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[Nightmare in Norway] Norge framreise; dag en - lordag 19.12.1925


Der Läuterer

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Auf dem Weg durch den, nur schwach erleuchteten, Salon, kommt Rick und Hasan ein Mann entgegen gehastet.

"Entschuldigung bitte, aber ich muss dringend eine Kaffeetasse holen. Die hatte ich doch völlig vergessen..."

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Und von Hinten nähert sich eine weitere Person. Nein, sie rennt eher, hektisch, panisch, keuchend, aber dennoch leichtfüssig und verstohlen wie eine zarte Fee, die beim Hüpfen von Blüte zu Blüte, keinen Blütenstaub aufzuwirbeln vermag.
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"Eine Kaffeetasse?", murmel ich aufgebracht. "Eine scheiß Kaffeetasse! Wirklich?! Der Kerl sollte lieber ein paar Särge besorgen, da würde er Nützlicheres verrichten!" Wir quetschen uns an dem Mann vorbei und ich kann nicht aufhören an das abstoßende Grinsen des Lokführers zu denken: Ich verstehe genau, was Sie meinen, Junge. Möge der Kerl auf ewig in der Hölle schmoren und leiden für das, was er getan hat!

Hasan schweigt, während wir uns der anderen Person nähern. Noch kann ich nicht genau erkennen, um wenn es sich handelt, aber wer es auch ist, er oder sie sollte besser versuchen mich nicht zu reizen. Ich denke immerzu an das fette Grinsen des Lokführers, das vor mir schwebt wie ein abgeschlagener Widderkopf in einem Alptraum! Ich verstehe genau, was Sie meinen, Junge.

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Wieder rennt der Mann an Rick und Hasan vorbei. Diesmal in die andere Richtung.

"Hab eine. Hahaha. Ging schnell, nicht?" [...]

"Und schon bin ich wieder weg. Hehe."

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Die Russin, denke ich. Es ist diese merkwürdige Russin. Olga. Olga Petu ... soundso. Dass mir ihr Name nicht einfällt (wie zur Hölle hieß sie?!) lässt mich rasen und dann auch noch dieses Grinsen in meinem Kopf (... verstehe genau, was Sie meinen, Junge.)!

In diesem Augenblick merke ich, wie ausgelöst sie ist, und ich spüre, wie sich Mitleid unter der Kalkhülle meines Verstandes zu rühren beginnt. Doch diese Hülle ist hart und rau und es gibt nicht die geringste Chance, dass sie sich vor dem herbeigesehnten Schlaf noch einmal lösen wird. Deswegen stoße ich sie, so sanft es geht, beiseite (was in meiner derzeitigen Verfassung nicht allzu sanft sein dürfte) und gehe meines Weges (ich verstehe genau ...). Hinter mir höre ich, wie Hasan etwas zu ihr flüstert (er glaubt wohl, dass ich ihn nicht höre!): "Warten Sie bitte einen Augenblick."

 

Er kommt hinter mir her und hält mich fest: "Rick! Sie braucht Hilfe, unsere Hilfe, verstehst du nicht?"

"Hilf ihr!", fauche ich. "Hilf ihr doch! Für mich könnte sie ebensogut eine Zahl um ihren Hals tragen, dann wär sie mir nicht weniger wert!"

"Ich denke ...", sagt Hasan abwesend. "Ich denke, das werde ich auch tun. Du brauchst Schlaf, um wieder zur Besinnung zu kommen, und Ruhe, um über einiges nachzudenken, hm?"

Meine Augen funkeln bloß wie zwei brennende Teergruben, während sich vor mir wie in Zeitlupe das Grinsen des Lokführers jene schicksalhaften Wörter hervorpresst und noch mehr: Ich verstehe genau, was Sie meinen, Junge. Mögen Sie auf ewig in der Hölle schmoren, Fairwell, ja, schmoren Sie auf ewig in der Hölle, denn Sie waren heute ein schlechter Mensch und Hasan ein schlechter Freund.

Hasan liest in mir wie ein Buch, denn er legt das beruhigende Gewicht seiner Hand auf meine zitternde Schulter: "Es ist nicht deine Schuld. Es war nie deine Schuld. Du hast den Kerl nicht umgebracht, weder Nordgren noch den Dieb von damals. Da ist nur eine Seite in dir, die will sich stets bestrafen, will wahrhaben, dass du es getan hast. Denn wenn du es nicht getan hättest, dann wärest allein du Schuld daran, wie das Leben dir unter den Fingern hindurchrinnt, und nicht nur die Sünde oder eine übersinnliche Strafe. Nimm diese Zugfahrt als Warnung, nimm sie als Chance: Erkenne wer du all die Jahre hättest sein können. Bitte."

Seine Rede scheint ihm Kraft gekostet zu haben, denn auch Hasan bedrückt etwas. Das spüre ich, das weiß ich.

"Danke.", murmel ich, denn zu mehr bin ich nicht fähig.

Ich wende mich um und obwohl die Fahrt des Zuges sehr ruhig auf den Schienen verläuft, torkel ich etwas. Gedanken schwappen in mir hin und her und ich weiß noch nicht, in welche Richtung sie mich ziehen werden. Doch eine Sache fällt mir wieder ein, jetzt, wo ich wieder ruhiger werde: Ihr Name ist Olga Petuchowa und sie ist keine Zahl. Ohne es zu wissen, lächele ich zufrieden und bewege mich in Richtung meiner Kabine. Das Grinsen des Lokführers ist aus meinen Gedanken verschwunden.

 

Hasan wendet sich erschöpft zu der Russin und fragt: "Entschuldigen Sie ihn. Es geht ihm nicht gut. Sonst ist er nicht so. Bitte, wenn ich Ihnen wirklich helfen kann, was ist denn Ihr Problem?"

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Ehe Rick Olga berühren kann weicht sie dem Stoß mit einer leichten sehr tänzerischen Drehung aus, die Reflexe einer Ballerina (oder  die eines gut trainierten Nahkämpfers)

Während sich die beiden Männer unterhalten, nutzt sie die Zeit um sich zu sammeln, als Hasan zu ihr zurückkehrt, wirkt sie wesentlich ruhiger.

"Ich verstehe ihren Freund, es  ist für uns alle eine lange Nacht aber ich befürchte noch ist sie nicht zu Ende," sie stockt kurz, "Wir haben in dieser Kiste ein .... Monster gefunden und es ...... lebt noch!"

Sie schluckt deutlich, " Deshalb wollte ich sie holen, sie haben Schusswaffen..." 

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Ich komme vorbei an Hasans Abteil, öffne gedankenverloren die Tür und schnappe mir alle Schreibsachen, die ich auf dem Stuhl in seinem Zimmer liegen gelassen habe. Rumms, die Tür hinter mir, einige Meter weiter hinein in mein Abteil (die Körper der Verblichenen sind mittlerweile abtransportiert worden und einzig splittrige Einschusslöcher und eingetrocknete dunkle Flecken zeugen überhaupt noch von deren Existenz).

Das Bett in meinem Abteil ist frisch bezogen und wie unberührt. Ich gehe mich abduschen, heißes Wasser, heiße Pein brennt über meinen Körper (so schmutzig!)! Die Kratzer in meinem Gesicht schmerzen am meisten, seien sie auch noch so marginal. Vorsichtig tupfe ich das Blut von den Wunden und überlege ernsthaft, woher diese Wunden noch einmal stammen (wohl nicht so wichtig, in Anbetracht der anderen Vorkommnisse dieser Nacht). Es will mir nicht einfallen. Nicht schlimm.

Während die alten Klamotten im Müll landen, ziehe ich mir neue Kleidung an und nehme mir vor, sie als einen Neuanfang anzusehen (solange du dir das ernsthaft einreden kannst, Rick, ist alles fein ...). Einen Augenblick betrachte ich mich im Spiegel, lächel und überlege, was für eine falsche Schlange ich doch bin. Eine falsche Schlange in neuem Gewand.

 

Da erst merke ich, wie müde ich bin, wie augezehrt und traurig. "Es tötet nichts so sicher wie das Leben.", sage ich und werfe mich aufs Bett. Es dauert keine Minute, da versinke ich in den Gefilden der Träume und hier, genau hier, beginne ich mich an alle Einzelheiten der Nacht zu erinnern. Im Schlaf spannt sich mein gesamter Körper an und ich beginne unter der Decke zu zittern ...

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Ein Klopfen, zärtlich, trügerisch?

 

Meinen Verstand durchzuckt eine Assozitation und schlaftrunken flüstere ich: "While I nodded, nearly napping, suddenly there came a tapping, / As of some one gently rapping, rapping at my chamber door. / "'Tis some visiter," I muttered, "tapping at my chamber door— / Only this, and nothing more."

 

Ich steige aus meinem Bett und bleibe einen Moment sitzen. Wenn kein Klopfen mehr ertönt, dann werde ich nicht aufmachen. Doch da klopft es erneut, etwas beharrlicher.

"Ah, distinctly I remember it was in the bleak December ...", brumme ich und wanke zur Tür.

"Wer ist da?", frage ich lauter. Ich umschließe die Klinke. In Gedanken erschallt in mir: Tell me what thy lordly name is on the Night's Plutonian shore!" / Quoth the raven, "Nevermore." Unruhe überkommt mich und ich blicke sehnsüchtig auf den Revolver auf meinem Nachtschränkchen.

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Es ist kein Rabe, der da zu mir spricht, es ist Contessa.

"Contessa?", frage ich und öffne die Tür. Der Schlaf hat meine Neugier wieder lebendig werden lassen. "Was machen Sie an meinem Abteil?" In meiner frischen Kleidung fühle ich mich sicher und irgendwie neugeboren. Wiedergeboren meinst du wohl, hm? Vielleicht. Vielleicht meinte ich das.

Es kommt mir richtig vor, der Mörderin mein falsches Lächeln vorzuenthalten. Es wäre falsch, sie zu belügen, irgendwie wäre das, als würde ich mich selbst belügen. Insofern muss sie sich mit meiner typisch emotionslosen und matten Mimik zufriedengeben, obwohl sie selber über irgendwas aufgebracht zu sein scheint.

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"Er ist tot". Sage ich verzweifelt.

"Hans ist tot. Der Doktor hat nicht gelogen. Er ist...so gestorben..als.." Ich sage weiter noch leiser "als hätte ich ihn auch erschossen...".

-Ich zittere mächtig-

"Verstehen sie? Ich weiss nicht was für eine Hexerei er konnte...aber VERSTEHEN SIE MICH? Hans hat in meinem Kopf gesagt, schieß! Und ich habe es getan...Hans wollte, daß ich ihn töte."

-Ich mache die tür auf, und falle ihm um den Hals, das Buch halte ich in der Linken Hand.-

"ich habe den Mann umgebracht, der mich retten wollte..der ICH retten wollte.-

 

-endlich weine ich-

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