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[Das Ende des Wahnsinns] Kapitel 4: Polizeidienststelle Ettstraße – Bayern, 04. Juni 1924, München, 16:47


grannus
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Hauptkommissar Wagner reibt sich müde die Augen. Die Luft in den Büroräumen ist warm und trocken, trotz der geöffneten Fenster dringt nur wenig Sauerstoff hinein. Draußen hört man den Verkehr, Passanten und Vögel. Leben. Hier drinnen jedoch ist die Atmosphäre angespannt. Ein Mordfall ist immer eine sehr ernste Angelegenheit. Der untersetzte Polizist lässt ab von der Schreibmaschine und rückt den Papierstapel neben sich ordentlich zusammen. Mit einer Metallklammer heftet er die einzelnen Seiten zusammen. Vielleicht befürchtet er, dass sich doch irgendein Lüftchen hierher verirrt und seine Arbeit durcheinander bringt. Generell ist der Schreibtisch des Polizisten sehr ordentlich, alles hat seinen Platz, alles ist ordnungsgemäß verräumt. Während seiner Arbeit scheint jeder Handgriff einstudiert, als würde Wagner schon sehr lange in diesem Büro arbeiten.

 

Nacheinander hat er jeden der in sein Büro reingeholt und verhört. Das Protokoll hat er selbst derweil verfasst. Die Zeiger der tickenden Wanduhr wollten sich schier nicht bewegen. Wie die Luft. Während der Wartezeit brachte man den Männern und der Frau was zum Trinken. Unterhalten konnte man sich untereinander nicht, die Polizisten haben die zu Befragenden in unterschiedlichen Räumen untergebracht. Erst nach den Aussagen wurde man in einen Warteraum eingelassen wo nach und nach die anderen "Zeugen" aus dem Antiquariat eintrudelten. 

 

"Bitte unterschreiben Sie ihre Zeugenaussage hier und hier". Damit schiebt Hauptkommissar Wagner das Deckblatt des Protokolls zum Befragten. "Damit beglaubigen Sie den Wahrheitsgehalt Ihrer Aussage." Wieder reibt er sich die Augen.

 

[An dieser Stelle darf nun jeder von euch seine Version der Ereignisse des Antiquariats erzählen und wie es dazu kam. Ist jeder Spieler damit fertig, kommt die Szene im Warteraum wenn ihr alle wieder beisammen seid. Vergesst nicht, ihr seid im Warteraum und noch nicht offiziell verabschiedet]

Edited by grannus
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  • 3 weeks later...

Nachdem der Hauptkommissar von jedem die Aussage aufgenommen hat, führt ein anderer Beamter die Männer und Katharina in ein kleineres, umso stickigeres Büro. Dort werden von allen nochmal Personalien ebenso wie Fingerabdrücke abgenommen. Schließlich entlässt man die Bürger wieder in die "Freiheit". 

 

"Glauben Sie mir, wir werden diese Tiere dingfest machen und vor ein Gericht zerren." versprach der Hauptkommissar mit einem letzten Händedruck. Der Anblick des zerrütteten Rudolfs hat den Münchner Polizisten wohl berührt.

 

[Jetzt seid ihr am Zug]

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Draußen atme ich erst einmal tief durch. Irgendwie hatte ich erwartet dass es schlimmer werden würde. Genaue Befragungen, Haft, vielleicht sogar eine Anklage als Mörderin. Immerhin bin ich in das Blut getreten. Aber ich wollte doch nur helfen. Das wollte ich wirklich. Er hätte ja auch noch leben können!

 

Mein Blick fällt auf meine ruinierten Schuhe. Da klebt noch immer das Blut dran. Ich erschaudere.

 

"Können wir bitte zuerst mal ins Hotel zurück? Ich muss mich umziehen."

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Zünde mit sofort auf der Strasse eine Zigarette an ... 

"Ich dachte das wir festgenommen werden würden. Ob die Polizei uns verfolgen wird? Lasst uns erst mal sammeln ... gehen wir in das Restaurant dort drüben." Nicke über die Strasse.
"Es sieht gehoben aus und scheint den Gästen ein hohes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten. Jeder normale Polizist müsste sich erst einmal umziehen, um dort nicht aufzufallen."

Gucke um mich herum, in die Luft, atme tief ein und seufze ...

"Um Ehrlich mit mir selber zu sein, habe ich Angst, das es gleich im Hotel wieder rund geht und wir keine Zeit haben werden, uns zu besinnen."

Habe den Blick von Katharina aufgefangen

"Katharina, Du siehst gut aus - wie immer - lasse uns gleich jetzt und hier versuchen zu entspannen.

Ich habe Angst, dass wir sonst nur hetzen, um nicht unter die Räder zu kommen. Lasst uns jetzt sofort einen kleine Pause machen - nur etwas Essen ... wer mag ... ein Bier trinken und eine Rauchen. Wenn wir etwas entspannen können, finden wir vielleicht auch einen Antwort, die wir bisher über sehen haben. Wer in seinem Werkzeugkasten nur einen Hammer hat, sieht in all seinen Problemen Nägel ... lasst uns in Ruhe herausfinden, was für Werkzeug uns noch zur Verfügung steht. Einverstanden?"

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Das war ja noch mal glimpflich verlaufen. Franz-Rüdiger hatte innerlich bereits damit gerechnet, des Einbruchs oder gar der Beihilfe des Mordes verdächtigt zu werden. Doch dieser Kommissar schien die Sachlage gut einschätzen zu können.

 

Eine ganz andere Frage war, wie er sich nun gegenüber den anderen Herrschaften verhalten sollte? Ein Teil von ihm wollte nur noch nach Hause, ein weiterer würde gerne zu den Professoren eilen, um den Raub des Artefaktes zu petzen und ein dritter war begierig darauf, mehr über diese sonderbare Truppe rund um "Kirmes Eddie" zu erfahren.

 

Etwas war ihm in der ganzen Verwirrung auf jeden Fall klar und Franzl vertraute seinem Instinkt dahingehend uneingeschränkt: wenn er das Rätsel um die mit Hieroglyphen übersähte Antiquität lüften wollte, dann musste er sich an die Herrschaften dran hängen - auch wenn dies bedeutete, sich selbst möglicherweise in Gefahr zu begeben.

 

"Oiso i kannt 'etz aa oan starkn Kaffä vatrogn. Da Obpetit higegn is ma noach am ganzn Schlamassl vagangn.", nuschelt er sich in den nicht vorhandenen Bart und signalisiert damit, dass er sich den anderen vorerst weiterhin anschließen möchte.

Edited by MazeBall
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Ich lausche dem Gespräch, blicke mich um. Mein Blick fällt auf einen kleinen Laden an der Ecke, der Kleidung und Schuhe im Fenster ausstellt.

 

Ich nicke Rudolf zu. "Wir sind gleich da."

 

Dann nehme ich die Hand von Katharina. "Komm, wir holen dort das nötigste. Rudolf hat vermutlich recht, das Hotel könnte gefährlich sein." Ich blicke kurz auf ihre Schuhe. Vermutlich achtet niemand darauf, aber ich würde auch ungern mit dem Blut eines Toten an mir herumlaufen. In dem Moment blicke ich an mir herab, mustere meine Kleidung. Ich wollte vorsichtig sein, kein Blut abbekommen, prüfe nun ob mir das gelungen ist. Mir fällt nichts auf

 

"Es dauert nicht lange." Dann gehe ich mit Katharina in Richtung des Ladens.

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Ich schlucke gerade noch einen giftigen Kommentar dazu herunter dass Rudolf sicher nicht mit dem Blut seines guten Freundes an sich würde herumlaufen wollen als Jacques meine Hand nimmt und belasse es bei einem wenig begeisterten knappen Kopfnicken. Das Geschäft ist mir bisher noch nicht einmal aufgefallen.

 

Ich kaufe dort ein paar neue Schuhe - ähnliches Modell, allerdings komplett andere Farbe. Schwarz ist gut. Da denke ich irgendwie praktisch - man sieht das nächste Blut darauf wenigstens nicht. Beim Verlassen des Ladens zische ich noch ein leicht zorniges: "Manchmal ist er einfach nur unsensibel!"

 

Eigentlich ist das unfair, aber der Stress der letzten Stunden macht sich in Reizbarkeit bemerkbar. Wut hilft gut gegen einen Zusammenbruch.

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"Jeder geht damit anders um." Ich zucke die Schultern und lächle. "Und wenn wir das hier hinter uns haben besuchen wir Paris. Dann gehen wir dort einkaufen, glaub mir, das wird dir gefallen."

 

Kurz genieße ich den Moment allein mit Katharina, würde am liebsten sofort mit ihr von hier verschwinden. Doch ich drücke nur kurz sanft ihre Hand und werde wieder ernst. 

 

Wir können die anderen nicht im Stich lassen. Nach Plauen, dem Geständnis von Erich und jetzt diesem neuerlichen Schock liegen die Nerven flach. Aber wir können Rudolf nicht im Stich lassen. Klar, anfangs war es nur ein Auftrag. Doch mittlerweile verbindet uns mehr. Gleiches gilt für  Erich.

 

Ich überlege, welche Gefühle ich zu den anderen hege. Sind wir Freunde? Nicht wirklich. Oder doch? Auf jeden Fall hat uns Plauen verbunden, sehr stark verbunden. Wir haben gesehen. Erlebt. Was andere uns nie glauben würden. Wir müssen den Auftrag abschließen, sonst findet niemand Frieden.

 

Dann ist Zeit für andere Dinge. Mein Blick huscht nochmals kurz zu Katharina. Am Restaurant angekommen öffne ich ihr die Tür, verbeuge mich mit einem schelmischen Grinsen. "Die Dame, wenn ich bitten darf!"

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Ich erwidere das Lächeln weniger schelmisch als vielmehr ein wenig einladend. Er gefällt mir immer mehr. Zusätzlich zu dem was uns ohnehin schon verbindet. Was könnte stärker sein?

 

Für einen kurzen Moment stelle ich mir die entsetzten Gesichter meiner Eltern vor wenn ich Ihnen gerade einen Franzosen als potentiellen Schwiegersohn vorstellen würde. Doch schnell schiebe ich diesen Gedanken weg. Es gibt jetzt anderes zu tun. Und außerdem weißt du gar nicht mal ob er wollen würde. Später, alles später. Jetzt haben wir andere Probleme...

 

Einen kleinen Knicks mache ich trotzdem bei der Tür und betrete dann das Restaurant um zusammen mit Jacques wieder zu den anderen zu stoßen.

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Was soll ich nur bestellen? Was machen wir nur? Los bekomme Deinen Kopf klar, Du nützt den anderen nichts, wenn Du Dich Deiner Hilflosigkeit hingibst. Du hast Dich genug in dem Elend gesuhlt. Es wird Zeit härter zu werden, oder zu zerbrechen und ganz zerstört zu werden ... das ist besser, als sie - meine Freunde - in Stich zu lassen. Gut das Jaque sich Katharina angenommen hat ... ein schönes Paar. Ich mag sie ... eine schöne Vorstellung, das sich zwei Menschen in diesen Zeiten Halt und Wärme geben können. Nicht wie Du, der sich einen Frau für ein paar Stunden kaufen musst ... - Beklage Dich nicht, durch den Irrsinn hast Du nicht nur Freunde verloren, Du hast auch Kammeraden gefunden. Mehr als ich gedacht hatte, das ich erleben würde, oder erleiden könnte. Zerbrechen oder wachsen ... zerbrechen oder wachsten ... Oh da kommen sie ja.

 

Vorher noch ausdruckslos und tot, geht ein Lächeln durch Rudolfs Gesicht, wie ein kleine Schuljunge oder ein aufgeregter kleiner Hund ...

"Hier, wir sind hier." Winke kurz und hektisch ...

Stell Dich nicht wie ein Kind an ... Du beherrscht doch das Spiel der gehoben Gesellschaft, was ist mit Dir los?
- Ich denke ich bin mit meinem Seelenheil von meinen Freunden abhängig ... ist das gut? - Wachsen oder zerbrechen ... 

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"Genau wegen dieser Frage sitzen wir hier. Wir - zumindest ich - muss erst mal einen klaren Kopf bekommen. Was ist passiert? Warum? Was sind unsere Optionen? Wem nützt es? Besteht ein Zusammenhang zwischen Plauen und dem hier, oder sind es zwei extreme aber unterschiedliche, in keinem Zusammenhang stehende Ereignisse?"
Wende mich zu Franzel:
"Ich freue mich, dass Sie bei uns geblieben sind. Haben Sie eine Ahnung, wer so ein Interesse an dem Artefakt haben könnte, das er dafür tötet?"

Gucke etwas verlegen drein ... " und bitte entschuldigen Sie mein lingusitische Schwäche, aber ich habe oft Schwierigkeiten Ihren Dialekt zu verstehen, wäre des möglich, dass Sie etwas langsamer sprechen oder etwas mehr ins Hochdeutsche Wechseln? - Ich bitte Sie ein nachsehen mit meinem Unvermögen zu haben. Ich habe einfach Angst, dass ein simples Missverständnis in unserer Lage ernsthafte Konsequenzen haben könnte."
Biete Farnzl zuerst einen Zigarette an und dann allen anderen ... "Bitte bestellen Sie sich, was Sie möchten, als Teil unserer Gemeinschaft werde ich mich um alle diese Belange kümmern."

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Die Sache mit der Polizei ist abgelaufen, wie geplant. Wenn die hinreichenden Verdacht gehabt hätten, hätten sie uns nicht laufen lassen. Mir dröhnt der Schädel... der Alkohl und dann die Sache mit Schubert und das Verhör waren eigentlich zuviel. Hier in dem Restaurant in das uns Rudolf geschleppt hat ist es auch nicht wirklich ruhig. Dieser Student folgt uns immer noch. Ich verstehe Rudolf nicht, dass er diesem Jungen traut. Wir kennen ihn im Prinzip gar nicht.

 

Genau... vielleicht ist der Bursche ein Psychopath. Der hat bestimmt den Schubert kalt gemacht und wurd von euch doof erwischt als er abhauen wollte und spielt euch nur was vor. Vielleicht hat er das Artefakt irgendwo versteckt?

 

Ich fahre mit meiner Hand über die Schläfe und beobachte den Jungen weiter. Ich bestelle als die Kellnerin da ist nur Wasser.

 

"Ich find die Idee ja gut, dass wir versuchen in einer Menschenmenge unterzutauchen. Aber können wir uns hier überhaupt unterhalten? Können wir überhaupt offen über alles sprechen solange Er dabei ist?" ich deute mit dem Kopf in Franzls Richtung. "Willst du wirklich noch jemanden in die Sache reinziehen, Rudolf?"

 

Ich beobachte die Leute die ins das Lokal kommen genau und versuche auch im Blick zu behalten, ob wir belauscht werden. Vielleicht folgt uns ja jemand. Vielleicht folgt uns die Polizei.

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"Na freili", erklärt Franz-Rüdiger Dirschl auf die Bitte hin, sich eines doch etwas verständlicheren Dialektes zu befleißigen. "I werd mei Bests gebn."

 

"Wegn am Artefakt bin i leida völlig ratlos", fährt er dann fort. "I konn ma übahabt ned voastäin, wa wegn dess Gegenstands so weid gengan würde. Aba sicha gibt 's solche Menschn ... skrupellos und grod auf den schnein Ruhm aus."

 

Etwaiges Stirnrunzeln seiner Gegenüber mündet in: "... auf den schnellen Ruhm, hm?"

 

Irgendwie klingt das Wort falsch aus seinem Mund.

 

Der Student bestellt beiläufig einen schwarzen Kaffee und versenkt Unmengen an Zucker darin. Auf Erichs Frage an Rudolf hin schaut er fragend von einem zum anderen und verbirgt seinen Mund schlürfend hinter der weißen Porzellantasse. "I soiad scho dabei bleim wegn am Artefakt", murmelt er, mehr zu sich selbst und mit dem Tonfall eines Kindes, das erklärt, warum es unbedingt noch wach bleiben möchte.

Edited by MazeBall
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