Jump to content

[Bühne in Weiß] Kapitel 2: "Der Abend danach" (NP)


Blackdiablo
 Share

Recommended Posts

'Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,

Wenn sich die Welt ins freye Leben
Und in die Welt wird zurück begeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu ächter Klarheit werden gatten,
[...]
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort

Das ganze verkehrte Wesen fort.'

 

- Novalis: "Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren"

 

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

Arkham, Massachusetts, Vereinigte Staaten von Amerika

1.11.1928

 

[Faiths Eintritt aus dem Nebenplot: "Besprechungen und Planungen"]

 

Deine Augen sind die eines Rehs, als du schaust, wer der Taxifahrer ist. Kurz glaubst du, dass es jener vom letzten Tag gewesen sein muss, doch dies erweist sich als Täuschung. Es hat eine Täuschung sein müssen. Das Leben ist kein Roman. Manchmal gibt es Zufälle. Zufälle, die nicht in Zahlen ausgedrückt werden können ...

 

"19", murmelt Ellie, als sie bereits eine Minute stumm aus dem Fenster geblickt hat. Sie schaut zu dir. "Die Quersumme des Nummernschildes dieses Taxis ist ..."

"Ma'am?", fragt der Fahrer von vorne. "Geht es Ihnen nicht gut?" Er schaut in den Rückspiegel. Er besitzt blaue Augen. Vertrauenswürdige Augen. "Sie sehen so blass aus."

 

Ellie schweigt. Scheint zu überlegen. Ihre Augen blicken auf die Hände in ihrem Schoß. Sie atmet einmal tief ein und schaut dann zu dir. Plötzlich sagt sie: "Faith. Möchtest du bei Howard und mir übernachten? Ich will einfach nicht, dass du alleine bleiben musst."

 

Dein Herz beginnt zu klopfen. Aufgeregt. So eine Frage von einer dir seit gestern erst bekannten Frau! Und trotzdem sind Ellies Augen ernst und freundlich. Hilfsbereit und vertrauensvoll. Sie sind wie kostbare Edelsteine, die die Verzückung dieses Augenblicks schmücken.

Edited by Blackdiablo
  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Ich schaue sie an. Dan nicke ich langsam.

 

"Ich möchte auch nicht da allein bleiben. Wirklich nicht. Dürfte ich vielleicht mal Hektor mitnehmen? Er leidet, wenn er allein lange bleibt." Ich seufze.

 

Ich nehme ihre Hand, und drücke sie sanft, um mich zu bedanken, und vielleicht etwas Trost zu finden.

 

"Ich werde Alice würdig begraben. Sie hatte nie etwas reines im Leben. Sie sollte zumindest in Frieden ruhen..."

"Das alles..was wir sind, endet doch auf einem Stein. Und wir werden zu Zahlen. Eine Zahl, die zeigt wann wir diese Welt betreten haben, und eine die sagt, wann wir sie verlassen haben." sage ich traurig.

 

"Und zwischen diesen Zahlen ist das Leben..ist das nicht ironisch?" ich nehme einen Tüchlein, und wische mir ein paar Tränen weg.

"Nur ein kurzer Strich, zwischen zwei Zahlen." Ich versuche dann zu lächeln.

"Bitte verzeih mir, Ellie" sage ich dann leise. Ich schaue kurz zu dem Taxifahrer, und nicke freundlich zu ihm.

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Sie schaut verständnisvoll zur dir. Selber den Tränen nahe, aber einer muss stark bleiben. "Ich weiß, wie du dich fühlst. Nur zu gut." Sie schluckt.

 

Der Taxifahrer (der sich zweifellos etwas unwohl in der momentanen Situation fühlt) beugt sich zu euch nach hinten, nachdem er angehalten hat: "Also, meine Damen, wir sind da. Darf ich hier unten auf Sie warten, während Sie sich oben bereit machen?"

"Sicher.", sagt Ellie tonlos. "Hier haben Sie schonmal das Geld bis hierhin."

Sie gibt ihm Geld und er tippt sich an seinem Hut. "Danke, Ma'am. Ich werde hier unten warten. Wenn Sie Hilfe beim Tragen brauchen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung."

 

Ihr beide steigt aus und atmet die abendliche Luft ein. Im Herbst sind die Tage wirklich kürzer. Tröstlich, damit man die Schrecknisse des Tages nicht zu lange betrachten muss. Zusammen beschreitet ihr die 5 Meter durch die Dunkelheit. Zweimal 19. Eine willentlich, eine zufällig. Sie ist der Schlüssel. Ob ihr es wollt oder nicht.

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Ich gehe zu meine Tür, und mache sie auf.

 

"Hektor" sage ich sanft. Ich hole schnell Katzenfutter, und alles was für ihn notwendig ist. Dann packe etwas Kleidung von mir.

 

"So, wir können gehen" sage dann.

Link to comment
Share on other sites

"Hektor ist dein Name?" Ellie streicht über die pelzigen Öhrchen von Hektor. "Howard hatte auch mal einen Kater namens Randolph. Als er noch klein war. Aber du bist mir ja auch ein Schatz."

 

Sie schaut zu dir. "Also los. Wenn du jetzt alles hast ... Achja!", ruft sie plötzlich. Sie läuft in deine Wohnung und nimmt sich einen Stift und ein leeres Papier, auf dem sie ihre Adresse notiert. "Falls sich die Polizei wegen Alice melden und niemand ans Telefon geht." Dann befestigt sie den Zettel gut leserlich an einem Blumentopf neben der Eingangstür. "Ich weiß doch, wie viel dir das bedeutet."

 

Gemeinsam geht ihr zum Taxi. Ihr drei. Hektor schnurrt. Abenteuer liegt in der Luft.

Link to comment
Share on other sites

Ich bleibe ziemlich still.

 

"das mit deinem Bruder tut mir sehr leid, Ellie" sage dann plötzlich.

"Aber es ist gut, daß du Howard gefunden hast" ich lächele sie an.

 

"das Leben muss weiter gehen. Immer. Es ist retorisch, aber wahr. Und um nicht zu fallen, solltet man sich nun festhalten wo man kann. Und vor allem, wo man will. Das ist das wichtigste...Der Wille"

 

Ich verstumme das wieder.

 

"Dir sollte nichts passieren, in dieser Geschichte. Du hast menschen, die dich lieben. Bist du sicher, daß du mitkommen willst? Was sagt Howard dazu?"

Link to comment
Share on other sites

"Er weiß es noch nicht." Sie lächelt. "Dafür brauche ich dich ja, Faith. Du bist ..." Der Schlüssel, flüstert Alices Stimme wie eine nicht tot zu kriegende Erinnerung in deinem Kopf ... "meine Überzeugungshilfe. Ich hoffe, das wird reichen. Ach was sage ich: Wir beide werden ziemlich überzeugend sein!"

Link to comment
Share on other sites

Euer Taxi hält vor Ellies Haus. Mittlerweile ist es 18, vielleicht sogar 18:30 Uhr. Der Taxifahrer besteht darauf, dein Gepäck mitzunehmen und lässt sich nicht abwimmeln. Als ihr vor der Tür steht, er das restliche Geld entgegennimmt und mit einem Lächeln an den Hut tippt, steigt er in seinen Wagen und fährt weg.

 

Ellie schließt die Tür auf. Stille. Niemand zu hause? "Howard! Ich bin da!" Keine Antwort. Du schaust zu Ellie. "Ach macht nichts. Sicher arbeitet er wieder. Er arbeitet viel, musst du wissen ... Das heißt, solange er noch kalten Kaffee übrig hat." Sie schmunzelt ein wenig, dann schaut sie zur Treppe.

Link to comment
Share on other sites

Ich lasse Hektor frei.

"er ist sehr anständig, und wird nichts zerstören" sage ich.

"wo darf ich.." frage ich unsicher, und deute auf den Gepäck.

"Oh, und natürlich..wenn ich bei Abendessen etwas helfen kann.." Mir ist ein wenig unangenehm. Ich fühle ich sehr fremd hier. Ich sollte nicht hier sein.

Link to comment
Share on other sites

Sie beobachtet wie Hektor schnuppernd das Haus erkundet. "Warte, bevor wir dich versorgen, stelle ich ihm etwas hin." Sie geht in der Küche auf die Zehenspitzen und greift nach zwei Schälchen aus einem Küchenschrank. "Sooo." Sie füllt die eine mit Wasser und die andere mit kaltem Braten aus einem Kühlschrank. "Ist ganz neu.", sagt sie nicht mit wenig Stolz. "Und du wirst es nicht glauben, Howard bestand darauf." Sie lacht, dann nimmt sie eine deiner Taschen und geht die Treppe hoch. "Komm schon. Jetzt sei nicht schüchtern. Du bist mein Gast!"

 

Das unheilvolle Knarzen der Treppe schallt durch das archaische Haus und Ellie verlässt den Schein des Küchenlichts und taucht halb in das Zwielicht der oberen Etage ein. Auch Hektor ist aus deinem Blickfeld verschwunden.

Link to comment
Share on other sites

Niemand ist dort.

 

Alles in Ordnung.

 

Das Pochen war dein eigenes Herz, das vor Trauer noch so schwer ist.

 

Hektor streicht plötzlich an deinem Bein entlang und du hebst ihn auf, um etwas Trost von ihm zu bekommen. "Faith?" Von oben kommt der Schein einer Petroleumlampe näher. "Findest du den Weg nicht?"

Link to comment
Share on other sites

 Share

×
×
  • Create New...