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[König!Reich!Unten!] Kapitel 2: Scientia potentia est - Berlin, 08. Mai 1924, Privat-Museum der Familie von Görnhard, Frühstücksraum, 09:00 Uhr


grannus
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Katharina senkt verschwörerisch die Stimme.

 

"Man sagt Sir Godwyn sei gar nicht an Schwindsucht gestorben. Er habe sich in seiner Bibliothek erhängt. Das Mädchen, das ihn gefunden hat, wurde noch am gleichen Tag entlassen und man hat nie wieder etwas von ihr gehört."

 

Katharina lehnt sich zurück und nimmt einen Schluck Kaffee.

 

"Und dann soll er natürlich noch eine Liaison mit einer adeligen Ägypterin gehabt haben. Aber so eine Kleopatra Geschichte findet sich in fast jeder Biographie eines Ägyptologen. Ich finde den Selbstmord viel interessanter. Denn... warum sollte er? Weil er nicht mit dem Tod seines Bruders fertig wurde? Wer weiß..."

 

Katharina nimmt einen weiteren Schluck Kaffee.

 

"So viel zu Sir Godwyn. Dustin Cartland ist leider weniger interessant. Mit gerade mal 23 Jahren wurde er nach dem Tod seines Vaters Familienoberhaupt. Leider haben die Cartlands viele Schulden, und deswegen ist er gezwungen sich von einigen ägyptischen Sammlerstücken zu trennen. Er soll ein Schürzenjäger sein, eventuell etwas mit dem Tod seines Vaters zu tun haben... wobei auch darauf würde ich nicht viel geben, denn er hat nur Schulden geerbt... oh, aber er soll den Auktionen, auf denen seine Stücke versteigert werden sehr gerne persönlich beiwohnen. Mit anderen Worten könnten wir in München sogar das Vergnügen haben ihn kennen zu lernen."

 

Katharina beißt ein Stückchen von einem Croissant ab und isst es manierlich, bevor sie fortfährt.

 

"Zum Stück selbst. Es stammt ursprünglich von Lord Carnarvons Expeditionen. Und es gibt offensichtlich eine Gruppe von Ägyptern, die wirklich interessiert daran ist. Die Herrschaften haben schon mehrfach große Summen dafür geboten, aber Sir Godwyn ist niemals drauf eingegangen. Diese Ägypter, Herr Tierzek, könnten große Konkurrenten werden, wenn sie denn anwesend sind. Wenn Sie dieses Stück erwerben wollen, dann sollten wir uns wirklich etwas überlegen."

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"Nein, leider nicht. Ich kann nur vermuten. Diese Ägypter bestanden darauf, dass ihnen ihre Kulturgüter gestohlen worden waren. Eventuell waren es diese Aussagen, die Sir Godwyn nicht gepasst haben, wenn man bedenkt, dass diese Personen seinen Bruder in gewisser Weise als Dieb dargestellt haben."

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"Naja Dieb stimmt wohl, aber das heißt nicht das es diesen Gesellen gehört. Ich bin der Meinung, das diese Länder Ihre Schätze zurückerhalten sollen, wenn Sie bereit und geordnet genug sind. Es wäre verantwortungslos, diese kulturellen Meilensteine in eine Land zu geben in dem sie gleich gestohlen werden oder sich irgend ein lokaler Fürst, Scheich oder wie sich die da nennen mögen unter den Nagel reißt, nur um seine Macht irgendwie zu legitimieren. Nein diese Schätze gehören allen Menschen und müssen allen Menschen zugänglich gemacht werden. Wenn diese Länder das sicher gewährleisten können, wird es Zeit diese Artefakte nach und nach zurückzuführen. Aber ich erwarte nicht, das das noch in meinem Leben passieren wird." seufzt "Verzeihen Sie ich schweife ab. Nur das Thema was ist Archäologie und was ist Diebstahl wirft einige interessante Fragen auf und hält einen dazu an über seine eigene sogenannte Zivilisation zu reflektieren."

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"Sehr interessante Ergebnisse, Frau Gravenstein. Haben Sie Namen der Ägypter? Vielleicht habe ich oder einer meiner Kontakte schon von ihnen gehört. Im Normalfall müssten diese Personen ja auf dem Markt bereits öfters in Erscheinung getreten sein, es wäre äußerst ungewöhnlich wenn die Herren nur an diesem Artefakt so ein enormes Interesse zeigen. Andererseits, das Stück scheint ja wirklich sehr ungewöhnlich zu sein."

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"Ich habe leider keine Namen herausfinden können in der Kürze der Zeit. Aber ich nehme an eine Gruppe Ägypter auf der Auktion ist wohl auffällig genug. Wenn die das Relikt so unbedingt haben wollen, dann werden sie sich in jedem Fall bemühen teilzunehmen, und dann fallen sie in jedem Fall jemandem dort auf. Vielleicht können wir uns einfach vor Ort informieren, ob eine Gruppe Ägypter übermäßiges Interesse gezeigt hat."

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"Nun, ein Ägypter kann, wie Herr Tierzek bereits erwähnt hat, eine dunklere Hautfarbe haben wie etwa viele Türken oder Araber. Die dunkleren Haare sind ebenfalls ein weiterer Hinweis. Zudem tragen viele einen Fez auf dem Kopf, das ist ein kegelförmiger Hut, meist rot, an dem ein .. eine Art Haarsträhne befestigt ist. Sollten die Herren mehr aus dem Nubischen Raum stammen ist ihre Haut Schwarz wie die Nacht. Das wäre allerdings eher ungewöhnlich."

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"Also von einer Gruppe Ägypter habe ich bisher bei meinen Recherchen gar nix gehört. Eine Gruppe fanatischer Patrioten hat uns sicher gerade  noch gefällt. Ich hoffe, dass das Auktionshaus so proffesionell ist, dass solche Störenfriede erst gar nicht reingelassen werden."

 

Erich zupft gedankenversunkenan seiner Krawatte herum.

 

"Monsieur Lemmere, ich würde Ihnen den Vortritt lassen. Ich denke die geschichtlichen Fakten sind wesentlich intressanter, als die schnöden finanziellen Fakten."

 

Er lässt endlich von der Krawatte ab und lächelt seinen Kollegen an.

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„Sehr gerne Herr Schmidt.

 

Die 6. Dynastie war sehr bedeutend für die Entwicklung Ägyptens. Entscheidend dabei war eine Dezentralisierung der Verwaltungsstrukturen. Kriegszüge, etwa gegen Libyen, Nubien und Palästina, schwächten die Zentralregierung zusätzlich.

 

Es entstanden neue Zentren von denen das jeweilige Umland natürlich enorm profitieren konnte. In der Landwirtschaft kam es zu einem großen Aufschwung, die Versorgung der neuen Metropolen erforderte weit mehr Rohstoffe als bisher. Auch wollten diese Zentren sich natürlich voneinander abheben, dadurch erblühten die Handwerkskunst und besonders die Architektur, in dieser Zeit entstanden einige monumentale Bauten.

Diese neuen Ideen und Herausforderungen trieben auch die wissenschaftlichen Leistungen stark voran, besondere Erwähnung verdienen Entdeckungen in Mathematik und Astrologie.

Auch florierte der Handel zwischen den neuen Zentren, Karawanen wurden nun nicht mehr von einfachen Händlern vorbereitet, hohe Würdeträger kümmerten sich um diese sehr wichtige gewordene Organisation. Es wurden Truppen an den Grenzen postiert, hauptsächlich aus dem Volk der Nubier rekrutiert. Von dieser stärkeren Vernetzung profitierte das gesamte Land, technische Neuerungen und wichtige Informationen wurden von den Karawanen schneller als bisher von Ort zu Ort getragen.  

 

Entsprechend schwach waren die Herrscher der 6. Dynastie, hatten sie doch einigen Einfluss an die Gaufürsten in den regionalen Zentren verloren.

 

Die Epoche welche wir als das „Alte Reich“ kennen ging durch diese Entwicklung, Kriege zwischen den Gaufürsten sowie einem verheerenden Ausbleiben des Nilhochwassers und den daraus resultierenden Missernten zugrunde.

Aus den Herrscher dieser Epoche sticht der letzte Pharao der 6. Dynastie namens Nitocris hervor. Um diese Person ranken sich zahlreiche Mythen, die Quellen widersprechen sich gar ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt. Die meisten Quellen deuten aber auf eine weibliche Herrscherin hin. Den Thron übernahm sie nicht freiwillig, angeblich machten sie die Mörder ihres Bruders zu ihrer Marionette. Laut dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot war ihre Rache grausam: sie soll die Mörder in einen speziell zu diesem Zweck erbauten, unterirdischen Saal zum Festmahl geladen haben und diesen Raum dann mit Nilwasser geflutet haben und ihren Feinden beim Sterben zugesehen haben. Dies ist aber nur eine der bekanntesten Legenden um Nitocris. Mit ihr erlosch die 6. Dynastie im Jahre 2191.“

 

Jaques macht eine kurze Kunstpause um die vielen Informationen sacken zu lassen.

 

„Ich habe auch eine Liste der Pharaonen der 6. Dynastie erstellt.“

 

Er reicht die Liste (siehe Handouts) an die Gruppe weiter.

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