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Rassistischer Begriff im Berlin-Band


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Hallo liebes Pegasus-Team!

 

Lese gerade den neuen Berlin-Band für euer Cthulhu-Rollenspiel und stolpere gerade darüber, das die Minderheit der Sinti und Roma in dem mir vorliegenden Buch mit dem rassistischen Begriff „Zigeuner“ bezeichnet wird, bspw. auf Seite 27.

 

Ich zitiere mal von https://zentralrat.sintiundroma.de/sinti-und-roma-zigeuner/:

 

“Zigeuner“ ist eine von Klischees überlagerte Fremdbezeichnung der Mehrheitsgesellschaft, die von den meisten Angehörigen der Minderheit als diskriminierend abgelehnt wird – so haben sich die Sinti und Roma nämlich niemals selbst genannt.

 

Und:

 

Noch in der 2. Auflage des Dudens sinn- und sachverwandter Wörter aus dem Jahr 1986 wird unter dem Stichwort „Zigeuner“ auf die Begriffe „Abschaum“ und „Vagabund“ verwiesen.

 

Wie steht ihr als Verlag denn zu so politisch unkorrekten Begriffen? Musste das sein? Wird das jetzt öfter passieren? War das vielleicht nur ein bedauerliches Versehen?

 

Bin eigentlich voll der Fan eurer Werke, aber da muss ich gerade wirklich mit dem Kopf schütteln, schade!

 

Grüße, Jaye

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Hallo Jaya,

 

vielen Dank für deine Frage. Vorab: Es bestehen keinerlei rassistische Hintergünde. Letztere werden von CTHULHU konsequent abgelehnt.

Der Begriff "Zigeuner" findet in dem Buch dreimal Anwendung: bei der Zusammenfassung auf der angesprochenen Seite 27 zum Alexanderplatz "... die sich eingestreut zwischen Mietskasernen voller Osteuropäer (Polen, Zigeuner und Juden aus dem Osten) finden." (Ich weise vorsorglich darauf hin, dass weder an dieser noch an anderer Stelle, an der jüdische Einwohner der Stadt angesprochen werden, ein rassistischer Hintergrund vorliegt); für die Klassifizierung "Zigeunermädchen" bei der auf Seite  52 beschriebenen "Tischdame"und bei der Definition des Begriffs "Beinl".

Wikipedia sagt: "Zigeuner ist im deutschen Sprachraum meist eine Fremdbezeichnung, die auf Angehörige der Roma und auf Jenische angewendet wird."

Die Begriffsverwendung der von dir angesprochenen Textstelle resultiert daraus, dass ggf. betroffene Jenische nicht "hinausgeschrieben" werden sollten. (Ich weiß nicht, ob zu der damaligen Zeit ausschließlich Sinti und/oder Roma in dem beschriebenen Viertel gewohnt haben.)

Es ist also kein Versehen, aber auch keine absichtlich politisch unkorrekte Beleidigung, sondern der Versuch, niemanden auszuschließen. Falls dieser Versuch nicht als das erkannt werden kann, tut es mir leid. Entschuldige bitte. Du kannst jedenfalls davon ausgehen, dass bei CTHULHU weiterhin niemand beleidigt oder herabgewürdigt werden soll. (Was konkret bedeuten soll: Nein, "das" wird jetzt nicht häufiger passieren).

 

Ich hoffe, dass das Buch ansonsten Freude bereitet!

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Vielen Dank für die schnelle Antwort, auch wenn diese mich nicht zu 100% zufrieden stellt, da es bei solchen Begrifflichkeiten meiner Meinung nach immer aus dem Blickwinkel der betreffenden Personengruppen gesehen werden sollte und nicht von Wikipedia (wo übrigens auch auf die rassistische Bedeutung des Begriffes eingegangen wird), euer nobles Anliegen des sichtbar lassen in allen Ehren.

 

Das Buch bereitet mir ansonsten sogar sehr viel Freude und ich würde es sogar als eine der besten Publikationen für Cthulhu überhaupt bezeichnen.

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Ich befürchte solche Situationen werden sich wohl bei einem System, welches sich Schwerpunktmäßig mit den 1920ern beschäftigt nie ganz vermeiden lassen. Grundsätzlich stimme ich dir zu, dass man mit solchen Begrifflichkeiten vorsichtig sein muss. Es wird sich aber nicht vermeiden lassen an einigen Stellen Begriffe zu benutzen die aus heutiger Sicht nicht akzeptabel sind und sicherlich auch schon in der damaligen Zeit beleidigend und abwertend genutzt wurden. Ob es jetzt

Zigeuner, Neger, Rothäute, Indianer, Gelbe, Schlitzaugen

oder andere Ausdrücke sind. (Habe das mal als Spoiler gesetzt, damit niemand der es nicht möchte die Beispielworte lesen muss.)

 

Das Problem ist halt, dass, so man einen gewissen Grad an historischem Realismus nicht unterschreiten möchte, an manchen Stellen nicht wirklich um diese Begriffe herum kommt. Auch wenn man (Und da gehe ich einfach mal von aus) damit nicht die eigene Ansicht widerspiegeln möchte sondern evtl. sogar im Gegenteil zum Beispiel einen Charakter oder Gruppe dadurch negativ darstellen möchte, dass sie solche abwertenden Begriffe nutzt.

 

Oder wie in deinem Beispiel es eben nicht rein Sinti und Roma gemeint sind, sondern eine (in der damaligen Zeit sicherlich abwertend gemeinte) Zusammenfassung vieler verschiedener, besonders aus dem Balkan Bereich stammenden Menschen.

 

Vielleicht wäre es eine Möglichkeit im Fall der Nutzung solcher Begriffe am Anfang des Buches so eine Art Disclaimer zu setzen. So in der Art:

 

"In diesem Buch werden aufgrund der Thematik an einigen Stellen zeitgenössische, aus heutiger Sicht negativ behaftete oder abschätzige Begriffe benutzt. Wir haben versucht die Verwendung solcher Begrifflichkeiten auf ein Minimum zu beschränken und möchten feststellen, dass die durch diese Begriffe ausgedrückten Meinungen nicht der Ansicht der Redaktion oder der Autoren darstellt und uns außerhalb der Darstellung historischen Kontextes von der Nutzung dieser und ähnlicher Begriffe distanzieren."

Edited by Harbringer357
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Das Problem ist halt, dass, so man einen gewissen Grad an historischem Realismus nicht unterschreiten möchte, an manchen Stellen nicht wirklich um diese Begriffe herum kommt. Auch wenn man (Und da gehe ich einfach mal von aus) damit nicht die eigene Ansicht widerspiegeln möchte sondern evtl. sogar im Gegenteil zum Beispiel einen Charakter oder Gruppe dadurch negativ darstellen möchte, dass sie solche abwertenden Begriffe nutzt.

 

Ich verstehe absolut, was Du meinst. Allerdings befinden wir uns nicht mehr in den 1920ern, Welt und Sprache haben sich weiterentwickelt und wir sprechen hier immer noch von einem Rollenspiel voller fantastischer Elemente und keiner historischen Abhandlung. Der Band nimmt sich an anderer Stelle ja auch viele Freiheiten raus, die historisch gesehen so nicht stimmen, bspw. was die Grenzen der Stadtteile angeht. Das dann ausgerechnet bei rassistisch konnotierten Begriffen eine Ausnahme gemacht wird, empfinde ich als unnötig. Die Sichtbarkeit der Personengruppe in einem historischen (Rollenspiel-)Kontext wäre auch erhalten geblieben, wenn der Begriff "Sinti und Roma" benutzt worden wäre.

Edited by Jaye_Decay
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Da bin ich mir halt nicht ganz sicher was die Nutzung angeht, da ja unter den Begriff ja nicht nur die Die Volksstämme der Sinti und Roma meint. Und ich muss hier auch sagen, dass ich da sicherlich nicht total firm in der Materie bin und mich auch irren könnte. Aber meines Wissens nach umfasste der Ausdruck besonders damals (wie auch immer gemeint) eben nicht nur Sinti und Roma sondern bezeichnete gerade damals im Sprachgebrauch eher alle Südosteuropäer bzw. Bewohner des Balkans. Und auch heute gibt es genau so Gruppen und Personen die sich als Zigeuner sehen und nicht als Sinti oder Roma, da sie nicht zu dieser Volksgruppe gehören. Denke zwar, dass das sicherlich eine kleinere Gruppe ist, aber das ist ja gerade der Punkt bei Minderheiten.

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Und auch heute gibt es genau so Gruppen und Personen die sich als Zigeuner sehen und nicht als Sinti oder Roma, da sie nicht zu dieser Volksgruppe gehören.

 

Nein, es gibt tatsächlich keine Volksgruppe mehr, die sich freiwillig als "Zigeuner" bezeichnet. Ob sich Einzelpersonen noch so bezeichnen, ist für diese Diskussion irrelevant, da es in den entsprechenden Textstellen nicht um Einzelpersonen geht. Die einzigen, die diesen Begriff noch aktiv benutzen, sind fast ausschließlich rechte Publizisten, mit denen Pegasus garantiert nicht in Ecke gestellt werden möchte und wo ich persönlich dieses Rollenspiel auch nicht verorten will. Nur sollte meiner Meinung nach die Cthulhu-Redaktion nicht per se historische Korrektheit vor moderne Sprach- und Kultursensibilitäten stellen. Der Begriff hätte komplett vermieden werden können: Seite 27: "... Polen, Sinti und Roma, Jenische und Juden aus dem Osten..." und Seite 52: dort würde es den Begriff "Zigeunermädchen" gar nicht brauchen, um zu erklären, wie Tischdamen gecastet werden (die Stelle wo Beinl vorkommt, habe ich noch nicht gefunden, aber ich bin mir sicher, dass auch dort eine alternative Ausdrucksweise gefunden hätte werden können).

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Ich verweise mal hierauf:

 

https://www.dnddeutsch.de/dndiversity-alter-margreve-bis-z-wort/

 

mit folgender Verlagsreaktion:

 

https://ulisses-spiele.de/wichtige-mitteilung-zu-geschichten-aus-dem-alten-margreve/

 

Wer diskutieren möchte, ob Zigeunersauce noch ein angebrachtes Wort darstellt und munter verwendet werden sollte, findet hier reichlich Sparings-Partner:

 

https://www.tanelorn.net/index.php/topic,118165.0.html

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Hallo zusammen,

 

ich freue mich über den ausgesprochen freundlichen und sachlichen Meinungsaustausch zu diesem doch heiklen Thema, wo die Gemüter schnell überkochen könnten. Dafür schonmal: Danke!

 

Ich sehe das so (und versuche das so sachlich wie möglich zusammenzufassen):

Es gibt Begriffe, die damals wie heute völlig zweifellos beleidigende Schimpfworte waren/sind (N...).

Es gibt Begriffe, die damals wie heute sowohl beleidigend, als auch positiv sein konnten/können  (hier der Begriff Zigeuner verbunden mit Temprament, Folklore und Freiheit contra Halunke und Faulpelz). In der öffentliche Wahrnehmung ist heute allerdings der negative Teil im Vordergrund, während der positive nicht mehr wahrgenommen wird.

Es gibt heute Personen der Volksgruppe, die stolz auf das Wort sind, anderen ist es egal, andere fühlen sich davon beleidigt.

Es gibt heute Personen, die nicht zu der Volksgruppe gehören und den Begriff als Beleidigung verwenden (typisch "rechts außen" sage ich jetzt mal einfach).

 

Folgender Plan klingt für mich praktikabel, um damit jetzt zumindest so umzugehen, dass sich einfach so wenig wie möglich Betroffene beleidigt fühlen können:

Das PDF des Buches (und dadurch ja später auch ggf. PoD-Bücher) wird um die angesprochenen drei Passagen reduziert bzw. dort korrigiert. Ich muss mal schauen, wie das vom Platz her passt, aber zumindest das kann ich wohl guten Herzens zusagen. Aber lasst mir dafür ein paar Tage Zeit, das muss ja vom Layouter noch umgesetzt werden.

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"Beinl" steht auf S.53 im Kasten zur Gaunersprache.

 

Bei den Tischdamen auf S.52 würde mir persönlich reichen, "Zigeunermädchen" in Anführungszeichen zu setzen, weil es an der Stelle ja gerade um ethnische Stereotypen geht.

 

Heikos Lösung mit dem PDF (und dann auch PoD) finde ich gut.

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Als "ingame-Bezeichnung", sprich als Teil eines Handouts oder in wörtlicher Rede eines NSC wäre das auch gar nicht schlimme (finde ich persönlich).

Als Beschreibung von außen, quasi durch die Autoren des Buches, ist es meiner Meinung nach schon problematisch.

Heikos kurzfristige PoD-Lösung finde ich gut!

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Kleine Zwischenmeldung: Änderung der Downloadversion ist intern abgesprochen und braucht jetzt nur noch durch das Layout umgesetzt werden.

 

Seite 27 wird Z. zu Roma (und mit der möglicherweise Reduzierung der damals tatsächlich dort gelebt habenden Leute auf nur Roma leben wir, zumal es im weiteren verlauf des Buches keine Relevanz hat)

"Zigeunermädchen" wird ersatzlos gestrichen (die Liste der Beispiele ist trotzdem lang genug)

"Zigeunerwort" wird zu "Romani"

 

Ich melde mich hier nochmal dazu, wenn die Umsetzung erfolgt ist.

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Ich finde es sehr gut, dass

 

a) Jaye Dacay das Ganze kommuniziert und angestoßen hat

B) der Verlag durch Heiko so schnell reagiert hat und

c) der "Fauxpas" korrigiert und akzeptiert wurde und die Spielerschaft jetzt nicht Pegasus boykottiert o.Ä.

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Und alles so unaufgeregt! Finde ich richtig gut, dass das sachlich, schnell und mit einer meiner Meinung nach akzeptablen Lösung gehandhabt wurde.

 

Auch wenn's gut gemeint ist: Fehler passieren nun mal - mir genauso, wie Pegasus in diesem Fall. Vielen Dank an Pegasus und Chefredakteur Gill, für die sofortige Einsicht und das schnelle Handeln. Absolut vorbildlich!

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