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[Nightmare Files] Kapitel 6 - Der lachende Tod


Der Läuterer
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Irritiert werfe ich einen Seitenblick auf Mr. Anderson. Die servile Haltung einem Kind gegenüber erscheint mir dann doch etwas unangemessen.

 

Ich beuge mich darum zu dem Mädchen herab und versuche, das Kind spielerisch zu überzeugen.

 

Ich erhebe mahnend meinen Zeigefinger: "Ich glaube, Du bist doch kein Fährtensucher. Mir als Iren wirst Du die Bemerkung nicht verübeln: Du erweckst auf mich eher den Eindruck eines blutsaugenden Mitglieds der englischen Aristokratie ... oder vielleicht auch eines skrupellosen Piraten. Wobei ich nicht weiß, was schlimmer ist. Die einen hängen später von der Tower Bridge, die anderen werden vermutlich irgendwann von Anarchisten erschossen.

 

Wärest Du nicht ein so hübsches junges Ding, müssten wir die Angelegenheit im Anbetracht der Notlage einer Dame wohl mit dem Degen ausfechten.", antworte ich freundlich lächelnd.

 

"Aber du sollst ausnahmsweise einen Schilling und einen Sixpence haben." Nochmals ziehe ich meine Hand rasch zurück als das Mädchen nach der Münze greifen will und fahre fort: "Unter zwei Bedingungen: Du bringst uns in weniger als fünf Minuten zu Matilde. UND: Den Sixpence erhältst Du jetzt als Vorschuss. Den Schilling erst NACH erfolgreicher Dienstleistung."

 

Derweil zücke ich meine Taschenuhr und lasse den Deckel aufschnappen. Dann reiche ich dem Mädchen die silberne Münze. "Deine Zeit läuft!", merke ich mit einer ausholenden Geste an, um dem Mädchen den Vortritt zu lassen.

 

Innerlich wächst in mir allerdings die Unruhe. Ich habe das Gefühl, dass wir keine Zeit zu verlieren haben.

Edited by Joran
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"Gemacht."

 

"Aber Sie sind schon ein verrückter, alter Mann. Niemand kämpft heute mit dem Degen, wenn man sich doch auch totschiessen kann."

 

Sie streckt Dir die Hand entgegen. "Den Sixpence bitte der Herr."

 

Als sie die Münze in der Hand hält, zeigt sie auf eine Tür, schräg gegenüber der Treppe. "Dort. In dem Raum. Und jetzt meinen Schilling bitte!"

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Die Charakterstudie des Mädchens kontere ich: "Aber Du bist schon eine verrückte, junge Dame. Hier sind alle völlig plem-plem. Weist Du nicht, wo wir hier sind?"

 

Dann als das Mädchen den Schilling einfordert, klappe ich verblüfft meine Taschenuhr zu. Dann widerspreche ich: "Einen Moment, junge Dame!, noch sind wir nicht am Ziel angekommen. Zuerst wollen wir Matilde sehen." Darauf gehe ich zu der Tür, auf die das Mädchen gewiesen hat. Neben der Tür lese ich auf einem Schild:

 

Dr. S. D. Cooper, M. D.

Humanmedizin / Neurophysiologie

 

Hinter der Tür sind leise Geräusche zu hören. Zunächst klopfe ich vorsichtig. "Ich kenne noch nicht einmal ihren Nachnamen", überlege ich, wie ich sie anreden soll.

 

"Misses, geht es Ihnen gut? Ist alles in Ordnung?" Die leisen Geräusche verstummen. Als ich keine Reaktion erhalte, lege ich meine Hand auf die Klinke und drücke diese langsam herab.

 

"Hier stimmt etwas nicht", denke ich.

 

"Bist Du sicher, dass die Freundin von Dr. Anderson hier drinnen ist?", frage ich das Mädchen stirnrunzelnd. Die Klinke hat ihren Anschlag erreicht. Ich versuche vorsichtig, die Tür zu öffnen ... doch sie ist verschlossen.

 

"Mr. Anderson, versuchen Sie es einmal! Vielleicht hört Ihre Freundin auf Sie!"

 

Ich wende mich derweil wieder dem Mädchen zu: "Woher willst Du wissen, dass die Dame in dem Behandlungszimmer von Dr. Cooper ist. Er hätte dann sicherlich nicht die Tür verschlossen. Das wäre gänzlich ... unprofessionell..."

 

"... jeder will sie mir wegnehmen ...", erinnere ich mich der Worte von Mr. Anderson und der immer offensichtlicher zutage tretenden Fixierung des armen Teufels auf diese Frau. Zunehmend komme ich zu der Überzeugung, dass ich nicht wissen möchte, was Dr. Cooper dort hinter verschlossener Tür mit der "Deutschen Matilde" angestellt hat. Mir wird flau im Magen.

 

"Wo bin ich hier nur hereingeraten? Warum habe ich heute bloß mein Zimmer verlassen?"

 

Zweifelnd blicke ich zu Mr. Anderson, der versucht, "Matilde" zum Öffnen der Tür zu bewegen.

 

Da fällt mein Blick auf etwas glänzendes unter dem Treppengeländer.

 

"Einen Moment ... was ist das?" Ich gehe hinüber und finde eine kleine Ampulle. Vorsichtig hebe ich das Gefäß auf. Es ist gefüllt. Bevor ich das Fläschchen in meine Tasche gleiten lasse, lese ich rasch das Etikett. Dann wende ich mich wieder dem Mädchen zu.

Edited by Joran
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Während ich auf die Antwort des Mädchens warte, ihr dabei aufmerksam in die Augen zu blicken versuche, rasen die Gedanken durch meinen Kopf ...

 

... an mein Zimmer ... an den Koffer ... der angebliche Schuss auf Matilde ... meine Wahrnehmungsstörung in dem Speisesaal ...

 

Dies alles ist völlig ungeordnet. Ich habe den Eindruck, dass es Verbindungen zwischen all dem geben muss, die ich nicht erkenne. Oder habe ich mich nur von dem wirren Geist des Mr. Anderson anstecken lassen?

 

Mühsam versuche ich, mich auf das hier und jetzt zu konzentrieren: Vor allem auf das Mädchen und ein wenig auf die Bemühungen von Mr. Anderson an der Tür.

Edited by Joran
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Ich höre die Stimmen, und gehe vorsichtig an der Tür.

"Hier bin ich!" sage ich etwas ruhiger.

"Dr. Warner hat mich hier eingesperrt. Ich weiss nicht wo er den Schlüssel geschmissen hat!"

Ich schaue mich um.

"Ich kann aus dem Fenster raus aber..." ich zögere.

"Ich will nur wissen, ob Dr. Cooper gut geht..ich habe..."

was sage ich denn jetzt?

"Ich..mache mir Sorgen um ihn. Habe was böses geträumt"

Ich verstumme.

"Dr. Waren war hier, und hatte sein Schlüssel! Ich habe ihm gefragt wieso, und er wollte mir nichts sagen..."

Dann senke ich den Kopf und bleibe erstmal still.

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Ich bleibe still.

Verdammt, wie weisst er das?

"Wie..wie weisst du das? Ich habe es keinem erzählt..Paul, du weisst schon..wer würde mir glauben?"

 

Ich mache wieder kurz eine Pause.

"Nicht wichtig. Vergiss das mit dem Schuss, vielleicht habe ich es auch nur geträumt.."

"Ich habe Angst um Cooper. Gestern Abend kam er zu mir, und wollte sich entschuldigen, wegen Dwight..Ich meine Dr. Warner. Ich war so geschockt, als ich Dr. Warner sah..und Dr.Cooper wollte sich dafür entschuldigen. Er meinte, es würde mir gut tun, mit ihm zu reden...Ich habe ihm alles erzählt, was er mir angetan hat. Ich habe ihm die Verletzungen gezeigt. Er hat mir versprochen mit Dr. Warner über mich zu reden...Und heute ist er nicht im Speisesaal, und Dwight...er werkelt in seinem Büro? Und hat seine Schlüssel? Ausserdem, er wollte heute wieder abfahren! Warner, meine ich!"

 

Ich schlage meine Faust gegen die Tür.

 

"Verdammt! Der Schlüssel sollte irgendwo da draussen sein, auf den Boden..."

Edited by Nyre
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Fragend sehe ich das Mädchen an und halte ihr meine eine Hand geöffnet entgegen, während ich ihr mit der anderen den Schilling zeige, außerhalb ihrer Reichweite.

 

"Quid pro quo, Kleine. Den Schilling gibt es erst, wenn wir die Tür geöffnet haben und Matilde sehen. Wenn Du weißt, dass Matilde da drin ist, hast Du auch den Schlüssel gesehen.", sage ich herausfordernd und schieße dabei ins Blaue.

 

Das Mädchen zieht eine Flunsch. Die enttäuschte Erwartung steht ihr ins Gesicht geschrieben. "Wie kann man mit so wenig Lenzen nur derart berechnend sein?", schießt es mir durch den Kopf.

 

"Komm schon! Der Tag war auch so schon einträglich genug für Dich! Du willst mich doch wohl nicht an den Bettelstab bringen und der Schlüssel gehört Dir auch nicht. Du musst ihn ohnehin gleich herausgeben."

 

Mit einem leichten Winken der Finger meiner geöffneten Hand unterstütze ich die Aufforderung den Schlüssel herauszugeben. Da seufzt die Klein, zuckt die Schultern und fördert den Schlüssel aus einer Tasche ihres Kleides hervor. Der kleine Bund landet in meiner Hand und ich überreiche ihr den Schilling: "Quid pro quo! Ich stehe zu meinem Wort, darauf kannst Du Dich jetzt und künftig verlassen!"

 

Jetzt befreien wir erst einmal Matilde! Dann gehen wir vier alle zusammen auf mein Zimmer, wo wir ungestört sind. Da werde ich mir die angebliche Schussverletzung ansehen. Und Du erzählst uns dann in allen Einzelheiten, was Du gesehen und gehört hast ... hier drinnen und auch draußen, als auf Matilde geschossen wurde!"

 

Ich reiche den Schlüssel hinter mich, wo ihn Anderson hastig an sich nimmt. Das Mädchen lasse ich dabei nicht aus den Augen, um keinen Zweifel an dem weiteren Ablauf aufkommen zu lassen.

 

Ich höre, wie Anderson mit dem Schlüssel am Schloss kratzt, endlich das Schlüsselloch findet und eilig den Schlüssel umdreht. Das Schloss schnappt auf.

Edited by Joran
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"Matilde!" Fast wie ein Keuchen, als ich ins Zimmer platze. "Hast du irgendeine Ahnung, wo der Dreckskerl hin verschwunden ist?" Ich packe sie fest an den Schultern. "Etwas, was mir weiterhilft, ihn zu finden. Er muss zur Rechenschaft gezogen werden!"

 

Dann wird mein Blick milder. "Und sag ehrlich, ob es dir gut geht. Keine Ausflüchte mehr."

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Ich schaue ihn ernst an.

"Ich glaube sie haben mich schon gefunden" sage dann knapp.

Ich drehe mich zu dem anderen Mann, und blicke ihn neugierig an.

"Ich weiss nicht wo er ist. Er sagte, er habe es eilig. Vielleicht will er wegfahren, mit dem Boot"

"Ich habe gehört, Jemand sei tot. Livingstone hat es gesagt. Ich muss wissen, wer"

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Die Kleine dreht sich einmal auf ihren Hacken im Kreis. Und ihr Rock fliegt. Eine hübsche Pirouette. "Das Unmögliche zu schaffen, gelingt einem nur, wenn man es für möglich befindet."

 

"Du bist ein trickreicher Schelm, alter Mann." Sie hält ihren Rock fest und macht einen höflichen Knicks. "Aber ich werde Dir nichts mehr berichten, denn es gibt nichts weiter..."

 

"Das ist ein dummes Spiel, Alter Mann." Sie lässt die zwei Münzen achtlos durch ihre Finger gleiten, so dass diese klimpernd auf den Boden fallen. "Es gibt auf dieser Insel nichts zu kaufen. Also ist Geld wertlos."

 

Sie dreht sich um und rennt die Treppe hoch. Nach ein paar Stufen dreht sie sich kurz um und schaut zurück. "Und ich... bin unbezahlbar."

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Gerade will ich meine Hand sachte auf die Schulter des Mädchens legen, um ihr auf diese Weise zu bedeuten, sich zu den anderen zu begeben. Da lässt sie mich auch schon stehen.

 

"Ohne Frage bist Du das, Kleine. Aber gleichzeitig bist Du auch ein verdammter Rotzlöffel, Du Göre!", denke ich und kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

 

Achselzuckend drehe ich mich herum, um das Zusammentreffen zu beobachten.

 

Nun sehe ich Matilde zum ersten Mal. Sie wirkt zart und verletzlich. Sie ist von einer distanzierten Schönheit, die mir im ersten Augenblick die Worte verschlägt. Gleichzeitig spüre ich, dass in den wenigen Worten, die Anderson und Matilde wechseln, geheimnisvolle Andeutungen liegen, tiefere Bedeutungen, die sich mir nicht erschließen. Die beide umgibt eine Aura, die meiner gegenwärtigen Nervosität nicht zuträglich ist.

 

Ich versuche daher, mich auf die einfachen Dinge zu konzentrieren.

 

"Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Verehrteste. Mein Name ist Clive Mongomery Savage. Ich bin zwar Arzt, aber auch Gast in diesem Sanatorium, wie Sie. Wir sollten hier keine Zeit vergeuden, sondern uns rasch zurückziehen, bevor Livingstones Häscher hier auftauchen. Dann können wir uns in Ruhe vorstellen und ich kann mir Ihre Schussverletzung einmal ansehen. Auf meinem Zimmer sollte ich noch ein wenig Verbandszeug vorhalten. Da offensichtlich nichts auf eine starke Blutung hindeutet, sollte das ausreichen. Es ist nicht weit. Ich wohne direkt neben Mr. Anderson."

 

Ich hebe die beiden Münzen auf: "Für's nächste Mal, Kleine, für's nächste Mal...", murmele ich und blicke in die Richtung, in der das Mädchen entschwunden ist.

Edited by Joran
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Ich lächle kurz zu ihm, und gebe ihm die Hand.

"Ja, Sie haben Recht" sage leise.

"Dann, schnell zu ihnen" ich schaue Paul an, und nicke.

"gehen wir"

Ich folge dann Paul und mr. Savage.

"Ich bin nicht wirklich verletzt..der Schuß war kraftlos.."

Ich schaue mich hin und her, unruhig.

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Auf den ersten Blick kann ich nichts entdecken, was auf eine Schussverletzung hindeuten würde.

 

Ich überlasse es Mr. Anderson, Matilde den Arm zu reichen ... oder auch nicht ... und wahre selbst höfliche Distanz, als wir zu meinem Zimmer eilen.

 

Unauffällig beobachte ich die junge Frau. Äußerlich ist nichts an ihr, was auf einen "bösen" Menschen schließen ließe ... ganz anders als bei diesem Pfleger, den ich eben im Speisesaal gesehen habe. "Aber die Abgründe der menschlichen Seele sind sehr vielfältig!", sage ich mir.

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