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Guest Herostrat

@Ruud: Klar, ich finde die einfache Zugänglichkeit von Cthulhu einen positiven Aspekt. Die Detailtiefe etwa eines DSA überfordert und erschlägt mich. besser und schlechter sind da wohl die falschen Vokabeln, es passt einem mehr in den Kram oder weniger ist wohl richtiger.
@Studer: Man kann alles mögliche auf einen Altar stellen.

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@Ruud:

Und was löst bei Cthulhu bei dir das große Erstaunen / Grauen aus?

Der Baum mit den Tentakeln als Frisur?

Die laufenden Fische mit den Glotzaugen?

Oder dann lieber doch die konisch geformten Wesen mit den Zangenhänden?

 

Je nach Geschmak kann man das auf jedes Rollenspiel anwenden, das macht Cthulhu nicht zu etwas Besonderem:

 

Diese Momente gibt es eben bei Cthulhu-Roleplay (zumindest) für mich extrem selten

"Da kommen 200 Tiefe Wesen aus dem Wasser, achja und die Bäume mit Tentakelfrisuren laufen hinterher..." 

"Gähn...habe ich genug Gewürze für eine Bouillabaisse dabei oder kann ich was von den Tentakelbäumen abraspeln?"

 

Kontemporäres Rollenspiel ist auch kein Alleinstellungsmerkmal. Kult spielt auch in unserer Welt, die WoD im Prinzip auch, Spiele wie Millenium's End, Private Eye, etc. ebenfalls.

 

@Studer:

 

Der (also Lovecraft) schaute einen immer an und forderte einen Stumm dazu auf, den Mythos zu ergründen.

 

Komisch, den Begriff des Mythos hat er zu Lebzeiten doch selber nie verwendet. Wie kann er dann stumm dazu auffordern? Widerspricht nicht diese gesamte Katalogisierung des Mythos und die Bebennung als solches der gesamten Intention Lovecrafts, das Unbekannte als größten Angstmacher zu definieren?

 

Wie Herostat schon sagt, man kann natürlich alles irgendwo zu etwas Besonderem erheben. Solange es für irgend jemanden etwas Besonderes ist, mag das ja auch stimmen. Aber es wird deswegen unmöglich sein, die Besonderheit allgemeingültig zu definieren. Das versuchen Weltreligionen ja auch und selbst da gibt es seit Jahrtausenden Uneinigkeit.

 

In meinen Augen gibt es eine Hand voll guter Lovecraft-Geschichten, die neben Tausenden anderer guter Geschichten anderer Autoren stehen. Das meiste von ihm ist ziemlicher Schund (Der Flüsterer im Dunkeln ... fahr nicht dahin, er schreibt jetzt mit der Schreibmaschine!!!!) und abgefuckt langweilig (Berge des Wahnsinns).

 

Dass die Amis in den 80ern irgendwann ein Rollenspiel draus gemacht haben, das in Deutschland in sehr guten Händen weiterentwickelt wurde, ist für unser Hobby gesehen die einzige große Leistung von Relevanz.

Wenn man also irgend jemand die Credits dafür geben will, warum Cthulhu in der Rollenspiellandschaft etwas besonderes ist, dann den Machern dieses Spiels, die sich dem Label Lovecraft bedient haben.

Edited by Synapscape
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Ich denke auch, dass man den Ball hier tendenziell flachhalten sollte.

Jau, Lovecraft war ein (im Nachhinein) bedeutsamer Autor und klar, unser Cthulhu-Rollenspiel gäbe es ohne ihn nicht. Aber umgekehrt würde ich zum Beispiel nicht wirklich Geld darauf setzen, ob er das, was wir so damit treiben, überhaupt im Sinne seiner Vision verstanden hätte. Ich finde sowohl englische Sachen wie INS oder deutsche Sachen wie, als Beispiel, "König! Reich! Unten!" sind schon arg weit von der Stimmung entfernt, die meinethalben einer "Musik des Erich Zann" innewohnt.

 

Und jau, Lovecraft hat den Mythos erfunden. Aber nicht so genannt, Und bis auf die Teile, die er nicht erfunden hat. Der König in Gelb, so, wie wir ihn im Spiel kennen und schätzen geht nicht auf seine Kappe, die Hunde von Tindalos gehen nicht auf seine Kappe. Und auch das, was er geschrieben hat, ist nicht komplett seinem Genie entsprungen; nicht umsonst hat Festa mittlerweile zwei Anthologien mit Lovecraft-Vorbildern draußen – und damit noch nicht mal wirklich erschöpfend an der Oberfläche gekratzt.

Sicher, Lovecraft war ein methodischer Theoretiker, aber … macht ihn das zwingend zu deinem guten Schriftsteller?

 

Aber die Diskussion, ob ein Schriftsteller gut ist, ist ohnehin müßig. Irgendwo hier im Thread las ich gerade beim Querlesen etwas über "objektive literaturwissenschaftliche" Kriterien – welche würden das denn sein? Lovecraft schrieb, wie er geschrieben hat, manchmal brillant, manchmal so eher nicht; ich hab ohnehin immer das Gefühl, dass auch der Lovecraft'sche Korpus immer eher selektiv wahrgenommen wird. Und was er schrieb, hat halt eine Wirkung; die war zu Lebzeiten sehr verhalten und ist posthum sehr ausgeufert, Leute wie King oder Carpenter sicherlich sehr prägend. Ja. Aber mehr ist dazu ja nicht zu sagen.

 

Aber vor allem, und das ist wichtig: Das hat erst einmal nichts mit dem Spiel zu tun.

Es kann. Vielleicht empfindet man Lovecraft als sehr inspirierend, vielleicht empfindet man seine finstere Miene, bevorzugt das bekannte Pressefoto von 1915, als Bildnis im gemeinschaftlichen Spielraum als stimmungsgebend und vielleicht versteht man sich mit seiner interaktiven Spielrunde als Epigone seiner Schöpfung. Ist legitim. Oder es ist anders herum. Man dankt Lovecraft für den ersten Zündfunken, denkt bei ihm eher an das ulkige Foto von 1921, auf dem er lächelt, und fragt sich mit gelassener Regelmäßigkeit, ob man einen Mann ernstnehmen mag, der sich über eine längere Zeit nur von Crackern zu ernähren versuchte und ob diese urban legend, dass er Angst vor Meeresfrüchten gehabt habe, wohl stimmt oder nicht.

Nur: Wenn der Spielleiter anfängt, seine erste Szene zu bereiten und die Spieler ihre W100 und ihre Charakterbögen zurechtschieben, ist das gleich. Wenn ein vorgefertigtes Abenteuer geleitet wird, vielleicht noch viel mehr …

 

Ich persönlich lese Lovecraft sehr gerne, gerade im Original. Und seine besten Texte sind wirklich, wirklich hervorragend – die textliche Dichte, die "Schatten über Innsmouth" erreicht, ist alleine schon etwas, was auch literaturwissenschaftlich Beachtung verdient. Aber hey, wie ich auch neulich im DORPCast mal sagte: Rollenspiel ist ein Gesellschaftsspiel.

Ein tolles, möglicherweise – und unberührt vom Genre – ein inspirierendes, kreatives, vielleicht eben auch literarisches Spiel. Aber ein Spiel.

 

 

Viele Grüße,

Thomas

 

PS: Synapscape postete, während ich schrieb; teilweise überschneiden sich Argumente da, aber ich mag jetzt auch nicht deshalb irgendwie kürzen oder so ^^

Edited by Thomas Michalski
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@Ruud:

Und was löst bei Cthulhu bei dir das große Erstaunen / Grauen aus?

Der Baum mit den Tentakeln als Frisur?

Die laufenden Fische mit den Glotzaugen?

Oder dann lieber doch die konisch geformten Wesen mit den Zangenhänden?

Das Unerwartete - gerade wenn ein Spieler NICHT die Tentakel Monster kennt...bei Fantasy weiss ich, dass es Drachen, Orks und Elfen und Trolle gibt gibt....egal wie wenig ich mich mit der Materie im Vorfeld beschäftigt habe....da überrascht MICH PERSÖNLICH nichts wirklich...

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@Ruud:

Nur weil ich die Tentakeln auf nen Baum packe, ist das Monster ja nicht wirklich unerwartet.

Mal abgesehen davon, dass es auch bei D&D mehr gibt als Orks, Elfen, Drachen und Trolle. Der Umfang an Kreaturen ist da ziemlich identisch.

Wenn deine Prämisse ist: "ich kenne Fantasy, daher überrascht mich kein Troll", gilt das Gleiche auch für "Ich kenne Cthulhu, da überrascht mich kein Tiefes Wesen".

 

Wenn deine Prämisse die ist: "Jemand kennt Cthulhu nicht und ist von den Tiefen Wesen deswegen überrascht", dann muss vergleichbar die Prämisse auch sein: "Jemand kennt Fantasy nicht und ist daher vom Troll überrascht."

 

Unkenntniss des Spiele-Kosmos ist in jedem Genre eine schöne Sache, die für Überraschungen sorgt, aber auch kein Alleinstellungsmerkmal von Cthulhu.

Viele von uns werden nur einfach viel früher mit einem Drachen in einer Geschichte in Berührung gekommen sein, als mit einem Shoggothen.

Was auch wieder gegen Cthulhu als bestmögliches Einsteigerrollenspiel spricht.

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Natürlich sagt HPL garnichts mehr. Aber mir ging es um die Wurzeln, die bis zu ihm zurückreichen. (Und so viel Platz ist auf einem Altar auch nicht, um da nun auch noch zB Heiko Gill drauf zu stellen. :)  Und deshalb (Verwurzelung) stand HPL auf einem Altar.)

 

Vielleicht irgendwo ein kleines ungerahmtes Passbild ganz am Rand?  ^_^

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Naja, nachdem ehemalige Cthulhu-Chefredakteure ja schon bei irgendwelchen Castingshows mit Dieter Bohlen als Tanz-Pantomimen auftraten, wäre es doch jetzt der nächste Schritt, auch Autogrammkarten von aktuellen Chefredakteuren der Linie herauszubringen!

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ok Rollen wir das Thema anders auf. Was ist mit dem Horror des Verstehens und der Gewissheit der Unausweichlichkeit?

Wenn ich ein Tiefes Wesen kenne, habe ich Angst davor.

Wenn ich weiß das es in meinem Zufluchtsort gleich einbricht, weiß ich, das ich wohl sterben werden, da draußen kommen immer mehr von den Biestern.

Ich habe keinen Munition mehr ... meine treue Shotgun liegt auf dem matschigen Boden irgendwo in einem der Gänge.

Was soll´s ich hatte eh keine Munition mehr ... ich habe noch das Artefakt mit dem man das Tor wieder schließen kann.

 

Der Professor wird es nie für das Ritual erhalten, das Tor kann nicht geschlossen werden, diese Dinger werden die Stadt überrennen und alles ...

ich will darüber gar nicht nachdenken ... der Rest der Gruppe draußen wir es erst merken, wenn sich die Scharen nach draußen bewegen.

Die Fratze auf dem Artefakt sieht hässlich aus, nun habe ich das Gefühl das es höhnisch seine Tentakelzunge ausstreckt.

Ok sollen sie nur kommen, dann werde ich halt mit meinem Messer weiter kämpfen, das licht wird sie blenden, vielleicht kann ich einen mitnehmen ...

 

Das pochen an der Tür wird zu einem dröhnen? Was wirft sich denn dagegen, das klingt viel massiger als eben, so wild es stinkt so faulig und das Licht der Taschenlampe fängt an zu flackern.

Nein jetzt nicht ... Thomas hatte die Ersatzbatterien ... er liegt neben der Shotgun ... er hat es hinter sich. Nun ist es nur noch dunkel und das Dröhnen wird zu einem Splittern ...

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@FrankyD:

Das ist ja nur eine Sache, wie du deine Geschichte aufbaust und so in jedem Gerne möglich.

Ob bei Fantasy eingeschlossen und von menschenfressenden Orks umzingelt oder auf dem Space-Frachter mit 1.000 sich selbst aktivierenden Kampfrobotern.

Etwas für Cthulhu originäres oder gar eine Elite definierendes ist das nicht.

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@FrankyD:

Das ist ja nur eine Sache, wie du deine Geschichte aufbaust und so in jedem Gerne möglich.

Ob bei Fantasy eingeschlossen und von menschenfressenden Orks umzingelt oder auf dem Space-Frachter mit 1.000 sich selbst aktivierenden Kampfrobotern.

Etwas für Cthulhu originäres oder gar eine Elite definierendes ist das nicht.

 

 

Ich war auch irgendwie im falschen Tread ... (Was Horror ausmacht) ... nö Angst ist nicht elitär, es ist primitiv und auf ein absolute Kontrollversagen zurückzuführen.

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Wenn deine Prämisse die ist: "Jemand kennt Cthulhu nicht und ist von den Tiefen Wesen deswegen überrascht", dann muss vergleichbar die Prämisse auch sein: "Jemand kennt Fantasy nicht und ist daher vom Troll überrascht."

 

Sorry Synap, aber das ist doch total weltfremd. #

Absolut jeder Mensch dieser Erde (zumindest in der ersten und "zweiten Welt"), der über 10 Jahre alt ist hat Fantasy-Erfahrung...und sei es bloss durch die Herr der Ringe Überraschungsei-Edition...und damit ist die Akzeptanz vorab schon mal da und macht ein "Erstaunen" viel schwerer...

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Lol, also ich kannte mit 16 noch keinen Balrog und als er das erste Mal bei MERS erwähnt wurde, war ich ziemlich überrascht. :)

 

Klar, ich sage ja, mit klassicher Fantasy werden wir früher sozialisiert, aber ehrlich gesagt, ist es doch wurscht, ob das Monster pockige Haut hat und bei Sonnenlicht zu Stein erstarrt oder ob es anstelle von Ästen Tentakeln hat und gehen kann. So oder so kennen wir das Prinzip von Monstern.

Wenn es dich natürlich überrascht, wenn plötzlich einer der Bäume sich bewegt und Tentakeln hat, dann mag das so sein, aber deswegen ist Cthulhu ansich doch nicht überraschender als Fantasy.

 

Aber um deinen letzten Post auf den Punkt zu bringen:

 

Du siehst das große Alleinstellungsmerkmal von Cthulhu also darin, dass die darin vorkommenden Wesen nocht nicht so populär und verbreitet sind wie z.B. ein Drachen?

Dann nimm wegen mir Warhammer 40K, da gibt es auch zahrleiche erfundene Kreaturen, die weitaus weniger Populär sind, als Drachen.

Edited by Synapscape
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Ging es nicht ursprünglich mal darum, ob sich Rollenspieler allgemein und Cthulhu-Spieler im Besonderen für etwas Besseres halten?

 

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier (wieder einmal) ein Punkt diskutiert wird, der so nie behauptet wurde und auch nicht zu beweisen ist, da er objektiv einfach nicht stimmt.

 

Nämlich, dass Cthulhu ein EINZIGARTIGES Rollenspiel ist.

Das ist es definitiv nicht.

 

Es hat in den 80ern viele Dinge richtig gemacht, die es in anderen Rollenspielen so noch nicht gab (schwache Spielercharaktere, per Definition unbesiegbare Gegner, geistiger Verfall, etc.)

Insofern hatte es eine gewisse Vorreiterrolle, wurde in einigen Aspekten aber mittlerweile von vielen anderen Systemen überholt (nicht zuletzt wegen der viel gepriesenen Abwärtskompatibilität).

 

Ich kann mir vorstellen, dass viele Cthulhu Spieler und vor allem Spielleiter sich etwas darauf einbilden, historisch möglichst korrekt zu sein.

Schön und gut, aber können das nicht auch alle DSA Spieler von sich behaupten, die den kompletten Hintergrund verwenden?

Wo ist der Unterschied?

Ist Cthulhu besser als DSA, nur weil der Hintergrund real ist?

 

Ich denke nein, der Vorteil ist, dass man bei jedem gewisse Grundlagen vorraussetzen kann, vor allem bei NOW.

Der Hintergrund (außer die Monster) ist nämlich UNSERE Welt...

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In meinen Augen gibt es eine Hand voll guter Lovecraft-Geschichten, die neben Tausenden anderer guter Geschichten anderer Autoren stehen. Das meiste von ihm ist ziemlicher Schund (Der Flüsterer im Dunkeln ... fahr nicht dahin, er schreibt jetzt mit der Schreibmaschine!!!!) und abgefuckt langweilig (Berge des Wahnsinns).

 

Einigen wir uns gerne darauf, dass du Lovecraft nicht unbedingt gerne liest und allgemein eher gering schätzt. Das ist als deine Meinung natürlich zu respektieren, aber wie gesagt, nach objektiven Kriterien ist sein Stil zum Großteil weder schundig noch "abgefuckt", wenn man solche Wörter unbedingt nutzen will. Und ohne ihn würde das Genre heute anders aussehen. Wobei ich nicht verstehe, wie man einer Erzählung das Prädikat "Schund" verleihen kann aufgrund einer Handlungswendung. "Flüsterer im Dunkeln" ist für mich eine sehr intensive Erzählung, weil das Grauen die meiste Zeit nur aus der Ferne durch briefliche Schilderungen wahrgenommen wird die stimmigen Landschaftsbeschreibungen sind großartig. Das kann man sicherlich auch anders wahrnehmen, aber ein Kriterium für das, was man heute als Schundliteratur kennt, wird man kaum finden. Und "Berge des Wahsinns" nimmt als eine Art "Abschluss" des Mythos eine wichtige Stellung im Werk von HPL ein, wobei ich durch die arge Wissenschaftlichkeit verstehen kann, wenn man sie langweilig findet.

 

 

 

 

Und auch das, was er geschrieben hat, ist nicht komplett seinem Genie entsprungen; nicht umsonst hat Festa mittlerweile zwei Anthologien mit Lovecraft-Vorbildern draußen – und damit noch nicht mal wirklich erschöpfend an der Oberfläche gekratzt.

 

Sicher, Lovecraft war ein methodischer Theoretiker, aber … macht ihn das zwingend zu deinem guten Schriftsteller?

 

Aber die Diskussion, ob ein Schriftsteller gut ist, ist ohnehin müßig. Irgendwo hier im Thread las ich gerade beim Querlesen etwas über "objektive literaturwissenschaftliche" Kriterien – welche würden das denn sein? Lovecraft schrieb, wie er geschrieben hat, manchmal brillant, manchmal so eher nicht; ich hab ohnehin immer das Gefühl, dass auch der Lovecraft'sche Korpus immer eher selektiv wahrgenommen wird. Und was er schrieb, hat halt eine Wirkung; die war zu Lebzeiten sehr verhalten und ist posthum sehr ausgeufert, Leute wie King oder Carpenter sicherlich sehr prägend. Ja. Aber mehr ist dazu ja nicht zu sagen.

 

Man dankt Lovecraft für den ersten Zündfunken, denkt bei ihm eher an das ulkige Foto von 1921, auf dem er lächelt, und fragt sich mit gelassener Regelmäßigkeit, ob man einen Mann ernstnehmen mag, der sich über eine längere Zeit nur von Crackern zu ernähren versuchte und ob diese urban legend, dass er Angst vor Meeresfrüchten gehabt habe, wohl stimmt oder nicht.

 

Natürlich hat Lovecraft Einflüsse, welcher künstlerisch Schaffende hat die nicht? Die Frage ist nur, ob man eher kopiert hat oder ob man sich nur inspirieren liess. Im Falle Lovecrafts hat er sich nichtmal inhaltlich wirklich viel abgeguckt, seine Cthulhu-Mythologie (wie auch immer er es jetzt nannte) ist in ihrer Ausarbeitung schon ziemlich einzigartig. Religiöse und literarische Einflüsse sind erkennbar, aber wie gesagt, dass ist ja eigentlich immer so. Aber andererseits muss in Bezug auf ein Thema irgendwann ja mal irgendeiner den Anfang gemacht haben und da kann Lovecraft im Genre sicherlich den ein oder anderen Punkt für sich verbuchen. Ob das Genius ist, sei dahin gestellt, spielt aber für die Bewertung eigentlich auch keine Rolle.

 

"Gut" kann ebenso kein Bewertungskriterium sein in der Objektivität des Blickes in Bezug auf Wichtigkeit. Dass, was tausende Menschen vielleicht "gut" finden und somit allgemein als qualitativ hochwertig angenommen wird, muss dies in Wahrheit ja gar nicht sein und möglicherweise ist es für die jeweilige Schaffensart völlig unbedeutend.

Lovecraft hatte eine besondere Methodik des Schreibens, sein Werk hat mehrere Alleinstellungsmerkmale, die Rezeptionsästhetik ist bei ihm eine besondere und er hatte soviel Einfluss im Genre, dass es heute von Wissenschaft und Autorenschaft gleichermaßen gewürdigt wird. Das alles hat nichts mit "gut" oder "schlecht" zu tun, sondern sind einfach Fakten, die selbsterklärend für die Wichtigkeit des Werkes sind. Natürlich begrenzt sich dies auf das Genre und HPL ist sicherlich nicht unbedingt mit großen, philosphischen Weltliteraten zu vergleichen, die große Weltthemen in ihren Werken behandelten. Aber "Größe" ist ja nun auch kein wirklich objektives Kriterium, und wenn man das Genre an sich gering schätzt, nun gut. Dann brauch man darüber aber auch nicht diskutieren, dennoch kann man HPL nicht einfach herab stufen.

 

Was ich als "objektive Kriterien" sehe, erklärt sich hoffentlich im obrigen Abschnitt. Selektive Wahrnehmung ist sicherlich ein Problem, dass in vielen Bereichen und beim Menschen generell immer wieder geben wird. Ich versuche persönlich, dies zu vermeiden soweit möglich und objektiv zu bleiben. Ich verfechte ja auch nicht das "Genie" Lovecrafts, ich behaupte nicht, dass man ihn "gut finden MUSS" oder das es niemals einen "besseren" gab, weil dies alles wirklich eher selektiv wäre. Statt dessen versuche ich, objektiv zu sein, in der Hoffnung, dass dies auch deutlich wird.

 

Ich glaube nicht, dass Lovecraft "versucht hat, sich von Crackern zu ernähren". Er legte wohl einfach keinen gesteigerten Wert auf seine Ernährung, teilweise konnte er es durch Geldmangel auch gar nicht. Er schlief wenig, trank viel Kaffee und nahm viele Lebensmittel mit Zucker zu sich. All dies dürfte wohl auch zu seinem frühen Ableben beigetragen haben. Da sein Ekel vor Fisch bzw. allem Maritimen in mehreren Texten von Zeitzeugen und Weggefährten auftaucht (u.a. bei Barlow, seinem literarischen Nachlassverwalter) ist dies wohl kaum eine urbane Legende.

Was dies jetzt damit zu tun haben soll, ob man Lovecraft als Literat ernst nehmen kann, vermag ich aber auch nicht zu sehen. Sicherlich war er ein ziemlich seltsamer Vogel, ein Kauz, ein "Nerd", wie auch immer. Sicherlich wiederum kein objektiv wichtiges Kriterium für seine Werke.

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