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Politische Diskussionen sind hier nicht OT


Sir Doudelzaq
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Was man beim Reiche Leute-Bashing nicht übersehen sollte, ist, dass diese Menschen an vielen Orten auch den Großteil der Steuereinnahmen ausmachen. In New Jersey wurde 2004 eine zusätzliche Millionärssteuer erhoben und 2009 wieder abgeschafft. In der Zeit sind knapp 20.000 Menschen weggezogen und die jährlichen Steuereinnahmen sind um ca. 2,5 Milliarden gesunken.

Bei solchen ökonomischen "Geschichten" wäre ich immer vorsichtig. Hier ist zum Beispiel ein Paper, das den Effekt als gering einschätzt und auch den Begleitkontext etwa den überhitzten Immobilienmarkt erklärt: http://minnesota.publicradio.org/features/2011/02/documents/millionaire-migration.pdf

 

Und ich habe bei Wolfram Alpha nachgesehen: http://www.wolframalpha.com/input/?i=new+jersey+tax+income+2000-2010 Sieht mir eher danach aus, als ob die Einnahmen bis 2008 gestiegen sind und erst dann im Kontext der Wirtschaftskrise gesunken sind.

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Das ist auch die immergleiche Argumentation: Höhere Unternehmens-/Unternehmersteuern, Mindestlöhne, Arbeitssicherheit - all das darf man nicht einführen, weil es sonst 1) die Wirtschaft zerstören (!) würde und 2) alles ins Ausland abwandert. Stimmt aber meistens gar nicht. Moderate Anhebungen hier, sinnvolle, gestufte Anpassungen von Umweltstandards dort, da geht die Wirtschaft mit. In Amerika ist die Steuerlast außerdem viel geringer als hier - und hält das Unternehmen wie Apple etc. davon ab, DENNOCH keinerlei Steuern zu zahlen, alles in irgendwelche Steuerparadiese zu verschieben und, was die Personen angeht, Briefkastenfirmen in Panama zu haben? Eben.

 

Natürlich sagen die Leute dann "ja, aber es ist doch betriebswirtschaftlich bescheuert, steuerliche Möglichkeiten nicht zu nutzen". Stimmt, das ist es, klar, also mach ruhig. Dass dein Unternehmen an den Steuergesetzen mitgeschrieben hat, brauchst du auch nicht erwähnen. Ein ewiger Kreislauf von Sachzwängen: Natürlich betreibe ich Korru... Lobbyarbeit. Und natürlich muss ich im Interesse meiner Aktionäre auch alle Möglichkeiten nutzen, die mir das geschaffen hat. Ich kann gar nicht anders! Hey, dafür hat Herr Zuckerberg letztens ganz viel Geld gespendet. Eigentlich eher "gespendet", weil an die eigene Lobbyorganisation/Stiftung gegeben, aber netter Kerl trotzdem.

Edited by Sam Stonewall
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@Wahlbeteiligung

Meine Theorie zur sinkenden Wahlbeteiligung ist neben Desinteresse und Frust auch eine sinkende Kompromissbereitschaft der Menschen.

 

Die ganzen Parteien sind dann alt auch deshalb Scheiße, weil eine 100%ige Deckung mit der eigenen Sichtweise bei allen Themen erwartet wird. Aber diese Erwartung kann niemals erfüllt werden. Deshalb wird lieber über die Parteien gemeckert und gar nicht gewählt... big fail!

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 sinkenden Wahlbeteiligung ist neben Desinteresse und Frust auch eine sinkende Kompromissbereitschaft der Menschen.

 

 

damit kämen wir zur Frage, warum sinkt die Kompromissbereitschaft?

 

bzw.

 

wie kann ich unterscheiden zwischen "sinkender Kompromissbereitschaft" als negativ Darstellung und "lässt sich nicht mehr für dumm verkaufen" als Zeichen der aufgeklärten Selbstbehauptung?

 

provokante Frage:

ist es den ein gesunder Kompromiss,

wenn ich es als Wähler von Partei X sang und klanglos akzeptiere, dass Wahlkampfversprechen, Grundsatzprogramme und Sonntagsreden gegestandslose Luft- und Papierverschwendung sind und mich mit guten Glauben an die Wundertüte "die Mutti macht dat schoo" zufriedengebe?

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In Amerika ist die Steuerlast außerdem viel geringer als hier - und hält das Unternehmen wie Apple etc. davon ab, DENNOCH keinerlei Steuern zu zahlen, alles in irgendwelche Steuerparadiese zu verschieben und, was die Personen angeht, Briefkastenfirmen in Panama zu haben? Eben.

 

Unternehmen (Aktiengesellschaften) haben als höchstes Ziel den Profit (für den Aktionär). Als Chef kann man da nicht beschliessen Steuern zu bezahlen wenn es Wege gibt dies nicht zu tun. Erst wenn die Opportunitätskosten (wie z.B. schlechte Presse) zu hoch werden.

Und Deutschland ist doch eine der führenden Steueroasen. Wenn das zumindest die EU mal hinbekommen würde wäre schon viel gewonnen.

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@Major Wolf, Kompromiss ist nunmal Teil der Demokratie in meinen Augen. Da die Mehrheit entscheidet und die deckt zwar viele Meinungen ab, aber niemals alle. Daher wird es immer einen Teil geben, der sich nicht repräsentiert sieht. Und wie die Menschheitsgeschichte zeigt, gibt es keine realistische Alternative zur Demokratie als Regierungsform. Und die Demokratie bietet auch für jeden enttäuschten Wähler und natürlich auch glückliche Wähler die Möglichkeit Einfluss zu nehmen via Bürgerbegehren, Demonstrationen und Ähnlichem.

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In Amerika ist die Steuerlast außerdem viel geringer als hier - und hält das Unternehmen wie Apple etc. davon ab, DENNOCH keinerlei Steuern zu zahlen, alles in irgendwelche Steuerparadiese zu verschieben und, was die Personen angeht, Briefkastenfirmen in Panama zu haben? Eben.

 

Unternehmen (Aktiengesellschaften) haben als höchstes Ziel den Profit (für den Aktionär).

 

 Das stimmt zwar, ist aber so pauschal, dass es als Argument nicht viel wert ist. Die Realität ist ja doch etwas vielschichtiger, schon bei der Frage, was alles Einfluss auf den Profit nimmt.

 

Ich wollte aber eher drauf hinweisen, dass die Argumentation unehrlich ist: Jammern über Steuern, die man am Ende gar nicht zahlt. Und das bedeutet, dass die HÖHE der Steuer gar nicht das Problem ist, sondern der Unwillie, überhaupt zu zahlen. Das sagst du ja quasi auch.

 

Und außerdem ...

Als Chef kann man da nicht beschliessen Steuern zu bezahlen wenn es Wege gibt dies nicht zu tun. Erst wenn die Opportunitätskosten (wie z.B. schlechte Presse) zu hoch werden.

... kann man es anscheinend ja doch! ;)

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Und wie die Menschheitsgeschichte zeigt, gibt es keine realistische Alternative zur Demokratie als Regierungsform.

 

Zum Thema Demokratie in Deutschland habe ich diesen provokanten Artikel gefunden:

 

http://community.zeit.de/user/wolfgang63/beitrag/2009/05/01/probleme-der-deutschen-demokratie

Edited by Corpheus
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Und wie die Menschheitsgeschichte zeigt, gibt es keine realistische Alternative zur Demokratie als Regierungsform.

 

Dafür gibt es durchaus Beispiele in der Geschichte, dass es für eine funktionierende demokratische Gesellschaft keine Regierung braucht. Ich stelle sogar in Frage, ob überhaupt eine parlamentarische Vertretung in der Größenordnung eines Bundestages notwendig ist, oder ob nicht eine Räterepublik auf lokaler und regionaler Ebene ausreichend wäre, die lediglich in überregionalen Angelegenheiten temporäre parlamentarische Zusammenschlüsse bedürfen, generell aber keine auf nationaler Ebene.

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Und wie die Menschheitsgeschichte zeigt, gibt es keine realistische Alternative zur Demokratie als Regierungsform.

Äh, muss man nicht eher sagen die Menschheitsgeschichte ist voll mit Alternativen zur Demokratie (welche auch immer gemeint ist) als Regierungsform?

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Und wie die Menschheitsgeschichte zeigt, gibt es keine realistische Alternative zur Demokratie als Regierungsform.

 

Zum Thema Demokratie in Deutschland habe ich diesen provokanten Artikel gefunden:

 

http://community.zeit.de/user/wolfgang63/beitrag/2009/05/01/probleme-der-deutschen-demokratie

 

Sind ein paar wichtige Punkte drin. Allerdings stimme ich da auc bei weitem nicht überall zu.

Was aber auf jeden Fall noch immer stimmt ist, dass das Parteien- und Parlamentssystem zu intransparent ist und viel zu wenig auf den einzelnen Abgeordneten ausgerichtet. Die Parteien haben es sich da sehr gemütlich gemacht. Als Bürger kann ich mich nicht in den BT wählen lassen, sondern nur als Parteimitglied. Und wenn ich das schaffe, bin ich 100% abhängig von der Parteispitze.

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Als Bürger kann ich mich nicht in den BT wählen lassen, sondern nur als Parteimitglied.

 

Falls Du Dich damit auf Deutschland beziehst: man kann als parteitloser Direktkandidat sehr wohl in den Bundestag einziehen, nur sind Chancen zur Wahl und dann die eigentlichen Arbeitsmöglichkeiten im BT eher überschaubar.

 

SYL

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War ungünstig formuliert meinerseits. Klar gibt es in der Menschheitsgeschichte hunderte von Alternativen zur Demokratie (der Regierungsform als solcher, nicht auf ein spezielles Land gemünzt). Aber keine von denen war lange lebensfähig. Früher oder später sind die entweder von selbst zerfallen oder wurden blutig umgestürzt und zu etwas mitunter noch schlechteren oder einer Demokratie gemacht. Der Mensch ist nunmal leider ein Egoist und dafür ist die Demokratie mit dem Fokus auf Mehrheitsentscheidungen immer noch der beste Kompromiss.

 

Räterepubliken funktionieren im kleineren Raum bestimmt super, aber sobald die teilnehmende Bevölkerung eine bestimmte Menge überschreitet, braucht es wieder gewählte Vertreter, die hauptberuflich den Kurs bestimmen, damit genug Einwohner produzieren können um alles am Laufen zu halten. Und wenn überall auf der Welt Räterepubliken die Entscheidungen fassen würden, gäbe es garantiert auch wieder die Probleme in der Zusammenarbeit mit anderen Räterepubliken. Die "Länder" mit vielen Rohstoffen würden wieder Einfluss auf "Länder" mit weniger Rohstoffen nehmen, früher oder später würde sich ein "Vereiniger" finden, der zum Vorsitzenden Rat auf Lebenszeit ernannt wird, um die schwierige Zeit durchzustehen und zack, steht man wieder am Anfang.

So gern ich auch in einer freien, friedlichen Gesellschaft mit Teilhabe und Geld für jeden leben würde, sieht die Realität meiner Meinung nach leider so aus, dass nur eine Demokratie die Chance hat langfristig zu funktionieren.

Edited by Trochantus
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War ungünstig formuliert meinerseits. Klar gibt es in der Menschheitsgeschichte hunderte von Alternativen zur Demokratie ([...]). Aber keine von denen war lange lebensfähig. Früher oder später sind die entweder von selbst zerfallen oder wurden blutig umgestürzt und zu etwas mitunter noch schlechteren oder einer Demokratie gemacht.

Also Kontrollstrukturen aufrechtzuerhalten, die eine gewisse Stabilität gewährleisten, ist der Menschheit sehr häufig gelungen. Die Probleme lagen eigentlich immer eher darin, einen friedlichen Übergang von Macht zu organisieren. Wobei zum Beispiel Monarchien darin nicht so unerfolgreich waren. Die Destabilisierung durch die weit häufiger auftretenden Konflikte zwischen Machtzentren haben sicherlich mit deren jeweiliger innerer Ordnung zu tun, aber außer man glaubt an diese These vom Demokratischen Frieden, ist unklar ob sich die "friedliche" Phase seit dem Zweiten Weltkrieg so wirklich erklären lässt.

 

Tatsächlich würde ich mir auf die westeuropäische Erfahrung von 1945 bis 2018 auch nicht allzuviel einbilden. Der Großteil davon war unter dem Eindruck eines Kalten Krieges, der kriegerische Konflikte in die ehemalige europäische Peripherie (auch bekannt als der Rest der Welt) externalisiert hat.

 

Demokratie ([...]der Regierungsform als solcher, nicht auf ein spezielles Land gemünzt)

Ich meinte ebenfalls nicht einzelne Länder sondern Arten von Demokratie. Da gibt es viele verschiedene Formen. Von der Ursprungsidee her ist das, was wir heute Demokratie nennen, also die repräsentative Demokratie, zum Beispiel gar keine.

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