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Götter und Gebete ausserhalb des Mythos


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Hallo alle miteinander.

 

Ich leite zur Zeit meine erste Cthulhu-Gruppe und einer meiner Spieler ist ein katholischer Irrenarzt, der sich häufiger an Jesus und die heilige Jungfrau Maria wendet. Er wollte nun neulich wissen, ob es Allah, Iehowa, Buddha oder die anderen irdischen Götter denn ingame eigentlich auch gäbe, und ob die wirken und walten würden.

 

Spontan kam mir nur die Antwort in den Kopf, dass, wenn man sich an einen der oben genannten wenden würde, sich wahrscheinlich eher Nyarlathotep melden würde :D , aber mal im Ernst - das "normale irdische Pantheon" gibt es in Cthulhu gar nicht, oder?

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Vorweg: Ich gehe davon aus, dass dein Spieler einen äkatholischen Irrenarztô spielt, da er sich wohl kaum als solcher bezeichnen lassen würde, wenn er einer wäre.

 

Ein paar Götter echter irdischer Religionen haben sich schon mehr oder weniger in den Mythos eingeschlichen, z. B. Nodens, Bast oder Ganesha (Chaugnar Faugn). Bei Nyarlathotep wird meines Wissens auch von Lovecraft selbst angedeutet, dass er in der ägyptischen Mythologie aktiv war.

 

Was die Götter bzw. den Gott der meisten heute verbreiteten Religionen betrifft, so dürften sie im Cthulhu-Universum keinen wirklichen Platz finden û zumindest nicht in ihrer an moderne Moralvorstellungen und Weltbilder angepassten Version. So etwas wie der äu?erst blutrünstige, personifizierte Gott des alten Testaments, der sich mit anderen Göttern äprügeltô, passt da schon eher in den Cthulhu-Mythos. Au?erdem ist mir keine Religion bekannt, deren Entschuldigung für die Abwesenheit ihrer Götter bzw. ihres Gottes ist, dass diese kein Interesse an der Menschheit haben bzw. schlafen.

 

Eine kanonische Sicht was den Bezug der heutigen Religionen zum Cthulhu-Mythos betrifft, dürfte es nicht geben, aber die weitestverbreitete Ansicht dürfte sein, dass Mythos-Gottheiten (Nyarlathotep, Chaugnar Faugn, Hastur) sie mit oder ohne Absicht inspiriert haben und sich heute über sie schlapplachen bzw. nichts von ihnen mitbekommen. Gebete im Sinne heute verbreiteter Religionen sind û wie Du schon feststelltest û im Cthulhu-Universum bestenfalls wirkungslos, vom Placebo-Effekt abgesehen.

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Original von Laird Floyd

Spontan kam mir nur die Antwort in den Kopf, dass, wenn man sich an einen der oben genannten wenden würde, sich wahrscheinlich eher Nyarlathotep melden würde :D , aber mal im Ernst - das "normale irdische Pantheon" gibt es in Cthulhu gar nicht, oder?

 

Das irdische Pantheon setze ich in Cthulhu so ein wie in der wirklichen Welt. Man glaubt an Götter, man praktiziert Religionen und Riten, aber spieltechnischen Effekt hat das keinen.

Die irdischen Göttermythen lasse ich offen und unbeweisbar, so wie sie sich eben darstellen.

Und eine Verbindung zum Cthulhumythos gibt es bei mir nicht. Die Götter des Cthulhu Mythos sind eine ganz ganz andere Baustelle, die will ich nicht verknüpft haben mit der wirklichen irdischen Mythologie.

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...wenn man sich an einen der oben genannten wenden würde, sich wahrscheinlich eher Nyarlathotep melden würde...

Das könnte durchaus eine dramaturgisch interessante Variante sein, denn den Grossteil ihres Lebens haben auch katholische Priester, Laien oder sonstwie Gläubige meines Wissens keinen ständigen Draht zu ihrem Gott. Mit anderen Worten, normalerweise passiert nach einem Gebet zunächst mal gar nichts (auffälliges).

 

Interessant sind jedoch die wenigen Male, wenn sie tatsächliche eine Art von Antwort bekommen. Denn die bei CoC in game real vorhandenen Entitäten / Götter, die auf Sendung gehen könnten, dürften für einen Gläubigen eine ziemlich verstörende Erfahrung abgeben.

 

Ramsey Dukes gibt in einem Essay "The Satan Game" eine vergleichbare Situation, nur das er nicht ein Pantheon verstandeszersetzender Monstrositäten als Weltenlenker sondern eine Zeitalter-Theorie annimmt, nach der wir uns momentan im Zeitalter des Horus befinden (zu Risiken und Nebenwirkungen fragen sie bitte Ihren Arzt oder Thelemiten):

recent examples of people like Khomeini ... who claim to have had direct messages from god make it clear in their subsequent actions that the actual deity contacted was far from loving, rational deity. They have contacted the wrath of Horus... If they are Fundamentalists they obey the the letter of Horus' law - for a taste of which see Liber Al chapter Three...

 

Persönlich würde ich mir als eSeL den (möglichen) Spass um keinen Preis verbauen wollen, wenn beispielweise Nyarlathotep aus einer Laune heraus auf ein besonders verzweifeltes "Oh Herr, der du die Leiden dieser Welt auf dich genommen hast, gib mir Kraft in dieser dunklen Stunde" den Charakter mit dem festen Glauben erfüllt, er würde diesem armen Irren den Weg ins Himmelreich eröffnen, indem er ihn schnellstmöglich mit einem grossen Messer ein bestimmtes Symbol in die Brust ritzte, sodass der Teufel mit dem Blut aus seinem Leibe fahren könne. An dieser Stelle sollten die anderen Spieler optimalerweise davon überzeugt sein, dass der obdachlose, ehemalige Professor durchaus als Informationsquelle noch benötigt würde...

 

 

 

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Hi!

 

Vielleicht ist es hilfreicher, wenn man den Gedanken an "Götter" per se einfach mal beiseite lässt. Im Grunde genommen sind ja die Gro?en Alten, die ?lteren "Götter" und sogar die ?u?eren "Götter" nicht wirklich Götter, sondern riesenhafte, machtvolle Wesenheiten mit uns vollkommen unverständlichen Kenntnissen und Fähigkeiten sowie Moralvorstellungen etc.

Sie denken, existieren und handeln in anderen Dimensionen (was sowohl metaphorisch als auch wörtlich verstanden werden kann). Zumindest ist dies auch der Grundgedanke, der wohl bei Lovecraft dahinter stand.

Cthulhu selbst ist damit eher ein für den menschlichen Verstand vollkommen unbegreiflicher, riesenhafter Alien...

 

Was diese Wesen zu Göttern macht, ist ihre schiere Machtgewalt, und ihre vollkommene Unverständlichkeit, die uns Menschen insignifikant werden lässt. Wir definieren sie als Götter, weil uns andere Möglichkeiten der Klassifizierung verwehrt bleiben. Genau so, wie uns jede unverständliche Wissenschaft und Technik als Magie anmuten muss...

 

De facto gibt es in der Lovecraft'schen Welt also keine Götter. Zudem würde die Existenz der von uns Menschen angebeteten "realen" Gottheiten, die uns helfen, gütig sind, einen Himmel bzw. ein Paradies bereithalten etc., und sogar der Gedanke an eine Hölle, das Lovecraft'sche Universum ad absurdum führen. Denn ein solches Weltbild wäre ja quasi humanozentrisch, und würde die Taten der Menschen nicht insignifikant werden lassen, sondern für die Erlösung des Selbst sogar äu?erst notwendig bzw. richtig. Es würde au?erdem eine moralische Welt erschaffen, in der Gut und Schlecht, Richtig und Falsch klar definiert werden könnten. Auch das widerspräche Lovrcraft's Gedanken einer Welt/Menschheit, die so unwichtig und irrelevant ist wie z.B. ein einzelner Ameisenstaat uns erscheinen mag...

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De facto gibt es in der Lovecraft'schen Welt also keine Götter.
Das sehe ich anders. Für mich gibt es in der Welt von CoC Götter genau so, wie es sie in unserer gewohnten Welt gibt: Unabhängig von ihrer realen Existenz (woran auch immer man das festmachen will) existiert die Vorstellung von ihnen in unserer Psyche, und um die geht es für mich bei CoC verstärkt. Der einzige Unterschied zur Realität ist für mich, dass ich als Spieler (nicht als Charakter) bei CoC weiss, dass es sich hier nur um Pappkulissen in meinem Kopf handelt, hinter denen ab und zu etwas derart schauerliches und unbegreifliches hervorlugt, dass mir die schöne Fassade am Ende lieber ist.

 

Er wollte nun neulich wissen, ob es Allah, Iehowa, Buddha oder die anderen irdischen Götter denn ingame eigentlich auch gäbe...
Natürlich gibt es in CoC in jeder Epoche ganz normale Kleriker aller möglichen Konfessionen (das Spielerhandbuch stellt sie auch durchaus als spielbaren Beruf dar). Und für diese Charaktere ist ihr Gott natürlich real.

 

Eine andere Frage ist, ob dieser Gott in der Spielewelt reale Macht hat.

Und da ist die Grundannahme des Spiels, das alle bekannter Götter nur Masken für das Grauen sind, das die Welt unseres Spieles beherrscht.

 

Es ist ein wenig so, wie mit dem Atman und den vielen indischen Göttern: Den wahren Urgrund kann man schlicht nicht anbeten, weil er dafür zu unberechenbar ist. In einer seiner Masken oder Erscheinungsformen (lies Götter) geht das viel besser.

 

angebeteten "realen" Gottheiten, die uns helfen, gütig sind, einen Himmel bzw. ein Paradies bereithalten etc.,
Entschuldige, aber damit tust du den vielen Göttern, die wir Menschen in unserer langen Geschichte verehrt haben, ganz furchtbares Unrecht: Mars war der Herr furchtbaren Gemetzels, die Opfer-Rituale der Inkas waren nicht unbedingt gütig, Loki alles andere als der Traum aller Schwiegermütter und Frigg bestimmt keine unbefleckte Jungfrau.

 

Selbst ein Gott, welcher Liebe und Brüderlichkeit lehrt, ist noch lange kein Hindernis für egoistische und blutige Machtspiele. Unsere eigene Geschichte ist voll von Beispielen, wie weit die Lehre der Nächstenliebe pervertiert werden kann. Zu diesem Grauen sind wir Menschen IMO auch ohne Einwirkung höherer Mächte fähig. Was könnte alles passieren, wenn hinter diesem normalen Wahnsinn noch etwas lauert, was unzählige Male grausamer und entsetzlicher ist? Das ist meine Version des Cthulhu-Mythos.

 

Natürlich ist die Grundannahme von CoC, dass unsere gemeinhin als real wahrgenommene Welt nicht mehr ist als ein Ílteppich auf einem Ozean, dessen Tiefen etwas ungleich bewegenderes bergen. Das ist für mich aber kein Grund, den Spiegelungen auf der Oberfläche keine Aufmerksamkeit zu schenken, bis sie durch eine unbedachte Regung aus der Tiefe zerrissen werden.

 

 

Gru?

ptokremin

 

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Ich glaube, wir haben ein bisschen aneinander vorbei geredet. Deshalb möchte ich mal versuchen, mich hier ein wenig besser zu erklären...

 

Natürlich weiss ich, dass es nicht nur gute Gottheiten in den verschiedensten Religionen unserer Welt gab bzw. gibt (man denke nur an die vielen verschiedenen Gesichter der drei Gottheiten in der hinduistischen Mythologie - Kali als eines der bekanntesten).

Zudem wei? ich auch, dass unter dem Banner fürsorgender und "liebender" Gottheiten mehr als nur ein paar grauenhafte Taten geschehen sind - und immer noch geschehen (z.B. die religiös begründete Verfolgung von Homosexuellen in einigen Ländern Afrikas - bis hin zur Todesstrafe).

Und ich möchte auch nicht den wichtigen Stellenwert von Glaube und Religion im Leben so vieler Menschen verringern oder verhöhnen.

 

Allerdings hat ein tatsächlicher wohlmeinender Gott in einer ausschlie?lich lovecraft'schen Gedankenwelt keinen Platz. Nicht, weil keiner an ihn glaubt, ihn anbetet, oder ihn gar für seine Machenschaften einsetzen will. Aber dass einer solchen Präsenz (sei sie nun stofflich oder nicht, gestaltlich oder abstrakt, oder einfach nur eine "Macht des Guten" oder Vergleichbares) ein gewisser Einfluss oder gar eine gewisse tatsächlich existente Macht eingeräumt wird, passt einfach nicht.

 

Um zu erklären, warum das so ist, muss ich wohl noch ein wenig weiter ausholen. Vorab aber vielleicht noch eine Einschränkung:

Ich beziehe mich mit diesen Ausführungen nur auf die Grundgedanken Lovecrafts, nicht direkt auf das Rollenspiel CoC. Oder besser, nicht auf die Möglichkeiten, die man im Rahmen des Rollenspieles einräumen kann...

 

Lovecraft selbst hat eine ganz bestimmte Sorte von Horrorgeschichten geschrieben - und das ganz bewusst. Aus diesem Grunde suchte er sich konrete ?ngste (oder besser, eine Angst) aus, die er zum Zentrum seines Horrors machte:

"The oldest and strongest emotion of mankind is fear, and the oldest and strongest kind of fear is fear of the unknown." - Supernatural Horror in Literature

 

Lovecraft führt in seinem (gerade zitierten) Essay dann weiter aus, wie solche ?ngste entstehen und sich ausdrücken, und fasst Horrorliteratur, die sich ganz explizit mit dieser Angst befasst, unter dem Begriff "literature of cosmic horror" zusammen, als Teil der "weird tales". Was solche "weird tales" of "supernatural" or "cosmic horror" beinhalten, führt er dann wie folgt aus:

"[in the true weird tale] a certain atmosphere of breathless and unexplainable dread of outer, unknown forces must be present; and there must be a hint, expressed with a seriousness and portentousness becoming its subject, of that most terrible conception of the human brain - a malign and particular suspension or defeat of those fixed laws of Nature which are our only safeguard against the assault of chaos and the daemons of unplumbed space." - ebenda

 

Diese Idee, dass alles, was wir für wichtig, wert und richtig erachten, nicht nur unwichtig, sondern vollkommen falsch, oder zumindest vollkommen unzuverlässig, ist, liegt dem Kosmos von Lovecraft zugrunde. Und um diese quasi mit der groben Kelle zu servieren, erschafft Lovecraft seine Wesen von au?erhalb, die so gar nicht in unser Konzept von Realität passen, die nicht einzuordnen sind, und die wir niemals auch nur im Ansatz verstehen können.

"The most merciful thing in the world, I think, is the inability of the human mind to correlate all its contents. We live on a placid island of ignorance in the midst of black seas of infinity, and it was not meant that we should voyage far. The sciences, each straining in its own direction, have hitherto harmed us little; but some day the piecing together of dissociated knowledge will open up such terrifying vistas of reality, and of our frightful position therein, that we shall either go mad from the revelation or flee from the deadly light into the peace and safety of a new dark age." - The Call of Cthulhu

 

Unter diesen Gesichtspunkten, und wenn man Lovecrafts Ideen und andere Ansätze mit einbezieht, existieren keinerlei wirklich magische, allmächtige oder göttliche Wesen, sondern nur Kreaturen, die wir einfach nicht verstehen können, und allein schon bei dem Versuch wahnsinnig werden müssen...

Göttlich oder magisch kommen uns solche Wesenheiten nur deshalb vor, weil wir sie eben nicht verstehen, denn, wie Autor Arthur C. Clarke es beschreibt:

"Any sufficiently advanced technology is indistinguishable from magic."

 

Wenn man nun aber verschiedenen Gottheiten existenter Religionen - oder besser, den gütigen Göttern dieser Religionen - Macht oder Einfluss verleiht, dann befindet man sich relativ schnell in Derleth's Mythos-Universum, in dem er nicht nur Mythos-Wesenheiten verschiedenen Elementen zuordnet, sondern auch eine (wenn auch marginale) Unterscheidung zwischen bösen göttlichen Wesen und zumindest nicht ganz so bösen, vielleicht sogar nahezu guten, göttlichen Wesen (Götter wie Nodens, Bast, Hypnos etc.) postuliert. Tatsächlich ist der Mythos zwar eine Kreation von Derleth, da Lovecraft selbst seine Ideen nie klassifizierte oder im Rahmen einer Mythologie zusammenführte, aber Derleth ging dabei ein ganzes Stück zu weit und lies Lovecraft's Grundgedanken des insignifikanten Menschen, der allein im Kosmos ist, weit hinter sich zurück. Nachlesen kann man dazu einiges in der CW 19.

 

Aber auch Kreaturen wie Kthanid, der so etwas wie einen wohlmeinenden Zwilling zu Cthulhu darstellt, machen das Erschaffen einer tatsächlich lovecraft'schen Atmosphäre, in der der Mensch selbst nichts und niemand hat, auf das/den er sich verlassen kann, sehr problematisch (MM 2. Edition, S. 325). Denn jede Wesenheit, die entweder für die Menschheit oder für das Gute kämpft/steht, verfälscht den Gedanken Lovecrafts, dass die Menschheit im Kosmos alleine gelassen ist mit der letztendlichen Erkenntnis, dass Naturgesetze und Regeln bestenfalls vage Richtlinien sind, die nur gelten, wenn bestimmte Parameter gegeben sind. Und dass die Menschheit selbst nicht viel mehr ist als Schmutz am Saum der Realität.

 

 

Es ist ein cooler Gedanke, wenn man den ?berzeugungen und dem Glauben von Menschen Macht einräumt - vergleichbar mit Pratchett's Idee von Göttern, deren Macht abhängig ist von der Anzahl und Glaubensstärke ihrer Anhänger (siehe dazu auch seinen Roman "Small Gods"). In einem wirklich Lovecraft'schen Setting jedoch muss diese Idee mit Vorsicht genossen werden, da sie die Menschheit damit auf eine Position hebt, die ihr im kosmischen Gefüge der Mythos-Welt nicht zusteht - einer Position, in der sie es in der Hand hat, ihre eigenen Waffen zu schmieden und gegen die Gefahren und das Grauen von Au?en vorzugehen, ja, vielleicht sogar eine stabile Blase der eigens durch Naturgesetze definierten Humano-Realität zu schaffen.

 

Die Idee, dass Meme viral bzw. virulent sind, ist schon in einigen Abenteuern umgesetzt worden (zuletzt in John Wick's Reihe "The Curse of the Yellow Sign"). Das gilt auch für das Anklingen der Theorie von C. G. Jungs "Kollektivem Unterbewusstsein". Gefährlich wird es nur dann, wenn solche Ideen positive Auswirkungen für "die Menschheit" haben könnten, dann verliert der Mythos nämlich einen Gro?teil seines Schreckens. Denn dieser besteht darin, dass man absolut gar nichts gegen ihn im Ganzen tun kann. Vielleicht nur mal für kurze Zeit gegen kleinere Auswirkungen desselben. Aber auf lange Sicht gesehen wird die Menschheit den Kampf verlieren. Immer. Ohne Ausnahme. Ohne Ausweg. Endgültig!

 

 

Soviel zur Grundidee, auf der Lovecrafts Universum aufbaut. Das ist aber nicht zu verwechseln mit dem Rollenspiel. Jeder von uns entwirft für seine Runden seine ganz eigene Variation von einer Lovecraft-Welt. Wie in einer solchen Welt die Chancen für Spielercharaktere stehen, muss immer von Gruppe zu Gruppe, oder zumindest von SL zu SL, unterschieden werden. Und welche Werkzeuge die Spieler an die Hand bekommen, oder welche Hilfsmittel es überhaupt gibt, ebenso. In einem absolut puristischen Szenario, das vollends in Lovecrafts Geiste gespielt werden soll, kann und darf weder eine Gottheit existieren (auch die Mythos-Götter sind eben keine Gottheiten), noch darf dem Glauben auf diese Weise Macht verliehen werden.

 

[edit: Fehler verbessert. Au?erdem muss ich mich für das Verwenden englischer Texte entschuldigen. Leider habe ich aber die deutschen nicht, weshalb ich nur auf die Originale zurückgreifen kann...]

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Hallo Dumon,

 

dem habe ich in der Substanz nichts hinzuzufügen, ausser vielleicht einigen kurzen Prazisierungen meiner Gedanken.

 

Einverstanden: Kein irdischer Gott kann in der Spielewelt existieren. Es existiert dort aber zumindest die Vorstellung von ihm.

 

Ich stimme dir auch zu, dass die Charaktere in CoC dem Grauen der Mythos-Entitäten schutzlos ausgeliefert sind bzw. sein sollten.

Aber ich meine, dass es für die Psyche der Charaktere einen erheblichen Unterschied macht, sich dieser Schutzlosigkeit nicht zu Beginn ihrer Laufbahn bewu?t zu sein (Talentwert Cthulhu-Mythos=0%):

Die vielen, schönen Kulissen in den Köpfen der Charaktere erhalten lediglich einen schönen Schein aufrecht, welcher mit zunehmender Spielzeit von der grauenvollen Spielwirklichkeit verdrängt wird, auf die sie die Aussicht verstellen.

 

Und damit bin ich bei der Psyche der Spieler und der konkreten Beispielfrage, ob Jesus in der Spielewelt von CoC real ist. Meine Antwort für den Spieler würde diesen zumindest wage an die Wirksamkeit glauben zu lassen versuchen, damit es den Spieler umwirft, wenn die wohlwollenden Gebete seines Charakters einmal eine ganz gegenteilige Wirkung entfalten.

Das sollte dann natürlich nicht nebenbei geschehen und auf keinen Fall zur Regel werden, bietet für mein Dafürhalten aber Möglichkeiten, wie ein katholischer Irrenarzt sich im Laufe der Zeit in CoC verändern kann.

 

Ok - ich hoffe, wir haben Laird Floyd mit den Textmengen unseres Disputs nicht völlig verschreckt... :rolleyes:

 

Gru?

ptokremin

 

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Und dabei kann ich nun Dir beipflichten!

Natürlich ist es für ein Setting wie das Lovecraft'sche sogar essentiell, zu Beginn an ein stabiles Weltbild zu glauben. Oder an die unverrückbare Verlä?lichkeit unserer Realität.

Das gilt dann im gleichen Ma?e natürlich auch für den persönlichen Glauben einer Person, denn schlie?lich soll die Welt Lovecraft's ja ein möglichst ähnliches, düsteres Spiegelbild unserer eigenen sein. Plus Mythos eben...

Gerade Personen, die zu Beginn einen felsenfesten Glauben haben, sind ganz besonders interessant, da dieser ja quasi durch die Mythos-Erkenntnisse systematisch demontiert wird.

In diesem Fall ist die ?berzeugung eines gläubigen Charakters (an was/wen auch immer er glaubt), dass sein Glaubensfokus nicht nur existent (in welcher Form auch immer), sondern in erlebbaren oder zumindest "unerkannt beeinflussenden" Auswirkungen auch manifest ist, ein wirklich interessanter Aspekt. Und dieser sollte - wie jede Form der essentiellen Charakter-Entwicklung - entsprechend gewürdigt und im verdienten Spotlight präsentiert werden. So etwas zu einem als irrelevant übergangenen Nebeneffekt zu degradieren, würde hei?en, einen der wichtigsten Aspekte jeglicher erzählten Geschichte (nämlich eben jene Veränderung/Entwicklung/Transition/Erwachsenwerdung eines Protagonisten) mit Fü?en zu treten...

 

Genug der langen, komplizierten Worte. Aber recht interessant, dass wir wirklich nur aneinander vorbei geredet hatten, obwohl wir beide ja quasi sehr ähnlicher Auffassung sind...

;)

Alles wieder Friede, Freude, Eihort-Kuchen...

:rolleyes:

 

Auch ich hoffe, dass wir den guten Laird nicht vergrault haben. Die Frage, ob es die "irdischen" Götter im Lovecraft'schen Universum geben kann, haben wir ja schon debattiert. Aber was macht man mit so einem Spieler?

 

Mein Vorschlag:

Da sein Charakter ja fest daran glaubt, dass sein Gott wirklichen Einfluss hat, existent ist und auf Erden waltet, würde ich ihn auch als SL hinterhältigerweise in dem Glauben belassen. Nur um ihn (wie auch den Charakter) mit abnehmender Stabilität / zunehmendem Mythos-Wissen erfahren zu lassen, dass dem nicht so ist, ja, er womöglich mit seinen Gebeten noch Íl in irgendein Feuer gegossen hat.

 

Andererseits wäre ich mit Formeln wie Gott=Nyarlathotep auch ein wenig vorsichtig, da das ja schlie?lich auch dem Grundgedanken der katholischen Kirche vollkommen widersprechen würde...

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  • 4 weeks later...

Das ist ja ein wirklich lesenswerter Thread. Ich bin gerade dabei das Spielleiterhandbuch durchzukauen, das ich im ?brigen für sehr gelungen halte, und auch dabei hat sich mir die immer wiederkehrende Frage gestellt. Was ist denn nun so schlimm an der Wahrheit? Wenn wir es runterbrechen, dann gibt es die geist- und ziellosen ?u?eren Göttern, die bis auf Nyarlathotep, keine Möglichkeiten haben aus eigener Initiative zu handeln, die gro?en Alten, die alle irgendwo eingekerkert rumliegen, oder verschwunden sind und die verschiedenen nichtmenschlichen Völker (MiGo, Deep Ones etc.), die zwar den Menschen Feind sind aber auch nicht schlimmer, als es der Mensch sich selbst ist.

 

Natürlich hat der dicke Tentakelkopp C. die Möglichkeit auch derzeit, den Menschen Probleme zu bereiten, indem er Kulte instruiert, Träume korrumpiert etc.. Aber er ist ja nun mal einfach eingekerkert.

 

Den äu?eren Göttern bis auf N. würde ich sogar völlig ihre Göttlichkeit absprechen und sie als kosmische Phänomene bezeichnen, die gezwungen sind, zu bleiben, was sie sind und keine Möglichkeit haben, ihr eigenes Schicksal zu verändern. Zum einen weil sie geistlos sind und zum anderen, weil sie durch kosmische Gesetze in ihre Rolle gezwungen werden.

 

Wahrlich göttlich ist nur der, der diese Gesetze erlässt und durchsetzt. Aber der taucht meines Wissens im Cthulhu Mythos gar nicht auf.

 

Bleibt also Nyarlathotep, der die Menschen mit seiner Aufmerksamkeit beglückt und das auf eine Weise, die mich immer an den Teufel in Hollywoodstreifen erinnert. Also stellt er auch keine weltbewegende Bedrohung dar.

 

Wenn man als moderner Mensch also den Gedanken ertragen kann, dass es keinen aktiven, den Menschen freundlich zugewandten Gott gibt, dass der Mensch nicht wirklich viel über das Universum wei? und dass die Menschen nicht die einzigen intelligenten Lebenwesen darin darstellen, dann ist das alles nicht so erschreckend, finde ich.

 

Sollte man dann noch akzeptieren können, dass es schreckliche menschliche und unmenschliche Verbrechen gibt, die von Menschen, Unmenschen und Nichtmenschen verbrochen werden, dann ist auch Nyarlathotep integrierbar.

 

Und ganz am Ende bleibt für mich auch noch die Frage unbeantwortet. Wieso glauben die Menschen, die das Buch von Eibon, Necronomicon oder die pnakotischen Fragmente lesen, eigentlich das, was darin steht?

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Du stellst das Ganze etwas salopp dar. Natürlich, wenn mir jemand eine derartige Geschichte als die "Wahrheit" des Universums verkauft, dann lache ich darüber. Davon hören ist immer etwas anderes, als von etwas überzeugt zu sein oder gar die Gewissheit über etwas zu haben. Ich glaube nicht, dass es unter den Cthulhu-Spielern oder Lovecraft-Lesern wirklich nennenswert viele Menschen gibt, die tatsächlich von dem Lovecraft'schen Weltbild überzeugt sind. Menschen, die tatsächlich die Gewissheit über ihre eigene Bedeutungslosigkeit bzw. Sinnlosigkeit haben oder schlichtweg fest daran glauben werden wahnsinnig und begehen Selbstmord.

 

Wenn man dies alles als abstrakte Ideen aus der Ferne betrachtet, verschwindet natürlich der Wahnsinn oder "das Schlimme an der Wahrheit". Da gibt es auch genügend Beispiele aus unserer Welt: Welcher moderne Mensch, der trotzdem "bibelgläubig" ist, lebt denn noch ernsthaft mit der Furcht, die ewige Verdammnis zu erfahren, wenn er sündigt und stirbt? Diejenigen, die noch immer voll und ganz ihr Leben danach ausrichten, werden vom Rest der Menschheit doch eher als Fanatiker bestenfalls und Wahnsinnige schlimmstenfalls angesehen. Klar, die Hölle ist oftmals noch als Abstraktum in der Weltanschauung vorhanden, aber wenn man das mal mit mittelalterlichen Zeiten vergleicht, damals war das noch eine ernstzunehmende Bedrohung, nach der man sein Leben ausgerichtet hat.

 

Wahrlich göttlich ist nur der, der diese Gesetze erlässt und durchsetzt. Aber der taucht meines Wissens im Cthulhu Mythos gar nicht auf.

Das ist deine Definition und ist wohl eher durch unsere Kultur geprägt. Die Götter in der griechischen Mythologie (man kann ebenso auch die asiatische oder ur-amerikanische nehmen) sind vielfälitg und mit mächtigen Fähigkeiten ausgestattet, aber ganz und gar nicht "allmächtig". Davon abgesehen war bei Lovecraft selbst auch nie von Göttern die Rede. Es gab die Gro?en Alten und die verschiedenen Rassen.

 

Und ganz am Ende bleibt für mich auch noch die Frage unbeantwortet. Wieso glauben die Menschen, die das Buch von Eibon, Necronomicon oder die pnakotischen Fragmente lesen, eigentlich das, was darin steht?

Weil diese Bücher mehr sind als schlichte Ansammlungen von unleserlichem Text. Sie besitzen so etwas wie einen eigenen Geist und Menschen, die sie studieren, verfallen ihrem Einfluss.

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Wow, starker Tobak, aber durchaus berechtigte Kritik. ?hnliches kam mal in einem meiner Uni-Seminare auf (z.Th. Horror-Literatur), wobei die Unheimlichkeit/ der Grusel von Lovecrafts Geschichten als nicht bzw. nicht mehr vorhanden deklariert wurde...

 

Granted, Lovecraft's Geschichten wurden zu einer Zeit verfasst, in der Gedanken von der Insignifikanz des Einzelnen, des unvorstellbaren Schreckens von jenseits der Sterne etc. noch gruseliger wirkten als heute. In der heutigen aufgeklärter, verwissenschafteten, atheistischen Welt ist es schwer, damit einen Hund hinter dem Ofen hervorzulocken. Aber was man nicht vergessen darf, ist, dass das nur der Anfang vom Ende ist.

Und das wir als Leser/Spieler wirklich Probleme haben, das zu begreifen. Das Problem der Distanz zum Protagonisten.

 

Wir als Leser/Zuschauer haben schon fast alles gesehen/geselen. Und haben die Möglichkeit, uns davon zu distanzieren, da wir ja "wissen", dass all das nur Fiktion ist. Und daher können wir uns wunderbar einreden, dass es nicht so schlimm wäre, wenn wir erführen, dass nichts, was wir tun, irgendwie von Signifikanz wäre. Eine Tatsache, mit der wir in der globalisierten Welt ja quasi tagtäglich konfrontiert werden...

 

...oder?

Klar wissen wir, dass im Angesicht der Zeitrechnung von uns nicht viel bleibt, wenn wir nicht gerade ein legendäres Mausoleum errichten lassen, oder einen Koloss vor die Hafeneinfahrt...

...aber was bedeutet das für meinen Alltag?

Stell Dir mal vor, Deine Mutter kommt heute zu Dir und sagt; "Ach, übrigens, Du bist gar nicht unser Sohn."

...schon starker Tobak. Und jetzt toppen wir das Ganze nochmal...

"Du bist auch gar nicht wirklich geboren worde - im Prinzip warst Du ein Versuch. Wir haben mal Stammzellen einer mit Syphilis verseuchten Ratte genommen un die auf einem Bett aus Fäkalmasse in einer Petrischale in den Inkubator gepackt. Naja, irgendwann haben sich die Zellen entwickelt. Und dann brauchten wir mehr und mehr aufwändige Maschinen. Aber was wir nicht dachten, war, dass sich ein Mensch daraus entwickeln würde. Oder irgendwas, das wie ein Mensch aussieht und anscheinend auch selbständig denken kann..."

...B?M! Vorschlaghammer. Klingt absurd, aber was, wenn Du tatsächlich Hinweise findest, dass das nicht totaler Blödsinn war, sondern so gewesen sein könnte? Und dann noch einen drauf...

"Junge, Deine Mutter hat Dir da letztens nicht die ganze Wahrheit gesagt. Tatsächlich hatten wir die Stammzellen nicht wachsen lassen, sondern auf den Komposthaufen hinter dem Labor geworfen, zusammen mit dem ganzen anderen biologischen Abfall. Dass da mal was draus werden würde, hat, keiner geahnt. Aber irgendwann hat dann einer der Asistenten bei seiner Raucherpause ein zuckendes Etwas gefunden, und wir haben es dann halt mal in den Inkubator getan. Wir wollten einfach mal schauen, was so passiert. Du warst quasi ein weggeworfener Unfall..."

 

Tadaaa, und schon haben wir den Anfang der menschlichen Rasse im lovecraftschen Stil. Würzen wir das Ganze noch ein bisschen mit Ubbo-Sathla, garnieren mit ?lteren Wesen und streuen noch ein bisschen Shoggote drüber - und fertig ist die Suppe bzw. Wiege der Menschheit.

Und jetzt stell Dir vor, Du würdest sowas wirklich herausfinden. Kannst Du mit Bestimmtheit sagen, dass Du das als "Nicht so wichtig" abtun könntest...?

 

Was ist nun an den ?u?eren Göttern schlimm? Oder an irgendwas Anderem vom Cthulhu-Mythos?

Schlimm sind nicht Geistlosigkeit oder ?hnliches. Schlimm ist, dass denkende, agierende Wesen aus Urknall nicht sein können. Nicht vorstellbar für uns. Und jetzt händigt Dir jemand den Beweis dafür aus. Plötzlich musst Du akzeptieren, dass sein kann, was nicht sein kann. Und nach menschlicher Auffassung nicht sein darf.

Noch nicht krass genug?

Stell Dir vor, dass Deine Gedärme nicht zu Deinem Körper gehören, sondern tatsächlich mit halb-ätherischen, schleim- und eiter-überzogenen Windungen von Dir fort- und an einen zentralen Punkt im Inneren der Erde führen, wie auch die Gedärme von allen Menschen. Und dass dort im Inneren des schon längst erkalteten Planeten eine schwärende Mi?geburt aus verquollenem, fauligem Fleisch sitzt, die durch diese Windungen einen ekligen Sud öliger Schwärze durch diese Nabelschnüre in unsere Leiber pumpt. Und dass diese Flüssigkeit dafür verantwortlich ist, dass wir "Emotionen" anderen gegenüber empfinden und "kreative Einfälle" haben. Und das ganze Weltbild, das wir besitzen, haben wir nur, damit wir es ertragen können, sonst würden wir ohnehin wahnsinnig wärden. Und noch einer drauf - das Weltbild ist von dem Klumpen amorphen Fleisches in unsere Hirne eingepflanzt worden - nicht einmal das ist unser eigener Wille, und wir sind nur Marionetten und bilden uns ein, Individuen zu sein...

 

Das Schlimme sind nicht die Vorstellungen, das etwas nicht sein kann. Das Schlimme ist, dass es so ist, OBWOHL wir felsenfest davon überzeugt sind, dass es nicht sein KANN. Und dann mu? halt irgendwas nachgeben. Und da es die Realität eben nicht ist, ist es eben der menschliche Verstand.

 

Wie bereits vorher angeführt, ist die Frage der Göttlichkeit immer so eine Sache. Die Wesen des Cthulhu-Mythos als Götter zu bezeichnen, ist wahrscheinlich tatsächlich falsch.

Allerdings sind selbst die "geistlosen" ?u?eren Götter deshalb nicht immobil, oder werden durch kosmische Gesetze zu etwas gezwungen. Beziehungsweise sie werden NOCH in gewisse Schranken verwiesen, aber das ist ja auch nur temporär.

Aber bei den kosmischen Gesetzen sind wir auch wieder bei einer Sache, die nicht so wirklich unheimlich als Vorstellung ist, als Erleben aber ein ganz eigenes Grauen darstellen sollte.

Wir alle sind der Meinung, wir wissen, wie die Welt funktioniert. Die Sonne geht auf und unter, weil sich die Erde dreht. Dinge fallen aufgrund der Gravitation nach unten (au?er, wenn man an der Gravitation herumschraubt). 1+1=2 (au?er in mathematischen Systemen, in denen die Gesetzmä?igkeiten und Werte anders definiert sind).

Doch was, wenn dem nicht so wäre. Wenn die Sonne in Deutschland auf und unter geht, weil Johannes Meier jeden Morgen nach dem Aufstehen aufgrund seiner OCD die Badezimmertür dreimal auf- und zu macht, bevor er hindurchgeht. Und es in jedem Land ein Equivalent zu Johannes Meier gibt? Was, wenn jemand Johannes Meier im Schlaf aus versehen erschie?t, obwohl er jemand Anderen umbringen sollte? Und dann plötzlich nur in Deutschland die Sonne nicht aufgeht?

Klingt wiederum absurd. Was aber, wenn man auch dazu unzweifelhafte Beweise findet. Die man nicht ignorieren kann.

Wenn eben alle Gesetze, die wir haben, nur optional wären, oder nur deswegen so funktionieren, weil wir uns einbilden, dass sie funktionieren, um uns das Leben leichter zu machen, weil die Wahrheit einfach nicht nachvollziehbar, weil vollkommen irrational und unlogisch wäre...?

 

Kommen wir dann mal zur Frage, warum Menschen glauben, was in Mythos-Büchern steht.

Mal abgesehen von der Idee der Debunker (irgendeine Cthulhoide Welten hatte da mal einen Artikel zu), sind die normalen Charaktere empfänglich für die Wahrheiten des Mythos. Mein Take dazu ist, dass sie irgendwo im Inneren fühlen, dass dies die Wahrheit ist, und alles, was sie bisher angenommen haben, nur eine selbst-auferlegte Illusion.

Oder dass die Menschheit im Innersten ihrer Hirnwindungen um die Wahrheit weiss, sich aber selbst Barrieren ins Hirn gepackt hat, um sich selbst belügen zu können. Und sich vieles, was "real existiert", nur einbildet. Diese Barrieren werden vom Mythoswissen in Büchern systematisch eingerissen, und man erkennt nicht die Wahrheit, sondern entdeckt neu, was schon längst gewusst wurde...

 

Ich wäre sehr vorsichtig, Nyarlathotep mit dem Schachtelteufel gleichzusetzen. Granted, die Beschreibungen haben so was diabolisches, machiavellisches, etc. Aber Nyarlathotep soll ja nicht als böse rüberkommen. Seine Motive sind unverständlich. Vielleicht tut er ja auch was, was den Charakteren richtig gut tut? Lässt sie im Lotto gewinnen, die Liebe ihres Lebens finden etc. Es geht nicht darum, Seelen zu gewinnen, sondern die Ziele der ?u?eren Götter umzusetzen. Was auch immer das hei?en mag...

 

Vielleicht ist aus meinem Sermon ein bisschen klar geworden, dass es bei Cthulhu nicht die Wesen sind, die Grauen erzeugen sollen. Was den Schrecken so richtig mit der groben Kelle verteilen soll, ist das Erkennen der Wahrheit, nicht als alternative Option, sondern als letztendliche Realität.

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Also ich würde Lovecrafts Geschichten den Horror/Grusel keinesfalls absprechen. Im Gegensatz zum 'modernen Horror' der ja nur noch darin besteht irgendwelche Gedärme oder sonstigen inneren Organe durch die Luft fliegen zu lassen (was eher lächerlich ist, oder bestenfalls noch so etwas wie Ekel auslöst) schafft es HPL nämlich tatsächlich mir gelegentlich einen Schauer über den Rücken zu jagen.

Und warum Lovecrafts Horror in seiner Zeit oder bei religiösen Charakteren besser funktionieren soll ist mir auch nicht ganz klar. Natürlich könnte man behaupten, dass sein Weltbild durch dem Mythos demontiert wird. Aber da derjenige ja sowiso schon an die reale Existenz des ?bernatürlichen glaubt dürfte es ihm wesentlich leichter fallen Begegnungen, usw. eben auf dieses ?bernatürliche zu schieben.

Ein moderner, wissenschaftsgläubiger Mensch, der glaubt es gäbe auf der Welt keinen weisen Flecken mehr und man würde alle Lebewesen und Naturgesetze bereits kennen dürfte viel härter an der Erkenntnis zu bei?en haben, dass es dinge gibt, die nicht nur mit (unserer) Wissenschaft nicht zu erklären sind, sondern ihr auch noch total widersprechen.

Und was Dumon schreibt beschreibt den Horror schon recht gut, aber soweit brauch man gar nicht zu gehen. Der ganz normale Atheismus reicht doch schon aus. Wenn man davon ausgeht, dass im Universum/auf der Welt alles von Naturgesetzen und dem Zufall abhängig ist und es keine wie auch immer geartete Transzendenz gibt, muss man auch davon ausgehen das egal was man tut (unabhängig davon ob man Mensch, gro?er Alter oder äu?erer Gott ist) absolut sinnlos ist. Das Leben existiert nur um seine eigene Existenz fortzusetzen. Das reicht schon um Menschen in den Wahnsinn und/oder Selbstmord zu treiben - und zwar ganz real.

So gesehen könnte man die Entstehung von Religionen und dem Glaube an das ?bernatürliche als einen psychologischen Schutzmechanismus interpretieren (wie bei HPL).

Und zu gen Göttern bei Lovecraft: meines Erachtens sind sie keine Götter im eigentlichen Sinn, sondern eher die Manifestation von Naturgewalten (Raum, Zeit, Chaos, ...) und daher auch nicht als gut oder böse anzusehen. Sie sind einfach. Und dass sie sich in Ewigkeit intelligenz- und geistlos zum Flötenspiel ihrer Diener winden (oder so ähnlich ;)) passt wie ich finde sehr gut zu dieser Interpretation und auch zu oben beschriebenen Sinnlosigkeit.

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Wow, hier offenbaren sich die echten Freaks.

Bin begeistert - nicht, dass ich das nicht alles in der einen oder anderen Art schon einmal gelesen hätte, aber es wird schön zusammengefasst, und flüssig argumentativ dargelegt.

Gro?es Lob.

 

Bleibt nur eine Frage: Wenn die (Lovecraftschen, nicht Derlethschen) Wesenheiten keine Götter im menschlichen Sinne sind, sondern eher unverstandene und unverständliche Naturprinzipien, wogegen ich sicher keinen Einspruch erhebe: Was sind denn dann Götter? (Bzw. was ist die menschliche Definition eines Gottes?)

 

Allmacht?

Eher nicht, denn die meisten Götter aus den antiken Pantheons sind nicht allmächtig, sondern haben nur einen gewissen Einflussbereich, im Hinduismus ist das sicher auch so, da kenne ich mich aber nicht so gut aus.

(Au?erdem bleibt dann mal wieder die Frage, ob Gott einen Stein so schwer machen kann, dass er ihn selbst nciht heben kann...)

Was dann?

 

Unsterblichkeit?

Bin ich mir auch nicht sicher. Gerade in den griechischen Geschichten lösen sich mehrere Göttergenerationen ab.

 

Kümmern um die Menschheit/Wohlwollen?

Gilt auch nicht für alle, wie oben dargelegt.

 

Keine direkte Erfahrbarkeit, im Sinne von Unsichtbarkeit etc?

 

Eine Gemeinde/Gläubige?

 

Oder was?

 

verwirrt 8o

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