Jump to content

[Nightmare Files] Kapitel 6 - Der lachende Tod


Der Läuterer
 Share

Recommended Posts

Nachdem Ihr das Zimmer von Dr. Warner gründlichst durchsucht habt, ohne jedoch auf weitere interessante Dinge zu stossen, wendet Ihr Euch den anderen Zimmern der Ärzte zu, um die Türen dort aufzubrechen.

 

Das folgende Zimmer wird von Dr. Psy.D., D.Litt. Blake Addison "Blackadder" Hawthorne bewohnt.

 

Ein ruhiger Mann, Mitte 70, den Ihr lediglich vom Sehen her kennt.

 

Auch in diesem Zimmer ist nichts Aufregendes zu entdecken, ausser einer kleinen, erlesenen Privatbibliothek. Die Sammlung umfasst die Themen 'Religion der Christenheit', im Vergleich zu anderen Religionen - Glaube und Aberglaube. Zwölf Werke unterschiedlicher Autoren, erschienen zw. 1889 und 1923; ein dicker Wälzer über die 'Kultur der Kelten in Grossbritannien'; zwei Bände über 'Flora und Fauna der Kanal-Inseln'; sowie drei Werke über die 'Ornithologie Nord-Europas'.

 

Während der Durchsuchung des Zimmers stosst Ihr auf einen Zeiss-Feldstecher x6, sowie eine Mappe mit Zeichnungen von toten Vögeln.

 

Sonst befindet sich in diesem Zimmer nichts von weiterem Interesse...

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Das nächste Zimmer, das Ihr durchsucht, gehört, den Unterlagen und seinen Pass zufolge, Dr. M.D., D.Litt., D.Phil. Abraham Van Sloan. Der Mann ist Psychotherapeut im Sanatorium und etwa Mitte 70.

Wahrnehmung (extrem)

Im Pass Van Sloans ist folgendes zu lesen: Königreich Belgien - Antwerpen - geb. 07.03. 1882

 

Auch ihn kennt Ihr lediglich vom Sehen her.

 

Was sofort in diesem Zimmer ins Auge sticht, sind die vielen gerahmten Fotos an den Wänden. Und alle beschäftigen sich mit einem einzigen Thema... dem Bergsteigen.

 

Portraits zeigen Van Sloan in seiner Zeit als Bergsteiger mit voller Montur, Fotos von Seilschaften mit Van Sloan, Bilder von Bergen mit eingezeichneten Aufstiegsruten, Fotos von Gebigsketten, sowie triumphale Gipfelfotos mit Van Sloan.

 

Die anderen Männer auf diesen Fotos werden namentlich genannt; doch weder ihre Namen, noch deren Gesichter sind Euch bekannt - und sie gehören keinem der Leute im Sanatorium. Van Sloan trägt auf einigen der Fotos den Spitznamen "Van Helsing".

 

Anhand der Fotos lässt sich erkennen, wo Van Sloan seine Bergtouren gemacht hat:

Bildung

Eine Tour führte ihn in die Appenzeller Alpen, Alpstein, Säntis, 2.502 Meter Höhe, Schweiz.

 

Bildung (erschwert)

Eine Tour führte ihn ins Jotunheimen-Gebirge, Trollsteinhøin, Galdhøpiggen, 2.469 Meter Höhe und Glittertind, 2.464 Meter Höhe, Norwegen.

 

Bildung (erschwert)

Eine Tour führte ihn in den Abruzzischen Apennin, Gran Sasso, Corno Grande, 2.912 Meter Höhe, Italien.

 

Bildung (erschwert)

Eine Tour führte ihn in die Alpen, Hohe Tauern, Grossglockner, 3.798 Meter Höhe, Österreich-Ungarn.

 

Bildung (extrem)

Eine Tour führte ihn in die Transsilvanische Alpen, Karpaten, Vârful Moldoveanu, 2.544 Meter Höhe, Rumänien.

 

Bildung

Eine Tour führte ihn in die Walliser Alpen, Matterhorn, 4.478 Meter Höhe, Schweiz-Italien.

 

 

Auf dem Schrank des Zimmers findet sich eine komplette Kletter-Ausrüstung für Bergsteiger.

Edited by Der Läuterer
Link to comment
Share on other sites

Das vierte Zimmer auf der rechten Seite des Flurs, das Ihr durchsucht, gehört, den Briefen auf dem Schreibtisch und seinen Pass zufolge, Dr. M.D. Ludwig Theodor Wilfried von Wittgenstein. Der Mann ist Humanmediziner, gebürtiger Deutscher und etwa Mitte 60.

Wahrnehmung (extrem)

Im Pass von Wittgensteins ist folgendes zu lesen: Deutsches Kaiserreich - Hamburg - geb. 25.08.1889

 

Der Mann hatte Matilde und Paul nach ihrem Ausflug in die Krypta des Friedhofs, im Behandlungstrakt versorgt. Er spricht gut Englisch, aber mit plattdeutschem Akzent.

 

Die Korrespondenz ist rein beruflicher Natur und findet zw. von Wittgenstein und den Fakultäten für Psychologie der Universitäten in Berlin, Hamburg und Heidelberg statt.

 

Von Wittgenstein besitzt ein Teleskop in seinem Zimmer.

 

An den Wänden befinden sich gerahmte Zeichnungen der Planeten, die auf grosses zeichnerisches Geschick und gute Kenntnissee im Bereich der Astronomie schliessen lassen.

 

Eine gerahmte Darstellung an der Wand zeigt unser bekanntes Sonnensystems. Es ist eine doppelseitige Zeichnumg aus der Encyclopædia Britannica. Unten auf der Karte sind die Namen der acht Planeten zu lesen: Merkur - Venus - Erde - Mars - Jupiter - Saturn - Uranus - Neptun.

Wahrnehmung (extrem)

Dem Sonnensystem wurde ein weiterer äusserer Planet, ein neunter, hinzugefügt. Dieser schwarze, kleine Punkt auf der Karte trägt das Namen 'Iukkoth'.

 

Wahrnehmung (extrem)

Die Namensliste der Planeten wurde teilweise durch andere Namen ersetzt und der ursprüngliche Name gestrichen. Saturn, handschriftlich Cykranosh; Uranus, handschriftlich L'gy'hx; Neptun, handschriftlich Yaksh.

 

Im Regal stehen vierzehn Bücher, die sich alle mit dem Kosmos, dem Sonnensystem und den Planeten beschäftigen.

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Als Ihr die Tür des nächsten Zimmers öffnet, findet Ihr es in völlige Dunkelheit gehüllt vor. Nur das spärliche Licht, das durch den Flur in den Raum fällt, lässt Euch Umrisse erkennen. Dann... plötzlich...

 

http://images.viralnova.com/000/037/751/evil-little-boy.jpg

 

Idee (erschwert) oder Mythos [bitte beides würfeln]

 

 

Edited by Der Läuterer
  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Der kleine, rothaarige Junge vor Euch ist das freche Kind aus dem Zug nach Plymouth - FLOYD.

Amanda, das Mädchen, das Euch im Sanatorium genarrt hat, ist seine ältere Schwester.

Link to comment
Share on other sites

Ein wenig irritiert betrachte ich die private Bibliothek des Dr. Dr. Hawthorne. "Ein wenig viel Religion für einen Psychologen und Literaturwissenschaftler", denke ich. Andererseits erstaunt es mich nicht, dass der Arzt sich auf dieser Insel offensichtlich viele Gedanken über die Vergänglichkeit des Lebens und die Frage eines Lebens nach dem Tode gemacht hat.

 

Erneut erinnere ich mich an die Geschichte dieser Insel, die Errichtung eines Klosters vor weit über tausend Jahren auf Herm. Könnte das Interesse des Kollegen vielleicht weniger religiös als historisch motiviert sein?

 

Die Zeichnungen der toten Vögel lassen mich an den heutigen Rückweg vom Hafen durch den Wald zurückdenken.

 

"Hatte Hawthorne ähnliche Erscheinungen? Handelt es sich um eine künstlerisch motivierte Zeichenstudie über die Vergänglichkeit des Lebens? ... oder handelt es sich bei den Zeichnungen vielleicht gar nicht um Werke Hawthornes, sondern lediglich um die morbiden Phantasien eines seiner Patienten?"

 

Ich kann mir im Augenblick keinen Reim darauf machen. Ich schüttle den Kopf und begebe mich zum nächsten Zimmer.

  • Like 2
Link to comment
Share on other sites

Ich schaue mir die Fotos an, hoffensichtlich mag der Mann wandern, und Berge steigern.

Ich untersuche auch die Ausrüstung, und nehme eine Seile mit.

"Die Schweiz, und noch so andere Gipfel, die ich nicht kenne. Er war viel unterwegs" kommentiere ich.

 

Was ist eigentlich mit uns? Wieso sind wir allein? Verzweiflung breitet sich in mich.

 

Ich eile schnell meinen Kameraden nach, und begutachte auch das nächste Zimmer.

Die Sternmappe irritiert mich etwas.

"Hier haben wir mit einem Astronom zu tun. Aber es sieht so aus, als hätte er gerade einen neuen Planet entdeckt. Iuggot, oder so? Oder kenne ich mich nicht so gut aus" frage zu Clive und Paul.

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

"Ich erkenne die meisten Berge auch nicht."

 

Ich deute auf eines der Bilder: "Das könnte in Italien sein. Der Corno Grande. Das ist die höchste Erhebung des Gran Sasso d'Italia und des gesamten Apennins."

 

Dann weise ich auf das letzte der Bilder: "Und - ich stimme zu - das ist unverkennbar das Matterhorn."

 

Ich folge der Contessa zum nächsten Zimmer. Nachdem wir auch dort gemeinschaftlich das Schloss aufgestemmt haben, verstärkt sich meine Verwirrung.

 

"Warum sucht sich ein Arzt, der ganz offensichtlich die Berge liebt, dieses Sanatorium auf einer Insel aus? Es gibt genug Anstalten in den Bergen, die ihm  die Möglichkeit zu Ausflügen und Training in den Bergen gegeben hätten.

 

Und jetzt von Wittgenstein: Sein intensives Interesse gilt offenbar der Astronomie. Auch er wäre daher besser in den Bergen aufgehoben, die ihm einen klareren Blick auf die Sterne in der Nacht gewährt hätten, statt hier in Gischt und Nebel meistens nur eine vergleichsweise unklare Sicht mit seinem Teleskop zu haben.

 

Bei Hawthorne hatte ich auch schon so ein merkwürdiges Gefühl, ... aber da war immerhin die Ornithologie und auch die historische Tradition dieser Insel als Ort der Einsiedelei und Kontemplation. Aber Van Sloan und von Wittgenstein ... was sollte sie hierher verschlagen haben? Möglicherweise sehe ich inzwischen überall 'Gespenster', wo gar keine sind. Aber ich frage mich immer mehr, was gerade diese Ärzte veranlasst hat, eine Anstellung auf Herm zu suchen und anzunehmen.

 

Ich habe schon nicht verstanden, warum Dr. Warner überhaupt auf einen Besuch hierher gekommen ist. Aber was für ein Mensch sucht hier eine Anstellung als Arzt? Jemand, der keine Alternative hat, weil ihn sonst kein Sanatorium mehr annimmt? ... Oder vielleicht jemand, der auf dieser Insel in Wahrheit etwas ganz anderes sucht als eine Anstellung als Arzt?"

 

Ich trete vor die Fenster und untersuche, ob Spuren auf dem Boden auf einen häufigen Standort des Teleskops hindeuten könnten. Dann könnte man das Teleskop in seiner jetzigen Ausrichtung dort positionieren. Wenn die Einstellung des Teleskops nach der letzten Benutzung nicht verstellt worden ist, wäre es interessant festzustellen, was das Ziel der letzten Beobachtung gewesen sein könnte. Ist das Teleskop auf den Himmel ausgerichtet? Ich blicke aus den Fenstern und überlege, ob und welches irdische Objekt möglicherweise beobachtet worden sein könnte. Dann versuche ich, ohne eine Veränderung an der Einstellung des Teleskops vorzunehmen, abzuschätzen, auf welche Entfernung die Linsen des Teleskops eingestellt sind, eine kurze Distanz oder die Weiten des Weltraums.

Edited by Joran
  • Like 2
Link to comment
Share on other sites

Als ich durch Hawthornes Zimmer schlendere, kommt mir das Siechtum der Insel in den Sinn. Ja er hat es bemerkt, hat es eingefangen, wollte es studieren - und jetzt? Ist er verschwunden, wie all die anderen. Nichts hat es ihm gebracht, nicht das geringste. Traurig ... aber wahr. Da mir nichts anderes auffällt, folge ich den anderen in den nächsten Raum.

 

"Die Schweiz, und noch so andere Gipfel, die ich nicht kenne. Er war viel unterwegs.", gibt Matilde zum besten und Hans kommt mir in den Sinn. Ich frage mich, was er gerade tut, frage mich, ob er wieder tot ist oder nie wieder gekommen ist. Dumm, darüber zu spekulieren, aber ich habe allen Grund, es zu hinterfragen. Ich sehe einige Berge, erkenne sogar zwei davon, doch sonst gibt es hier nichts von Relevanz.

 

Im dritten Zimmer betrachte ich die Sternkarten und mich überkommt ein mulmiges Gefühl - das Kosmische, dargestellt von niederen Wesen wie den Menschen. Ameisen, die sich einen tiefen schwarzen Ozean unermesslicher Abgründe vorzustellen versuchen. Auf Matilde antworte ich: "Yuggoth? Nie gehört, aber ich bin auch kein Experte. VIelleicht war er nur ein Spinner oder wurde es durch das, was auf dieser Insel falsch läuft." Zu Clive gewandt antworte ich: "Manchmal haben wir keine Wahl, wo wir uns befinden, doch es stimmt, dass die Tatsache, dass er sich dieses Sanatorium ausgesucht hat, seltsam anmutet. Was er genau bezweckt hat, kann ich nur erahnen ..."

  • Like 2
Link to comment
Share on other sites

"Nein, bedaure, mir sagt das Wort auch nichts...", pflichte ich Mr. Anderson bei.

 

"Aber ist es überhaupt denkbar, dass ein Hobby-Astronom mit diesem Teleskop einen weiteren Planeten in unserem Sonnensystem entdeckt hätte?

 

Vielleicht handelt es sich auch nicht um einen Planeten, sondern um einen größeren Asteroid oder einen sonstigen Himmelkörper? Oder eine schlichte Phantasterei oder Hypothese?

 

Und der Name ... oder das Wort ... 'Iuggot' oder 'Yuggoth' oder 'Iukkotk' ... ist für mich kaum zu entziffern. Ist das vielleicht diese Handschrift, die ein Grafiker namens Sütterlin entwickelt hat? ... Das Wort scheint jedenfalls aus einer anderen Sprache zu stammen ... nur aus welcher? Deutsch scheint mir das nicht zu sein. Alleine aufgrund eines Wortes Schlüsse zu ziehen, wenn möglicherweise sogar die Schreibweise nicht eindeutig ist, erscheint mir sehr spekulativ. Immerhin ist ... war (?) ... von Wittgenstein ein Deutscher. Wenn das Wort also aus einer fremden Sprache übertragen ist, die selbst möglicherweise noch nicht einmal über eine auf Lautsymbolen basierende Schrift verfügt, müssten wir ausgehend von der Aussprache eines Deutschen phonetisch denken. Nein, beim besten Willen, mir fällt hierzu nichts ein...

 

Aber vielleicht finden wir ja hier eine Antwort."

 

Ich greife ohne viel Hoffnung die abgegriffensten der astronomischen Bücher aus dem Regal und blättere diese oberflächlich durch. Da ich jedenfalls die deutschsprachigen Werke nicht lesen kann, suche ich vor allem nach möglichen handschriftlichen Notizen oder Markierungen des Arztes in den Büchern oder darin liegenden Notizzetteln. Dann überprüfe ich, ob möglicherweise auch Bücher in mir geläufigen Sprachen zu finden sind, etwa ältere wissenschaftliche Abhandlungen in lateinischer Sprache.

 

Auf Mr. Andersons Überlegungen erwidere ich, während ich die Bücher durchblättere: "Nun, das ist doch die Frage: Sind die Ärzte hier so, weil der Ort sie verändert hat? Oder hat der Ort sich verändert, weil gerade diese Ärzte aus einem bestimmten Grund hierher gekommen sind? Im letztgenannten Fall, wenn dies alles nicht lediglich ein Zufall ist, würden sich vielleicht ein System oder irgendwelche Gemeinsamkeiten der Ärzte erkennen lassen."

Edited by Joran
Link to comment
Share on other sites

Clive

 

Du blätterst die Bücher durch, in der vagen Hoffnung nähere Anhaltspunkte zu finden. Und zu Deinem Glück? oder Unglück? fällt ein doppelt gefalteter Zettel aus einem Buch heraus, der zwischen Einband und Schutzumschlag verborgen lag.

Das Papier ist alt und vergilbt, weist aber eine enorme Festigkeit auf.

  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Der alte, vergilbte Zettel...

 

 

ISHNIGARRAB

Oh, Du Freund und Gefährte der Nacht,

der Du das Bellen der Hunde

und das dahin gegossene Blut bejubelst,

der Du wanderst in Mitten der Schatten zwischen den Gräbern,

der Du Dich sehnst nach Blut

und der Du den Schrecken verbreitest unter den Sterblichen,

Du Gorgo,

Du tausend-gesichtiger dunkler Mond,

schau gnädig und mit Wohlwollen herab auf diese Opfer,

denn das Fleisch des Menschen ist Deine wahre Speise

und sein Blut ist Dein wahrer Trank,

denn wer das Fleisch beisst und kaut und mit Blut herunter spült,

für den ist es in seinem Munde so süss wie Honig.

 

 

Wissen

Der Zettel ist altes Pergament.

 

Wissen erschwert geschafft

Das Pergament ist von feinster Qualität. Es wurde aus der Haut einer ungeborenen Ziege hergestellt.

 

Edited by Der Läuterer
  • Like 1
Link to comment
Share on other sites

Bereits als ich das Pergament fallen sehe, ist mir klar, dass es weit älter ist, als dass es von dem deutschen Arzt stammen könnte. Das ist keine Fälschung, sondern ein Artefakt ... ein Relikt aus alter Zeit ... ein Zeugnis alten WISSENS. Unvermittelt bricht mir der Schweiß aus. Mit leicht zitternden Händen hebe ich dieses Stück feinster, ungegerbter Haut eines ungeborenen Tieres auf. Es ist nicht das erste Mal, dass ich etwas derartiges sehe und in den Händen halte.

 

Bevor ich das Pergament auseinanderfalte, erkenne ich an der Farbe und den feinen, gereihten Punkten der früheren Haaransätze, dass es sich um Ziegenleder handelt, nicht um die Haut von einem Kalb oder einem Lamm.

 

Und ebenfalls bevor ich das Pergament öffne, warnt mich bereits mein Instinkt, dass dieses Pergament im Ergebnis nichts anderes ist, als ein mit dem Wundsekret eines Seuchentoten getränktes Stück Linnen ... ein Seuchenträger für den Verstand, der das VIRUS des WISSENS weiterträgt und verbreitet.

 

Ich denke zurück, an den gestrigen Abend. Den letzten Abend in der weißen Abgeschiedenheit meines Zimmers. Und wieder erscheinen mir meine Gedanken ein wenig mehr als eine prophetische Vorahnung all dessen, was heute geschehen ist.

 

Langsam öffne ich das alte Pergament in einer Mischung aus Ehrfurcht vor seinem zerbrechlichen Alter und Furcht vor seiner alle Zeiten überdauernden, unauslöschlichen Botschaft.

 

Ich schlucke, als ich der Botschaft aus der Vergangenheit Zutritt zu meinem Geist gewähre.

 

"Das hier sollten Sie vielleicht lesen. ... Damit dürfte die Frage beantwortet sein, ob mein deutscher Kollege ein Opfer dieser Insel ist oder ob er daran beteiligt war, den Fluch zu erwecken, der auf dieser Insel lastet ... Das Pergament ist sehr alt. Es ist aus der Haut einer ungeborenen Ziege, ungegerbt, lediglich mit einer Kalklösung behandelt und von den Haaren befreit."

 

Bleich reiche ich das Pergament behutsam an Mr. Anderson und die Contessa weiter.

 

Nachdem die beiden es betrachtet haben, nehme ich das lederne Pergament wieder an mich, falte es sorgsam zusammen und lege es zurück in das Buch, in dem es verborgen gewesen war. Noch einmal inspiziere ich das Buch sorgfältiger. "Dieses Buch wird nicht zurück in das Regal wandern. Ich werde es mit seinem gesamten Inhalt verwahren. Vielleicht werde ich es lesen, wenn ich mich stark genug fühle. Vielleicht wird es mir weiteres Wissen enthüllen, welches nicht enthüllt werden darf, weil es nicht für uns Menschen bestimmt ist. Aber nicht jetzt, wo ich meine ganzen Kräfte hier brauche. Sobald ich wieder auf meinem Zimmer bin, werde ich das Buch in meinen Überseekoffer legen. Dort wird es warten, gebunden durch das Gewicht des eisernen Tabernakels, bis ich es verbergen kann, bei den anderen blasphemischen Zeugnissen, die ich auf meinen Reisen gesammelt habe."

Edited by Joran
  • Like 2
Link to comment
Share on other sites

Ich beobachte meine jungen Gefährten. Ich frage mich, ob Sie bereits erkannt haben, was wir tatsächlich sind ... wie begrenzt die Möglichkeiten der Menschen sind ... wie unbedeutend wir sind im Vergleich zu den finsteren Mächten, die die Äonen überdauern.

 

Ich spüre Finsternis, die dem Pergament in meiner Tasche anhaftet, wie eine zähe, klebrige Masse.

 

Mühsam unterdrücke ich den Drang, einen Waschraum aufzusuchen und meine Hände von der Berührung des Pergaments zu reinigen. Stattdessen wische ich mir den kalten Schweiß von der Stirn und reibe dabei unauffällig auch meine Hände mit dem Tuch ab. Ich beginne, wieder in meine Gedankenwelt abzudriften.

 

Mein Blick fällt erneut auf das Teleskop. Die Untersuchung des Teleskops erscheint mir plötzlich nicht mehr so erstrebenswert, wie noch vor wenigen Minuten. Dabei ist es bei rationaler Betrachtung noch immer nichts weiter als angewandte Optik, nicht mehr als eine Ansammlung von Linsen zur Bündelung von Licht. Wie ein Nadelöhr eröffnet es dem Licht einen schmalen Durchlass, eine Passage, um weite Entfernungen zu überbrücken. Doch nun scheint es plötzlich mehr als ein physikalisches Instrument zu sein: eher ein Ritualgegenstand, der von Wittgenstein zu einem über seinen eigentliche Funktionsweise hinausgehenden metaphysischen Zweck dient. Kann eine Linse, die Licht transportiert und bündelt, der Finsternis den gleichen Dienst erweisen? Und ist die Linse nicht ein in beide Richtungen durchlässiges Portal?

 

Ich merke, dass meine Gedanken meiner Kontrolle zu entgleiten drohen und zwinge meine Konzentration mühsam zurück in die äußere Welt.

 

Es drängt mich, diesen Raum zu verlassen, in dem von Wittgenstein seinen inhumanen Studien nachgegangen ist. Die Untersuchung der weiteren Zimmer fortzusetzen, erscheint in diesem Augenblick so verlockend. Was soll uns hiernach schließlich in den verbliebenen Wohnräumen noch erwarten?

 

Etwas tief in mir weiß jedoch, dass in einer solchen Flucht allenfalls ein Aufschub liegt. Und trotzdem blicke ich die anderen schon fragend an.

Edited by Joran
  • Like 2
Link to comment
Share on other sites

Friss mich Dunkelheit ...

 

Ich reiche das Pergament an Matilde.

 

Das Fleisch des Menschen ist Deine wahre Speise.

 

Ich hebe den Blick und sehe, dass Clive das Teleskop mustert, als sei es ein Fremdkörper in seinem persönlichen Kosmos.

 

... lass mich nie geschehen sein.

 

Dann wendet er den Kopf, schaut mich an - mein Blick gleitet darunter hinweg, taucht zu meinen Füßen. Ich bin der Fremdkörper. "Wir sollten weitergehen ...", sage ich tonlos. "Womöglich kann ich Ihnen später eine Antwort auf Ihre Frage von vorhin geben, Clive." Aber eigentlich glaube ich es nicht.

  • Like 3
Link to comment
Share on other sites

 Share

×
×
  • Create New...