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[Nightmare Bites] Kap.1: WIE VIEL PHARAO BRAUCHT DER MENSCH?


Der Läuterer
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Penhew-Stiftung

Tottenham Court Road 35

Mittwoch, 08.01.1930

Abends, kurz vor 9 Uhr

 

 

Die Penhew-Stiftung ist ein privates, alt-orientalisches Museum und das grösste seiner Art in ganz Europa.

 

Die Stiftung beherbergt eine aussergewöhnliche Sammlung erlesener alt-ägyptischer Stücke. Die Qualität der Penhew-Objekte kann mit denen des Britischen Museums, des Louvre in Paris, des Metropoltan in New York, des Ägyptischen Museums in Berlin, sowie allen anderen Museen der Welt problemlos mithalten.

 

Benannt wurde es nach seinem Gründer, dem Archäologen und Sammler Lord Aubrey Penhew, der alle Objekte zusammengetragen hat. Entweder durch eigene Ausgrabungen oder durch käuflichen Erwerb.

 

Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.

 

Die grossen Objekte der Stiftung stehen frei im Raum, die kleineren Gegenstände sind hinter Glas in Vitrinen zu bestaunen.

 

Die Sammlung bietet den Besuchern einiges an ägyptischer Kunst in den fünf Räumen im Erdgeschoss. Allesamt Grabbeigaben und Steinskulpturen der frühdynastischen Zeit der 1. und 2. Dynastie, sowie des alten Reiches der 3. bis 6. Dynastie.

 

Ein ganz besonderes Prunkstück dieser Ausstellung ist die grosse Schwarze Sphinx aus schwarzem Granit, deren Herkunft noch immer ungeklärt ist...

Edited by Der Läuterer
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  • 4 months later...

Durch eines der vergitterten, hohen Rundbogenfenster hat man einen guten Einblick auf die schwach beleuchteten Räumlichkeiten der Ausstellung und auf einige der zahlreichen Objekte unterschiedlichster Art altägyptischen Kunst. Zwei ältere Männer in Uniform stehen im Raum und scheinen sich zu unterhalten. Einer von ihnen hat eine Zeitung unter dem Arm.

 

Ihr steht vor dem Eingang und betätigt die Klingel, worauf ein langgezogener Brummton zu hören ist. Beide Männer, die offensichtlich die Aufgabe von Nachtwächtern erfüllen, schauen gleichzeitig zum Eingang. Der eine deutet mit einem Kopfnicken zur Tür, worauf sich der andere in Bewegung setzt und seine Taschenlampe anmacht und den Ausstellungsraum verlässt.

 

Nach ein paar Augenblicken hört Ihr, wie sich Schritte der Eingangstür nähern. Mit einem Klicken öffnet sich ein zuvor unsichtbares, hölzernes Fenster in der grossen, schweren Holztür. Das Gesicht des Mannes hinter der Tür liegt völlig im Dunkeln. Seine Stimme klingt alt und verbraucht, ist aber dennoch kräftig. Obwohl er leise spricht hat seine Stimme etwas gebieterisches. "Guten Abend die Herrschaften. Der Penhew Stiftung tut es ausserordentlich leid, aber die Ausstellung ist geschlossen. Bitte kommen Sie morgen wieder. Wir freuen uns auf Ihren Besuch. Vielen Dank und noch einen schönen Abend wünsche ich."

Edited by Der Läuterer
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Clive

 

"Entschuldigen Sie ... wir kommen diesmal auch nicht, um die Ausstellung zu besichtigen, wenngleich ich das sicher nachholen werde.

 

Ich habe mich vorhin mit Lord Penhew unterhalten und er hat uns freundlicherweise hierher eingeladen.

 

Können Sie mir sagen, ob es einen weiteren Eingang gibt ... mit einer Klingel direkt zu den Büroräumen? Oder wären Sie so freundlich, Lord Penhew über unsere Ankunft informieren? Mein Name ist Dr. Savage", bitte ich den Wachmann höflich um Unterstützung.

Edited by Joran
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"Sehrwohl. Ich verstehe, mein Herr. Der Lord hat uns bereits im Vorfeld über Ihr mögliches Erscheinen heute Abend in Kenntnis gesetzt." Mit einem leisen Klacken wird das Fenster wieder geschlossen.

 

Einige Augenblicke später erklingt dreimal eine Glocke. Eine Art Schiffsglocke. Dann öffnet sich die Tür vor Euch.

 

"Treten Sie bitte ein. Der Lord erwartet die Herrschaften. Ich werde Sie zu ihm geleiten."

 

Die Eingangshalle ist in trübes Dämmerlicht getaucht. Der Nachtwächter ist für Euch noch immer unsichtbar im Dunklen hinter der Tür. "Warten Sie bitte. Ich werde die Tür noch hinter Ihnen schliessen, dann werde ich voran gehen."

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Der Nachtwächter ist alt. Bestimmt über 60 Jahre, vielleicht auch schon 70, aber er bewegt sich noch recht leichtfüssig und gelenkig. Er trägt eine Uniform, die vom Stil her denen der Polizei nachgeahmt wurde.

 

Der Mann bewegt sich mit einen zackigen Gang. Er war vor seinem Ruhestand sicherlich über einen längeren Zeitraum beim Militär oder bei der Polizei.

 

"Hier entlang." Er geht vor. Die Treppenflucht ist mit schmiedeeisernen Gittern verschlossen. Der Nachtwächter öffnet die Gittertür mit einem Schlüssel seines Schlüsselbundes. "Bitte." Der Mann weist mit seiner Hand die Treppe hinauf. "Sie werden oben in Empfang genommen."

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Clive

 

"Vielen Dank!"

 

Wir folgen dem Nachtwächter durch die Ausstellungsräume.

 

Das schwache Licht und das hallende Geräusch unserer Schritte lassen die Säle und die unbeweglichen Statuen noch größer erscheinen. Unsere Existenz ist zu unbedeutend, als dass die Zeugnissen der Geschichte uns beachten würden. Stolz blicken die Jahrtausende alten Gesichter in die Leere. Ich kenne das Gefühl bereits. Nur bin ich jetzt in England, nicht mehr in Ägypten. Die Schatten geben den Objekten neue Formen, schärfen die Konturen und schaffen Raum für Spekulationen und ein Gefühl ängstlicher Erwartung.

 

Zugleich schaffen das Zwielicht und die Ruhe einen weitaus angemessener Rahmen für diese Relikte und die Geheimnisse, die sie bergen, als ein mit Menschen gefülltes Museum.

 

Ich frage mich, ob die Tätigkeit als Nachtwächter an einem solchen Ort einen Menschen im Laufe der Zeit verändert.

 

"Sie haben einen außergewöhnlichen Beruf", flüstere ich fast und die Ehrfurcht vor den Schätzen um mich herum schwingt in meiner Stimme mit.

Edited by Joran
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Der alte Nachtwächter scheint Dich nicht gehört zu haben, oder er ignoriert Dich. Stoisch schreitet er die Treppe hinauf. Eine Stufe nach der anderen nehmend, gleichmässigen Schrittes.

 

Oben am Treppenabsatz steht eine einzelne Person wie eine Statue. Starr. Völlig regungslos. Gross. Schlank. Mit verschränkten Armen vor der Brust. Der Mann wird vom Licht hinter ihm beleuchtet, das aus der zweiten Etage ins Treppenhaus quillt - doch dieser Mann ist nicht Lord Penhew; dafür ist er noch zu jung, zu gross und auch zu athletisch. Durch die Hintergrundbeleuchtung erscheint er fast pechschwarz zu sein, umgeben von einer leuchtenden Corona.

 

"Danke, Sergeant Burns. Sie dürfen wieder gehen." Die Stimme ist scharf, fast unfreundlich. Die Worte eines Herrn zu seinem Diener.

 

Dann tritt die Person zur Seite und das Licht aus den Räumlichkeiten durchflutet das Treppenhaus. "Guten Abend und herzlich willkommen in der Penhew-Stiftung. Mein Name ist Edward Gavigan. Ich bin Lord Penhew's Sekretär. Kommen Sie bitte. Der Direktor erwartet Sie bereits. Treten Sie bitte ein."

Edited by Der Läuterer
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Clive

 

"Guten Abend, Mr. Gavigan. ... Vielen Dank."

 

Ich lasse Matilde den Vortritt und folge ihr ins Helle.

 

Ein wenig bedaure ich, die Stille und Ruhe der Hallen nun hinter mir lassen zu müssen. Was auch immer dort in den Schatten warten könnte, die Bedrohungen, über die wir jetzt mit Penhew reden müssen, sind viel realer und drängender. Ich habe das Bild von Karoline Gren auf der Intensivstation vor Augen. Dann denke ich an Cainnech. Ich hoffe, es geht beiden gut.

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Matilde

 

Ich laufe neben Clive, ich spüre wieder sowas wie Zuneigung. Er macht sich wirklich Sorgen um mich. Ich mag das. Manchmal braucht man eben dieses Gefühl.

Dann schaue mich um.

"Ich hoffe wir stören Lord Penhew nicht" sage ich zu dem Sekretär.

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Vom obersten Treppenabsatz an erstreckt sich ein dunkelroter, etwa zwei Meter breiter, Teppich wie eine ausgerollte Zunge, in die Richtung, in die Ihr unterwegs seid, und der jedes Geräusch Eurer Schritte verstummen lässt.

 

Aus einem dunklen Eck löst sich die kleine Gestalt einer hellgrauen, schlanken Kurzhaarkatze, streicht Gavigan um die Beine und folgt ihm dann aufmerksam mit hoch aufgerichteten Schwanz. "Nein, ganz im Gegenteil." Gavigan's Augen verengen sich zu Schlitzen. "Lord Penhew freut sich sehr über Ihr Erscheinen." Dann dreht er sich von Euch weg und geht voran in Richtung der beleuchteten Räumlichkeiten vor Euch.

 

Das obere Stockwerk weisst ein grosses fensterloses Büro auf, welches Ihr nun betretet und in welchem lediglich sechs Schreibtische stehen. Drei rechts, drei links. Der Raum wird von starken Lampen in der Mitte des Raumes erhellt, die ringförmig von der Decke hängen.

 

Abgehend von diesem grossen Raum sind links und rechts vier Türen zu sehen, zwischen denen jeweils einer der Schreibtische steht.

 

Geradeaus vor Euch, am Ende dieses Büros, befindet sich eine breite, doppelte, schön gearbeitete Glastür, durch welche ein warmer, güldener Lichtschein hinaus in das Büro schimmert. Die Tür selbst wird von einem Dekor eingerahmt, das ägyptischen Wandreliefs und Malereien aus Gräbern und Tempeln nachempfunden wurde.

 

Gavigan schiebt die farbigen, bleiglasverzierten Jugendstil-Türen auseinander, die auf Schienen gleitend in schmalen Nischen in den Wänden verschwinden, während die Katze noch immer seine Beine umschmeichelt. Ihr ständiges, monotones und sonore Schnurren hat etwas sehr hypnotisches.

 

Gavigan geht vor und betritt den Raum. Ihr befindet Euch nun in einem geräumigen, quadratischen Zimmer, das, der Einrichtung nach, einem Wohnzimmer nicht unähnlich ist und welches überaus gediegen und herrschaftlich ausgestattet wurde. Es erinnert in seiner Art an ein Lese- oder Raucherzimmer in einem der altehrwürdigen britischen Herrenclubs.

An der linken und rechten Seite des Raums sind schwere, rote Vorhänge an den Wänden, die vermutlich die dortigen Fenster verhängen, durch die aber von aussen keinerlei Licht herein fällt.

An den beiden anderen Wänden befinden sich grosse Ölgemälde mit den Darstellungen von Ruinen alt-ägyptischer Ausgrabungsstätten: Die Stufenpyramide von Sakkara - Die Rote Pyramide von Dahschur - Die grosse Pyramide von Giseh - Die Pyramide von Giseh mit der Sphinx.

 

Vor Euch ist eine breite, zweiflügelige Holztür, neben der links und rechts jeweils eine steinerne Sitzstatue eines Pharaos aufgestellt ist. Der rote Teppich läuft bis zu einer Art steinernem Siegel, das sich vor der Tür und zwischen den beiden Statuen befindet.

 

Gavigan deutet auf eine Sitzgruppe von schweren, roten Chesterfield-Ledersesseln rechts von Euch. "Nehmen Sie bitte schon einmal Platz, meine Herrschaften und machen Sie es sich bequem. Ich werde dem Lord Bescheid geben."

 

Er geht zu einer der beiden Statuen neben der Tür und nimmt ein Sprachrohr zur Hand und spricht hinein. Dann, nach einer Weile. "Sehrwohl, eure Lordschaft. Ja. Ich habe verstanden. Ich werde sogleich alle Vorkehrungen treffen."

 

Er entfernt sich sogleich. "Einen Augenblick bitte. Lord Penhew wird Sie in Kürze begrüssen."

Edited by Der Läuterer
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Clive

 

Ich beobachte die Katze, während wir warten. Ihr Fell ist hellgrau. Vermutlich ist sie wertvoll.

 

"Eigentlich hätte ich bei Lord Penhew eine Katze mit Tupfenzeichnung erwartet, wie man sie in Kairo antrifft ... ein Nachfahrin der Katzen, die man auf ägyptischen Wandmalereien gefunden hat", denke ich.

 

"Aber unabhängig von der Fellzeichnung bleibt es eine ... vornehme ... Katze."

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Ich schaue mich um, und nehme Platz.

Ich weiss nicht, was mich erwarten wird. Lord Penhew wird sich wohl kaum von seinen wertvollen Papiere für meine schöne Augen trennen.

Mehr als verständlich.

Ich lächle ein wenig gedankenverloren.

Ich hab ja nichts zu verlieren. Ich wollte mich gestern noch umbringen.

Nur Schade um Marie, wenn die mich morgen umlegen. Aber Angst habe ich keine mehr.

Hoffentlich ist Alex im Sicherheit. Das wäre schon mal was.

Alles anderes ist..alles ist willkommen.

Ich streichele kurz mein Bauch an.unvollendete Geschäfte habe ich nicht wirklich. Nur tausende unbeantwortete Fragen.

Ich starre die schöne Katze an.

Aber “die” werden mir eher eine Kugel in den Kopf jagen, als Antworten schenken.

Edited by Nyre
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Clive

 

Ich blicke zu Matilde herüber. Mir entgeht nicht, wie sie gedankenverloren über ihren Bauch streicht.

 

Diese kleine Geste rückt die Dinge für mich wieder zurecht:

 

"Du hast recht, Matilde ... das ist es was zählt! Sicherheit für Dich und das Kind.

 

Ich darf nicht an der Schneiderei oder an der Vergangenheit festhalten, darf nicht länger mit Dir in London bleiben als unvermeidbar."

 

Hier in diesen Räumen fühle ich mich sicher und kann endlich wieder an eine Erfüllung meiner Wünsche glauben. Aber wird Penhew tatsächlich der Verbündete sein, den wir benötigen?

Edited by Joran
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Nachdem Gavigan gegangen ist, bleibt die Katze noch einige Minuten lang auf dem steinernen Siegel sitzen und starrt die Tür an.

 

Das Leder ist unglaublich weich und Ihr sitzt auf den breiten Chesterfield-Sesseln sehr bequem, während Ihr das Tier beobachtet. Jeweils zwischen zwei der Sessel steht ein kleiner, runder Rauchertisch. Und in der Mitte des Rund mit den acht Sesseln steht ein Rundtisch. Der Korpus ist gläsern und kann von zwei Seiten geöffnet werden. Darin stehen Gläser und erlesene Spirituosen.

 

Die Katze gesellt sich schliesslich zu Euch, hält aber zu Euch Abstand und streicht um die Sessel und Tische herum. Noch immer schnurrt und brummt das Tier, als würde ein Schwarm wütender Hornissen in seinem Inneren hausen.

 

Überrascht stellt Ihr fest, dass das Tier gar nicht so dünn ist, wie es anfänglich wirkte. Es ist haarlos; völlig nackt.

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