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[Nightmare Files] Kapitel 5 - Ein guter Tag zum...


Der Läuterer
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Zunächst antwortet niemand auf Dein Klopfen.

 

Du klopfst erneut... und legst dann Dein Ohr an die Tür, um zu lauschen. NICHTS.

 

Als Du Dich abwendest und wieder gehen willst... Du bist bereits zwei Schritte von der Tür entfernt... hörst Du Geschrei aus dem Zimmer.

 

Eine schrille, hohe, genervte Frauenstimme.

 

Ein Zetern.

Ein Schimpfen.

Ein Schreien.

Ein Fluchen.

Ein Keifen.

Ein Zeter und Mordio schreien.

 

Etwas wird auf den Boden geschleudert und zerbricht.

 

Auf dem Gang ist eine Sirene zu hören und alsbald kommt Leben in das Haus...

 

Das Personal läuft zusammen, schaut sich um und bewegt sich dann auf Dich zu...

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Ärzte und Pfleger drängen in das Zimmer von Dr. Cooper.

 

Und dort ist eine Frau mit ihm im Zimmer. Eine überaus erregte Frau.

 

Es ist diese junge Frau.

Die Frau mit den... kalten... Händen.

Diese Verrückte, die andere Menschen gerne den Krokodilen vorwerfen lassen würde.

Diese alt-ägyptische? ...Prinzessin? Oder jene, die sich dafür hält.

 

Du hörst Dr. Cooper. "Bringen sie mir Verbandszeug... dieses... dieses... dieses... Sie hat... sie... sie hat mich doch tatsächlich gebissen. Verdammt!"

 

Du hörst die energische Kommandostimme eines anderen Mannes. "Bringen Sie Prinzessin Annephis schnell auf die Krankenstation. Sedieren... SEDIEREN! Schnell, schnell, schnell..."

 

Als sie an Dir vorbei gebracht wird, fällt etwas zu Boden... eine Art zerknüllter Zettel!

 

 

 

Edited by Der Läuterer
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Ich knie, und hole das Foto.

Als ich es sehe, zittert meine Hand.

"Hartmut.." flüstere ich mit gebrochener Stimme.

Die Frau hattet es mir aus dem Briefumschlag geklaut.

Ich nehme es an mir, dann schaue ich schüchtern in das Zimmer rein.

Armer Doktor. Das ist wirklich keinen einfachen Job.

Ich beibe aber da, still.

Will nicht stören.

Ich überlege kurz.

Was sollte bringen, Cooper zu erzählen, was passiert ist?

Ich will ihn nicht reinziehen, nicht wenn la main droite wieder am Werk ist.

Ich sollte Hartmut schreiben.

Ich starre mein Therapeut noch kurz an, im Gedanken verloren.

Dann ziehe ich mich zurück, und gehe in mein Zimmer.

Aber mit Paul sollte ich darüber reden...

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Hier liege ich nun und frage mich wie an jedem Tag, ob ich am Ende meiner langen Reise angelangt bin, ob ich hier endlich Frieden mit mir selbst, Clive Montgomery Savage, schließen werde.

 

Ich liege auf meinem Bett, dem kühlen weißen Laken. Ich warte. Ich horche.

 

Mit jedem Tag, mit jedem Wechsel des Sanatoriums, wird meine Spur sich mehr verwischen, wie Abdrücke unter fallendem Schnee, begraben unter einer Decke aus reinem Weiß.

 

Wie lange liege ich nun alleine in diesem Zimmer?

 

Wie lange betrachte ich diese Wände, jetzt endlich ganz rein und weiß? Keine Blumen mehr, die vor meinen Augen zu kreisen beginnen und sich zu unheilverheißenden Mustern verbinden könnten. Jede Unebenheit im Putz, die meine Fingernägel unter der geschmacklosen Tapete ausgegraben haben, ist mir bestens vertraut. Ich lese in den wandernden Schatten jeder Borke die verstreichende Zeit des Tages, Minute um Minute, Stunde um Stunde …

 

Wie lange betrachte ich schon diese Decke, diesen beruhigend sternenlosen Himmel, diesen zerbrechlichen Paravent von Menschenhand, der verdeckt, was ich nicht sehen soll … nicht mehr sehen will …

 

Aus Tagen wurden Wochen. Aus Wochen wurden Monate.

 

Weiß wie ein Verband legt sich dieser Raum nun auf meine Augen und meinen Verstand. Ich bin sicher: Wenn sich mein Verstand nur lange genug an dieses Weiß klammert, werde ich vergessen, wird sich mein Verstand leeren. Zumindest für eine kurze Weile werde ich den VIRUS WISSEN, der meinen Geist befallen hat, besiegen. Ja, darüber besteht kein Zweifel: Wissen ist eine Krankheit. Eine Seuche, begleitet von einem inneren Fiber, welches kein Thermometer zu messen vermag. Unheilbar. Ansteckend. Eine Pest der Seele, übertragen mit dem Wort, gesprochen oder geschrieben. Myriaden von Wörtern überall um uns tragen unsichtbare Tropfen mit Erregern, ausgespiener Speichel aus prähistorischer Zeit. Einzig ein Immunsystem aus Einfalt und Unglauben vermag den Menschen vor diesem VIRUS zu schützen.

 

Diese Kurpfuscher sehen die Krankheit, aber verstehen sie nicht. Wo sie Wahnvorstellungen sehen, liegt die Wahrheit; was sie als Realität annehmen, ist der gnadenreiche Wahn, die schützende Decke, die die Evolution über unseren Verstand gebreitet hat. Nicht ICH bin es, der an Wahnvorstellungen leidet, sondern SIE, diese Glückseligen.

 

Während ich auf meinem Bett liege und den weißen Kalk anstarre, lausche ich auf die Geräusche vor dem Fenster und auf den Flur, präge mir die Schritte der Pfleger und Patienten ein, deren Gesichter ich mit wenigen Ausnahmen nicht kenne, gebe ihnen Namen und Phantasie-Gesichter. Da ist DER SCHLURFER, der mit seinem schweren Gang ewig braucht, um von seinem Zimmer zu den Waschräumen zu kommen. Ich sehe ihn vor mir, einen aufgedunsenen Fettwanst mit einer piepsigen Stimme, stets unterwürfig, wenn er einem Pfleger begegnet. Da ist DIE UNSCHEINBARE, eine Frau, zwei Zimmer links. Ihre Schritte sind kaum hörbar. Sie spricht nie von selbst, wird sie angesprochen, sind ihre wenigen Worte nur ein Flüstern. Oder Dr. Clark, mit seinem wiegend-dynamischen Gang, wenn er sich meinem Zimmer nähert.

 

Ich stelle mir vor, wie es sein wird, das Zimmer zu verlassen. Das Vertraute wird zum Fremden werden, wenn Augen anstelle von Ohren das Bild in meinem Kopf formen.

 

Ich stelle mir vor, wie es sein würde, die Augen außerhalb meines Zimmers fest geschlossen zu halten. Die Dinge, Räume und Personen ausschließlich hörend wahrzunehmen, wie bisher. Ich lächle bei dem Gedanken, wie die Anamnese von Dr. Clark sich hierzu wohl ausnehmen würde. Vor allem nach der Sache mit der Tapete. Wie Wasser auf die Mühlräder seiner Schulmedizin, reinigendes Wasser, das die befleckende Wahrheit meiner Worte hinfort spülen und den VIRUS der Erkenntnis mit sich reißen wird.

 

Bald ist es so weit. Bald beendet man meine Quarantäne. Bald werde ich, der Seuchenträger, durch Dr. Clarks Unverständnis zwischen die Menschen geworfen. Mit sanftem Druck wird Dr. Clark mich inmitten dieser armen, ungeschützten Seelen befördern, fruchtbarer Boden für das VIRUS. Und ich werde mich jeden Tag von neuem zwischen der Lüge und der Übertragung meines VIRUS entscheiden müssen. Bald werde ich die Schritte von Dr. Clark sich meiner Tür nähern hören. Bald wird Dr. Clark die Tür, die mich und die anderen schützt, öffnen. Ohne auch nur im Ansatz zu verstehen, was er anrichtet. Und dabei wird aus jedem ermutigendem Wort, aus jeder freundlichen Geste zu allem Überfluss auch noch ganz der Wohltäter im Dienst am Menschen sprechen, vollkommen im Einklang mit seinem naiven Selbstbildnis. Er wird mich zurückstoßen in die unruhige Welt der Farben und Bilder … FALLS ich meine Augen öffne …

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