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Ausbeutung von (Computer-)Spieleentwicklern


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Jau, auch Spieleentwickler fallen dem üblichen Trend in der Branche zum Opfer. Primär in der Endphase von IT Projekten geht es in der Regel heftig zu. Die meisten in der IT wissen das und mögen ihren Job dennoch.

 

Aber von echter Ausbeutung würde ich eher sprechen, wenn ich was zu den Zuständen bei Industrie und Handwerk Leiharbeitsklaven sage. Bei Softwareentwicklern sehe ich derzeit zwar auch hohe Belastungen und die selbstverständliche Erwartungshaltung der Studios an ihre Entwickler zu krass vielen Überstunden kurz vor Release von großen Blockbuster Games, aber in der Regel auch durchaus angenehmere Gehälter und auf Grund der Qualifikation und des breiten Fachkräftemangels in der IT/Software-Entwickler Branche allgemein auch jede Menge alternative Möglichkeiten.

 

Da wirkt der Begriff "Ausbeutung" auf mich dann doch etwas zu hart, und missverstandlich.

Edited by _HeadCrash
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*seufz*

 

Das ist nun wirklich nichts neues. So gut wie kein Seelenschinder Spielentwickler bewältigt den Crunch wirklich gut, auch wenn es, unter anderem durch den öffentlichen Druck, einige geringfügige Verbesserungen gibt. Hier ist aber auch die Scheinheiligkeit der Spieler mal wieder typisch: solange mit Red Dead Redemption, GTA oder The Witcher die Spielemacher die Herzen der Spieler treffen, solange wird stillschweigend das Sklaventreiberverhalten hinter den Kulissen gefließlich ignoriert und die Firmen dennoch himmelhoch gejubelt (siehe CDPR auf der E3). Und Publikumsliebling Keanu nimmt noch Geld dafür.

 

Und warum eigentlich kommen die Artikel jetzt erst über Spielentwickler? Mal einen Blick in die Gastronimie geworfen? Da ist Crunchtime fast 365 Tage im Jahr. Köche zb ...

 

SYL

Edited by apple
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Naja, es ist nicht ganz so einfach. Abgesehen natürlich inkompetenten Managern gibt es noch andere Faktoren. Vorbesteller müssen ein konkretes Datum haben, Du hast Marketing/PR Kampagnen, Für CDs und DVDs hast Du Slots in den Presswerken (und wenn Du diese nicht nutzt, mußt Du trotzdem zahlen UND dann X Tage/Wochen/Monate warten), dann möglicher Stress mit neuen Engines und nicht funktionierenden Features in der letzten Sekunde (Star Citizen kann davon nicht nur ein Lied, sondern eine ganz Oper singen).

 

Es stimmt aber schon, daß viele Studios sich auf "Bioware Magic" ausruhen, anstelle zu versuchen, entsprechende Baustellen anzugehen.

 

SYL

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Wenn es danach geht, wäre Cyberpunk 2077 schon vor 2-3 Jahren als games-as-a-service-Produkt rausgekommen. Dieser Thread wurde Anfang 2013 angelegt und wenn ich mich nicht irre, haben sie dazwischen einmal neu angefangen.
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Zudem hat CDPR nun auch öffentlich deutlich gesagt, dass sie das Thema nicht kleinreden wollen und aktiv versuchen werden unnötigen Crunch in den Endarbeiten zu vermeiden. Dennoch wäre es, laut Aussage der Geschäftsführung von CDPR, eben nicht zu vermeiden, das einige Mitarbeiter in den letzten Wochen und Monaten vor Release mehr beansprucht würden. Sie wollen aber - laut deren Aussage - die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter möglichst nicht über Gebühr, überstrapazieren.

 

Das klang für mich zumindest fair und ehrlich. Da CDPR auch an keinem der ganz großen Publisher dranhängt und selbstständig agiert, kauf ich ihnen zumindest die Absicht auch ab. Zumal sie dafür bekannt sind, keine übertriebenen Deadlines zu setzen und nicht all zu früh ein Releasedatum verkünden. Und das sie wenn notwendig ein einmal geäußerten Releasedatum auch nochmal verschieben, wenn sie nicht zufrieden sind mit dem Ergebnis. All das spricht für etwas vernünftigere Verhältnisse in der Entwicklung dort.

 

Man hat in der Vergangenheit deutlich gesehen, wie die Qualität von großen Studios den Bach runter geht, nachdem sie z.B. von EA geschluckt wurden. Ich bin davon überzeugt, dass dort die Zustände wirklich erhwblich ätzender geworden sind. Und in künstlerischen Jobs derartige Rahmenbedingungen zu schaffen ist oft ein Garant für miesere Ergebnisse, aber eben auch niedrigere Preise und häufigeren Output. Aber wenn man sich mal BioWare anschaut, sieht man wie das wird.

 

Ich finde CDPR sollten nicht als besonders schlechtes Beispiel in dem Zusammenhang hervorgehoben werden. Das kommt mir nicht verhältnismäßig und fair vor. Bei EA Studios erscheint mir das gerechtfertigter, auch wenn ich mir anschaue, was mit einst großen Entwicklern passiert, wenn sie erstmal in die EA Mühlen geraten sind. Ich denke die Qualität eines Spiels nach Release gibt durchaus Aufschluss darüber, unter welchem Druck und Crunch die Entwickler gestanden haben müssen. Daher kommt meine Einschätzung.

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Wenn es danach geht, wäre Cyberpunk 2077 schon vor 2-3 Jahren als games-as-a-service-Produkt rausgekommen. Dieser Thread wurde Anfang 2013 angelegt und wenn ich mich nicht irre, haben sie dazwischen einmal neu angefangen.

 

Dazwischen wurde es für The Witcher 3 abgezogen und hatte damit eine jahrelange Pause (für den Crunch in TW3...). Die eigentliche Entwicklungszeit von CP77 ist also weitaus kürzer, was der Zeitraum von 2012 bis 2020 vermuten läßt. Und nein, man sollte bitte nicht EAs Bullshit-Definition von GaaS mit dem verwechseln, was ursprünglich darunter verstanden wurde (und was auch in vielen Spielen korrekt und erfolgreich umgesetzt wurde).

 

Zudem hat CDPR nun auch öffentlich deutlich gesagt, dass sie das Thema nicht kleinreden wollen und aktiv versuchen werden unnötigen Crunch in den Endarbeiten zu vermeiden.

 

Da gibt es leider sehr unterschiedliche Meinungen, unter anderem auch das berüchtigte "Ex-Mitarbeiter packt aus".

 

(es gibt noch zahlreiche andere Videos dazu)

 

jCNUaJ4.jpg

 

Das Problem ist natürlich wie immer die Frage nach der Perspektive und Glaubwürdigkeit.

 

All das spricht für etwas vernünftigere Verhältnisse in der Entwicklung dort.

 

Nein. Es spricht für einen guten PR Manager, der dem Management jetzt nahegelegt hat, als reumütiger Entwickler aufzutreten, der so schweren Herzens die Leute crunchen lies für DAS PERFEKTE SPIEL. Sorry, daß es so negativ klingt, aber CDPR, genau wie andere Entwickler, hatte jahrelang kein Interesse daran,irgendwas zu ändern. Nur als die soziale Shitstormwelle anfing auch in deren Richtung zu schwappen, wurde reagiert. Das gleiche bei Bioware, EA, Schneesturm, Rockstar etc.

 

    Ich finde CDPR sollten nicht als besonders schlechtes Beispiel in dem Zusammenhang hervorgehoben werden.

 

Das ist sicherlich korrekt und das war auch nicht meine Absicht (es ist nur halt eine CP77 Diskusison) - nur sollte man halt auch bei CDPR, so phantastisch deren Spiele auch sind, so sehr auch die Hoffnungen auf CP77 ruhen und so sehr kundenorientiert ihr Geschäftsmodell ist, nicht einfach den Heiligenschein aufziehen, nur weil es CDPR ist.

 

SYL

Edited by apple
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Wenn es danach geht, wäre Cyberpunk 2077 schon vor 2-3 Jahren als games-as-a-service-Produkt rausgekommen. Dieser Thread wurde Anfang 2013 angelegt und wenn ich mich nicht irre, haben sie dazwischen einmal neu angefangen.

Dazwischen wurde es für The Witcher 3 abgezogen und hatte damit eine jahrelange Pause (für den Crunch in TW3...).

Na, das gleiche upper management hätte dem Studio für The Witcher 3 natürlich auch nicht soviel Zeit eingeräumt. ;)

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Naja, ob ehemalige Mitarbeiter eine gute Quelle für neutrale Berichterstattung sind... solange da nicht eine größere Gruppe von ehemaligen Mitarbeitern aus dem gleichen Grund (Überbelastung und Ausbeutung) gegangen sind und darüber berichten bin ich da generell vorsichtig. Einzelne ehemalige Mitarbeiter sind nahezu immer individuell fustriert und deren Äußerungen in der Regel selten besonders objektiv. 

Aber wer in der Softwareentwicklerbranche in Europa oder den USA derzeit ernsthaft von Ausbeutung spricht, sorry, mein Verständnis ist da leicht begrenzt. Ich arbeite selbst in der IT. Aber ein bisschen Verhälnismäßigkeit sollte schon gegeben sein. Zudem lässt sich wirklicher Druck und effektive Ausbeutung sowieso nur aufbauen, wenn mit dem Arbeitsplatzverlust ein Sturz in die Armut sehr wahrscheinlich ist. Und das ist in der Softwareentwicklungsbranche allgemein und in der Gamingindustrie im Speziellen einfach kein realistisches Szenario derzeit. Überall wird Personal gesucht. Ich klage Zustände bei Leiharbeitsfirmen, Speditionen, Paket- und Briefzustellern und diversren Industrie und Handwerksbranchen massiv an. Aber nicht bei Softwareentwicklern. Dort kann man sicherlich noch sehr vieles sehr viel besser machen und die Arbeitsbelastung gerade im Endspurt in Projekten verlangt viel, aber nochmal: Ausbeutung geht anders, ganz anders.

 

Und ich bin weiterhin davon überzeugt, das Studios unter größeren Konzernen wie EA ganz anders "ausgepresst" werden als bei einem eigenständigen Studio wie CDPR. Stressige Arbeit und zu viel Volumen für zu wenig Personal ist leider üblich heute und sicherlich kein Zustand, den ich besonders positiv finde oder deren Konsequenzen ich klein reden will. Aber bei der aktuellen Crunch-Debatte in der Gamingindustrie geht mir so ein bisschen die Realation und Verhältnismäßigkeit verloren, wenn ich von Ausbeutung lesen muss. Und irgendwie fließt da so ein unterschwelliger Vorwurf mit, dass man mit der Unterstützung solcher Studios auch deren Praxis unterstützen würde, wenn man sich nicht gleichzeitig öffentlich darüber aufregt, dass dort die Entwickler derart in die Mangel genommen werden.

 

Aber in einen CP2077 Thread gehört das meiner Meinung wirklich nicht rein.

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Dazu kann ich dank einem ehemaligen Kommilitonen etwas tiefere Einblicke geben.

 

Dieser hat nach einigen kleineren Projekten schließlich zu einem großen namenhaften Studio in Deutschland gewechselt. Dort wurde er vom einfachen Spiele Tester schnell zum head of des Team Europa.

Dann verlor ich ihn etwas aus den Augen und als ich ihn ca 1,5 Jahre später traf war ich ehrlich gesagt schockiert. In der Zwischenzeit hatte er gut 10 kg abgenommen und hatte einen Schlaganfall hinter sich.

 

Er erzählte mir, dass er ein sehr großes Projekt betreut hat. Das größte Spiel der Firma sollte nun auch auf der Xbox laufen. Die firmenregelung zu Überstunden sei : wer 16 Überstunden gemacht habe bekomme 1 Tag sonderurlaub der nicht verfallen könne. Er habe im letzten Jahr über 100 Tage angesammelt von denen er nun nach Abschluss des Projekts 6 Wochen mit Kollegen nach Kalifornien geflogen sei.

Sein Schlaganfall habe er bekommen weil er jeden Tag 7 Tage die Woche mindestens 16 Stunden gearbeitet habe und so gut wie nie eine Pause gemacht habe. Er habe sich meist von Kaffee und Zigaretten ernährt. Der Schlaganfall habe ihn dann auch ganze 2 Wochen zurück geworfen aber das habe er ja doch irgendwie rein holen können.

 

Das erschreckende daran war: er war überglücklich und fand er habe den besten Job der Welt. Kein Wort von Druck von oben oder zu knappe Zeitfenster.

 

Deswegen würde ich auch sagen, dass im Gaming bereich nicht von Ausbeutung im klassischen Sinne gesprochen werden kann. Es ist viel mehr so dass da einige Leute mit Leidenschaft und Herzblut bei der Arbeit sind (wie in vielen kreativen Bereichen) und die Arbeitgeber zu wenig auf ihre Verantwortung schauen den Mitarbeiter vor sich selbst zu schützen. Auch die arbeitsschutzgesetze werden hier nicht konsequent vom Arbeitgeber durchgesetzt. Und was die Entwicklungszeiten anbelangt nutzt man vermutlich meist Erfahrungswerte um die Zeiträume abzuschätzen. Da die Mitarbeiter aber so engagiert sind gibt man ihnen jedesmal diesen Stress, weil es ja funktioniert.

 

Bei all diesen Überlegungen liegt natürlich nur 1 Fall in Deutschland zugrunde. Ob internationale große Entwickler da nicht auch nochmal ne Schippe drauf legen weiß ich nicht.

Und meiner Meinung nach ist es bei diesen Job Bedingungen kein Wunder, dass die ganze Gaming Entwickler Szene Drogen nicht abgeneigt ist. Egal ob zur Leistungssteigerung oder um nachts schlafen zu können oder in Freizeiten abschalten zu können

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Gut ist an der Praxis in der gaming Branche sicher nix. Aber die meisten dort lieben ihren Job, und haben ihn sich nicht ausgesucht, damit sie ihre Familie irgendwie durch bekommen, sondern aus Leidenschaft. Das war zumindest mein Eindruck.
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Klar sind viele Spieleentwickler aus Leidenschaft dabei, das gibt ihren Firmen nicht das Recht Arbeitsschutzgesetze zu missachten und ihre Gesundheit restlos auszubeuten.

Und wenn das Industrieweit so ist kann man auch schlecht sagen dass man sich eben einen anderen Job suchen soll, da muss schon das ganze System geändert werden.

 

Zwischen "ich arbeite auch in IT" und "Spielebranche" sind eben auch ziemlich große Unterschiede, ich glaube da meinen Bekannten die dort arbeiten statt von meiner eigenen komfortablen Gleitzeit mit freiwilligen und komplett abfeierbaren Überstunden auf andere zu schliessen.

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Ich meinte ja auch nicht innerhalb der Spielebranche sondern innerhalb der Entwickler Branche. Da werden überall händeringend Leute gesucht mit viel entspannteren Arbeitszeiten. Arbeitslos wird von denen niemand, der das nicht mehr machen will. Und ich sage nicht, dass ich das gut finde, ich sage nur, dass ist freiwillig gewählt bei der aktuellen Arbeitsmarkt Situation (Stichwort Fachkräftemangel) und daher keine Ausbeutung. Und dabei bleibe ich auch.

 

Erst wenn unter diesen Bedingungen keine Entwickler mehr Bock auf den Job haben, ändert sich was. Vorher wäre es als Unternehmen auch wirtschaftlich wenig sinnvoll daran richtig viel zu ändern. Sofern die Entwickler da in der Masse überhaupt was dran ändern wollen.

 

Und zum Thema Arbeitnehmerrechte und Arbeitgeberpflichten: In Deutschland vielleicht. Aber weder in Polen noch in den USA. Soziale Marktwirtschaft ist halt noch lange kein Standard in der Welt. Und wenn ich mir anschauen was so mancher in Silikon Valley an Studenten komplett freiwillig raushaut, dann ist das eher eine persönliche bewusste und gewollte Entscheidung als Ausbeutung durch das Unternehmen. Welches Unternehmen will schon arbeitswürdige Workaholics ausbremsen? Zumal die Chefs vieler junger IT Buden incl. Gaming Studios sich selbst so ticken. Also der Vorwurf geht bei mir ein bisschen unter.

Edited by _HeadCrash
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