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Spielbarkeit des Mittelalter-Settings: pro und contra


Judge Gill
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Original von Dingo

...wieviel Halbwissen kann ein Setting vertragen, dessen Wurzeln in der Historie und nicht in Mittelerde liegen?

 

Das hängt, glaube ich, alleine von Deinem Willen zur Nutzung desselben, und dem Anspruch sowohl Deiner Spieler als auch Deiner selbst ab. Ich habe selten einen Spieler erlebt, der wirklich Probleme mit der Improvisation aus Halbwissen hatte. Das gilt für Mittelalter genauso wie für die 20er. Aber bei Mittelalter fällt es mir wesentlich leichter, weil da der kulturelle Halbwissenanteil einfach höher ist, aufgrund der Popularität der Historie...

 

Wenn ich mir so Dein Beispiel oben anschaue, muss ich aber gestehen, dass ich Deine Probleme nachvollziehen kann. Allerdings wahrscheinlich von einer anderen Position aus. "Mein" Mittelalter ist wesentlich düsterer, gemeiner, langweiliger, dröger und schmutziger. Und viele der Probleme, die Du ansprichst, wären mir daher nicht passiert. Da ich aus dem Bauch heraus schon so improvisiert hätte, wie Heiko das dargestellt hat. Kreuzritter waren keineswegs Helden, und im Namen der Kirche und des Glaubens wurden, wie wir alle wissen, grauenhafte Dinge getan...

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Da habe ich jetzt probleme nachzuvollziehen, wieso ein düstereres und schmutzigeres MA die Probleme mit den Hintergrundinfos lösen sollte.

Ob helden- oder schurkenhaft, die Spieler stehen vor denselben Fragen.

 

Dieselbe Situation in düster:

 

SL: Ihr habt also euer Lager für die Nacht aufgeschlagen...

 

Spieler: Und wir haben Hunger! Wir gehen rüber zu den französchischen Ketzern, schlagen ihnen während sie mit den spanischen Karrenlenkern rumhuren ihre dreckigen, von Pocken zerfressenen Schädel ein und schieben es den jämmerlichen Engländern in die von Wanzen zerfressenen Schuhe! Und alles nur, um ihnen ihr Essen zu klauen!

 

SL: Wenns euch glücklich macht...

 

Spieler: Was genau haben die denn an Nahrung dabei?

 

SL: *plumps*

 

Irgendwo also das selbe Problem in Grün. Oder in welcher Hinsicht müsste ich schmutziger und düsterer werden, um nicht mehr auf konkrete Infos angewiesen zu sein?

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Original von Dingo

 

Spieler: Was genau haben die denn an Nahrung dabei?

 

 

Spieler "normale Mitziehende" - das, was der Lehensherr organisiert / bezahlt hat und zur verfügung stellt

(Hirsebrei + Klumpen Fleisch);

Spieler "mitziehender Pöbel" - das, was sich organisieren lässt, durch jemanden von der Kirche zur Verfügung gestellt wird

(Hirsebrei, Stück Brot)

Spieler "Ritter" - was man selbst mitgenommen / organisiert hat

(Hirsebrei, altes Fleisch)

Spieler "Obere 10.000" - was man sich so kaufen kann beio den mitreisenden Händlern

(lecker Hirsebrei, frisches Fleisch)

 

das alles natürlich mordifiziert dadurch, auf welchem kreuzzug man sich befindet (da gibt es ja gro?e Unterschiede)

und zu welchen zeitpunkt man gerade "Essen macht"

- meist gab es ja gro?e Strecken von "gekochtes Schuhleder ist auch ganz knabberig..."

 

Wenn du das problem also darauf herunterbrichst, WAS es konkret zu essen gab:

geh als Basis von hirsebrei aus und füge je nach Laune was tolles hinzu, wenn es zu zeit, ort und SCs passt.

 

Besonderheit: durch die kreuzzüge werden in der levante / unter den Franken Gewürze bekannt und liebgewonnen.

Mit fortschreitender Zeit kommt also dazu.

"gut gewürzter Hirsebrei".

 

 

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Nur mal so ganz laienhaft in die Diskussion gesprochen: Ich finde die Informationen im Mittelalterband sehr gelungen. Habs noch nicht ganz durch, aber bisher macht es einen tollen Eindruck. Beim Lesen kamen auch gleich genug Ideen für eigene Abenteuer. Das Buch leistet alles was es soll. Den Rest kann ich als SL nacharbeiten. Das musste ich aber bisher bei allen anderen Quellenbüchern auch.

 

Beispiel: Schloss Burg im Bergischen Land. Falls es im MA Band steht, hab ichs überlesen. Wenn ich dort spielen möchte, lese ich mir Wikipedia-Artikel und später alle anderen sinnvollen Quellen durch. Glücklicherweise ist um 1225 herum auch ganz schön viel passiert und zack - hatte ich weitere Ideen. Natürlich durch weiterführende Recherche. Der Mittelalterband leistet viel - nicht alles - aber genug wie ich finde.

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  • 9 months later...

Hallo zusammen,

ich habe die Lektüre des MA Bandes ja mit der Absicht begonnen hier Mal wieder über einen Quellenband zu jammern der nicht hält was er verspricht.
Jetzt habe ich den Band durch und bin restlos begeistert, so begeistert das ich mir den Kreuzzug Band direkt auch noch geholt habe.

Die viel gescholtene Linie der Päpste bietet eine gute Richtschnur für die große Politik und das generelle Umfeld der Epoche in der man spielen möchte. Natürlich wiederholt sich ein wenig davon in den Länderbeschreibungen aber das ist wohl unumgänglich. Zudem hat man so alle Infos an einer Stelle und nicht in Papstlinie + Länder Infos.

Danach teilt sich der Band ja in das weltliche, das geistliche und das nicht euklidische Okular auf.
Im weltlichen Okular findet man meiner Meinung nach genügend Informationen um viele der hier angesprochenen Probleme zu lösen.
Wir erfahren etwa das das Essen meistens aus Brot und Fleisch bestand. - Liege ich ganz falsch wenn ich bei ärmerer Bevölkerung daraus Brot und Käse mache?
Das Problem wer eine Waffe tragen kann löst sich in den Kapiteln über die Zünfte und die jüdische Bevölkerung. Wir lernen das Handwerksmeister ähnlich wie die Eidgenossen Waffe und Rüstung zuhause haben mussten. Zudem lernen wir das es Schutzbefohlene, etwa die Juden, gab die unter kaiserlichen Schutz standen aber selbst keine Waffen tragen durften. - Wer gehört eigentlich noch dazu?
Am besten hat mir das Kapitel über die Ostkirche gefallen. Hier ist besonders viel Mythos Bezug, inklusive Necronomicon, in die Beschreibung eingegangen.
Auf der geistlichen Seite erfahren wir, meiner Ansicht nach genug über den christlichen Hintergrund um im Rahmen eines Spiels glaubhaft in die Vorstellungen des Mittelalters ein zu tauchen.
Das nichteuklidische Okular macht auf mich einen routinierten aber nicht extrem inspirierenden Eindruck. Wir bekommen ein wenig über Alchemie, verschiedene NPCs, Handlungsorte vom Kultplatz über den Dungeon bis zur Burg und natürlich auch einen Kult als Gegner. Das alles ist nicht schlecht aber geht an keiner Stelle über das Hinaus was ich erwartet hätte.

Als Sammler kann ich zu den Regelanpassungen wenig sagen. Aber Berufe, Waffen vom Dolch bis zum Belagerungsgeschütz und erweiterte Regeln für Nahkampf Waffen und Schilder machen einen durchdachten Eindruck.

Die beiden Abenteuer habe ich mir mit Bedacht noch nicht durchgelesen.
Auf mich macht der Band einen sehr gut spielbaren Eindruck.

Gruß Jochen

Edited by Arkam
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  • 7 months later...

Gut, daß ich diesen Thread nochmal angeschaut habe, bevor ich mir den Mittelalterband besorgt habe.

Denn aus diesem Thread schließe ich, daß der Band genau das nicht ist, was ich möchte: Eine Hilfe wie ich mittelalterliche Stimmung am Spieltisch verbreite, indem "die einfachen Dinge des Lebens" in der (ja auch durchaus langen) Epoche so im Raum des heutigen Deutschlands (ggf auch darüber hinaus) so waren. Also eine Spielhilfe.

Da es ja so aussieht, als würde der Band eher die (tatsächliche) große Politik beleuchten und die politischen Wirren... dann brauche ich ihn nicht. Dafür habe ich bereits gute Geschichtsbücher.

 

Und den Rest entnehme ich dann auch wohl lieber aus (zT nicht einfacher) Literatur wie Norbert Ohlers "Reisen im Mittelalter" oder Artno Borst "Lebensformen im Mittelalter" oder wenn es einfacher sein soll aus den passenden Beschreibungen anderer Rollenspielsystemen.

 

Ich kann schon verstehen, daß man das Thema anscheinend anders angegangen ist, aber dann ist es halt einfach nichts für mich.

 

@Dingo: Falls Deine Suche nach 1,5 Jahren noch aktuell ist: Den Borst kann ich Dir für genau diese Fragen ans Herz legen.

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  • 1 month later...

Ohne den Mittelalterband zu kennen, fand ich dieses Setting (leider bislang erst einmal gespielt und daher nicht die größte Ahnung) doch sehr unterhaltsam und spannend. Jemand aus meiner Tischrunde hat ein eigenes Abenteuer (nach der Story von "Black Death", mit Sean Bean) geleitet und dabei kam es auch zu einer starken Mischung von Ständen. Allerdings ergaben die Umstände, dass sich unsere Charaktere zu einer kleinen Gemeinschaft zusammenschließen mussten und dadurch (vielleicht auch durch unsere Ignoranz) wurden viele Verhaltensstandards, wie die Unterwerfung des Bauern vor dem Ritter, vollkommen fallen gelassen (der Bauer war auch sehr selbstbewusst :D ). Was ich damit sagen will ist... Man sollte doch alles so spielen, wie es der Gruppe am meisten Spaß macht. Wenn alle sich einig sind, sich genau an die historische Realität zu halten, kann man das so spielen, ansonsten bedient man sich einfach Klischees oder spielt es nochmal ganz anders.

Zu dem Mittelalterband kann ich allerdings nicht sagen und werde ihn mir auch nicht holen, da ich einfach viel mehr auf die 20er stehe...

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Nachdem ich wieder als Spielleiter in Cthulhu eingestiegen bin, habe ich als Einstieg ausnahmsweise kein 1920er Abenteuer geleitet. Dies kam gut an - obwohl ich eigentlich dachte, die 20er würden (quasi als "original" Setting) "authentischer" sein.

 

Ich denke, dass wir auch weitere Settings ausprobieren werden und habe mir deswegen den Mittelalterband bestellt - den ich nicht besitze, weil ich mich nur für 1920 und Now interessiert hatte. Heiko Gills Theorie "Preise reduzieren führt zu steigender Nachfrage" stimmt nicht nur bei PDFs, sondern auch hier: der Mittelalterband kostet im Pegasus Shop nur noch 19,95. Bestimmt ist er zu diesem Preis mal einen Blick wert - die Meinungen im Thread sind ja vielfältig.

 

Und wie es der Rabe gekräht hat, gilt bestimmt auch hier: Spass ist, was ihr daraus macht - ob geschichtlich korrekt oder "Medieval Ghostbusters".

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