universum für die Abenteuer

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Danke, Dumon, dass Du Dir die Mühe gemacht und das Thema angeschnitten hast.

Ein vielschichtiges und interessantes Thema.

Nunja, ich gebe zu, dass mir der Gedanke mal wieder kam, nachdem Du einen Gott suchtest.

Das ist selbstverständlich weder persönlich noch als direkter Angriff gemeint - auch wenn mir ein paar Sachen (wie ja auch schon in dem entsprechenden Thread geähßert) nicht so gut gefielen. Aber da geht jeder anders mit um - es braucht also von Deiner Seite aus keinerlei Rechtfertigung...

:)

 

 

Ist der Mythos-Pantheon gross genug?

Ich denke ja. Die Menagerie des Grauens ist m.M.n. sogar schon viel zu gross.

...

Ich persönlich hätte aber nichts dagegen, wenn sich ein SL seine eigene Kreatur 'backen' würde.

Ich denke aber, dass die Puristen des Spiels das anders sehen und dann laut Willkür schreien würden, da es eben keine Legitimation für die Existenz einer solchen Kreatur im Lovecraft Universum gibt.

Nun, als jemand, der sich selbst als "Purist" bezeichnet, stößt mir allerdings das Biegen und Beugen von Kreaturen viel mehr negativ auf, als es das "Neuerschaffen" von Kreaturen täte.

Aber ich glaube, wir reden hier aneinander vorbei. Oder sind zumindest im Kern nicht auf derselben Welle.

Ich spreche nicht davon, ein Cha-nu'hta zu erschaffen, das nach Schoko und Nuss schmeckt und den Grundstein für eine ganze Reihe solcher Monstren legt.

Aber warum muss das Monster denn ein "Hetzender Schrecken" sein? Oder ein "Dimensionsschlurfer"? Warum langt nicht das "Wesen"?

Und das gilt insbesondere genau dann, wenn besagtes Wesen eben "wie ein Dhole ist, nur halt ein wenig anders". Warum müssen wir Labels verpassen?

Und warum muss es überhaupt "beschrieben" werden? Okay, das ist nicht immer der Fall, und nie detailliert. Aber müssen die Wesen denn wirklich "erlebt" werden, damit es gruselig ist? Denn nur dieses "Erleben" können bedingt doch die Notwendigkeit von Labels.

Noch viel mehr - wenn ein Monster ausschließlich einen "Zweck" erfüllen soll - warum muss ich es dann mit einem Label in ein Korsett pressen, was nicht ganz passt? Warum nicht ganz ohne Label?

 

 

Muss ein Abenteuer Kreaturen beinhalten, um in den Mythos zu passen?

M.M.n. nicht zwingend. Aber die Kreatur macht den Wiedererkennungswert eines cthuloiden Szenarios im Sinne von Howard Phillips Lovecraft aus. Das unterscheidet u.a. dieses System von den vielen anderen, wie Chill, Beyond the Supernatural, Kult, Dark Conspiracy, Over the Edge, Nightspawn, All Flesh Must Be Eaten oder Nemesis usw. etc. pp.

Es gibt richtig gute, gruselige Abenteuer, die völlig ohne Bezug zum Mythos auskommen. Das ist dann aber nur bedingt Cthulhu, da austauschbar.

Ich denke, der Verlag achtet schon darauf, dass, wenn Cthulhu drauf steht, dann auch Cthulhu drin ist. Sonst bräuchten sie auch keine Lizenz von Chaosium.

Ich denke, genau hier sprichst Du einen Kernpunkt an. "Der Verlag achtet schon darauf, dass, wenn Cthulhu draufsteht, auch Cthulhu drin ist."

Das ist aber meiner Meinung nach völliger Humbug. Lovecrafts Horror zeichnet sich nicht durch generische Tentakelwesen und Monster aus, sondern durch die Verlorenheit in einem grausamen Kosmos. Die Angst vor dem, was man nicht erklären, nicht verstehen kann.

Und da gibt es wirklich genug, dass vollkommen ohne Monster und Gottheiten auskommt.

Ich wehre mich vehement gegen das Stigma "Non-Mythos", das ein Abenteuer bekommt, kaum dass es weder Monster noch Gott beinhaltet. Ein Motiv, das cthulhoid bedingt ist, oder ein sehr vager Foliant, der nur ganz am Rande ein oder zwei Wesen erwähnt - oder vielleicht einfach einen wahnsinnig machenden Zauber - das sollte genügen.

 

Noch viel schlimmer aber finde ich die Klassifizierung "Das ist Cthulhu-Horror, und nichts anderes geht". Das ist völliger Quatsch. Das schränkt die Möglichkeit der Geschichten ein, die erzählt werden können, oder presst eventuell eine Geschichte in ein Korsett, dass ihr nicht passt. Es sollte die Absicht sein, GUTE HORROR-ABENTEUER zu schreiben. Und, mit Verlaub, wenn ich mir mal die letzten Jahre so ansehe - wirklich GUTE Geschichten finde ich nur selten. Einzelne Samenkörner, die zwischen einem ganzen Haufen Spreu verschüttet gehen.

 

Aber Du hast Recht damit - der Verlag achtet darauf. Weil der Verlag die Linie vorgibt. Der Kunde wollte vor 20 Jahren Nutellabrot, dem Kunde schmeckte das Nutellabrot auch noch vor 10 Jahren. Also, was machen wir? Nutellabrot. Und wenn Nutella aus ist - nun, dann suchen wir in Kellern, bis wir noch ein Glas Nutella finden. Anstatt es mal mit Marmelade zu versuchen. Sprich: die Strukturen der Produktion sind verknöchert, veraltet und lassen kaum Neues zu.

Schaut euch doch mal den Band zu den düsteren Orten an. Wer hat den gebraucht? Aber viel mehr noch - hätte man da nicht was dran ändern können? Wieso immer noch/schon wieder die alten Strukturen in Abenteuern?

Okay, die eine oder andere Idee ist dabei etwas moderner - mehr Wege als einen bei Hexenkessel, zum Beispiel. Aber auch das ist doch nur Makeup für die übliche Struktur...

Ich nehme mir nicht heraus, zu behaupten, ich könnte das Rad neu erfinden. Aber da gibt es eine ganze Menge findiger Köpfe, die in ihrer Kreativität gebremst werden, weil der Verlag mit seinem Ordensprodukt lieber auf Altbewährtes setzt.

 

Da haben wir aber auch eine Instanz, die NICHT der Verlag ist. Die CR.

Und was macht die?

Schau Dir mal die Ausgabe 5 an. Ich habe es leider versäumt, meine Gedanken zur Fünf in Rezensionsworte zu fassen, aber gut war die nicht. Und wenn da generische Langweiler-Abenteuer einfach unter einem fadenscheinigen Deckmantel des "Noir" durchrutschen, der mehr und größere Löcher hat, als ein sechsschüssiger reißen kann - was bedeutet das für den Content generell? Wenn die allgemeine Ansicht vorherrscht "DAS und DAS ist Cthulhu - alles andere ist erstmal uninteressant"...

Gerade die CR könnte mehr leisten. Gut, sie ist auf Inhalte angewiesen, die sie bekommt. Von uns, den Lesern, Fans, Verrückten. Aber wenn die Vorgaben doch schon einen gewissen Grundtenor mitschwingen lassen, dann ist es doch kein Wunder, dass genau das ankommt. Und wenn dann noch Blender durch die Qualitätskontrolle rutschen, dann sind wir schnell auf demselben Niveau, wie es der Verlag präsentiert. Geschehen mit Ausgabe 5...

 

 

 

Muss eine Gottheit häufig als Aufhänger oder als Erklärung herhalten?

Ja (LEIDER). Aber was soll's?

 

Warum ist das so?

Ich kann jetzt nur aus meiner Erfahrung schöpfen. Meine Spieler wollen am Ende immer eine Erklärung, eine Auflösung, des Abenteuers und der Vorkommnisse. Wenn ich nicht liefern könnte, wären sie unzufrieden.

Nein. Bullshit. Es braucht keinen Gott.

Zur Hölle nochmal, es gibt viel mehr andere Kreaturen, mit denen man viel mehr machen kann. Götter werden zu Abziehbildern degradiert, wenn sie als Grund für alles und jeden präsentiert werden. Ach, das xenomorphe übermächtige Wullah von dieser Woche - joa. Gähn.

Es langt ein Ghoul, ein Buch, ein Zauber, eine Motivation eines Antagonisten, der irgendwann mal mit dem Mythos in Berührung kam. EIN ABENTEUER BRAUCHT KEIN MONSTER, um gruselig zu sein. Und schon gar keinen Gott. Und wenn die Spieler nur ständig Spaghetti Bolocthulhu essen wollen - nun, dann wird es mal Zeit für kulinarische Aufklärungsarbeit.

 

Und was das Enttäuschen von Spielern angeht - so what? Vielleicht sollten im Gegenzug auch Spieler mal ihre Erwartungshaltung überprüfen.

Und vielleicht ist es viel gruseliger, wenn man das Monster NICHT sieht, wenn man mit dem ungewissen Gefühl, dass da "etwas war", nach Hause geht, als die Seite und den Absatz im Kopf zuhaben, bei dem man die Werte des Abziehbyakhee nachlesen könnte. Erklärungen töten den Grusel!

 

[Edit] Siehe durchgestrichenen Part oben.

Edited by Dumon
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Warum wusste ich, dass das jetzt kommt. Insbesondere, da ich (bekanntlich) Schwierigkeiten habe, Dinge zu Papier zu bringen...
...aber andererseits wurde mir auch gesagt, dass selbst ein Kunde dem Bäcker sagen können muss, dass die Brötchen schlecht sind, obwohl er nicht vom Fach ist...

Auf einen Neuversuch im neuen Jahr - Mac wartet ja schon sehnsüchtig auf "Des Seilers Tochter". Bin mal gespannt, wie es damit dann aussieht. Allerdings würde ich nie behaupten, wirklich innovativ sein zu können. Das Talent ist mir mEn nicht vergönnt...
:)

Edited by Dumon
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Warum wusste ich, dass das jetzt kommt.

Nun, dann traf es dich ja nicht unvorbereitet.

Da stecken eine Menge Dinge drin, die mich furchtbar zornig machen, aber das gehört nicht hierhin.

 

zum Thema: Das Problem ist nicht neu und hat mich auch umgetrieben (wie man vielleicht mitbekommen hat oder auch nicht), aber ohne zufriedenstellendes Ergebnis.

Edited by Der Tod
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Unsere Ansichten weichen gar nicht so sehr von einander ab, Dumon.

 

Macht Daoloth das Abenteuer "cthulhoid"?

Ich hatte mir schon gedacht, dass Du Dich dabei auf meine Suche bezogen hast. Das stellt aber absolut keinerlei Problem für mich dar.

Aber Du siehst ja selbst, dass auch Du für Deinen Thread 'meinen' Gott als Aufhänger benutzt hast.

 

Aber Du wirst lachen; ich hatte auch schon überlegt, ob ich für meine Geschichte den Gott D nicht einfach weglassen soll. Ich bin mir da aber noch überaus unschlüssig.

 

Ich frage mich nur, wenn Du Gottheiten ablehnst, weshalb preist Du dann den Ghoul so an? Sollte man das Kleinvieh nicht auch gleich mit abstossen?

 

Zum Band Düstere Orte kann ich nur sagen, und ich denke, dass wir uns da auch einig sind, dass jeder Ort, den Lovecraft für seine Abenteuer wählte, ein düsterer Ort wurde, sobald er darüber schrieb.

 

Ich finde es nur schade, das ich so viel darüber lese, was man immer besser machen sollte oder müsste, dass früher alles besser / anders war, sich aber eigentlich nie jemand findet, der seine Vorschläge dann auch mal tatsächlich in einem eigenen Abenteuer umsetzten würde.

 

In besseren Zeiten hätte sich anstelle dieser Jammerei ein Diskussionsstrang gebildet, in dem Leute ihre eigenen düsteren Orte vorgestellt hätten, die sie mit Hilfe des Quellenbuches und ihrer eigenen Phantasie kreiert hätten. Aber nicht im Cthulhu-Forum. Da wird nur gejammert, dass der eigene Lieblingsort im Band nicht vorgetanzt wurde.

So weit ist es schon gekommen. :-(

Das muss man heute schon dazusagen, dass es einen anderen Band gibt, wo ein Jahrmakrt beschrieben wird, weil keiner mehr ind er Lage ist, sich selber zu überlegen, wie ein düsterer Jahrmarkt aussieht.

Anstatt sich über die Lamentierer zu beklagen, könnten WIR ALLE hier ja mal eine Diskussion lostreten, die sich genau mit so etwas beschäftigt. Nämlich mit ANDEREN düsteren Orten.

Fang Du an. Ich greife Deine Ideen gerne auf und steige dann mit eigenen Beiträgen ein.

Lass uns mit einem DÜSTEREN JAHRMARKT beginnen...

Die Idee von Synapscape als solche war richtig gut. Ich hätte mich gerne mit eingebracht, aber mein Angebot wurde nicht aufgegriffen.
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Weder lehne ich Gottheiten ab, noch die einfache(re)n Kreaturen. Ich finde einfach, dass die Nutzung der Wesenheiten einfach zu sehr ein Mittel zum cthulhoiden Zweck geworden ist. Und das ist etwas, das ich gar nicht verstehen kann. Insbesondere aber bei Gottheiten, die eigentlich so weit weg sein sollten, so unverständlich, anders, mächtig, etc. Und dennoch sind sie oft nicht mehr als sekundäres Plotdevice, um dem Abenteuer eine Tünche Cthulhu zu verpassen. Oder eben, weil man grade einen Deus Ex braucht, oder einen "Grund, der nicht begründet werden muss (weil er so unverständlich ist)" etc.

Ich denke einfach, dass der Umgang mit cthulhoidem gleichzeitig zu verbissen (weil es ist ein "Muss") und zu lapidar geschieht (eben als notwendiges Übel, als hineingeochster Aspekt, als urechtgebrochene Kreatur). Und das gefällt mir nicht.

Aber ich argumentiere wohl zu sehr von einer Seite her, die womöglich nicht "zielgruppenorientiert" ist oder vielleicht auch "zu sehr artistisch verortet".

Um auf Deinen eigenen Thread zurück zu kommen - natürlich ist das ja nicht der erste Fall, und natürlich lege ich Dir da nicht etwas "zur Last". Meinungen gehen nunmal auseinander...
...ich denke halt, dass dieser Ansatz "Ich habe diese und jene Situation, welcher Gott könnte denn da passen" viel zu häufig auftritt. Gerade bei Gottheiten stinkt mir halt dieser Brecheisen-Einsatz. Aber auch bei Monstrositäten und anderen Wesenheiten - wenn sie zur Beilage werden, empfinde ich sie als unter Wert verkauft. Und das, finde ich, muss geändert werden. Indem wir Geschichten erzählen, ohne ein dickes Monster in eine zu enge Kiste zu quetschen. Entweder, indem wir ganz auf die Monster verzichten dürfen, oder indem wir so freie Hand haben, dass wir bestehendes nicht biegen und brechen müssen.

Schuldig bin ich dessen auch etwas, aber ich habe noch nicht so viel eigenes überhaupt (und geschrieben ja noch gar nicht). In einem Abenteuer ist aber das Wesen auch nur Mittel zum Zweck. Und ich tue mich massiv schwer damit, das Einzige, was irgendwie passt, so zu verändern, beschneiden, verbiegen, dass die Gottheit (ja, leider) nutzbar wird. Viel lieber würde ich das komplett undefiniert lassen, unklassifiziert. Aber wenn ich mir die Richtlinien so angucke, dann brauch ichs damit nicht wirkluch versuchen. Und das stört mich massiv...

Edited by Dumon
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Richtlinien? Wen kümmern Richtlinien? So ein Regelwerk ist doch keine Arbeitsanweisung, die nur alleinige Gültigkeit besitzt. Das ist doch völlig unverbindlich. Und wenn Dir die Kreatur nicht gefällt, dann hilft dem Bösewicht keine Gottheit, sondern nur der Wahnsinn, den er sich beim Lesen eines magischen Buches zugezogen hat. Wer sollte Dir denn so eine Abänderung verbieten wollen? Wenn Dir so etwas mehr liegt, dann hau rein.
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Studer, ich spreche hier nur von der Verwendung von "Monstren" oder Gottheiten. Das Monster bzw. die Gottheit bei "A Tale of Two Nightmares" ist durch die essentielle (und so vorher noch nicht vorgenommene) Einbindung der literarischen Quellen aber essentiell für das Abenteuer. Es kann nicht einfach ausgetauscht werden, und es wurde nicht als "Nachgedanke" hinein gedrückt.
Hier geht es NICHT um klassischen Abenteuerstil vs. moderne, neuartige Abenteuer.

Allerdings würde ich auch behaupten, dass der "Seelenwechsel" so nirgendwo anders auftaucht - wenn auch Parallellen zum Gatsby durchaus existieren. Und ich würde behaupten, dass die Konstruktion des Abenteuers an sich (sprich: worauf es wie hinaus läuft) etwas ist, was es so woanders kaum gibt. Die Wesen an sich - nun, die sind nicht neu - eben, weil sie bewusst genutzt wurden. Historische Aspekte, NSC-Verwendung und Rechercheteil sind es auch nicht. Aber es muss ja nicht alles neu sein.

Edited by Dumon
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Ich bin gerade mal kurz meinen Thread "Von Azathoth bis Zoth-Ommog" durchgegangen.

Es gibt wirklich kaum Abenteuer, die ohne eine Kreatur auskommen. Wenn, dann finden sich diese in den Magazinen und nicht in den Chaosium-Werken.

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Ich möchte mich an dieser Stelle kurz entschuldigen. In meinem zweiten Post oben war eine Aussage nicht gerechtfertigt, bezogen auf das Abenteuer "Hexenkessel". Beim nochmaligen Lesen ist mir klar geworden, dass da der Gaul mit mir durchgegangen ist, und ich etwas geschrieben habe, dass ich nicht so denke. Reflektiert betrachtet, denke ich, dass das Abenteuer durchaus Wege abseits der generischen Standard-Struktur beschreitet. Zumindest in der Entwicklung des Plots. Daher möchte ich mich für die entsprechende, falsche Aussage entschuldigen.

Aber nicht nur das - das Abenteuer stammt auch aus dem Reisen-Band, nicht dem Band "Düstere Orte", den ich dort anspreche...
...ich habe daher den entsprechenden Part durchgestrichen.

Edited by Dumon
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Ich habe gar nicht das Bedürfnis, ausufernd meinen Senf dazuzugeben, da ich mich (soweit ich das überblicke) mit Dumons Aussagen sehr gut identifizieren kann.

 

Besonders betonen möchte ich nur, wie furchtbar ich das finde:

...und wenn es nicht so ganz passt? Macht nix - was nicht passt, wird passend gemacht. Schließlich versteht keiner diese Monstrositäten wirklich, richtig? Also kann Cthulhu jetzt fliegen, spielt Shub-Niggurath Flöte, und Hastur liefert sich mit Yog-Sothoth ein Wettrennen um die meisten psychisch gebrochenen 11-jährigen.
Dass wir damit das Unverständliche der Wesenheiten Hohn strafen, und es nicht verdeutlichen/verstärken, dass scheint nicht so wichtig zu sein. Cthulhu-Wesenheiten werden zu literarischen Werkzeugen, die benutzt, gebeugt und gebogen werden.

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