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[Das Ende des Wahnsinns] Prolog: Ankunft – Bayern, 03. Juni 1924, München, 23:42 Uhr


grannus
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Ich starre Erich an. Fassungslos. Sprachlos. Natürlich kenne ich ihn erst seit kurzer Zeit, aber es kommt mir vor als hätte ein uralter Freund mich betrogen.

 

Er wollte uns hintergehen. Bestehlen. Ich werfe einen Blick zu Eduard. Was muss das für den Mann bedeuten? Erich wollte seinen Chef betrügen.

 

Ich blicke zu Rudolf. Er wirkt ... ungerührt? Milde? Oder ist das nur eine Maske? Nein, bei Rudolf nicht. Er verstellt sich nicht. Er ist nicht verschlagen. Oder? Erich war es bis eben auch nicht für mich.

 

Dann denke ich zurück. Die ersten Jahre nach dem Krieg. Da gab es auch ein paar Aufträge in der Grauzone. Schmugglerware. Nicht aufgelistete Fundstücke. Harte Zeiten, die auch mal einen Weg am Rande der Legalität erfordert haben. Schließlich macht das fast jeder.

 

Aber das hier ist etwas anderes. Ein Mann, für den ich durch's Feuer gegangen bin. Wortwörtlich. Um sein Leben zu retten.

 

Wut steigt in mir auf. Ein Lügner. Ein Betrüger. Ich spüre das Brennen meiner Wunden unter den Verbänden.

 

Ich presse die Lippen aufeinander, die Hände sind zu Fäusten geballt. Ich trete einen kleinen Schritt nach vorne, dann ringe ich die Wut für einen kurzen Moment herunter. Trete wieder ein paar Schritte zurück. Stelle mich neben Katharina. In ihrem Gesicht sehe ich auch widerstreitende Emotionen. Was denkt sie?

 

Ich spüre, dass ich nichts sagen kann. Die Worten bleiben mir im Hals stecken. Ich starre einfach zu Erich und bleibe für den Moment stumm.

Edited by Dark_Pharaoh
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Katharina starrt Erich sprachlos an. Auf ihrem Gesicht spiegeln sich widersprüchliche Gefühle, etwas, das Jacques mittlerweile recht gut deuten kann.

 

Betrogen! Das gibt es doch nicht. Und du hattest noch nicht einmal den leisesten Verdacht! Welch ein Betrüger! Aber dann... Er hat dir trotzdem geholfen. Damals, in Plauen, er und Jacques. Und die ganzen anderen Male danach. Und du musst zugeben er ist nicht schlecht in dem was er tut. Du hattest nicht den geringsten Verdacht. Und hast du selbst dich nicht oft genug selbst als jemand anders ausgegeben um an eine gute Geschichte zu kommen? Na gut, du wolltest niemanden dabei bestehlen... wobei, wie man es nimmt. Auch Informationen kann man stehlen, und da bist du selbst alles andere als unschuldig. Aber bei dir wussten die anderen es... oder konnten es sich zumindest denken. Und was machst du jetzt mit diesem Geständnis? Aber... Moment mal!

 

"Ein Auftraggeber, der nun auch hinter uns her sein könnte?" Ein Kloß im Hals. Verdammt! "Wer?"

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Nicke bekräftigend .... "Ich habe gehofft, das Du einen pragmatischen Ansatz verfolgen würdest und bin dankbar, dass Du diese Frage gestellt hast ... ich wollte diese Frage nicht ohne meine Freunde beantwortet haben ... " dabei mache ich eine Geste, die alle im Abteil einschließt.

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Ich fahre mit einer Hand über meinen Nacken und blicke zu Katharina und atme hörbar aus.

 

"Den Namen kenn ich nicht... Ich kenne auch niemanden in der Organisation der den Namen kennt. Er nennt sich selbst immer nur der Boss."

 

Ich wende den Blick wieder ab. Ich fand die Namenswahls schon immer bescheuert. Der Boss... natürlich ist er der Boss.

 

"Das Problem ist nicht dieser eine Mann. Das ist ein ganzes Netzwerk an Betrügern, Dieben und Schlimmeren. Kunstdiebstahl ist ja nicht alles, womit sich der Boss beschäftigt. Ich weiß auch nicht, wie weit seine Netze reichen, aber München wird nicht sicher sein."

 

Mein Blick geht noch weiter hinunter. Ich spreche nur noch leise.

 

"Ich kann ihm nicht entkommen... niemals. Ich hab es schon selbst einige Male in Erwägung gezogen. Der wird mich niemals gehen lassen. Ich weiß einfach zu viel und bin viel zu wertvoll für ihn."

Edited by Art
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Klopfe Erich beruhigend auf die Schulter ... "meinst Du nicht auch, dass wir schon ganz andere Dinge geschaukelt haben?"
Wenigstens ein Gegner aus Fleisch und Blut  und nicht .... jenseits des Verstandes ...

Mit ernstem Ton: "Auch wenn wir die Bedrohung nicht unterschätzen dürfen."

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Jetzt starre ich Rudolf an. Und beginne zu Lachen. "Jetzt sind wir also auch noch sowas wie private Ermittler die sich mit einer Verbrecherorganisation unbekannter Größe und unbekanntem Einfluss auseinandersetzen? Wir haben gerade eine Welt aus Wahnsinn und Tod durchgestanden. Mit Mühe und Not. Die meisten werden an den Folgen noch Monate, Jahre, vielleicht für immer zu kämpfen haben. Jetzt sollen wir unser Leben erneut auf Spiel setzen? Für etwas mit dem wir nichts zu tun haben? Und vielleicht alles verlieren was wir noch haben?"

 

Bei diesen Worten greife ich kurz nach der Hand von Katharina.

 

"Wenn Wissen so gefährlich ist habe ich genug gehört."

 

Ich stehe auf und verlasse das Abteil.

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"Jacques, jetzt warte doch!" Katharina flucht innerlich mal wieder. Etwas, das wir jetzt gar nicht brauchen können! Zu den anderen: "Ich werde schauen, ob ich ihn beruhigt bekomme." Sehr vorwurfsvoller Blick zu Erich, dann verlässt auch Katharina das Abteil und eilt dem Franzosen nach.

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Ich schaue aus dem Fenster.

 

Genau diese Reaktion habe ich erwartet. Hätte ich nichts gesagt, wären wir irgendwo in München von Unbekannten angegriffen worden und dabei draufgegangen. Jetzt weiß jeder, um die Gefahr... Als Freunde habe ich sie verloren. Aber ich habe sie zumindest gewarnt.

 

Du hast alles verloren!

Du hättest auf mich hören sollen!

Noch ist es nicht zu spät. Du kannst mit dem Boss reden! Ich kann mit dem Boss reden!

GIB MIR MEIN LEBEN ZURÜCK!

 

Ich lehne meine Stirn gegen das kühle Glas. Das wird zumindest gegen die Kopfschmerzen helfen.

 

Was habe ich nur angerichtet....

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Die Tür öffnet sich, Katharina und Jacques treten ein. Hand in Hand. Beide wirken gefasst, aber hinter den Fassaden sieht man, dass Erichs Enthüllung sie mitgenommen hat und nicht so schnell loslassen wird.

 

Ich lächle Katharina noch einmal kurz zu, drücke ihre Hand sanft und ignoriere meine Schmerzen dabei. Dann lasse ich sie los und trete einen Schritt auf Erich zu.

 

"Es erfordert Mut so etwas zuzugeben. Du hättest verschwinden können und uns unserem Schicksal überlassen können."

 

Eine lange Pause, meine Blicke mustern Erich, bis er mir in die Augen schaut.

 

"Jeder macht Fehler. Auch große Fehler. Aber jeder verdient eine zweite Chance."

 

Ich gehe noch einen Schritt auf Erich zu und beuge mich zu ihm, flüstere: "E I N E zweite Chance. Aber die sollst du haben." Keine Drohung, einfach nur eine Aussage. Wenn man auch kurz ein Funkeln in meinen Augen sieht.

 

Ich trete wieder ein paar Schritte zurück, an die Seite von Katharina.

 

"Also, erzähle uns was du über den "Boss" und seine Leute weißt. Für wen wollen sie das Artefakt? Wie sehr wollten sie das Artefakt?"

 

Ich wende mich an Rudolf. "Und würdest du es, für Erich, um ihn freizukaufen, dem Boss überlassen?"

Edited by Dark_Pharaoh
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"Ja - ein Artefakt ist meines Erachtens und das Erachtens unseres Arbeitgebers dem Baron, kein Menschenleben wert.
Die einzige Ausnahme wäre, wenn man damit so etwas die das Ding besiegen könnte ... aber nun wollen wir mal nicht allem einen mystische Bedeutung zuweisen."
Denke nach ....
"Der Baron hat aber auch keinen Bedenken sein Eigentum handfest zu verteidigen ... sonst könnte ja jeder kommen ... ich erinnere mich da noch an einen sehr überzeugenden Auftritt auf einem Kirmes, als man Eduard nicht aus seinem Vertrag lassen wollte ...."

Der ist mit einer Gruppe von Veteranen erschienen ... sein eigenes Freicorps. Jeder Einzelne von denen hätte wahrscheinlich als Argument gereicht. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut. 10 Standen hinter dem Baron ... als die Verhandlung vorbei war sagt er "ziehen wir ab" und als sich dann noch 10 weitere Passanten aus der Umgebung mit entfernten, wusste der Zirkusbesitzer, was die Stunde wirklich geschlagen hatte ... das hätte fast ein Blutbad gegeben ... aber das brauchen nicht alle zu wissen ... das ist auch schon etwas her ... er ist ja gesitteter geworden ... 

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Ich schaue Jacques an.

 

"Ich danke dir. Das bedeutet mir viel, dass du mir vertraust. Ich werde dich... ich werde euch nicht noch einmal enttäuschen, dass verspreche ich. Ich kann nur nicht das was ich getan habe ungeschehen machen. Ich... war ein anderer Mensch als ich in Berlin in den Zug stieg. Ich denke die Ereignisse haben uns alle verändert. Ich kann nichts mehr daran ändern, aber ich will euch helfen, damit wir aus der Sache herauskommen. Das verspreche ich."

 

Ich atme tief aus. Es ist als wäre eine Last von meinen Schultern genommen. Ich lächele kurz, aber das Lächeln weicht sofort wieder der ernsten Miene.

 

"Freikaufen wird nicht gehen, habe ich selbst schon dran gedacht. Das Objekt ist nur 10.000 Reichsmark wert, dass hätte ich selbst aufbringen können. Aber ich glaube nicht, dass es hier nur noch um das Artefakt geht. Der Boss wird ein Exempel statuieren wollen. Der kann sich nicht leisten, dass jemand der faktisch die gesamte Struktur der Organisation kennt aussteigt und womöglich noch zu den Bullen rennt und alles zu nichte macht."

 

Ich drehe mich zu meinen Gefährten um und rücke auf dem Sitz etwas näher an sie heran.

 

"Die Organisation ist groß. Knapp 100 Mitglieder. Das ist nicht einfach nur ein Sammelsurium von kleinen Harlunken. Das ist ein straff geführtes Netzwerk von mehreren Personen und Experten."

 

Ich gestikulieren mit beiden Händen, um die Größe zu unterstreichen.

 

"Technisch baut die Organisation auf 5 Säulen auf. Prostitution, Drogenhandel, Kunst und Antiquitätenraub, Trickbetrug und Taschendiebstahl. Diese fünf Säulen werden von je einem Mittelsmann geleitet, der die Aufgaben koordiniert und die Aufträge einleitet, und das Geld nach oben weiterreicht. Unter den Mittelsmännern gibt es meistens 5-15 Leute für die Drecksarbeit und die Ausführung der Aufgaben. Für die schwierigen Dinge hat die Organisation Zugriff auf Experten: Safeknacker... Auftragsmörder... anderes Gesindel. Überall dem steht nur der Boss und sein persönlicher Assistent, seine rechte Hand. Die rechte Hand fungiert meist als Sprachrohr, der Boss selbst tritt kaum auf den Plan."

 

Ich rücke zurück auf meinen Platz.

 

"Ich selbst war Experte. Hatte zum größten Teil freie Hand und konnte meine Arbeiten selbst planen. Ich wurde nur sehr selten von den anderen Mittelsmännern für größere Trickbetrügereien eingesetzt. Ich blieb hauptsächlich bei meinen Aufgaben im Bereich Kunst."

 

Ich lehne mich zurück und starre aus dem Fenster.

 

"Ich will das alles nicht mehr... das müsst ihr mir glauben. Ich habe in... der Staumauer das wahre Böse gesehen und will nicht mehr dazugehören. Ich habe gesehen, dass ich Abschaum bin und will nicht als Abschaum enden."

 

Ich drehe mich wieder um.

 

"Ich werde alles tun, um zu helfen. Ich werde alles tun, damit keinen von uns von diesen Leuten etwas angetan wird. Aber wenn wir hier in München fertig sind, habe ich mit dem Kapitel meines Lebens abgeschlossen und werde verschwinden."

 

Verschwinden... wenn das so einfach wäre. Ich werd wahrscheinlich den Kontinent verlassen müssen, um da raus zu kommen...

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"Ich denke wir sollen uns vor Ort einen Überblick über die Situation verschaffen. Auch müssen wir mit dem Baron reden.
Wie wäre es, wenn das Artefakt von einen "dritten" unbekannten Partei entwendet werden würde und das Artefakt dann "offiziell" verschollen wäre?"

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