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Politische Diskussionen sind hier nicht OT


Sir Doudelzaq
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Diese Anzeichen gibt es auch nicht auf russicher Seite. Es wurde aber sofort das (ukrainische?) Narrativ übernommen, dass es sich hierbei um eine Putin-Strategie handelt.

Lass es uns das tschetschenisch-syrisch-ukrainische Narrativ nennen, ja?

 

Und gerade das erweckt den Eindruck, dass der eine oder andere glaubt, auf Seiten der Ukrainer könnten keine Kriegsverbrechen vorkommen.

Whataboutism in Reinform. Die - unbelegte - Unterstellung, dass manche glaubten, es könnten auf ukrainischer Seite keine vorkommen, lenkt vom Kern ab: Aufseiten der Ukraine gibt es Meldungen über einzelne Fälle von Tötungen wehrloser Kombattanten. Whataboutism ist, wenn man auf etwas verweist, das in qualitativer oder quantitativer Hinsicht mit dem eigentlichen Thema nicht gleichwertig ist. Das war es schon vor Butscha nicht, denn bereits vorher hat Russland planmäßig und flächendeckend zivile Infrastruktur zerstört, mit entsprechenden Opfern unter der Zivilbevölkerung. In den letzten Tagen... naja, weißt du ja eigentlich selbst, ne?

 

Im übrigen ändert der Wille zur Aufklärung nichts an der Grausamkeit der Taten. Er sagt nur etwas über die Integrität der Regierung aus.

Ja, und es ist entscheidend für die Antwort auf deine angeblich rhetorische Frage.

 

  • Das Massaker von Butscha wurde nicht von Putin angeordnet oder ist Teil der derzeitigen Strategie von Putin.

Niedlich. Wer Augen hat zu sehen, der sehe. Die Russen haben das - worauf hier schon mehrmals hingewiesen wurde - in anderen Ländern bereits so praktiziert. Und in der Ukraine sehen wir jetzt in jeder einzelnen befreiten Stadt Massengräber. Nach wochenlangem Flächenbombardement. Dazu die Aussage eines Bürgermeisters, dass es im Osten des Landes keine (!) unbeschädigten medizinischen Einrichtungen mehr gibt. Auch in Syrien hat Russland bereits großflächig Krankenhäuser zerstört. Und so weiter.

 

Aber natürlich hat Putin das nicht _angeordnet_. Sicher.

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Dann solltest Du Dich da nochmal genauer informieren, zu den abgehörten Funksprüchen, z.B. Tagesschau: BND hat Erkenntnis über russische Verantwortung, meine Einschätzung dazu ist da komplett gegensätzlich.

1. Das war meine Einschätzung am Montag oder Dienstag. Da gab es diese Infos noch nicht. Und ich muss mich ja immer noch dafür rechtfertigen (ich habe übrigens da schon geschrieben, dass ich von Russen als Täter überzeugt bin).

 

2. Der Regierungssprecher hat nur den russischen Ausreden widersprochen. Der BND selber hat gar nichts zu Butscha gesagt. Dh die Infos des Spiegels wurden durchgestochen.

Wenn man sich das dann durchliest fällt folgendes auf: Lt BND sind die Täter sicher russische Soldaten oder Söldner (wie wir uns alle dachten). Die Hinweise werden ziemlich ausführlich geschildert. Aber wenn es darum geht, ob das Massaker von Putin angeordnet wurde, ist die Formulierung sehr vorsichtig ("man geht davon aus").

Bevor ich mich da festlege warte ich lieber die Ermittlungen ab. Es ist ja nicht so, dass Massaker an Zivilisten durch schlecht ausgebildete und geführte Soldaten ohne Auftrag von oben selten wären ...

 

Aus der Dlf Audiothek | Aus Kultur- und Sozialwissenschaften | Kriegsverbrechen | Welche Faktoren exzessive Gewalt in Kriegen befördern https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=dira_DLF_cd8d3cf1

 

 

@Vernichtungskrieg gegen die Bevölkerung

Ich weiß nicht, wer diese Formulierung in die Welt gesetzt hat. Aber mein GMV sagt mir, wäre das so, hätten die Russen aber verdammt viele Menschen übrig gelassen.

Und mein Gefühl sagt, so etwas hatten wir in Jugoslawien und während des 2. Weltkriegs. Davon sind wir in der Ukraine noch weit entfernt.

 

 

@Legitime militärische Strategien

Völlig richtig. Das Vorgehen der russischen Armee bricht in vielen Punkten das Humanitäre/Kriegsvölkerrecht.

Ich bin aber aus 3 Gründen nicht empört oder schockiert:

 

1. Gerade Russland hat in den letzten Jahren gezeigt, dass es sich nicht daran gebunden fühlt.

 

2. Es gibt so gut wie in jedem Krieg der letzten 30/40 Jahre Verstöße gegen das Völkerrecht. Vor allem auch in den asymmetrischen Konflikten dieses Jahrtausends. Wenn Zivilisten zur Waffe greifen oder Kämpfer sich zwischen Zivilisten mischen oder zivile Infrastruktur nutzen, kommt es zwangsläufig zu Verstößen gegen das Humanitäre/Kriegsvölkerrecht.

 

3. Das Erobern/Belagern einer Stadt erfordert gewisse militärische Strategien und Taktiken. Das sind Sachzwänge, die sich durch eine Unterschrift der Genfer Konvention nicht ändern.

Das kappen der Wasserversorgung, der Stromversorgung und Nahrungsversorgung sind Taktiken, die schon seit 1000enden von Jahren bei Belagerungen eingesetzt werden.

 

Ein "sauberer" Krieg ist eine Illusion.

 

Aus der Dlf Audiothek | Studio 9 | Kriegsverbrechen | Militärexperte: „Sauberer Krieg ist eine Illusion“ https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=dira_DRK_6969c1a6

 

Das, was Russland in der Ukraine macht, ist genau das was ich erwartet und befürchtet hatte.

 

@Syrien/Tschetschenien

Auch hier sind wir uns eigentlich einig. Ich hatte bereits zu Beginn auf Tschetschenien und Syrien hingewiesen. Genauso wie auf das ...

 

Für mich ist es recht offensichtlich, dass Russland einen völlig anderen Verlauf des Krieges geplant hatte - ungefähr so, wie es in der versehentlich veröffentlichten Sieges-Mitteilung stand.

Die mobilen Krematorien und die umfangreichen Polizeieinheiten hinter der ersten Front sprechen da eine deutliche Sprache, was geplant war, die brutale Niederschlagung jeglicher Opposition, die Errichtung eines Marionettenstaates ...

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Ich denke das ist derzeit Panikmache.

Ein Klassiker. Fast so gut wie "diesmal ist er zu weit gegangen".

 

Wie oft haben wir das seit 2014 gehört? Er würde niemals ein EU Assoziierungsabkommen abschießen? Er würde niemals ind er Krim einmarschieren? Er würde niemals den Donbass besetzen? Trump würde niemals Kandidat werden. Oder zumindest nicht Präsident.

Also erst mal sind so gut wie all deine Beispiele Aussagen von Politikern oder Journalisten. In imho allen Fällen habe ich diese Annahmen nicht geteilt.

 

Aber wir spekulieren ja alle und keiner hat eine Glaskugel. Deshalb respektiere ich deine Einschätzung. Verstehe ich deinen Widerspruch richtig: Du glaubst, dass Putin in den nächsten Monaten das Baltikum und Polen angreifen wird, um Russlands historische Grenzen wiederherzustellen?

 

Leider ist dein Post zu lang, um alle relevanten Passagen mobil zu zitieren. Deshalb gehe ich nur verkürzt auf einige ausgewählte Punkte ein:

 

@Butscha

Das habe ich oben ausgeführt. Ich lege mich aktuell noch nicht fest und warte auf offizielle Beweise.

 

@Kriegsverbrechen

Vielleicht hast du mich da missverstanden. Ich habe nicht gesagt, dass Putin keine Kriegsverbrechen angeordnet hat, sondern das er das Massaker nicht angeordnet hat (um das zu präzisieren: Ich weiß es natürlich nicht. Das ist nur meine Vermutung).

 

@Abschreckung

Deutschland ist nicht die NATO. Und der Bündnisfall ist nicht die Ukraine. Im Falle eines Angriffs auf das Baltikum und Polen gibt es keine Ausreden. Und ich glaube, dass ist sich Putin bewußt. Zudem ist er militärisch nicht in der Lage, auch noch einen Krieg gegen die NATO zu führen. Und das würden ihm auch die Chinesen nicht durchgehen lassen.

 

@Philosophische Betrachtung

Ja. Mal etwas Vorsorge anstatt immer nur auf Krisen zu reagieren wäre nicht schlecht.

 

Ich habe aber mal einen wissenschaftlichen Bericht gehört, nachdem das psychologisch quasi kaum möglich ist.

Leider finde ich den nicht mehr. War jedenfalls frustrierend.

 

@Trump 2024 und der Bündnisfall

Ich glaube in diesem Gespräch diskutieren Christian Hacke und Albrecht von Lucke über genau diesen Aspekt.

 

Aus der Dlf Audiothek | Streitkultur | Krieg in Europa – Politologe Hacke: „Der Westen hat Putin komplett verkannt“ https://srv.deutschlandradio.de/dlf-audiothek-audio-teilen.3265.de.html?mdm:audio_id=dira_DLF_c1b621c3

 

@Ukraine besetzen

Das überzeugt mich nicht. Imho war der Sturz der Regierung das primäre Ziel. Dann Marionettenregierung, die Krim, Dombass usw. als selbstständige Republiken anerkennen und die Russen bitten, doch ein paar Soldaten zum Schutz vor dem Westen/NATO dazulassen. Hat ja so ähnlich schon in Tschetschenien geklappt. Und dazu hätten 200k Mann + nachrückende Polizei/Geheimdienste usw imho durchaus ausgereicht.

Aber das klappt jetzt halt nicht. Daher nun das Minimalziel Ostukraine, Krim und die Verbindung dazwischen. Den Küstenstreifen. Aus den von die genannten Gründen.

 

Den Rest deiner Einschätzung teile ich größtenteils und habe einiges davon auch schon selbst in diesem Thread formuliert.

 

 

@Whataboutism/Relativierung

Ich habe den Eindruck du willst mich hier missverstehen.

 

Und dein Beispiel vom Chef der Malerfirma ist wirklich naiv.

Egal welche Strukturen eine Armee hat, Kriegsverbrechen werden sich NIE ausschließen lassen. Und auch Ermittlungen HINTERHER verhindern Kriegsverbrechen nicht. Sie zeigen nur, dass die Regierung das Völkerrecht Ernst und die Verantwortung übernimmt.

 

@Tschetschenien, Syrien, Georgien

Terror gegen die Bevölkerung. Oder auch hybride Kriegsführung genannt. Ja. Darauf habe ich tatsächlich schon verwiesen. Ist bekanntermaßen Strategie der Russen. Aber ein Massaker an der Zivilisten in dem Ausmaß von Butscha ist imho auch für Russland nicht alltäglich.

 

 

@Sam

Du hast es nicht verstanden oder willst es nicht verstehen.

 

Es geht nicht um beschossene Krankenhäuser oder Flächenbombardements.

 

Es geht darum, dass ich der Meinung war (das war am Tag nachdem das bekannt wurde), dass das Massaker von Butscha von amoklaufenden Soldaten verursacht wurde. Und dazu angemerkt: Es gibt heute noch keine Beweise, dass das Massaker von Putin angeordnet wurde.

Unter dieser Prämisse und der Forderung in den Medien, Putin zu verhaften habe ich die Frage in den Raum gestellt, ob Selenskyj nicht auch verhaftet werden müsste. Denn auch seine Soldaten haben (vermutlich) wehrlose Gefangene umgebracht.

 

Natürlich waren das viel weniger Opfer! Deshalb habe ich ja die Bemerkung angehängt, ob es da auf die Anzahl der Toten ankommt. Hast du ja jetzt beantwortet:

 

Aufseiten der Ukraine gibt es Meldungen über einzelne Fälle von Tötungen wehrloser Kombattanten.

Wie nennt man das, wenn einem jemand etwas widerlegt, was man nicht behauptet hat?

 

 

 

  • Das Massaker von Butscha wurde nicht von Putin angeordnet oder ist Teil der derzeitigen Strategie von Putin.

Niedlich. Wer Augen hat zu sehen, der sehe. Die Russen haben das - worauf hier schon mehrmals hingewiesen wurde - in anderen Ländern bereits so praktiziert. Und in der Ukraine sehen wir jetzt in jeder einzelnen befreiten Stadt Massengräber. Nach wochenlangem Flächenbombardement. Dazu die Aussage eines Bürgermeisters, dass es im Osten des Landes keine (!) unbeschädigten medizinischen Einrichtungen mehr gibt. Auch in Syrien hat Russland bereits großflächig Krankenhäuser zerstört. Und so weiter.

 

Aber natürlich hat Putin das nicht _angeordnet_. Sicher.

Flächenbombardements, zerstörte Krankenhäuser ... da alles ist nicht Butscha. Und dazu habe ich auch nie gesagt, dass das nicht zu Putins Strategie gehört.

In Gegenteil: Ich habe mehrmals darauf verwiesen, dass das die übliche Vorgehensweise ist.

Deshalb kannst du dir auch deinen unangebrachten Sarkasmus sparen.

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Verstehe ich deinen Widerspruch richtig: Du glaubst, dass Putin in den nächsten Monaten das Baltikum und Polen angreifen wird, um Russlands historische Grenzen wiederherzustellen?

Gemessen daran, was am 24.2.2022 passierte? Polen eventuell nicht, da zu groß und sehr verbunden innerhalb der EU. Baltikum? Mit seinen ingesamt 42 000 Soldaten (weniger als Moskau Polizisten hat)?

 

Ich denke, Putin ging von einer westlichen Reaktion wie 2014 und einer endlosen Kabelei aus, zusammen mit einer Wiederwahl eines putingefälligen US Präsidenten 2025 und einer gelähmten USA nach den Hauswahlen 2022. Ich kann mir gut vorstellen, daß Rußland mit entsprechenden Gedanken gespielt hat - bis Ende Februar 2022, als sie eben nicht in Kiev als Befreier von Nazis empfangen wurden. Was jetzt kommt, hängt davon ab, wie schnell Putin den Donbass unter seiner Kontrolle bringen und halten kann, wie lange die Sanktionen gegen Rußland gehalten werden und in wie weit die Welthunterkrise (wir erinnern uns: 40% des afrikanischen Weizens kommen aus der Ukraine und Rußland, circa im Verhältnis 1:3) Europa über die Klippe springen läßt.

 

Und wie bestellt:

 

Finland was hit with cyberattacks and an airspace breach on Friday while Ukrainian President Volodymyr Zelensky was speaking to the Finnish Parliament.

Ein Schelm, wer jetzt denkt, daß dies nicht nur reine Provokationen sind, sondern Testläufe und informationssammeln, welcher Staat wie im Detail reagiert bei Luftraumverletzungen.

 

14:28 Uhr – Interfax meldet russisches Militärmanöver in Kaliningrad  [Das ist die russische Enklave zwischen Polen und dem Baltikum]

Russland hat ein Militärmanöver in seiner westlichen Exklave Kaliningrad abgehalten. Das meldet die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Baltische Flottenkommando der russischen Marine. Beteiligt gewesen seien bis zu 1000 Militärangehörige. Außerdem hätten Kampfjets vom Typ Su-27 und Bomber vom Typ Su-24 übernacht Angriffe auf Boden- und Luftziele geübt. Ein Grund für die Manöver wurde nicht genannt. Kaliningrad liegt an der Ostsee zwischen den Nato-Ländern Polen und Litauen. Am Mittwoch hatte der stellvertretende russische Außenminister Alexander Gruschko die europäischen Staaten davor gewarnt, sollten sie gegen die Exklave vorgehen, wäre dies ein Spiel mit dem Feuer.

Stand denn jemals ein militärisches Vorgehen gegen die Enklave im Raume? Nein, natürlich nicht.

 

Nun gut, wir haben 350 Bundeswehrsoldaten in Litauen (?) stationiert. Ohne warme Unterwäschel, weil es dafür kein Budget gibt.

 

Deutschland ist nicht die NATO. Und der Bündnisfall ist nicht die Ukraine

 

Die USA sind die NATO (50% Budget und die meiste Logistik und Führung), Deutschlang wird selbst mit den 100Mrd und einem 2% Etat Minimum Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte brauchen, um wieder "Cold War" bzw "Near Peer Conflict" fähig zu werden. Der Rest der NATO, selbst im Verbund mit Schweden und Finnland, sind weitaus harmloser. Es gab bereits 2016 und 2020 Planspiele durch die USA, wie ein Konflikt im Baltikum aussehen würde. Für die NATO gibt es in einem solchen Szenario nur schlechte Szenarien. Viele Staaten haben zwar angekündigt, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, aber meist nur im Rahmen von vielen Jahren, um die wirtschaftlichen Folgen abzufedern. Wie soll eine glaubwürdige NATO Antwort aussehen? Es wird viel geredet von Bündungstreue etc. Aber wie eine konrekte militärische Antwort abseits von Atombomben und Sanktionen aussehen soll? Da wird nur veschämt gelächelt, und das nicht aus taktischen Geheimhaltungsgründen. Von Problemen bemit einer EU oder NATO mit Frankreich unter Le Pen oder Ungarn unter Orban mal ganz zu schweigen.

 

Das überzeugt mich nicht. Imho war der Sturz der Regierung das primäre Ziel.

 

Du selbst hast Putin als "nicht irre", sondern als kühl kalkulierend bezeichnet. Insofern guck Dir an, was Kiev ihm bringt, und was der Donbass ihm bringt. Es hat seine Gründe, warum die Truppen um Kiev herum abgezopgen wurden, um die Truppen im Osten zu verstärken und nicht andersrum. Zumal gerade die Donbass-Region, abseits der genannten wirtschaftlichen Punkte, seit 2014 als primäre russische Begrüdung dient. Es ging seit 2010 und der Entdeckung der Gasfelder im Donbass immer nur diese Region. Davor war die Ukraine Rußland ziemlich egal, abseits von dem ungefähr 20 Jahre lang schwelenden Konflikt umd die Gasweiterleitung und die damit verbundenen Preise. Bis dato kam nämlich der größte Teil der Energie und des Gases der Ukraine eben aus Rußland. Erst mit der Entdeckung der Gasfelder rückte eine größere Energieunabhänigkeit der Ukraine von Rußland und ein möglicherweise wirtschaftlicher Konkurrent für Gaslieferungen nach Westen in greifbare Nähe. Da aber die Erschließung von Gasfeldern Jahre und Jahrzehnte braucht, konnte Rußland sich in Ruhe vorbereiten. Du merkst es auch am Narrativ. Mal ist es die Hauptstadt, mal die Entnazifizierung, mal die Demilitarisierung, mla die NATO, mal die Neutralität - das einzige, was konstant geblieben ist: Donbass + Kontrolle + Heim ins Reich.

 

Egal welche Strukturen eine Armee hat, Kriegsverbrechen werden sich NIE ausschließen lassen.

 

Das ist natürlich korrekt, aber wenn man sich Grosny mit 140k Toten anguckt, Syrien, und den Rest von Tschetchenien und Ukraine, dann ergibt es ein gewisses Muster. Und das müffelt dann ein wenig arg nach Kriegsverbrechen. Weil es seit fast 30 jahren immer wieder auftaucht, wenn Rußlands Interessen berührt sind. Weil immer, wenn es um Giftgas- oder Plutoniumanschläge gibtl, die Spuren zum FSB führten. Weil immer kleine grüne Männer mit der Ausrüstung von russischen Spezialeinheiten auftauchten. Weil immer wieder ganze Städte in Schutt und Asche gelegt wurden und die einzigen, die dazu entsprechendes Militärgerät in der Nähe hatten, die Russen waren. Weil hunderte von Krankenhäusern beschädigt oder zerstört wurden (ja, die Häuser, welche durch das Völkerrecht besonders geschützt sind, welche auf allen Karten klar markiert und international bekannt sind). Weil es immer mehr Augenzeugenberichte aus den befreiten Städten gibt, die sich wie Nazi-KZ-Porn lesen, die ganz unkeusche Gedanken bei Hitler, Himmler  und Goebbels ausgelöst hätten (Schützengräber vor Häusern mit Kindern; Männer, Frauen & Kinder tagelang zusammen eingesperrt ohne Toilette in der Dunkelheitl, so daß man sich gegenseitig anpinkeln muißte).

 

Irgendwann ist etwas, was wie eine Ente aussieht, schmeckt, stinkt und quackt halt wirklich eine Ente und auch wenn die Oberente es nicht schriftlich ebstätigt, so sollte man vielleicht anfangen es wie eine Ente zu behandeln und Anti-Enten-Maßnahmen in der Hinterhand haben. Falls dann halt es wirklich auch offiziell eine Ente ist. Und ja, es gilt natürlich die Unschuldsvermujtung und die Prinzipien von Anklage vs Verteidigung und ein möglichst neutrales Gericht ... aber auch in einem Rechtsstaat ist es möglich, Enten zu tötenin bestimmten Notwehrsituationen und auch in einem Rechtsstaat ist möglich, eine Ente zu inhaftieren bis zum Prozess.

 

Kann es natürlich sein, daß alles ien großes Mißverständnis ist und die Ukraine es falsch darstellt? Klar. Kann alles eine False-Flag Operation sein, entweder aus Versehen oder aus willentlich? Auch das ist möglich, wobei ich eher dann auf versehentliches Friendly Fire tippen würde mit anschließendem "Also wenn wir schon Mist gebaut haben, dann können wir es den Russen in dei Schuhe schieben".  Halte ich es wahrscheinlich? Eher nicht. Denn die Masse der Berichte ist so groß, daß entweder die ukrainische Armee voller Stümper ist, so oft wie sie dann Friendly Fire Vorfälle haben - aber dann hätten sie auch nicht die Russen aufgehalten. Oder die ukrainische Armee ist so waffentechnisch überlegen, daß sie zb Mariapol in Schutt und Asche legen können - aber dann würde man sich fragen, ob die Feuerkraft nicht für russische Stelluingen besser aufgehoben wäre.

 

Terror gegen die Bevölkerung. Oder auch hybride Kriegsführung genannt

 

Nein. Das sind zwei ganz verschiedene Paar Schuhe, Du verwechselst hier etwas ganz gewaltig.

 

- "Terror gegen die Bevölkerung" sind Kriegsverbrechen und können Teil einer normalen oder Hybriden Kriegsführung sein.

 

- Hybride Kriegsführung ist eine taktische Vorgehensweise: eine Mischung aus regionalen Kräften, Spezialeinheiten, Cyberware, Unruhen unterstützen, gesellschaftliche Infiltration und niederschwelle Militäraktionen, um eben einen großflächigen Krieg zu vermeiden.

 

Die Krim 2014 war eine Hybride Kriegsaktion. Der Ukrainekrieg 2022 ist ein klassischer Konflikt auf der Basis von Stalin-Doktrinen mit "Plättet alles mit Artillerie". Und ist auch kein allgemein definierter Begriff. Die Natur der Schwammigkeit ist seine Schwammigkeit, da sich hier geheimdienstliche, politische, zivile, Polizei-  und militärische Aktionen vermischen.

 

Aber ein Massaker an der Zivilisten in dem Ausmaß von Butscha ist imho auch für Russland nicht alltäglich.

 

Einspruch: es ist alltäglich mittlerweile, selbst wenn nur ein Zehntel der Berichte stimmt, die uns aus der Ukraine erreichen.

 

Kriegsverbrechen definieren sich über die Gewalt gegenüber Zivilisten ohne militärischen Zweck, bzw ohne entsprechende Verhältnismäßigkeit. Es ist dabei egal, ob ich Thermobarische Artillerie gegen zivile Stadtviertel einsetze, die Leute fessele und sie durch Kopfschüsse exekutiere, Streubomben gegen Essensausgaben einsetze, Evakuierungskorridore des Roten Kreuzes vermine oder ob ich Präzisionsraketen gegen Evakuierungsbahnhöfe abfeuere. Alles sind mögliche, und seien wir ehrlich: sehr wahrscheinliche, Formen von Kriegsverbrechen. Die tatsächliche Beweisführung ist gerade im Rahmen eines Krieges natürlich nicht einfach (siehe Kollateralschaden), aber eine geziehlte punktuelle Exekution ist bei weitem nicht das einzige mögliche Merkmal. Unter anderem

 

vorsätzliche Tötung;

Folter oder unmenschliche Behandlung einschließlich biologischer Versuche;

vorsätzliche Verursachung großer Leiden oder schwere Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Gesundheit;

Zerstörung und Aneignung von Gut in großem Ausmaß, die durch militärische Erfordernisse nicht gerechtfertigt sind und rechtswidrig und willkürlich vorgenommen werden;

Nötigung eines Kriegsgefangenen oder einer anderen geschützten Person zur Dienstleistung in den Streitkräften einer feindlichen Macht;

vorsätzlicher Entzug des Rechts eines Kriegsgefangenen oder einer anderen geschützten Person auf ein unparteiisches ordentliches Gerichtsverfahren;

rechtswidrige Vertreibung oder Überführung oder rechtswidrige Gefangenhaltung;

Geiselnahme;

vorsätzliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung als solche;

vorsätzliche Angriffe auf zivile Objekte;

vorsätzliches Führen eines Angriffs in der Kenntnis, dass dieser auch Verluste an Menschenleben, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte (…) verursachen wird, die eindeutig in keinem Verhältnis zu dem insgesamt erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen;

der Angriff auf unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude, die nichtmilitärische Ziele sind (….);

die Tötung oder Verwundung eines die Waffen streckenden oder wehrlosen Kombattanten

die Plünderung einer Stadt oder Ansiedlung (…);

die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen;

die Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase (…);

die Verwendung von Waffen, Geschossen, Stoffen und Methoden der Kriegführung, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen (…);

Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei, Nötigung zur Prostitution (…);

die Benutzung der Anwesenheit einer Zivilperson oder einer anderen geschützten Person, um Kampfhandlungen von gewissen Punkten, Gebieten oder Streitkräften fernzuhalten;

das vorsätzliche Aushungern von Zivilpersonen

(Liste nicht vollständig)

 

und

 

Römischer Statut Art 8

wenn diese als Teil eines Planes oder einer Politik oder als Teil der Begehung solcher Verbrechen in großem Umfang verübt werden

 

Nicht jeder Vorfall ist automatisch ein Kriegsbrechen, die Natur des Krieges ist nunmal allumfassende Gewalt, und das Völkerrecht versucht auch nicht Krieg an sich (ist erlaubt unter bestimmten Bedingungen) oder Kollateralschaden zu verhindern (es erlaubt diesen sogar indirekt), aber es versucht die Exzesse zu reduzieren ... und im Rahmen russischer Kriegsführung tauchen diese Exzesse viel zu häufig auf. Und dann ist es auch egal ob es eine direkt Anweisung gab, ob es stillschweigend unter der Hand indirekt angewiesen wurde, oder ob man es einfach nur als "C´est la vie" /schulterzuck abheftet. Als Chef kannst Du dafür haftbar gemacht werden, auch wenn niemals dazu eine schriftliche Anweisung gegeben hast. Sondern weil Du es nicht ausreichend unterbunden hast. Fahrlässigkeit im besten Fall, Absicht im schlimmsten Fall.

 

Und das ist der kleine, aber nicht ganz unwichtige Unterschied zwischen Putin und Zelenskyy und russischen und ukrainischen Truppen. Es wirkt so von außen und neutral betrachtet bei den Russen halt alles ein wenig ... professioneller und organisierter. Also die Verdachtsmomente für Kriegsverbrechen.

 

Da wäre natürlich noch der illegale Angriffskrieg an sich...

 

SYL

Edited by apple
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Ich führe mal das russische Genozidhandbuch an, das von der offiziellen russischen Presseagentur "RIA Novosti" veröffentlicht wurde.

Timothy Snyder, Historiker und Professor in Yale mit Schwerpunkt Osteuropäische Geschichte und Holocaustforschung, hat dazu einen Artikel (keinen wissenschaftlichen, mehr einen Newsletter) geschrieben:

Russia's genocide handbook

Das erläutert vor allem einmal die russische Definition von "Nazi", mit derem Verständnis wir uns als Deutsche sehr schwertun, denn außer vier Buchstaben hat es mit unserer eigenen Definition nichts gemein

A "Nazi," as the genocide manual explains, is simply a human being who self-identifies as Ukrainian.  According to the handbook, the establishment of a Ukrainian state thirty years ago was the "nazification of Ukraine."  Indeed "any attempt to build such a state" has to be a "Nazi" act.  Ukrainians are "Nazis" because they fail to accept "the necessity that the people support Russia."

 

The handbook grants, with no hesitation, that there is no evidence that Nazism, as generally understood, is important in Ukraine.  It operates within the special Russian definition of "Nazi": a Nazi is a Ukrainian who refuses to admit being a Russian.

 

Die Diskussion über das Atsov-Regiment, die Wagner-Gruppe und wer jetzt wie ein Nazi nach unserer westlichen Definition ist, ist völlig irrelevant für die russische Sicht auf den Krieg.

 

The Russian handbook is one of the most openly genocidal documents I have ever seen.  It calls for the liquidation of the Ukrainian state, and for abolition of any organization that has any association with Ukraine.  It postulates that the "majority of the population" of Ukraine are "Nazis," which is to say Ukrainians.

[...]

"the majority of the population," so more than twenty million people, are to be killed or sent to work in "labor camps"

 

Dazu möchte ich noch einmal einwerfen, dass es in Russland keine freie Presse gibt. Dieser Artikel ist etwas anderes als eine Meinungskolumne in der Zeit oder der NYT, wo es vielleicht ein Pro und ein Kontra gibt. Das ist offizielle Staatspropaganda, von den Zensurstellen so genehmigt.

 

As a historian of mass killing, I am hard pressed to think of many examples where states explicitly advertise the genocidal character of their own actions right at at the moment those actions become public knowledge.

 

Krieg ohne Kriegsverbrechen ist gar nicht möglich, Soldaten können nur effektiv kämpfen wenn Gegner gezielt entmenschlicht werden. Das ist die Sicht auf individueller Ebene.

Staatliche Anordnungen von Genozid sind eine völlig andere Sache, das kann nicht einmal ansatzweise verglichen werden.

Edited by slowcar
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Joa, ist dann auch langsam sinnlos hier. Corpheus ist immer wieder über jede neue Nachricht überrascht, aber nix genaues weiß man nicht, niemand weiß genau, wer diese Zivilisten hingerichtet und die Städte in Schutt und Asche gelegt hat und nein, man kann eine Armee zwar befehligen, aber niemals so unter Kontrolle halten, dass nicht zehntausende Zivilisten in wenigen Wochen sterben. Das wäre zuviel verlangt. Und schließlich: Wenn man einen (illegalen) Angriffskrieg führt, dann muss man so handeln, versteht das doch endlich!

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Joa, ist dann auch langsam sinnlos hier. Corpheus ist immer wieder über jede neue Nachricht überrascht, aber nix genaues weiß man nicht, niemand weiß genau, wer diese Zivilisten hingerichtet und die Städte in Schutt und Asche gelegt hat und nein, man kann eine Armee zwar befehligen, aber niemals so unter Kontrolle halten, dass nicht zehntausende Zivilisten in wenigen Wochen sterben. Das wäre zuviel verlangt. Und schließlich: Wenn man einen (illegalen) Angriffskrieg führt, dann muss man so handeln, versteht das doch endlich!

Wie bei jeder Diskussion mit Corpheus, am Ende versteckt er sich hinter eigener Unkenntnis, Unbildung, "ich stell doch nur Fragen" (in manchen Kreisen "JAQing off", eine herrliche Wortschöpfung aus "Just Asking Questions" und "jacking off"=wichsen, genannt), und der Behauptung, anders als wir alle "neutral und unvoreingenommen" (ich verweise auf meine Ausführungen, warum "Neutralität" ein Bullshit-Konzept ist, an anderer Stelle in diesem oder dem anderen Thread) zu sein.

 

Eine wahre Stimme des Volkes. Ich wiederhole meine Frage aus dem anderen Thread:

Bist du so naiv und unschuldig (will sagen: willentlich blind), oder einfach ein echter Menschenfeind?

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Bleibt bitte etwas auf dem Teppich mit den persönlichen Angriffen, ich habe eher den Eindruck, dass sich Corpheus etwas verstolpert hat mit seiner Argumentation, und wir da in der Sache nicht so weit voneinander entfernt sind.

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Kriegsverbrechen definieren sich über die Gewalt gegenüber Zivilisten ohne militärischen Zweck, bzw ohne entsprechende Verhältnismäßigkeit. Es ist dabei egal, ob ich Thermobarische Artillerie gegen zivile Stadtviertel einsetze, die Leute fessele und sie durch Kopfschüsse exekutiere, Streubomben gegen Essensausgaben einsetze, Evakuierungskorridore des Roten Kreuzes vermine oder ob ich Präzisionsraketen gegen Evakuierungsbahnhöfe abfeuere. Alles sind mögliche, und seien wir ehrlich: sehr wahrscheinliche, Formen von Kriegsverbrechen.

Du missverstehst mich immer noch. Das das alles Kriegsverbrechen der Russen sind, ist doch klar und habe ich nicht bestritten. Deshalb sind deine wirklich langen Erklärungen, was Kriegsverbrechen sind, auch total überflüssig.

 

Meine Aussage war, dass ich nicht glaube, dass Butscha von Putin angeordnet wurde (hier geht es nicht um Kriegsverbrechen Ja/Nein sondern um "von Putin angeordnet/amoklaufende Soldaten").

 

Flächenbombardements usw und Butscha sind das gleiche, wenn man es aus der Sichtweise des Völkerrechts sieht. Kriegsverbrechen (was ich entgegen eurer Darstellung nie bestritten habe).

Aber aus militärischer Sicht unterscheiden sich Butscha und die anderen genannten Grausamkeiten:

Flächenbombardements, Zerstörung von Krankenhäusern, unterbrechen von Strom-, Wasser- und Nahrungsversorgung haben einen taktischen Grund. Deshalb werden diese Taktiken schon seit der Antike bei Belagerungen von Städten eingesetzt.

300+ Zivilisten/Gefangene beim Rückzug zu ermorden hat für mich keinerlei taktischen Grund. Deshalb meine Einschätzung, dass das Massaker von Butscha von amoklaufenden Soldaten im Blutrausch/Rachedurst verursacht wurde.

 

Und dein Beispiel mit den tagelang eingesperrten Menschen bestätigt das ja auch. Oder warum wurden die nicht auch alle hingerichtet?

Dieses leider häufige Vorgehen fällt unter Einschüchterung der Bevölkerung. Terror, Angst und Schrecken um diesen Menschen den Willen zum Widerstand zu nehmen. Auch Kriegsverbrechen ... aber eine militärisch nachvollziehbare Strategie. Mit klarer Verantwortung bei Putin.

 

 

Es hat seine Gründe, warum die Truppen um Kiev herum abgezopgen wurden, um die Truppen im Osten zu verstärken und nicht andersrum.

Natürlich hat es Gründe. Aber ich sehe die Gründe in der Unfähigkeit der russischen Truppen, Kiev einzunehmen oder auch nur komplett abzuriegeln.

 

Hätte Russland Kiev eingenommen und die Regierung in ihre Hand bekommen, hätte Putin die ganze Ukraine inklusive Ostukraine sicher gehabt (zumindest war das imho Putins Annahme VOR dem Angriff). Daher Primärziel.

Nachdem das aber offensichtlich mit den vorhandenen Mitteln nicht möglich war, ist man auf das sekundäre Ziel ausgewichen - Ostukraine/Küstenstreifen zur Krim.

So würde ich zumindest die militärische Lage einschätzen.

 

@NATO/Litauen

Ein Russland, dass nach sorgfältiger Vorbereitung Kiev nicht einnehmen kann, wird kurzfristig imho keinen Krieg mit der NATO beginnen.

Und auch wenn deine Kritikpunkte gegenüber der NATO nicht ganz falsch sind, gibt es auch die russische Seite: Putin erlebt gerade, dass sein kompletter Plan in die Hose geht. Und das obwohl er Europas modernste Armee hat. Der Angriff auf die Ukraine hat eklatante Mängel in der Ausbildung, Koordination der Truppenteile, Logistik, Kompetenzen der Generäle und Organisation offenbart. Ich halte Putin für klug genug, sich jetzt nur noch auf die Ostukraine usw zu konzentrieren und dann erst mal das Militär zu reformieren. Anstatt sich unter diesen Umständen mit der NATO anzulegen.

Und ich bin überzeugt, dass Putin dann Chinas Unterstützung verliert.

 

Agree to disagree?

Edited by Corpheus
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Ich führe mal das russische Genozidhandbuch an, das von der offiziellen russischen Presseagentur "RIA Novosti" veröffentlicht wurde.

Timothy Snyder, Historiker und Professor in Yale mit Schwerpunkt Osteuropäische Geschichte und Holocaustforschung, hat dazu einen Artikel (keinen wissenschaftlichen, mehr einen Newsletter) geschrieben:

Russia's genocide handbook

Das erläutert vor allem einmal die russische Definition von "Nazi", mit derem Verständnis wir uns als Deutsche sehr schwertun, denn außer vier Buchstaben hat es mit unserer eigenen Definition nichts gemein ...

Danke für den Link!

Die Sache mit der russischen Definition für Nazis ist imho ein wichtiger Punkt für das Verständnis der aktuellen Situation.

Als ich zu Beginn des Krieges von "Entnazifizierung" gelesen habe, habe ich nur den Kopf geschüttelt.

Im Kontext mit der russischen Definition macht das aus russischer Perspektive Sinn (im Sinne von folgerichtig - nicht sinnvoll oder gerechtfertigt).

 

@Handbuch des Genocids

Als ich diesen Begriff hier zum ersten mal gelesen habe, dachte ich das wäre ein Büchlein, dass jeder russische Soldat vor dem Einsatz erhält.

 

Zumindest impliziert das die Bezeichnung und der Kontext, in dem hier davon gesprochen wird.

Was es wirklich ist:

Ein Artikel im größten Propaganda-Blatt Russlands.

Inhaltlich - ich hab mir das von Google übersetzen lassen - handelt es Großteils von der Delegitimation der ukrainischen Nation - was ja auch das offizielle russische Narrativ ist.

Außerdem das Vorgehen NACH der Eroberung der Ukraine (Langzeitplan über Jahre/Generationen). Und Entnazifizierungsstrategien:

 

- Alle Bewaffneten sind Nazis und davon müssen möglichst viel auf dem Schlachtfeld getötet werden.

- Alle "Nazi" Organisationen, Zeitungen usw werden verboten usw.

- Die politische Elite kann nicht entnazifiziert werden und muss eliminiert werden.

- Umerziehung, ideologische Repression politische und kulturelle Unterdrückung und Zensur ...

 

Ich spare mir die weiteren Details. Das sind Strategien, die kennt man unter anderem aus dem 3. Reich, China, Georgien/Tschetschenien oder zum Teil auch Krim und Ostukraine.

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Meine Aussage war, dass ich nicht glaube, dass Butscha von Putin angeordnet wurde (hier geht es nicht um Kriegsverbrechen Ja/Nein sondern um "von Putin angeordnet/amoklaufende Soldaten").

Definiere angeordnet?

 

Schriftstück mit "Exekutiert die Bewohner"?

Schriftstück mit "Brecht jeglichen Widerstandswillen, auch mit Aktionen gegen Zivilisten"?

Schriftstück mit "Sorgt für Ordnung, notfalls mit harter Hand"

Schriftstück mit "Geht nach dem Militärhandbuch vor und macht der Russischen Föderatin keine Schande!"

Unterschrift Putin

 

Oder das ganze mündlich?

Oder das ganze "Ich will eine befriedete Ukraine haben, Details interessieren mir nicht?"

 

Denn alleine schon das massive Leugnen, die massive eigene Propaganda etc zeugen von System. Butscha wird innerhalb der russischen Staatsmedien in zwei Versionen dargestellt: rein national für die eigene Bevölkerung als ein reines Fake, die Leichen sind Schauspieler (sie haben sogar eine ukrainische Schauspielerin aufgegabelt, die das bestätigt), ist nie passiert, Bild- und Filmmanipulatinon. Außerhalb Rußlands dagegen ist das offizielle Statement und die Geschichte, welche die Trollfabriken verkaufen, daß es zwar Butscha gab, inklusive der ukrainischen Zivilisten. Aber die wurden von ukrainischer Artillerei getötet. Deswegen will ja Rußland auch den Sicherheitsrat der UN eingebrufen, um gegen die furchtbaren Kriegsverbrechen der Ukraine gegen ihre eigenen Einwohner zu protestieren. Mit Beweisen - wie schon bei den COVID-Brieftauben Ende Februar.

 

300+ Zivilisten/Gefangene beim Rückzug zu ermorden hat für mich keinerlei taktischen Grund.

 

Für Dich nicht (und auch nicht für die meisten anderen). Nur fürchte ich, daß militärisch gesehen das ganze anders interpretiert werden kann. Die Zestörung der Stadt + Blockade (die Straßen wurden verbaut und vermint) sowie die Leicdhen, die über Wochen dort angehäuft wurden, stoppen die ukrainischen Streitkräfte im Verfolgen der sich zurückziehenden russischen Streitkräfte - und das war zentral, denn sich zurückziehende Kräfte sind ohne Rear Guard Elemente ein leichtes Futter für den Verfolger. Frei nach dem Motto "Du willst uns verfolgen und gefährdest unser Leben? Hier hast Du ein paar viele Tote, laut Deiner Moral/Ethik und Deinen Gesetzen mußt Du dies erst untersuchen, weil es so viele sind. Wir verziehen uns erstmal gemütlich. Tschüüüüss. LG Vladimir". (und natürlich um späteren Widerstand im Osten zu brechen im Sinne von "lieber fliehen als gegen die Russen kämpfen, sonst haben wir ein zweites Butscha". Quasi die umgekehrte Taktik der verbrannten Erde.-

 

Natürlich hat es Gründe. Aber ich sehe die Gründe in der Unfähigkeit der russischen Truppen, Kiev einzunehmen oder auch nur komplett abzuriegeln.

 

Das passt nicht. Denn im Osten ist die russische Armee auch stecken geblieben. Wenn also Kiev das Hauptziel ist und der Osten nur das Nebenbeihäppchen: warum wurden die Truppen im Osten nicht in den Nordwesten verlegt? Bzw warum wurde überhaupt der Osten (wo der größte Teil der ukrainischen Truppen stationiert war wegen Donbass) angegriffen? Binden kann man Einheiten mit weitaus weniger Mannstärke, und um die ukrainische Armee zur Verteidigung von Kiev abzuschneiden, geht man nicht durch die ukrainische Armee, sondern um sie herum, zb von Norden. Kiev war niemals das Hauptziel, es war das Propagandaziel. Deswegen der Versuch einzumaschieren und eben nicht ein ständiges Luftbombardement um die militärische Infrastruktur zu zerstören. Wenn die Russen es mit einer Invasion ernstmeinen => Mariapol. Warum? Weil Mariopol wegen der Hafenanlagen strategische Bedeutung hat. Und Kiev sieht nicht mal ansatzweise so aus wie Mariopol. Weil Keiv aus strategischer Sicht unwichtig ist.

 

Ein Russland, dass nach sorgfältiger Vorbereitung Kiev nicht einnehmen kann

 

Ich fürchte, hier kann es zu einem Mißverständnis kommen, der auch gerne in den Medien nicht so wirklich detailliert aufgeschlüsselt wird: Rußland hat sich möglicherweise nicht sorgfältig vorbereitet.

 

Es gibt erste Berichte, daß bis zum Schluß (also Januar/Februar) es seitens der politischen Führung nicht klar war, ob eine Invasion stattfinden sollte und bis dahin es keine echten Planungen, sondern nur "Übungen" gab. . Falls dies stimmen sollte, hat die politische und militärische Führung in Moskau die Kommandaten vor Ort quasi selber abgeschossen.

 

Die Sache ist die: eine Invasion mit 200k Mann, gerade mit BTGs, welche eine disziplinierte Kommunikation und präzise Führung voraussetzen, in einem Land mit der Größe der Ukraine, braucht nicht ein paar Tage, und wahrscheinlich auch nicht ein paar Wochen, sondern eher ein paar Monate an geziehlter Planung. Also nicht nur "ja, es könnte sein, daß wir da hinmüssen", sondern "an Zeitpunkt X hat Einheit Y am Punkt Z zu seinl, damit Einheit A Deckung hat und Einheit B untersützen". Nimm der Armee die Zeit zum Planen und zur Aufklärung, dann steht jede Armee im Regen.

Wie sehr die Russen nämlich langsam in die Pötte kommen, sieht man daran, daß sie die meisten BTGs wieder zurückziehen konnten beim Rückzug von Kiev.

 

Oder andersrum: die BTGs konnten nicht den Krieg führen, den sie eigentlich führen müssten durch politische Vorgaben. Mit der Neuorganisierung, dem Auffüllen durch Reservisten und veränderten politischen Vorgaben (die wahrscheinlich im Rahmen von "Ihr müsst nicht mehr nett sein" sind) kann es gut sein, daß Rußland militärisch im Osten weitaus mehr Erfolge erzielen kann, wenn die Reorganisation klappt. Was btw nicht gesichert ist - die ersten russischen Panzerinstandssetzungsgruppen können die Fahrzeuge nicht repaierenl, weil Ersatzteile aus dem Westen fehlen durch die Sanktionen.

 

Ob das ausreicht? Ich bezweifle es.

 

SYL

 

Edited by apple
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Zu apples Argumentation der wirtschaftlichen Bedeutung der Donbass/Krim-Region möchte ich noch dieses Fundstück hinzufügen:

 

 

In 2012, enormous gas reserves - 2.3 trillion cubic metres - were discovered under Ukraine's share of the Black Sea. [...] Would soon start producing so much natural gas that the country would no longer need to import it from Russia or anywhere else. In fact, Ukraine would become a net exporter to Europe - competing with Russia - by 2020

Quelle: "Price Wars" by Rupert Russell via Twitter

 

Dazu habe ich diesen Artikel von 2014 gefunden: Shell legt Fracking-Pläne in der Ukraine auf Eis

 

ein Großteil dieser Vorkommen befindet sich ausgerechnet dort, wo derzeit geschossen wird, in den Gebieten Lugansk und Donezk. Nach Angaben des geologischen Dienstes der Ukraine befinden sich allein auf den Jusofsk-Feldern im Donbass zwei Milliarden Kubikmeter Gas

 

Das wird ein bedeutender strategischer Aspekt der Invasion von 2014 gewesen sein, und wird sicher auch jetzt noch eine Rolle spielen.

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Bleibt bitte etwas auf dem Teppich mit den persönlichen Angriffen, ich habe eher den Eindruck, dass sich Corpheus etwas verstolpert hat mit seiner Argumentation, und wir da in der Sache nicht so weit voneinander entfernt sind.

Du meinst so wie in wie vielen Threads vorher schon? Das hat schon System, keine Sorge.

 

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Marina Weisband über russische Talkshows (u.a.)

 

In Talkshows wird diskutiert, wie ein Atomkrieg ablaufen könnte

 

Guten Abend, unser Thema an diesem Sonntag: Sollte Polen ein eigenständiges Land sein?

 

Im russischen Fernsehen wird das völlig offen so kommuniziert: "Die Ukraine ist nur ein Zwischenschritt in der Wahrung unserer sicherheitspolitischen Interessen in der Welt." Wir müssen einfach lernen, Diktatoren zu glauben, wenn sie so etwas sagen. Das heißt: Putin wird in Moldawien einmarschieren, er wird in Georgien einmarschieren. Dann werden grüne Männer, die offiziell nicht zu Russland gehören, aber tatsächlich natürlich schon, in Polen und im Baltikum stehen.

 

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